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Adivasi. Hoffnung und Kampf der indischen - Gossner Mission

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Dalit- <strong>und</strong> <strong>Adivasi</strong>frauen in Indien<br />

Wie bei den Min<strong>der</strong>heitenrechten klafft auch bei den Frauenrechten eine gewaltige Lücke zwischen<br />

Antidiskriminierungsgesetzen <strong>und</strong> gesellschaftlicher Realität. Vielfältige Diskriminierungen <strong>und</strong> Gewalt<br />

gegen Frauen sind auch im mo<strong>der</strong>nen Indien alltäglich.<br />

Die Verfassung des <strong>indischen</strong> B<strong>und</strong>esstaates<br />

– manche sagen, es sei die beste in <strong>der</strong> Welt<br />

– gibt Männern <strong>und</strong> Frauen die gleichen<br />

Rechte. Niemand darf wegen seines Geschlechts,<br />

seiner Religion, seiner Kaste diskriminiert<br />

<strong>und</strong> benachteiligt werden. Und dennoch<br />

gehören die Frauen bis heute zu den<br />

am meisten benachteiligten Gruppen in Indien.<br />

Oft wird ihnen ein eigenständiges menschenwürdiges<br />

Leben verweigert. Vor allem<br />

für die Frauen aus den niedrigen Kasten <strong>und</strong><br />

aus <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Unberührbaren (Dalits)<br />

hat sich das Leben durch die Einführung verfassungsmäßiger<br />

Rechte wenig o<strong>der</strong> gar nicht<br />

geän<strong>der</strong>t, denn die Kasten- <strong>und</strong> Familiengesetze,<br />

die lang tradierten, ungeschriebenen<br />

o<strong>der</strong> aus den heiligen Büchern abgeleiteten<br />

Normen <strong>der</strong> sozialen Gemeinschaft,<br />

haben weitgehend ihre Gültigkeit behalten.<br />

Im Gegenteil, <strong>der</strong> Staat hat durch Zusatzgesetze<br />

<strong>und</strong> Ausführungsbestimmungen diesen<br />

Traditionen gegenüber Zugeständnisse<br />

gemacht, so dass die fortschrittliche <strong>und</strong> auf<br />

Gleichberechtigung ausgerichtete Verfassung<br />

in <strong>der</strong> Praxis ständig unterhöhlt wird.<br />

Für die Stellung <strong>der</strong> Frau ist entscheidend,<br />

in welche Familie sie hineingeboren<br />

wird, welche Heiratsgesetze in ihrer sozialen<br />

Gruppe gelten, ob das Mitgiftsystem<br />

noch besteht, wie die Erbfolge geregelt ist,<br />

welche Haltung man zu <strong>der</strong> Geburt von Mädchen<br />

hat. Diese jahrh<strong>und</strong>ertealten Traditionen<br />

blieben von <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Verfassung<br />

größtenteils unbeeinflusst. So leiden Frauen<br />

in Indien nach wie vor an den Auswirkungen<br />

überhöhter Mitgiftfor<strong>der</strong>ungen. Es<br />

ist nicht selten, dass junge Frauen in <strong>der</strong><br />

Familie ihres Mannes deshalb Anfeindung<br />

<strong>und</strong> Unterdrückung erleiden müssen. Die<br />

Analphabetenrate unter Frauen ist noch ungleich<br />

höher als bei Männern. Es wird ihnen<br />

oft eine angemessene Schul- <strong>und</strong> Berufsausbildung<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> gleiche Lohn für die entsprechende<br />

Arbeit verwehrt. Sie müssen Gewalt<br />

von ihren Ehemännern <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Familien erdulden, sie bekommen nicht genug<br />

zu essen <strong>und</strong> leiden oft an Mangelernährung.<br />

Häufig werden Mädchen als Kleinkin<strong>der</strong><br />

vernachlässigt o<strong>der</strong> gar ausgesetzt<br />

<strong>und</strong> in <strong>der</strong> Mittelschicht – nach <strong>der</strong> Bestimmung<br />

des Geschlechts während <strong>der</strong> Schwangerschaft<br />

– abgetrieben. Die Diskriminierung<br />

von Frauen zieht sich durch alle Schichten<br />

<strong>und</strong> Kasten. Nur in <strong>der</strong> städtischen Bevölkerung<br />

<strong>und</strong> mit einer guten Ausbildung <strong>der</strong><br />

Mädchen än<strong>der</strong>t sich das soziale Gefüge allmählich.<br />

Am meisten zu erdulden haben die Frauen,<br />

die in die Dalitgemeinschaft hineingeboren<br />

wurden. Zu <strong>der</strong> allgemeinen Diskriminierung,<br />

unter denen auch die Männer zu leiden<br />

haben, kommt noch die Benachteiligung<br />

durch das Geschlecht. Oft sind die Dalitfrauen<br />

<strong>der</strong> Willkür des Landlords <strong>und</strong> <strong>der</strong> höheren<br />

Kasten ausgeliefert <strong>und</strong> werden als<br />

<strong>der</strong>en Besitz betrachtet. Sie sind die Hauptleidtragenden<br />

in <strong>der</strong> Schuldknechtschaft <strong>und</strong><br />

glauben oft selbst, dass dieser Teufelskreis<br />

von den Göttern gewollt ist <strong>und</strong> erst in einem<br />

nächsten Leben durchbrochen werden<br />

kann.<br />

Selbst bei den <strong>Adivasi</strong>gemeinschaften,<br />

die in unmittelbarer Nachbarschaft mit den<br />

Hindus gelebt haben, hat sich die Stellung<br />

<strong>der</strong> Frau im Laufe <strong>der</strong> Zeit den sozialen Erwartungen<br />

dieser Hindugesellschaft angepasst.<br />

Ursprünglich waren <strong>Adivasi</strong>frauen eher<br />

gleichberechtigt <strong>und</strong> nicht ausgegrenzt. Männer<br />

<strong>und</strong> Frauen gingen sehr viel ungezwungener<br />

miteinan<strong>der</strong> um, es gab Mitsprache<br />

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