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Die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Immobilienrecht

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SVIT Zürich „Stehlunch“<br />

7. November 2013<br />

<strong>Die</strong> jüngste <strong>Rechtsprechung</strong> <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichts<br />

<strong>zum</strong> <strong>Immobilienrecht</strong><br />

– eine Auswahl –<br />

Dr. Boris Grell, LL.M., Fachanwalt SAV<br />

Bau– und <strong>Immobilienrecht</strong><br />

Obstgartenstrasse 28, Postfach<br />

CH-8021 Zürich<br />

Tel. +41 (0)44 268 10 00<br />

Fax +41 (0)44 268 10 01<br />

boris.grell@hodler-zh.ch<br />

www.hodler.ch


Ablauf / Zeitverhältnisse<br />

1. Präsentation ausgewählter Entscheide (ca. 30 min.)<br />

‣ Qual der Wahl !<br />

‣ Publikationen aus den Bereichen<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Stockwerkeigentum<br />

Steuerrecht<br />

Mietrecht<br />

Sachen- und Grundbuchrecht<br />

Planungsrecht / Bäuerliches Bodenrecht<br />

‣ Exkurs: Gesetzesentwürfe und Revisionen – status quo<br />

2. Fragen und Diskussion (ca. 10 min.)<br />

Dr. Boris Grell<br />

2


Fall – Übersicht<br />

Stockwerkeigentum / Steuerrecht<br />

‣ Nutzungs-/ Zweckänderung im Stockwerkeigentum<br />

• Ist die Zustimmung sämtlicher Stockwerkeigentümer erforderlich oder reicht<br />

ein Mehrheitsbeschluss, um einem Stockwerkeigentümer über eine<br />

Reglementsänderung den Betrieb einer Kinderkrippe zu verbieten?<br />

‣ <strong>Die</strong> verkaufte Aussicht: Steuerliche Behandlung<br />

• Wie wird die Entrichtung eines Entgelts für den Verzicht auf ein Bauverbot<br />

steuerlich behandelt?<br />

• Wie verhält es sich bei der Bezahlung einer Entschädigung für den Rückzug<br />

einer Einsprache gegen ein benachbartes Bauvorhaben?<br />

Dr. Boris Grell<br />

3


Fall – Übersicht<br />

Mietrecht<br />

‣ Kündigung Untermiete<br />

• Wer kann dem Unter-Mieter kündigen, nachdem das Haupt-Mietverhältnis<br />

übertragen wurde: Der Hauptvermieter; der alte oder der neue (Haupt-)<br />

Mieter?<br />

‣ Kettenverträge im Mietrecht<br />

• Sind mietrechtliche Kettenverträge an sich unzulässig?<br />

• Wer muss die Missbräuchlichkeit von Kettenverträgen beweisen?<br />

Dr. Boris Grell<br />

4


Fall – Übersicht<br />

Sachen- und Grundbuchrecht<br />

‣ Neues zur Auslegung von Fuss- und Fahrwegrechten<br />

• Wie sind Fuss- und Fahrwegrechte auszulegen, insbesondere wenn die<br />

heutigen Streitparteien den ursprünglichen Grunddienstbarkeitsvertrag nicht<br />

unterzeichnet haben?<br />

• Im Speziellen: Wie breit ist eigentlich ein „normales“ Fuss- und Fahrwegrecht?<br />

Dr. Boris Grell<br />

5


Fall – Übersicht<br />

Planungsrecht / Bäuerliches Bodenrecht<br />

‣ Entschädigungspflicht bei Rückzonung?<br />

• Muss ein Grundeigentümer immer entschädigt werden, wenn sein<br />

Grundstück aus einer überdimensionierten Bauzone neu einer<br />

Landschaftsschutzzone zugewiesen wird?<br />

‣ Bäuerliches Bodenrecht bei Parkanlage?<br />

• Fällt ein Grundstück in der Landwirtschaftszone immer unter das (strenge)<br />

