Mühlengickel - Hessischer Landesverein zur Erhaltung und Nutzung ...
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Mühlengickel<br />
Mitteilungen aus dem Hessischen <strong>Landesverein</strong><br />
<strong>zur</strong> <strong>Erhaltung</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzung</strong> von Mühlen (HLM) e.V.<br />
Mai 2010<br />
Karl-Heinz<br />
<strong>und</strong> Helga Schanz<br />
40 Jahre Engagement<br />
<strong>zur</strong> <strong>Erhaltung</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzung</strong> von Mühlen
Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Termine<br />
Deutscher Mühlentag 2010<br />
24. Mai 2010 - Pfingstmontag<br />
B<strong>und</strong>esweite Eröffnungsveranstaltung an der „Frisia“<br />
Windmühle in Leer-Logabirum, Beginn 10.00 Uhr<br />
Mitgliederversammlung 2010 der DGM<br />
18. - 20. Juni 2010 in Bad Düben (Sachsen)<br />
Weitere Informationen zu diesen Veranstaltungen sind auf der<br />
Internet-Seite der DGM www.muehlen-dgm-ev.de hinterlegt.<br />
Der HLM hat kürzlich zwei neue Plakate herausgegeben. Die<br />
Plakate sind in dieser Ausgabe des Mühlengickel in schwarzweiß<br />
auf den Seiten 17 <strong>und</strong> 21 dokumentiert <strong>und</strong> in den Formaten<br />
DIN A4 <strong>und</strong> DIN A2 in der Geschäftsstelle erhältlich.<br />
Eingeheftet in dieser Ausgabe:<br />
Teilnehmerverzeichnis Deutscher Mühlentag 2010 in Hessen<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Liebe Mühlenfre<strong>und</strong>e,<br />
der Mühlentag 2010 steht vor der Tür. Pfingstmontag ist b<strong>und</strong>esweit wieder<br />
der "Tag der Mühlen". In Hessen beteiligen sich in diesem Jahr 31<br />
Mühlen. Sie finden das diesjährige Teilnehmerverzeichnis als Beilage zu<br />
diesem Mühlengickel.<br />
Auch der Mühlentag 2011 beschäftigt uns schon, denn der HLM hat zugesagt,<br />
die b<strong>und</strong>esweite Eröffnungsveranstaltung 2011 in Hessen durchzuführen<br />
<strong>und</strong> dem DGM-Vorstand hierzu einen Vorschlag zu unterbreiten.<br />
Wir hatten dazu im letzten Mühlengickel um Bewerbungen <strong>und</strong> dann zu<br />
deren Präsentation im Rahmen unserer Jahreshauptversammlung am<br />
25.4.2010 gebeten. Es meldeten sich vier Projekte an. Die Brückermühle<br />
(Amöneburg) zog die Bewerbung kurz vor der Veranstaltung <strong>zur</strong>ück. So<br />
wurden schließlich Ideen für Eröffnungsveranstaltungen an der Steinmühle<br />
in Ottrau-Schorbach, an der Biemühle in Weichersbach <strong>und</strong> an der<br />
Obermühle in Borken-Kerstenhausen vorgestellt.<br />
Alle Bewerber hatten sich sehr große Mühe bei der Planung <strong>und</strong> Konzeption<br />
einer möglichen Eröffnungsveranstaltung gegeben <strong>und</strong> sehr lebendige<br />
Präsentationen vorgetragen.<br />
Die Steinmühle stellte ihr vielfältiges museales Ensemble, die Leistungsfähigkeit<br />
des Mühlen-Fördervereins, historisch stimmige Räumlichkeiten<br />
<strong>und</strong> ein musikalisches Begleitprogramm sowie die Erfahrung aus der alljährlichen<br />
Beteiligung am Mühlentag heraus.<br />
Die Biemühle warb vor allem mit einem einfühlsamen Konzept <strong>zur</strong> Restauration<br />
der Mühle <strong>und</strong> deren Öffnung für die Allgemeinheit <strong>zur</strong> <strong>Nutzung</strong><br />
für Veranstaltungen von zeremoniellen Trauungen bis hin zu lockeren<br />
Festen in größerer R<strong>und</strong>e. Darüber hinaus war <strong>und</strong> ist durch entsprechende<br />
Vorgespräche eine wesentliche Einbindung des Mühlentages in die<br />
700-Jahre-Feierlichkeiten der Gemeinde vorgesehen.<br />
Die Obermühle stellte sich als tätige Getreidemühle vor <strong>und</strong> für das Rahmenprogramm<br />
die Vorstellung der aktuell laufenden Aktivitäten des<br />
Vereins Regionalentwicklung Schwalm-Aue <strong>zur</strong> Renaissance der Wasser-<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
kraftnutzung an einem ehemaligen Standort fossiler Energiegewinnung<br />
(Braunkohle-Kraftwerk) mit mühlenverdrängender Kühlwasserentnahme<br />
<strong>und</strong> den glücklicherweise verworfenen Plänen <strong>zur</strong> Etablierung eines Atomkraftwerkes<br />
heraus. In dem Regionalverein <strong>und</strong> der Eon-Mitte, die in Borken<br />
in der Rechtsnachfolge des Braunkohlekraftwerks ihren Sitz hat sieht<br />
die Obermühle geeignete Partner des HLM bzw. der DGM für die Organisation<br />
<strong>und</strong> Abwicklung der Veranstaltung.<br />
Die Mitgliederversammlung hatte also die Qual der Wahl. Sie entschied<br />
sich mit knapper Mehrheit für die Veranstaltung an der Obermühle <strong>und</strong><br />
löste damit zugleich ein Nachdenken über den weiteren Weg des HLM aus.<br />
Denn mit den verschiedenen Konzepten sind schließlich unterschiedliche<br />
Botschaften in die Öffentlichkeit <strong>und</strong> in die Politik verb<strong>und</strong>en. Wollen wir<br />
alle in ein Selbstverständnis repräsentieren, welches die museale Mühle<br />
inszeniert oder wollen wir auch einen maßgeblichen Beitrag leisten, die<br />
zukünftige Rolle der Wasserkraftnutzung gegen zum Teil massive Gegenströmungen<br />
zu stärken? Wir wollen sicher <strong>und</strong> ohne Zweifel beides.<br />
Der Vorstand bedankt sich in diesem Sinne bei allen, die durch ihre Ideen,<br />
Gedanken, Positionen <strong>und</strong> ihre Abstimmung beigetragen haben. Da im<br />
Nachhinein die Fragen des Wahlverfahrens <strong>und</strong> der Wahlberechtigung<br />
aufgeworfen wurden, hat der Vorstand nach Prüfung die Korrektheit der<br />
Abstimmung festgestellt <strong>und</strong> mehrheitlich beschlossen, die Obermühle<br />
Kerstenhausen der DGM als Veranstaltungsort für die Eröffnungsveranstaltung<br />
des Deutschen Mühlentages 2011 vorzuschlagen.<br />
Wir freuen uns nun auf die anspruchsvolle Aufgabe <strong>zur</strong> Ausrichtung der<br />
Eröffnungsveranstaltung für den Deutschen Mühlentag 2011 <strong>und</strong> wünschen<br />
allen Mühlentagsteilnehmern ein gutes Gelingen ihrer Veranstaltungen<br />
am kommenden Pfingstmontag. Glück zu!<br />
Der Vorstand<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
40 Jahre Engagement für die Mühlen<br />
Ein Gespräch mit Karl-Heinz Schanz aus Mühltal-Traisa<br />
Die Mühlenvereine kommen in die Jahre. Die Deutsche Gesellschaft für<br />
Mühlenk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Mühlenerhaltung e.V. (DGM) steuert auf "die Fünf<strong>und</strong>zwanzig"<br />
zu. Der Hessische <strong>Landesverein</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erhaltung</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzung</strong><br />
von Mühlen (HLM) e.V. wird im kommenden Jahr zwanzig Jahre alt.<br />
Karl-Heinz Schanz hat die Entstehung <strong>und</strong> Entwicklung der Mühlenvereine<br />
wesentlich mitgestaltet <strong>und</strong> geprägt. Das Gespräch mit dem<br />
immer noch aktiven Urgestein der hessischen Mühlenfre<strong>und</strong>e lässt die<br />
Genese der Mühlenvereine lebendig werden.<br />
Mühlengickel:<br />
Karl-Heinz, alle Welt kennt <strong>und</strong> schätzt Dich als Mühlenspezialist. Welchen<br />
Ursprung hat Dein Interesse an <strong>und</strong> Deine Begeisterung für die<br />
Mühlen?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Ich war bereits zu Beginn der 1970er Jahre im Verein für Heimatgeschichte<br />
