Horst von Allwörden - Gruselromane
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Harry B. Foster<br />
Dennoch war die Lage alles andere<br />
als angenehm. Ein neues Versteck, ein<br />
neuer Hüter. Der Schatz wieder einmal<br />
außer Reichweite. Blamiert vor der Sippe.<br />
Sie musste alle Stärke aufbieten, um<br />
nicht wieder zu dem Mädchen zu werden,<br />
das sie war, bevor der alte Tepescu<br />
sie zu dem gemacht hatte, was sie nun<br />
war. Die Herrin der Sippe. Ein einziger<br />
Biss war es und schon war das schüchterne<br />
Aristokratentöchterchen zur Tochter<br />
des Herren der Tepescus geworden.<br />
Sie hatte seine Wildheit und seine Klugheit,<br />
aber hatte sie auch seine Weisheit?<br />
Der heutige Abend hatte gezeigt,<br />
wenn sie ehrlich mit sich selbst war,<br />
dass ihr zu einer großen, unantastbaren<br />
Führerin der Sippe noch einiges fehlte.<br />
Und sieben aus ihrer Sippe waren <strong>von</strong><br />
Connor vernichtet worden. Das würde er<br />
zu allem Überfluss auch noch büßen<br />
müssen. Connor Baigent stand viel bevor.<br />
Die anderen waren in die Kleinbusse<br />
gestiegen und nun warteten sie nur noch<br />
auf Carel und die beiden, die Connor<br />
Baigent holen, und die beiden, die das<br />
Feuer legen sollten.<br />
Sie stand vor den Bussen und die Blicke<br />
der anderen brannten förmlich in<br />
ihrem Rücken. Sie konnte die stummen<br />
Vorwürfe spüren und sie ahnte, dass<br />
erste Ränke gegen sie zumindest in Gedanken<br />
geschmiedet wurden. Noch war<br />
die Meute nicht bereit, zusammen über<br />
sie herzufallen.<br />
Ein großes Manko der Vampire war<br />
ihr Misstrauen und der Neid untereinander,<br />
aber wenn sie jemals da<strong>von</strong> geträumt<br />
hatte, die Vampire, nicht nur ihre<br />
Sippe, unter ihrer Herrschaft zu vereinen,<br />
dann war das der Moment, diese<br />
Hoffnungen zu begraben.<br />
Wo bleiben die nur? fragte sie sich.<br />
Dann hörte sie Schritte und die beiden<br />
Das Spiel der Hexe<br />
Brandstifter erschienen.<br />
"Wo sind Carel, die anderen beiden<br />
und der Hüter?", fragte sie ungehalten.<br />
"Noch nicht zurück?", stellte der erste,<br />
Vladek, eine Gegenfrage.<br />
"Ich würde sonst nicht fragen", entgegnete<br />
Elena scharf.<br />
Im Nachthimmel über dem Herrenhaus<br />
spiegelten sich erste Flammen. Der<br />
Himmel begann sich rot zu verfärben.<br />
Das Feuer fraß sich wie ein Vielfraß<br />
durch seine Beute in das trockene, alte<br />
Gebälk des Hauses.<br />
"Im Haus waren sie nicht mehr, als<br />
wir Feuer legten", verteidigte sich Marek,<br />
der zweite Rückkehrer.<br />
"Seht nach!", befahl Elena. "Sucht<br />
sie!"<br />
Es sah aus, als würden Vladek und<br />
Marek sich weigern wollen, aber ein<br />
Blick in die Augen der Tepescu genügte,<br />
um zu wissen, dass in ihrem Blutrausch<br />
ein Kampf nur verloren gehen konnte.<br />
Aber Elena war klar, dass dies die<br />
erste, kleinere Herausforderung war.<br />
Weitere würden folgen. Es war wie<br />
einst, als sie sich das Erbe ihres Vaters,<br />
die Herrschaft über die Sippe erstreiten<br />
musste. Es war ihr gelungen. Nun war<br />
nach fast achtzig Jahren der Moment der<br />
Prüfung gekommen, ob sie das Erbe<br />
auch würde halten können.<br />
Sie kamen nach endlosen Minuten zurück.<br />
"Keine Spur <strong>von</strong> Carel und den anderen<br />
zu finden. Auch der Hüter ist weg",<br />
meldete Marek.<br />
"Dann nichts wie weg", verkündete<br />
Elena. "Wir werden Connor Baigent<br />
wiedertreffen und dann gehört er mir!"<br />
Es klang wie ein Blutschwur und was<br />
Elena Tepescu anging, war es einer.<br />
Mit ihrer dezimierten Schar fuhr sie<br />
da<strong>von</strong>, voll Zorn, Rachegelüsten und<br />
Furcht ...<br />
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