BGBB, wenn es seit langer Zeit gar nicht landwirtschaftlich genutzt wird?<br />

Dr. Boris Grell<br />

6


Exkurs: Gesetzesentwürfe und Revisionen<br />

Status Quo<br />

‣ Neue Verjährungsregelungen im Kauf- und Werkvertragsrecht,<br />

v. a. auch bei Immobilienbezug<br />

‣ Entsendungsgesetz: Strengere Subunternehmer-Haftung<br />

‣ Mehrwertsteuergesetz: MwSt.-Pflicht ab „Baubeginn“<br />

‣ Zweitwohnungsinitiative: Gesetz und Verordnung<br />

‣ Bewilligungsgesetz / Lex Koller: Verschärfung?<br />

‣ SIA-Norm 118, Ausgabe 2013<br />

‣ Neu Formularpflicht Anfangsmietzins (Kanton Zürich)<br />

‣ Grundstückgewinnsteuer (Kanton Zürich)<br />

‣ Neue Bau- und Zonenordnung BZO (Stadt Zürich), etc.<br />

Dr. Boris Grell<br />

7


Stockwerkeigentum<br />

Nutzungs- / Zweckänderung im Stockwerkeigentum<br />

‣ Sachverhalt (BGer 5A_352/2012 vom 27. November 2012)<br />

• 12. Mai 2006: Begründung Stockwerkeigentum samt Reglement.<br />

• Ab 2008: Stockwerkeigentümerin A versucht, in ihren 3 StWE-Einheiten eine<br />

Kinderkrippe zu einzurichten.<br />

• Doch: Eine Mehrheit der Stockwerkeigentümer ist dagegen.<br />

• Daher am 5. Mai 2010 (ord. StWE-Versammlung): Reglementsänderung,<br />

wonach in den StWE-Einheiten von A jegliche Kinderbetreuung verboten ist.<br />

• StWE-Beschluss (gemäss Reglement) mit doppeltem Mehr gefasst, d. h. mit<br />

der Mehrheit der Stockwerkeigentümer UND der Mehrheit der Wertquoten.<br />

• Gleichzeitig: Veto-Recht gemäss Reglement bleibt bestehen: Bei<br />

schwerwiegenden Einschränkungen ist [mind.] die Zustimmung <strong>des</strong><br />

betroffenen Stockwerkeigentümers notwendig (so auch die Rechtslehre).<br />

Dr. Boris Grell<br />

8


Stockwerkeigentum<br />

Nutzungs-/Zweckänderungen im Stockwerkeigentum<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichts<br />

• Ausgangspunkt Art. 712a Abs. 2 ZGB:<br />

„Der Stockwerkeigentümer ist in der Verwaltung, Benutzung und baulichen<br />

Gestaltung seiner eigenen Räume frei, darf jedoch keinem anderen<br />

Stockwerkeigentümer die Ausübung <strong>des</strong> gleichen Rechts erschweren […]“<br />

• <strong>Die</strong>se Exklusiv-Rechte werden vermutet, können aber im Rahmen der<br />

Rechtsordnung durch 1) Gesetz oder 2) Vereinbarung (Begründungsakt,<br />

Reglement, etc.) beschränkt werden.<br />

• Aber: Reicht hier das doppelte Mehr? vgl. Veto-Recht im Reglement<br />

• Zudem: Anwendbarkeit allgemeine Bestimmungen Miteigentum im StWE?<br />

Doppeltes Mehr reicht bei eingeschr. Benutzungsrecht (647b Abs. 2 ZGB)<br />

Nur bei Zweckänderungen müssen alle zustimmen (648 Abs. 2 ZGB).<br />

Dr. Boris Grell<br />

9


Stockwerkeigentum<br />

Nutzungs-/Zweckänderungen im Stockwerkeigentum<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichts (2)<br />

• Zweckänderung = Veränderung der wirtschaftlichen Bestimmung <strong>des</strong><br />

Stockwerkeigentums in bedeutendem Mass (modification „de façon profonde<br />

et significative„).<br />

• Vorliegend: Vor und nach der Reglementsänderung sind die 3 StWE-<br />

Einheiten für Wohnungen und die Nutzung durch einen <strong>Die</strong>nstleister<br />

bestimmt. <strong>Die</strong> Stockwerkeigentümerin B kann – trotz der Einschränkung der<br />

Nutzung – die StWE-Einheiten immer noch für eine ganze Reihe von<br />

Tätigkeiten nutzen.<br />

• Daher: Kein schwerwiegender Eingriff in das Benutzungsrecht von A<br />

gemäss Reglement und keine Zweckänderung <strong>des</strong> StWE gemäss Gesetz<br />

