05.01.2014 Aufrufe

Jahresbericht 2007/08 - Gymnasium Liestal

Jahresbericht 2007/08 - Gymnasium Liestal

Jahresbericht 2007/08 - Gymnasium Liestal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Gym<strong>Liestal</strong> unterwegs<br />

Den Stall ausmisten, den Heustock reinigen, viel Holz hacken,<br />

Holzscheite aufstapeln, die Kinder hüten, einen Gemüsegarten anlegen,<br />

die Esel auf die Weide bringen – und ein paar «Nebensachen»<br />

19<br />

Die Klasse F1b entscheidet sich im<br />

Herbst 07 mit klarem Mehr für einen<br />

Arbeitseinsatz beim Biobauern. Die verblüfften<br />

Begleitpersonen Chlaus Würmli<br />

und Isabelle Grimm fragen sich: «Ist die<br />

Klasse tatsächlich so ‹gschaffig› oder<br />

steckt da nicht vielleicht eine geheime<br />

Abneigung gegen ein Themenlager (Kombination<br />

Französisch und Bildnerisches<br />

Gestalten) dahinter?» Ein halbes Jahr<br />

später sollten wir es erfahren…<br />

Am 19. Mai brechen wir in Richtung<br />

Bündnerland auf. Tenna ist unser Ziel,<br />

eine 100-Seelen-Gemeinde im Safiental<br />

auf 1600 Meter über Meer. Stefan Joos,<br />

der junge Biobergbauer, empfängt uns<br />

herzlich. Am Abend kommt er oft ins Lagerhaus<br />

und sucht aktiv das Gespräch mit<br />

der Klasse. Durch seine zwar bestimmte,<br />

aber unkomplizierte und witzige Art, wird<br />

er sofort von allen akzeptiert.<br />

Jeden Morgen wird die Klasse in jeweils<br />

vier bis fünf Gruppen aufgeteilt und<br />

ist mit verschiedenen Bauern des Dorfes<br />

unterwegs. Unterschiedlichste Arbeiten<br />

auf Feld und Hof fallen an. So müssen<br />

wir auf der Weide Steine auflesen, Unkraut<br />

ausreissen, neue Zäune stecken,<br />

den Stall ausmisten, den Heustock reinigen,<br />

viel Holz hacken, Holzscheite<br />

aufstapeln, die Kinder hüten, Geranien<br />

pflanzen, einen Gemüsegarten anlegen,<br />

die Esel auf die Weide bringen, viele Kilo<br />

Fleisch vakuumieren und auch mithelfen,<br />

einen Hochzeitsapéro zu organisieren.<br />

Nebst der Arbeit interessieren wir uns<br />

für Dorf und Tal. Chlaus Würmli bringt uns<br />

die Schönheiten der schmucken Kirche von<br />

Tenna näher, Ursulina Joos, frühere Grossrätin<br />

und engagierte Tennerin, erzählt uns<br />

bei Kaffee und Kuchen interessante Anekdoten<br />

zu ihrem Dorf, und beim Besuch<br />

des Projekts «Safier Ställe» lernen wir,<br />

wie man die traditionellen Holzschindeln<br />

herstellt, die auf neuen Dächern die alten<br />

Ställe vor dem Zerfall bewahren.<br />

Bald stellt sich heraus, dass die Klasse<br />

F1b wirklich sehr ‹gschaffig› ist, die<br />

allermeisten Schülerinnen und Schüler<br />

kehren am Abend motiviert und zufrieden<br />

nach Hause zurück. Vielleicht liegt<br />

dies auch daran, dass wir immer wieder<br />

von den Bäuerinnen mit Kuchen, Fleischplatten<br />

und Käse verwöhnt werden! Wir<br />

merken, wie froh die Bauernfamilien<br />

über unsere Hilfe sind und sehen den<br />

Wert der geleisteten Arbeit.<br />

Ende Woche werden interessante<br />

Einsichten geäussert, so zum Beispiel:<br />

«Mein Vorurteil, Bauern seien alle alt, ist<br />

widerlegt worden!» Tatsächlich gibt es<br />

in Tenna nämlich erstaunlich viele junge<br />

Bauernfamilien! Bis zum Abreisetag kennen<br />

wir das halbe Dorf, inklusive Dorfladenbesitzerin<br />

und Postautochauffeur.<br />

Der Abschied fällt uns schwer, vor allem<br />

jetzt, da endlich die Sonne scheint und<br />

wir den wunderbaren Ausblick übers Tal<br />

geniessen könnten.<br />

Nachfolgend einige Ausschnitte aus<br />

der entstandenen Textsammlung «Nebensachen».<br />

Die Schülerinnen und Schüler<br />

haben kurze Texte verfasst zu Dingen,<br />

die ihnen im Dorf oder in der Landschaft<br />

aufgefallen sind und die sie berührt haben.<br />

Isabelle Grimm, Chlaus Würmli<br />

divyan bodmer | schneebedeckte berge<br />

Sie erscheinen hell strahlend über der trüben<br />

Nebeldecke und geben mir das Gefühl von<br />

Freiheit und Grenzenlosigkeit. Es scheint als<br />

verbänden sie den Himmel mit der Erde, so,<br />

als könnte man von ihrem Gipfeln weiter in<br />

die Wolken steigen. Sie tun nichts und stehen<br />

trotzdem im Mittelpunkt. Sie sagen nichts und<br />

sind doch die Lautesten. Sie verbergen nichts<br />

und sind doch geheimnisvoll. Sie sind heute<br />

da, auch morgen und übermorgen, sie werden<br />

immer da stehen. Sie werden auch nach uns<br />

noch da stehen. Der Wald schafft es nicht, bis<br />

zu ihren Gipfeln vorzudringen, den Wolken fällt<br />

es schwer, sie zu verhüllen, die Sonne vermag<br />

ihren Schnee nicht zu schmelzen und der<br />

Mensch wird klein und schwach neben ihnen.<br />

Bei ihrem Anblick wird mir bewusst, wie<br />

ziellos ich umherirre, und ich frage mich, ob<br />

die Dinge einfacher wären, wenn ich mir<br />

mehr Zeit zum Nachdenken nähme.<br />

manuel simon | die schule von tenna<br />

Ich habe in Tenna einen Kindergarten<br />

gesehen, was mich sehr verwundert<br />

hat, denn es gibt ja sehr wenige Kinder dort.<br />

Ursulina Joos sagte, dass der Kindergarten<br />

geschlossen sei und in der ganzen Schule nur<br />

fünfzehn Kinder den Unterricht besuchten – das<br />

bedeutet zwei bis drei Kinder durchschnittlich<br />

pro Klasse.<br />

Ich finde es lustig, dass sich die Leute<br />

von Tenna so freuen, wenn ein Kind<br />

mehr in die Schule geht.<br />

jascha singh | freiheit der natur<br />

Keine Lust auf Kälte und Berge,<br />

keine Lust auf stählerne Härte.<br />

Alles ist nass, feucht und grau.<br />

Arbeit steht vor uns.<br />

Lustlos fasse ich halt mit an.<br />

Meine grössten Feinde sind Zeit und Arbeit.<br />

Nach einer Weile verschwindet mein Schmerz.<br />

Wieder einmal ist es die Natur,<br />

die mich eines Besseren belehrt, mich wärmt.<br />

Ich spüre die Arbeit im Freien an Geist und Körper.<br />

Sie wärmt mich und klärt meine Sicht –<br />

störende Gedanken verschwinden aus meinem Kopf.<br />

Zeit spielt keine Rolle mehr;<br />

sie interessiert die Bäume nicht,<br />

und ich fühle mich freier.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!