Vo Analytische Chemie I Komplexometrie 1
Vo Analytische Chemie I Komplexometrie 1
Vo Analytische Chemie I Komplexometrie 1
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<strong>Vo</strong> <strong>Analytische</strong> <strong>Chemie</strong> I<br />
H. Puxbaum und E. Rosenberg<br />
Institut für Chemische Technologien und Analytik<br />
164.053<br />
2.0 h, WS<br />
Teil 3<br />
1<br />
<strong>Komplexometrie</strong> 1<br />
mehrwertige Kationen<br />
organ. Chelatbildner<br />
= Zentralion = mehrzähniger Ligand<br />
= Elektronenpaar- Akzeptor + = Elektronenpaar- Donator<br />
z.B.: Ca 2+ , Mg 2+ , Fe 3+ , Zn 2+ , z.B.: EDTA,<br />
Hg 2+ , Bi 2+ , Cd 2+ ...<br />
Nitrilotriessigsäure<br />
Triethylentetramin<br />
⇓<br />
Koordinationsverbindung (= Komplex):<br />
• ist stöchiometrisch<br />
• praktisch undissoziiert<br />
• meist gut wasserlöslich<br />
• 5/6- Ringsysteme stabil<br />
• schnelle und quantitative Reaktion<br />
2
<strong>Komplexometrie</strong> 2<br />
EDTA = Ethylendiamintetraessigsäure, Titriplex III, Idranal<br />
Na 2<br />
H 2<br />
Y:<br />
c MeY<br />
• Aminopolycarbonsäure mit K stab<br />
= ————<br />
• vierbasige Säure, d.h. kann 4 H + abgeben ⇒ H 4<br />
Y<br />
H 4<br />
Y + H 2<br />
O H 3<br />
Y - + H 3<br />
O + pk s1<br />
= 1,99<br />
H 3<br />
Y - + H 2<br />
O H 2<br />
Y 2- + H 3<br />
O + pk s2<br />
= 2,67<br />
H 2<br />
Y 2- + H 2<br />
O HY 3- + H 3<br />
O + pk s3<br />
= 6,16<br />
HY 3- + H 2<br />
O Y 4- + H 3<br />
O + pk s4<br />
= 10,26<br />
⇒ pH-abhängige Komplexbildung<br />
• als Natriumsalz gut wasserlöslich<br />
• liegt als Betain (inneres Salz) vor<br />
3<br />
c Me<br />
*c Y<br />
4<br />
<strong>Komplexometrie</strong> 3<br />
Komplexometrische<br />
Titration:<br />
a) Titrationskurven<br />
Cu 2+ /NH 3<br />
und Cd 2+ /CN -<br />
(C 0<br />
= 0,01 mol/L)<br />
b) Titrationskurve von Cu 2+<br />
mit Triethylentetraamin<br />
(„trien“)<br />
c MeY<br />
mit K stab<br />
= ————<br />
c Me<br />
*c Y<br />
←⎯ pCu
<strong>Komplexometrie</strong> 4<br />
Formalismus der logarithmischen Diagramme auch auf die<br />
<strong>Komplexometrie</strong> anwendbar.<br />
Analog zur Umkehrreaktion der Dissoziation einer schwachen<br />
Säure wird die Bildung des Komplexes formuliert mit der<br />
entsprechenden Gleichgewichtskonstanten:<br />
Me + Y MeY<br />
c MeY<br />
mit K stab<br />
= ————<br />
c Me<br />
*c Y<br />
8<br />
Stabilität des Komplexes abhängig von:<br />
• Wertigkeit und Atommasse des Zentralions<br />
• pH- Wert<br />
• Temperatur<br />
• Ionenstärke der Lösung<br />
• Komplexgeometrie, Anzahl der Koordinationsstellen<br />
5<br />
<strong>Komplexometrie</strong> 5<br />
C Y<br />
[Y 4- ]<br />
Verlauf der Konzentration von<br />
[Y 4- ] im pH/log c Diagramm.<br />
Das Reagens liegt nur im<br />
alkalischen Bereich (pK S4 : 10,3)<br />
vorwiegend als Y 4- vor.<br />
[Y 4- ] =f (pH)<br />
[Y 4- ] = [C Y ] * f Y4-
<strong>Komplexometrie</strong> 6<br />
K Stab ‘<br />
Konditionalkonstante<br />
f Y4-<br />
