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Berliner Leben: Zeitschrift für Schönheit und Kunst

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Badereisen.<br />

Skizze von Dora Duncker.<br />

Ganz leise tröpfelte der Regen, er f ·1 unhörbar auf<br />

das schmale Trottoir der Stras~e im jstlichen Berlin.<br />

Er löschte den Staub, der den Tag über aufgewühlt<br />

worden war, er wusch die ' beiden Büsche rein, die<br />

drüben im echten Maigrün in dem schmalen Gartenstreif<br />

vor dem Schulgebäude standen.<br />

Es war ziemlich still in der kleinen Strasse um diese<br />

einfallende Dämmerzeit, die sich zugleich mit dem leise<br />

niedergehenden Regen wie ein feiner grauer Schleier<br />

um die in Stil <strong>und</strong> Ansehen sehr verschieden gearteten<br />

Häuser legte.<br />

Da gab es noch niedrige mit schiefem Dach <strong>und</strong><br />

langem engen Torwege ' von der Strasse her, aus dem<br />

uralten Berlin. Oa gab es Himmelsstürmer mit geschmacklos<br />

ornamentierten fassaden, die während der<br />

Bauwut der Gründerzeit entstanden sind. Da gab es<br />

ein paar hübsche, mit bemerkenswerter Schlichtheit neu<br />

aufgebaute Häuser, deren ganzes Aussehen von Solidität<br />

<strong>und</strong> Wohlhabenheit zu reden schien.<br />

Dem Schulgebäude grade gegenüber stand ein<br />

solches Haus, schmuck <strong>und</strong> ansehnlich, <strong>und</strong> dicht<br />

neben ihm lehnte sich ein uralter Kasten, grau, schief<br />

<strong>und</strong> baufällig gegen seine solide Mauer, als ob er dort<br />

Schutz <strong>und</strong> Halt suchen müsse, vor dem allzujähen<br />

Verfall.<br />

Aus seinem tiefen, schluchtartigen Torweg, in dem<br />

immer eine feuchtkellrige Luft wehte, trat ein alternder<br />

Mann in leicht gebückter Haltung: Er rieb die vom<br />

langen Nähen müden Augen <strong>und</strong> sah ein Weilchen,<br />

noch halb im Torweg stehend, in den grauen Abend<br />

hinaus.<br />

Dann erst trat er auf das Strassertpflaster <strong>und</strong> blieb<br />

ein paar Augenblicke barhaupt im Regen ' stehen.<br />

Nachdenklich rieb er die kurze abgestumpfte Nase,<br />

schüttelte ein paar Mal den grauen . Kopf, <strong>und</strong> schickte<br />

sich an, wieder in den dunklen Torweg zurückzugehen,<br />

als ihn eine helle gutmütige Stimme beim .Namen rief.<br />

Es war die Stimme seines Nachbarn, des dic~en<br />

Kollke von nebenan, der siehs in der noblen Livree<br />

seines Bankhauses unter dem Schutzdach des Nebeneingangs<br />

bequem gemacht hatte.<br />

Der Dicke bot dem kleinen Schneider den zweiten<br />

leeren Strohstuhl an . .<br />

"Platzen Sie sich doch ein bischen, Herr. fabian,"<br />

sagte der Bankportier, mit einer einladenden Bewegung<br />

auf den leeren Stuhl, "Sie werden ja' auch wohl feierabend<br />

gemacht haben?"<br />

Der Schneider schüttelte den' grauen Kopf <strong>und</strong><br />

setzte sieh, scheu an seiner schäbigen Kleidung herabsehend,<br />

auf die äusserste Kante des Stuhls.<br />

"Das ist nicht an dem, Herr Kollke. feierabend<br />

um achten, dass kann ich mir nicht mehr vergönnen,"<br />

meinte er trübselig.<br />

Lulu Russel,<br />

kalifornisehe Sängerin (Apollo-Theater, Berlin).<br />

Der andere legte ihm gutmütig die breite fette<br />

Hand auf die Schulter.<br />

"WO fehlts denn, fabian?"<br />

Der Schneider rieb wiederum die Nase <strong>und</strong> sah<br />

mit seinen trüben Augen starr ins Graue hinaus.<br />

"Die frau, Herr Kollke, die frau! Es steht ja woll<br />

schon lange nicht mehr zum besten mit ihr. Die Gicht<br />

plagt sie, dass sie manchmal vor Schmerzen laut schreit,<br />

<strong>und</strong> mit dem Herzen hat sie 's auch. Der Doktor<br />

sagt: lieber heut als morgen ins Bad mit ihr, wenn sie<br />

wieder werden soll. Aber woher nehmen? Mit der<br />

K<strong>und</strong>schaft stehts faul. Alle paar Monate weniger zu<br />

tun, oder ville mehr weniger zu verdienen. Am zu<br />

wenigen Schuften liegt 's nicht. Aber die Warenhäuser,<br />

<strong>und</strong> all der andere feftije Klimbim I Verdenken<br />

kann mans ja gross keinem! Wenn er billig <strong>und</strong> bequem<br />

zu seine fertige Kluft kommen kann, wozu denn<br />

erst zu 'n kleinen Schneider gehn? Auf die Solidität<br />

kommts ja den Leuten heutzutage nich mehr an. Bloss<br />

dass 's von aussen SchiCK <strong>und</strong> Pli hat, <strong>und</strong> das verstehn<br />

se ja woll besser in die grossen Warenhäuser<br />

a~s wie bei unserein."<br />

"Na, <strong>und</strong> die Kinder, Herr fabian? Wenn's mit<br />

der Mutter so schlecht steht <strong>und</strong> sie ins Bad soll, da<br />

wärs ja sozusagen' die Pflicht, von ihre Mädchens<br />

mit 'n Sparjroschen 'rauszurücken."<br />

Der kleine Schneider rieb heftiger seine Nase.<br />

"Dass ich nicht lache! Wo denken Sie hin, Herr<br />

Nachbar! Seit wenn wirft Weissnähen <strong>und</strong> Maschinenschreiben<br />

