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Grundlagen der Sprachdidaktik - Guido Nottbusch

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<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Sprachdidaktik</strong> 1<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Sprachdidaktik</strong><br />

Teil 09: Grammatikunterricht<br />

Formen des Grammatikunterrichts<br />

• Kin<strong>der</strong> wenden Grammatik an. Wozu also Grammatikunterricht?<br />

• Sprache untersuchen und ihre Funktion erkennen<br />

Formaler Grammatikunterricht<br />

• formbezogene Sprachanalyse<br />

• isolierte Vermittlung grammatischer Kategorien<br />

Funktionaler Grammatikunterricht<br />

• grammatische Kategorien werden zu semantischen, textuellen o<strong>der</strong><br />

kommunikativen Kategorien in Beziehung gesetzt<br />

Systematischer Grammatikunterricht<br />

• Vermittlung von Teilsystemen <strong>der</strong> Grammatik<br />

Situationsorientierter Grammatikunterricht<br />

• grammatische Kategorien werden anlässlich <strong>der</strong> Behandlung einer<br />

inhaltlich-thematischen Aufgabe vermittelt<br />

• die Betonung liegt auf dem Beziehung zwischen <strong>der</strong> Kenntnis <strong>der</strong> Kategorie<br />

und <strong>der</strong> Bewältigung <strong>der</strong> kommunikativen Handlung bzw. Lösung eines<br />

inhaltlichen Problems<br />

Deduktive Vorgehensweise<br />

• Vermittlung (einer reduzierten Form) von grammatischen Kategorien, die<br />

von einer wissenschaftlichen Grammatik ausgeht<br />

Induktive Vorgehensweise<br />

• auf selbständige Ermittlung <strong>der</strong> grammatischen Kategorien angelegte<br />

Methode<br />

• Vermittlung <strong>der</strong> Kategorien über Sprachanalysen und über die Verwendung<br />

wissenschaftlicher Verfahren<br />

Alternativen<br />

Es ergeben sich also (vergleichbar mit dem Rechtschreibunterricht)<br />

verschiedene Alternativen:<br />

• Man gibt den Anspruch <strong>der</strong> Integration auf und macht systematischen<br />

Grammatikunterricht<br />

<strong>Guido</strong> <strong>Nottbusch</strong> * Universität Bielefeld


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Sprachdidaktik</strong> 2<br />

• Man verzichtet auf Unterrichtseinheiten, in denen Grammatik im<br />

Mittelpunkt steht. Grammatik wird fallweise dort behandelt, wo sie <strong>der</strong><br />

Lösung eines inhaltlichen Problems dient.<br />

• Man versucht eine Synthese aus beiden Ansätzen, d.h. inhaltliche<br />

Probleme werden so arrangiert, dass trotz thematischer Integration eine<br />

Systematik aufgebaut wird.<br />

Grammatik-Werkstatt<br />

Eisenberg & Menzel 1995, Praxis Deutsch 129<br />

Prämissen<br />

• Die Grammatikwerkstatt vermittelt keine vorgegebenen grammatischen<br />

Kategorien, son<strong>der</strong>n das "Handwerkszeug", mit dem grammatische<br />

Kategorien gebildet werden.<br />

• Daher versteht sie sich als handlungsorientiert. Es geht vorrangig nicht um<br />

die Kategorien, son<strong>der</strong>n um die Kategorienbildungsprozesse.<br />