Korrekturfaktor<br />
9<br />
<strong>Komplexometrie</strong> 7<br />
Komplexometrische Titration:<br />
K St‘ pH10<br />
K St<br />
K S4<br />
Pufferpunkt<br />
1. Pufferung im alkalischen Bereich<br />
(Puffertablette mit NH 3 /NH 4+ -Puffer)<br />
Me 2+ + YH 2<br />
2- = MeY 2- + 2 H +<br />
Im Verlauf der Titration werden Protonen<br />
freigesetzt - dadurch Verschiebung des<br />
pH – Werts in saure Richtung<br />
– in Bereiche geringerer Stabilität<br />
des Komplexes<br />
ÄP<br />
Umschlagbereich des EBT<br />
Komplexbildungsreaktionen:<br />
Mg 2+ + EDTAH 2<br />
2- MgEDTA 2- +2 H + K St = 10 8,7<br />
Mg 2+ + EBT MgEBT K St = 10 7<br />
2. Zugabe eines metallochromen<br />
Indikators<br />
Die Stabilitätskonstante (Konditional -<br />
konstante) beim gewählten pH Wert<br />
muss beim Indikator etwas geringer<br />
sein als beim Analyten<br />
10
<strong>Komplexometrie</strong> 8<br />
Metallindikatoren<br />
• organische Farbstoffe<br />
• mehrwertige Säuren<br />
d.h. sie verhalten sich pH-abhängig, Pufferung ist nötig<br />
• Komplexbildung mit Me n+ bewirkt Farbveränderung<br />
• bilden mit Me n+ schwächere Komplexe als EDTA mit Me n+<br />
Wirkungsweise (direkte Titration):<br />
Indikatorreaktion: Me 2+ + Ind 3- =[Me Ind] -<br />
(labiler Me-Indikatorkomplex)<br />
Hauptreaktion: Me 2+ + Y 4- [Me Y] 2-<br />
(Me-EDTA- Komplex mit freiem Me n+ )<br />
Endpunkterkennung: [Me Ind] - + Y 4- =[Me Y] 2- + Ind 3-<br />
(EDTA entzieht Me n+ aus dem labilen Komplex<br />
mit dem Indikator)<br />
11<br />
<strong>Komplexometrie</strong> 9<br />
Metallochrome Indikatoren: Eriochromschwarz T (= EBT)<br />
• dreibasige Säure<br />
[H 2<br />
Ind] - ←⎯→ [HInd] 2- ←⎯→ [Ind] 3-<br />
-H+<br />
-H+<br />
pK S 6,3 pK S 11,6<br />
• Arbeitsbereich: pH 7-11<br />
• Umschlagsverbesserung durch Zusatz von Methylrot<br />
(Puffertablette) rot → grau → grün<br />
12
<strong>Komplexometrie</strong> 10<br />
Werte der Konditionalkonstanten verschiedener EDTA-Komplexe<br />
13<br />
<strong>Komplexometrie</strong> 11<br />
Metallochrome Indikatoren<br />
14
<strong>Komplexometrie</strong> 12<br />
K Stab<br />
K Stab ‘<br />
Titration mit EDTA in NH 3 /NH 4 + – Pufferlösungen<br />
(pH ~10)<br />
Für Aminkomplexbildner (Zn, Cu) ist zu<br />
berücksichtigen:<br />
Zn 2+ + YH 2 2+ ZnY 2- +2 H +<br />
Zn 2+ + 4 NH 3 [Zn(NH 3 ) 4 ] 2+<br />
K Stab ’’ = K Stab ’* f Me2+ = K Stab * f Y4- * f Me2+<br />
log K Stab ’’ = log K Stab + log f Y4- + log f Me2+<br />
K Stab ‘‘<br />
Abbildung:<br />
Verlauf der Konditionalkonstanten K Stab ‘‘<br />
des Zn-EDTA Komplexes als Funktion des<br />
pH-Werts bei [NH 3 /NH 4 + ] = 0,1 M<br />
Beachte: Für quantitative Titration<br />
(Umsatz > 99,9% bzw. nicht umgesetzter<br />
Anteil < 10 -3 ) einer 0,01 M Lösung muss eine<br />
KStab‘‘ von > 10 8 vorliegen (Warum?)<br />
15<br />
<strong>Komplexometrie</strong> 13<br />
Rechenbeispiel:<br />
Ca 2+ + Y 4- = CaY 2- KStab = [CaY 2- ]/[ Ca 2+ ][ Y 4- ]<br />
Anfangskonzentration [Ca 2+ ] = 0,01 M<br />
