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1 - Hessischer Landesverein zur Erhaltung und Nutzung von Mühlen

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<strong>Mühlen</strong>gickel<br />

Mitteilungen aus dem Hessischen <strong>Landesverein</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Erhaltung</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mühlen</strong> (HLM) e.V.<br />

Dezember 2009<br />

Das oberschlächtige Wasserrad der Weidmühle<br />

in Schotten-Eschenrod / Vogelsberg


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Termine<br />

Vorstandssitzungen<br />

7. Februar 2010<br />

11:00 in Amöneburg in der Brücker Mühle<br />

9. April 2010<br />

16:30 Uhr in Marburg in der St. Elisabeth Mühle<br />

Jahreshauptversammlung<br />

Die Jahreshauptversammlung findet am 25. April 2010 statt,<br />

Ort <strong>und</strong> Uhrzeit werden noch bekannt gegeben.<br />

<strong>Mühlen</strong>tag 2010<br />

Der <strong>Mühlen</strong>tag 2010 findet am 24. Mai statt (Pfingstmontag).<br />

Beachten Sie bitte den Meldebogen auf den Seiten 47 <strong>und</strong> 48!<br />

<strong>Mühlen</strong>tag 2011<br />

Seitens der DGM besteht der Wunsch, dass die Auftaktveranstaltung<br />

in diesem Jahr in Hessen stattfindet. Interessenten<br />

für die Ausrichtung sind aufgerufen, sich bis zum 7.2.2010 in<br />

der Geschäftsstelle zu melden (s. auch Seite 4).<br />

Auf unserer Homepage finden Sie alle Adressen des neuen Vorstandes,<br />

ebenso das überarbeitete Beitrittsformular. Schauen Sie ruhig mal rein.<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Liebe Vereinsmitglieder <strong>und</strong> <strong>Mühlen</strong>fre<strong>und</strong>e,<br />

beim HLM standen im Frühjahr Veränderungen an. Auf der Jahreshauptversammlung<br />

am 07.06.2009 in Neu Anspach wurde durch die anwesenden<br />

Mitglieder ein neuer, veränderter Vorstand gewählt. Jörg Haafke,<br />

Wolfgang Groß <strong>und</strong> Jörg Reif, verdiente <strong>und</strong> langjährige Vorstandsmitglieder<br />

stellten sich nicht <strong>zur</strong> Wiederwahl. Sie stehen dem HLM aber weiterhin<br />

mit ihrer Fachkompetenz <strong>zur</strong> Verfügung. Wir danken für die jahrelange<br />

Vorstandsarbeit.<br />

Neu in den Vorstand wurden gewählt:<br />

Wilhelm Lotz 35037 Marburg <strong>und</strong><br />

Hubertus Stoepke 64720 Michelstadt<br />

Der übrige Vorstand wurde wiedergewählt <strong>und</strong> setzt sich wie folgt<br />

zusammen:<br />

Samuel Mink 35410 Hungen (Geschäftsadresse)<br />

Peter Heidler 37299 Weißenborn-Rambach<br />

Thomas Kleinschmidt 35287 Amöneburg<br />

Klaus Gockenbach 35325 Mücke<br />

Stephan Schumm 65589 Hadamar-Oberzeuzheim<br />

Sabine Müller 69488 Birkenau<br />

Es wurde auf Vorstandsbeschluss hin auch die Geschäftsadresse geändert.<br />

Sie lautet nun:<br />

<strong>Hessischer</strong> <strong>Landesverein</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erhaltung</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mühlen</strong> (HLM) e.V.<br />

Müllerweg 39<br />

35410 Hungen<br />

Der neue Vorstand hat sich bisher dreimal getroffen, um die zukünftige<br />

Vereinsarbeit zu besprechen, Termine abzustimmen, Aktionen zu planen<br />

oder durchzuführen.<br />

Mitglieder sind zu diesen offenen Vorstandssitzungen herzlich eingeladen.<br />

Sie können sich hierbei informieren, neue Ideen einzubringen, Projekte<br />

oder Problemfälle vorstellen, Aktionen mit planen oder einfach nur Lust<br />

bekommen mit Tatkraft <strong>und</strong> Wissen mitzuwirken.<br />

Der Vorstand<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

<strong>Mühlen</strong>tag 2011 -<br />

Auftaktveranstaltung in Hessen ?<br />

Im Jahre 2011 beabsichtigt die DGM ihre b<strong>und</strong>esweite zentrale Auftaktveranstaltung<br />

zum deutschen <strong>Mühlen</strong>tag über den hessischen <strong>Mühlen</strong>verein<br />

ausrichten zu lassen.<br />

Da diese Veranstaltung b<strong>und</strong>esweit beworben <strong>und</strong> überregionales Interesse<br />

erzeugt wird, besteht die Möglichkeit ein interessantes hessisches<br />

<strong>Mühlen</strong>projekt vorzustellen.<br />

In den vergangenen Jahren war es so, dass unter der Regie / Obhut des<br />

<strong>Landesverein</strong>s eine starke örtliche Gruppe, diese große Veranstaltung<br />

organisiert hat.<br />

Themenschwerpunkte könnten z. B. arbeitende Mühle, Energieerzeugung,<br />

Denkmalschutz, Museumsmühle oder auch Regionalvermarktung <strong>und</strong><br />

sanfter Tourismus sein.<br />

Ein Rahmenprogramm, um die zu organisierende Eröffnungsveranstaltung<br />

herum, sollte ausgearbeitet werden.<br />

Da wichtige Landes- <strong>und</strong> Regionalpolitiker, mühlenrelevante Behörden<br />

<strong>und</strong> Kulturverantwortliche eingeladen werden (<strong>und</strong> diese erfahrungsgemäß<br />

auch kommen) besteht für den HLM <strong>und</strong> auch die DGM, mit entsprechender<br />

Präsentation <strong>und</strong> Vorarbeit, die Möglichkeit das Thema <strong>Mühlen</strong> mit all<br />

seinen Problemfeldern aber auch mit seinen Lösungen vorzustellen.<br />

Interessierte, die diese Auftaktveranstaltung 2011 durchführen möchten,<br />

können sich bis <strong>zur</strong> nächsten Vorstandssitzung am 7.2.2010 beim HLM<br />

melden.<br />

Die diesjährige Auftaktveranstaltung fand in Wegberg - Rickelrath im<br />

Rheinland statt. Interessierte können sich ggf. bei dem damaligen Veranstalter,<br />

dem Rheinischen <strong>Mühlen</strong>verband mit Sitz in 47533 Kleve (Telefon<br />

02821 / 85553) Informationen über den anfallenden Organisationsaufwand<br />

einholen.<br />

Der Vorstand<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Hessen läutet neue R<strong>und</strong>e <strong>zur</strong> Bewertung <strong>von</strong><br />

Wasserkraftanlagen ein<br />

Das Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft <strong>und</strong><br />

Verbraucherschutz lässt <strong>zur</strong> Zeit <strong>von</strong> der Universität Kassel ein sogenanntes<br />

„Tool“ (Werkzeug) entwickeln, das die Vollzugsbehörden bei der Auswahl<br />

<strong>von</strong> Maßnahmen nach der WRRL an Wasserkraftanlagen unterstützen<br />

soll. Das Projekt wird durch einen Beirat begleitet, der aus Mitarbeitern<br />

der oberen Wasser- <strong>und</strong> Fischereibehörden, des HLUG, Vertretern der<br />

Naturschutzverbänden, Vertreter des Ministeriums <strong>und</strong> der Arbeitsgemeinschaft<br />

<strong>Hessischer</strong> Wasserkraftwerke sowie dem HLM besteht.<br />

Zunächst war die erste Sitzung des Beirates ausgerechnet auf den Tag der<br />

Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft <strong>Hessischer</strong> Wasserkraftwerke,<br />

den 27.11.2009 terminiert. Wir haben den Wunsch der Arbeitsgemeinschaft<br />

für eine Terminverlegung nach Kräften unterstützt <strong>und</strong> waren<br />

schließlich erfolgreich. So fand nun die erste Sitzung am 11.12.2009 statt.<br />

Schriftliche Unterlagen wurden noch nicht ausgehändigt, sondern lediglich<br />

das geplante Vorhaben in den Gr<strong>und</strong>zügen erläutert. Dem Hessischen<br />

Ministerium geht es dabei offenbar um die Frage, bis zu welcher Leistung<br />

Wasserkraftanlagen in der weiteren Politik der Wasserbehörden Beachtung<br />

finden sollen.<br />

Danach sollen mit dem geplanten „Tool“ die vorhandenen Wasserkraftstandorte<br />

auch auf das energetische Potential untersucht <strong>und</strong> die Jahresstromerzeugung<br />

der einzelnen Anlagen bei unterschiedlichen Mindestwasserabflüssen<br />

berechnet werden. Die Szenarien für den Mindestwasseranteil<br />

dabei sind 1/2 MNQ, 1/3 MNQ <strong>und</strong> kein Mindestwasserabfluß. Die Entscheidungshilfen,<br />

die sich das Ministerium da<strong>von</strong> verspricht stellen einerseits<br />

auf die Abwägung <strong>von</strong> Förder- <strong>und</strong> Finanzierungsmöglichkeiten für<br />

Maßnahmen <strong>zur</strong> Herstellung der Durchgängigkeit an Wehren <strong>und</strong> <strong>Mühlen</strong><br />

ab, soweit sich solche Maßnahmen nicht über die erhöhte Einspeisevergütung<br />

nach dem EEG finanzieren lassen. Andererseits bzw. im Umkehrschluß<br />

kommt das Land Hessen auf diesem Wege unvermeidlich auch zu<br />

Kriterien, die eine öffentliche Förderung bzw. Finanzierung solcher Maßnahmen<br />

ausschließen. Wenn hier der Wasserkraftbetreiber nicht selbst<br />

finanzieren kann, dürfte damit nach den Vorgaben der Wasserrahmen-<br />

Richtlinie ein „ökologisches <strong>Mühlen</strong>sterben“ eingeläutet werden. (sm+jh)<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Schiffsmühlencafé mit Ausstellung<br />

Es ist wirklich erstaunlich, wie sehr die Ginsheimer Familien die Erinnerung<br />

an die Schiffsmühlen wach halten. Gemälde, Fotografien, Zeichnungen<br />

<strong>und</strong> Gravuren sind in den Wohnungen aufgehängt oder werden schon<br />

über viele, viele Jahre <strong>und</strong> Jahrzehnte aufbewahrt.<br />

Dem Schiffsmühlenverein ist es gelungen, eine große Zahl solcher Stücke<br />

zusammenzutragen <strong>und</strong> dem Publikum im Rahmen einer Ausstellung zu<br />

zeigen. Unerwartet groß war der Andrang schon <strong>zur</strong> Eröffnung gegen 11<br />

Uhr. Der Vereinsvorsitzende Herbert Jack gab einen Überblick über den<br />

Stand des Projektes, für das möglicherweise im kommenden Jahr schon<br />

mit den Bauarbeiten begonnen werden kann. Die Konstruktionszeichnungen,<br />

die die Gr<strong>und</strong>lage für die Einholung der Angebote für die verschiedenen<br />

Gewerke gebraucht werden, sind weitgehend fertig <strong>und</strong> konnten ebenfalls<br />

gezeigt werden. Somit war es möglich, einen großen Bogen aus dem<br />

Beginn des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts in die Zukunft zu spannen.<br />

Die mit leicht morbidem, aber gemütlichem Charme ausgestattete Scheune<br />

in der Hauptstraße in Ginsheim bot einen passenden Rahmen. Ein Gläschen<br />

Sekt <strong>zur</strong> Vernissage oder ein Stück Kuchen <strong>und</strong> eine Tasse Kaffee am<br />

Mittag verführte viele Gäste dazu, etwas länger zu verweilen <strong>und</strong> Gespräche<br />

zu führen. Bis nach Hungen in Oberhessen, nach Darmstadt Traisa,<br />

Wiesbaden <strong>und</strong> Frankfurt war die Ankündigung der Ausstellung gedrungen,<br />

<strong>und</strong> selbst <strong>von</strong> dort konnten Besucher begrüßt werden.<br />

Man spürte aus der gelungenen Zusammenstellung der Bilder <strong>und</strong> auch<br />

aus der hoch motivierten Mitarbeit aller Helfer, dass der Schiffmühlenverein<br />

bereit ist, seine große Aufgabe zu beginnen <strong>und</strong> auf grünes Licht<br />

wartet.<br />

Bis in die frühen Abendst<strong>und</strong>en hinein ließ der Besucherstrom nicht nach.<br />

Hierüber freut sich der Vorstand, besonders aber darüber, dass neun neue<br />

Mitglieder gewonnen werden konnten, die den Verein mit ihrer Mitgliedschaft<br />

unterstützen möchten. So kann der Verein nach wenig mehr als 1 ½<br />

Jahren bereits 143 Mitglieder zählen. (hj)<br />

Verein Historische Rheinschiffsmühle Ginsheim e.V.<br />

Bei Rückfragen bitte 06134 51149 - Herbert Jack<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Foto: Herbert Jack