Ober-Ramstadt aktiv. Der Verein betrieb <strong>und</strong> betreibt ein Museum <strong>und</strong><br />
der Museumsleiter, Herr Weber, beauftragte mich seinerzeit mit der Aufgabe,<br />
mich mit den örtlichen Mühlen zu beschäftigen. Ober-Ramstadt war<br />
früher ein typischer Mühlenort mit 10 Mühlen. Davon war jedoch schon<br />
damals nur noch wenig erhalten. Vor allem die in der Mitte des Ortes gelegene<br />
Hammermühle in der Nähe des Rathauses war ein Schandfleck geworden<br />
<strong>und</strong> wurde im Volksm<strong>und</strong> als "Rattenloch" tituliert. Es waren<br />
noch Schlichtwohnungen in der ehemaligen Mühle vorhanden, aber der<br />
Verfall bereits weit vorangeschritten <strong>und</strong> die in städtischem Besitz befindliche<br />
Anlage sollte abgerissen werden. Der Verein für Heimatgeschichte<br />
beschloss, sich für den Erhalt der Hammermühle einzusetzen <strong>und</strong> bot an,<br />
wieder ein Mahlwerk einzubauen. Die Stadt wehrte sich zunächst dagegen,<br />
die Anlage unter Denkmalschutz zu stellen. Es entwickelte sich eine lange<br />
Auseinandersetzung mit Teilen der Ortspolitiker <strong>und</strong> der Bevölkerung.<br />
Doch schließlich konnten wir dieses Etappenziel erreichen <strong>und</strong> die Mühle<br />
wurde in der Folgezeit restauriert. Das Anwesen sollte eine Gaststätte bekommen<br />
<strong>und</strong> jene hat nun ein attraktives Ambiente. Heute besteht eine<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Luftaufnahme<br />
der Hammermühle<br />
1984 ist es vollbracht: Die Restauration der Hammermühle ist abgeschlossen
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Karl-Heinz Schanz (zweiter von rechts) 1988 mit Bürgermeister<br />
Bernd Hartmann, Dr. Rolf Momburg (damaliger<br />
DGM-Vorsitzender) <strong>und</strong> Wolfgang Kuhlmann (damaliger<br />
DGM-Geschäftsführer) an der restaurierten Hammermühle<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
zweigängige Getreidemühle mit Steingängen, ein stehendes Getriebe sowie<br />
ein ohne Last laufendes Wasserrad. Die Gaststätte Hammermühle konnte<br />
1984 feierlich eröffnet werden. Heute ist die Hammermühle von Ober-<br />
Ramstadt ein kulturhistorisches Kleinod im Ort <strong>und</strong> ein prägendes Objekt<br />
des örtlichen Erscheinungsbildes.<br />
Mühlengickel:<br />
Mit der Hammermühle bist Du also "auf den Geschmack gekommen". Wie<br />
kam es dann zu dem Blick über den Kirchturm hinaus?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Bei unserer Suche nach Anregungen für unsere Hammermühle lernten wir<br />
auch Hubert Kuhn aus Monschau in der Eifel kennen. Hubert Kuhn war<br />
damals das einzige deutsche Mitglied von "The International Molinological<br />
Society" (TIMS), der internationalen Mühlengesellschaft. Er erkannte<br />
wohl unseren besonderen Enthusiasmus <strong>und</strong> drängte uns, eine Deutsche<br />
Mühlengesellschaft zu gründen <strong>und</strong> die TIMS-Tagung nach Ober-Ramstadt<br />
zu holen. Dazu fanden wir uns nicht in der Lage. Aber wir wollten<br />
einen Versuch wagen, wenigstens das b<strong>und</strong>esweite Interesse an einer<br />
deutschen Mühlenvereinigung zu erk<strong>und</strong>en. In Deutschland gab es zu jener<br />
Zeit allein in den "Windmühlen-Ländern" Schleswig-Holstein <strong>und</strong> Niedersachsen<br />
sowie im Bereich Minden-Lübbecke bereits Mühlenvereine.<br />
Leider waren bis dahin noch keine Kontakte dorthin zustande gekommen.<br />
Wir luden also 1984 nach Ober-Ramstadt zu einem "Molinologischen<br />
Workshop" ein. Wir konnten 20 Vorträge organisieren <strong>und</strong> 40 Teilnehmer<br />
begrüßen. Die Veranstaltung war ein voller Erfolg. Wir wussten nun also,<br />
dass es ein Interesse an einer Mühlenvereinigung gab. Mit dem Ziel, eine<br />
Deutsche Mühlengesellschaft zu schaffen, gründeten wir zunächst einen<br />
Arbeitskreis, der von Dr. Tönsmann, dem damals in Darmstadt wirkenden<br />
<strong>und</strong> später als Professor an der Gesamthochschule Kassel tätigen, geleitet<br />
wurde.<br />
Mühlengickel:<br />
Ist denn aus diesem Arbeitskreis dann tatsächlich die Initiative <strong>zur</strong> Gründung<br />
der DGM entstanden?<br />
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Karl-Heinz Schanz:<br />
Zunächst erhielt die Frage der Gründung einer Deutschen Mühlengesellschaft<br />
neuen Schwung <strong>und</strong> kurze Zeit nach unserem Workshop besuchte<br />
mich Frenz Stüdtje, Vorstandsmitglied im Schleswig-Holsteiner Mühlenverein,<br />
um zu klären, ob unsere Initiative zu einer Deutschen Gesellschaft<br />
führen könnte. Wir vereinbarten, zu diesem Zweck 1986 eine weitere Tagung<br />
folgen zu lassen. Wir entwickelten die Idee, diese Tagung im Freilichtmuseum<br />
Hessenpark durchzuführen <strong>und</strong> konnten dessen damaligen<br />
Leiter, Prof. Eugen Ernst <strong>zur</strong> Mitorganisation gewinnen. Zu dieser Tagung<br />
kamen dann wiederum zahlreiche Mühlenfre<strong>und</strong>e, nicht nur aus den<br />
schon angesprochenen bestehenden Mühlenvereinen, sondern auch darüber<br />
hinaus sogar aus der Schweiz. Die Tagung ging mit dem einhelligen<br />
Wunsch <strong>zur</strong> Gründung einer Deutschen Mühlengesellschaft auseinander.<br />
Der mögliche Ort für dessen Verwaltung <strong>und</strong> der Vorsitz waren allerdings<br />
noch nicht geklärt.<br />
Mühlengickel:<br />
Dann hat sich doch schnell der Landkreis Minden-Lübbecke des Themas<br />
angenommen, oder?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Ja, nur 14 Tage nach unserer Tagung meldete sich Wilhelm Brepohl, der<br />
Vorsitzende des Mühlenvereins in Minden-Lübbecke. Er schlug vor, dass<br />
er seinen Vorsitz des Mindener Vereins an den Oberkreisdirektor Dr. jur.<br />
Rolf Momburg abgeben könnte <strong>und</strong> dieser dann den Vorsitz der Deutschen<br />
Mühlengesellschaft übernehmen <strong>und</strong> vom Kreishaus aus verwalten<br />
könnte.<br />
Daraufhin kam es zu jener Besprechung in Minden. Dort wurde dieser<br />
Vorschlag mit den Vorsitzenden des Mühlenvereins Schleswig-Holstein,<br />
Staatssekretär a. D. Christoph Bernhard Schücking, Dipl.-Ing. Adolf<br />
Popken aus Niedersachsen besprochen. Nach allgemeinem Einverständnis<br />
war Dr. jur. Rolf Momburg die ideale Besetzung. Bei einem Vorgespräch in<br />
Minden konnte der zunächst unentschlossene Dr. Momburg, vor allem<br />
durch Bernhard Schücking überzeugt werden. Es hat sich im weiteren<br />
Werden der DGM dann herausgestellt, dass Dr. Momburg der beste Mann<br />
für diese Aufgabe war. Er hat die DGM bis zu seinem Ausscheiden 1999<br />
geführt <strong>und</strong> für eine solide Struktur der Vereinigung Sorge getragen.<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Der Arbeitskreis Mühlenk<strong>und</strong>e<br />
1986 im Hessenpark<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Im Kreishaus in Minden wurde also am 24./25. Oktober 1987 die Deutsche<br />
Gesellschaft für Mühlenk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Mühlenerhaltung (DGM) ins Leben gerufen.<br />
Zum 1. Vorsitzenden wurde Dr. jur. Rolf Momburg gewählt, 1. Stellvertretender<br />
Vorsitzender Dipl.-Ing. Adolf Popken, 2. Stellvertretender<br />
Vorsitzender Handwerksmeister Karl-Heinrich Schanz. Diese drei Herren<br />
