GEW_Ztg_7-12g.indd - GEW Rheinland-Pfalz
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Gewerkschaftstag<br />
Für ein leistungsstarkes und gerechtes<br />
Bildungssystem sind alle! -<br />
Die öffentliche Veranstaltung<br />
Abseits der Satzungsänderungen, der Neuwahlen und der<br />
Anträge trafen sich die Delegierten zu einer öffentlichen<br />
Veranstaltung im Schloß Waldthausen. Gekommen waren<br />
auch die bildungspolitischen Sprecherinnen der im rheinland-pfälzischen<br />
Landtag vertretenen Parteien, führende<br />
Vertreter der Bundes-<strong>GEW</strong> wie Marianne Demmer und<br />
Norbert Hocke sowie anderer Gewerkschaften. In seinem<br />
Grußwort wies Dietmar Muscheid, Vorsitzender des DGB<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> daraufhin, dass in der Bildungspolitik<br />
den Worten endlich Taten folgen müssten. Es müsse<br />
Schluss sein, ständig die Bevölkerung zur Kasse zu bitten,<br />
um die Feuer zu löschen, die Zocker und Banker angefacht<br />
hätten. „Wenn es eine Relevanz gibt, dann muss diese den<br />
Menschen dienen, z.B. der Bildung“. Nicht die Schuldenbremse<br />
dürfe das Thema sein, sondern die Einnahmen,<br />
damit der Staat handlungsfähig bleibe. „Wir brauchen<br />
eine Vermögensabgabe, eine Transaktionssteuer, eine Erbschaftssteuer<br />
und höhere Steuern für die Vermögenden!“<br />
forderte Muscheid. In <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> gäbe es 200.000<br />
junge Leute unter 29 Jahren ohne Ausbildung. „Dies ist<br />
die dritthöchste Zahl aller Bundesländer, wahrlich kein<br />
Ruhmesblatt für <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“.<br />
Hans Beckmann, der neue Bildungsstaatssekretär, verzichtete<br />
auf programmatische Aussagen und gratulierte<br />
dem neuen <strong>GEW</strong>-Landesvorstand sehr herzlich. Er freue<br />
sich auf eine „gute und konstruktive Zusammenarbeit“.<br />
Bei aller Kritik gebe es genug Gemeinsamkeiten, wenn es<br />
um ein „leistungsstarkes und gerechtes Bildungssystem“<br />
gehe. Er sei gespannt auf den Vortrag von Prof. Stefan Sell,<br />
aber auch zuversichtlich, dass wir trotz Schuldenbremse<br />
eine „deutlich bessere Unterrichtsversorgung und einen<br />
verbesserten Unterricht hinbekommen“.<br />
Vieles wurde verschlafen - auch in<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> - Bildungspolitik in<br />
Zeiten der Schuldenbremse<br />
In seinem Vortrag umriss Prof. Dr. Stefan Sell von der FH<br />
Koblenz, Campus Remagen, die derzeitige Finanzkrise.<br />
Es sei den Herrschenden gelungen, die Debatte von der<br />
Banken- zur Schuldenkrise zu verlagern. Dabei gebe es so<br />
viel Geld in Fonds, dass es gar nicht ausgegeben werden<br />
könne. Betrachte man die private Reichtumskurve seit<br />
1979, so sei dort ein rapider Anstieg festzustellen. Im<br />
Gegensatz dazu verarmten immer mehr Leute in unserem<br />
Land und auch die Kommunen. Auf der Strecke<br />
blieben vor allem die Bildungsausgaben. Man brauche<br />
sich nur einmal die überfüllten Hochschulen oder die<br />
maroden Schulen zu betrachten. Der geplante Fiskalpakt<br />
treffe uns alle hart, besonders den Ausbau der Kitas und<br />
Schulen, „denn die Schuldenbremse gilt für Bund und<br />
Länder“. Nach oben sei die Unvernünftigkeit offen, denn<br />
eigentlich müssten wir eine gigantische Investition machen,<br />
in Sachen Bildung beispielsweise gebe es bis heute<br />
keinen Studiengang für Erzieherinnen. „Man hat vieles<br />
verschlafen“, und „die Schuldenbremse“, so zeigte sich<br />
Sell überzeugt, „sei unmöglich einzuhalten“. „Denn unser<br />
Schulsystem ist grottenmäßig unterfinanziert“, stellte der<br />
Sozialwissenschaftler fest. So sei auch die vieldiskutierte<br />
Inklusion nicht mehr als eine „Spielwiese“ und nicht<br />
finanzierbar. Was ist zu tun? Sell plädierte für die Erhöhung<br />
der Vermögenssteuer auf mindestens 53 Prozent<br />
wie unter Bundeskanzler Kohl. Der Körperschaftssteuersatz<br />
für die Kapitalgesellschaften müsse erhöht und<br />
das Steuersplitting völlig abgeschafft werden. Auch an<br />
die Erbschaftssteuer müsse man ran, vor allem aber an<br />
die Finanztransaktionssteuer. Sell: „Wir brauchen einen<br />
großen Geldtopf und einen Lastenausgleich wie in den<br />
50er Jahren. Wollen wir die Bildung retten, müssen die<br />
Bildungsausgaben wesentlich erhöht werden. Andere<br />
Länder machen uns das vor“.<br />
8 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012