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Die Stellungnahme des HLM<br />

<strong>zur</strong> Umsetzung der Wasser-<br />

Rahmenrichtlinie in Hessen<br />

Hessisches Ministerium<br />

für Umwelt, ländlichen Raum <strong>und</strong><br />

Verbraucherschutz<br />

Herrn Kaiser<br />

Abteilung Wasser <strong>und</strong> Boden<br />

Mainzer Str. 80<br />

65189 Wiesbaden 05.07.2009<br />

Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Hessen<br />

Maßnahmenprogramm Hessen 2009 - Entwurf 22. Dezember 2008 -<br />

Bewirtschaftungsplan Hessen 2009 - Entwurf 22. Dezember 2008 -<br />

Sehr geehrter Herr Kaiser,<br />

zu den o.a. Basiswerken <strong>zur</strong> Umsetzung der Wasserrahmen-Richtlinie nehmen wir<br />

mit Orientierung auf den Bereich der Fließgewässer wie folgt Stellung:<br />

Gr<strong>und</strong>sätzliches<br />

Zunächst müssen wir die Fristüberschreitung (22.06.) entschuldigen, doch aufgr<strong>und</strong><br />

des erheblichen Umfanges der o.a. Werke war die Zusammenführung <strong>von</strong><br />

Anmerkungen aus unserem Verband schwierig <strong>und</strong> zeitaufwendig. Da Sie sich<br />

eine Auswertungsfrist für die eingehenden Stellungnahmen bis zum 22.09.2009<br />

(Bewirtschaftungsplan, Kap. 9 - Seite 5) gesetzt haben, dürfen wir hoffen, daß Sie<br />

unsere Stellungnahme trotz der Verspätung noch in Ihre Auswertung einbeziehen<br />

werden können. In Anbetracht der Vielzahl <strong>von</strong> Aussagen <strong>und</strong> Darstellungen der<br />

o.a. Werke kann unsere heutige Stellungnahme notwendigerweise nur eine erste<br />

Bewertung darstellen. Wir gehen aber da<strong>von</strong> aus, daß im weiteren Entwicklungsgang<br />

noch Gelegenheit besteht, die angesprochenen Aspekte zu vertiefen <strong>und</strong> zu<br />

ergänzen.<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Berücksichtigung anderer gesellschaftlicher Belange<br />

Sowohl das Maßnahmenprogramm wie auch der Bewirtschaftungsplan können<br />

nicht als hinreichend begründete Arbeitsgr<strong>und</strong>lage <strong>zur</strong> Umsetzung der Wasserrahmen-Richtlinie<br />

angesehen werden, da sie nicht oder nur unzulänglich die sonstigen<br />

gesellschaftlichen Interessen an den Fließgewässern einbeziehen.<br />

So werden unter Kap. 1.4 <strong>zur</strong> "Vorgehensweise <strong>zur</strong> Aufstellung des Maßnahmenprogramms<br />

für Hessen" (1) eine "Defizit- <strong>und</strong> Belastungsanalyse", (2) ein "Maßnahmenkatalog",<br />

(3) die Auswahl der Maßnahmen, (4) die "Abschätzung der<br />

Zielerreichung bis 2015 <strong>und</strong> Priorisierung" sowie (5) die "Aufstellung <strong>und</strong> Veröffentlichung<br />

des hessischen Maßnahmenprogramms" dargelegt. Die Einbindung<br />

sonstiger gesellschaftlicher Interessen ist nicht dokumentiert <strong>und</strong> damit nicht<br />

nachvollziehbar. Sie verliert sich offenbar nur unter dem Stichwort "Öffentlichkeitsbeteiligung"<br />

(Kap. 1.6). Mit der "Öffentlichkeitsbeteiligung" werden zwar<br />

zahlreiche Veranstaltungen <strong>und</strong> sogenannte "Beteiligungsplattformen" sowie die<br />

begleitende Mitwirkung eines Beirates beim Hessischen Ministerium für Umwelt,<br />

ländlichen Raum <strong>und</strong> Verbraucherschutz benannt, die auch - soweit wir es aus<br />

eigener Anschauung <strong>und</strong> Mitwirkung wahrgenommen haben - ein hohes Maß an<br />

Arbeit bei den zuständigen Dienststellen verursacht <strong>und</strong> auch ein starkes Engagement<br />

in der Sache zum Ausdruck gebracht haben, jedoch kann diese "Öffentlichkeitsbeteiligung"<br />

ein geordnetes Verfahren mit einer sachgerechten Abwägung der<br />

unterschiedlichen Belange nicht ersetzen.<br />

Damit fehlt es dem Verfahren bzw. den daraus abgeleiteten Konsequenzen letztendlich<br />

an einer demokratischen Legitimation. Jedenfalls entspricht es nicht unserem<br />

Demokratieverständnis, wenn "die Einwendungen (lediglich, Anm. d. Verf.)<br />

... zu überprüfen <strong>und</strong> zu publizieren" sind (Kap. 1.4, Seite 1-9). Vielmehr bedarf<br />

es aufgr<strong>und</strong> der hohen Bedeutung der verschiedenen gesellschaftlichen Interessen<br />

<strong>und</strong> Sachgüter <strong>und</strong> der diesbezüglich möglichen erheblichen Tragweite der im<br />

Rahmen der WRRL geplante Maßnahmen zumindest einer parlamentarischen<br />

Absicherung des letztendlich festgelegten Bewirtschaftungsplanes <strong>und</strong> des Maßnahmenprogrammes.<br />

Wir konnten in diesem Zusammenhang aus eigener Anschauung<br />

<strong>und</strong> Beteiligung in dem o.a. "Wasser-Beirat" erleben, daß sich die Beratung<br />

eher bis ausschließlich auf die fachspezifischen methodischen <strong>und</strong> inhaltlichen<br />

Aspekte begrenzte <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzliche Fragen etwa der Rolle sonstiger Belange<br />

nicht weiter verfolgt wurde. Zu den <strong>von</strong> uns vertretenen Interessen, insbesondere<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

des Denkmalschutzes, der Kulturlandschaftspflege <strong>und</strong> der Energiegewinnung<br />

aus der Wasserkraft fanden jedenfalls keine eingehenderen diesbezüglichen Ermittlungen<br />

<strong>von</strong> Bestand <strong>und</strong> Zielen statt. Diese (<strong>und</strong> andere) Belange finden<br />

dementsprechend weder im Bewirtschaftungsplan noch im Maßnahmenprogramm<br />

eine Würdigung.<br />

Durch dieses, <strong>zur</strong> Umsetzung der Wasserrahmen-Richtlinie gewählte Verfahren<br />

ergibt sich unvermeidlich nicht nur eine (hoffentlich nicht beabsichtigte) Verkehrung<br />

der Gewichtung der unterschiedlichen Belange, sondern auch eine Herabstufung<br />

anderer gesellschaftlicher Ziele <strong>und</strong> Belange auf eine nachgeordnete<br />

Ebene, in der die betreffenden Interessen nicht obligatorisch vertreten sind, so<br />

daß die konkreten Entscheidungen über einzelne Maßnahmen in Bezug auf diese<br />

Interessen zufällig <strong>und</strong> willkürlich bleiben müssen. Das Allgemeininteresse wird<br />

damit jedenfalls gr<strong>und</strong>sätzlich ausgeklammert <strong>und</strong> bleibt es dem Zufall überlassen,<br />

ob diese Belange bei einer konkreten Entwicklung <strong>von</strong> Einzelmaßnahmen<br />

überhaupt noch Beachtung finden, denn es wird dazu des besonderen Engagements<br />

<strong>von</strong> nachgeordneten Behörden oder Einzelpersonen bedürfen, solche<br />

Belange zu vertreten (<strong>und</strong> jenen im Idealfall die nötige Geltung zu erstreiten).<br />

Damit besteht infolge der Verabschiedung des Bewirtschaftungsplans <strong>und</strong> des<br />

Maßnahmenprogramms die nicht unerhebliche Gefahr, daß es im Zuge der Umsetzung<br />

der Wasserrahmen-Richtlinie zu einem massiven Aderlaß für das Kulturgut<br />

Mühle einschließlich der zugehörigen Stauanlagen <strong>und</strong> Betriebsgräben kommen<br />

wird. Derartige Entwicklungen oder konkrete Maßnahmen sind zwar in den<br />

hier <strong>zur</strong> Diskussion stehenden Basiswerken nicht explizit benannt, jedoch lassen<br />

vergleichbare Maßnahmenpläne aus anderen B<strong>und</strong>esländern mit ungeschönten<br />

<strong>und</strong> insoweit unzweifelhaften Maßnahmenvorschlägen zum Schleifen <strong>von</strong> Wehranlagen<br />

(etwa Thüringen) begründet vermuten, daß in einer folgenden Phase der<br />

Umsetzung der WRRL auch solche Maßnahmen in Hessen denkbar sein <strong>und</strong><br />

dann auch ausgesprochen werden. Solche Befürchtungen werden nicht zuletzt<br />

durch die eher pauschalisierenden Textpassagen zum Thema "Wanderhindernisse"<br />

(s.u.) genährt. Ohne gesamtgesellschaftlichen Konsens darf es zu derartigen<br />

Entwicklungen nicht kommen. Dazu bedarf es einer demokratischen Legitimation<br />

durch die parlamentarischen Gremien.<br />

Analog verhält es sich in Bezug auf ein modernes Ziel im Kontext der Entwicklung<br />

unserer Fließgewässer, nämlich die klimaschonende Energiegewinnung aus<br />

der Wasserkraft. Während der Klimaschutz als eines der prioritären Ziele der Po-<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

litik ausgegeben <strong>und</strong> namentlich den Potentialen der regenerativen Energien ein<br />

besonderer Anteil an einer klimaverträglichen Energiepolitik zugeschrieben wird,<br />

finden diese Potentiale weder im Maßnahmenplan noch im Bewirtschaftungsplan<br />

eine hinreichende Beachtung. Im Gegenteil, es werden diese Potentiale tendenziell<br />

negiert, da deren Bedeutung lediglich den größeren Wasserkraftanlagen zugemessen<br />

wird. Zitat: "Einen nennenswerten Beitrag <strong>zur</strong> Energieerzeugung tragen jedoch<br />

nur relativ wenige größere Anlagen in Main, Lahn, Fulda, Werra <strong>und</strong> Eder<br />

bei" (Bewirtschaftungsplan Kap. 2, Seite 17). Diese Einschätzung steht nicht nur<br />

früheren, <strong>von</strong> der Landesregierung Hessen veranlaßten Abschätzungen der Entwicklungspotentiale<br />

der Wasserkraftnutzung mit einer Orientierung auf den Ausbau<br />

der Wasserkraftnutzung für den Gr<strong>und</strong>lastbereich insbesondere im ländlichen<br />

Raum entgegen, sondern erzeugt eine Stimmung der Geringschätzung, die der<br />

Thematik weder klimapolitisch gerecht wird noch eine Entscheidungshilfe für die<br />

Vorgehensweise bei jedwedem Einzelobjekt sein kann. Es ist in diesem Zusammenhang<br />

sehr bezeichnend, daß der Aspekt "Energetische Potentiale des Wassers"<br />

selbst in Kapitel "Zusammenfassung der wirtschaftlichen Analyse" (Bewirtschaftungsplan,<br />

Kap. 6 - Seite 1) keine Rolle spielt. Der negative Tenor gegenüber der<br />

Wasserkraftnutzung zieht sich viel mehr wie ein roter Faden durch beide Gr<strong>und</strong>lagenwerke<br />

für die Umsetzung der WRRL. Während Maßnahmenprogramm <strong>und</strong><br />

Bewirtschaftungsplan ansonsten eher vorsichtige Formulierungen im Hinblick auf<br />

die Kennzeichnung <strong>von</strong> Ursachen bei Problemstellungen aufweisen, besteht zum<br />

Thema Wasserkraft sprachlich keinerlei Zurückhaltung. So heißt es: "Die wesentlichen<br />

negativen ökologischen Effekte <strong>von</strong> Wasserkraftanlagen in hessischen<br />

Fließgewässern sind: ..." (ebenda, Unterstr. d. Verf.). Hier erscheint es mehr als<br />

angezeigt die Formulierung in "Die wesentlichen negativen ökologischen Effekte<br />

<strong>von</strong> Wasserkraftanlagen in hessischen Fließgewässern können sein" (Unterstr. d.<br />

Verf.) abzuändern. Im Übrigen muß bezüglich des dann nachfolgenden Kataloges<br />

der möglichen negativen Effekte daraufhingewiesen werden, daß zumindest die<br />