• Die Schüler sollen an <strong>der</strong> Aufstellung <strong>der</strong> grammatischen Kategorien<br />

beteiligt werden, anstatt nur den Resultaten dieser Prozesse zu begegnen.<br />

• In <strong>der</strong> Grammatikwerkstatt soll die Grammatik, die die Kin<strong>der</strong> anwenden,<br />

rekonstruiert werden.<br />

• Dieser Ansatz for<strong>der</strong>t daher einen selbständigen Grammatikunterricht, <strong>der</strong><br />

nicht einem Kommunikationsunterricht untergeordnet wird.<br />

Selbstverständnis<br />

• Die Grammatikwerkstatt versteht sich als Wissenschaftspropädeutik: Sie<br />

arbeitet mit Verfahren, wie sie (grundsätzlich) auch in <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

angewandt werden. Sie versteht sich insofern als "genetische" Methode,<br />

d.h. wissenschaftliche Kategorien werden auf die Situationen<br />

zurückgeführt, in denen sie entstanden sind.<br />

• Es wird zugestanden, dass <strong>der</strong> Grammatikunterricht nur wenig zur<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Schreibfähigkeiten und <strong>der</strong> Kommunikation beiträgt. Ihm<br />

wird Eigenwert zuerkannt.<br />

Die Operationen <strong>der</strong> Grammatik-Werkstatt<br />

• Klangprobe<br />

• Umstellprobe<br />

• Weglassprobe<br />

• Ersatz- und Erweiterungsprobe<br />

• Passivprobe<br />

Operationen und Kategorienbildung<br />

"Grammatische Operationen sind Verfahren zur systematischen Verän<strong>der</strong>ung<br />

von sprachlichen Einheiten wie Wörtern, Phrasen und Sätzen."<br />

Zwei Ausdrücke gehören dann zur selben grammatischen Kategorie, wenn sie<br />

<strong>Guido</strong> <strong>Nottbusch</strong> * Universität Bielefeld


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Sprachdidaktik</strong> 3<br />

sich in Hinsicht auf alle Operationen, die die Grammatik-Werkstatt zur<br />

Verfügung stellt, gleich verhalten.<br />

Beispiel: Kategorie Adjektiv<br />

• Standard-Umschreibung in <strong>der</strong> Schule: "Wiewort"<br />

• Identifizierung von Adjektiven vielfach möglich<br />

• aber: Wortarten werden nicht semantisch bestimmt<br />

• denn: "Wie ist etwas?" fragt nach dem (modalen) Adverbial (Satzglied!)<br />

und dies kann auch ein Adverb (Wortart!) sein<br />

• stattdessen: Adjektive (Wortart!) werden morphologisch<br />

(Flektierbarkeit) und syntaktisch (Attribuierbarkeit) bestimmt<br />

• Eine Kategorie wie 'Adjektiv' stellt keine vorgegebene Kategorie <strong>der</strong><br />

Sprache dar, son<strong>der</strong>n sie wird auf <strong>der</strong> Grundlage von verschiedenen<br />

Operationen gebildet. Es gibt Wörter, auf die alle Operationen anwendbar<br />

sind (prototypische Adjektive) und solche, auf die nur einige Operationen<br />

anwendbar sind.<br />

Adjektivprobe<br />

"Wenn ein Wort zwischen Artikel und Nomen eingefügt werden kann und dort<br />

flektiert wird, ist es ein Adjektiv."<br />

• Prototyp: Das rot-e Kleid<br />

• eingeschränkt: Das lila Kleid<br />

• nahe liegend: *Das lila-ne Kleid<br />

• nicht möglich: *Die zu Tür<br />

• nicht ganz so nahe liegend: *Die zu-ne Tür<br />

Abgrenzungsprobleme zum Adverb<br />

Adverbien sind nicht flektierbar und nicht attribuierbar.<br />

• selten vs. manchmal<br />

• kaputt vs. entzwei<br />

• lieb vs. gern<br />

Die Ermittlung von Wortarten durch Operationalisierung kann als Einstieg in die<br />

weitere Verwendung und den Gebrauchswert <strong>der</strong> Wortarten in Texten genutzt<br />

werden. Die Grammatik-Werkstatt bietet die Möglichkeit erste Erfahrungen zu<br />

sammeln, wie man zu den Wortarten gelangt.<br />

<strong>Guido</strong> <strong>Nottbusch</strong> * Universität Bielefeld

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