'n Sparjroschen ab? Die Mädchens zahlen<br />

zu de Wohnung <strong>und</strong> 's Essen. Und wenn se sich<br />

denn noch anständig kleiden, dann hats jeschnappt,<br />

Herr Kollke."<br />

"So, hm!"<br />

Der Dicke warf einen mitleidigen Blick auf den'<br />

klei.nen sorgenvollen Schneider. Einen Blick, der zu<br />

sagen schien: Du tust mir Leid, aber- im Gr<strong>und</strong>e verdienst<br />

Du's nicht besser. .<br />

"Dann also wirds woll nichts werden mit de frau<br />

ihre Badereise, fabian?"<br />

Der Kleine schüttelte trübselig den Kopf <strong>und</strong> blickte<br />

in den immer noch leise rinnenden Regen.<br />

Dann besann er sich darauf, dass er anstandshalber<br />

die Teilnahme des Bankportiers mit gleicher Münze<br />

würde zahlen müssen . .<br />

"Und darf man fragen, Herr Kollke, wie's mit die<br />

werte familie Ihrerseits steht?"<br />

Ueber das breite Gesicht des andern ging ein<br />

Schmunzeln. '<br />

"Danke der Nachfrage Herr fabian. Die jüngste,<br />

die Milli, die hust' ein bischen, <strong>und</strong> soll nach Ems<br />

machen. Da hat der junge Herr jemeint e,s _wär' nur<br />

seine Pflicht <strong>und</strong> Schuldig~eit von· wejen meine alte<br />

Di~nertreue, <strong>und</strong> die Anhänglichkeit von meine janze<br />

familie. dass er die Milli die Badereise stift', <strong>und</strong> nar·,l-.<br />

her de Nachkur in de Schweiz, wo der junge Herr de Milli<br />

ja dann besuchen will. Und ' die Ael,tste, die fanni,<br />

na <strong>für</strong> die is ja voll ausjesorgt den Sommer <strong>und</strong> länger<br />

<strong>für</strong> Baqereisen <strong>und</strong> so drum <strong>und</strong> dran. Nach Ostende<br />

jeht se mit ihren fre<strong>und</strong>, <strong>und</strong> dann nach Paris <strong>und</strong><br />

Italien."<br />

Der Dicke kniff die Augen in dem fetten roten Gesicht<br />

ein wenig ein <strong>und</strong> sah angelegentlich über den<br />

Strassendamm, auf die andere Seite der Strasse, auf<br />

der mit raschelndem froufrou hochgehobener Seidenröcke,<br />

eine junge schlanke Blondine sichtbar ward.<br />

"Na wahrhaftig, mein Häsecken, kommt ihren alten<br />

Vater besuchen!" rief Kollke von seinem Stroh stuhl<br />

aufspringend.<br />

"Ein jutes 'Kind Herr fabian, das keinen Stolz nich<br />

kennt, <strong>und</strong> bloss Liebe <strong>und</strong> Dankbarkeit, <strong>und</strong> alle<br />

Tage 'n Sparjroschen <strong>für</strong> seinen alten Vater übrig hat."<br />

Triumphierend sah der Dicke sich nach dem. kleinen<br />

Schneider um.<br />

Der aber war längst ausser Hörweite.<br />

1


Er schritt bereits durch den ' inzwischen<br />

noch dunkler gewordenen<br />

Torweg auf den engen Hof zu, auf<br />

dem im schiefen Quergebäude seine<br />

Dreizimmerwohnung lag.<br />

Noch auf der Treppe hörte er<br />

das Stöhnen <strong>und</strong> Aechzen seiner<br />

armen schmerzgeplagten frau, <strong>und</strong><br />

hinter sich die müden Schritte seiner<br />

abgerackerten Mädchen.<br />

Da blieb er auf dem obersten<br />

Treppenabsatz stehn, rieb nachdenklich<br />

die zu kurze abgestumpfte Nase<br />

<strong>und</strong> dachte angelegentlich über den<br />

Wert von Tugend <strong>und</strong> ehrenhaften<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen nach.<br />

Der blöde J6na.<br />

Aus dem Böhmischen des lan Neruda, übersetzt von H. Trochlil.<br />

Der blöde J6na *) war wie geschaffen zum Spass <strong>für</strong> die<br />

ausgelassene Strassenjllgend. 18 Jahre zählte er, sah aber<br />

aus wie ein Kind von 12 Jahren. Wenn er von der Hökerin<br />

oder vom Kaufmann,. wohin die Mutter ihn zu schicken<br />

pflegte -- weiter traute er sich nicht - nach Hause schlich,<br />

sprangen die bösen Jungen. um ihn herum <strong>und</strong> schrieen:<br />

,;J6na, Du Narr, J6na!" Er achtete nicht darauf, schlich<br />

langsam vorwärts <strong>und</strong> atmete tief <strong>und</strong> schwer; manchmal<br />

nur stolperte er, als könnten die dürren Beine den schwächlichen<br />

Körper nicht mehr tragen. Wenn sie ihn den Weg<br />

verstellten <strong>und</strong> den Armen hin <strong>und</strong> her stiessen, wandte er<br />

das starre Wachsgesicht ihnen zu <strong>und</strong> aus dem Auge blickte<br />

eine· furchtsame frage. Einen Augenblick stand er still <strong>und</strong><br />

regungslos, dann erzitterte sein Körper wie im fieberschauer<br />

<strong>und</strong> er suchte seinen Peinigern rechts oder' links auszuweichenl.<br />

