Horst von Allwörden - Gruselromane
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Der Hüter #1<br />
entgegnete der Franzose. "Was habt ihr<br />
zu bieten?"<br />
"Das eine haben sie Dir versprochen,<br />
das andere bekommst du. Du bist nicht<br />
der erste Judas", konterte der Hüter.<br />
"Wir haben dir dein Seelenheil zu bieten.<br />
"Ich bin kein Judas. Ich bin einer, der<br />
die Wahrheit erkannt hat. Und das wird<br />
mir mein Seelenheil bringen", sagte der<br />
Franzose voller Inbrunst.<br />
Die Hölle wirst du ernten, dachte der<br />
Hüter, aber er sagte es nicht. Gerade<br />
wollte der Hüter antworten, als aus dem<br />
Zimmer Geräusche drangen.<br />
Dann ein Schuss.<br />
Dann Totenstille.<br />
Connor blieb vor lauter Furcht fast<br />
das Herz stehen. Hatte Christine sich<br />
gewehrt? War sie tot? Es war als würden<br />
seine Muskeln versagen. Der Hüter<br />
konnte sich nicht bewegen. Starr wartete<br />
er ab.<br />
War sie tot, dann war alles verloren<br />
und ein Krieg würde beginnen, den die<br />
Menschheit nur verlieren konnte. Alle<br />
Hoffnung war dahin.<br />
Die Tür öffnete sich leise.<br />
"Es ist alles in Ordnung, darf ich erfreulicherweise<br />
vermelden", sagte James<br />
mit ausdrucksloser Butlermiene. "Es ist<br />
unverzeihlich <strong>von</strong> mir, dass es soweit<br />
kommen konnte. Aber, um das offensichtliche<br />
zu erwähnen, er muss mir<br />
nachgeschlichen sein und hat mich überrascht<br />
und dann niedergeschlagen. Dabei<br />
ist er dann sehr nachlässig vorgegangen,<br />
sodass ich alsbald das Bewusstsein wiedererlangte<br />
und ihrer Unterhaltung mit<br />
dem Verräter folgen konnte", James ließ<br />
außerordentliche Missbilligung für das<br />
Verhalten und Illoyalität des Chauffeurs<br />
durchblicken. Etwas, das ihm vollkommen<br />
fremd war.<br />
"Ist Christine ...", der Hüter konnte es<br />
Die Horror-Serie<br />
nicht aussprechen.<br />
Bevor James antworten konnte,<br />
drängte sich das Mädchen an ihm vorbei<br />
und beugte sich zum Hüter hinab.<br />
"Ist dir was passiert?" fragte sie.<br />
Der Hüter schüttelte den Kopf. Er betrachtete<br />
seinen Schützling. So zart und<br />
zerbrechlich wirkte sie. All diese Last<br />
auf den zarten Schultern. Ihre großen,<br />
rehbraunen Augen sahen ihn an. Diesem<br />
Blick hatte er nie widerstehen können.<br />
"Die unbeschwerten Tage sind vorbei,<br />
Sweetie", er benutzte ihren Kosenamen,<br />
den er ihr gegeben hatte, als sie vier<br />
war. "Du musst gehen. Schnell!"<br />
"Du kommst nicht mit", erkannte<br />
Christine das Offensichtliche.<br />
"Ich kann nicht", sagte der Hüter. Ich<br />
muss dir die Zeit erkämpfen, zu entkommen.<br />
Es ist mein letzter Dienst für<br />
dich, dachte er, sagte aber: "Ich komme<br />
nach. Unsere Feinde sind da. James<br />
bringt dich weg und ich hole euch ein."<br />
Der Hüter betrachtete das schmale<br />
Gesicht mit den großen Augen und den<br />
langen, blonden Haaren. Die Stupsnase<br />
hatte er immer besonders niedlich gefunden.<br />
Connor Baigent nahm das Gesicht<br />
seines Schützling in beide Hände. Er<br />
hatte sie geliebt, seit sie geboren wurde<br />
und ihre Mutter im Kindbett starb. Er<br />
hatte die Vater und Mutter statt eingenommen.<br />
Gott, hatte er das geliebt. Wäre<br />
James und seine mahnende Stimme<br />
nicht gewesen, er hätte sie verzogen.<br />
Aber so war sie wohl geraten, sich ihrer<br />
Aufgabe bewusst und ihr gewachsen.<br />
Sie ist ein sehr erwachsenes Mädchen,<br />
dachte er. Sie war seine Tochter. Und<br />
konnte er nur ihr Leben retten, in dem er<br />
seines gab.<br />
"Wir sehen uns in ein oder zwei Tagen,<br />
mein Kind", sagte er. "Du musst<br />
jetzt gehen. Vertrau ihm!" Sie nickte<br />
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