PP-Präsentation Dr. Bernhard Hauser - SAL
PP-Präsentation Dr. Bernhard Hauser - SAL
PP-Präsentation Dr. Bernhard Hauser - SAL
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Früher Spracherwerb im Spiel:<br />
Spiel als notwendige Bedingung gelingender<br />
früher Sprachentwicklung<br />
<strong>Bernhard</strong> <strong>Hauser</strong><br />
Institut für Lehr- und Lernforschung<br />
Pädagogische Hochschule St. Gallen PHSG<br />
Vortrag an der <strong>SAL</strong>-Tagung 2013<br />
PH Zürich / 29. November 2013<br />
1<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Übersicht<br />
1. Definition von Spiel<br />
2. Spielformen im Entwicklungsverlauf<br />
3. Ausgewählte generelle Befunde und Bemerkungen zu Spiel<br />
4. Wirkungen vorschulischer (Spiel)-Pädagogik auf schulische<br />
Fähigkeiten<br />
5. Verbindung von frühem Spiel mit Sprache: kausal, synchron,<br />
oder eine von vielen Möglichkeiten?<br />
6. Wirkungen von frühem Spiel auf spätere Sprache:<br />
a) … bei normal entwickelten Kindern<br />
b) … behinderten Kindern<br />
7. Humor und Sprachspiele<br />
8. Schlussfolgerungen für LogopädInnen<br />
2<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Definition von Spiel: Die Lust<br />
am Eintauchen in simulierte Welten<br />
• Unvollständige Funktionalität<br />
(Der Film ist nicht das Leben selbst, hat<br />
aber doch viel damit zu tun, nicht vollständig<br />
funktional, aber auch nicht dysfunktional)<br />
• So-tun-als-ob<br />
(Nicht-Ernstfall: Sie wissen stets, dass es<br />
nicht Realität ist)<br />
• Positive Aktivierung (z.B. intrinsische<br />
Motivation, positive Emotionen)<br />
(Ich gehe aus eigenem Antrieb ins Kino;<br />
Genuss, Freude, Lust, --> Brot und Spiele!)<br />
• Wiederholung und Variation<br />
(Wiederholte Verhaltensweisen bei<br />
Rollenträgern; Variation erzeugt<br />
Ungewissheit und Spannung.)<br />
• Entspanntes Feld<br />
(kein Hunger, keine Bedrohung, sonst<br />
könnten Sie auch nicht geniessen!)<br />
3 Pädagogische 3 Hochschule St.Gallen<br />
6 (4) Hauptformen & 5 Merkmale<br />
Hauptformen (Alter):<br />
• Eltern-Kind-Spiel (1)<br />
• Exploration (1-2)<br />
• Funktionsspiel (1-2)<br />
• Phantasie-, Symbol-<br />
& Rollenspiel (2-6)<br />
• Konstruktionsspiel<br />
(3-100)<br />
• Regelspiel (3-100)<br />
• ? Sprach- & Kommunikationsspiel<br />
(1-100)<br />
Merkmale (Definition):<br />
• Unvollständige Funktionalität<br />
(= funktional, aber nicht vollständig<br />
funktional)<br />
• So-tun-als-ob<br />
(Nicht-Ernstfall: nicht Realität)<br />
• Positive Aktivierung<br />
(Spass, Freude, Lust, intrinsische<br />
Motivation)<br />
• Wiederholung und Variation<br />
(Wiederholte Verhaltensweisen;<br />
Variation erzeugt Ungewissheit)<br />
• Entspanntes Feld<br />
(kein Hunger, keine Bedrohung,<br />
Kinder fühlen sich geborgen, sicher)<br />
(Burghart, 2011, <strong>Hauser</strong>, 2013, Einsiedler,<br />
1999; Eibl-Eibesfeldt, 1995)<br />
4 Pädagogische 4 Hochschule St.Gallen
„Es ist nicht ernst gemeint!“:<br />
Grosse Bedeutung von Spielmarkern<br />
• Signal: Es ist nicht ernst gemeint, es ist nicht bös gemeint.<br />
Allgemeine Spielmarker<br />
(Pellegrini, 2009; Einsiedler, 1999)<br />
• Übertreibung (z.B. Riesenschritte),<br />
• Selbstbehinderung,<br />
• verlangsamte oder be-schleunigte<br />
Bewegungen,<br />
• sprachliche Einigung („Was wollen<br />
wir spielen?“, „es war ein Witz“!)<br />
Spielmarker im Eltern-Kind-Spiel<br />
(Lillard, 2007)<br />
• Sing-Sang,<br />
• Wir-Sprache,<br />
• Raschere oder langsamere<br />
Bewegungen,<br />
• Übertreibung (z.B.<br />
Schmatzgeräusche)<br />
• längeres Lächeln,<br />
• Vor allem kleine Kinder brauchen sehr lange vielfältig redundante<br />
Spielmarker, um Spiel vom funktionalen Verhalten zu unterscheiden.<br />
5<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Eltern-Kind-Spiel<br />
• Vor allem 1. Lebensjahr<br />
• Eine Art elterliche (vor allem<br />
mütterliche) Spiel-Schule<br />
• Max. 4 von 5 Merkmalen: Kein<br />
So-tun-als-ob, aus Sicht des<br />
Kindes<br />
• unvollständige Funktionalität<br />
unsicher<br />
Bild aus: Goswami, U. (2001): So<br />
6 denken Kinder. Bern: Huber, S. 32<br />
Pädagogische 6 Hochschule St.Gallen
Exploration (kein Spiel, oft Vor-Spiel)<br />
Quelle: https://www.google.ch/search?q=<br />
Explorationsverhalten; download am 26.11.13<br />
Bild aus: Goswami, U. (2001): So<br />
(Hutt, 1966; Belsky & Most, 1981; Hughes,<br />
1978, 1979; Einsiedler, 1999)<br />
7 denken Kinder. Bern: Huber, S. 32<br />
Pädagogische 7 Hochschule St.Gallen<br />
Funktionsspiel<br />