"J6na, J6na", schrieen diese in ihrem Gassenjungen<br />

Jargon, sein Zittern bemerkend. Niemals wehrte er sich.<br />

Zu Hause gab er das Geholte ab <strong>und</strong> setzte sich still<br />

zum Ofen.<br />

. "Komm Hänschen, komm, setze Dich zu mir", redete ihm<br />

s'eine um ein Jahr ältere Schwester, ein schlankes, blondlockiges<br />

Kind zu <strong>und</strong> legte ihre Näharbeit. weg.<br />

~; fhangsamnsehlepptttl_er den Schemel zu ihren füssen. Sie<br />

lehnte' sein krankes Haupt ,in ihren ·Schoss. Er schluchzte,<br />

dass ihm das Herz zu brechen drohte; sie streichelte ihm die<br />

Wange <strong>und</strong>· suchte ihn zu beruhigen. Helle Tränen standen<br />

ihr dabei iil den Augen.<br />

' ) Hans.<br />

Professor C.uno von Uechtritz t<br />

Chef des Geheimen Zi vil-Kabinetts<br />

Wirk!. Geh. Rat Dr. von Lucanus t<br />

,.Ich bin kein Narr, nicht wahr?"<br />

flüsterte er ängstlich; die schwache<br />

Stimme zitterte.<br />

"Nein, das weisst Du ja, Du hast<br />

Verstand, Hänschen, lass sie nur<br />

reden !"<br />

"Und Du hast mich lieb, nicht<br />

wahr, <strong>und</strong> ich bin kein Narr!" <strong>und</strong><br />

über das Antlitz des Blödsinnigen<br />

glitt ein seliges Lächeln.<br />

"Nimm Deine Geige <strong>und</strong> spiele."<br />

"Soll ich wieder das Kratzen anhören?<br />

Er kann doch Abends auf<br />

dem Dache spielen, wenn er spielen<br />

will", zankte gewöhnlich die Mutter.<br />

J6na blieb still <strong>und</strong> verfolgte nur<br />

mit grösster Aufmerksamkeit jede,<br />

selbst die kleinste Bewegung seiner<br />

Schwester.<br />

Die Mutter <strong>und</strong> der Bruder liebten<br />

ihn nicht, er hatte nur seine Marinka,<br />

an die er sich denn auch mit der<br />

Professor Walter Leistikow t<br />

ganzen Leidenschaftlichkeit seines<br />

schwachen Geistes klammerte. -<br />

In der Nachbarschaft erzählte man,<br />

J6na besitze eine Gottesgabe ; so wie<br />

er, könne Niemand auf der Geige<br />

spielen, trotzdem er keinen Lehrer gehabt. Nur "Stücke"<br />

könne er nicht spielen <strong>und</strong> sein Geigenspiel sei ebenso<br />

w<strong>und</strong>erlich, ebenso närrisch, wie er. - J6na wohnte in demselben<br />

Hause, wo . auch ich meine Kinderjahre verlebte. Er<br />

kannte mich <strong>und</strong> nickte mir, wenn wir uns begegneten,<br />

fre<strong>und</strong>lich lächelnd zu. Trotz meinem damaligen Knabenübermute<br />

tat ich dem armen J6na niemals weh. Sein Wachsgesicht<br />

hatte <strong>für</strong> mich eine eigentümliche Weihe. Meine<br />

jugendliche Phantasie erblickte in diesem Gesicht eine nicht<br />

wegzuleugnende Aehnlichkeit mit den gelblichen, durchsichtigen<br />

Totengesichtern auf vielen unserer Altäre.<br />

Es war Samstag. Ein später Sommerabend hüllte Alles<br />

rings umher in ein w<strong>und</strong>erbares Kleid. Am tiefblauen Himmel<br />

schimmerten die Sterne <strong>und</strong> zwischen ihnen in voller Pracht<br />

der Mond, seinen Silberschein über den Strom, das Häusermeer<br />

<strong>und</strong> die gespenstisch emporragenden Kirchenkuppeln<br />

ergiessend.<br />

Nach dem Geräusch des Tages war allmählich in den<br />

Häusern Stille eingetreten. Die Dienstboten, welche nach<br />

getaner Arbeit im Hofe zu plaudern pflegten, hatten bereits<br />

ihr Lager aufgesucht.<br />

Nur auf einem Balkon der dritten Etage sassen zwei junge<br />

Leute, ein Mädchen <strong>und</strong> ein Mann, in traulichem Gespräch.<br />

Es waren Verlobte; am nächsten Tage sollte die Hochzeit<br />

stattfinden. Die Braut war Marinka, des blöden J6na<br />

Schwester, der Bräutigam ein junger, angeblich sehr geschickter<br />

Maschinenschlosser in einer Karolinenthaler fabrik.<br />

Er sollte nächstens in einer fabrik auf dem Lande . mit<br />

grösserem Gehalt eintreten, deshalb beeilte man sich mit der<br />

Hochzeit. - Lange schon sassen die Verlobten hier. Als


3<br />

noch <strong>Leben</strong> im Hause herrschte, flüsterten sie nur,<br />

als scheuten sie die Aussenwelt; nun es stille geworden<br />

war, sprachen sie lauter, als wollten sie die feierlichstille<br />

Nacht zum Zeugen ihres Glücke~ ihrer Schwüre<br />

<strong>und</strong> Pläne anrufen. Es muss eine un ~ nnbare Wonne<br />

sein, welche die glücklich Liebenden unmittelbar vor<br />

dem ewigen Bündnis durchschauert.<br />

Nur ein Mensch in ihrer Nähe sprach seine Gedanken<br />

lauter noch aus, als sie selbst, störte sie aber<br />

dadurch nicht. Die Gedanken, die er aussprach, waren<br />

nicht so hell, so goldig strahlend; es waren elegische<br />

'herzrührende Laute, welche in ein einziges traurig<br />

phantastisches Lied austönten. Dieses Lied sang der<br />

blöde Jona. Doch nicht alls seiner schwachen Brust;<br />

er hatte eine andere Sprache, um seinen träumerischen<br />

Gefühlen Ausdruck zu geben <strong>und</strong> man verstand diese<br />

Sprache sofort, wenn seine bleichen finger die<br />

vibrierende Saite stärker oder schwächer drückten,<br />

wenn sein Bogen bald lang gezogene, mächtige, bald<br />

wieder leise ersterbende Töne hervorzauberte.<br />

Der blöde Jona besass eine Gottesgabe! Zwischen<br />

das Gespräch der Liebenden klang Jonas trauriges Lied,<br />

störte sie aber nicht. Sie waren zu viel mit sich selbst<br />

beschäftigt <strong>und</strong> an sein traurig düsteres Spiel gewohnt;<br />

man gewöhnt sich ja an alles, selbst an das Todesröcheln<br />

der Verhungernden.<br />

Den J ona selbst sahen sie nicht, er spielte hoch<br />

über ihnen.<br />

Das Haus, welches wir bewohnten, war altertümlich<br />

zwar, doch hässlich gebaut. Es hatte ein Satteldach<br />

mit je zwei Giebeln nach der Strasse zu <strong>und</strong> in den<br />

Hof hinein. In diese Einsattelung flüchtete Jona stets,<br />

wenn er in der Stube nicht spielen durfte <strong>und</strong> hier sass<br />

er auch heute.<br />

Und lange vorher schon, bevor Marinkas Bräutigam<br />

gekommen 'war, hatte Jona begonnen <strong>und</strong> spielte ohne<br />

Ermüdung ein langes, endloses Lied, stets gleichbleibend<br />

im elegischen Gr<strong>und</strong>ton <strong>und</strong> doch im Ausdruck stets<br />