bildeten gemeinsam den geschäftsführenden Vorstand. Als weitere Vorstandsmitglieder<br />
wurden die Herren Staatssekretär a. D. Christoph Bernhard<br />
Schücking, Rektor a.D. Wilhelm Brepohl, Dr. Herbert Jüttemann <strong>und</strong><br />
Ing. Stefan Kastenmüller gewählt. Wolfgang Kuhlmann war Schriftführer<br />
<strong>und</strong> später dann der erste Geschäftsführer der DGM. Auf Dr. Momburg<br />
geht auch die Gliederung der DGM in eigenständige "Landesverbände"<br />
<strong>zur</strong>ück.<br />
Mühlengickel:<br />
Gab es außer Dir noch weitere Aktivisten aus Hessen bei der Geburt der<br />
DGM?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Ja, unter anderem waren Thomas Kleinschmidt <strong>und</strong> Irmgard Bott dabei.<br />
Der von Frau Bott initiierte Arbeitskreis Dörfliche Kultur (ADK) aus dem<br />
Raum Marburg hatte über die weitere Aktivisten Frau Meyer-Kranke sogar<br />
nicht unerheblichen Einfluss auf die Gestaltung der Satzung der DGM.<br />
Durch ihre maßgeblichen Diskussionsbeiträge wurde z.B. auch das Ziel<br />
"<strong>Nutzung</strong> der Mühlen" verankert.<br />
Mühlengickel:<br />
Du hattest früher schon einmal berichtet, dass Du damals auch schon<br />
Kontakte in die frühere DDR geknüpft hattest.<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Ja, wir hatten auch Kontakt zu Mühlenfre<strong>und</strong>en in der damaligen DDR<br />
aufgenommen. Dies war mir <strong>und</strong> meiner Helga möglich, weil ihre Familie<br />
aus Freiberg in Sachsen stammt <strong>und</strong> wir damit viele Besuche begründen<br />
konnten. Die Mühlen waren seinerzeit in der DDR ein Thema für den<br />
"Kulturb<strong>und</strong>". Er hatte eine Untergliederung mit der Bezeichnung "Mühlen<br />
aktiv" eingerichtet. Ich konnte den Vorsitzenden, Bernd Maywald aus<br />
Saalow bei Zossen kennen lernen. Er hatte schon damals ein Verzeichnis<br />
zahlreicher Mühlen in der DDR zusammengestellt <strong>und</strong> in einem Büchlein<br />
veröffentlicht. Er wies mich auf viele sehenswerte Mühlen hin. So lernte<br />
ich auch Heinz Neubauer aus der Ölmühle in Pockau kennen, ebenso<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Dr. Hermann Wirth,<br />
Jochen Köhler,<br />
Erhard Jahn<br />
<strong>und</strong> Bernd<br />
Maywald<br />
1988 in der<br />
Sankelmark<br />
(von links)<br />
Karl-Heinz Schanz<br />
an der Heckenmühle,<br />
Foto: Sabine Müller 2009<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Jochen Köhler aus Buchfahrt, Dr. Hermann Wirth aus Weimar (dort später<br />
Professor) <strong>und</strong> viele weitere Müller <strong>und</strong> ihre Mühlen.<br />
Mühlengickel:<br />
War es Dir auch möglich, den Zugang zu Versammlungen zu bekommen?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Ja, durch einen glücklichen Umstand <strong>und</strong> durch etwas Wagemut. 1988 besuchte<br />
uns Bernd Maywald in Mühltal <strong>und</strong> berichtete, dass in Bad Berka<br />
(Thüringen) eine Tagung von "Mühlen aktiv" stattfinden sollte. Da wir zu<br />
dieser Zeit gerade eine Einreiseerlaubnis in die DDR hatten, schlug ich<br />
vor, mit ihm nach Bad Berka zu fahren. Gesagt, getan. Ich war der einzige<br />
"Westler" <strong>und</strong> nachdem Dr. Wirth sich für meine Teilnahme eingesetzt<br />
hatte, stimmte man meiner Teilnahme an der einwöchigen (!) Tagung mit<br />
Exkursionen zu. Einzige Bedingung war, dass ich die Teilnahmegebühr<br />
von 20 Mark in Westgeld bezahlen würde. Das war natürlich kein wirkliches<br />
Hindernis <strong>und</strong> ich konnte meine Kontakte zu den DDR-<br />
Mühlenfre<strong>und</strong>en vertiefen. Dort lernte ich auch Erhard Jahn, den neuen<br />
Vorsitzenden von "Mühlen aktiv" <strong>und</strong> heutigen Vorsitzenden der DGM<br />
kennen. Wir waren uns einig, trotz aller Schwierigkeiten der Trennung in<br />
Ost <strong>und</strong> West, den Kontakt halten zu wollen. 1988 <strong>zur</strong> ersten Jahrestagung<br />
der DGM in Lauf a. d. Pegnitz konnten wir als Gäste aus der DDR Heinz<br />
Neubauer aus Pockau <strong>und</strong> den Mühlenfre<strong>und</strong> Dirk Rösner aus Brandenburg<br />
begrüßen. Im Jahr darauf, am 12. August 1989 bei der Jahrestagung<br />
in Sankelmark bei Flensburg waren dann schon vier Mühlenfre<strong>und</strong>e aus<br />
der DDR dabei: Erhard Jahn, Jochen Köhler, Bernd Maywald <strong>und</strong> Dr.<br />
Hermann Wirth. Dann kam die Wende 1989.<br />
Schon bald nach der politischen Wende wurden die führenden Mühlenfre<strong>und</strong>e<br />
der früheren DDR nach Minden eingeladen <strong>und</strong> gemeinsam beschloss<br />
man, auch die Mühlenfre<strong>und</strong>e der neuen B<strong>und</strong>esländer in der<br />
DGM zu vereinen. So entstand die Vereinigung aller deutschen Mühlenfre<strong>und</strong>e<br />
unter dem Dach der DGM!<br />
Mühlengickel:<br />
Der Hessische <strong>Landesverein</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erhaltung</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzung</strong> von Mühlen<br />
(HLM) e.V. wurde dann doch erst recht deutlich nach der Bildung der<br />
b<strong>und</strong>esdeutschen Organisation gegründet. Wie ist das zu erklären?<br />
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Karl-Heinz Schanz:<br />
Ich selbst habe mein Hauptaugenmerk zunächst auf die Bildung der b<strong>und</strong>esweiten<br />
Organisation gelegt <strong>und</strong> es gab anfangs auch zu wenig Leute,<br />
die eine Bereitschaft hatten, solche Vereinsarbeit zu leisten. Dr. Tönsmann<br />
war schon 1986 anlässlich der Tagung im Hessenpark vom Vorsitz des Arbeitskreises<br />
für Mühlenk<strong>und</strong>e <strong>zur</strong>ückgetreten <strong>und</strong> ich musste nachfolgend<br />
als erster Sprecher fungieren. Mit der Bildung der Dachorganisation DGM<br />
aber entstand natürlich ein gewisser Zugzwang. Schließlich erklärten sich<br />
unter anderem Dr. Bernhard Bräunig <strong>und</strong> Thomas Kleinschmidt <strong>zur</strong> Vorstandsarbeit<br />
bereit, so dass wir wiederum mit guter Unterstützung des Arbeitskreises<br />
Dörfliche Kultur im Gasthaus neben der Brückermühle in<br />
Amöneburg 1991 den HLM gründen konnten. In der Anfangszeit erfüllten<br />
die HLM-Sitzungen allerdings vor allem Funktionen als eine Art Stammtisch<br />
zumeist älterer Müllermeister. Und schon für das erste Jahr unseres<br />
Bestehens übertrug uns die DGM die Durchführung der Jahrestagung.<br />
Diese fand dann ebenfalls im Umfeld der Brückermühle statt. Im Bürgerhaus<br />
in Rossdorf wurde die Tagung abgehalten. Wir haben seinerzeit bewusst<br />
eine einfache Unterbringung <strong>und</strong> einfache Verpflegung gewählt.<br />
Noch heute erinnern sich viele Teilnehmer an die gute Stimmung <strong>und</strong> die<br />
familiäre Atmosphäre. Heute ist das bei den bis auf den i-Punkt durchorganisierten<br />
Jahrestagungen mit Sterne-Hotel-Übernachtungen <strong>und</strong> feinen<br />
Buffets doch leider etwas verloren gegangen.<br />
Mühlengickel:<br />
Du hast Dich immer bemüht, eine sehr starke Ausrichtung "Deiner Vereine"<br />
auf Deine Person zu vermeiden. Nur wenige Vereine haben wie der<br />
HLM schon nach der Satzung keinen Vorsitzenden. Hier wählen die Mitglieder<br />
lediglich einen Vorstand, der dann seine Arbeit untereinander regelt.<br />
