hand.ball.herz. - TV Korschenbroich Handball
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STAND<br />
PUNKT<br />
DER EHRLICHE IST DER DUMME<br />
Von Tobias Käufer<br />
8<br />
DIE GROSSE POLITIK MACHT ES VOR: WER NUR GENUG SCHULDEN MACHT, DEM HILFT VATER STAAT UND DER STEUERZAHLER.<br />
HOLZMANN, OPEL UND GRIECHENLAND SIND NUR WENIGE BEISPIELE AUS DEN LETZTEN JAHREN, DIE GEZEIGT HABEN WIE<br />
POLITIK FUNKTIONIERT.<br />
Auch auf regionaler und kommunaler Ebene funktioniert die Politik ähnlich.<br />
Als der DHC Rheinland in der vergangenen Saison ins Straucheln kam, weil<br />
zum zweiten Mal in der ruhmreichen Geschichte des traditionsreichen Klubs<br />
wieder einmal miserabel gewirtschaftet wurde, scharte sich schnell ein<br />
großer Kreis von Rettern aus Politik und Gesellschaft um den DHC. Immerhin<br />
konnte so der Absturz in die 3. Liga verhindert werden. Mit Hilfe aus der Politik<br />
des Rhein-Kreises Neuss konnte der DHC dann plötzlich auch einen Spieler<br />
bezahlen, dessen Weiterverpflichtung dem Lokalrivalen <strong>TV</strong>K wirtschaftlich<br />
zu risikoreich war: David Breuer wechselte zum DHC.<br />
Zugegeben, ein klein wenig Polemik steckt schon in dieser Kritik, aber kurz<br />
vor Weihnachten erleben wir wieder ein ähnliches Schauspiel: Diesmal ist es<br />
ein anderer Nachbar des <strong>TV</strong>K, der ums Überleben kämpft: Die HSG Düsseldorf.<br />
Deren Manager Frank Flatten ist in der Szene nicht ganz unumstritten.<br />
Vielleicht auch deshalb: Einen Tag vor Weihnachten kündigte Flatten einen<br />
Insolvenzantrag der Düsseldorfer an, einen Tag nach Weihnachten dagegen<br />
war die Welt schon wieder rosarot. Die Fusion mit dem DHC Rheinland war in<br />
trockenen Tüchern und Flatten richtete den Blick schon wieder in ganz andere<br />
Regionen. Trotz eines aktuellen Defizits von 350.000 Euro und trotz insgesamt<br />
dreier Dormagener und Düsseldorfer Insolvenzen aus der jüngeren Vergangenheit<br />
lautet Flattens Vision: Wiederaufstieg und Etablierung in der ersten<br />
Bundesliga. Wieder mit am Tisch: Vertreter der regionalen und kommunalen<br />
Politik.<br />
Ich erinnere mich noch an die Zeit vor den letzten Wahlen: Kaum ein <strong>TV</strong>K-<br />
Spiel bei dem nicht ein Bundestags-, Landtags- oder Kreistagsabgeordneter<br />
sein Gesicht in die Kamera hielt und darum bat, persönlich begrüßt zu<br />
werden. Die Begeisterung der Politiker für den <strong>TV</strong>K hat sich mit dem Wahltag<br />
stark abgekühlt. Außer Absichtserklärungen ist nicht viel übrig geblieben.<br />
Der <strong>TV</strong>K hat nicht das Glück, dass ein Chemiekonzern vor Jahren den Bau<br />
einer neuen Bundesliga-Halle subventionierte. Der <strong>TV</strong>K hatte nicht das Glück<br />
wie so viele ostdeutsche Klubs im Rahmen des Programms „Aufschwung<br />
Ost“ neue Arenen vor die Nase gesetzt zu bekommen. Er muss mit einer<br />
Schulsporthalle vorlieb nehmen.<br />
Ein klein wenig kommt mir der <strong>TV</strong>K vor wie ein einsamer Rufer in der Wüste.<br />
„Nein, wir geben nicht mehr Geld aus, als wir einnehmen“, wiederholt <strong>TV</strong>K-<br />
Geschäftsführer Peter Irmen gebetsmühlenartig. Mit dieser Einstellung<br />
schafft man es aber leider nicht so oft in die Medien wie jene, denen der<br />
Mut fehlt, am Anfang der Saison auch einmal einen Vertrag mit einem Leistungsträger<br />
nicht zu verlängern. Mit dieser Einstellung findet man auch keine<br />
Retter, die sich um einen scharen, wenn wieder einmal eine dramatische<br />
Pressekonferenz samt Hilfeschrei die eigene Geldverbrennungsphilosophie<br />
übertünchen soll.<br />
Deswegen muss der <strong>TV</strong>K lernen, seine Ziele und Wünsche besser und effektiver<br />
zu formulieren. Die Politik reagiert nur auf Druck. Warum also kein<br />
offizielles politisches „Aktionsbündnis neue Arena“ gründen. Dazu sind dann<br />
alle die eingeladen, die dem <strong>TV</strong>K wirklich helfen wollen. Lokale, regionale<br />
und überregionale Politiker könnten dabei genauso eingebunden werden wie<br />
die Schützen- oder Karnevalsverbände. Podiumsdiskussionen, Informationsabende,<br />
Unterschriftensammlungen – ja vielleicht sogar eine Demo vor dem<br />
Stadt- und dem Kreistag. Leider muss man heutzutage so sein Anliegen vorbringen<br />
– wenn man nicht gerade vor der Pleite steht.<br />
In Dormagen und Düsseldorf gibt es genügend bundesligataugliche Hallen.<br />
Trotzdem wird schon darüber öffentlich diskutiert, der Fusion aus ehemaligen<br />
Insolvenzsündern eine neue Halle zu bauen. Es drängt sich wieder einmal der<br />
Eindruck auf, dass <strong>TV</strong>-Moderator Ulrich Wickert mit seinem Buchtitel einst<br />
wie heute Recht hat: „Der Ehrliche ist der Dumme“.<br />
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Neuss<br />
In unserer neuen Rubrik “Standpunkt” lassen wir Journalisten zu Wort<br />
kommen, die den Weg des <strong>TV</strong>K seit Jahren begleiten. Wir laden Sie ein,<br />
ihre Einschätzung zu einem aktuellen Thema abzugeben.<br />
Den Anfang macht Tobias Käufer.<br />
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