wechselnd.<br />

Künstlerisch geordnete Kompositionen waren freilich<br />

seine Lieder nicht. -- Plötzlich inmitten eines langgezogenen<br />

Tones brach er ab. Die Arme, in denen er<br />

Geige <strong>und</strong> Bogen hielt, fielen schlaff herab <strong>und</strong> das<br />

magere Gesicht blickte unverwandt, stumm, wie versteinert<br />

zum Mond hinauf. Lange sass er so, dann<br />

erhob er sich langsam. Vorsichtig legte er Geige <strong>und</strong><br />

Bogen bei Seite Und ging leise, als <strong>für</strong>chtete er den<br />

eigenen Schritt, zum Dachrande. Hier bog er sich weit<br />

hinaus über die Rinne, um die Sprechenden zu sehen.<br />

Ein dunkler Streifen huschte durch die helle<br />

Mondscheibe.<br />

Unten sprachen sie halblaut von ihm.<br />

~ , Hänschen scheint heute aussergewöhnlich traurig<br />

zu sein; hat sich denn seine Krankheit verschlimmert?"<br />

fragte der Maschinenschlosser.<br />

Jona nickte leicht mit dem Kopfe. -<br />

, "Er ist immer traurig, der Arme, besonders aber<br />

. seit einigen Tagen" , entgegnet Marinka. "Immerwährend<br />

Direktor Jose Ferenczv t<br />

Stadtverordneter Hermann Plischke t<br />

stellt er die frage an mich, ' ob es d'enn wahr sei, dass<br />

ich ihn verlasse. Nicht wahr, wir nehmen ihn zu uns?"<br />

"Gleich im Anfang ' wird es schwer möglich sein,<br />

Du kannst ihn ja später abholen."<br />

Marinka umarmte ihn .<br />

Jona. zog sich langsam zurück, richtete sich dann<br />

,auf <strong>und</strong> schritt vorsichtig wie vorher zu seinem Lieb­<br />

. Iingsplätzchen. Hier setzte er sich nieder, stützte mit<br />

der Hand sein Gesicht <strong>und</strong> sah wieder starr in den<br />

Mond. Ueber die Wangen rollten grosse Tranen, aber<br />

. er schluchzte nicht.<br />

Dann öffneten sich langsam seine Lippen . <strong>und</strong><br />

flü sterten abgebrochen vor sich hin : "Ich hab' es ja<br />

gewusst, dass sie mich nicht so lieb hat, wie ihn, nein,<br />

sie hat mich nicht so lieb!"<br />

So sass er lange, lange n o c~ <strong>und</strong> Träne auf Träne<br />

perlte über die bleiche W ange. Es schien, als schnüre<br />

.ihm· der Schmerz die Kehle zu; er riss das Tuch vom<br />

Halse <strong>und</strong> trocknete ' damit seine' Tränen. - Dann<br />

sprang er plötzlich auf <strong>und</strong> verschwand in der Dachluke.<br />

Geige <strong>und</strong> Bogen blieben auf dem Dach.<br />

Jona schlief oft auf dem Dachboden, sie suchten<br />

ihn erst am andern Tage, als Marinka mit dem Braut­<br />

.kleide geschmückt wurde.<br />

Sie fanden ihn auf dem Dachboden erhängt mit<br />

dem eigenen Halstuch. _ . - Marinka's Hochzeit fand<br />

einige Monate später stat1.<br />

Unsere Bilder.<br />

Gar reiche Ernte hielt der Tod im' Erntemonat. Der<br />

mächtige <strong>und</strong> ge<strong>für</strong>chtete Chef des kaiserlichen Zivilkabinets<br />

Excellenz von Lucanus Hel ihm im Alter von<br />

77 Jahren nach fünfwöchentlichem Krankenla'ger zum<br />

Opfer. Dr. von Lucanus, der in Halberstadt gebofen<br />

war, studierte die Rechte <strong>und</strong> machte sehr schnell eine<br />

glänzende Carriere. 1878 bereits Ministerial-Direktor<br />

im Kultusministerium, wurde er 1881 Unterstaatssekretär.<br />

1886 zum wirklichen Geheimrat ernannt,. erhielt<br />

er 2 Jahre darauf von Kaiser friedrich den Adel.<br />

Kaiser Wilhelm machte ihn sofort nach seiner Thron_<br />

besteigung zum Chef des Geheimen Zivilkabinets <strong>und</strong><br />

in dieser wichtigen Stellung blieb er mit Ehren überhäuft<br />

bis zu seinem Tode. -'- Aber während' Excellenz<br />

von Lucanus doch ein hohes Menschenalter erreicht<br />

hatte, musste der grosse Meister, der die <strong>Schönheit</strong>en<br />

unserer Mark mit so unendlicher Poesie auf die Leinewand<br />

zu bannen verstand, schon im besten .Mannesalter<br />

von dannen gehen. Im Alter von nur 43 Jahren<br />

starb Walter Leist.ikow nach ' schwerem rteid en in<br />

einem Sanatorium in Schlachtensee. Leistikow, .der am<br />

25. Oktober 1865 in Bromberg geboren war, gehörte<br />

zu Gude's Schülern. Er war der eigentliche Gründer<br />

der Secession, aber ebenso wie er ein feind aller


4<br />

akademischen Zöpfe war, so vermied er in seinen<br />

Werken alles extravagante <strong>und</strong> gekünstelte. - ~icht<br />

viele Jahre älter ist Professor Cu no von Uechtritz.<br />

S te i n ki rch geworden. Der bekannte Bildhauer war<br />

am 3. Juli 1856 in Breslau geboren. Schüler Viktor<br />

Tilgners, hielt er sich nachher lange in Paris <strong>und</strong> Italien<br />