Ausgestaltung der Turbinenanlage mit dem angesprochenen kritischen Zustrom<br />

<strong>zur</strong> Turbinenanlage, aber auch die Frage der Wasserführung in Ausleitungsstrekken<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich im Kontext <strong>von</strong> Genehmigungsverfahren geregelt wurden <strong>und</strong><br />

werden <strong>und</strong> ein Wasserkraftbetreiber auf der betreffenden Gr<strong>und</strong>lage durchaus<br />

konform mit den rechtlichen Rahmen-bedingungen handelt.<br />

Gewichtung der Einflußfaktoren<br />

Mit dem Maßnahmenprogramm <strong>und</strong> dem Bewirtschaftungsplan wird nunmehr ein<br />

recht starker Fokus auf den Aspekt der Durchgängigkeit gelegt. Schon die Dar-<br />

Seite 11


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

stellung der "Gr<strong>und</strong>lagen des Maßnahmenprogramms <strong>und</strong> (der, Anm. d.Verf.)<br />

Strategien <strong>zur</strong> Erreichung des guten Zustands" (Maßnahmenprogramm, Kap. 1,<br />

Seite 1) gibt unverkennbar Aufschluß über eine ganz offensichtlich fehlerhafte<br />

Gewichtung der Einflußfaktoren (dort als "Wichtige Wasserbewirtschaftungsfragen",<br />

Kap. 1, S. 2) mit den Unterkapiteln "Hydromorphologische Veränderungen",<br />

"Nährstoffbelastung", "Belastung mit organischen Stoffen", "Belastungen<br />

mit gefährlichen Stoffen", "Salzbelastung im Werra-Fulda-Einzugsgebiet".<br />

So wird für das Unterkapitel "Hydromorphologische Veränderungen" zusammenfassend<br />

festgestellt: "Struktur <strong>und</strong> Abflussdynamik der Oberflächengewässer sind<br />

für die aquatische Flora <strong>und</strong> Fauna <strong>von</strong> ausschlaggebender Bedeutung. Der unbefriedigende<br />

Zustand vieler Gewässer ist insofern einer der zentralen Gründe, die<br />

der <strong>von</strong> der WRRL verlangten Erreichung des guten ökologischen Zustandes entgegenstehen"<br />

(Kap. 1, S. 3).<br />

Diesbezüglich dürfen wir an dieser Stelle zum Ausdruck bringen, daß wir das Ziel<br />

der Schaffung der ökologischen Durchgängigkeit im Fließgewässer nachdrücklich<br />

teilen <strong>und</strong> auch nach der jüngsten Änderung des EEG gute Voraussetzungen sehen,<br />

an den <strong>Mühlen</strong> <strong>und</strong> Wasserkraftstandorten entsprechend geeignete Maßnahmen<br />

zu realisieren. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> besteht vor allem für die größeren<br />

stromerzeugenden Wasserkraftanlagen auch kein Anlaß zu Befürchtungen, daß<br />

durch entsprechende Investitionen die Wirtschaftlichkeit der Anlagen infragegestellt<br />

sein könnte. Die starke Fokussierung auf den Aspekt der Durchgängigkeit<br />

läßt allerdings andere Faktoren der Fließgewässerqualität in den Hintergr<strong>und</strong> treten.<br />

In diesem Zusammenhang muß darauf hingewiesen werden, daß der Fischbestand<br />

vor etwa 100 Jahren bei einer vielfach höheren Zahl <strong>von</strong> <strong>Mühlen</strong> <strong>und</strong><br />

Wasserkraftanlagen gegenüber heute um ein Vielfaches arten- <strong>und</strong> individuenreicher<br />

gewesen ist. Schon daraus läßt sich absolut keine Korrelation zwischen Betrieb<br />

<strong>von</strong> Wasserkraftanlagen resp. des Vorhandenseins <strong>von</strong> Querbauwerken <strong>und</strong><br />

der Entwicklung der aquatische Flora <strong>und</strong> Fauna ableiten <strong>und</strong> damit auch keine<br />

prioritäre Orientierung auf Maßnahmen der Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit.<br />

In Verkennung dieser Tatsachen stellt das Maßnahmenprogramm jedoch<br />

a priori fest: "Die Durchwanderbarkeit der Gewässer in Längsrichtung ist<br />

durch Querbauwerke unterbrochen" <strong>und</strong> vermittelt bereits in der Einleitung einen<br />

Handlungsbedarf, der an keiner Stelle infragegestellt wird. Sachgerecht wäre an<br />

dieser Stelle die Formulierung gewesen "Die Durchwanderbarkeit der Gewässer in<br />

Längsrichtung ist durch Querbauwerke eingeschränkt". Und genau diese Einschränkungen<br />

sind berechtigterweise im Einzelfall zu untersuchen <strong>und</strong> entsprechend<br />

abzumildern oder aufzuheben.<br />

Seite 12


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

In diesem Zusammenhang ist es sehr augenfällig, daß unter Kap. 2.1.3.4 "Wasserkraftnutzung"<br />

des Bewirtschaftungsplanes sehr markant (<strong>und</strong> ohne Einschränkungen)<br />

Auswirkungen der energetischen <strong>Nutzung</strong> der Wasserkraft auf die Fließgewässerökologie<br />

benannt werden (s.o.), während in Kap. 2.1.3.1 "Abflussregulierungen<br />

- Wanderhindernisse" weniger gr<strong>und</strong>sätzlich thematisiert werden (Kap. 2<br />

- S. 11): "Diese (die hydraulischen Veränderungen sowie der unmittelbare Einfluss<br />

auf den chemischen <strong>und</strong> physikalischen Zustand der Gewässer, Anm. d. Verf.) <strong>und</strong><br />

die Barrierewirkung der Bauwerke selbst können <strong>von</strong> wesentlicher negativer Bedeutung<br />

für den ökologischen Zustand sein". Festzuhalten bleibt weiterhin, daß<br />

insgesamt 19.279 Wanderhindernisse in Hessen kartiert wurden (Kap. 2 - S. 11f)<br />

<strong>und</strong> da<strong>von</strong> 5.050 den Status "unpassierbar" (= 26 %) <strong>und</strong> 4.252 den Status "weitgehend<br />

unpassierbar" (= 22 %) zugewiesen bekamen <strong>und</strong> demnach für insgesamt<br />

9.302 Wanderhindernisse Handlungsbedarf "<strong>zur</strong> Erreichung des guten ökologischen<br />

Zustands ... besteht" (Kap. 2 - Seite 12).<br />

An diesen Querbauwerken sind hessenweit 602 Wasserkraftanlagen in Betrieb<br />

(Kap. 2.1.3.4 - Seite 17), die zu 74 % als "unpassierbar" <strong>und</strong> zu weiteren 11 % als<br />

"weitgehend unpassierbar" eingestuft wurden. Demnach ist für 512 Wasserkraftanlagen<br />

Handlungsbedarf <strong>zur</strong> Erreichung des guten ökologischen Zustandes (85 %<br />

<strong>von</strong> 602) zu konstatieren. Bezogen auf alle Wanderhindernisse (aus Kap. 2.1.3.1)<br />

beträgt der Anteil der Wasserkraftwerke an änderungsbedürftigen Querbauwerken<br />

danach 5,5 % (512 <strong>von</strong> 9.302).<br />

Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß 78 Wanderhindernisse nicht bewertet<br />

wurden (Kap. 2.1.3.1 - Seite 14). Dabei handelt es sich überwiegend um solche<br />

Hindernisse, die mit bedeutsamen öffentlichen Funktionen in Verbindung stehen<br />

wie etwa Rückhalte- <strong>und</strong> Speicherbecken <strong>und</strong> ohne entsprechende Erläuterung,<br />

aber doch ganz selbstverständlich aus dem Maßnahmenprogramm <strong>und</strong> dem Bewirtschaftungsplan<br />

herausgehalten werden. Immerhin haben diese Wanderhindernisse<br />

auch noch einen Anteil <strong>von</strong> 0,8 % <strong>und</strong> sie befinden sich in unmittelbarer<br />

Zuständigkeit der öffentlichen Hand, so daß hier unmittelbar Abhilfe durch die<br />

zuständigen Behörden veranlaßt werden könnte.<br />

In Bezug auf den Aspekt "Durchgängigkeit <strong>und</strong> Wanderhindernisse" bleibt an dieser<br />

Stelle festzustellen, daß den Wasserkraftwerken nur ein geringer Anteil an den<br />

Wanderhindernissen zuzuweisen ist, der jedoch in der Problemanalyse deutlich<br />

überbewertet <strong>und</strong> in der Zielfestlegung ebenso übermäßig herausgestellt wird.<br />

Seite 13


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Mangelnde Analyse der Wirkzusammenhänge<br />

Für die Gesamtanalyse ist es dessen ungeachtet weiterhin wesentlich zu bemerken,<br />

daß es andere maßgebliche Ursachen geben, die unsere Fischbestände nachhaltig<br />

negativ beeinflussen <strong>und</strong> die konsequenterweise entsprechend auch vorrangig mit<br />

geeigneten Maßnahmen bedacht werden müßten. Diese wesentlichen Ursachen,<br />

die in der biologischen <strong>und</strong> chemischen Qualität unserer Fließgewässer liegen sind<br />

uns (als Gesellschaft) auch durchaus bewußt, wir verharmlosen sie jedoch ganz<br />

offensichtlich, indem wir auf diesbezügliche Leistungen unserer Gesellschaft <strong>zur</strong><br />

Minderung solcher Belastungen - etwa den Bau <strong>von</strong> Kläranlagen - verweisen,<br />

ohne die verbleibenden Wirkungen näher zu untersuchen.<br />

Diese unglückselige Verquickung findet sich auch in der Philosophie <strong>von</strong> Maßnahmenprogramm<br />

<strong>und</strong> Bewirtschaftungsplan. So werden in Kap. 2 des Bewirtschaftungsplanes<br />

die "signifikanten Belastungen <strong>und</strong> anthropogenen Einwirkungen<br />

auf den Zustand <strong>von</strong> Oberflächen-gewässern <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wasser" zunächst die<br />

"Kommunalen Einleitungen" (Kap. 2.1.1.1 - Seite 1), die "Industriellen Einleitungen"<br />

(Kap. 2.1.1.2 - Seite 4) <strong>und</strong> "Diffuse Quellen" (Kap. 2.1.1.3 - Seite 6) thematisiert<br />

<strong>und</strong> quantitativ dokumentiert. Die Wechselwirkungen dieser Belastungen<br />

mit dem Ökosystem bleiben jedoch ohne Würdigung <strong>und</strong> mögliche Beeinflussungen<br />

des Lebens in den Fließgewässern damit der Bewertung vorenthalten. Im<br />

Ergebnis bedeutet dies eine Manipulation der Analyseergebnisse. Diese Manipulation<br />

lenkt den Kardinalverdacht auf die Querbauwerke <strong>und</strong> Turbinenanlagen, die<br />

auf derselben Gliederungsstufe (Kap. 2) in einer detaillierten Bestandsaufnahme<br />

hinsichtlich ihrer Durchgängigkeit aufgeschlüsselt <strong>und</strong> mit - den schon vorstehend<br />

angesprochenen - pauschalisierenden negativen ökologischen Effekten in Verbindung<br />

gebracht werden (Kap. 2.1.3.4 - Seite 17).<br />

In diesem Zusammenhang verdienen insbesondere auch die wachsenden Belastungen<br />

der Fließgewässer mit Hormonen, Arzneimitteln <strong>und</strong> insbesondere auch<br />

Antibiotika eine besondere Würdigung im Hinblick auf die Wirkungen auf das<br />

Fischleben. Daraus resultierende Unfruchtbarkeiten <strong>und</strong> Krankheiten sind nicht zu<br />

unterschätzende Faktoren für die Entwicklung der Fischbestände. Diese Zusammenhänge<br />

werden weder im Maßnahmenprogramm noch im Bewirtschaftungsplan<br />

dargestellt oder bewertet. Dies ist ein schwerwiegendes Manko dieser<br />

Gr<strong>und</strong>lagenwerke <strong>zur</strong> Umsetzung der WRRL. Nach unserer Einschätzung läßt<br />

sich aus der WRRL selbst keine Rechtfertigung für diese Unterlassung ableiten.<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Ohne den Einfluß <strong>von</strong> Querbauwerken <strong>und</strong> Ausleitungsstrecken negieren zu wollen,<br />

kann doch die vorstehend aufgedeckte Diskrepanz in der Analyse zwischen<br />

der Rolle der gewässerchemischen sowie -biologischen Verunreinigung <strong>und</strong> der<br />

Rolle der <strong>Mühlen</strong>- <strong>und</strong> Wasserkraftanlagen im Vergleich nur auf eine ähnliche<br />

Stufe gestellt werden wie das Verhältnis der Be-deutung des Unrataufsammelns zu<br />

den Bemühungen den Schadstoffausstoß <strong>von</strong> Kraftfahrzeugen. Die unmittelbare<br />

praktische Maßnahme verspricht das sichtbare beruhigende Ergebnis, während das<br />

Siechtum real <strong>von</strong> unsichtbaren Quellen genährt wird.<br />

Mangelnde Gr<strong>und</strong>lagenermittlung<br />

Es erscheint in Anbetracht der weitreichenden Vorverurteilung der Querbauwerke<br />

besonders problematisch, daß dieser Zusammenhang nicht durch entsprechend<br />

belastbare Untersuchungen belegt <strong>und</strong> begründet ist. So beziehen sich das Maßnahmenprogramm<br />