• 1. und 2. Lebensjahr<br />
• Auch manipulatives oder<br />
sensomotorisches oder<br />
Übungsspiel<br />
• Hantieren mit Gegen-ständen,<br />
eigener Stimme, Untersuchung<br />
von Gegenständen und<br />
kombinatorische Verwendung.<br />
• Funktionslust, Freude am Tun<br />
• 4 von 5 Merkmalen: Kein So-tunals-ob<br />
(deshalb auch als Spiel<br />
umstritten)<br />
Bild aus: Goswami, U. (2001): So<br />
denken Kinder. Bern: Huber, S. 32<br />
8 Pädagogische 8 Hochschule St.Gallen
Symbol-, Phantasie- und Rollenspiel<br />
Bild aus: Niederle, Ch. (2000): Methoden des<br />
Kindergartens 2. Linz: Landesverlag, S. 113<br />
• In zweiter Hälfte des 2. Lebensjahres<br />
• Auch Symbol-, Fiktions-, Illusions oder<br />
So-tun-als-ob-Spiel.<br />
• Beginn mit eigenem Körper (Trinken,<br />
Schlafengehen), dann mit Puppen und<br />
anderen Gegenständen, um fremde<br />
Rollen nachzuspielen.<br />
• Kern: Transformation von Objekten<br />
(Banane als Telefon, Zaun als<br />
Flugzeug), Transformation von<br />
Handlungen, Übernahme sozialer<br />
Rollen.<br />
• Besonderheit: Meta-Spiel (Konjunktiv,<br />
Skriptbeschreibungen, ...)<br />
• Alle 5 Merkmale<br />
9 Pädagogische 9 Hochschule St.Gallen<br />
Konstruktionsspiel<br />
• Fortsetzung des Funktionsspiels.<br />
• Vom unspezifischen meist<br />
flächigen zum spezifischen meist<br />
dreidimensionalen Bauen mit<br />
Bauziel<br />
• Zielorientierter als andere<br />
Spielformen<br />
• 4 von 5 Merkmalen: Variation<br />
fehlt gelegentlich (z.B. bei Bauen<br />
nach Anleitung)<br />
Bild aus: Niederle, Ch. (2000): Methoden des<br />
Kindergartens 1. Linz: Landesverlag, S. 113<br />
10 Pädagogische 10 Hochschule St.Gallen
Regelspiel<br />
Bild aus: Goswami, U. (2001: So<br />
denken Kinder. Bern: Huber, S. 290<br />
• Beginnt mit Kindergarten-Alter.<br />
• Start meist mit selbst<br />
aufgestellten Regeln.<br />
• Später Kreis- und Tanzspiele,<br />
Brett- und Kartenspiele, noch<br />
später Fang-, Ball- und<br />
Sportspiele („Schwarzer Mann“,<br />
„Völkerball“)<br />
• Alle 5 Merkmale<br />
Wer nicht verlieren kann,<br />
kann auch nicht spielen<br />
(Merkmal Nicht-Ernstfall bzw.<br />
Als-ob-Charakter)!<br />
Wesentliche Bild aus: Merkmale: Goswami, U. vor (2001: dem Spiel So feststehenden Regeln (Pellegrini, 2009)<br />
und denken Nichtvorhersagbarkeit Kinder. Bern: Huber, des S. Verlaufs 290 (Howard-Jones & Demetriou, 2009;<br />
Pellegrini, 2009), z.B. durch Würfeln oder Mischen der Karten.<br />
11 Pädagogische 11 Hochschule St.Gallen<br />
?? Sprach- und Kommunikationsspiele<br />
• 1-100<br />
• Nonverbales Spiel mit<br />
Überraschungen,<br />
Inkongruenzen<br />
• Später Spiel mit Sprache<br />
(Übertreibungen,<br />
Metaphern, ....), Witze<br />
• Alle 5 Merkmale<br />
Bild aus: Niederle, Ch. (2000): Methoden des<br />
Kindergartens 1. Linz: Landesverlag.<br />
Bild aus: Goswami, U. (2001: So<br />
denken Kinder. Bern: Huber, S. 290<br />
12 Pädagogische 12 Hochschule St.Gallen
Ausgewählte generelle Befunde<br />
und Bemerkungen zu Spiel<br />
• Befunde zeigen:<br />
13<br />
– So-tun-als-ob erhöht Risikobereitschaft, korreliert mit erhöhter<br />
Dopaminausschüttung (Fiorillo, Tobler & Schultz, 2003).<br />
– Gegensatz zum schulischen Lernen: geringere Risikobereitschaft<br />
beim gleichen Thema und damit verbunden Auswahl von einfacheren<br />
Aufgaben (z.B. Clifford, 1988).<br />
• Je mehr der 5 Merkmale erfüllt sind, desto eher sind es Spiele:<br />
Ob ein Mensch eine Aktivität als Spiel empfindet, „entscheidet“ er<br />
selber. Das kann auch bei verordnetem Spiel der Fall sein.<br />
• Eignung von Regelspielen zum schulischen Lernen:<br />
Spielverlauf bleibt auf ausgewählte Aktivitäten fokussiert.<br />
• Spiele eignen sich vor allem für das Üben.<br />
• Im Spiel lässt sich alles wirksam üben – auch Krieg (vgl. Ego-<br />
Shooter)<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Elaborierendes Herausfordern oder<br />
Warten auf wachsendes Gras?<br />
14<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Hinweise für die Bedeutung des Einbringens<br />
von Ansprüchen im Spiel<br />
• Mehr Anstrengung nach einer Rückmeldung über Fehler beim Spiel (Lütkenhaus<br />
et al., 1985).<br />
• Eltern passen ihr Steuerungsverhalten der zunehmenden Spielkompetenz des<br />
Kindes an (Crowley & Sherrod, 1984)<br />
• Aber Eltern tun dies unterschiedlich wirksam: Eine elaborierte oder komplexere<br />
Sprache der Mutter steht im Zusammenhang mit höherem Spiel-Level und<br />
elaborierterer Sprache des Kindes zu späteren Zeitpunkten.<br />