auf <strong>und</strong> liess sich dann hier nieder. Zu seinem Hauptwerk<br />

gehören die Statue des neapolitanischen BeItelknaben<br />

in der Nationalgalerie, der Brunnen im kaiserlichen<br />

Schloss, das Georg-Wilhelm-Denkmal in der<br />

Siegesallee <strong>und</strong> das Moltkedenkmal in Breslau. - Auch<br />

Direktor Jose Ferenczy war kein hohes <strong>Leben</strong>salter<br />

beschieden. 56 Jahre alt starb er in Argentinien, wo<br />

er mit einem Operetten-Ensemble auf der Tournee begriffen<br />

war. Ferenczy brachte uns die "Geisha" mit<br />

Mia Werber nach Berlin. Im Central-Theater, das , er<br />

dann übernahm, hatte er ausser "Geisha", die aucry dort<br />

noch lange ihre Zugkraft ausübte, wenige Erfolge zu<br />

verzeichnen,deren grösster "Die Puppe" wurde. Ferenczy<br />

kämpfte in einer Zeit, in welcher der grösste Nlederganli!<br />

der Operette war, <strong>und</strong> als der neue Aufschwung<br />

erfolgte, hatte' er Mut <strong>und</strong> Geld verloren. -<br />

Ganz plötzlich verschied der Stadtverordnete Hermann<br />

PI i\; ch k e, eine der bekanntesten Persönlichkeiten<br />

Berlins. Er hatte als Komiteemitglied der Ferien-Kolonie<br />

Grunewald mit zahlreichen Knaben <strong>und</strong> Mädchen einen<br />

Auliflug nach Schmargendorf unternommen <strong>und</strong> hielt<br />

2'erade eine Ansprache an di'e Kinder, in der er sie<br />

aus lier Obhut der Kolonie. entliess, als er von einem<br />

Heruchlage getroffen wurde <strong>und</strong> inmitten der fröhlichen<br />

Schar lautlos zu Boden sank. Unter dem furchtbaren<br />

Eindruck dieses plötzlichen Todes verstummte jedes<br />

Wert auf den Lippen. Alles war erschüttert über den<br />

herben Wechsel von fröhlicher Lust zu ernster Trauer.<br />

Hermann Plischke, der ein Alter von M Jahren ~ : erreicht<br />

hat, gehörte der Stadtverordneten-Versammlung<br />

seit 18 Jahren an <strong>und</strong> vertrat als Mitglied der· Neuen<br />

Linken den fünften Wahlbezirk. Er hat sich in dieser<br />

Zeit im kommunalen <strong>Leben</strong> Berlins trefflich bewährt.<br />

Er war auch · einer der Mitbegründer der Sanitätswachen,<br />

Vorstandsmitglied der <strong>Berliner</strong> Asylvereine<br />

<strong>und</strong> der Ferien-Kolonien <strong>und</strong> Mitglied zahlreicher<br />

Deputationen, Ausschüsse <strong>und</strong> Kuratorien. - Doch<br />

nun zu den <strong>Leben</strong>den I Und voll <strong>Leben</strong> <strong>und</strong> ' Esprit<br />

sind die Mitglieder der französischen Botschaft, deren<br />

Chef, Jules Cambon, unseren mächtigen Nachbarstaat<br />

hier mit so viel Geschick <strong>und</strong> Würde zu vertreten ver_<br />

steht. - Trotz der grossen sommerlichen Hitze sind die<br />

Opernvorstellungen im Neuen König!. Operntheater<br />

(Kroll) stets ausserordentlich stark besucht gewesen. Und<br />

das ist kein W<strong>und</strong>er, denn Hermann Gura verstand<br />

es unter seinem Direktions-Szepter eine auserlesene<br />

Künstlerschar zu vereinigen, wie unsere Leser sehen<br />

werden, .wenn sie die Bilder der Hauptkräfte betrachten.<br />

- ProfessorHanns Fechner, bekartntlicheiner u ,nsere~<br />

allerersten <strong>und</strong> besten Porträtmaler, hat wiederum eine<br />

Anzahl <strong>für</strong>stlicher Persönlichkeiten mit gewohnter<br />

Meisterschaft gemalt. Auch aus den photographischen<br />

Abbildungen, die wir in unserer vorliegenden Nummer<br />

bringen, wird man das grosse Können <strong>und</strong> die überaus<br />

charakteristische Auffassung Hanns fechners erkennen.<br />

- Die Republik Li b e ri a ist jetzt zu Deutschland in<br />

Handelsbeziehungen getreten. Eine Sondergesandtschaft<br />

dieses eigenartigen Staates, bestehend aus dem Expräsidenten<br />

Hon. f. Gibson, dem Vicepräsidenten Hon.<br />

J. J. Dorsen <strong>und</strong> dem Anwalt Hon. C. Dunbar<br />

war hier, um die Handelsverträge mit unserem auswärtigen<br />

Amt zu vereinbaren. - Auf der folgenden<br />

Seite aus dem Gebiete der ernsten <strong>Kunst</strong> eine, aus<br />

dem der heiteren drei Vertreterinnen. Elfriede<br />

Heisler, die junge Naive des friedrich Wilhelmstädtischen<br />

Schauspielhauses. ist ein zweifellos<br />

bedeutendes Talent, dem man eine grosse Zukunft<br />

prophezeien kann. Die schöne fedia de Ferard' ist<br />

als Nachfolgerin der Darmand die jetzige "commere"<br />

des Metropoltheaters, Hel e n e La n d, die bekannte<br />

ßreltl-Diva wird im nächsten Monat wieder am Passage­<br />

Theater mit Paul Schneider-Dimcker <strong>und</strong> Marietta Olly<br />

zusammen auftreten, an dem bisher Grete Karoly­<br />

G ro s s, die Gattin des Schauspielers Ernst Gross,<br />

wirkte. - Zahlreiche Angehörige der grande nation<br />

leben friedlich <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>schaftlich in . Berlin. Die<br />