<strong>und</strong> der Bewirtschaftungsplan auf eine Gesamtstrecke <strong>von</strong> in<br />

den Maßnahmenprogramm bzw. den Bewirtschaftungsplan einbezogenen 8.412<br />

km Fließstrecke (der WRRL-relevanten Gewässer mit einem Einzugsgebiet > 10<br />

km²). Nach Angaben aus der Dokumentation der "Überwachungsnetze <strong>und</strong> (der,<br />

Anm. d. Verf.) Ergebnisse der Überwachungsprogramme" (Kap. 4.) gründen sich<br />

fischfaunistische Aussagen auf 104 Befischungen aus dem Herbst 2005 <strong>und</strong> auf<br />

385 Befischungen im Herbst 2007 (Kap. 4.1.1.2 - Seite 8), insgesamt also auf 489<br />

Befischungen. Rein statistisch betrachtet leitet die Analyse ihre Ergebnisse <strong>von</strong><br />

einer Befischungsdichte einer Befischung auf 17,2 km Fließstrecke ab. Es bedarf<br />

wohl keiner weiteren Ausführungen zu der Feststellung, daß bei einer solch geringen<br />

Anzahl <strong>von</strong> Befischungen <strong>und</strong> insbesondere ohne eine entsprechende Herleitung<br />

einer etwaigen Indikatorfunktion der ausgewählten Befischungsstrecken keine<br />

verallgemeinerungsfähigen Schlußfolgerungen hinsichtlich des Einflusses <strong>von</strong><br />

Querbauwerken vertretbar sind. Den Urhebern des Bewirtschaftungsplanes ist dies<br />

wohl durchaus bewußt, denn sie stellen dar: "Mit zunehmendem Umfang der<br />

Überwachungsdaten wird die Zuverlässigkeit <strong>und</strong> Genauigkeit der Ergebnisse<br />

ansteigen" (Kap. 4.1.2.1 - Seite 20). Dies ist wohl richtig <strong>und</strong> soll offenbar suggerieren,<br />

daß mit der Anzahl der Untersuchungen auch die Richtigkeit der Analyse<br />

bestätigt wird. Daran muß man jedoch erhebliche Zweifel haben <strong>und</strong> muß man<br />

ebenso einen weiteren Aspekt einer deutlichen Voreingenommenheit bei der Verortung<br />

<strong>von</strong> Wirkungszusammenhängen wahrnehmen. Doch letztendlich kommen -<br />

dessen ungeachtet - in den jeweils ermittelten Arten- <strong>und</strong> Häufigkeitszusammensetzungen<br />

der festgestellten Fischfauna unvermeidbar alle im Bereich der Fließgewässerstrecke<br />

wirksamen Faktoren <strong>zur</strong> Geltung. Die meisten dieser Faktoren<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

werden in den hier betrachteten Unterlagen zwar angesprochen (s.o.), aber die<br />

Wirkungsanalyse bezüglich der jeweiligen Bedeutung für die Fischfauna wurde<br />

nicht erbracht. An dieser Stelle erscheint im Übrigen der Hinweis angezeigt, daß<br />

auch direkte Einflußparameter auf die Fischfauna ohne Würdigung bleiben. Dies<br />

kann im Hinblick auf die <strong>von</strong> manchen Kreisen mitunter schon hysterisch propagierte<br />

Rolle des Kormoran noch als angenehm empf<strong>und</strong>en werden. Daß jedoch der<br />

Aspekt des permanenten Fischbesatzes weder angesprochen, noch analysiert <strong>und</strong><br />

bewertet wird, erscheint schon als erhebliches Defizit der Basisunterlagen <strong>zur</strong><br />

Umsetzung der WRRL, schließlich sind die dadurch ausgelösten Konkurrenz- <strong>und</strong><br />

Verdrängungsmechanismen allgemein bekannt.<br />

Die Gr<strong>und</strong>lagenarbeit zum Maßnahmenprogramm <strong>und</strong> zum Bewirtschaftungsplan<br />

bleiben nicht nur eine hinreichende fischfaunistische Bestandsaufnahme, sondern<br />

insbesondere auch die eindeutige Zuordnung für mögliche Ausfälle oder Bestandsveränderungen<br />

in der Fischfauna den verschiedenen Einflußfaktoren schuldig. Nur<br />

mit entsprechend eindeutiger Feststellung der Wirkzusammenhänge ist auch die<br />

Vorgabe <strong>von</strong> bestimmten Maßnahmen vertretbar <strong>und</strong> nur dann auch ein Erfolg im<br />

Sinne der WRRL denk- bzw. erwartbar. So ist zwar gr<strong>und</strong>sätzlich das Ziel der<br />

Schaffung der Durchgängigkeit der Fließgewässer (z.B. an Wasserkraftanlagen)<br />

anzustreben, jedoch muß es Makulatur bleiben, so lange etwa chemische oder biologische<br />

Belastungen ein Gewässer etwa für Fische unbewohnbar machen.<br />

In diesem Zusammenhang ist weiterhin festzustellen, daß es <strong>zur</strong> Feststellung etwaiger<br />

Wirkzusammenhänge keinesfalls ausreichend ist, die (potentiell) natürliche<br />

Zusammensetzung der Fischfauna zum Maßstab zu machen (Referenzzustand,<br />

Kap. 5.1.1.2 - Seite 2) oder auch nur Leitfischarten zu bestimmen, vielmehr ist<br />

dies an den konkreten Artenausstattung zu bemessen, also durch Befischungsergebnisse<br />

zu unterlegen. Wie bereits vorstehend dargestellt, reichen die bisherigen<br />

Befischungsergebnisse dazu nicht annähernd aus. Somit bleibt im Hinblick auf<br />

den hohen Anspruch <strong>von</strong> Maßnahmenprogramm <strong>und</strong> Bewirtschaftungsplan ein<br />

eher bescheidenes Fazit zu ziehen, daß nämlich die hergeleiteten Schlußfolgerungen<br />

kein wirkliche Gr<strong>und</strong>lage haben, sondern im wesentlichen auf der Basis<br />

<strong>von</strong> Verallgemeinerungen einzelner spezifischer Untersuchungen entstanden sind.<br />

Damit soll wiederum nicht dem Ziel der Herstellung der Durchgängigkeit an<br />

Fließgewässern widersprochen werden, es gilt jedoch für die Umsetzung dieses<br />

Ziels ein rechtes Maß zu finden <strong>und</strong> insbesondere auch in Korrelation zu den<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

gesellschaftlichen Wohlfahrtswirkungen <strong>und</strong> der kulturhistorischen Bedeutung <strong>von</strong><br />

<strong>Mühlen</strong> <strong>und</strong> Wasserkraftwerken zu stellen.<br />

Fehlerhafte Methodik<br />

Demgegenüber lassen die Ergebnisse der "Analyse" in Maßnahmenprogramm <strong>und</strong><br />

Bewirtschaftungsplan unweigerlich den Schluß zu, daß vor allem die Querbauwerke<br />

im Fadenkreuz stehen <strong>und</strong> die Schuldzuweisung ohne spezifische Feststellung<br />

der tatsächlichen Einflüsse an den einzelnen Standorten erfolgt. Somit ist das<br />

kritikwürdige Ergebnis der Gr<strong>und</strong>lagenwerke <strong>zur</strong> Umsetzung der WRRL im Kern<br />

ein fehlerhafter methodischer Ansatz <strong>und</strong> wird zu einem nicht unbeträchtlichen<br />

Teil in der Konsequenz das Defizit an den Fließgewässern auf dem Rücken der<br />

Wasserkraftnutzung ausgetragen.<br />

Die - wie vorstehend gezeigt - fehlerhafte Methodik bei der Bestimmung des tatsächlichen<br />

Einflusses <strong>von</strong> Wanderhindernisse bzw. Querbauwerken stellt die Einstiegspforte<br />

für eine Potenzierung dieser Fehlerquelle dar, da unter der gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

richtigen Annahme, daß "die einzelnen biologischen Qualitätskomponenten<br />

durch verschiedene Umweltfaktoren (z.B. Gewässerstruktur, lineare Durchgängigkeit,<br />

Nährstoffgehalt) unterschiedlich stark beeinflusst werden, ... die Gesamtbewertung<br />

des ökologischen Zustands für einen Wasserkörper gemäß der schlechtesten<br />

erreichten Zustandsklasse" (Kap. 4.1.2.1 - Seite 19) <strong>und</strong> schließlich die Bewertung<br />

des ökologischen Zustands in erster Linie auf der Gr<strong>und</strong>lage der biologischen<br />

Qualitätskomponenten erfolgt (Kap. 5.1.1.2 - Seite 2 <strong>und</strong> Kap. 5.1.3.1 -<br />

Seite 9). Somit bedeutet die falsche schlechte Beurteilung bezüglich des Aspekts<br />

lineare Durchgängigkeit faktisch auch eine schlechte Gesamtbeurteilung hinsichtlich<br />

der biologischen Qualitätskomponenten <strong>und</strong> schließlich auch für den ökologischen<br />

Zustand. Somit muß letztendlich auch das aus dieser Methodik hergeleitete<br />

Gesamtergebnis, daß nur 25 <strong>von</strong> 419 Wasserkörpern (6 %) einen guten Zustand<br />

aufweisen stark angezweifelt werden <strong>und</strong> erscheint die daraus abgeleitete Zielsetzung,<br />

die ca. 26 % in mäßigem Zustand eingestuft Wasserkörper in die Zustandsklasse<br />

guter Zustand zu überführen um dem Anliegen der WRRL Rechnung zu<br />

tragen als (hoffentlich unbeabsichtigte) Täuschung über die wahren Problemfelder<br />

bei der Entwicklung unserer Fließgewässer.<br />

Seite 17


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Falsche Schwerpunktsetzung<br />

Es ist unverständlich (oder doch gerade wieder bezeichnend), daß der Umsetzungsfahrplan<br />

nicht <strong>von</strong> der tatsächlichen Degradation <strong>und</strong> <strong>von</strong> der gewässerchemischen<br />

Belastung unserer Fließgewässer ausgeht wie sie - allerdings recht unscheinbar - in<br />

Kap. 5 "Umweltziele <strong>und</strong> Ausnahmen" des Bewirtschaftungsplans zusammenfassend<br />

dargestellt wird: Danach ist "unverkennbar, "daß mit zunehmender Gewässereinzugsgebietsgröße<br />

die anthropogene Überformung (wohl aufgr<strong>und</strong> des zunehmenden<br />

<strong>Nutzung</strong>sdrucks) zunimmt" <strong>und</strong> an "den Ober- <strong>und</strong> Mittelläufen ... noch<br />

<strong>von</strong> einem Anteil strukturell höherwertiger Gewässerstrecken <strong>von</strong> knapp 30 % auszugehen,<br />

so nimmt diese bei den potamalen Gewässern ... (hierzu gehören auch die<br />

B<strong>und</strong>eswasserstraßen) auf weniger als 5 % ab" (Kap. 5.1.3 - S. 17). Wenn man nun<br />

das 30%-Prinzip für die Festlegung der konkreten Maßnahmen zugr<strong>und</strong>elegt, so<br />

wären in der Tat an den Ober- <strong>und</strong> Mittelläufen kaum Investitionen erforderlich<br />

<strong>und</strong> wäre der Schwerpunkt zweifelsfrei auf die Unterläufe zu lenken. Dies aber ist<br />

ganz offensichtlich politisch nicht gewollt oder wird als politisch nicht durchsetzbar<br />

eingeschätzt. Es bleibt also auch bei der Umsetzung der WRRL mehr oder<br />

weniger bei der schon aus anderen Zusammenhängen bekannten räumlichen Funktionstrennung,<br />

bei der die Ballungsräume ganz offensichtlich ein höheres Maß an<br />

Abweichung vom idealen (guten ökologischen) Zustand zugebilligt bekommen,<br />

während die ländlichen Räume für den Ausgleich herhalten sollen. Dies ist wohl<br />

im Gr<strong>und</strong>satz nicht anders als vor einigen h<strong>und</strong>ert Jahren, mit dem Unterschied,<br />

daß damals die Wasserkraftnutzung dem gesellschaftlichen Interesse entsprach <strong>und</strong><br />

<strong>zur</strong> Schaffung bzw. Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen vorangetrieben<br />

wurde. Heute wird diese Funktion offensichtlich mehr oder weniger in den Hintergr<strong>und</strong><br />

gerückt (s.o.) <strong>und</strong> ihr die Existenzberechtigung mit anscheinend ökologischen<br />

Argumenten abgesprochen, während sich das wirtschaftliche Geschehen gegenwärtig<br />

bedenkenlos um Flughafenerweiterungen, den Ausbau <strong>von</strong> Häfen für<br />

den Welthandel sowie der zusätzlichen Anlage <strong>von</strong> Verkehrswegen rankt <strong>und</strong> inzwischen<br />

sogar offen <strong>und</strong> sukzessive die Aufgabe der Gr<strong>und</strong>lagen für unsere Lebensmittelversorgung<br />

