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Ausgabe vom 06.09.2013 (pdf, 3378KB) - Riesa

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<strong>Riesa</strong>er. <strong>Ausgabe</strong> Nr. 35/2013 <strong>vom</strong> 6. September 2013<br />

Besser als sein Ruf!<br />

Über Image, Trends und reale Wirklichkeit <strong>vom</strong> Wohnen im Plattenbau<br />

Begehrte Neubauten<br />

Es ist der 24. Januar 1979 – für<br />

Roswitha und Rainer Triems ein<br />

denkwürdiger Tag. An diesem<br />

Mittwoch erhielt das junge Paar<br />

im damaligen Haus der Stahlwerker<br />

die Schlüssel für eine der<br />

60 erst kürzlich fertiggestellten<br />

Wohnungen in der Bahnhofstraße<br />

23 (damals Straße der<br />

Deutsch-Sowjetischen-Freundschaft).<br />

„Gleich am nächsten<br />

Tag haben wir alles für den Umzug<br />

in die Wege geleitet“, erinnert<br />

sich Frau Triems. Die junge<br />

Familie mit zwei Kindern gehörte<br />

damit zu einem begrenzten<br />

Kreis glücklicher Mieter, die von<br />

nun an den Komfort der Zentralheizung,<br />

eines Bades mit Wanne<br />

und WC, eines Balkons sowie eines<br />

Aufzugs genießen durften.<br />

Gratis dazu gab es noch den<br />

wunderbaren Ausblick über die<br />

Dächer der Stadt. In Zeiten von<br />

Wohnungsmangel und unzumutbarer<br />

Ausstattung des Altbestandes<br />

wurden die Neubauwohnungen<br />

schon vor ihrer Fertigstellung<br />

für viele <strong>Riesa</strong>er zum<br />

Objekt der Begierde. Das kann<br />

auch Roswitha Triems bestätigen:<br />

„Die Freude war sehr groß,<br />

als uns das Wohnungsamt mittelte,<br />

dass wir für eine 3-Raum-<br />

Wohnung in der Bahnhofstraße<br />

vorgesehen waren. Mit zwei<br />

kleinen Kindern hausten wir vorher<br />

auf engstem Raum in einer<br />

Wohnung auf der Friedrich-List-<br />

Straße mit Ofenheizung. Die<br />

neue Wohnung mit einem großen<br />

Kinderzimmer war für uns<br />

wie das Paradies.“<br />

Auch heute, mehr als 30 Jahre<br />

später, wohnt Frau Triems immer<br />

noch gern in ihrer 80 m²<br />

großen Wohnung: „An einen<br />

Auszug habe ich in der ganzen<br />

Zeit nie gedacht, ich fühle mich<br />

hier wohl und die zentrale Lage<br />

ist einfach ideal.“ Rückblickend<br />

auf so viel „Wohnkonstanz“ in<br />

einem sich so intensiv verändernden<br />

Umfeld meint die nette<br />

Ruheständlerin, dass sich in ihrer<br />

persönlichen Wahrnehmung<br />

lediglich der Zusammenhalt in<br />

der Hausgemeinschaft verändert<br />

hat.<br />

Das kann auch die ehemalige<br />

Hausverwalterin Kerstin Hoffmann<br />

und frühere Bewohnerin<br />

des Hauses bestätigen: „Das<br />

Miteinander zu damaligen Zeiten<br />

war wirklich einmalig. Ich<br />

kann mich noch erinnern, wie<br />

meine Eltern gemeinsam mit<br />

anderen Mitbewohnern Kellergänge<br />

und die Glasfronten der<br />

Treppenhäuser gesäubert haben.“<br />

Diese Form der Nachbarschaftshilfe<br />

gibt es heute meist<br />

nur noch unter den alteingesessenen<br />

Mietern, dafür aber sehr<br />

ausgeprägt. „Frau Triems zum<br />

Beispiel hat bis vor kurzem für<br />

eine schwer erkrankte Nachbarin<br />

regelmäßig Mittagessen zubereitet“,<br />

weiß Kerstin Hoffmann.<br />

Herausforderung:<br />

Wohnungsleerstand<br />

Mit der Bevölkerungsentwicklung<br />

nach der Wende änderte<br />

sich allmählich auch die Nachfrage<br />

nach Wohnraum. Der<br />

Leerstand erreichte in vereinzelten<br />

Objekten der Bahnhofstraße<br />

knapp 20 Prozent. Für Roland<br />

Ledwa, seit 1997 WGR-Geschäftsführer,<br />

bestand dringender<br />

Handlungsbedarf in Bezug<br />

auf das innerstädtische Wohnquartier.<br />

„Hierbei galt es, die<br />

veränderten Wohnbedürfnisse<br />

bei der Planung zu berücksichtigen<br />

und dennoch wirtschaftlich<br />

zu sanieren. Dem Wunsch nach<br />

individuellem Wohnraum zu<br />

entsprechen, war sicherlich eine<br />

