Hedwigsbote - St. Hedwigs-Kathedrale Berlin
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chen, meinen wir den Bereich,<br />
über den die Menschen nicht<br />
verfügen können und in dem ich<br />
offen bin für Gott, in dem ich in<br />
seine Wirklichkeit selbst hineinreiche.<br />
Für mich bezeichnet daher<br />
die Seele den göttlichen<br />
Glanz meines Inneren, den<br />
Reichtum an Ahnungen und Bildern,<br />
die ich in mir vorfinde und<br />
die mich alle auf Gott verweisen.<br />
In der Seele hat er seine Spur in<br />
mich eingegraben, um mich immer<br />
wieder an sich zu erinnern.<br />
Anselm Grün, aus<br />
„Buch der Antworten“<br />
Warum soll ich mich für<br />
andere einsetzen?<br />
Der Mensch – so sagen schon die<br />
Griechen – ist ein zoon politikon:<br />
ein Lebewesen, das in Gesellschaft<br />
lebt. Wir sind in unserem<br />
Sein immer schon auf andere<br />
bezogen. Wir sind auf die anderen<br />
angewiesen und ohne die<br />
Mitmenschen könnten wir nicht<br />
existieren – von Geburt an. Jedes<br />
Kind ist angewiesen auf Zuwendung,<br />
auf Betreuung und Liebe.<br />
Und diese Zuwendung und dieses<br />
Vertrauen ist wiederum die<br />
Grundlage für die Zuwendung<br />
des anderen. Wir leben in Solidarität<br />
und Verbundenheit mit anderen.<br />
„Nur sämtliche Menschen<br />
leben das Menschliche“, dieser<br />
Satz Goethes weist auf die<br />
grundlegende Verbundenheit<br />
aller hin. Wir erfahren uns zwar<br />
als Ich und den anderen als den<br />
Anderen, aber nur in der Beziehung<br />
zum anderen, zum Du,<br />
können wir „wir selbst“ werden.<br />
Daher gehört es auch zum<br />
Menschsein, dass wir die Augen<br />
nicht vor der Not der anderen<br />
verschließen, sondern eingreifen,<br />
wenn wir den Bruder oder die<br />
Schwester in Not sehen.<br />
Dass die Beziehung zwischen den<br />
anderen nicht nur harmonisch ist,<br />
gehört zur Urerfahrung der Menschen.<br />
Die Bibel berichtet uns<br />
vom Brudermord im Anfang der<br />
Menschheitsgeschichte. Kain ist<br />
neidisch auf seinen Bruder Abel<br />
und ermordet ihn. Als ihn Gott<br />
zur Rechenschaft zieht und ihn<br />
fragt: “Wo ist dein Bruder Abel?“,<br />
antwortet Kain: „Ich weiß es<br />
nicht. Bin ich der Hüter meines<br />
Bruders?“ (Gen 4,9) Kain verweigert<br />
die Verantwortung für sein<br />
Tun. Doch das führt dazu, dass<br />
er sein Leben lang mit schlechtem<br />
Gewissen ruhelos umherwandern<br />
muss. Wir können die<br />
Augen nicht vor dem andern<br />
verschließen. Wir sind als Gemeinschaftswesen<br />
geschaffen<br />
und haben daher Verantwortung<br />
für den Bruder und die Schwester.<br />
Wir können nicht so tun, als<br />
ob uns die andern nichts angingen.<br />
Wenn wir die Augen und<br />
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Februar / März 2009