<strong>zur</strong> Aufrechterhaltung unseres mutmaßlichen Wohlstandes<br />

durch die Umwandlung <strong>von</strong> Acker- <strong>und</strong> Grünlandflächen in Produktionsstandorte<br />

für Energiepflanzen das Wort geredet wird.<br />

Wir haben insoweit nicht nur an den vorgelegten Unterlagen <strong>zur</strong> Umsetzung der<br />

WRRL unsere massiven Zweifel, sondern auch an der Richtigkeit des <strong>von</strong> unserer<br />

heutigen Gesellschaft eingeschlagenen Weges in die Zukunft, der ungebremsten<br />

Raubbau zuläßt oder aktiv betreibt <strong>und</strong> diesen mit allerlei ökologischen Deck-<br />

Seite 18


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

mäntelchen beschönigt. Mit dem aus der WRRL hergeleiteten Zugriff auf die<br />

Wasserkraftnutzung besteht nun zudem die große Gefahr, daß im Ergebnis ein<br />

immenses Potential nachhaltig nutzbarer Energie aufgegeben wird. Dies ist gesellschaftspolitisch<br />

nicht hinnehmbar. In diesem Zusammenhang verdient u.E. auch<br />

die Tatsache, daß mit der Wasserkraftnutzung zahlreiche mittelständische Unternehmen<br />

verb<strong>und</strong>en sind gerade in der heutigen Zeit mit wachsender Unsicherheit<br />

hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung <strong>und</strong> steigender Arbeitslosigkeit eine<br />

gebührende Beachtung. Nicht immer kann das Engagement <strong>zur</strong> Unterstützung <strong>von</strong><br />

Wirtschaftsbereichen mit einer in der Summe positiven gesellschaftlichen Leistung<br />

der jeweiligen Unternehmen verb<strong>und</strong>en werden. Im Bereich Wasserkraftnutzung<br />

ist dies jedoch der Fall. Es sollte daher in der Gesamtschau Ziel der Wasserwirtschaftspolitik<br />

sein, die Wasserkraftnutzung im Rahmen einer, im Einzelfall<br />

nachzuweisenden ökologischen Verträglichkeit aufgr<strong>und</strong> ihrer vielfältigen positiven<br />

Funktionen für unsere Gesellschaft zu fördern. Das aktuelle EEG gibt in dieser<br />

Hinsicht richtungsweisende Ansätze, die es weiterzuentwickeln bzw. auszufüllen<br />

gilt.<br />

Wir bedanken uns nochmals für Ihr Interesse an unseren Anregungen <strong>und</strong> würden<br />

uns freuen, den Gedankenaustausch mit Ihnen auch in Zukunft fortsetzen zu können.<br />

Mit fre<strong>und</strong>lichen Grüßen<br />

Jörg Haafke Samuel Mink<br />

Seite 19


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Die Weidmühle in Schotten-Eschenrod<br />

Die letzte <strong>und</strong> älteste <strong>von</strong> ursprünglich drei, an einem gemeinsamen Mühlgraben<br />

des Eichelbaches liegenden <strong>Mühlen</strong> (Die Waidmühlen), im Schottener<br />

Stadtteil Eschenrod, ist die Weidmühle. Urk<strong>und</strong>lich wurde die Weidmühle<br />

erstmals 1823 erwähnt <strong>und</strong> ist seitdem im Familienbesitz. Der letzte<br />

Müller, Erwin Kaiser, hat bis zu seinem Tode 1995 die vierstöckige Mühle<br />

<strong>zur</strong> Getreidevermahlung betrieben. Die jetzigen `Weidmüller` Karin, Anne<br />

<strong>und</strong> Michael Kaiser-Kuss nutzen heute nur noch den alten Steinmahlgang<br />

der Mühle zum Herstellen <strong>von</strong> Futterschrot für die eigenen Schafe.<br />

Angetrieben wird die komplette Mühle durch ein 1928 erbautes oberschlächtiges<br />

Wasserrad (s. Titelbild) mit einem Durchmesser <strong>von</strong> 4 Metern<br />

<strong>und</strong> einer Breite <strong>von</strong> 62 cm. Die Leistung des Rades wird mit 5 PS beschrieben.<br />

Leider ist zum heutigen Zeitpunkt ein Betrieb des Rades nicht<br />

mehr möglich, da durch Verlandung des ca. 400 m langen Mühlgrabens<br />

<strong>und</strong> im Sommer durch das geringe Wasserdargebot des Eichelbaches nicht<br />

genügend Wasser dem Wasserrad zugeführt werden kann. Deshalb wurde<br />

zum Antrieb der Mühle ein zusätzlicher Elektromotor installiert.


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Die technische Einrichtung der Mühle mit Walzenstühlen aus den Jahren<br />

1936 <strong>und</strong> 1953, dem alten Schrotmahlgang, Windfege, Aspirateur Bürstmaschine<br />

<strong>und</strong> Plansichter, Gerinne <strong>und</strong> Fördereinrichtungen <strong>zur</strong> Getreide<br />

<strong>und</strong> Mehlförderung sowie die Antriebsgetriebe aus gusseisernen Zahnrädern<br />

mit Holzkammrädern ist voll funktionsfähig. Ebenso ist, nach Angaben<br />

der Eigentümer eine Rarität, eine amerikanische Graupenschälmaschine<br />

eingebaut.<br />

Läuft man durch die Mühle <strong>und</strong> lässt die Blicke auch in Ecken <strong>und</strong> Winkel<br />

fallen, stößt man auf interessante Kleinigkeiten wie aufgehängte Mehlsäcke<br />

zum Schutz vor Mäusen, Eine <strong>Mühlen</strong>ordnung aus dem 18. Jahrh<strong>und</strong>ert,<br />

alte Anzeigeinstrumente für den elektrische Antrieb, Kannen, Trichter<br />

Truhen, alte Schränke <strong>und</strong> ganz am Rande ein Rezept, welches Erwin<br />

Kaiser zu Lebzeiten an K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> <strong>Mühlen</strong>interessierte verteil hat.<br />

Familie Kaiser-Kuss möchte gerne ihre alte Mühle vor dem Verfall retten<br />

<strong>und</strong> hat Kontakt mit Vereinen <strong>zur</strong> <strong>Nutzung</strong>, zum Beispiel für Konzerte<br />

Foto: Samuel Mink<br />

Foto: Sabine Müller<br />

Seite 21


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

aufgenommen.<br />

Weiterhin<br />

ist die Teilnahme<br />

am<br />

Deutschen<br />

<strong>Mühlen</strong>tag<br />

2010 geplant.<br />

Anregungen<br />

<strong>zur</strong> weiteren<br />

<strong>Nutzung</strong> der<br />

Mühle sind<br />

gerne willkommen.<br />

(sm)<br />

Seite 22<br />

Erwin Kaiser, der letzte<br />

Müller der Weidmühle


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Seite 23


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Das <strong>Mühlen</strong>wehr vor Ober-Ramstadt<br />

In Ober-Ramstadt bestand ein kompliziertes System <strong>von</strong> Modau <strong>und</strong><br />

Mühlgräben. Am ehemaligen Sportplatz, an der Straße nach Nieder<br />

Modau, lag das inzwischen zerstörte <strong>Mühlen</strong>wehr für die Helgertsmühle<br />

<strong>und</strong> die beiden Eichelmannsmühlen.<br />

Seite 24<br />

Die Reste des Absperrschiebers<br />

am Einlauf des Mühlgrabens.


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Wie an allen Wehren, so gab es hier auch einen sog. "Eichpfahl" der die<br />

Stauhöhe der Modau bestimmte <strong>und</strong> damit den Wasserabfluß in den<br />

Mühlgraben. Ursprünglich wurde ein Pfahl im Bachlauf vor dem Wehr eingeschlagen<br />

<strong>und</strong> ein Nagel in seinem oberen Ende bestimmte die Stauhöhe.<br />

Eine Formel lautete: "Eine Fliege, die sich auf dem Nagel niederlässt, darf<br />

ihre Füße nicht mit Wasser benetzen." Willi Potratz hat in einer Zeichnung<br />

dies aufgezeigt.<br />

Da die Eichpfähle im Wasser oft verfaulten oder weggeschwemmt wurden,<br />

bestimmte eine Verordnung <strong>von</strong> 1854, dass sie hochwasserfrei an Land, in<br />

der Nähe des Wehres <strong>und</strong> 40 cm unter der Oberfläche eingelassen werden<br />

sollen. Die Ausführung des Pfahles war genau in einer Zeichnung (s. nächste<br />

Seite) festgelegt.<br />

Eine kupferne Kappe am oberen Ende mit dem "Justiznagel", der Jahreszahl<br />

der Setzung <strong>und</strong> ein eingeschlagenes "G H" (Großherzogtum Hessen)<br />

waren anzubringen.<br />

Seite 25


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Seite 26<br />

1889 schritt man <strong>zur</strong><br />

Setzung eines neuen<br />

Eichpfahles am Wehr vor<br />

Ober-Ramstadt. Das<br />

Protokoll ist vorhanden.<br />

Die betroffenen Müller<br />

wurden alle hinzugezogen:<br />

Jacob Breitwieser I.<br />

<strong>von</strong> der Helgertsmühle,<br />

Karl Breitwieser IV. <strong>von</strong><br />

der Oberen Eichelmannsmühle<br />

<strong>und</strong> Franz<br />

Schneider IV. <strong>von</strong> der<br />

Unteren Eichelmannsmühle,<br />

dazu die Ober<strong>und</strong><br />

Unterlieger:<br />

Heinrich Mathes V. <strong>von</strong><br />

der Neuen Schloßmühle<br />

<strong>und</strong> Ludwig Breitwieser<br />

III. <strong>von</strong> der Hammermühle.<br />

Von staatlicher<br />

Seite waren anwesend:<br />

Grh. Amtmann Dr. Freiherr<br />

<strong>von</strong> Gemmingen,<br />

Grh. Baumeister Kaibel,<br />

Grh. Bürgermeister<br />

Schulz <strong>von</strong> Ober-Ramstadt<br />

<strong>und</strong> die drei Feldgeschworenen<br />

Georg<br />

Breitwieser I., Johannes<br />

Rodenhäuser V., August<br />

Henkel II.<br />

Die freigelegte, ummauerte<br />

Eichpfahlkappe mit der eingeschlagenen<br />

Jahreszahl 1689.


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Der Pfahl wurde 1 m im Quadrat ummauert, sein Mittelpunkt zum Wehr<br />

hin vermessen <strong>und</strong> ein Lageplan angefertigt.<br />

Im Verein für Heimatgeschichte wurde Ende der 80er Jahre beschlossen,<br />

den Eichpfahl zu suchen. Da inzwischen die Wehrkrone zerstört war,<br />

konnte nicht mehr eingemessen werden. Ludwig Rodenhäuser bestimmte<br />

mit einer Wünschelrute den Standort. Bei Nachgrabung an der bezeichneten<br />

Stelle konnte der Eichpfahl in ca. 40 cm Tiefe freigelegt werden.<br />

Bei Streitigkeiten bezgl. der Stauhöhe konnte diese nicht mehr direkt am<br />

Eichpfahl im Wasser abgelesen werden. Die Eichkappe musste freigelegt<br />

werden, vom Pfahl zum Stauwasser eine horizontale Messstrecke gelegt<br />

<strong>und</strong> die Eichnagelhöhe mit dem Wasserspiegel verglichen werden. Beide<br />

mussten auf einer Höhe liegen.<br />

Das Wehr hatte für Ober-Ramstädter <strong>Mühlen</strong> große Bedeutung <strong>und</strong> der<br />

zugehörige Eichpfahl ist ein Dokument der Hessen-Darmstädter Rechtsgeschichte.<br />

(khsch)<br />

Seite 27


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

F<strong>und</strong> einer Trogmühle (Quern) in Lindenfels<br />

Durch einen Zufall erhielt sich im Hof des Baur-Betaz-Hauses, dem alten<br />

Pfarrhof zu Lindenfels, der Bodenstein einer Trogmühle (Quern), die aus<br />

dem Inventar der naheliegenden Burg Lindenfels stammen muss. Dieses<br />

kulturgeschichtlich wertvolle Stück fristete sein Dasein, über Jahrzehnte<br />

unerkannt, als Blumentrog.<br />

Quern war der ursprüngliche Begriff für "Mühle". Die mit Wasserkraft<br />

betriebene Mühle, die seit der Römerzeit bekannt ist, verdrängte in Europa<br />

das <strong>von</strong> Menschenhand betriebene Werkzeug. Als Sonderform der Hand-<br />

Drehmühle entwickelte sich die Trogmühle nach Hörter im Frühmittelalter,<br />

die im heutigen Südhessen jetzt für zwei Burgen nachgewiesen werden<br />

kann. Bei den Grabungen auf Burg Tannenberg (Seeheim-Jugenheim)<br />

<strong>zur</strong> Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurden mehrere Teile <strong>von</strong> etwa gleichen<br />