Äquivalenzpunkt: Ca 2+ = Y 4-<br />
Quantitative Umsetzung (99,9%): [Me 2+ ] < 0,01 * 10 -3<br />
= 10 -5 M<br />
Äquivalenzpunkt: Ca 2+ = Y 4- = x<br />
CaY 2- = C0 – x ~ 0,01<br />
Für CaY: a) pH 5 KStab ’ = 10 4,2 b) pH 11 KStab ’ = 10 10,6<br />
Aus MWG:<br />
Quantitative Umsetzung bei KStab ’ > (0,01)/(10 -5 *10 -5 ) = 10 8<br />
a) pH 5 b) pH 11<br />
KStab ’ = 10 4,2 10 8<br />
Keine quantitative Bestimmung Quantitative Bestimmung<br />
möglich<br />
möglich<br />
x aus MWG = 10 -3,1 (< 10 -5 ) x aus MWG = 10 -6,2 (>10 -5 )<br />
16
Redox – Titrationen 1<br />
Allgemeines zu<br />
Redox -<br />
Reaktionen<br />
17<br />
Redox-Titrationen 1<br />
Moderne Definition von Oxidation und<br />
Reduktion:<br />
Oxidation: Ein Atom oder Molekül gibt<br />
Elektronen ab.<br />
Das Oxidationsmittel oxidiert einen Stoff. Dieser Stoff<br />
verliert Elektronen an das Oxidatonsmittel. Das heißt,<br />
dieser Stoff wird oxidiert. Das Oxidationsmittel selbst wird<br />
reduziert.<br />
Reduktion: Ein Atom oder Molekül nimmt<br />
Elektronen auf.<br />
Ein Reduktionsmittel reduziert einen Stoff. Dieser Stoff<br />
nimmt Elektronen vom Reduktionsmittel auf. Das heißt,<br />
dieser Stoff wird reduziert. Das Reduktionsmittel selbst<br />
wird oxidiert.<br />
18
Redox-Titrationen 2<br />
Ordnet man die Redoxpaare<br />
nach zunehmender<br />
Oxidationskraft der<br />
oxidierten Form, so erhält<br />
man die Tabelle der<br />
Standardpotentiale, die<br />
auch als Spannungsreihe<br />
bezeichnet wird. Hierbei<br />
wird vereinbarungsgemäß<br />
die reduzierte Form links<br />
und die oxidierte Form<br />
sowie die abgegebenen<br />
Elektronen rechts<br />
geschrieben.<br />
19<br />
Redox-Titrationen 3<br />
Allgemein läßt sich eine Redoxreaktion formulieren als:<br />
n Ox 1<br />
+ n* Red* 2<br />
n Red 1<br />
+ n* Ox* 2<br />
,<br />
z.B.: 2 Fe 3+ +2I - 2 Fe 2+ +I 2<br />
.<br />
Die Schreibweise besitzt formale Ähnlichkeit mit<br />
Protolysereaktionen, in denen statt Redoxpaaren konjugierte<br />
Säure-Base-Paare auftreten:<br />
S 1<br />
+B 2<br />
B 1<br />
+S 2<br />
,<br />
z.B.: HAc + NH 3<br />
Ac - +NH 4+<br />
.<br />
Die Lage des Gleichgewichts hängt von der Stärke der<br />
beteiligten Säuren und Basen bzw. von der Stärke der<br />
Oxidations- und Reduktionsmittel ab, d.h. von den Werten für<br />
pK S<br />
, pK B<br />
oder E 10<br />
, E 20<br />
.<br />
20
Redox-Titrationen 4<br />
Beschreibung der Konzentrationsabhängigkeit des<br />
Redoxpotentials: Nernst‘sche Gleichung (1889):<br />
RT [Ox]<br />
E = E 0 + —— ln ———–<br />
zF [Red]<br />
E... Potential des Redoxsystems<br />
E 0 ...Standardpotential<br />
R... universelle Gaskonstante<br />
T... Temperatur<br />
z... Zahl der aufgenommenen bzw., abgegebenen Elektronen<br />
F... FARADAY-Konstante = Ladung von 1 mol Elektronen<br />
[Ox] ... Konzentration der oxidierten Form<br />
[Red] ... Konzentration der reduzierten Form<br />
0,059 [Ox]<br />
Bei 25°C: E = E 0 + ———– log ———–<br />
z [Red]<br />
21<br />
Redox-Titrationen 5<br />
