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Blaue Reihe - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen eV

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In Zwietracht mit sich selbst:<br />

Interne Herausforderungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Zukunft des Südsudan<br />

Stefanie Herr<br />

Lange Zeit war <strong>die</strong> Stimmung im Südsudan euphorisch: Nach einem erfolgreichen Referendum im<br />

Januar sollte nun, am 9. Juli 2011, offiziell <strong>die</strong> Unabhängigkeit des Landes bekannt gegeben werden.<br />

Das Land befand sich in Aufbruchstimmung. Endlich hatte der 22 Jahre anhaltende Bürgerkrieg<br />

ein Ende, und <strong>die</strong> Südsudanesen hatten ihr Ziel erreicht: Einen eigenen, unabhängigen Staat<br />

zu errichten, der <strong>die</strong> Vielfalt des Südens respektiert und sich von der Repression des Nordens,<br />

namentlich der Regierung in Khartum, zu befreien.<br />

Je näher der Tag der Unabhängigkeit allerdings rückte, desto verhaltener wurden <strong>die</strong> Freudenschreie<br />

und desto fragiler schien eine friedliche Trennung des Landes. Der Grund: Nicht nur sind<br />

viele Streitfragen mit dem Norden noch offen, auch der Süden kämpft mit einer ganzen <strong>Reihe</strong> von<br />

eigenen, internen Herausforderungen. Die Sicherheitslage im Süden wurde in den letzten Wochen<br />

vor der Unabhängigkeit immer prekärer. Gewalt brach gleich in mehreren Regionen aus. Insbesondere<br />

Aufstände abtrünniger Milizen in den Bundesstaaten Jonglei und Unity, <strong>die</strong> sich gegen<br />

<strong>die</strong> südsudanesische Regierung richteten, erreichten <strong>die</strong> Presse. 1 Die UN meldet, seit Beginn des<br />

Jahres seien alleine im Südsudan über 1000 Zivilisten Opfer der gewaltsamen internen Auseinandersetzungen<br />

geworden. 2<br />

Die Kämpfe zeigen in erster Linie, wie fragil <strong>die</strong> Kontrolle der südsudanesischen Regierung über<br />

das ausgedehnte Territorium ist, in dem <strong>die</strong> meisten Bürger im Besitz von Waffen sind. Die Regierung<br />

ist in vielen strategisch wichtigen Regionen des Landes praktisch nicht in der Lage, <strong>für</strong><br />

Sicherheit zu sorgen.<br />

Für viele gilt <strong>die</strong> heterogene Zusammensetzung der südsudanesischen Bevölkerung als Hauptursache<br />

der Konflikte. Der Süden ist ein Flickenteppich von unterschiedlichen ethnischen Gemeinschaften<br />

und gilt daher als Vielvölkerstaat. Im Südsudan werden alleine 140 verschiedene Sprachen<br />

gesprochen. Ein Repräsentant des African Union Liaison Office in Khartum betont, der Süden sei<br />

mehr eine Region, <strong>die</strong> entlang ethnischer Linien gespalten sei, als ein eigener Staat. Eine nationale<br />

1<br />

http://www.nytimes.com/2011/04/14/world/africa/14sudan.html?ref=sudan, abgerufen am 2.5.2011.<br />

2<br />

Im Mittelpunkt der Spannung stand dabei lange General George Athor, ein ehemaliger SPLA-Kommandeur,<br />

der <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gouverneurswahlen im April 2010 von der SPLM nicht aufgestellt wurde und sich sein<br />

politisches Mitbestimmungsrecht durch Waffengewalt erkämpfte. Der Small Arms Survey Sudan berichtet<br />

allerdings inzwischen von einer ganzen <strong>Reihe</strong> abtrünniger ehemaliger Kommandeure, <strong>die</strong> nun mit<br />

Gewalt gegen <strong>die</strong> Regierung in Juba vorgehen. Neben George Athor griff im Bundesstaat Unity beispielsweise<br />

Gatluak Gai nach den Wahlen 2010 aus denselben Gründen wie Athor zu den Waffen: Er<br />

wollte <strong>die</strong> Ergebnisse der Wahl nicht anerkennen. Auch Peter Gadet, der erst kürzlich eine eigene Miliz<br />

in Unity gründete, gilt als ehemaliger SPLA-Kommandeur, der sich nun von seinen ehemaligen Freunden<br />

abgewendet hat, ebenso wie David YauYau, ein Murle im Bundesstaat Jonglei, und Lam Akol, ein Shilluk<br />

aus Upper Nile, der schon 1991 <strong>für</strong> den ersten großen Split innerhalb der Rebellengruppe sorgte. Sorgen<br />

bereitet der internationalen Gemeinschaft aber auch ein anderer Mann: Gabriel Tang Gatwich Chan, ein<br />

Nuer aus Jonglei, der bereits <strong>für</strong> ein brutales Kapitel der Geschichte während des Bürgerkriegs sorgte.<br />

Chan, der von vielen als Hardliner beschrieben wird, wurde bereits früh von der Regierung in Khartum<br />

unterstützt und galt als Führungsperson in einem Netzwerk an Milizen, <strong>die</strong> während des Krieges <strong>für</strong> blutige<br />

Kämpfe im Süden verantwortlich waren. Zwar hielt sich Chan <strong>die</strong> letzten Jahre als Generalleutnant<br />

der Sudan Armed Forces <strong>die</strong> meiste Zeit in Khartum auf, jeder seiner gelegentlichen Besuche im Süden<br />

löste allerdings eine Welle der Gewalt aus. Für mehr Informationen zu den einzelnen Gruppierungen vgl.<br />

http://www.smallarmssurveysudan.org/facts-figures-armed-groups-southern-sudan-emerging.php, abgerufen<br />

am 28.4.2011.<br />

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