– Weiter entwickeltes kindliches So-tun-als-ob geht einher mit elaborierteren Anweisungen/<br />
Äusserungen der Mütter im Fantasiespiel (Damast et al., 1996; Morissey & Brown, 2009).<br />
– Die kindliche Aufmerksamkeit ausweitendes Verhalten der Mütter erhöht das Spiel-Niveau<br />
der Kinder (Newland et al., 2008) responsiv herausforderndes Geschick!<br />
– eine elaborierte referentielle Sprache der Mütter führt zu grösseren Wortschatzumfängen<br />
und häufigerem Symbol- und Funktionsspiel im 2. Lebensjahr (Sung & Hsu, 2009).<br />
• Die Frage nach dem elaborierten oder restringierten („Was guckst Du?“)<br />
Sprachcode (Basil Bernstein (1960, 1971) ist damit entschieden:<br />
Ohne elaborierten Sprachcode keine gelingende schulische Entwicklung.<br />
• Das ist eigentlich das Gegenteil von „Warten bis der Knopf aufgeht“ (Kinder<br />
sind keine Gräser....)<br />
15<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Übersicht<br />
1. Definition von Spiel<br />
2. Spielformen im Entwicklungsverlauf<br />
3. Ausgewählte generelle Befunde und Bemerkungen zu Spiel<br />
4. Wirkungen vorschulischer (Spiel)-Pädagogik auf schulische<br />
Fähigkeiten<br />
5. Verbindung von frühem Spiel mit Sprache: kausal, synchron,<br />
oder eine von vielen Möglichkeiten?<br />
6. Wirkungen von frühem Spiel auf spätere Sprache:<br />
a) … bei normal entwickelten Kindern<br />
b) … behinderten Kindern<br />
7. Humor und Sprachspiele<br />
8. Schlussfolgerungen für LogopädInnen<br />
16<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
CI-Ansatz und DI-Ansatz:<br />
Fade-Out- (Washing-Out-) und Sleeper-Effekte<br />
• Bei expliziter Beschulung (DI: direct instruction) von 4- bis 6-jährigen<br />
Kindern: kurzfristige positive Effekte (bei Schulanfang), welche meist<br />
schon nach dem ersten Schuljahr verschwanden (sog. “washingout”/“fade-out“-Effekte,<br />
vgl. Marcon, 2002; Wohlgemut et al., 2006; Cannon<br />
et al., 2006; Sylva et al., 2004).<br />
• Marcon, USA (2002): Mischung aus kind-initiierten Aktivitäten (CI: child<br />
initiated) und direkter Instruktion (DI) in Vorschule: in der späteren<br />
Elementarschule (6. Klasse) bessere kognitive Leistungen (Sprache &<br />
Mathe) und sozialeres Verhalten als Kinder bei direkter Instruktion im Alter<br />
von fünf und sechs Jahren („sleeper“-Effekte). Allerdings: viel direktes<br />
Lernen in Vorschule = bessere Leistungen in frühen Schuljahren (später:<br />
washing- oder fade-out).<br />
• Walsh et al., Irland (2006): In einer Zufallsstichprobe von 120 Klassen aus<br />
dem Raum Gross-Belfast langfristig mehrheitlich starke Effekte zugunsten<br />
des CI- und zu Ungunsten des DI-Ansatzes.<br />
17 Pädagogische 17 Hochschule St.Gallen<br />
Ursachen für Washing-Out-Effekte<br />
• Produktions- und Nutzungsdefizite (z.B. Hasselhorn, 2005) –<br />
typisch im Vorschulalter (begrenzte Fähigkeit zu explizitem Lernen ).<br />
• Emotionale Ursachen: nachweislich erhebliche Zunahme von<br />
Angst und Stress (Burts et al., 1990, vgl. auch Schweinhart &<br />
Weikart, 1997; Sylva & Nabuco, 1996; Siraj-Blatchford & Sylva<br />
(2004) durch (zu viel) hoch strukturiertes didaktisches Lehren bei<br />
jungen Kindern.<br />
Spielnahes Lernen ist nachhaltiger (weniger Produktions- und<br />
Nutzungsdefizite) und weniger angst- und stressauslösend!<br />
18 Pädagogische 18 Hochschule St.Gallen
Das Beispiel Basis-/Grundstufe:<br />
Lernfortschritte nach 5 Jahren - Befunde für alle Kinder<br />
1. KG 2. KG 1. Kl 2. Kl 3. Kl<br />
Basisstufe<br />
Grundstufe<br />
Aus:%Birri,%Th.;%Grossenbacher,%<br />
S.;%Moser,%U.;%Bayer,%N.;%Vogt,%F.;%<br />
Zumwald,%B.;%Urech,%C.;%Abt,%N.;%<br />
Wiederkehr,%B.%(Juni%2010):%<br />
Projektschlussbericht%Erziehung%<br />
und%Bildung%in%Kindergarten%<br />
und%Unterstufe%im%Rahmen%der%<br />
EDKTOst%und%Partnerkantone;%<br />
EDKTOst%und%Schulverlag%plus%<br />
AG;%S.%95%<br />
• In 3. Klasse keine - jedoch bei Eintritt in 1. Klasse signif. Unterschiede.<br />
• “washing-out”-Effekte”?<br />
19<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Wirksamkeit von<br />
Sprachbildung und –förderung im Elementarbereich<br />
• Jampert et al., 2005 (S. 383) dazu: „(...) ein wissenschaftlicher Nachweis<br />
zur Wirksamkeit solcher Ansätze und Konzepte steht noch weitgehend<br />
aus.“ (Jampert et al., 2005, S. 312, in Roux & Kammermeyer, 2011, S. 383).<br />
• Studie EVAS (Roos, Polotzek und Schöler, 2010), baden-württembergische<br />
Längsschnittstudie: Kinder, die eine spezifische Förderung durch<br />
Sprachförderkräfte und spezielle Sprachförder-programme erhalten haben,<br />
