Beschwerde des | naturschutzbund nö | beim UVS
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auf den Schutz bzw. die Wiederherstellung von Ökosystemen und Ökosystemleistungen sowie eine<br />
nachhaltigere Land- und Forstwirtschaft.<br />
In Zeiten länger werdender Roter Listen und einem beängstigenden Verlust an Biodiversität, wobei die<br />
Erkenntnisse, die bereits seit 1979 zu normativen Festlegungen führten (Berner Konvention, EU-<br />
Vogelschutzrichtlinie), keine Verbesserungen der Situation erbringen, weil die nationalen Behörden, wie<br />
im aktuellen Fall, mit allen Mitteln eine Anwendung geltenden Rechts unterbinden, kann einzig die umgehende<br />
Wiederherstellung der Lebensräume als zeitgemäß angesehen werden.<br />
Dass in Bezug auf die Moorlebensräume Wiederherstellungen und nicht Entwässerungen zeitgemäß<br />
sind, zeigt das schon seit Jahren andauernde Engagement der Österreichischen Bun<strong>des</strong>forste (siehe<br />
beispielsweise WWF Österreich (Hrsg. 2003): Aktiv für Moore – Schutz und Renaturierung österreichischer<br />
Moore, Projekt-Broschüre zu den Renaturierungsprojekten in Kooperation mit den ÖBf, 28 S.,<br />
Download: http://www.bun<strong>des</strong>tforste.at/uploads/tx_pdforder/Moorbroschuere-fin.pdf).<br />
Wenn der größte Forstbetrieb Österreichs Renaturierungen von Moorlebensräumen vornimmt, zeigt<br />
dies deutlich, wie eine zeitgemäße Forstbewirtschaftung zu betreiben ist. Mehr als 13 Jahre nach Beginn<br />
der Renaturierungsmaßnahmen können Behörden und Amtssachverständige zerstörerische Eingriffe<br />
in die europaweit zu den gefährdetsten Lebensräumen zählenden Moore keinesfalls als zeitgemäß<br />
deklarieren.<br />
2. Gemeinschaftsrechtswidrige Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie im NÖ<br />
Umwelthaftungsgesetz<br />
§ 4 Z. 1 NÖ UHG definiert den Begriff Umweltschaden, nämlich die Schädigung von geschützten Arten<br />
und natürlichen Lebensräumen (lit. a) sowie <strong>des</strong> Bodens (lit. b) und legt fest, dass negative Auswirkungen<br />
durch die im Gesetz näher definierte Tätigkeiten, die zuvor bewilligt wurden, nicht zu berücksichtigen<br />
sind. Im letzten Absatz <strong>des</strong> § 4 Z. 1 NÖ UHG ist normiert: „Als genehmigt gilt auch die zeitgemäße<br />
und nachhaltige land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Liegenschaften“.<br />
Folglich nimmt der Gesetzgeber sämtliche negativen Auswirkungen, die durch eine „zeitgemäße“ und<br />
„nachhaltige“ Land- und Forstwirtschaft entstehen, generell aus der Umwelthaftung. In Anhang 2 NÖ<br />
UHG bekräftigt der Gesetzgeber weiter, dass nachteilige Auswirkungen, die im Rahmen zeitgemäßer<br />
und nachhaltiger land- und forstwirtschaftlicher Nutzung von Liegenschaften als normal anzusehen sind,<br />
nicht als erheblich einzustufen sind.<br />
Eine Definition, was unter einer zeitgemäßen und nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses<br />
Gesetzes zu verstehen ist, unterließ der Gesetzgeber und ermöglicht den Behörden und Sachverständigen<br />
eine willkürliche Einschätzung.<br />
Wie aus dem in der gegenständlichen Mitteilung wiedergegebenen Gutachten <strong>des</strong> Sachverständigen<br />
sowie aus der Behördenentscheidung zu entnehmen ist, wird selbst die Entwässerung von prioritär zu<br />
schützenden Moorlebensräumen, die Auflagerung von mineralischem Material auf Moorböden sowie die<br />
exzessive Entnahme von für die Schutzgüter essentiellen Altholz, Totholz und Nährgehölze, Balz- und<br />
Schlafbäume, Bäume mit Deckung im Bodenbereich etc. (als Brut- und Aufzuchtstätten sowie Nahrungsgrundlage)<br />
in Natura 2000-Gebieten als „nachhaltig“ und „zeitgemäß“ eingeordnet.<br />
Folglich beabsichtigt der Gesetzgeber, nachteilige Auswirkungen auf die geschützten Arten und Lebensräume<br />
durch eine wie auch immer geartete land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit als normal anzusehen<br />
sowie als nicht erheblich einzustufen und somit generell land- und forstwirtschaftlich tätige Betriebe von<br />
der Umwelthaftung zu befreien.<br />
Ausnahmeregelungen für bestimmte Berufsgruppen sieht die Umwelthaftungsrichtlinie jedoch nicht vor.<br />
Vielmehr definiert Artikel 3 Abs. 1, dass die Richtlinie für alle beruflichen Tätigkeiten Gültigkeit hat. Somit<br />
sind Regelungen, die bestimmte berufliche Tätigkeiten von der Umwelthaftung ausschließen, gemeinschaftsrechtswidrig.<br />
Die rechtswidrige Umsetzung <strong>des</strong> Gemeinschaftsrechts in der niederösterreichischen Gesetzgebung<br />
wiegt umso schwerer, als der Gesetzgeber die beiden beruflichen Tätigkeiten – nämlich die Land- und<br />
Forstwirtschaft – privilegiert, die für den größten Teil <strong>des</strong> Biodiversitätsverlusts verantwortlich sind und<br />
die den überwiegenden Teil <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> nutzen (EU-weit rund 72 % der Landfläche).<br />
In einer ähnlich gelagerten gemeinschaftrechtswidrigen Umsetzung in Deutschland – dort war in Bezug<br />
auf die FFH-Richtlinie im Bun<strong>des</strong>naturschutzgesetz eine ordnungsgemäße land-, forst- und fischereiwirtschaftliche<br />
Bodennutzung generell nicht als Eingriff in Natur und Landschaft anzusehen –, kam es<br />
zu einer Verurteilung durch den EuGH (Urteil in der Rechtssache C-98/03).<br />
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