Was steckt dahinter? Und welche gewählten Funktionen hast Du in<br />
den offiziellen Mühlenvereinen ausgeübt?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Die zu starke Orientierung auf "den" Vorsitzenden birgt meines Erachtens<br />
die Gefahr, dass sich die anderen hinter dessen Aktivitäten verstecken. In<br />
einer eher gleichberechtigten Vorstandskonstellation sehe ich die Chance,<br />
dass sich mehr Personen einbringen können. Doch leider ist das auch<br />
nicht immer <strong>und</strong> automatisch der Fall. Ich selbst war seit Gründung 1987<br />
zunächst zweiter Stellvertretender Vorsitzender DGM. Nach dem Tod von<br />
Adolf Popken 1993 wurde ich erster Stellvertretender Vorsitzender <strong>und</strong><br />
habe diese Funktion bis 2001 wahrgenommen. Im Vorstand des HLM war<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
ebenfalls von Anfang an, bis ich in 2007 nicht weiter für den Vorstand<br />
kandidiert habe. Seither bin ich in der Vorstandsarbeit nur noch als Gast<br />
dabei.<br />
Mühlengickel:<br />
Dein Fachwissen <strong>und</strong> Deine Ideen stehen dort auch weiterhin hoch im<br />
Kurs <strong>und</strong> offenbar zeigt gerade die gegenwärtige Phase der HLM-Vorstandsarbeit,<br />
dass allmählich die Gr<strong>und</strong>idee von der breiten Verteilung der<br />
anstehenden Aufgaben aufzugehen scheint. Der Rückblick auf "Deine<br />
Mühlenvereinsgeschichte" macht doch sehr deutlich, dass Deine Beharrlichkeit<br />
<strong>und</strong> Zielstrebigkeit, gepaart mit der persönlichen Bescheidenheit,<br />
doch sehr maßgeblichen Einfluss auf die Entstehung der deutschen Mühlenvereinigung<br />
<strong>und</strong> auch des hessischen <strong>Landesverein</strong>s hatte. Ich denke<br />
dafür wollte man Dich vor einigen Jahren bereits seitens des DGM-Vorstandes<br />
ehren <strong>und</strong> hat in Erwägung gezogen, Dir den Anneliese-Schükking-Preis<br />
der DGM zu verleihen. Warum hast Du damals abgelehnt?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Um dies zu verstehen, muss man vor allem an die Idee des Anneliese-<br />
Schücking-Preises erinnern. Bernhard Schücking hat diesen Preis nach<br />
dem Tod seiner Frau Anneliese ins Leben gerufen <strong>und</strong> für besondere Leistungen<br />
von Menschen ausgelobt, die ihre Mühlen erhalten, renoviert haben<br />
oder ähnliches - zum Beispiel wurde Heinz Neubauer für den Einsatz<br />
für sein Ölmühlenmuseum im Erzgebirge ausgezeichnet. Ich aber habe ja<br />
keine Mühle <strong>und</strong> nur dumm geschwätzt, also versucht Leute für ein Mühlenengagement<br />
zu motivieren. Und meine Helga wird sicher bestätigen,<br />
dass diese Form der Huldigung in einer solchen Zeremonie nicht meiner<br />
Mentalität entspricht.<br />
Mühlengickel:<br />
Dein Einsatz für die Mühlen ist schon verw<strong>und</strong>erlich, wenn man weiß,<br />
dass Du niemals Müller warst oder auf bzw. in einer Mühle gelebt hast.<br />
Gab es da niemals den Wunsch, auch selbst eine Mühle zu betreiben? Und<br />
welchen Bezug hattest Du als Kind oder Jugendlicher zu Mühlen?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Den Wunsch gab es sicherlich <strong>und</strong> ich hatte auch eine Zeitlang eine bestimmte<br />
Mühle im Auge. Doch es entsprach letztlich nicht meiner Lebensrealität,<br />
so dass ich es tatsächlich nie ernsthaft verfolgt habe <strong>und</strong> heute bin<br />
ich auch nicht mehr traurig darüber. Das Thema Mühle hat jedoch unser<br />
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Leben bereichert, vor allem weil wir viele interessante Menschen kennengelernt<br />
haben <strong>und</strong> unzählige gute Kontakte zu lieben Menschen knüpfen<br />
konnten. Ich habe also nie wirklich in einer Mühle gelebt, bin aber als<br />
Kind häufig Gast bei meiner Großmutter gewesen, die in einer ehemaligen<br />
Mühle lebte. Das war in der Oberen Schachenmühle zu Ober-Ramstadt.<br />
Die Mühle hatte schon damals kein Inventar mehr. Es war nur noch der<br />
Wassergraben <strong>und</strong> ein Wasserabsturz vorhanden. Mein Großvater hatte<br />
außerdem in einer Mühle gelernt <strong>und</strong> hat dort als Maschinist gearbeitet.<br />
Ich erinnere mich noch an die Gruselgeschichten, die er erzählen konnte<br />
<strong>und</strong> daran, dass ich anschließend immer unters Bett geschaut habe, um zu<br />
sehen, ob sich dort nicht irgendwelche zwielichtigen Gestalten versteckt<br />
hielten. Später habe ich schließlich diese Mühle in Stockstadt am Rhein,<br />
die Hahnlachmühle, selbst ausgebaut.<br />
Mühlengickel:<br />
Der Ausbau von Mühlen hat wohl überhaupt einen wesentlichen Zeitraum<br />
Deiner Tätigkeiten eingenommen?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Ja, leider. Es entsprach ja gar nicht unserem Ziel der Mühlenerhaltung.<br />
"Wir haben mehr gefleddert als erhalten." Aber wir erhielten immer wieder<br />
Anrufe, dass Mühlen stillgelegt werden, abgerissen werden oder das<br />
Inventar auf den Schrott zu wandern sollte. Um dies zu vermeiden haben<br />
wir vom Verein für Heimatgeschichte (Ober-Ramstadt) viele Maschinen<br />
<strong>und</strong> Einrichtungen gerettet <strong>und</strong> wenigstens als Ersatzelemente für andere<br />
Mühlen verfügbar gemacht. Manches alte Schätzchen haben wir so vor der<br />
endgültigen Vernichtung bewahren können. Schon für die Rekonstruktion<br />
der Hammermühle in Ober-Ramstadt konnten wir uns durch den Ausbau<br />
anderer Mühlen mit den nötigen Maschinen versorgen. Den Mühlenausbau<br />
habe ich übrigens am liebsten alleine oder mit wenigen verantwortungsbewusst<br />
agierenden Personen durchgeführt, weil ich bei manchen<br />
Entkernungseinsätzen doch das Gefühl bekam, dass man gerade in größeren<br />
Gruppen zu schnell <strong>und</strong> oft nicht umsichtig genug zu Werke geht.<br />
Mühlengickel:<br />
Ohne eigene Mühle <strong>und</strong> ohne Kindheit in einer Mühle ist die Intensität<br />
Deines Wirkens für die Mühlen ebenso beachtlich wie erstaunlich. Wie<br />
würdest Du Deine besondere Einsatzbereitschaft erklären?<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Ich glaube es liegt in meiner Natur, die Dinge, die ich mache, sehr gründlich<br />
<strong>und</strong> sehr sorgfältig zu tun. Ich versuche stets meine Aufgaben so intensiv<br />
wie nötig zu erledigen. Zum Leidwesen meiner Helga, die im Übrigen<br />
bei nahezu allen meinen Mühlenreisen <strong>und</strong> Mühlenaktivitäten dabei<br />
war <strong>und</strong> unter anderen auch lange Zeit die Kasse <strong>und</strong> die Mitgliederverwaltung<br />
des HLM bewältigt hat. Für mich war die Beschäftigung mit den<br />
auserwählten Themen immer auch "Urlaub". Urlaub wie man es allgemein<br />
versteht haben wir nur ganz wenig gemacht oder gebraucht. Wenn ich ein<br />
Thema bearbeite, dann knie ich mich sehr ernsthaft hinein. Und das hat<br />
sich auch, seit ich mich mit den Mühlen beschäftige, nicht allein auf die<br />
Mühlen beschränkt. So organisiert unser Heimatverein in Ober-Ramstadt<br />
alljährlich vier Sonderausstellungen, für die ich auch häufig viel Zeit verwende,<br />
etwa zum Thema "Funke <strong>und</strong> Feuer". Dort konnten wir übrigens<br />
heraus bekommen, dass die ersten Zündholzhobelmaschinen in Mühlen<br />
betrieben wurden. Gegenwärtig bin ich daran beteiligt, eine Ausstellung<br />