erzielen keine besseren Leistungen als die Kinder mit einem vergleichbaren<br />
Sprachförderbedarf aber ohne solche Förderung (in Roux & Kammermeyer,<br />
2011, vgl. auch Weingartener Parallelstudie von Gasteiger-Klicpera, Knapp<br />
& Kucharz (2010).<br />
• BIKS-Studie - Längsschnitt in Bayern und Hessen (Weinert et al., 2012):<br />
Effekte von Kindergartenqualität bzw. literacy-Anregungen sehr gering –<br />
ganz im Gegensatz zur entsprechenden familiären Förderung.<br />
• Evidenzbasierte Logopädie (z.B. Cholewa, 2010)?<br />
20<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Training der phonologischen<br />
Informationsverarbeitung mit dem<br />
Trainingsprogramm „Hören, lauschen, lernen“<br />
• Verbessert die phonematische<br />
Informationsverarbeitung nachhaltig.<br />
• Geübt wird täglich 10 Minuten in geführten Einheiten<br />
• während den letzten 20 Wochen des Kindergartens.<br />
• Das Training beinhaltet u.a. Lauschspiele zur akustischen<br />
Differenzierung, Reime, eine einfache Theorie<br />
von Satz und Wort, Aufbau eines Gefühls für Silben<br />
(z.B. Namen klatschen), das Hören von Anlauten, das<br />
Zusammensetzen von Phonemen zu Wörtern.<br />
• In Schweizer Kindergärten wird dieses Training<br />
mittlerweile häufig eingesetzt, z.T. mit Hilfe der<br />
Schweizer Fassung (Küspert et al., 2005).<br />
• Wirksames Trainingsprogramm<br />
21 Pädagogische 21 Hochschule St.Gallen<br />
Früher Schriftspracherwerb<br />
Auch spielend möglich?<br />
Das Schrifterfahrungsmodell<br />
von Knopf & Lenel (2005)<br />
• Knopf & Lenel (2005): das Training von Küspert & Schneider, 2000<br />
erzeugt „nicht-funktionale phonemanalytische Fertigkeiten”.<br />
• Alternative für einen erfolgreich verlaufenden Schriftspracherwerb:<br />
Vorausgehend möglichst viel aktive, alltagsnahe und spielerische<br />
Auseinandersetzung mit dem Darstellungssystem Schrift.<br />
• Methode: ein didaktisch ausbalanciertes Trainings-programm in den<br />
letzten zehn Monaten des Kindergartens (CI-Ansatz).<br />
22 Pädagogische 22 Hochschule St.Gallen
In der Leseecke konnten sich Kinder<br />
mit altersgemässen Bilderbüchern<br />
nach eigenem Wunsch befassen.<br />
Einmal täglich<br />
hat die Kindergartenlehrperson<br />
etwas<br />
vorgelesen.<br />
In der Büroecke befanden sich<br />
viele Materialien, die beim<br />
Schreiben typischerweise<br />
gebraucht werden (ausrangierte Laptops,<br />
Schachteln, Papiere, Stempel, Stempelkissen,<br />
Schreibgeräte, Briefumschläge, abgelöste<br />
Briefmarken, Kleber usw.).<br />
In einem achtstündigen Projekt wurde den Kindern<br />
die Geschichte der Frühzeit der Schrift vermittelt.<br />
Dabei konnten die Kinder auch Schreibgräte aus<br />
vergangenen Zeiten herstellen und erproben. Sie<br />
fertigten Ton- und Wachstäfelchen an, pflanzten<br />
Papyrus ein, malten chinesische Schriftzeichen,<br />
stempelten Hieroglyphen usw.<br />
Weitere Elemente:<br />
Zur Erfahrung des kommunikativen Aspekts des Schreibens verfassten alle Kinder<br />
mit ihren eigenen Als-Ob-Schriftkenntnissen einen Muttertagsbrief, der von der<br />
Kindergartenlehrperson adressiert und von den Kindern zum Briefkasten gebracht<br />
wurde.<br />
Es erfolgte jedoch im ganzen Trainingsprogramm keinerlei Unterweisung im<br />
Alphabet oder in Phonemanalyse o.ä.<br />
23 Pädagogische 23 Hochschule St.Gallen<br />
Befunde von Knopf & Lenel (2005)<br />
• Das Training von Knopf & Lenel (2005) hatte insbesondere bei<br />
lernschwachen Kindern Erfolg.<br />
• Mit diesem Programm im Kindergarten konnte der Förderbedarf<br />
am Ende der 1. Klasse in der Experimentalgruppe auf 3% (im<br />
Vergleich zu 19% in der Kontrollgruppe) reduziert werden.<br />
• Grenzen: Sehr kleine Stichprobe, Forschung nicht mehr<br />
weitergeführt.<br />
24 Pädagogische 24 Hochschule St.Gallen
Bisherige Befunde zu Förderung der<br />
mathematischen Vorläuferfertigkeiten<br />
• Mengen zählen Zahlen (MzZ), (Ennemoser &<br />
Krajewski, 2007): Training über 8 Wochen, 3 mal<br />
eine halbe Stunde pro Woche. Signifikante Effekte.<br />
Gemäss Krajewski et al. 2008: Signifikante<br />
Vorteile von MzZ gegenüber Zahlenland – jedoch<br />
insgesamt eher schwache Effekte.<br />
• Spif: Spielintegrierte frühe Mathematikförderung<br />
(vom SNF gefördertes Projekt; Lead: PHSG –<br />
Kooperation mit IFE Uni Zürich; 2009 – 2011;<br />
<strong>Hauser</strong>, Vogt, Stebler, Rechsteiner<br />
Ziel: Zeigen, dass spielintegrierte Förderung<br />
mindestens gleich gut wirkt wie Trainings<br />
25<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
SpiF: Lernfortschritte (Hauptbefunde, n=329)<br />
