Fortbildungsartikel verfügbar (1446 kB) - Heilberufe
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ste und Sorgen der Klienten ist es auch nicht verwunderlich,<br />
dass es ihnen mitunter an Adhärenz mangelt.<br />
Pflegefachkräfte sollten sich daher für diese Probleme<br />
sensibilisieren und sie gemeinsam mit dem Klienten<br />
thematisieren. Auch hier kommt es auf die richtige<br />
Information und Beratung an, um dem Klienten die<br />
positive Seite der Therapiebeteiligung näher zu bringen.<br />
Gegebenenfalls kann die Vermittlung an eine<br />
Selbsthilfegruppe notwendig sein.<br />
FA ZIT FÜR DIE PFLEGE<br />
▶▶Eine möglichst hohe Selbstständigkeit, Entscheidungsfähigkeit<br />
und Autonomie des Klienten<br />
muss übergeordnetes Ziel der Pflege sein. Bei<br />
Menschen mit chronischen Wunden bedeutet<br />
das, mit den zahlreichen Einschränkungen, die die<br />
Krankheit mit sich bringt, umgehen zu lernen, die<br />
Lebensqualität zu steigern sowie durch adäquates<br />
Verhalten die Wundheilung zu fördern und<br />
Rezidiven vorzubeugen.<br />
▶▶Die Betroffenen benötigen die richtigen Informationen,<br />
Beratung oder Anleitung bei praktischen<br />
Handlungen. Dieses zu vermitteln ist die Aufgabe<br />
der Pflegefachkraft. Im Rahmen einer gezielten<br />
und individuellen Patientenedukation informiert<br />
und berät sie den Klienten oder vermittelt ihm<br />
spezielle Fertigkeiten.<br />
▶▶Damit die Klientenedukation wirksam werden<br />
kann, muss sie als eigenständige Aufgabe geplant,<br />
durchgeführt und dokumentiert werden.<br />
Entsprechende Instrumente können bei der Umsetzung<br />
helfen.<br />
Gonda Bauernfeind<br />
Pflegedienstleiterin, RbP; Mitglied der<br />
DNQP Expertenarbeitsgruppe „Pflege von<br />
Menschen mit chronischen Wunden“,<br />
Leitung AG-Pflegeentwicklung DGfW<br />
Mühlenstr. 1, 57577 Hamm/Sieg<br />
WTcert®DGfW (Pflege)<br />
g.bauernfeind@dgfw.de<br />
Steve Strupeit<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der<br />
HAW Hamburg, Diplom-Pflegewirt (FH),<br />
BA, WTcert®DGfW (Pflege)<br />
Alexanderstr. 1, 20099 Hamburg<br />
steve.strupeit@haw-hamburg.de<br />
Arne Buss<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der<br />
HAW Hamburg, BA Pflegewissenschaft<br />
(FH), WAcert®DGfW (Pflege)<br />
Alexanderstr. 1, 20099 Hamburg<br />
Arne.Buss@haw-hamburg.de<br />
MEIN 1. MAL<br />
Tropf, tropf, tropf ...<br />
In meinem zweiten Lehrjahr stand der Einsatz in<br />
der ambulanten Pflege an. Es klang interessant,<br />
Menschen endlich einmal in ihrer gewohnten<br />
Umgebung zu pflegen. In einer Umgebung, die ihnen vertraut ist und in<br />
der sie sich wohlfühlen. Diese Gedanken bestätigten sich in den ersten<br />
Tagen meines Einsatzes auch: Die Klienten schienen sich in ihrer häuslichen<br />
Atmosphäre wohl zu fühlen und freuten sich über die Besuche<br />
und die Hilfe des Pflegedienstes. Das war mal etwas ganz anderes als im<br />
Krankenhaus! Wie in der Theorie bereits gelernt, bedeutet ambulante<br />
Pflege auch, dass die Klienten selbst bestimmen, wo und wann die nötigen<br />
Pflegemaßnahmen durchgeführt werden. Was das bedeuten kann,<br />
hat mir ein Erlebnis – leider negativ – verdeutlicht.<br />
Eine Klientin, die von uns betreut wurde, litt schon seit einigen Monaten<br />
an einem Ulcus cruris des linken Unterschenkels. Trotz aller pflegerischen<br />
und ärztlichen Behandlungsmaßnahmen umfasste das Ulcus den gesamten<br />
Unterschenkel. Aufgrund massiver Exsudatmengen musste der Verbandswechsel<br />
täglich durchgeführt werden.<br />
Den ersten Verbandswechsel bei der Klientin werde ich wohl nie vergessen:<br />
Wir hatten uns mit ihr abgesprochen und wollten nach dem<br />
Mittagessen den Verband erneuern. Sie saß im Wohnzimmer und schaute<br />
fern. Als wir die Wohnung betraten, begrüßte sie uns und verkündete,<br />
dass sie gern weiterhin in ihrem Sessel sitzen bleiben wolle, während wir<br />
den Verband wechseln. Das Wohnzimmer war zugleich auch Esszimmer<br />
und es gab eine kleine Küche, die sich in einer Ecke des Zimmers befand.<br />
Der Raum war groß und komplett mit Teppich ausgelegt, der jedoch<br />
schon ziemlich fleckig und abgelaufen aussah.<br />
Verbandswechsel auf dem Hocker<br />
Da ich die Wunde der Klientin noch nie gesehen hatte, ging ich davon<br />
aus, dass für diesen Verbandswechsel eine keimarme Einmalunterlage<br />
reichen würde. Allerdings sind ja auch die pflegerischen Materialien in<br />
der häuslichen Pflege knapp bemessen. Die Klientin legte also ihr betroffenes<br />
Bein ohne Unterlage auf einen Sofahocker. Meine Anleiterin entfernte<br />
sorgsam und schmerzarm den alten Verband. Ein unangenehmer<br />
Geruch stieg von den alten Verbandsmaterialien auf, die Geruchslast<br />
wurde mit jeder abgewickelten Runde extremer. Der Verband war in den<br />
unteren Schichten komplett mit Exsudat durchfeuchtet. Einiges davon<br />
lief direkt auf den Polsterhocker, der Rest tröpfelte langsam auf den<br />
Wohnzimmerteppich.<br />
Ich schaute durch das Zimmer, um mich abzulenken, denn das hatte in<br />
der Vergangenheit immer ganz gut funktioniert. Mein Blick schweifte<br />
durch den Raum, über den fleckigen Teppich, und plötzlich überkam<br />
mich eine Welle des Ekels. Alle Flecken waren in meiner Vorstellung nur<br />
noch altes eingetrocknetes Exsudat, und ich wünschte mir sehnlichst,<br />
einen ausreichenden Abstand zwischen meinen Schuhen und diesem<br />
abstoßenden Bodenbelag bringen zu können. Ich hatte Gänsehaut am<br />
ganzen Körper und ein kloßartiges Gefühl im Hals. Natürlich wollte ich<br />
der Klientin nicht zeigen, wie sehr mich diese Situation ekelte. Ich wollte<br />
ja respektvoll wirken. Standhaft habe ich also den Verbandswechsel<br />
durchgehalten und war überaus froh, als wir die Wohnung wieder verlassen<br />
konnten. Mehr Details möchte ich den Lesern lieber nicht zumuten,<br />
und auch ich erinnere mich nicht gern daran. In meinem Kopf stellte<br />
sich permanent die gleiche Frage: „Wie kann sie denn an diesem Tisch<br />
noch Abendbrot essen?“<br />
Sarah Gründemann<br />
<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2012; 64 (7-8)<br />
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