der größten Herausforderungen“,<br />

erklärt er. Denn nicht zuletzt<br />

bewirkten gerade die standardisierten<br />

Grundrisse bei der<br />

industriellen Plattenbauweise<br />

die Ökonomie und Effizienz in<br />

der Herstellung und Montage.<br />

Insbesondere bei der im Jahr<br />

2000 abgeschlossenen Sanierung<br />

der Bahnhofstraße 12 bis<br />

34 gelang es dem Unternehmen,<br />

das Wohnungsangebot für Mieter<br />

mit gehobenen Ansprüchen<br />

zu erweitern, indem teilweise<br />

das Dach abgetragen und u. a.<br />

13 Penthouse-Wohnungen mit<br />

Elbblick entstanden sind. Durch<br />

den Anbau separater Balkontürme<br />

konnten zudem die Küchen<br />

vergrößert und mehr Wohnkomfort<br />

erzielt werden. Ein<br />

Glücksfall für den Vermietungsservice<br />

im Unternehmen, dessen<br />

Anfragen für das besagte<br />

Objekt wieder sprunghaft in die<br />

Höhe schossen. Auch wenn es<br />

aufgrund des für <strong>Riesa</strong>er Verhältnisse<br />

neuartigen Begriffes<br />

der Penthouse-Wohnungen gelegentlich<br />

zu Verständnisschwierigkeiten<br />

kam, was sich z.<br />

B. darin äußerte, dass es ambitionierte<br />

Mietinteressenten gab,<br />

die sich nach einer „Pentagon“-<br />

Wohnung erkundigten. Doch<br />

auch jene Mieter wohnen nun<br />

seit über einem Jahrzehnt zufrieden<br />

in einer Wohnung des<br />

Objekttyps „WBS 70“.<br />

Insgesamt konnte der strukturelle<br />

Leerstand mit dem Umbau<br />

auf null reduziert werden. Vis-àvis<br />

zeichnet sich seit einiger Zeit<br />

ebenfalls wieder ein erfreulich<br />

positiver Nachfragetrend ab.<br />

Mietinteressenten unterschiedlichsten<br />

Alters wollen die Vorzüge<br />

des zentralen Wohnens genießen.<br />

Auch hier haben sich die<br />

Anstrengungen der Wohnungsgesellschaft<br />

bezahlt gemacht.<br />

Unaufhörlich haben sich die Mitarbeiter<br />

mit dem Wohnungsbestand<br />

in den markanten Häusern<br />

auseinandergesetzt und immer<br />

wieder neue Einrichtungsideen,<br />

speziell für Bad und Küche, umgesetzt.<br />

Neue Wohnkonzepte,<br />

angefangen <strong>vom</strong> jungen Wohnen<br />

im amerikanischen Stil mit<br />

offener Wohnküche, Tresen und<br />

LED-Deckenhinterleuchtung, bis<br />

hin zum altersgerechten Wohnen<br />

mit kleinen Alltagshilfen für<br />

Senioren, haben die Mus-terwohnungen<br />

das Image der Uniformiertheit<br />

längst widerlegt.<br />

Allgemein ist jedoch festzustellen,<br />

dass dem Plattenbau häufig<br />

ein schlechter Ruf vorauseilt.<br />

Warum? „Diese Tatsache ist sicherlich<br />

auch zum Teil der anfänglichen<br />

Berichterstattung in<br />

den Medien geschuldet“, meint<br />

Roland Ledwa. „Viel zu oft wurde<br />

von Großsiedlungen mit sozialen<br />

Problemen berichtet und<br />

die Wohngebiete als trist und<br />

grau stigmatisiert. Das 1978 erschienene<br />

Buch ,Wir Kinder <strong>vom</strong><br />

Bahnhof Zoo’, das die Situation<br />

drogenabhängiger Kinder und<br />

Jugendlicher im Berliner Bezirk<br />

Neukölln schildert, erweckte<br />

noch mehr das Bild von Hochhaussiedlungen<br />

als soziale<br />

Brennpunkte.“ In einem Bericht<br />

der Sächsischen Zeitung <strong>vom</strong><br />

21. Juli bekräftigte auch Axel<br />

Viehweger, Präsident des Verbandes<br />

sächsischer Wohnungsgenossenschaften:<br />

„Das Image<br />

der Platte wurde gezielt kaputt<br />

gemacht.“ Dabei gab es in <strong>Riesa</strong><br />

bezogen auf die soziale Herkunft<br />

der Mieter keine Probleme<br />

– die Mieterklientel war stets<br />

ausgewogen. Hier wohnte der<br />

Arbeiter neben dem Akademiker,<br />

und auch heute noch wohnen<br />

Menschen unterschiedlichsten<br />

Bildungsstandes direkt<br />

nebeneinander.<br />

SEITE 4<br />

A M T S B L A T T D E R G R O S S E N K R E I S S T A D T R I E S A

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