Gleichgewichtspotential einer beliebigen Redoxreaktion:<br />
n Ox 1<br />
+ n* Red* 2<br />
n Red 1<br />
+ n* Ox* 2<br />
aus den jeweiligen Nernst‘schen Gleichungen:<br />
0,059 [Ox]<br />
E = E 0 + ——— log ———–<br />
z [Red]<br />
0,059 [Ox*]<br />
E = E* 0 + ——— log ———–<br />
z [Red*]<br />
n E<br />
E ÄP = ———————<br />
0 + n*E* 0<br />
n + n*<br />
22
Redox-Titrationen 6<br />
Potentialwerte während der Titration und<br />
Gleichgewichtspotential einer Redoxreaktion:<br />
z.B.: a) Ce 4+ +Fe 2+ Ce 3+ +Fe 3+<br />
und b) 2 Ce 4+ +U 4+ + 2 H 2<br />
O 2Ce 3+ +UO 2<br />
2+<br />
+ 4 H +<br />
Titration<br />
E 0<br />
E* 0<br />
Potential<br />
(V)<br />
50%<br />
100%<br />
200%<br />
A<br />
B<br />
+1,70<br />
(Ce 4+ )<br />
+1,70<br />
(Ce 4+ )<br />
+0,771<br />
(Fe 2+ )<br />
+0,334<br />
(U 4+ )<br />
0,771<br />
0,334<br />
1,24<br />
O,789<br />
1,70<br />
1,70<br />
23<br />
Redox-Titrationen 7<br />
Titrationskurven der Titration mit Ce(IV):<br />
24
Redox-Titrationen 7<br />
Indikation bei Redox-Titrationen:<br />
1) Elektrochemisch (Potentialmessung mittels Elektroden)<br />
2) Durch Eigenfärbung des Oxidationsmittels (z.B.<br />
Kaliumpermanganat oder Dichromat)<br />
3) Durch Redox-Indikatoren = meist reversibel oxidierbare<br />
oder reduzierbare organische Farbstoffe mit<br />
unterschiedlicher Farbe in oxidierter und reduzierter Form,<br />
z.B.: Ferroin = Fe(II)-1,10-Phenanthrolin-Komplex:<br />
+ e- <br />
Fe 3+ Fe 2+<br />
Oxidiertes Ferroin<br />
schwachblau<br />
Reduziertes Ferroin<br />
rot<br />
25<br />
Redox-Titrationen 8<br />
Zahlreiche spezielle Formen der Redox-Titrationen. Oft nach<br />
dem eingesetzten Oxidationsmittel benannt, z.B.:<br />
1) Permanganatometrie: KMnO 4<br />
Im sauren: MnO 4- + 8 H 3 O + + 5e - Mn 2+ + 12 H 2 O E 0 =1,50 V<br />
Im neutralen und basischen:<br />
MnO 4- + 4 H 3 O + + 3e - MnO 2 + 6 H 2 O E 0 =1,70 V<br />
2) Dichromatometrie: K 2 CrO 7<br />
Cr 2 O<br />
2-<br />
7 + 14 H 3 O + + 6e - 2 Cr 3+ + 21 H 2 O<br />
3) Cerimetrie: Ce 4+ (als Ce-perchlorat)<br />
Ce 4+ + e - Ce 3+<br />
E 0 =1,33 V<br />
E 0 =1,70 V<br />
4) Iodometrie: I 2<br />
I 2 + 2e - 2 I -<br />
E 0 =0,54 V<br />
(Rücktitration mit Thiosulfat: 2 S 2 O 3<br />
2-<br />
+ I 2 S 4 O 6<br />
2-<br />
+ 2 I - )<br />
26
Redox-Titrationen 9<br />
4) Iodometrie (Fortsetzung): I 2<br />
wegen Instabilität der Lösung ist Stellen erforderlich, z.B. gegen<br />
As 2 O 3 (→ Urtitersubstanz !):<br />
AsO<br />
3-<br />
3 + I 2 + 3 H 2 O AsO<br />
3-<br />
4 + 2 H 3 O + + 2 I -<br />
Indikation mittels Stärke-Lösung: Ausbildung eines<br />
Einlagerungs-Komplexes<br />
Wichtig für die Wasser-Bestimmung nach Karl-Fischer:<br />
I 2 + SO 2 + 2 H 2 O H 2 SO 4 + 2 HI (in MeOH/Pyridin)<br />
5) Bromatometrie: NaBrO 3<br />
BrO 3- + 6 H 3 O + + 6e - Br - + 9 H 2 O E 0 =1,44 V<br />
Endpunktserkennung:<br />
BrO 3- + 5 Br -<br />
27<br />
3 Br 2 + 9 H 2 O ⇒ entfärbt z.B. Methylrot<br />
Redox-Titrationen 10:<br />
Anwendungsbeispiele<br />
28