• Daher: Reglementsänderung ist auch ohne die Zustimmung von A gültig.<br />

Dr. Boris Grell<br />

10


Stockwerkeigentum<br />

Nutzungs-/Zweckänderungen im Stockwerkeigentum<br />

‣ Schlussfolgerungen und Lernpunkte<br />

• Ernüchtern<strong>des</strong> Bild vom Stockwerkeigentum als DER modernen Form <strong>des</strong><br />

Wohnens.<br />

• Stockwerkeigentum ist keine besondere Form von Alleineigentum, sondern<br />

vielmehr (nur) eine besondere Form von Miteigentum.<br />

• Eugen Huber (als „Vater“ <strong>des</strong> ZGB), angesprochen auf die ursprünglich<br />

(1912) und aufgrund der Erfahrungen mit den entsprechenden<br />

kantonalrechtlichen Bestimmungen nicht vollzogene Aufnahme <strong>des</strong> Instituts<br />

<strong>des</strong> Stockwerkeigentums als Quelle von Streitigkeiten: „Ein halbes Haus ist<br />

eine halbe Hölle …“.<br />

Dr. Boris Grell<br />

11


Steuerrecht<br />

<strong>Die</strong> verkaufte Aussicht: Steuerliche Behandlung<br />

‣ Sachverhalt (BGer 2C_1151/2012 vom 3. Juni 2013)<br />

• Jahr 2002: A ist Eigentümer von zwei Liegenschaften, zugunsten deren im<br />

Grundbuch ein Bauverbot auf drei Nachbarparzellen eingetragen ist.<br />

• Jahr 2006: Löschung der Grunddienstbarkeit und Rückzug der Einsprache.<br />

Im Gegenzug Überlassung einer zukünftigen Attikawohnung (im StWE) und 3<br />

Garagenparkplätze (im Miteigentum).<br />

• Veranlagungsverfügung 2010: CHF 2.335 Mio. (als Einkommen natürlicher<br />

Personen; Privatvermögen)<br />

• Einsprache von A und neue Veranlagung auf CHF 2.135 Mio. sowie Abzug<br />

der damaligen Gestehungskosten <strong>des</strong> Bauverbots in der Höhe von CHF<br />

10‘000<br />

• Verwaltungsgericht Schwyz: Bestätigung der neuen Veranlagung.<br />

• … und das Bun<strong>des</strong>gericht?<br />

Dr. Boris Grell<br />

12


Steuerrecht<br />

<strong>Die</strong> verkaufte Aussicht: Steuerliche Behandlung<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichts<br />

• Bei 1. Rückzug einer Einsprache und 2. Löschung einer Grunddienstbarkeit,<br />

beide gegen Entgelt. Liegt :<br />

– ein steuer-barer Vermögens- resp. Kapitalertrag vor oder aber<br />

– ein steuer-freier Vermögens- bzw. Kapitalgewinn aus der Veräusserung<br />

von Privatvermögen vor?<br />

• Grundsatz: <strong>Die</strong> Steuerfreiheit privater Kapitalgewinne ist eine<br />

„systemwidrige Ausnahme“ und daher zurückhaltend auszulegen.<br />

• Zudem: Unerlässliche Voraussetzung <strong>des</strong> steuerfreien Kapitalgewinns ist<br />

eine Gesamt- oder Teilveräusserung von dinglichen oder obligatorischen<br />

Rechten. <strong>Die</strong>se Rechte verlassen das Eigentum der veräussernden Person<br />

und schmälern vorübergehend (d. h. bis <strong>zum</strong> Eintreffen der Gegenleistung)<br />

die Substanz.<br />

Dr. Boris Grell<br />

13


Steuerrecht<br />

<strong>Die</strong> verkaufte Aussicht: Steuerliche Behandlung<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichts (2)<br />

• 1. Beim Rückzug einer Baueinsprache:<br />

<br />

Kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der vertraglichen<br />

Abmachung auf den entgeltlichen Rückzug einer Baueinsprache und<br />

der eigentlichen Veräusserung der durch das Bauvorhaben<br />

tangierten Parzelle.<br />

Zudem: Sittenwidrigkeit eines entgeltlichen Rückzugs nach Art. 20<br />

OR im Fall der „Kommerzialisierung eines Verzichts“ (BGE<br />

4A_657/2011 vom 8. Februar 2012 und BGE 123 III 101 E. 2c; <br />

Fall <strong>Die</strong>tikon, Erpressung)<br />

• 2. … und bei der Löschung einer Grunddienstbarkeit?<br />

Dr. Boris Grell<br />

14


Steuerrecht<br />

<strong>Die</strong> verkaufte Aussicht: Steuerliche Behandlung<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichts (3)<br />