französische Botschaft bildet naturgemäss <strong>für</strong> sie den<br />

geselligen Mittelpunkt. Unser Bild zeigt eine bedeutende<br />

Anzahl derselben bei einem Sommerfest im Garten der<br />

Botschaft. Terpsichores Jünger, die durchweg<br />

Meister in ihrem Fach sind, kamen aus allen Weltteilen<br />

zusammen, um beim 1. internationalen Tanzlehrer<br />

- Kongress über ihre Standes - Interessen zu<br />

beraten. Unsere Aufnahme zeigt die Einberufer des<br />

Kongresses, lauter Namen vom besten Klang. -<br />

Nicht umsonst wird das während des Sommers von<br />

mehr als 12000 Fremden, darunter von 13 bis 1400 aus<br />

Berlin besuchte Bad Elster "die Perle des sächsischen<br />

Vogtlandes" genannt. In einer Seehöhe von 500 Metern<br />

eingelagert in das breite Tal der oberen Elster, leuchten<br />

die 200 weissen Häuser des an Heilquellen reichen Kurortes<br />

dem Besucher schon von weitem entgegen aus<br />

dem lichten Grün der Wiesen <strong>und</strong> Matten <strong>und</strong> heben<br />

sich scharf ab von dem dunklen Hintergr<strong>und</strong>e, dem<br />

tiefen satten Grün der tannenbedeckten Berge, die in<br />

sanft geschwungener Linie den zwischen Parkanlagen<br />

fast versteckten Badeort halbmondförmig umgeben <strong>und</strong><br />

bis zu 777 m aufsteigen. Seit 1848 in Besitz <strong>und</strong> Verwaltung<br />

der Königlich Sächsischen Regierung zeigt die<br />

Zahl der Kurgäste von Jahr zu Jahr ein sicheres langsames<br />

Anschwellen. Fremde aus aller Herren Länder<br />

suchen hier in der reizenden, wald bedeckten Umgebung<br />

in dem durch eine überraschende Gleichmässig.<br />

keit der Tageswärme <strong>und</strong> Kühle der Nächte sich<br />

auszeichnenden Klima, an der weitberühmten kräftigen<br />

Glaubersalzquelle, die in ihrer chemischen Zusammensetzung<br />

dem Marienbader Kreuzbrunnen nahezu gleich<br />

ist, sowie an den 4 alkalisch-salinischen Stahlquellen,<br />

in den Mineralbädern <strong>und</strong> den allseitig als vortrefflich<br />

anerkannten Moorbädern · Erholung, Kräftigung oder<br />

Genesung. Während Bad-Elster noch vor 10 Jahren<br />

nur als frauen bad galt, zeigt sich das männliche Geschlecht<br />

seitdem immer stärker vertreten. Herz- <strong>und</strong><br />

Nervenkranke, an Störung der Verdauung leidende,<br />

fettsüchtige, Gichtische <strong>und</strong> Rheumatiker, Männlein<br />

<strong>und</strong> Weiblein in bunter internationaler Mischung, versammeln<br />

sich in den vom Rosenduft durchhauchten<br />

Anlagen vor dem prächtigen Kurhause <strong>und</strong> lauschen<br />

den Klängen der 40 Mann starken Kurkapelle, die das<br />

Echo weit hinabträgt im grünen Tal der weissen Elster.<br />

D ,.. l{ulO Russak.<br />

3n meiner ~eefe<br />

feSt ein .aie~.<br />

(j. 5r. D. QJjten.<br />

3n meiner ~eeft ftßt tin Ei~b,<br />

Sin Eieb (\U6 ~U(\f unb Eeib gtwoßtn,<br />

~ocß welln icß e6 \ltriünbtn wilf<br />

~(\nn irt e6 wit ein ~t"(\um 3errtoßen.<br />

@'it ein erbdic«enb rcßwel'er ~r(\um,<br />

~o \lolf Sdnnrung (\If' bel' ~cßmtqen,<br />

~it ißrt (!ll.(\fe (\ufgel'r&gt<br />

~em muben, tobe6wunbtn 'J5er;en.<br />

~tm 'J5er;tn, b(\6 einrt furtgercßwdl't,<br />


RRRLTNRR T.RRRN<br />

5<br />

4 5 3 6 7 1 8 2 Spu:ial· A"jnalt",e <strong>für</strong>s " Buliner L eb."..<br />

VOlt W Will;"g-.-r, Ber/fls w.J o<br />

1 .. ' Jules Cambon, Botschafter, 2. Jules BoeuIve, Konsul, 3. Graf d'Ormesson, 3. Botschaftssekr etär, 4. Andre Bntere, Attache, 5. L ouis H ermite, 2. Botschaftssekretär, ß. Baron do! I3erckheim, Botschafts-Rat,<br />

7. Henri Saunois-Chevert, Vize-Konsul, 8. Charles d'Andrezel, K orvetten-Kapitän, Marine-Attache.<br />

Die Französische Botschaft in Ber1in.