Lernfortschritte<br />
76.00<br />
74.00<br />
75.17<br />
74.01<br />
72.00<br />
70.00<br />
68.00<br />
66.00<br />
64.00<br />
65.17<br />
64.43<br />
68.62<br />
SpiF<br />
MZZ<br />
KG<br />
62.00<br />
60.00<br />
60.62<br />
t1 März 2010 t2 Juni 2010<br />
• Lernzuwächse: SpiF: M = 10.74, SD = 9.90, Kontrollgruppe: M = 8.00, SD =<br />
8.32, MzZ: M = 8.84. Unterschied zwischen SpiF und KG ist signifikant.<br />
• Effektstärke Cohen‘s d = 0.30.<br />
• Spielintegrierte Förderung wirksamer als herkömmlicher Kindergarten!<br />
26<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Übersicht<br />
1. Definition von Spiel<br />
2. Spielformen im Entwicklungsverlauf<br />
3. Ausgewählte generelle Befunde und Bemerkungen zu Spiel<br />
4. Wirkungen vorschulischer (Spiel)-Pädagogik auf schulische<br />
Fähigkeiten<br />
5. Verbindung von frühem Spiel mit Sprache: kausal, synchron,<br />
oder eine von vielen Möglichkeiten?<br />
6. Wirkungen von frühem Spiel auf spätere Sprache:<br />
a) … bei normal entwickelten Kindern<br />
b) … behinderten Kindern<br />
7. Humor und Sprachspiele<br />
8. Schlussfolgerungen für LogopädInnen<br />
27<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Verbindung von frühem Spiel mit Sprache<br />
(Lillard et al., 2013)<br />
Kausale Funktion (Vygotsky )<br />
Ohne Spiel keine gesunde Sprachentwicklung.<br />
Äquifinalität: Spiel als einer von mehreren Wegen, (Smith )<br />
Spiel ist einer von verschiedenen Wegen für eine positive Entwicklung in<br />
verschiedenen Domänen, hat jedoch keine exklusive Funktion. So kann z.B.<br />
ein Training von Fertigkeiten – an Stelle von Spiel - genauso zu einer<br />
positiven Entwicklung in diesen Bereichen beitragen.<br />
Epiphänomen: Synchrones Auftreten – gemeins. Basis (Piaget)<br />
Spiel und Sprache treten gleichzeitig auf. Kausal für beide ist ein dritter<br />
Faktor, z.B. die Intensität der Interaktionen mit Erwachsenen. Falls diese sich<br />
auch ausserhalb von Spiel sich zeigen, müssten sie zu denselben<br />
Entwicklungsvorteilen führen.<br />
Spiel als natürlich Kontext für Sprachförderinterventionen .... U.a. dass<br />
Sprachentwicklung positiv korreliert ist mit der Entwicklung von weiter<br />
entwickelten Spielverhaltensweisen (Vig, 2007)<br />
28<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Verhältnis zwischen frühem Spiel<br />
und Sprache (Lillard et al., 2013)<br />
Befund aufgrund einer Analyse einer grossen Vielfalt an dazu<br />
vorliegenden Studien:<br />
Für die Entwicklung von Sprache, Erzählfähigkeiten und Emotionsregulation<br />
(nicht aber für Kreativität, Intelligenz, Problemlösung, Argumentieren,<br />
Erhaltungsgesetz, Theory of Mind, soziale Fertigkeiten) liefern die bislang von<br />
der Forschung durchgeführten Studien Befunde, welche alle drei Erklärungen<br />
unterstützen.<br />
Für Sprache wird eine verursachende Funktion des Spiels am ehesten<br />
angenommen. Also: Ohne viel Spiel in früher Kindheit Nachteile!<br />
Viele Studien fanden v.a. für Kinder unter 4 besonders starke Korrelationen<br />
zwischen Sprache und Symbolspiel.<br />
29<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Verhältnis zwischen frühem Spiel<br />
und Sprache (Lillard et al., 2013)<br />
• Die Wirkungen finden sich in Wortschatz, Sprachverständnis und<br />
Sprachproduktion, gemessen in verschiedenen Anlagen wie Check- und<br />
Wortlisten, freier Sprache, mit Fragen oder Anweisungen aktivierter<br />
Sprache.<br />
• Sie beziehen sich auf unterschiedliche Spielsituationen<br />
(Objektsubstitutionen, auf eine Puppe gerichtete Handlungen, Länge der<br />
Spielsequenzen usw.).<br />
• Studien bei sehr jungen Kindern zeigen, dass sich Symbolspiel-<br />
Fertigkeiten im Mittel etwa 2 Monate vor den analog zu erwartenden<br />
Sprachfertigkeiten entwickelten.<br />
• Längsschnittstudien zeigen, dass das Spielniveau um den 1. Geburtstag<br />
herum mehrheitlich die Sprachentwicklung um den 2. Geburtstag in<br />
verschiedenen Aspekten voraussagt.<br />
30<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Übersicht<br />
1. Definition von Spiel<br />
2. Spielformen im Entwicklungsverlauf<br />
3. Ausgewählte generelle Befunde und Bemerkungen zu Spiel<br />
4. Wirkungen vorschulischer (Spiel)-Pädagogik auf schulische<br />
Fähigkeiten<br />
5. Verbindung von frühem Spiel mit Sprache: kausal, synchron,<br />
oder eine von vielen Möglichkeiten?<br />
6. Wirkungen von frühem Spiel auf spätere Sprache:<br />
a) … bei normal entwickelten Kindern<br />
b) … behinderten Kindern<br />
7. Humor und Sprachspiele<br />
8. Schlussfolgerungen für LogopädInnen<br />