• 2. Bei der Löschung einer Grunddienstbarkeit:<br />

<br />

<br />

Der (gesetzlich geregelten, Art. 12 Abs. 2 lit. c StHG) Belastung<br />

eines Grundstücks mit einer unbefristeten, negativen <strong>Die</strong>nstbarkeit<br />

wird<br />

die (gesetzlich nicht explizit geregelte) Löschung einer solchen<br />

<strong>Die</strong>nstbarkeit (sprich das damals miterworbene Bauverbot zugunsten<br />

<strong>des</strong> Grundstücks) gleichgestellt und als Teilveräusserung nach Art.<br />

16 Abs. 3 DBG qualifiziert.<br />

Dr. Boris Grell<br />

15


Steuerrecht<br />

<strong>Die</strong> verkaufte Aussicht: Steuerliche Behandlung<br />

‣ Schlussfolgerungen und Lernpunkte<br />

Für die Erhebung der direkten Bun<strong>des</strong>steuer gilt also:<br />

• Entgeltliche Löschung eines Bauverbots als (Teil-) Veräusserung von<br />

Privatvermögen<br />

steuerfreier Kapitalgewinn*<br />

• Demgegenüber: Grundsätzlich keine steuerliche Privilegierung beim<br />

entgeltlichen Verzicht auf eine Baueinsprache:<br />

Vermögenszuwachs ist regelmässig steuerbares Einkommen<br />

(* anfallen dürfte bei dieser Begründung aber die kantonale Grundstückgewinnsteuer)<br />

Dr. Boris Grell<br />

16


Mietrecht<br />

Kündigung Untermiete<br />

‣ Sachverhalt (BGer 4A_37/2013 vom 28. Juni 2013)<br />

• Seit April 2000: Vermietung Gewerberäume in Genf<br />

• Februar 2003: Teilweise Untervermietung<br />

• Juni 2004: Übertragung <strong>des</strong> Untermietvertrags vom Untermieter auf 3 neue<br />

Untermieter (mit Zustimmung <strong>des</strong> Hauptmieters)<br />

• März 2009: Übertragung <strong>des</strong> Haupt-Mietvertrags auf einen neuen<br />

Hauptmieter<br />

– mit der Zustimmung <strong>des</strong> Hauptvermieters,<br />

– jedoch ohne Zustimmung der 3 (neuen) Untermieter<br />

• Januar 2010: Kündigung <strong>des</strong> Untermiet-Vertrags durch den alten und den<br />

neuen Hauptmieter<br />

Dr. Boris Grell<br />

17


Mietrecht<br />

Kündigung Untermiete<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichtes<br />

• Fragen zur Nichtigkeit der Kündigung durch den alten Hauptmieter sowie<br />

Missbräuchlichkeit der Kündigung durch den neuen Hauptmieter<br />

• Wer ist zur Kündigung der Untermiete berechtigt, der Haupt-Vermieter, der<br />

alte oder der neue Hauptmieter? Mit anderen Worten: Wer war im<br />

Zeitpunkt der Kündigung eigentlich der Unter-Vermieter?<br />

• Zudem: Für die Übertragung von Geschäftsräumen nach Art. 263 OR ist<br />

erforderlich:<br />

– die Zustimmung <strong>des</strong> Vermieters (vgl. Gesetzestext)<br />

– und die Zustimmung eines allfälligen Untermieters?<br />

geht so jedenfalls nicht aus dem Gesetzestext hervor<br />

Dr. Boris Grell<br />

18


Mietrecht<br />

Kündigung Untermiete<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichtes (2)<br />

• Hauptmietvertrag und Untermietvertrag: 2 separate Mietverträge<br />

Haupt-Vermieter steht in keinem Vertragsverhältnis <strong>zum</strong> Untermieter:<br />

Kein Kündigungsrecht<br />

• Grundsatz: <strong>Die</strong> berechtigte Übertragung eines Vertragsverhältnisses hat<br />

rechtliche Folgen allein für die Beteiligten <strong>des</strong> Hauptvertrages, d. h. keine<br />

Wirkungen auf weitere Vertragsverhältnisse dieser Parteien <strong>des</strong><br />