Redox-Titrationen 11:<br />
Anwendungsbeispiele<br />
29<br />
Heterogene<br />
Dissoziationsgleichgewichte<br />
Das heterogene Gleichgewicht zwischen der gesättigten Lösung<br />
eines Salzes und seinem festen Bodenkörper wird durch das<br />
Löslichkeitsprodukt beschrieben. Die Gleichgewichtsreaktion kann<br />
formuliert werden als:<br />
AB(s) A + (aq) + B - (aq)<br />
oder vereinfacht:<br />
AB A + + B -<br />
Dynamisches Gleichgewicht: im Zeitmittel gehen ebensoviele<br />
Ionen in Lösung wie an der Kristalloberfläche auskristallisieren.<br />
⇒ Die Konzentration der gesättigten Lösung bleibt konstant.<br />
Das Massenwirkungsgesetz lautet dann:<br />
K = —————<br />
[A + ] [B - ]<br />
[AB]<br />
33
Heterogene<br />
Dissoziationsgleichgewichte 2<br />
Vereinfachende Annahme: Aktivität des (reinen) Feststoffs = 1<br />
⇒ kann daher in der Gleichgewichtskonstanten K zu einer neuen<br />
Konstanten K LP , dem Löslichkeitsprodukt zusammengefaßt<br />
werden. Die Gleichgewichtsbedingung lautet dann:<br />
K LP = [A + ] · [B - ]<br />
Die Form der Beziehung für das Löslichkeitsprodukt hängt von<br />
der Stöchiometrie des Salzes ab. So gilt für ein Salz vom Typ AB 2<br />
AB 2<br />
A 2+ + 2 B - und damit L = [A 2+ ] · [B - ] 2<br />
Für [A + ] · [B - ]< K LP : keine gesättigte Lösung, d.h. der<br />
Bödenkörper fehlt.<br />
Für [A + ] · [B - ]> K LP : Salz muß auskristallisieren bzw. es liegt<br />
eine übersättigte Lösung vor, die thermodynamisch instabil und<br />
nur zeitlich begrenzt haltbar ist.<br />
34<br />
Heterogene<br />
Dissoziationsgleichgewichte 3<br />
Annahme:<br />
AB A + + B -<br />
Salz ist sowohl in<br />
ionischer als auch<br />
in molekularer<br />
Form löslich.<br />
pK LP = 8<br />
a) L > √K LP<br />
b) L < √K LP<br />
35
Heterogene<br />
Dissoziationsgleichgewichte 4<br />
Beispiel 1:<br />
Wie hoch ist die Konzentration einer gesättigten AgCl-<br />
Lösung, wenn K LP (AgCl) = 1,7 · 10 -10 mol 2 l -2 ist?<br />
AgCl Ag + + Cl -<br />
K LP = [Ag + ] · [Cl - ] / [AgCl]<br />
K LP = [Ag + ] 2<br />
[Ag + ]= √(1,7 · 10 -10 mol 2 l -2 ) = 1,3 · 10 -5 mol l -1<br />
Die Stoffmengenkonzentration an AgCl ist ebenfalls<br />
1,3·10 -5 mol/l; demnach wäre die Massenkonzentration<br />
= 1,3·10 -5 mol/l. 143,3 g/mol = 1.86·10 -3 g/l.<br />
36<br />
Heterogene<br />
Dissoziationsgleichgewichte 5<br />
Beispiel 2:<br />
Die Konzentration der gesättigten Lösung von Calciumfluorid<br />
soll berechnet werden. K LP (CaF 2<br />
) = 3,9·10 -11 mol 3 l -3 .<br />
CaF 2 Ca 2+ + 2 F -<br />
K LP = [Ca 2+ ] · [F - ] 2 / [CaF 2 ]<br />
Annahme: [Ca 2+ ]= x ⇒ [F - ]= 2x<br />
L = x·(2x) 2<br />
L = 4x 3<br />
⇒ x = 2,14·10 -4 mol/l = [Ca 2+ ]<br />
Weil die Konzentration von CaF 2<br />
ebenso hoch ist wie die<br />
Konzentration an Ca 2+ -Ionen, beträgt die Löslichkeit des Salzes<br />
2,14·10 -4 mol/l. (Ein Vergleich mit dem ersten Beispiel zeigt, daß<br />
CaF 2<br />
trotz kleineren Zahlenwertes des Löslichkeitsprodukts eine<br />
37<br />
höhere molare Löslichkeit besitzt.)