über die Wohnverhältnisse im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert zu konzipieren.<br />
Mühlengickel:<br />
Wie würdest Du denn insgesamt den Einsatz von nahezu vier Jahrzehnten<br />
für die Mühlen <strong>und</strong> insbesondere auch für die Zeit der Existenz der Mühlenvereinigungen<br />
bilanzieren?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Ich freue mich, dass wir viele Leute darauf bringen konnten, etwas anzupacken<br />
<strong>und</strong> sich für die Mühlen oder wenigstens ihre eigene Mühle zu engagieren.<br />
Noch immer ruft fast jeden Tag jemand an, um sich auszutauschen,<br />
etwas mitzuteilen, um Hilfe nachzusuchen, auch Mühlenmaschinen<br />
anzubieten oder ganze Mühlenanwesen zum Kauf anzupreisen. Insgesamt<br />
haben wir aber, gemessen an unseren Erwartungen, sicherlich viel zu wenig<br />
erreicht. Wir wollten viel mehr Menschen motivieren, ihre Mühlen zu<br />
erhalten, aber die wirtschaftliche Realität hat uns überrollt. Nach den<br />
staatlich verordneten bzw. organisierten <strong>und</strong> mit Prämienzahlungen honorierten<br />
Mühlenstillegungen war auch die Frustration unter den Müllern<br />
groß. Nicht wenige zogen sich gänzlich <strong>zur</strong>ück <strong>und</strong> verweigerten sich auch<br />
möglichen Zukunftschancen wie einer stärkeren Orientierung auf die<br />
Stromerzeugung. Wie oft habe ich hören müssen "In meine Mühle kommt<br />
mir keiner mehr ‚rein!".<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Mühlengickel:<br />
Heute fordern viele Mühlen zu Pfingstmontag die Bevölkerung geradezu<br />
zu einem Besuch mit teilweise attraktiven Veranstaltungen auf. In Kürze<br />
findet der Deutsche Mühlentag nun schon zum 17ten Mal statt. Welchen<br />
Ursprung hat diese doch wohl sehr erfolgreiche Veranstaltung <strong>und</strong> wie<br />
siehst Du die Funktion des Mühlentages für die "Mühlenbewegung"?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Schon vor Gründung der DGM wurden von der Niedersächsischen Mühlenvereinigung<br />
Mühlentage ausgerichtet. G<strong>und</strong>olf Scheweling hatte der<br />
DGM im Zusammenhang mit deren Gründung nicht nur den Titel des<br />
Vereinsorgans "Der Mühlstein" <strong>zur</strong> <strong>Nutzung</strong> angeboten, sondern auch die<br />
Berechtigung fortan die Ausrichtung der "Mühlentage" nach dem Vorbild<br />
aus den Niederlanden vorzunehmen. Die Mühlentage haben sicherlich viel<br />
<strong>zur</strong> allgemeinen Erinnerung an die Mühlen beigetragen <strong>und</strong> waren bzw.<br />
sind tatsächlich eine sehr erfolgreiche Einrichtung unserer Vereinsarbeit.<br />
Schon bei unserem ersten Mühlenfest, in Regie des Heimatvereins Ober-<br />
Ramstadt im Jahr 1976, konnten wir an der Neumühle in Brandau vielen<br />
Menschen überhaupt erst den Zugang <strong>und</strong> den Kontakt zu einer Mühle<br />
ermöglichen. Übrigens war diese Mühle, zu deren Restaurierung ich auch<br />
beigetragen habe, nach 1972 quasi eine Außenstelle unseres Heimatvereins.<br />
Damals näherten sich die ersten Besucher noch scheu <strong>und</strong> <strong>zur</strong>ückhaltend<br />
"der Mühle". Zuvor hatten wohl auch viele Müller den Kontakt <strong>zur</strong><br />
übrigen Bevölkerung vermieden. Auch wir mussten an der Neumühle nach<br />
dem Tod des Müllers Reim<strong>und</strong> 1972 zunächst viel Überzeugungsarbeit für<br />
unsere Hilfe leisten, um nicht vom Hof gejagt zu werden. Die Mühlentage<br />
haben also sicher ihre Funktion gehabt. Denn heute bin ich häufig skeptisch,<br />
wenn ich sehe was alles an den Mühlen veranstaltet wird. Manchmal<br />
kann ich das Geschehen nur als "Volksbelustigung" bezeichnen. Aber offenbar<br />
muss man den Menschen heute schon mindestens einen "Event"<br />
bieten, um sie überhaupt anzulocken. Wenn wenigstens gesichert wäre,<br />
dass die erzielten Einnahmen bei solchen Veranstaltungen in die <strong>Erhaltung</strong><br />
der jeweiligen Mühlen investiert würden, wären wir schon einen<br />
Schritt weiter. Aber dies ist leider auch nicht immer der Fall.<br />
Mühlengickel:<br />
Welches Projekt würdest Du denn als Deine gelungenste Initiative<br />
ansehen?<br />
Seite 20
Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Das ist eindeutig das bislang letzte Projekt, mit dem ich intensiver zu tun<br />
hatte, nämlich die Sicherung der ehemaligen <strong>und</strong> zu Beginn unseres Einsatzes<br />
stark verfallenen Ölmühle in Niederdorfelden. Dort konnte nicht<br />
nur der inzwischen leider durch einen tragischen Unfall verstorbenen Eigentümer<br />
sofort gewonnen werden. Dort gibt es neben dem Wasserrad der<br />
Ölmühle noch eine arbeitende Wasserkraftanlage. In Niederdorfelden fand<br />
sich vor Ort eine sehr aktive Gruppe zusammen. In unzähligen Arbeitsst<strong>und</strong>en<br />
wurde die Ölmühle entrümpelt <strong>und</strong> weitgehend originalgetreu<br />
wieder aufgebaut. Teilweise ist sie mir schon fast zu schön geraten.<br />
Wenigstens konnte ich mich durchsetzen, dass der Kollergang nicht "wie<br />
früher" aufgebaut, sondern nur die noch vorhandenen Reste gesichert <strong>und</strong><br />
konserviert wurden. Dies war aber wohl auch nur möglich, weil wir das<br />
Glück hatten, dass ein Mitglied des Fördervereins Ölmühle Niederdorfelden<br />
nicht nur das handwerkliche Geschick hatte, sondern auch die nötige<br />
Zeit investierte, um ein hervorragend gelungenes Funktionsmodell zu<br />
bauen. Dieses Modell ist heute in dem restaurierten Gebäude zu besichtigen.<br />
Es lässt die frühere Arbeitsweise der Mühle anschaulich werden.<br />
Mühlengickel:<br />
Wie siehst Du die heute die Realisierungsmöglichkeiten für Mühlen-<br />
<strong>Erhaltung</strong>sprojekte?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Ich denke, dass es immer schwieriger wird, Mühlen zu erhalten. Die Mittel<br />
für kulturelle Zwecke wie die Denkmalpflege werden immer weiter gekürzt.<br />
Gleichzeitig steigen die behördlichen Auflagen <strong>und</strong> die Kosten. Bei<br />
unserem aktuellen Schiffsmühlenprojekt in Ginsheim-Gustavsburg laufen<br />
die Kosten wahrscheinlich auch schon davon. Wo frühere Schiffsmühlen<br />
an Ketten verankert wurden, werden nun Pylone vorgeschrieben, an denen<br />
die Schiffsmühle verankert werden soll. Dadurch sollen die unterschiedlichen<br />
Wasserstände ausgeglichen werden können. Um jederzeit genügend<br />
Wasser unter das uferseitige Rad zu behalten, muss die Anlage entsprechend<br />
weit vom Ufer entfernt sein <strong>und</strong> werden aus Verkehrssicherungs<strong>und</strong><br />
Rettungsgesichtspunkten nun zwei entsprechend große Steganlagen<br />
erforderlich. Das alles wird kaum zu meistern sein. Bei einfachen Wassermühlen<br />
wird sich jeder Mühlenbetreiber, vor allem der kleineren Mühlen,<br />
fragen müssen, ob die geringe Vergütung von acht bis zwölf Cent für die<br />
erzeugte Kilowattst<strong>und</strong>e elektrischen Stromes den Aufwand <strong>zur</strong> <strong>Erhaltung</strong><br />
der Mühlenanlagen wirklich noch lohnt.<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Karl-Heinz Schanz blickt auf 40 Jahre Engagement<br />
für die Mühlen <strong>zur</strong>ück! Foto: Sabine Müller 2009<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Mühlengickel:<br />