Hauptvertrages mit Dritten<br />

• Aber speziell bei Untermietverhältnissen: Der Untermietvertrag ist vom<br />

Hauptmietvertrag nicht völlig unabhängig. Wird z.B. der Hauptmiet-Vertrag<br />

gekündigt, endigt auch der Untermietvertrag (nemo plus …)<br />

Dr. Boris Grell<br />

19


Mietrecht<br />

Kündigung Untermiete<br />

Hauptmieter 2<br />

Hauptvermieter<br />

Zustimmung<br />

Vermieter (OR 263)<br />

Mietvertrag<br />

(2000)<br />

Hauptmieter 1<br />

Übertragung (2009)<br />

+ Untervermieter<br />

Konkludenter (Unter-) Mietvertrag<br />

Bezahlung Mietzinse<br />

Mietvertrag (2003)<br />

Zustimmung<br />

Vermieter (OR 263)<br />

Untermieter 1<br />

Übertragung (2004)<br />

Untermieter 2<br />

Dr. Boris Grell<br />

20


Mietrecht<br />

Kündigung Untermiete<br />

‣ Schlussfolgerungen und Lernpunkte<br />

• <strong>Die</strong> Kündigung <strong>des</strong> Haupt-Mieters 1 im 2010 ist nichtig, weil er 2009 mit der<br />

Übertragung an den Hauptmieter 2 sein Gebrauchsrecht an der Mietsache<br />

verloren hat<br />

• Der Hauptmieter 2 war zur Kündigung berechtigt, weil im Zeitpunkt der<br />

Kündigung mit den 3 Untermietern ein konkludenter Untermietvertrag<br />

bestanden hatte<br />

– <strong>Die</strong> Untermieter benutzten das Mietobjekt auch nach der Übertragung<br />

2009 weiter und<br />

– bezahlten dem Hauptmieter 2 monatlich die Mietzinse<br />

Dr. Boris Grell<br />

21


Mietrecht<br />

Kündigung Untermiete<br />

‣ Schlussfolgerungen und Lernpunkte (2)<br />

• Also: Bei der Übertragung nach Art. 263 OR geht das Untermietverhältnis<br />

nicht automatisch auf den neuen Hauptmieter übrig ( anders beim<br />

Eigentümerwechsel gemäss Art. 261 OR)<br />

• Wenn man eine Erstreckung <strong>des</strong> Mietverhältnisses (wie vorliegend um 3<br />

drei Jahre) vermeiden will, muss vom Untermieter umgehend die Rückgabe<br />

der Mietsache verlangt werden<br />

• Bei sofortiger Rückgabeaufforderung verbleibt dem Untermieter einzig ein<br />

Schadenersatzanspruch gegenüber dem früheren Hauptmieter 1<br />

Dr. Boris Grell<br />

22


Mietrecht<br />

Kettenverträge im Mietrecht<br />

‣ Sachverhalt (BGer 4A_609/2012 vom 26. Februar 2013)<br />

• 1. Befristeter Mietvertrag über eine 4.5 Zi-Wohnung in Genf vom<br />

27. Februar 2004 für die Dauer von 1 Jahr.<br />

• 2. Befristeter Mietvertrag vom 1. Februar 2005 für die Dauer von 2 Jahren.<br />

• 3. Befristeter Mietvertrag vom 1. Februar 2007 für die Dauer von 2 Jahren,<br />

d. h. bis Ende Januar 2009. Expliziter Hinweis, dass dieser Mietvertrag<br />

befristet ist und nicht stillschweigend fortgesetzt werde.<br />

• Argument Mieter: Mit der mehrfachen, befristeten Verlängerung <strong>des</strong><br />

Mietverhältnisses wurden die mietrechtlichen Schutzvorschriften (insb. die<br />

Kündigungsmodalitäten) umgangen / Rechtsmissbrauchs-Argument.<br />

• Vorinstanzen schützten den Mieter: Unbefristetes Mietverhältnis<br />

Dr. Boris Grell<br />

23


Mietrecht<br />

Kettenverträge im Mietrecht<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichts<br />

• Bun<strong>des</strong>gerichtlicher Verweis auf die Lehre und <strong>Rechtsprechung</strong> zur<br />