Heterogene<br />
Dissoziationsgleichgewichte 6<br />
Beispiel 3: Einfluss des gleichionigen Zusatzes<br />
Wie hoch ist die Löslichkeit von Bariumsulfat (K LP<br />
= 1,5·10 -9 mol 2 l -2 )<br />
in einer Schwefelsäurelösung mit einer c = 0,01 mol/l?<br />
BaSO 4<br />
Ba 2+ + SO<br />
2-<br />
4<br />
K LP<br />
= [Ba 2+ ]·[SO<br />
2-<br />
4<br />
]<br />
⇒ [Ba 2+ ]= K LP<br />
/ [SO<br />
2-<br />
4<br />
]<br />
Annahmen: a) Schwefelsäure liegt vollständig dissoziiert vor;<br />
b) Sulfationen, die vom ohnehin wenig löslichen BaSO 4<br />
stammen,<br />
gegenüber der Konzentration von 0,01 mol/l vernachlässigbar;<br />
⇒ Gleichgewichtskonzentration an Sulfat: 0,01 mol/l.<br />
⇒ [Ba 2+ ] = 1,5·10 -9 mol 2 l -2 / 0,01 mol l -1 = 1,5·10 -7 mol l -1<br />
Die Löslichkeit von Bariumsulfat in reinem Wasser wäre, da dann<br />
[Ba 2+ ] = [SO 4<br />
2-<br />
] und dementsprechend:<br />
38<br />
[Ba 2+ ]= √K LP = √ (1,5·10 -9 mol 2 l -2 ) = 3,9 ·10 -5 mol l -1<br />
Heterogene<br />
Dissoziationsgleichgewichte 7<br />
Einfluss des gleichionigen Zusatzes<br />
Kann in Ausnahmefällen auch zu einer Erhöhung der Löslichkeit<br />
führen, wenn als Konkurrenzreaktion eine Komplexierung auftritt.<br />
Beispiel: Komplexierung von AgCl durch überschüssiges Cl -<br />
[AgCl] s<br />
Ag + + Cl -<br />
Ag + + Cl - AgCl aq<br />
AgCl aq<br />
+ Cl - [AgCl 2<br />
] -<br />
[AgCl] s<br />
+ Cl - [AgCl 2<br />
] -<br />
39
Heterogene Dissoziationsgleichgewichte 8<br />
Fremdioniger Zusatz: Erhöht die Löslichkeit durch Einfluss auf die<br />
Aktivitätskoeffizienten<br />
Aktivitätskoeffizient f:<br />
a = f*c<br />
Ionenstärke I: I = ½Σ(c i z i ²) z i Ionenladungszahl<br />
Für mäßig konzentrierte Lösungen gilt:<br />
_<br />
log f i = - (A * z² * √I ) / (1+√I)<br />
A = 0,509 (Konstante)<br />
Beispiel:<br />
AgCl K L = 10 -10 Löslichkeit in Wasser: L = √ K L = 10 -5<br />
Fremdioniger Zusatz von 0,1M NaI:<br />
1. Ionenstärke: I = ½(c Na+*1² + c Cl-*1²) = 0,1<br />
2. f = 0,76 ____<br />
3. K L = c Ag+ . c Cl- . f² L = √K L/f² = 1,3*10 -5 44<br />
43<br />
Heterogene<br />
Dissoziationsgleichgewichte<br />
9<br />
Löslichkeit<br />
schwerlöslicher<br />
Salze als Funktion<br />
des pH-Wertes der<br />
Lösung
Löslichkeit<br />
schwerlöslicher<br />
Sulfide als<br />
Funktion des<br />
pH-Wertes der<br />
Lösung<br />
Heterogene Dissoziationsgleichgewichte<br />
10<br />
Basische<br />
H 2 S-<br />
Fällung<br />
Saure<br />
H 2 S-<br />
Fällung<br />
45<br />
Heterogene Dissoziationsgleichgewichte<br />
11<br />
Löslichkeit schwerlöslicher Hydroxide als Funktion des pH-<br />
Wertes der Lösung<br />
46
Heterogene Dissoziationsgleichgewichte<br />
12<br />
Konkurrierende Reaktionen:<br />
⇒Ermöglichen das Umfällen von Niederschlägen, wenn deren<br />
Löslichkeitsprodukte nicht „zu unterschiedlich“ sind<br />
Beispiel:<br />
Umwandlung des BaSO 4 -Niederschlags nach der Fällung in der<br />
Ca-Gruppe in BaCO 3<br />
[BaSO 4<br />
] s<br />
Ba 2+ + SO<br />
2-<br />
4<br />
pK 1<br />
= 10 (= pK LP<br />
)<br />
Ba 2+ + CO<br />
2-<br />
3<br />
[BaCO 3<br />
] s<br />
pK 2<br />
= -8,16 (= -pK LP<br />
)<br />
