Horst von Allwörden - Gruselromane
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Der Hüter #1<br />
"Sehr wohl mein Herr", antwortete<br />
James, der nie eine Order in Frage stellen<br />
würde. "Wird Gepäck benötigt?"<br />
"Kein Gepäck. Sie sind da", die Ruhe<br />
des Butlers, die äußerlich durch nichts<br />
zu erschüttern war, färbte auf den Hüter<br />
ab, der gelassener und weniger angespannt<br />
wirkte, gar abgeklärt mit sich und<br />
der Welt im Reinen schien. "Der Rover<br />
ist noch da?"<br />
Connor Baigent, der Hüter, fragte<br />
nicht, wohin James Christine bringen<br />
würde und der Butler sagte es nicht.<br />
Was der Hüter nicht wusste, konnte er<br />
nicht verraten.<br />
"Selbstverständlich", sagte der Butler<br />
ohne eine Spur Aufgeregtheit. "Erst gestern<br />
in der früh hatte ich die Ehre, ihn<br />
auf seine Funktionstüchtigkeit zu prüfen<br />
und ihn einer inneren und äußeren Reinigung<br />
zu unterziehen, wie auch das Öl<br />
zu wechseln. Darüber hinaus weiß außer<br />
Ihnen und mir keiner um das Fahrzeug,<br />
nicht einmal die Behütete. So denke ich<br />
vermelden zu können, er befindet sich<br />
perfekten Zustand dort wo er sein sollte."<br />
Der Hüter nickte zufrieden.<br />
"Gehen sie jetzt. Sie werden auf sich<br />
allein gestellt sein", verabschiedete sich<br />
der Hüter. Beide wussten, es war ein<br />
Abschied für immer. "Unterrichten sie<br />
den Orden."<br />
Der Butler verneigte sich und zog sich<br />
ohne sichtbare Hast zurück. Noch bevor<br />
die Tür so lautlos schloss, wie er sie geöffnet<br />
hatte, wandte er sich noch kurz<br />
um. Ohne eine Miene zu verziehen, sagte<br />
er: "Es war eine Ehre, Ihnen zu Diensten<br />
zu sein, Sir."<br />
James wartete die Antwort nicht ab,<br />
sondern schloss die Tür ohne spürbare<br />
Eile hinter sich. Er wusste, was zu tun<br />
war.<br />
Connor Baigent nickte, als sich die<br />
Die Horror-Serie<br />
Tür schloss und sein Blick blieb noch<br />
einen Moment daran hängen. Der Hüter<br />
wusste, der Butler war einer der ihren,<br />
und auf ihn war immer Verlass. James<br />
würde Christine in Sicherheit bringen,<br />
daran ließ er keinen Zweifel in sich<br />
selbst aufkommen, denn das durfte er<br />
nicht zulassen. Sein Weg aber, der führte<br />
ins Nichts. Er war der Köder in der<br />
Tigerfalle. Er war derjenige, der die Zeit<br />
für James und Christine erkaufen musste<br />
und der Preis dafür war sein Leben.<br />
Jetzt war der Judas dran. Einer war es<br />
immer. Wenn’s auch nicht jedes Mal<br />
dreißig Silberlinge sind, dachte er voller<br />
Zynismus. Im Gegenteil, im Laufe der<br />
Zeit war die Bezahlung deutlich gestiegen.<br />
Inflationäre Tendenzen, schoss es<br />
ihm durch den Kopf und der Hüter wusste:<br />
Es war Galgenhumor. "Und ich hatte<br />
nicht einmal eine Henkersmahlzeit", sagte<br />
er halblaut vor sich hin, ehe er wieder<br />
aus dem Fenster spähte, um den Vormarsch<br />
der Vampire im Auge zu behalten.<br />
Die dunklen Verführer. Kinder der<br />
Nacht. Untote Diener der Finsternis und<br />
der Macht dahinter.<br />
Immer noch ahnte er ihre Schatten, sie<br />
verschmolzen fast perfekt mit der Nacht,<br />
deren Kinder sie waren. Ob es das war,<br />
was ihnen als Belohnung winkte, dachte<br />
er, wieder am Tag über die Welt zu<br />
wandeln, die Sonne zu spüren, das Grün<br />
der Bäume und das Blau des Meeres zu<br />
sehen. Er würde es sich wünschen, wenn<br />
er sie wäre.<br />
Tief sog er den Atem ein. Wo blieb<br />
nur Jacques, den James doch schicken<br />
sollte? Er verließ seinen Beobachtungspunkt<br />
am Fenster, sah zu Tür hinüber<br />
und wollte hinüber gehen, als ein Schrei<br />
die Stille des Hauses zerriss.<br />
Unter Tausenden hätte er die Stimme<br />
erkannt.<br />
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