31<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Spielentwicklung Überblick<br />
32<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
... um den ersten Geburtstag herum<br />
Camaioni & Laicardi (1985): zwischen 0:6 und 1;1 nimmt die Frequenz<br />
sozialer Spiele dramatisch zu und bleibt anschliessend bis ca. 1;6 konstant<br />
(auf hohem Niveau), während nun die Rate erlernter Wörter zunimmt.<br />
Reddy (1999), Tomasello (1995): beachtliche Zunahme sowohl in Frequenz<br />
wie auch in Länge der interaktiven sozialen Spiele während dem Beginn des<br />
Sprechens.<br />
<strong>Dr</strong>omi & Zaidman-Zait (2011): Um den 1. Geburtstag herum kommt das<br />
gemeinsame Guck-Guck-Spiel am häufigsten vor, gefolgt von Auf-etwas-<br />
Zeigen, triadischer Interaktion im Buchlesen und Weinen.<br />
Die bei diesen Tätigkeiten entwickelte Fähigkeit, mit Erwachsenen<br />
gemeinsames Tun zu starten und aufrechtzuerhalten (Kollaboration im<br />
einfacheren Sinne) steht am stärksten im Zusammenhang mit dem ersten<br />
(passiven) Wortschatz der Kleinkinder.<br />
33<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Spiel, Aufmerksamkeit und Eltern-Kind-<br />
Interaktionen im 2. Lebensjahr (Newland et al., 2008)<br />
Alter: 14 Monate; n = 153 (77 Knaben), 20 Minuten auf Video, je 10 in<br />
Hochstuhl-Aufgabe und 10 in freiem Spiel.<br />
Einfache Aufmerksamkeits-Spiele:<br />
Körperteile benennen, Zeige-und-<br />
Benenn-Spiele, Handlungs-Reime,<br />
Reime und Lieder, Bücher anschauen;<br />
Koordinierte Aufmerksamkeits-Spiele:<br />
Geben-und-nehmen-Spiele (Teilen), den<br />
Ball vorwärts und rückwärts rollen, helfen<br />
mit kurzen oder längeren motorischen<br />
Aktivitäten, helfen mit kunst- oder<br />
sensorischem Materialien (wie Farben,<br />
Sand oder Wasser), geteilte Exploration.<br />
Geteilte Aufmerksamkeit (eingeschätzt über 2 unabhängige Rater der Videos –<br />
einer die Mutter und einer das Kind):<br />
Zu den Spielsachen auf dem Tisch schauen, Zu den Spielsachen am Boden<br />
schauen, wegschauen, zum Gesicht der anderen Person schauen. Wichtig waren<br />
dabei die überlappenden Zeiten, innerhalb welcher Kind und Mutter gemeinsam zu<br />
einem Objekt schauten.<br />
34<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Spiel, Aufmerksamkeit und Eltern-Kind-<br />
Interaktionen im 2. Lebensjahr (Newland et al., 2008)<br />
• Befunde: alle hier untersuchten Fertigkeiten stehen direkt oder indirekt in einem<br />
Zusammenhang mit dem Sprachstand.<br />
• Mütter als aktives Gerüst bei der Spielentwicklung (auch im 2. LJ), indem sie<br />
„die Dinge zum Laufen bringen“ oder „die Dinge am Laufen halten“.<br />
• Mütter scheinen weiter während dem Spiel mit responsiven Verhaltensweisen die<br />
kindliche Aufmerksamkeit auszuweiten (implizite Erwartungen), und ermutigen so<br />
die Kinder, selber Spiele zu initiieren.<br />
35<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Mütterliche Aufmerksamkeit und referentielle<br />
Sprache: Beziehungen zu Sprache und Spiel<br />
der Kinder im 2. Lebensjahr (Sung & Hsu, 2009)<br />
Alter: 13 - 23 Monate; n = 42 (21 Knaben), 20 Minuten auf Video<br />
während freiem Spiel am Boden zuhause.<br />
Mütterliche Aufmerksamkeitsregulation:<br />
interaktiven Strategien, um<br />
bei ihren Kindern geteilte Aufmerksamkeit<br />
das Aussprechen von Wörtern, oder<br />
Spielen auszulösen.<br />
• Einführen von Objekten/Handlungen<br />
bei inaktiven Kindern<br />
• Ablenken der kindlichen Aufmerksamkeit<br />
weg von einem gerade interessierenden<br />
Objekt<br />
• Der kindlichen Führung folgen<br />
Mütterliche referentielle Sprache:<br />
• Kommentieren des Aufmerksamkeits-<br />
Fokus der Kinder, auch elaborative<br />
Kommentare (mit reichen Details,<br />
Aussagen mit Zusatz-Informationen<br />
über gerade ablaufende Ereignisse)<br />
• Hinweisende oder anweisende Sprache<br />
(„Was ist das?“),<br />
• Befehle („Sag mir wer wurde gerufen!“),<br />
• Auswahl-Fragen („Willst Du eine Tasse<br />
oder einen Löffel?“)<br />
Befunde: Kinder haben im 2. Lebensjahr einen besseren Sprachentwicklungsstand,<br />
wenn deren Mütter der Aufmerksamkeit des Kindes häufiger<br />
folgen und eine elaborierte (hohe Erwartungen?) referentielle Sprache<br />
zeigen. Deren Kinder zeigen grössere Wortschatzumfänge und häufigeres<br />
Symbol- und Funktionsspiel.<br />
36<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Spielverhalten und Eltern-Kind-Interaktionen im<br />
zweiten Lebensjahr (Kyoh-Ah et al., 2013)<br />
Alter: 16 – 37 Monate; n = 60 (35 Knaben), je 5 Minuten in einer<br />