[BaSO 4<br />
] s<br />
+ CO<br />
2-<br />
3<br />
[BaCO 3<br />
] s<br />
+ SO<br />
2-<br />
4<br />
pK 3<br />
= 1,84<br />
⇒ K 3<br />
= 0,015<br />
47<br />
Heterogene Dissoziationsgleichgewichte<br />
13<br />
Konkurrierende Reaktionen:<br />
⇒Erlauben die Beurteilung (Berechnung), welcher von zwei<br />
Niederschlägen sich in Anwesenheit zweier Fällungsreagenzien<br />
bildet<br />
Beispiel:<br />
Einer Lösung mit c= 0,01 Mol/l Ni 2+ werden zuerst OH - , dann<br />
S 2- Ionen zugesetzt. Welcher Niederschlag bildet sich ?<br />
[Ni(OH) 2<br />
] s<br />
Ni 2+ + 2 OH - pK 1<br />
= 13,8 (= pK LP<br />
)<br />
Ni 2+ + S 2- [NiS] s<br />
pK 2<br />
= -20 (= -pK LP<br />
)<br />
[Ni(OH) 2<br />
] s<br />
+ S 2- [NiS] s<br />
+ 2 OH - pK 3<br />
= -6.2<br />
⇒ K 3<br />
= 1,58.10 6<br />
⇒ der Ni(OH) 2<br />
-Niederschlag wird vollständig in NiS umgewandelt.<br />
Generell: Der besser lösliche wird in den schlechter löslichen<br />
Niederschlag umgewandelt !<br />
48
52<br />
53
54<br />
55
56<br />
a) Nichtlogarithmisches<br />
und b) halblogarithmisches<br />
Diagramm der<br />
fraktionierten Fällung von<br />
AgI und AgCl.<br />
C 0 (I - ) = 0,3 und<br />
C 0 (Cl - ) = 0,5 mol/L<br />
57
59<br />
60
Logarithmisches Diagramm zur Argentometrie (Silbersalz-Fällung)<br />
Indikator-Umschlagsintervall für 0,1% Titrationsgenauigkeit für AgCl<br />
61<br />
62
63<br />
64
65<br />
66
67<br />
68
2. Chemische Analysenmethoden<br />
2.1 Gravimetrie<br />
2.2 Maßanalyse (<strong>Vo</strong>lumetrie)<br />
2.3 Thermoanalyse<br />
69<br />
Thermoanalytische Verfahren<br />
Definition:<br />
Oberbegriff für Methoden, bei denen physikalische und<br />
chemische Eigenschaften eines Stoffes, eines<br />
Substanzgemisches oder von Reaktionsgemischen als<br />
Funktion der Temperatur gemessen werden, wobei die<br />
Probe einem kontrollierten Temperaturprogramm<br />
unterworfen ist.<br />
• Thermogravimetrie<br />
• Thermische Analyse<br />
• Kalorimetrische Verfahren<br />
70
Thermoanalytische Verfahren<br />
Thermogravimetrie<br />
Meßprinzip:<br />
Beruht auf Massenänderung der Probe in Abhängigkeit<br />
von der Temperatur.<br />
Daher beschränkt auf Zerfalls- und Oxidationsreaktionen,<br />
sowie Verfolgung physikalischer Prozesse wie<br />
Verdampfung, Sublimation und Desorption.<br />
Meßanordnung:<br />
Empfindliche Waage, Ofen zur Erzeugung des<br />
Temperaturprogrammes, <strong>Vo</strong>rrichtungen zum Erzeugen<br />
einer inerten oder reaktiven Atmosphäre.<br />
71<br />
Thermoanalytische Verfahren<br />
Thermogravimetrie<br />
Schematischer Aufbau eines thermogravimetrischen<br />
Analysengerätes<br />
72
Thermoanalytische Verfahren<br />
Thermogravimetrische Kurven<br />
Links: Klassifizierung nach Reaktionsarten,<br />
rechts: Thermogravimetrische Simultanbestimmung<br />
von Calcium-, Strontium- und Bariumoxalat.<br />
73<br />
Thermoanalytische Verfahren<br />
Thermogravimetrie<br />
PVC...Polyvinylchlorid<br />
PI...Polypyromellitimid<br />
PMMA...Polymethylmethacrylat<br />
HPPE...Hochdruckpolyethylen<br />
PTFE...Polytetrafluorethylen<br />
Thermogravimetrische Charakterisierung von<br />