Und wie werden sich die Mühlenvereine zukünftig nach Deiner<br />
Einschätzung entwickeln?<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Das wird in unserem Land wohl regional sehr unterschiedlich sein. In<br />
manchen Gegenden gibt es ja sehr vielversprechende Aufbauprojekte mit<br />
durchaus auch wirtschaftlichen Perspektiven. So etwa an der Ilm in Thüringen.<br />
Andere Regionen könnten dagegen noch stärker den Bezug zu den<br />
Mühlen verlieren. Eine Frage dabei ist, wie sich zukünftig das ehrenamtliche<br />
Engagement entwickeln wird. Vor allem die jungen Menschen haben<br />
heute ja andere Sorgen als sich um verfallende Mühlen zu kümmern.<br />
Mühlengickel:<br />
Lieber Karl-Heinz, ich bedanke mich im Namen aller Mühlenfre<strong>und</strong>e für<br />
dieses Gespräch <strong>und</strong> wünsche Dir <strong>und</strong> Deiner Helga alles Gute, vor allem<br />
die nötige Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> hoffe, dass ihr noch viele Urlaube mit Reisen zu<br />
euren Mühlen <strong>und</strong> euren Mühlenfre<strong>und</strong>en machen könnt. Glück zu.<br />
Karl-Heinz Schanz:<br />
Wir danken Dir, Jörg Haafke, für Dein Interesse. Glück zu.<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Grabungen an der Mühle Renigishausen<br />
von Gesine Weber<br />
Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises Offenbach<br />
Im Jahr 2004 wies Hans Scheuern, der Stadtarchivar von Heusenstamm,<br />
auf einen unscheinbaren, völlig zugewachsenen Mauerrest am Wegesrand<br />
zwischen Hofgut Patershausen <strong>und</strong> Heusenstamm hin. Es sollte sich dabei<br />
um die Reste der Mühle des wüstgefallenen Ortes Renigishausen handeln.<br />
Ein Heusenstammer Lehrer hat in den 20er/30er Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
mit seinen Schülern an der Mühle gegraben, aber hierzu gibt es<br />
offensichtlich keine Unterlagen, nur die Erinnerungen der Beteiligten bzw.<br />
ihrer Nachkommen.<br />
Weitere Hinweise auf die Existenz einer Mühle geben die Flurnamen<br />
"Mühlwäldchen" <strong>und</strong> "Mühlfeld.<br />
Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert beschäftigten sich Hofrat Johann Wilhelm Christian<br />
Steiner <strong>und</strong> Georg Wilhelm Justin Wagner mit Renigishausen <strong>und</strong> vermuteten<br />
die Lage der Wüstung zwischen Heusenstamm <strong>und</strong> Offenbach-<br />
Bieber. Karl Nahrgang ist in seinen Kartierungen der Wüstung im Offenbach-Atlas<br />
zwiespältig, mal folgt er Steiners Deutung, mal kartiert er die<br />
Mühle an dem heute bekannten Standort - vielleicht wusste er von den<br />
Ausgrabungen dort?<br />
Dank der intensiven Beschäftigung von dem Historiker Dr. Peter Engels<br />
aus Darmstadt mit Patershausen liegen jetzt solide historischen Quellen<br />
vor:<br />
1207/1223 Erwähnung Renigishusen in einer Patershäuser<br />
Schenkungsurk<strong>und</strong>e (Ulrich I. von<br />
Hagen-Münzenberg).<br />
1339 verkaufen die Biegermärker Gr<strong>und</strong>stücke zu<br />
Renigishausen.<br />
1380 werden den Märkern der Weg/Woog? zu Renigshausen<br />
als rechtliches Eigentum zugewiesen.<br />
1576 wird die Mühle in einer Grenzbeschreibung als<br />
an der Hege (Landwehr) zwischen Patershausen<br />
<strong>und</strong> Rembrücken liegend, genannt.<br />
Mitte 16. Jh.<br />
Karten Bieger Mark <strong>und</strong> Amt Steinheim<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Die Lage der ausgegrabenenen F<strong>und</strong>amentreste<br />
Seite 26
Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Im Frühjahr 2009 ließ die Stadt Heusenstamm eine Bodenradaruntersuchung<br />
am Standort der ehemaligen Mühle Renigishausen durchführen,<br />
bei der sich die Gr<strong>und</strong>mauern eines Gebäudes deutlich abzeichneten.<br />
Anschließend begann die Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises<br />
Offenbach zusammen mit ehrenamtlichen Mitarbeitern mit einer<br />
Grabung.<br />
Freigelegt wurden die F<strong>und</strong>amente eines 10,5 bis 11,5 m x ca. 7 m großen<br />
Gebäudes, wobei die östliche, bachseitige Mauer nicht mehr festgestellt<br />
werden konnte. Bei einem Umbau war zudem ein Teil der Nordwand<br />
(links) abgerissen <strong>und</strong> etwas weiter nach Norden versetzt neu errichtet<br />
worden. In die Innenwand, die parallel zum Bach verläuft, sind große<br />
Steinplatten als Unterlagen für schwere Geräte eingelassen.<br />
Im Innenraum fanden sich sehr viele Steine <strong>und</strong> Ziegel als Reste der verstürzten<br />
Wände <strong>und</strong> des Daches. Das Fehlen von Ascheschichten zeigt,<br />
dass das Gebäude nicht niederbrannte, sondern verfiel.<br />
Die bei der Grabung gef<strong>und</strong>enen Scherben stammen überwiegend von<br />
Koch- <strong>und</strong> Vorratsgefäße, aber auch von Trinkbechern <strong>und</strong> Krügen sowie<br />
von Deckeln. Sie datieren überwiegend in das 15.-17. Jahrh<strong>und</strong>ert, aber es<br />
fanden sich auch ältere Stücke aus dem 9.-13. Jahrh<strong>und</strong>ert. Ein besonderer<br />
F<strong>und</strong> war das Bruchstück eines tönernen Pilgerhorns, eines Aachhorns<br />
aus dem 14.-16. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />
In der Mühle standen einst Kachelöfen. Im 14./15. Jahrh<strong>und</strong>ert war dies<br />
ein Ofen aus gelb <strong>und</strong> grün glasierten Nischenkacheln, die mit Mainzer<br />
Rad, Eichzweigen oder Disteln verziert waren. Ein weiterer Ofen mit<br />
unglasierten oder braun engobierten Kacheln wurde um 1600 errichtet.<br />
Sie waren mit Löwenköpfen <strong>und</strong> heraldischen Lilien verziert.<br />
Die gef<strong>und</strong>enen Dachziegel gehören zum Typ Mönch/Nonne, dem typischen<br />
mittelalterlichen Hohlziegel. Flache Ziegel dienten als Mauerziegel.<br />
Für den Bau der F<strong>und</strong>amente <strong>und</strong> sicher auch des Erdgeschosses wurde<br />
fast ausschließlich der Trachyt vom Hohen Berg verwendet. Vereinzelt,<br />
aber besonders bei der teilweise neu gebauten nördlichen Gr<strong>und</strong>mauer<br />
wurden Ziegel mit eingebaut. Das Dachgeschoß kann man sich als Fachwerkkonstruktion<br />
vorstellen, auch wenn archäologische Beweise fehlen.<br />
Seite 27
Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
In der einen Innenwand,<br />
aber auch verstreut im<br />
Gebäudeinneren fanden<br />
sich dicke Platten aus<br />
grobporigem Basalt;<br />
diese sollten sicher<br />
besonders große Lasten<br />
abfangen.<br />
Nur wenige kleinere<br />
Bruchstücke aus dem<br />
grobkörnigen Sandstein<br />
des Rotliegenden können<br />
Mühlsteinen zugeordnet<br />
werden. Der<br />
Stein wurde in 3,5 bis 8<br />
Kilometer entfernten<br />
Steinbrüchen abgebaut,<br />
wie beispielsweise auch<br />
in Götzenhain.<br />
Es stellt sich nun die<br />
Frage, wem gehörte die<br />
Mühle? Müllerlisten, die<br />
von vielen Mühlen im<br />
Kreis Offenbach überliefert<br />
sind, sind für die<br />
Renigishäuser Mühle<br />
nicht vorhanden - allerdings<br />
beginnen die<br />
anderen Mühlen meist<br />
erst ihre Tätigkeit, als<br />
die Renigishäuser Mühle<br />
nicht mehr existierte.<br />
Denn sie wurde wohl<br />
Anfang des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
spätestens aufgeben.<br />
Dr. Peter Engels möchte<br />
in ihr die Klostermühle<br />