Handmühlen gef<strong>und</strong>en.<br />

Der Lindenfelser Stein nach der Entdeckung (Foto: H. Reitz)<br />

Seite 28


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Solche Beispiele werden derzeit an der Schwalm durch das Amt für<br />

Straßen- <strong>und</strong> Verkehrswesen Kassel gebaut. (jh)Bei dem Lindenfelser<br />

Stück handelt es sich allerdings nur um den unteren Teil der Trogmühle,<br />

zu der noch ein Läuferstein gehörte, der durch eine Gestängevorrichtung<br />

mit menschlicher Muskelkraft betrieben werden musste. Der Stein besteht<br />

aus Buntsandstein <strong>und</strong> besitzt die geometrische Form einer 8-eckigen<br />

Säule mit einer Höhe <strong>von</strong> 24 cm. Ihr größter Durchmesser ist 55 cm. Die<br />

Trogaussparung für den Läuferstein ist 8,5 cm tief <strong>und</strong> besitzt einen<br />

Durchmesser <strong>von</strong> 37,5 cm mit einer leicht aufgerauhten, planen Gr<strong>und</strong>fläche.<br />

Im Zentrum der unteren Mahlfläche befindet sich eine Vertiefung,<br />

die offenbar einmal einen Stift für die Lagerung des Läufersteines aufnahm,<br />

der leider verloren gegangen ist. Bei kleineren Trogmühlen wurde<br />

bisweilen auf eine zentrierende Achse verzichtet. In der Zeichnung ist links<br />

die Ausführung der Ausflussöffnung für das Mahlgut (Schrot) dargestellt,<br />

die auf der Außenfläche durch eine Gesichtsmaske verziert ist. (hr)<br />

oben:<br />

Schnitt durch die Trogmühle<br />

unten:<br />

Gr<strong>und</strong>riss<br />

(Zeichnung: H. Reitz)<br />

Seite 29


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Wie man sich die Situation auf einer<br />

mittelalterlichen Burg (Kemenate -<br />

Küche ?) vorstellen kann, zeigt die<br />

Abbildung, die noch 1850 dem Ausgräber<br />

<strong>von</strong> Burg Tannenberg im<br />

Original vorlag.<br />

Seite 30


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Abwässer verändern Geschlecht bei Fischen<br />

Eine Studie über Fische in den USA liefert schockierende Erkenntnisse zu<br />

den Folgen <strong>von</strong> Gewässerverschmutzung. Verschiedene Chemikalien führen<br />

offenbar dazu, daß bestimmte Arten ihr Geschlecht wechseln.<br />

Biologen des Columbia Environmental Research Centers entdeckten einem<br />

bericht der „Süddeutschen Zeitung“ <strong>von</strong> Anfang September 2009 zufolge<br />

männliche Fische, in deren Hoden weibliche Eier gewachsen waren. Von<br />

dem Phänomen sind besonders die Schwarzbarsche betroffen. Jedes dritte<br />

männliche Exemplar weist bei dieser Fischart weibliche Merkale auf. Bei<br />

den Forellenbarschen ist es jedes fünfte Tier.<br />

Untersuchungsleiterin Jo Ellen Hinck ist sich sicher: Mit Chemikalien verseuchte<br />

Abwässer sind eine Hauptursache für die teilweise Geschlechtsumwandlung<br />

bei den Barschen. Allerdings vermutet die Wissenschaftlerin,<br />

„ daß es an unterschiedlichen Standorten verschiedene Gründe für die Geschlechtsumwandlung<br />

gibt“.<br />

Die Biologen haben an verschiedenen Abschnitten des Mississippi <strong>und</strong> des<br />

Colorado, sowie an sieben weiteren Flüssen Fische aus dem Gewässer entnommen<br />

<strong>und</strong> untersucht. Substanzen in den Abwässern, die erwiesenemaßen<br />

das Geschlecht der Fische verändern können, sind Pestizide, Hormone<br />

wie sie mit der Antibabypille verabreicht werden, Schwermetalle <strong>und</strong> Reste<br />

<strong>von</strong> Shampoos oder Waschmitteln.<br />

Allerdings gibt es wahrscheinlich weitere Ursachen für das Wachsen weiblicher<br />

Eier in den männlichen Tieren, die noch gar nicht bekannt sind. So<br />

fanden die Forscher im Yampa River, einem Nebenfluss des Colorado,<br />

besonders viele verweiblichte Männchen, obwohl sie dort keine der bekannten<br />

gefährlicheren Substanzen nachweisen konnten. (jh)<br />

Seite 31


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Die Umsetzung der<br />

europäischen<br />

Wasserrahmen-<br />

Richtlinie WRRL<br />

unter dem Einfluß<br />

industrieller<br />

Interessen ...<br />

Seite 32


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Voll im Trend:<br />

Fischpässe an Wasserkraft<strong>und</strong><br />

Wehranlagen<br />

Derzeit entstehen angeregt durch die Aussicht<br />

auf eine höhere Einspeisevergütung an<br />

vielen Wasserkraftwerken <strong>und</strong> Wehranlagen<br />

neue Fischaufstiegsanlagen. Dabei kommt es<br />

vor allem auf die Anordnung der Umleitungsstrecke<br />

für die wandernden Fische in den<br />

Hauptstrom an, an dem sich die Fische orientieren.<br />

An der Lahn in Marburg ist am Afföller Wehr<br />

ein Fischpass entstanden, der gleichzeitig<br />

auch <strong>von</strong> Kanuten genutzt werden kann.<br />

Ein Blick auf den Lageplan dieses Borstenfischpasses<br />

(Seite 35) allein gibt keinen Aufschluß,<br />

da nicht bekannt ist, wie sich die<br />

Wassermengen auf den Mühlgraben <strong>und</strong> die<br />

alte Mutterlaufstrecke verteilen. Die Müller<br />

<strong>und</strong> Wasserkraftbetreiber wissen jedoch, daß<br />

in der Regel die größte Wassermenge im<br />

Betriebsgraben verbleibt <strong>und</strong> daher die<br />

Fische im Vertrauen auf ihr Orientierungsprinzip<br />

an der Einmündung des Mutterlaufes<br />

„vorbeischwimmen“ <strong>und</strong> unweigerlich <strong>zur</strong><br />

Mühle bzw. <strong>zur</strong> Wasserkraftanlage gelangen.<br />

Sofern dort nicht ebenfalls eine Umgehung<br />

für den Fischwechsel angeboten wird, bleibt<br />

der Fischpaß an der Wehranlage zumeist<br />

weitgehend funktionslos.<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Ökologische Verbesserung am Fließgewässer<br />

durch Fischaufstiegsanlagen:<br />

Der Teufel steckt im Detail<br />

Das <strong>Mühlen</strong>wehr in Rommershausen soll eine Fischtreppe erhalten - als<br />

Ausgleichsmaßnahme im Zuge des Baus der Autobahn A 49. Im Rahmen<br />

eines Ortstermins am 19.11.2009, erläuterten Vertreter des Amtes für<br />

Straßen- <strong>und</strong> Verkehrswesen (ASV Kassel), des Regierungspräsidiums<br />

Kassel <strong>und</strong> des Planungsbüros die näheren Einzelheiten der Planung. Die<br />

Schwalm hat im Bereich der Rommershäuser Mühle einen mittleren Abfluß<br />

<strong>von</strong> ca. 4,6 cbm pro Sek<strong>und</strong>e <strong>und</strong> die Wasserkraftanlage der Mühle<br />

derzeit eine Ausbauleistung <strong>von</strong> ca. 2,8 cbm pro Sek<strong>und</strong>e. Die Maßnahme<br />

<strong>zur</strong> ökologischen Verbesserung besteht nun aus zwei Elementen:<br />

Zum Einen soll eine ca. 50 m lange Rampe entstehen, auf der <strong>von</strong> der<br />

Wehrkrone aus Wasser über eine flach geneigte Rampe in die heutige<br />

Nebenstrecke des früheren Schwalmbogens geleitet wird. Diese Rampe<br />

wird mit einem Abfluß <strong>von</strong> ca. 350 Liter pro Sek<strong>und</strong>e beaufschlagt, um den<br />

Fischen das nötige Wasservolumen mit einer Wassertiefe <strong>von</strong> ca. 40 cm<br />

<strong>und</strong> am Auslauf der Rampenstrecke die nötige Lockströmung zu verschaffen.<br />

Zum Anderen soll am heutigen Zusammenfluß des früheren Schwalmbogens<br />

mit dem heutigen, zum Betrieb der <strong>Mühlen</strong>anlage begradigten<br />

Hauptstrom durch seitliche Buhnen im Bereich des Niedrigwasserspiegels<br />

eine düsenartige Strömung erzielt werden, die den aufwandernden Fischen<br />

den Weg in den Schwalmbogen <strong>und</strong> damit in Richtung auf die Fischtreppe<br />

an der Wehranlage weisen soll. Die Anordnung einer direkten Umgehung<br />

des <strong>Mühlen</strong>gebäudes wurde wegen der schwierigen baulichen Situation<br />

verworfen. Soweit das Konzept.<br />

Nun stellt sich die Frage, kann das Konzept aufgehen? Werden die Fische<br />

die Wanderhilfe finden? Wird mithin die angestrebte Durchgängigkeit im<br />

Fließgewässer für die wandernden Fischarten erreicht? Nach den einschlägigen<br />

Planungsvorgaben für den Bau <strong>von</strong> Fischaufstiegsanlagen muß deren<br />

Funktionsfähigkeit über 300 Tage im Jahr gegeben sein. Lediglich Niedrigwasser-<br />

<strong>und</strong> Hochwasserabflüsse bleiben dabei außerhalb der Betrachtung.<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Wandernde Fische orientieren<br />

sich auf dem Weg zu ihren Laichplätzen<br />

insbesondere an der<br />

Strömung. Die fließende Welle<br />

verspricht ihnen auch in der weiteren<br />

Wanderstrecke ausreichende<br />

Lebensbedingungen. Daher<br />

findet die Wanderung vor allem<br />

im Einflußbereich des Hauptstromes<br />

<strong>und</strong> zumeist im Außenbogen<br />

der Gewässer statt. Nebengewässer<br />

mit geringerer Wasserführung<br />

werden <strong>von</strong> einigen<br />

Arten - etwa <strong>von</strong> der Forelle -<br />

lediglich als Laichgewässer aufgesucht.<br />

Da der Hauptabfluß der Gewässer<br />

aus nachvollziehbaren Gründen<br />

der Wirtschaftlichkeit des<br />

<strong>Mühlen</strong>betriebes über den größten<br />

Teil des Jahres durch den<br />

Betriebsgraben der Mühle geleitet<br />

wird, findet sich die Hauptströmung<br />

unvermeidbar im Anschluß<br />

an die Turbinenanlage der<br />

Mühle. Im früheren Schwalmbogen<br />

an der Rommershäuser Mühle verbleiben lediglich das sogenannte<br />

Mindestwasser <strong>zur</strong> Aufrechterhaltung des Fischlebens sowie der Hochwasserabfluß.<br />

Die seitens des ASV für die Anlage Rommershausen vorgesehene Konzeption<br />

wird aufgr<strong>und</strong> dieser Bedingungen die wandernden Fische daher<br />

nur bei Abflußsituationen in Richtung Fischtreppe leiten, die unter dem<br />

Niveau des Niedrigwasserabflusses liegen oder die mehr als die doppelte<br />

Wassermenge der Turbinenauslegung umfassen. Somit werden die wandernden<br />

Fische nur an nicht einmal 100 Tagen im Jahr aufgr<strong>und</strong> der<br />

Strömungsverhältnisse in den früheren Schwalmbogen gelenkt.<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Da der Einstieg in die Fischtreppe dort zudem etwa 50 m vom Wehrfuß<br />

entfernt sein wird <strong>und</strong> hier bei den Hochwasserabflüssen nun wiederum<br />

die dominierende Wassermenge über das Wehr abfließt, besteht keine<br />

Gewähr, daß die Fische die geplante Aufstiegshilfe annehmen. Vielmehr<br />

werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit bis zum Fuß des Wehres<br />

schwimmen <strong>und</strong> dort - wie bisher - nach einer geeigneten Strömung<br />

suchen, die sie das Hindernis überwinden läßt.<br />

In der Quintessenz muß die Befürchtung geäußert werden, daß die hier<br />

vorgelegte Konzeption <strong>zur</strong> Herstellung der Durchgängigkeit im Fließgewässer<br />

ihren fachlichen Anforderungen nicht gerecht wird.<br />

Dieser Sachverhalt ist gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>von</strong> öffentlichem Interesse, da nicht<br />

nur das Ziel der ökologischen Verbesserung der Fließgewässer im Fokus<br />

steht, sondern durch eine solche ökologische Modernisierung einer Wasserkraftanlage<br />

auch nach Maßgabe des Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />

(EEG) Anspruch auf eine höhere Vergütung des erzeugten Stromes besteht.<br />

Da die Finanzierung der Mehrvergütung aus einer Umlage allen<br />

Strombeziehern auferlegt wird, ist faktisch jeder Stromkonsument mit seiner<br />