Polymeren<br />
74
Thermoanalytische Verfahren<br />
Thermogravimetrie<br />
Thermogravimetrische Quantifizierung von Ruß in<br />
Polyethylen (Reifen)<br />
75<br />
Thermoanalytische Verfahren<br />
Differenz-Thermoanalyse (DTA)<br />
Meßprinzip:<br />
Beruht auf Messung der Temperaturdifferenz zwischen<br />
Probe und einer inerten Referenzverbindung in<br />
Abhängigkeit von der Temperatur.<br />
Referenzverbindung: Aluminiumoxid, Siliciumcarbid,<br />
Glaskugeln<br />
Verwendung:<br />
Analyse von Polymeren, Tonmineralien, Silikaten,<br />
Katalysatoren, Unterscheidung von Harn- und<br />
Blasensteinen, Ermittlung von Phasendiagrammen<br />
(Schmelz-, Siede- und Zerfallspunkte)<br />
76
Thermoanalytische Verfahren<br />
Differenz-Thermoanalyse (DTA)<br />
a.)<br />
b.)<br />
Charakteristische Kurven zur Thermoanalyse:<br />
a) Vergleich zwischen Thermoanalyse und Differenz-<br />
Thermoanalyse (DTA),<br />
b) Charakteristische Signalformen der DTA.<br />
77<br />
Thermoanalytische Verfahren<br />
Differenz-Thermoanalyse (DTA)<br />
Gerätetechnik zur Differenz-Thermoanalyse (DTA):<br />
a) Aufbau einer DTA-Messzelle<br />
b) Probenhalterung<br />
78
Thermoanalytische Verfahren<br />
DTA - Anwendungsbeispiele<br />
DTA-Mikroanalyse von Blasen- und Harnsteinen<br />
79<br />
Thermoanalytische Verfahren<br />
DTA - Anwendungsbeispiele<br />
1...Glasübergang<br />
2...Kristallisation<br />
3...Schmelzvorgang<br />
5...Oxidationsvorgang<br />
(4...keine Oxidation)<br />
6... Zersetzung<br />
Werte in Klammern = Siedepunkte<br />
7...Nylon 66 (257°C)<br />
6...Nylon 6 (220°C)<br />
5...Polyoxymethylen (174°C)<br />
4...Polypropylen (165°C)<br />
3...Niederdruckpolyethylen (127°C)<br />
2...Hochdruckpolyethylen (108°C)<br />
1...Polytetrafluorethylen (340°C)<br />
DTA-Kurven für sieben Polymere im Gemisch.<br />
Darüber: Mögliche Umwandlungspunkte bei einem<br />
Polymer<br />
80
Thermoanalytische Verfahren<br />
DTA - Anwendungsbeispiele<br />
Links: DTA-Kurven<br />
natürlicher Tonminerale<br />
Rechts: Unterscheidung von<br />
Mikroorganismen.<br />
81<br />
Thermoanalytische Verfahren<br />
Differential Scanning Calorimetry (DSC)<br />
Messprinzip:<br />
Wärmefluss in eine Probe und eine Referenzsubstanz<br />
wird während eines kontrollierten Temperaturprogrammes<br />
gemessen.<br />
Im Gegensatz zur DTA ist die DSC eine kalorimetrische<br />
Analyse, d.h. Energien werden direkt ausgewertet und<br />
nicht Temperaturdifferenzen ⇒ leistungsfähigste<br />
Methode der Thermoanalyse<br />
82
Thermoanalytische Verfahren<br />
Differential Scanning Calorimetry (DSC)<br />
Verwendung:<br />
Wie DTA, jedoch exaktere Ergebnisse und direkte<br />
Ermittlung kalorischer Größen möglich.<br />
Da Reaktionen stets von merklichen Enthalpieänderungen<br />
begleitet sind, ist das Einsatzgebiet sehr<br />
groß und reicht von Reinheitsüberprüfungen<br />
pharmazeutischer Wirkstoffe bis zur Untersuchung von<br />
Kristallisationsvorgängen in Polymeren.<br />
83<br />
Thermoanalytische Verfahren<br />
Differential Scanning<br />
Calorimetry<br />
Gerätetechnik zur<br />
Differential Scanning<br />
Calorimetry (DSC)<br />
84