Seite 28
Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Patershausen sehen, die<br />
Mühlheimer Experten<br />
sehen sie eher als Märkermühle,<br />
also als Eigentum<br />
der Märkergemeinschaft.<br />
Dies<br />
könnte durch die Urk<strong>und</strong>e<br />
von 1380 mit<br />
ihrem "den Märkern zu<br />
rechtlichem Eigen"<br />
belegt werden; Dr.<br />
Engels sieht darin aber<br />
eher einen Mühlenzwang,<br />
der von Patershausen<br />
angeordnet<br />
wurde. - Bevor wir nicht<br />
in Patershausen noch<br />
eine Mühle finden werden,<br />
wird man das<br />
Problem wohl nicht<br />
lösen!<br />
Allem Anschein nach<br />
wurde die Mühle nach<br />
1600 aufgegeben (als<br />
das (als das Zisterzienserinnenkloster<br />
Patershausen schon<br />
nicht mehr existierte)<br />
<strong>und</strong> dabei alles, was<br />
man noch brauchen<br />
konnte, mitgenommen.<br />
Eine gewaltsame Zerstörung<br />
bspw. durch<br />
Brand würde sich<br />
archäologisch durch<br />
Holzkohlereste, verbrannten<br />
Gefachlehm<br />
des Fachwerkoberbaus<br />
<strong>und</strong> mehr F<strong>und</strong>e, vor<br />
Seite 29
Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
allem vollständiger Gefäße nachweisen lassen.<br />
Vielleicht übernahm die Schlossmühle von Heusenstamm die Aufgabe <strong>und</strong><br />
das Inventar der Renigishäuser Mühle. Die erste Müllernennung in der<br />
Schlossmühle datiert von 1604 - aber dies ist nur eine Theorie!<br />
Was bleibt von der Grabung: Ende Oktober 2009 wurden die F<strong>und</strong>amente<br />
gesichert <strong>und</strong> einzelne Lagen wieder aufgemauert; der Innenraum wird<br />
geschottert <strong>und</strong> damit wird der ganze Platz aufgewertet. Als Station des<br />
Regionalparkweges wird die ehemalige Renigishäuser Mühle nun für alle<br />
Bürger begreif- <strong>und</strong> erfahrbar.<br />
Die repräsentativen F<strong>und</strong>e werden nach einer Zwischenstation im Dreieich-Museum<br />
(Sonderausstellung "Mit dem Spaten ins Mittelalter") in das<br />
neue Heusenstammer Haus der Stadtgeschichte kommen. Auch die nichtausstellungswürdigen<br />
Stücke sollen in Heusenstamm magaziniert werden.<br />
(gw)<br />
F<strong>und</strong>amentreste der Renigishäuser Mühle<br />
Seite 30
Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Der HLM-Vorstand in der Neuen Marbuger Presse vom 13.04.2010<br />
Seite 31
Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Abgebügelt:<br />
Die Stellungnahmen <strong>zur</strong><br />
Wasserrahmen-Richtlinie<br />
In der letzten Ausgabe des Mühlengickel haben<br />
wir unsere Stellungnahme <strong>zur</strong> Wasserrahmen-<br />
Richtlinie WRRL dokumentiert. Nun können wir<br />
die Antwort des Hessischen Umweltministeriums<br />
bekannt geben. Das Ministerium hat alle Stellungnahmen<br />
(etwa 80 an der Zahl) auf der Internetseite<br />
in Kurzfassung widergegeben <strong>und</strong><br />
jeweils die eigene Stellungnahme zugeordnet. Auf<br />
insgesamt 55 kleingedruckten Seiten werden die<br />
Stellungnahmen abgehandelt. Es ist sehr auffällig,<br />
daß die weitaus überwiegende Zahl der Einwendungen<br />
seitens des Ministeriums mit der<br />
Feststellung „keine Änderungen erforderlich“<br />
quittiert wurden. Angenommen werden fast ausschließlich<br />
redaktionelle Verbesserungen. Das<br />
spricht wohl entweder für ungeeignete Einlassungen<br />
der beteiligten Institutionen oder aber<br />
das Ministerium hat eine sehr sehr umfassende<br />
Vorarbeit geleistet, was wiederum die Einwender<br />
nicht erkannt haben...<br />
Die Einwendungen des HLM (mit der laufenden<br />
Nummer 280) jedenfalls werden ebenfalls <strong>zur</strong>ückgewiesen.<br />
Wir dokumentieren auf den nachfolgenden<br />
Seiten die Originaltexte der betreffenden<br />
Passagen aus dem Gesamtpapier des Ministeriums.<br />
Dabei sind jeweils die „Einzelforderungen“ vorangestellt<br />
<strong>und</strong> die „Bewertung“ (durch das Ministerium)<br />
<strong>und</strong> der zugehörige Änderungsvermerk<br />
für den Bewirtschaftungsplan, das Maßnahmenprogramm<br />
<strong>und</strong> den Umweltbericht angehängt.<br />
(jh)<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
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Seite 34
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Wo die Mühlenstrolche tanzen -<br />
150 Jahre Turmwindmühle Immenrode.<br />
Steffen Rödiger<br />
Eine Festschrift. Herausgegeben vom Mühlen- <strong>und</strong> Heimatverein Immenrode<br />
e.V. (Heft 1 der Reihe Thüringer Mühlenschicksale). [Selbstverlag].<br />
Sondershausen 2009, 25 S., geheftet, zahlr. SW- <strong>und</strong> Farbabb., 3,50 €<br />
Im Norden Thüringens, auf einer Hochebene der Hainleite r<strong>und</strong> 400 m<br />
über NN, liegt Immenrode im Kyffhäuserkreis. Das Dorf, das im Jahre<br />
2007 ein Ortsteil der Kreisstadt Sondershausen (vgl. www.sondershausen.de)<br />
wurde, war durch seine Lage von jeher als Standort von Windmühlen<br />
prädestiniert. Einst gab es im Umkreis 52 Windmühlen-Standorte<br />
- die höchste Konzentration im ganzen Freistaat. Einzig die Immenröder<br />
Turmwindmühle ist davon<br />
noch erhalten, dank des<br />
unermüdlichen Einsatzes<br />
des dortigen Mühlen- <strong>und</strong><br />
Heimatvereins.<br />
Die Besonderheit dieser<br />
Mühle, die in der Mitte des<br />
20. Jahrh<strong>und</strong>erts still gelegt<br />
wurde <strong>und</strong> danach<br />
zusehends zerfiel, besteht<br />
in der Müllerwohnung im<br />
Untergeschoss, welche fast<br />
original erhalten ist. Die<br />
Müllerfamilie Seichter hat<br />
noch bis 1955 dort gewohnt<br />
- in einer Wohnstube, einer<br />
kleinen Schlafkammer sowie<br />
einer kleinen Küche.<br />
Das Ganze wurde beheizt<br />
von einem Ofen ohne<br />
Schornstein, denn ein solcher<br />
ließ sich aufgr<strong>und</strong> des<br />
drehbaren Daches nicht<br />
einbauen. Gleichzeitig rumpelte<br />
über den Köpfen der<br />
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Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Müllersleute das Mahlwerk...<br />
Im Gegensatz zu anderen Windmühlen zeichnete sich die Immenröder<br />
Turmwindmühle durch einige technische Eigentümlichkeiten aus. So fehlte<br />
dort offensichtlich ein Gerät <strong>zur</strong> Sichtung des Mahlgutes ebenso wie ein<br />
Fahrstuhl oder Elevator (Förder- bzw. Hebewerk), so dass mit Handsieben<br />
gearbeitet <strong>und</strong> die schweren Getreidesäcke in den zweiten Stock getragen<br />
werden mussten.<br />
Heute herrscht zumeist am Pfingstmontag Hochbetrieb an der Mühle.<br />
Doch auch im Jahreslauf kommen immer wieder Besucher vorbei. Im<br />
Jahre 2005 wurde ein offizieller Patenschaftsvertrag zwischen dem<br />
Heimat- <strong>und</strong> Mühlenverein Immenrode e.V. <strong>und</strong> dem örtlichen Kindergarten<br />
geschlossen. Seither trägt die Einrichtung den Namen "Mühlenstrolche",<br />
zumal die Knirpse häufig <strong>und</strong> gern <strong>zur</strong> Mühle spazieren.<br />
Anlässlich des Deutschen Mühlentages 2009 feierten Groß <strong>und</strong> Klein den<br />
150. Geburtstag der Immenröder Turmwindmühle. Hierzu organisierte der<br />
Mühlen- <strong>und</strong> Heimatverein Immenrode nicht nur einen Festumzug, sondern<br />
gab auch die vorliegende, 25 Seiten umfassende "Festschrift" von<br />
