Blaue Reihe - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen eV
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Schicksale zwischen Tragik und Hoffnung: Kinder sind Zukunft<br />
Ekkehard Griep<br />
Hat man <strong>die</strong> Personenkontrolle geschafft, scheint sich eine andere Welt aufzutun. Nicht mehr der<br />
laute Verkehrslärm, an den wir uns auf den mehr oder weniger befestigten Straßen Jubas rasch<br />
gewöhnt hatten. Hier, hinter steinernen Mauern physisch getrennt von dem unruhigen, recht hektischen<br />
Puls der weiter wachsenden Hauptstadt, scheinen <strong>die</strong> UNICEF-Büros eingebettet in eine<br />
Art beschaulicher Regenwald-Oase. Es ist angenehm ruhig, fast entspannend. In den Barackengebäuden,<br />
<strong>die</strong> den Mitarbeitern als Büros <strong>die</strong>nen, verbreiten ruhig quirlende Ventilatoren einen Hauch<br />
vergangener Kolonialatmosphäre. Man hat den Eindruck, ein kleines Stück heiler Welt zu betreten.<br />
UNICEF-Präsenz im Südsudan<br />
<br />
Foto: Frederic Schneider<br />
Doch <strong>die</strong>ser Eindruck relativiert sich schnell. Im Gespräch<br />
mit drei UNICEF-Kollegen, von denen einer<br />
– das lässt hier mitten im zentralen Afrika aufhorchen<br />
– den Vornamen Bismarck trägt, wird schnell deutlich,<br />
dass sich auch UNICEF den enormen Herausforderungen<br />
und manchen Wirrnissen nicht entziehen<br />
kann, <strong>die</strong> in der Übergangsphase vor der Unabhängigkeit<br />
des Südens wohl einfach unvermeidlich<br />
sind. Dass der Südsudan über eine der höchsten<br />
Müttersterblichkeitsraten weltweit verfügt und rund<br />
10% der Kinder das fünfte Lebensjahr nicht erreichen,<br />
trägt zu den tragischen Rahmenbedingungen<br />
eindrücklich bei.<br />
Die Hälfte der Bevölkerung sind Kinder<br />
UNICEF ist zwar bereits seit 1952 im Sudan präsent, doch das war in den vergangenen Jahrzehnten<br />
keineswegs gleichbedeutend mit Kontinuität. Nach 1989 musste der südliche Sudan angesichts<br />
des Bürgerkrieges aufwendig durch das grenzüberschreitende humanitäre Hilfsprogramm<br />
‚Operation Lifeline Sudan‘ von Nairobi (Kenia) aus versorgt werden – mit Zustimmung von (nord-)<br />
sudanesischer Regierung und südsudanesischer Rebellenbewegung gleichermaßen. In der Folge<br />
des Umfassenden Friedensabkommens von 2005 hat UNICEF dann seine Arbeitsstrukturen abermals<br />
an <strong>die</strong> veränderten Gegebenheiten angepasst. Seitdem wird von Juba aus das ‚Southern<br />
Sudan Area Programme‘ koordiniert. Verglichen mit den vielen Aufgaben wirkt <strong>die</strong> Anzahl von nur<br />
drei UNICEF-Feldbüros im gesamten Südsudan (in Wau, in der Hauptstadt Juba und in Malakal)<br />
eher bescheiden; weitere sechs Regionalbüros sollen eine einigermaßen hinreichende Versorgung<br />
in der Fläche gewährleisten. Versorgung, das heißt <strong>für</strong> UNICEF: Sorge um das Wohl von Kindern.<br />
Die Tatsache, dass von den etwa 40 Millionen bisher im Sudan lebenden Menschen etwa <strong>die</strong> Hälfte<br />
Kinder und von <strong>die</strong>sen etwa sechs Millionen jünger als fünf Jahre sind 1 , macht <strong>die</strong> Dimension der<br />
Aufgabe deutlich. Erkennbar sind aber auch <strong>die</strong> enormen Auswirkungen, <strong>die</strong> das Wohl oder Leid<br />
der Kinder insbesondere <strong>für</strong> den Südsudan haben wird. Auch wenn Kinder, <strong>die</strong> Schwächsten der<br />
<strong>Gesellschaft</strong>, im Machtpoker der Stämme und bei der Verteilung der Öleinnahmen nur allzu leicht<br />
aus dem Blickfeld geraten, ist eines klar: Die Zukunft des Südsudan wird sich auf <strong>die</strong> junge Generation<br />
von heute gründen.<br />
1<br />
Angaben beziehen sich auf den bis zur Unabhängigkeit des Südsudan bestehenden sudanesischen Gesamtstaat.<br />
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