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Hedwigsbote - St. Hedwigs-Kathedrale Berlin

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und ein Blick auf die verschiedenen<br />

Vorstellungen, die von der<br />

Seele entwickelt wurden.<br />

Die griechische Philosophie hat<br />

die unsterbliche Seele dem sterblichen<br />

Leib gegenübergestellt. Die<br />

Seele ist für Platon eine eigene<br />

Substanz. Sie verbindet wich mit<br />

dem Körper, bleibt dort aber<br />

letztlich ganz sie selbst. Sie lebt<br />

im Körper gleichsam wie in einem<br />

Gefängnis. Dem gegenüber hat<br />

die Bibel eine ganz andere Sicht<br />

von Seele. Die Bibel bezeichnet<br />

mit „psyche=Seele“ die Lebendigkeit<br />

des Fleisches. Manche<br />

Autoren übersetzen die biblische<br />

„psyche“ daher einfach mit „Leben“.<br />

Thomas von Aquin nennt die<br />

Seele die Form des Körpers. Für<br />

ihn gibt es also keine Seele, die<br />

sich nicht in einen Körper hineingibt.<br />

Für die Psychologie hat die<br />

Seele (Psyche) eine andere Bedeutung.<br />

Sie bezeichnet den<br />

inneren Bereich des Menschen,<br />

der nicht nur das Bewusste, sondern<br />

auch das Unbewusste miteinschließt.<br />

Für mich ist die Seele ein Bild für<br />

die Mitte des Menschen, für seine<br />

Einmaligkeit, aber auch für seinen<br />

Transzendenzbezug. Die<br />

Seele ist nicht vom Leib zu trennen,<br />

jedoch meint sie nicht das<br />

Gleiche wie der Leib. Mit Dietrich<br />

Wiederkehr möchte ich die Seele<br />

bezeichnen als „die personale<br />

und existentielle Mitte gegenüber<br />

dem von außen übergeworfenen<br />

Rollenbild der Gesellschaft über<br />

die verborgene Identität, die<br />

personale Einmaligkeit gegenüber<br />

den austauschbaren nivellierten<br />

Individuen“. Wenn ich diesen<br />

etwas schwierig klingenden Satz<br />

in unsere Erfahrung hinein übersetze,<br />

so heißt das für mich: Ich<br />

bin nicht festgelegt auf das, was<br />

die Gesellschaft von mir erwartet.<br />

Die Seele erinnert mich, dass ich<br />

etwas Einmaliges und Einzigartiges<br />

bin. Ich bin ein Gedanke<br />

Gottes, der sich in mir ausdrückt.<br />

Und Seele bezeichnet das Geheimnisvolle<br />

in mir, das dem<br />

Zugriff der Welt, auch dem Zugriff<br />

des Bewertens, entzogen ist.<br />

Das deutsche Wort „Seele“<br />

kommt von „See“ und weist hin<br />

auf die Tiefe, auf das Abgründige,<br />

Geheimnisvolle, das wir<br />

letztlich nicht begreifen können,<br />

das uns aber auch schützt vor<br />

dem Zugriff neugierigen Bestimmenwollens.<br />

Seele meint also mein unverwechselbar<br />

Innerstes. Und in<br />

diesem Innersten bin ich auf Gott<br />

bezogen. Da übersteige ich diese<br />

Welt. Die Seele ist im Leib und<br />

prägt ihn. Umgekehrt hat auch<br />

der Leib auf die Seele Einfluss.<br />

Das merken wir, wenn wir krank<br />

sind. Wenn wir von Seele spre-<br />

Februar / März 2009<br />

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