Steffen Rödiger heraus. Der Autor gibt darin zunächst ein Kurzportrait<br />
über Immenrode, bevor er die lokale Mühlengeschichte bis <strong>zur</strong> Mitte des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts skizziert. Anschließend beschreibt er den Bau <strong>und</strong> die<br />
Entwicklung der Turmwindmühle bis <strong>zur</strong> Gegenwart, wobei er auch ausführlich<br />
die Tätigkeiten der 1988 gegründeten Interessengruppe des<br />
Kulturb<strong>und</strong>es beziehungsweise des 1991 gegründeten Heimat- <strong>und</strong> Mühlenverein<br />
Immenrode vorstellt, die sich um die Sanierung der schwer<br />
geschädigten Mühle stark machten.<br />
Alfred Kirsten, der Vorsitzende des Thüringer <strong>Landesverein</strong>s für Mühlenerhaltung<br />
<strong>und</strong> Mühlenk<strong>und</strong>e - TVM e.V. (vgl. www.erfurt.de/cocoon/ef/<br />
vereine/detail.html?id=154), hat zu der informativen Broschüre, die durch<br />
einer Reihe zeitgenössischer <strong>und</strong> aktueller Schwarzweiß- <strong>und</strong> Farbabbildungen<br />
illustriert wird, ein Vorwort beigesteuert, in dem er den Immenröder<br />
Mühlenfre<strong>und</strong>en mit einem herzlichen "Glück zu" für ihre Arbeit<br />
"weiterhin Durchhaltevermögen, Kraft <strong>und</strong> viel Glück" wünscht.<br />
Die dünne, ansprechend gestaltete Schrift, die über die Geschäftsstelle des<br />
Thüringer <strong>Landesverein</strong>s für Mühlenerhaltung <strong>und</strong> Mühlenk<strong>und</strong>e - TVM<br />
e.V. (Email: thueringen@muehlen-dgm-ev.de) bestellt werden kann,<br />
erscheint zugleich als "Heft 1 der Reihe Thüringer Mühlenschicksale". Auf<br />
weitere Hefte dieser Reihe darf man schon jetzt gespannt sein. (hk)<br />
Eine Rezension von Dr. Hubert Kolling, Bad Staffelstein<br />
Seite 37
Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Mühlen an der Mittelweser<br />
Manfred Below<br />
(Reihe ArchitekTOUR). Verlag Culturcon-Medien. Berlin, Wildeshausen<br />
2009, 95 S., Broschur, zahlr. Farbabb., 11,95 €, ISBN 978-3-941092-13-6<br />
Niedersachsen gilt bekanntlich als "das Land der Mühlen" schlechthin.<br />
Einst errichtet, um Getreide zu mahlen, sind die historischen Wind- <strong>und</strong><br />
Wassermühlen der Mittelweser - jener Region, wo die Weser die Porta<br />
Westfalica hinter sich lässt <strong>und</strong> in die Weite der Norddeutschen Tiefebene<br />
gemächlich Richtung Norden fließt - heute als technische Baudenkmäler<br />
eine Attraktion, die sich zunehmender Beliebtheit erfreut (vgl. www.mittel<br />
weser-tourismus.de). Die oft<br />
romantisch gelegenen Gebäude,<br />
liebevoll restauriert <strong>und</strong><br />
nicht selten wieder funktionsfähig<br />
gemacht, sind zu beliebten<br />
Ausflugszielen geworden.<br />
Das gilt nicht nur am "Deutschen<br />
Mühlentag", an dem<br />
b<strong>und</strong>esweit H<strong>und</strong>erte Mühlen<br />
zu einem Tag der offenen Tür<br />
einladen <strong>und</strong> den Besuchern<br />
die alten Techniken vorgeführt<br />
werden, sondern auch an ganz<br />
normalen Wochentagen, an<br />
denen die historischen Bauwerke<br />
Anlaufziel von Wanderungen,<br />
Radlern <strong>und</strong> Autofahrern<br />
sind. So werden etwa<br />
in einigen Mühlen, die ihre<br />
Besucher immer wieder in eine<br />
vergangene Zeit <strong>zur</strong>ückversetzen,<br />
regelmäßig Backtage mit<br />
Mahlvorführungen angeboten,<br />
während andere als "Hochzeitsmühlen"<br />
<strong>zur</strong> Verfügung<br />
stehen.<br />
Seite 38
Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Neben der Märchen-, der Weserrenaissance-, der Fachwerk- <strong>und</strong> der<br />
Spargelstraße ist auch die Mühlenstraße der Region Mittelweser eine weitere<br />
überregionale Ferienstraße, die durch abwechslungsreiche<br />
Landschaften <strong>und</strong> lebendige Städte führt. Betreut wird sie in den<br />
Landkreisen Diepholz, Nienburg <strong>und</strong> Verden von den Mitarbeitern der<br />
Niedersächsischen Mühlenstraße <strong>und</strong> im Landkreis Minden-Lübbecke von<br />
denen der Westfälischen Mühlenstraße.<br />
In seinem Buch "Mühlen an der Mittelweser" stellt Manfred Below, der als<br />
freier Text- <strong>und</strong> Bildautor im Hoyaer Land (Weser) bereits die Bücher<br />
"Der Ausflugsverführer Region Bremen" als Mitautor (2006), "Literarische<br />
Ausflüge r<strong>und</strong> um Hannover" (2007) <strong>und</strong> "Die Weser" (2009) veröffentlichte,<br />
auf jeweils einer Doppelseite 61 Wind- <strong>und</strong> Wassermühlen der<br />
Region vor. Zu jeder Mühle findet sich dabei eine Farbabbildung mit<br />
knappen Angaben zu deren wichtigsten geschichtlichen Daten, die<br />
Anschrift mit Ansprechpartner <strong>und</strong> Telefonnummer sowie gegebenenfalls<br />
der Hinweis auf einschlägige Seiten im Internet.<br />
Der Autor, der mit seiner im Taschenbuchformat veröffentlichten Schrift,<br />
die praktisch in jede Jackentasche passt, zu einer "Reise zu den Wind- <strong>und</strong><br />
Wassermühlen an der Mittelweser" einladen möchte, schreibt einleitend<br />
unter anderem: "Alle Mühlen lassen sich mit wenigen Ausnahmen gut von<br />
außen betrachten. Die meisten haben am Deutschen Mühlentag, der<br />
immer am Pfingstmontag veranstaltet wird, geöffnet. In zwei Mühlen kann<br />
übernachtet werden, einige sind bewirtschaftet <strong>und</strong> haben bis auf ihre<br />
Ruhetage ganzjährig geöffnet. Die Mühlen bieten das Jahr über häufig<br />
wechselnde Mahl- <strong>und</strong> Backtermine sowie kulturelle Veranstaltungen mit<br />
Lesungen oder Musikdarbietungen. Vereine <strong>und</strong> private Mühlenbesitzer<br />
sind nach telefonischer Anmeldung auch gerne bereit, einen Öffnungstermin<br />
zu vereinbaren."<br />
Bei dem von Manfred Below vorgelegten Buch, das in der Reihe<br />
ArchitekTOUR erscheint, handelt es sich nicht um eine wissenschaftliche<br />
Studie über die Mühlen an der Mittelweser. Vielmehr bietet die<br />
Darstellung einen aktuellen Überblick über 61 Mühlenstandorte an der<br />
Mittelweser, der insbesondere für Besucher der Region, die sich für Wind<strong>und</strong><br />
Wassermühlen interessieren, nützlich <strong>und</strong> hilfreich ist. (hk)<br />
Eine Rezension von Dr. Hubert Kolling, Bad Staffelstein<br />
Seite 39
Mühlengickel - Mitteilungen aus dem HLM Mai 2010<br />
Impressum<br />
Mühlengickel - Mitteilungen des Hessischen <strong>Landesverein</strong>s<br />
<strong>zur</strong> <strong>Erhaltung</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzung</strong> von Mühlen (HLM) e.V.<br />
Ausgabe Mai 2010<br />
Untermühle - Müllerweg 39<br />
35410 Hungen<br />
www.hessischermuehlenverein.de<br />
mit Beiträgen von<br />
Gesine Weber (gs), Hubert Kolling (hk)<br />
<strong>und</strong> Jörg Haafke (jh)<br />
Autor des Titelbildes: Jörg Haafke (jh)<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in<br />
jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder.<br />
Redaktionsschluss: 15.05.2010<br />
v.i.S.d.P.: Jörg Haafke<br />
Hungen, im Mai 2009<br />
Unser Spendenkonto:<br />
Der HLM hat seit dem 01.01.2010 eine neue Bankverbindung.<br />
Konto-Nr.: 15138204<br />
BLZ: 509 514 69<br />
bei der Sparkasse Starkenburg<br />
Wir bitten dies für die Zukunft zu beachten!