Bedingung (einmal mit Vater, einmal mit Mutter)<br />
Strukturierte Aufgabe (K sollen 2<br />
Aufgaben lösen – Formensortierer<br />
und Puzzle)<br />
Freispiel-Setting (K haben keine<br />
spezifischen Anweisungen; 2 Boxen<br />
mit manipulierbaren Dingen, Klötzen,<br />
Bällen, Doktor-Ausrüstung usw.)<br />
Ergebnisse = Vorteile für Freispiel-Setting:<br />
Eltern:<br />
• Mehr kognitives Scaffolding<br />
• Weniger negatives<br />
Erzieherverhalten (ärgerliches<br />
Sprechen, abwertende Stimme)<br />
Kinder:<br />
• Mehr Interaktionen mit Eltern<br />
• Höheres Spiel-Niveau<br />
• Komplexere Sprache<br />
• Komplexere Sprache<br />
37<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Verschiedene Befunde zum Zusammenhang<br />
von Spiel und Sprache bei behinderten Kindern<br />
• Pizzo & Bruce, 2010: Kinder mit Behinderungen, welche höhere<br />
Levels in Kommunikationsfertigkeiten zeigten, zeigten auch mehr<br />
Als-ob und Symbolspiel als Kinder mit tieferen Levels in<br />
Kommunikationsfertigkeiten.<br />
• Barton & Wolery (2010): Vorschulkinder verbesserten in einer<br />
Intervention zur Förderung der Spielfertigkeiten auch ihre<br />
Aussprachefähigkeiten, ohne dass dies ein Ziel der Studie war.<br />
• Lifter & Bloom (1989) (Längsschnittstudien): ähnliche Übergänge<br />
in Spiel und Sprache treten etwa gleichzeitig auf. Z.B. das<br />
Auftreten der Konstruktion von Beziehungen zwischen Objekten im<br />
Spiel und das Auftreten der ersten Wörter, oder simultanes<br />
Entwickeln von Verbenspurt (-explosion) und symbolischen<br />
Tätigkeiten (wie gespieltes Füttern mit einem Löffel).<br />
38<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Sprach- und Spielentwicklung bei Kindern<br />
mit Autismus Spektrum Störung: Bopp & Mirenda (2011)<br />
Längsschnittstudie:<br />
N = 44 K<br />
T<br />
1<br />
T<br />
2<br />
T<br />
3<br />
T<br />
4<br />
T<br />
5<br />
T<br />
6<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />
Alter<br />
• Eingesetzte Sprachtests: <strong>PP</strong>VT (Peabody Picture Vocabulary Test), PLS-3<br />
(Preschool language scale), expressiver One-Word Picture Vocabulary Test und<br />
expressiver PLS.<br />
39<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Sprach- und Spielentwicklung bei Kindern<br />
mit Autismus Spektrum Störung: Bopp & Mirenda (2011)<br />
• Bei Berücksichtigung aller Faktoren war nur noch die kindliche Fähigkeit,<br />
an Spielen und Routinen teilzuhaben ein signifikanter Prädiktor für<br />
Sprachverständnis und Sprachproduktion 4-5 Jahre später!<br />
• Spiele und Routinen: Guck-Guck-Spiel, Backe-backe-Kuchen, „so<br />
gross“ (wie gross bist Du – soooo groooss), Jagdspiele, singen und tanzen.<br />
Lauter Spiele also, welche geteilte Aufmerksamkeit erfordern – zusätzlich<br />
zu anderen Fertigkeiten.<br />
40<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Sprach- und Spielentwicklung bei Kindern<br />
mit Autismus Spektrum Störung: Kasari et al. (2013)<br />
Interventionsgruppen:<br />
- Aufteilung zufällig<br />
- Sehr intensiv (30h/Wo)<br />
Get. Aufmerksamkeit<br />
N = 15<br />
Symbolspiel<br />
N = 14<br />
Kontrollgruppe<br />
N = 11<br />
Baseline (Alter: 3-4 Jahre)<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />
Alter<br />
• Erhebliche Vorsprünge der beiden Interventionsgruppen für<br />
Sprachkompetenzen (z.B. Wortschatz) und kognitive Fähigkeiten.<br />
• Varianzaufklärung: Level get. Aufmerksamkeit: 22%. Spiel-Level: 21%<br />
Frühe Spielkompetenzen wirken positiv auf spätere Sprache!<br />
Follow-Up (nach 5 Jahren)<br />
41<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Zusammenhänge zwischen Spiel und Sprache<br />
im 4. und 5. Lebensjahr: Kirkham et al. (2013)<br />
• Studie mit 60 Kindern zwischen 3 und 4 Jahren, mit erneuter Testung im<br />
5. Lebensjahr<br />
Alter: 3.5<br />
Länge der 5 längsten<br />
Äusserungen<br />
Sprache<br />
Intelligenz<br />
Alter: 4.5<br />
Niveau graph.<br />
Symbolisierungen<br />
Symbolspiel-<br />
Level<br />
Sprache<br />
Ab dem vierten Altersjahr dreht sich die Wirkrichtung:<br />
Sprachkompetenzen wirken positiv auf späteres Spiel-Level!<br />
42<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Humor-Entwicklung<br />
(zusammengestellt nach Schalkhammer, 2008)<br />
Alter<br />
Lächel-, Humor-Variante<br />
Erste Monate Engelslächeln, soziales Wiederlächeln (???)<br />
4 Monate Lächeln bei in Luft hochhalten, Gesicht verstecken, ...<br />
8 Monate Lächeln bei „Gugus dada“, „Ich krieg dich“, Fangspiele,<br />
nachkrabbeln, Bauchküssen, Kniereiten, ...<br />