BERLINER LEBEN<br />

6<br />

Kammersänger Hermann Gura (Schwerin i. M.) Direktor.<br />

Hofkapellmeister Carl Gille (Wien)<br />

Kapellmeister Carl Wolfram (Dortm<strong>und</strong>).<br />

Hoftheater-Regisseur Heinz Sattler (Schwerin i. M.).<br />

Hofopernsängerin Marga Burchardt (Hanno'\"er).<br />

Hof0pernsängelin Anni Hummel (Schwerin i. M.)<br />

als .Elsa· in • Lohcngrin·.<br />

Dina Mahlendorff (Strassburg ;. EIs.)<br />

im • Barbier von Bagdad" .<br />

Frieda Langenrlorff ( ew-York)<br />

als .Ortrud" in "Loheogrin".<br />

Die Sommer-Saison 1m


7<br />

Kammersänger Heinrich Knote (München)<br />

als " Tannbäuser".<br />

Alois P ennarini (Ha mbllrg) .<br />

Hans Siewert (ßrcslall).<br />

Hofopernsänger ]ohannes Sembach (Dresden)<br />

als "Lohengrin".<br />

Rober! vom Scheidt (Hamburg)<br />

als "Escamillo" in Carmen.<br />

Rudolf Wittekopf (Breslall).<br />

Peler Lordmann (Wien).<br />

Carl Giesen (Nürnberg).<br />

Neuen Königlichen Operntheater (Kroll) unter der Direktion Hern1ann Gura.<br />

BERLINER LEBEN


8<br />

<strong>Berliner</strong> Ansichten: Am Königs-See<br />

BERLINER LEBEN


9<br />

Spee.a/-Au)nahme <strong>für</strong> • Rn/IT"t' , •• " ....<br />

von .V ax Alissman'J., Chadot/enOure.<br />

In der Villen-I


Grossfiirstin KyrilI, gescbiedene Grossh erzogin von Hessen.<br />

Prinzessin Kar! Anton von Hobenzollern.<br />

Grossherzogin Elisabetb von Mecklcnburg-Strelitz.<br />

Nach den Gemälden<br />

von<br />

Professor Hanns F echner.<br />

Spe::tal-Att/1,almun /1i , • BeYlin., J L eben"<br />

von R. Sitrert. CI:D,Iotienbltrf'.<br />

Grossberzog August von Oldenburg.<br />

Herzog Herrmann zu Tracbenburg, Fürst von H atzfeld.<br />

BERLINER LEBEN


BERLINER LEBEN<br />

11<br />

lVIr. Brand,<br />

Sekretär.<br />

Me. Faulkner,<br />

Sekretär.<br />

H on. C. Dunbar,<br />

Anwalt.<br />

H on . J. J. Dorsen,<br />

Vicepräsident der Republik Lib~;y;,<br />

.{<br />

"<br />

Hon. F. Gibson,<br />

Expräsident.<br />

Spezial,Aufnahm. !ü' "B.,Iinu<br />

<strong>Leben</strong> ·1<br />

von R. Siercr',<br />

CI,arlollmbu,f'.<br />

Die Sondergesandtschaft der Republik Liberia in Berlin.


BERLINER LEBEN<br />

12<br />

E lfriede Heislcr (fried r. Wilhelms1. Schauspielh.)<br />

FMia de Ferard (Metropol-Theater) H elene Land (Passage-Theater) Grete Karoly-Gross (Passage-Theater)


BERLINER LE13E~<br />

13<br />

.,<br />

1. Mr. J. C.Hnboo, Bustchafter. 2. Baron de Berckheim, Botschaftsl at. 3. Mr. A. Formstecher, P,e,ident de la Societe Philanlhropique fraoyaise de Berlin.<br />

4. Me. A. FormsIecher. 5. Me. R. Proux. 6. Me. H . Romain. 7. Mr. H . Romain. 8. Mr. G. PaYdn. 9. Me. G. Payan. 10. Me. R. ProlIx.<br />

Ein Fest der in Berlin ansässigen Franzosen im Garten der Französischen Botschaft.<br />

Speciai-Au.f1/allnu /,i" " Btrlillel" Le' en"<br />

V Olt W. Wdting-er, Bel'Iilt w. .


14<br />

Turnen im Freien.<br />

Speisehalle.<br />

Liegehalle.<br />

Abteilung <strong>für</strong> Säuglinge.<br />

Spe:ial-AufllalJ.me1l fti.rs ,, 1Ierlin e~ <strong>Leben</strong>·<br />

von R. Si'-rerl, CI".,../olienl>u"'r<br />

Aus dem Kinder-Erholungsheim der Stadt Charlottenburg.<br />

BERLINER LEBEN


15<br />

2 3 4 ö 6 7 8 9 10<br />

Spezia/-AuI11all11te l1.i~'s "BerUne,. Le!un U<br />

VOll R . Sltg-ert. Char/ottmburr.<br />

1. Paul Mülicb, BerliD, 2. Gustav EDgelhard, Leipzig, 3. Wilhelm Bock, Köln, 4. Carolus Kinsky, Kascbau, 5. James Koopmann, Haag, 6. Rudol! Knoll, Hamburg, 7. F. 'vV. Kehl, Madison, 8. JÜTgen Schmidt, Halberstadt,<br />

9. Louis Kretlo w, Chicago, 10. Robert Wilhelmy, Dresden.<br />

BERLINER LEBEN<br />

Die Einberufer des 1. internationalen Kongresses der Tanzlehrer In Berlin.


N<br />

16<br />

Königliches Kurhaus.<br />

Salzquelle mit Hygiagruppe.<br />

. '. Gondelteich. Römerhütte am Arnsgründer Kirchsteig .<br />

Aus Bad Elster.


I<br />

Auf Helgoland.<br />

Ein wohlbeleibter Herr, wie man so zu sagen pflegt : in den<br />

besten Jahren, eine schlanke junge Dame, die statt des Hutes eine<br />

weisse Seglermütze tr ägt, was sehr chic aussieht <strong>und</strong> ein junger<br />

Mann, dessen Aeusseres den Mann erkennen lässt, .der in Eng'land<br />

war" - die dreie sitzen auf der Bank <strong>und</strong> schauen auf die blutrote<br />

Sonue, die fern, ganz fern im 'Vesten untergeht, da wo Meer <strong>und</strong><br />

Horizont zusammenzufliessen scheinen. Unbegrenzt ist der Blick,<br />

denn wenn das Auge von den roten Klippen in nächster Nähe weiterschweift,<br />

trifft es nur das unendliche Meer <strong>und</strong> an der entgE'gengesetzten<br />