Jahresrechnung anteilig an der Finanzierung der Mehrvergütung beteiligt.<br />

Derzeit schüren die Energieversorgungsunternehmen den öffentlichen<br />

Protest an den Strompreiserhöhungen zum 1.1.2010 unter Hinweis auf die<br />

steigenden Umlagenanteile <strong>zur</strong> Finanzierung der EEG-Mehrvergütungen<br />

(insbesondere aus Photovoltaikanlagen).<br />

Wasserkraftbetreiber, die eine solche Anlage selbst errichten, wissen, daß<br />

die zuständigen Behörden für die Ausgestaltung der Fischwanderhilfen<br />

sehr dezidierte <strong>und</strong> nicht selten kostenträchtige Anforderungen entwikkeln,<br />

um die größtmögliche Funktionsfähigkeit zu erreichen.<br />

Kernelement ist dabei gr<strong>und</strong>sätzlich die Umgehung der Turbinenanlage<br />

auf kürzest möglichem Wege, um die Fische eben "dort abholen" zu können,<br />

wo sie bei ihren Wanderungen unweigerlich zum Stehen kommen,<br />

nämlich wenige Meter unterhalb der Turbinenanlage.<br />

Im vorliegenden Fall wurde die Maßnahme als naturschutzrechtliche<br />

Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahme im Rahmen des Baus der Autobahn A<br />

49 deklariert. Der obligatorische Anspruch auf die Mehrvergütung des privaten<br />

Wasserkraftbetreibers wurde hier quasi staatlich kapitalisiert <strong>und</strong><br />

damit anteilig der Eingriff durch den Bau <strong>und</strong> den Betrieb der Autobahn<br />

pekuniär abgegolten.<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

In diesem Zusammenhang ist aus gegebenem Anlaß auch darauf hinzuweisen,<br />

daß es zwar eine europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gibt,<br />

die den guten Zustand aller Gewässer bis Ende 2015 anstrebt <strong>und</strong> auch die<br />

Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit darin besonderes Augenmerk<br />

erlangt. Jedoch besteht nach dem derzeit geltenden Recht dazu keine<br />

Verpflichtung. Eine solche Verpflichtung würde im Übrigen auch der Möglichkeit<br />

widersprechen, die Maßnahme als naturschutzrechtliche Ausgleichs-<br />

oder Ersatzmaßnahme anzuerkennen. Außerdem steht in Fragen<br />

der ökologischen Durchgängigkeit keinesfalls die Kommune automatisch<br />

im Fokus, sondern der jeweilige Betreiber der <strong>Mühlen</strong>anlage.<br />

Nun ist es - dessen ungeachtet - hinsichtlich der fachlichen Anerkennung<br />

<strong>von</strong> Ausgleichs- <strong>und</strong> Ersatzmaßnahmen erforderlich, daß die ökologischen<br />

Ausgleichswirkungen tatsächlich erreicht werden müssen. Die zuständigen<br />

Naturschutzbehörden prüfen berechtigtermaßen, ob die Zielsetzungen der<br />

jeweiligen Maßnahmen nach einer angemessenen Entwicklungszeit erfüllt<br />

werden. Schon heute kann allein aufgr<strong>und</strong> der unsachgemäßen Konzeption<br />

der Fischaufstiegsanlage am Wehr Rommershausen festgestellt werden,<br />

daß die angegebenen Zielsetzungen nicht erreicht werden.<br />

Zwar wird für die Dorfkinder eine attraktive Wasserspielstrecke unmittelbar<br />

am Wegesrand entstehen, den Fischen jedoch wird jene keine Hilfe<br />

sein. Damit kann der Maßnahme nach dem billigen Ermessen keinesfalls<br />

der Status einer Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme mit dem vollständigen<br />

Bilanzvolumen zuteil werden. In der Weiterführung dieses Gedankens muß<br />

somit letztendlich auch die Ausgleichsbilanz des Autobahnbauvorhabens<br />

überprüft <strong>und</strong> notwendigerweise erwartet werden, daß eine entsprechende<br />

zusätzliche Kompensation nachträglich nachgewiesen werden muß.<br />

Fischwanderhilfen werden üblicherweise nach ihren Baukosten bewertet.<br />

Nach Angabe der Planunterlagen aus dem Jahr 2003 war die Fischwanderhilfe<br />

Rommershausen mit etwa 120.000 € Baukosten veranschlagt. Bei<br />

einem Umrechnungsfaktor <strong>von</strong> 0,35 € je Ökopunkt-Äquivalent ergibt sich<br />

damit aufgr<strong>und</strong> der mangelnden Eignung der geplanten Fischwanderhilfe<br />

Rommershausen ein Ausgleichsdefizit in der Größenordnung <strong>von</strong> 350.000<br />

Ökopunkten.<br />

Da die Maßnahme letztendlich Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses<br />

für den betreffenden Bauabschnitt der Autobahn A 49 ist gilt es letztendlich<br />

sogar zu prüfen, ob nicht sogar die Rechtsbeständigkeit dieser<br />

"Baugenehmigung" infragezustellen ist. (jh)<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Die Wembacher Mühle<br />

1672 ließ Landgraf Ludwig VI., unterhalb der heute zugeschütteten Teiche,<br />

eine Mühle errichten, die Pfannen- oder Spitzmühle. Artillerieleutnant<br />

Haaß hat 1804 in einer Karte die Mühle unterhalb der beiden Teiche eingezeichnet.<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Pfarrer Konrad Kalenberg, 1650 - 1696 in Oberramstadt, berichtet im<br />

Kirchenbuch: "Anno 1670 hat Landgraf Ludwig VI. den Hof Wembach,<br />

welcher <strong>zur</strong> Pfarr Oberramstadt gehörig, angefangen zu einer Fürstl.<br />

Lustwohnung aus<strong>zur</strong>ichten. Der daselbst befindliche große Teich ist Anno.<br />

1669 <strong>und</strong> folgende Jahre gemacht worden".<br />

Der Pfarrer in Oberramstadt verlor dadurch 1/3 des Zehnden an Heu, <strong>von</strong><br />

20 Morgen.<br />

Pfarrer Kalenberg berichtet weiter: "Anno 1672 ist unter dem itzt gemelten<br />

Teich zu Wembach noch ein anderer großer Teich angefangen <strong>und</strong> eine<br />

schöne newe Mühl, die Pfannenmühl genannt, daran gebauet worden,<br />

womit dann abermahl dieser Pfarr ein gut Stück zum dritten Theil zehendbarer<br />

Wiesen abgegangen".<br />

Da keine nähere Beschreibung vorliegt, kann nur vermutet werden, wie<br />

diese Mühle aussah.<br />

Die Deutsche Mühle dieser Zeit (s. Abbildung nächste Seite) besaß pro<br />

Steinmahlgang ein Wasserrad, in Wembach oberschlächtig, da die Mühle<br />

tief unter dem Damm lag.<br />

Im Flurbuch <strong>von</strong> 1796 werden die Gebäude beschrieben: "Wohnhaus <strong>und</strong><br />

Mühle unter 1 Dach. Scheuer mit Stallgebäude, 6 große Schweinställe<br />

unter 2 Dächern. 1 Backbodenhütte". Dazu gehören 832 Ruthen Wiese <strong>und</strong><br />

225 Ruthen Ackerland.<br />

1730 heiratete die Tochter des <strong>Mühlen</strong>besitzers Heinrich Schellman, F.<br />

Charlotte * 1739 Wembach + 1801 Wembach, den Georg Caspar Knell *<br />

1706 Nieder Modau + 1772 Wembach. Nächster Besitzer ist Johannes<br />

Knell * 1737 Wembach + 1803 Wembach, oo 1757 mit Elisabeth Rebecca<br />

Kraft + 1739 Wembach + 1801 Wembach. Ihr Sohn Johann Georg Knell<br />

* 1759 Wembach + 1819 Wembach oo 1787 Marie Elisabetha Nort * 1764<br />

Oberramstadt<br />

+ 1828 Wembach. Die Eheleute verkaufen 1790 sämtliche in Oberramstadt<br />

liegende Flurstücke an die Schwester der Ehefrau Anna Dorothea<br />

Nortin. Der Kaufbrief ist erhalten:<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Wasser kommt durch die Rinne a auf das Wasserrad b). Das Getriebe,<br />

Kammrad d <strong>und</strong> Stockrad e, bestand gänzlich aus Holz. Aus Eisen war<br />

nur das Mühleisen f <strong>und</strong> die Haue j (Mitnehmer). Die Mühlsteine aus<br />

Odenwälder Sandstein waren der Bodenstein h <strong>und</strong> der drehende Stein i<br />

(Läufer). Das Getreide wurde vom Trichter o über den Rüttler p den<br />

Steinen zugeführt <strong>und</strong> zwischen diesen zermahlen. Das Mahlgut rieselt<br />

über das Mehlrohr in den Schwingbeutel, durch welchen das feine Mehl in<br />

den Kasten u fällt. Das grobere, noch nicht zermahlene Gut wird im<br />

Abredder nochmals durchgesiebt <strong>und</strong> die Kleie fällt in den Kasten darunter.<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Erbbeständer zu Ende des 17. Jh. war Heinrich Schellmann * 1663 - + 1726<br />

in Wembach, oo NN Anna Felicitas * 1670 - + 1747 Wembach. Hans Peter<br />

Weber * 1669 - + 1711 Wembach, oo NN Anna Regina Margarete. 2. oo<br />

Ww, Agatha Daab * Erlau + NN. Weber wird ebenfalls im Kirchenbuch als<br />

Müller in Wembach bezeichnet, war vermutlich Mühlbursche in der<br />

Mühle.<br />

1715 beklagen sich die Waldenser über den Müller, er würde zu viel Vieh<br />

halten <strong>und</strong> seine Mahlgäste übervorteilen. Nun ist auch zu verstehen, dass<br />

Pfarrer Jakob Moutoux den Müller Johann Georg Oberndörffer <strong>von</strong> der<br />

Oberen Mühle in Ober Modau mit einem Kredit unterstützte beim Aufbau<br />

seiner Mühle. 1745 bei der Aufstellung eines Rohrbacher Inventariums<br />

wirkt auch Schreinermeister Johann Georg Oberndörffer <strong>von</strong> der Oberen<br />

Mühle mit.<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

1832 übernimmt Johann Bernhard die Erbleihe an, für Mühle in Wembach,<br />

die nun Spitzmühle genannt wird. Die beiden Teiche werden trocken<br />

gelegt, vermutlich wegen des geplanten Straßenbaus nach Großbieberau.<br />

Die Mühle wird zum Abbruch an Georg Storck aus Habitzheim verkauft,<br />

der 1832 Elisabeth Bert geheiratet hatte. Sie bauten eine Gaststätte "Zum<br />

Storck" in der Neugass, heute Schloßstraße 6. Sie nahmen eine Sandsteinplatte<br />

mit Beschriftung <strong>von</strong> der Mühle mit, die sie in der Scheune einbauten<br />

(s. vorherige Seite). Es ist ein sog. Chronogramm. Die Inschrift lautet:<br />

DER BAVWMEIM LESER VNBEKAND<br />

WIRD HIER DIE Pfannen MÜHL GENAND<br />

GOTT SCHÜETZE SIE VOR FEUER<br />

VND BRAND<br />

Die großen Buchstaben sind römische Zahlen.<br />

D = 500, V = 5, W gleichgesetzt mit X = 10,<br />

L = 50, V = 5, I = 1, M = 1000, C = 100<br />

Die römische Zahl Lautet: MDCLXV - VII = 1665 - 7.<br />

Also Erbauungszeit 1665 - 67.<br />

Hier scheint ein fürstlicher Baumeister beteiligt gewesen zu sein. (khsch)<br />

Verwendete Literatur:<br />

Gevert. "Glaube <strong>und</strong> Heimat" 1937<br />

Haas'sche Karte 1804<br />

Jüttemann, Herbert. "Schwarzwaldmühlen" 1985<br />

Kiefner, Theo. "Die Waldenser auf ihrem Weg……" Bd. 3<br />

Köhler, Brigitte. "Der Odenwald" H. 2, 2009<br />

Köhler, Diethart. "Deutsche Familien in Rohrbach, Wembach, Hahn 1700 - 1800<br />

Lantelme, Peter Georg. "Die Geschichte der Waldensergemeinden Rohrbach,<br />

Wembach, Hahn 1950<br />

Reitz, Heinz. Datensammlung<br />

Kaufbrief Knell - Nort 1790<br />

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Neue Bücher<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Mehlsäcke - Modisches aus altem Leinen<br />