Lachen wegen ersten Verständnis von Inkongruenz? (Wicki,<br />
2000)<br />
2 – 3 Jahre Lachen bei absichtlichen Inkongruenzen (z.B. einen Hund als<br />
Katze bezeichnen)<br />
4 Jahre Lachen bei inkongruenter Situation, z.B. jemanden am falschen<br />
Ort suchen lassen (Theory of Mind, „first order belief“, Scheiner,<br />
2003). Reime – auch mit Fäkalsprache<br />
6-7 Jahre „Joking facade“: aggressive Absichten mit verbalen Witzen und<br />
Scherz-Gesicht maskieren.<br />
Phonologische Ambiguitäten (Bären – Beeren)<br />
7 Jahre Lexikalische Ambiguitäten (Schlange im Urwald? anstehen!)<br />
8 Jahre Ironie (das Gegenteil vom Gemeinten sagen) – z.B. „Jöööh“<br />
43<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Humor von 3- bis 5-jährigen<br />
(Fitzgerald & Craig-Unkefer, 2008)<br />
44<br />
Kategorie (Typ)<br />
Nicht-sprachlich<br />
Physisch (durch Tätigkeiten<br />
necken)<br />
Streiche mit Hilfsmitteln<br />
Beispiel<br />
Mit den Fingern das Gesicht zu einer Grimasse<br />
ziehen<br />
Gegenstände mit einer Gabel durch die Gegend<br />
katapultieren<br />
Bilder (komische Eigenschaften) Clown-artige Menschen zeichnen (mit<br />
übergrossen Hüten und Schuhen)<br />
Sprachlich<br />
Stimmlich<br />
Tonveränderung mit Hilfsmitteln<br />
Töne austauschen<br />
Verbal (Dinge oder Vorgänge<br />
falsch benennen )<br />
Übertreibung<br />
Necken mit Wörtern<br />
Reime, Singsang, Non-sense Wörter, nichtsprachliche<br />
Töne<br />
Durch ein Rohr sprechen<br />
Ein Schwein gackern lassen<br />
Ein Huhn eine Kuh nennen<br />
Beim Malen sagt ein Kind zur Lehrerin: "Ich<br />
werde dich anmalen!"<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Humor (v.a. Masselos, 2003)<br />
• Inkongruenz als Basis für die Humor-Entwicklung (McGhee, 1979)<br />
• Sprach- (und vermutlich auch anderweitig) beeinträchtigte Kinder<br />
lachen trotz nicht verstandenen Pointen. Vermutlich soziale<br />
Ansteckung.<br />
• Das Verstehen von Witzen ist eine wichtige soziale und sprachliche<br />
Kompetenz!<br />
45<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Humor im Zweitspracherwerb von Erwachsenen<br />
(Bell, 2012)<br />
• Fördert den Erwerb der Sprache besser als „seriöses“ Lernen<br />
• Beispiel: “Ich koche mit Wein. Manchmal gebe ich ihn sogar dem Essen<br />
bei.“ Die zwei möglichen Interpretationen von „mit Wein<br />
kochen“ (syntaktische Inkongruenz) erzeugen hier die Inkongruenz.<br />
• Mögliche Gründe für die höhere Wirksamkeit:<br />
46<br />
– bizarres oder unvertrautes Material wird besser gelernt (McDaniel,<br />
Einstein, DeLosh, May, & Brady, 1995),<br />
– höhere Motivation bei Spass durch Humor (Strick, Holland, van<br />
Baaren, & Van Knippenberg, 2010)<br />
• Es werden dabei sogar längere Sätze gespeichert: “The only way to keep<br />
your good health is to eat what you don’t want, drink what you don’t like, and<br />
do what you’d rather not” (Mark Twain’s ). Statt: “The only way to keep your<br />
good health is to eat good food, drink healthy drinks, and do healthy<br />
activities” (Schmidt, 1994).<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen
Schlussfolgerungen<br />
für LogopädInnen:<br />
• Spiel-Fähigkeiten sind – mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit – eine<br />
notwendige Bedingung für eine gelingende Sprachentwicklung.<br />
• Die beträchtlichen Lernerfolge von Ego-Shooter-Spielen oder des<br />
frühmathematischen SpiF-Projektes zeigen: Für viele sprachliche<br />
Entwicklungsschwierigkeiten ist anzunehmen, dass Spiele (Symbolspiele,<br />
Rollenspiele, Sprachspiele) die zu fördernden Fertigkeiten wirksamer<br />
verbessern als andere Förder-Formen.<br />
• Spielerische Förderung dient in erster Linie dem Üben (wiederholen mit<br />
Variation). Dafür sind 1-2 Lektionen pro Woche oft wenig (zu wenig verteilt,<br />
lange und intensiv). Deshalb sollte der Schwerpunkt auf der Beratung von<br />
Eltern, Kindergärtnerinnen und Lehrpersonen liegen.<br />
• Der elaborierend-herausfordernde Interaktionsstil Erwachsener bringt die<br />
Kinder weiter. Eltern, FrühpädagogInnen und TherapeutInnen sollten<br />
deshalb die Kinder fordern und sie – gerade auch im Spiel – immer wieder<br />
an ihre Grenzen führen, indem sie Komplexität, Überraschungen,<br />
Aktivierung und Variation einbringen.<br />
• Förderung von Humor-Situation und –Kompetenzen erleichtern das<br />
Lernen!<br />
47<br />
Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!<br />
<strong>Bernhard</strong> <strong>Hauser</strong>, Institut für Lehr- und Lernforschung<br />
Pädagogische Hochschule St. Gallen PHSG