Hirnmelswand steht ein prachtvoller Regenbogen, der das'<br />

ganze Firmamen t umspannt. - Angesichts des erhabenen Schauspiels<br />

stockt die Unterhaltung; erst als der letzte Teil der klein <strong>und</strong> immer<br />

kleiner werdenden roten Sichel ganz untergetaucht ist <strong>und</strong> das Rot<br />

am Horizo nt sein Leuchten mehr <strong>und</strong> mehr eingebiisst hat, da kehren<br />

auch die dreie aus ihrer stillen Versunkenheit in die Gegenwart<br />

zurück. Es ist der ältere Herr, der die Stille bricht.<br />

.Es fängt an kühl zu werden <strong>und</strong> die Seeluft hat mir Appetit<br />

gemacht; Sie würden mich verbinden, Herr Steinert, wenn Sie uns<br />

nun in ein recht behagliches Restaurant führen möchten."<br />

• Wo es recht grosse Hummern giebt," ergänzt lachend die junge'<br />

Dame, . denn auf Helgoland keine Hummern gegessen zu haben,<br />

wäre <strong>für</strong> mich ebenso <strong>und</strong>enkbn, als in Rom gewesen zu sein, ohne<br />

den Papst gesehen zu haben."<br />

.Ich werde in Ihrer Achiung siriken, 'gnädiges Fräulein, wen:n<br />

ich gestehe, dass ich mich, trotz meiner häufigeren Besuche dieser<br />

Insel noch nie zu einem hiesigen Hummer emporgeschwungen habe;<br />

will ich .mir mal solch' lukullisch Fest :bereiten, dann tue ich das<br />

zu Hause in Hamburg:" das kommt dann blos halb so teuer.<br />

.Dann bleibt mir weiter nichts übrig, als Sie zu Gast zu laden,<br />

denn deshalb, weil ihnen die Sache zu teuer ist, wird meine Tochter<br />

den Helgoländer Hummer, der sch on von vornherein eine wesentliche<br />

Nummer ihres Programms bildete, nicht fallen lassen.·<br />

Man hatte sich erhoben <strong>und</strong> bald auf der hinabfiihrenden<br />

Treppe das Unterland erreicht. Steinert hatte die Einladung angenommen<br />

unter dem Vorbehalt, sich in Hamburg r evanchieren zu<br />

dürfen <strong>und</strong> so sass man nun in einer lauschigen Ecke der Strandhalle<br />

<strong>und</strong> begoss den Hummer mit einem leichten Mosel. - Herr<br />

Feldhammer war warm geworden: der junge Mann gefiel ihm von<br />

Tag zu Tag mehr. Vier Tage währte erst die Bekanntschaft. Fellham<br />

mer hatte in Berlin eine Lampenfabrik, die er ans kleinen<br />

Anfangen auf eine recht ansehnliche Höhe gebracht hatte, sein einziger<br />

Sohn, zwei J ahre äl ter als Lucie, zeigte keine Neigung fü r den<br />

kaufmännischen Beruf, er studierte in J ena, <strong>und</strong> so hatte Papa<br />

Fellhammer seine Hoffnung auf einen passenden Schwiegersohn<br />

gesetzt. Bisher hatte sich noch keiner gef<strong>und</strong>en, denn Papa Fellhammer<br />

war wählerisch <strong>und</strong> wenn er w'rklich glaubte, einen gef<strong>und</strong>en<br />

zu haben, da= passte er seiner Tochter nicht. Hier schien<br />

ihm der Zufall zu Hilfe zu kommen. denn offensichtlich interessierte<br />

sich auch Lucie <strong>für</strong> den jungen Mann mit den weltstädtischen Manieren.<br />

F rau Fellhammer weilte zur Kur in Marienbad, um sich eil!.<br />

paar Pf<strong>und</strong> herun terzu trinken., bald nach ihrer Abreise musste das<br />

Dienstmädchen ins Krankenhaus gebracht werden, da wurde es Papa<br />

Fellhammer zu Hause ungemütlich <strong>und</strong> er ging mit seiner Tochter<br />

_ . sie waren beide kernges<strong>und</strong> - auf ein paar vVochen nach Westerland.<br />

Bei Dührkopf, wo Herr Fellhammer sein Abendessen einzunehmen<br />

pflegte, weil man dort nicht nur gut speist, sondern auch<br />

ein gutes Glas Miinchener Hofbräu. trinkt, hielt es i=er schwer,<br />

einen Platz zu bekommen, <strong>und</strong> so musste man es schon <strong>für</strong> einen<br />

glücklichen Treffer halten, vor einigen Tagen an einem Tische Platz<br />

nehmen zu können, an dem nur ein einziger Herr sass. Mit der<br />

ihm eigenen, gemütlichen Art hatte Fellhammer den Fremden gleich<br />

nach der ersten Begrüssung in's Gespräch gezogen <strong>und</strong> bald erweckte<br />

der junge Mann sein ganz besonderes Inter~ s s e. Herr Fellha?lmer<br />

hatte nämlich ein Steckenpferd, das waren Kohlen <strong>und</strong> alles<br />

was d,!mit zusammenhing ; er hatte in seiner Jugend selbst am<br />

Schmelztiegel gestanden <strong>und</strong> dann, als er in seiner Fabrik eigene<br />

Dampfkraft einrichtete, persönlich die Verdampfungsproben gemacht,<br />

um das geeignetste Material herauszufinden <strong>und</strong> we= er an der<br />

H eizung. ein .paar Pfennige ersparen konnte, dann freute ihn das<br />

mehr, als wenn er in der Lotterie gewonnen hätte. Diese Genauigkeit<br />

in allen D ingen hatte ihn zum wohlhabenden Mann gemacht,<br />

dabei war er keineswegs ein Knauser oder Pfennigfuchser. Sobald<br />

Jemand auf Kohlen zu sprechen kam, das war sein Fall! Nun<br />

stiess er gar auf Jemand, der jahrelang im grössten Kohlenrevier<br />

Englands, i.n Süd-Wales, tätig gewesen war <strong>und</strong> der so interessant<br />

über die Verhältnisse im englischen Kohlenhandel zu sprechen<br />

wusste.<br />

Am nächsten T age traf man sich auf der Strandpromenade <strong>und</strong><br />

da plauderte man schon miteinander, _wie .alte Bekannte. Steinert<br />

war geborener Hamburger, <strong>und</strong> seine sichere, vornehme <strong>und</strong> doch<br />

dabei freie Art, sich zu ge~en, nahm ihn gleich bei dem alten Fellhammer,<br />

der Vollblutberliner iu gutem Sinne war, vorteilhaft ein.<br />

So kam es denn ganz von selbst, d


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