Als Leserin eines "Lifestyle-Magazins", das Lust aufs Landleben wecken<br />

will, stieß ich bei der Lektüre neulich auf einen Bericht über Anke Neuhaus<br />

aus dem thüringischen Treffurt. Ihre originellen Ideen <strong>zur</strong> Weiterverwendung<br />

ausgedienter Mehlsäcke wurden vorgestellt. Die direkte Nachbarschaft<br />

unseres Wohnplatzes zum Städtchen an der Werra lud gerade dazu<br />

ein, die Werkstatt einmal aufzusuchen.<br />

Vor Ort sind die verarbeiteten Stücke in einem eigenen Ausstellungsraum<br />

zu bew<strong>und</strong>ern. Die gelernte Schneidermeisterin fertigt vor allem Damen-<br />

Jaketts <strong>und</strong> Herren-Westen aus dem traditionellen Sackleinen des Müllerhandwerks<br />

an. Die<br />

typischen Aufdrucke<br />

der Säcke werden in<br />

den Kleidungsstücken<br />

<strong>zur</strong> Geltung gebracht<br />

<strong>und</strong> dabei den Trägern<br />

auf den Leib geschnitten.<br />

Jedes Stück<br />

ist also ein Unikat<br />

<strong>und</strong> trägt mit dem<br />

historischen Namen<br />

seine ganz eigene<br />

Geschichte. So fand<br />

ich auf der gefertigten<br />

Kleidung unter anderem<br />

folgende <strong>Mühlen</strong><br />

<strong>und</strong> deren Besitzer:<br />

Adolf Höhn aus Unterwohlsbach<br />

(1915),<br />

Christine Hoffmann<br />

<strong>und</strong> Heinrich Iffert,<br />

beide aus Rhörda, A.<br />

Karl aus Schnellmannshausen<br />

sowie<br />

H. Rott aus Wette-<br />

Foto: Felicita Sojka<br />

born (1891).<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Neben der Bekleidung werden auch Taschen aus dem Werkstoff angefertigt.<br />

Im Laden sind drei verschiedene Größen erhältlich. Nach Wunsch<br />

können die vorhandenen Modelle den individuellen Ansprüchen angepasst<br />

werden oder auch ganz eigene Kreationen erstellt werden.<br />

Gern gesehen ist das Mitbringen der eigenen Mehlsäcke <strong>zur</strong> Weiterverarbeitung<br />

- dies ist jedoch keine Voraussetzung. Aber auch der Ankauf<br />

selbst stellt einen Teil des Geschäfts dar. Der Preis richtet sich nach der<br />

Beschaffenheit des Leinens <strong>und</strong> möglichen Besonderheiten des Aufdrucks.<br />

Die Idee <strong>zur</strong> kreativen Umnutzung der Mehlsäcke kam durch den Beruf<br />

der Mutter <strong>von</strong> Anke Neuhaus. Des Öfteren brachten K<strong>und</strong>en Mehlsäcke<br />

<strong>zur</strong> Umarbeitung zu der Siebdruckerin. Ihre Tochter empfand das Kulturgut<br />

"Mehlsack" zu schade für die Bedruckung, da diese meist eine Unkenntlichmachung<br />

der ursprünglichen Aufschriften <strong>zur</strong> Folge hatte.<br />

Mittlerweile ist ihre Werkstatt eine wahre F<strong>und</strong>grube für diese selten<br />

gewordenen Schätze.<br />

Die Siebdruckerei wird weiterhin betrieben <strong>und</strong> mit immer neuen Mustern<br />

bereichert. So lässt sich in Treffurt allerlei bedruckte Leinenware finden,<br />

die <strong>von</strong> rustikaler bis sehr feiner Struktur <strong>und</strong> Beschaffenheit ist. (fs)<br />

Wem der Weg zu weit ist, kann sich auch im Internet informieren:<br />

Foto: Felicita Sojka<br />

Anke Neuhaus<br />

Burgstieg 3<br />

99830 Treffurt<br />

T: 036923/82561<br />

info@anke-neuhaus.de<br />

www.kunststoffatelier.de<br />

Öffnungszeiten<br />

Mo-Fr 10:00- 18:00<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Wissen über <strong>Mühlen</strong> in Niestetal gefragt<br />

Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

im Internet fand ich Ihre sehr informative Homepage. Dazu hätte ich eine<br />

Frage:<br />

Unser Geschichtsverein Niestetal beschäftigt sich <strong>zur</strong> Zeit mit der Erforschung<br />

der drei <strong>Mühlen</strong>, die es hier in den beiden Orten der Gemeinde<br />

gab. In Sandershausen gab es die "Sandershäuser Mühle" <strong>und</strong> in Heiligenrode<br />

die "Klemmsche Mühle" <strong>und</strong> die "Paulsche Mühle". Außerdem soll es<br />

im Gut Windhausen noch eine Rossmühle gegeben haben. Bis jetzt haben<br />

wir noch nicht sehr viel zusammen getragen, die Angaben aus den Chroniken<br />

<strong>und</strong> aus alten Zeitungen, aus dem Lagerstück- <strong>und</strong> Steuerbuch <strong>von</strong><br />

1746 <strong>und</strong> aus einem Urbar <strong>von</strong> 1366 (Murhardsche Bibliothek Kassel).<br />

Sollte Ihnen irgendetwas über unsere ehemaligen<strong>Mühlen</strong> bekannt sein,<br />

oder Sie uns evtl. mit Literaturangaben helfen können, wären wir Ihnen<br />

außerordentlich dankbar.<br />

Mit fre<strong>und</strong>lichen Grüßen<br />

Monika Nicolaus<br />

Opferhof 14<br />

34266 Niestetal<br />

eMail: monika@w-nicolaus.de<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Gute Nachrichten - Schlechte Nachrichten:<br />

Der Hessische <strong>Landesverein</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erhaltung</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mühlen</strong> durfte unlängst<br />

den Gewinner-Preis im Rahmen des Fotowettbewerbes<br />

„Hessen hat was“ stellen.<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Die andere Nachricht (unten) ist weniger<br />

erfreulich. Nach langem Hin <strong>und</strong> Her hat<br />

sich die Gemeinde Reichensachsen nun<br />

endgültig <strong>und</strong> per Bürgerentscheid durchgerungen,<br />

die Obermühle nicht im Rahmen<br />

des Programms „Stadtumbau in<br />

Hessen“ zu sanieren. Damit ist auch die<br />

Option für den HLM geplatzt, dort ein zentrales<br />

Archiv ein<strong>zur</strong>ichten. (jh)<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Das HLM-<strong>Mühlen</strong>archiv nimmt Formen an<br />

Auf 30 Regalmetern konnten mittlerweile Ordner, Konstruktionszeichnungen,<br />

Zeitschriften <strong>und</strong> Bücher aus ganz Hessen für<br />

das Archiv des HLM gesammelt werden. Provisorisch ist das<br />

Archiv derzeit in der Mäusemühle in Rambach untergebracht<br />

(s. <strong>Mühlen</strong>gickel Mai 2008).<br />

Während der Reinigungsarbeiten an dem<br />

zusammengetragenen Material konnte<br />

im letzten Jahr nur eine grob orientierende<br />

Sichtung vorgenommen werden.<br />

Eine übergeordnete Sortierung in<br />

Themen ergab sich nicht <strong>von</strong> allein.<br />

Ein Großteil der Akten entstammt den<br />

Überresten aus der Frankfurter<br />

Geschäftstelle der Hessischen<br />

Müllerinnung. Die knapp bemessenen<br />

Finanzen in der Zeit<br />

vor deren Auflösung 2002<br />

zeigen sich heute in prallst<br />

gefüllten Ordnern. Nur mit<br />

Mühe findet dann so ein<br />

Inhalt Platz in zwei neuen<br />

Ordnern.<br />

Für die Sichtung allein der<br />

250 Ordner fanden sich an<br />

einem Wochenende in diesem<br />

Spätsommer K.-H.<br />

Schanz, Samuel Mink <strong>und</strong><br />

Sabine Müller bei Peter<br />

Heidler im Werraland ein.<br />

Unter dem sachk<strong>und</strong>igen<br />

Blick des "Altmeisters"<br />

K.-H. Schanz stellte sich<br />

überraschend zügig eine Foto: Sabine Müller<br />

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<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Foto: Sabine Müller<br />

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Ordnung unter dem Aktengetümmel aus bald 100<br />

Jahren her. Eine große Hilfe war dabei Sabine<br />

Müllers dem Archiv übergebener Laptop.<br />

So entstand eine Katalogisierung in bisher<br />

19 Gruppen. Den umfangstärksten Bereich<br />

mit 97 Ordnern stellt dabei natürlich der<br />

Schriftverkehr des Hessischen Müllerb<strong>und</strong>es<br />

dar. Aber auch die technischen<br />

Unterlagen aus dem Nachlass <strong>von</strong> Ottwill<br />

Knauff bilden einen erheblichen Anteil<br />

an unserer bisherigen Sammlung. Die<br />

weitere Sichtung dieser<br />

Gruppen führte dann zu<br />

einer Archivierung in<br />

insgesamt 63 Themenbereiche.<br />

Bislang führt<br />

eine farbige Punktekombination<br />

auf den<br />

Ordnerrücken zu<br />

einem Auffinden<br />

der einzelnen<br />

Themen.


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

eine Katalogisierung<br />

Dank weitreichender Kontakte <strong>von</strong> K.-H. Schanz konnte für das Archiv ein<br />

Planschrank für DIN A0 akquiriert werden. Dort sind nun Zeichnungen,<br />

alte <strong>Mühlen</strong>tagsplakate <strong>und</strong> <strong>Mühlen</strong>kalender gelagert ebenso wie neues<br />

Plakat- <strong>und</strong> Flyermaterial des Vereins. Schon vor dem Treffen hatten<br />

Schanzens den Schrank <strong>zur</strong> Mäusemühle gebracht. Am Arbeitwochenende<br />

konnte das Schwergewicht dann im Archiv untergebracht <strong>und</strong> bestückt<br />

werden.<br />

Ebenfalls im F<strong>und</strong>us befinden sich zunehmend Anschauungsstücke wie<br />

Reibsteine <strong>und</strong> Handmühlen. Die momentane Archivarbeit befasst sich mit<br />

dem Inventarisieren der vorgef<strong>und</strong>enen Zeitschriften. Es handelt sich dabei<br />

um „Die Mühle“ (seit 1965: „Die Mühle + Mischfuttertechnik“), „Deutsche<br />

Müllerzeitung“, „Die Müllerei“, „<strong>Mühlen</strong>kurzpost“ <strong>und</strong> „Wassertriebwerk“.<br />

Es existieren jeweils nur wenige Exemplare pro Jahrgang, hier ist<br />

also ein großes Betätigungsfeld für unsere Mitgliedschaft. Wir brauchen<br />

deren Hilfe unbedingt bei unserem ehrgeizigen Ziel <strong>zur</strong> Vervollständigung<br />

der einzelnen Jahrgänge <strong>und</strong> ihrer Einbindung. Sollten also entbehrbare<br />

Exemplare der genannten<br />

Zeitschriften im Besitz<br />

unserer Leser sein,<br />

ist eine Weitergabe an<br />

das Archiv gern gesehen.<br />

Das Scheitern der Unterbringung<br />

unserer<br />

Sammlung in Rahmen<br />

des im November gekipptenMuseumskonzepts<br />

Obermühle in<br />

Reichensachsen eröffnet<br />

nun neu die Frage einer<br />

Standortsuche. Bis zu<br />

einer Lösung wird unser<br />

Schatz weiter am Segelbach<br />

gehütet. (pm)<br />

Foto: Felicita Sojka<br />

Seite 57


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Mehlkiste <strong>und</strong> Beutelkasten<br />

suchen neue Eigentümer<br />

Info bei K.-H. Schanz<br />

Telefon: 06151-147116<br />

Seite 58


<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen aus dem HLM Dezember 2009<br />

Impressum<br />

<strong>Mühlen</strong>gickel - Mitteilungen des Hessischen <strong>Landesverein</strong>s<br />

<strong>zur</strong> <strong>Erhaltung</strong> <strong>und</strong> <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mühlen</strong> (HLM) e.V.<br />

Ausgabe Dezember 2009<br />

Untermühle - Müllerweg 39<br />

35410 Hungen<br />

www.hessischermuehlenverein.de<br />

mit Beiträgen <strong>von</strong><br />

Felicitia Sojka (fs), Heinz Reitz (hr), Monika Nikolaus (mn),<br />

Samuel Mink (sm), Herbert Jack (hj), Peter Heidler (pm), Jörg Haafke (jh)<br />

Autor des Titelbildes: Samuel Mink<br />

Autor des Rückenbildes: Michael Kaiser-Kuss<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in<br />

jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder.<br />

Redaktionsschluss: 13.12.2009<br />

v.i.S.d.P.: Jörg Haafke<br />

Hungen, im Dezember 2009<br />

Unser Spendenkonto:<br />

Konto 220 032 59 bei der Sparkasse Darmstadt (BLZ 508 501 50)<br />

Seite 59


Frohe Weihnachten <strong>und</strong> ein<br />

gutes neues Jahr 2010!

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