Problematik von Kettenverträgen im Arbeitsrecht<br />

• BGer: Keine Umgehung / Missbräuchlichkeit erkennbar ALLEIN aufgrund<br />

der mehrfachen Verlängerung eines Mietverhältnisses<br />

• Rechtslehre: (Missbräuchliche) Kettenverträge liegen nur dann vor, wenn<br />

keine objektiven – insb. wirtschaftliche oder soziale – Gründe vorliegen, die<br />

einen befristeten Vertrag rechtfertigen.<br />

• Klar: Mehrfach nur befristet abgeschlossene Mietverträge haben ein<br />

Missbrauchspotenzial ( Furcht <strong>des</strong> Mieters, dass Mietverhältnis nicht<br />

verlängert wird). Aber reicht das?<br />

• Prüfung <strong>des</strong> Vorwurfs <strong>des</strong> Rechtsmissbrauchs (Art. 2 Abs. 2 ZGB) anhand<br />

der „Umstände im Einzelfall“ …<br />

Dr. Boris Grell<br />

24


Mietrecht<br />

Kettenverträge im Mietrecht<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichts (2)<br />

• BGer kritisiert die kantonalen Vorinstanzen: <strong>Die</strong> Vorinstanzen gingen<br />

fälschlicherweise davon aus, dass Mietverträge nur aus bestimmten<br />

Gründen befristet abgeschlossen oder verlängert werden können.<br />

• Es ist umgekehrt: <strong>Die</strong> Beweislast für das vorliegen eines unzulässigen<br />

Kettenvertrages liegt beim MIETER. Weiter: Der Vermieter muss keinen<br />

speziellen Grund für die befristeten Mietverträge geltend machen.<br />

• Der Mieter konnte die Rechtsmissbräuchlichkeit der mehrfachen, befristeten<br />

Fortsetzung <strong>des</strong> Mietverhältnisses, sprich die Absicht <strong>des</strong> Vermieters zur<br />

Umgehung der mietrechtlichen Schutzvorschriften nicht beweisen.<br />

Dr. Boris Grell<br />

25


Mietrecht<br />

Kettenverträge im Mietrecht<br />

‣ Schlussfolgerungen und Lernpunkte<br />

• <strong>Die</strong> automatisch (d. h. ohne Kündigung) erfolgte Beendigung <strong>des</strong> (letzten)<br />

befristeten Mietvertrages per Ende Januar 2009 war korrekt.<br />

• Auch Mietverträge können und v. a. dürfen mehrfach verlängert werden,<br />

solange dadurch die mietrechtlichen Schutzvorschriften zugunsten <strong>des</strong><br />

Mieters nicht umgangen werden.<br />

• Erhebliche Beweisschwierigkeiten <strong>des</strong> Mieters, die Missbräuchlichkeit eines<br />

mehrfach mit neuen, befristeten Mietverträgen fortgesetzten<br />

Mietverhältnisses zu beweisen.<br />

Dr. Boris Grell<br />

26


Sachen- und Grundbuchrecht<br />

Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten<br />

‣ Sachverhalt (BGer 5A_66/2013 vom 29. August 2013)<br />

• Grunddienstbarkeitsvertrag vom 28. Oktober 1974:<br />

– „Der Eigentümer der Parzelle A gestattet dem Eigentümer der Parzelle B das<br />

unbeschränkte Fuss- und Fahrwegrecht auf dem im Grundbuchplan<br />

eingezeichneten Fahrweg von der X-Strasse bis zur Parzelle B und umgekehrt“.<br />

– Eintrag <strong>des</strong> besagten Fuss- und Fahrwegrechts auf dem der <strong>Die</strong>nstbarkeit<br />

beigehefteten Grundbuchplan (1: 1000) als gestrichelte Linie (2 Millimeter).<br />

• Berechtigtes Grundstück: erst seit Mai 2012 im Eigentum von B<br />

• Klage von B: Fahrbahnbreite von 2.30 Metern PLUS ein zusätzlicher<br />

Randstreifen („Strassenbankett“)<br />

Rücksetzung von Holzzaun und Steinmauer sowie Hecke unter der Schere halten?<br />

Dr. Boris Grell<br />

27


Sachen- und Grundbuchrecht<br />

Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten<br />

X – Strasse<br />

A<br />

#<br />

#<br />

#<br />

#<br />

#<br />

#<br />

#<br />

#<br />

2.3 M<br />

B<br />

Dr. Boris Grell<br />

28


Sachen- und Grundbuchrecht<br />

Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichtes<br />

• Fragestellung: Wird ein Fahrwegrecht, <strong>des</strong>sen Ausübung durch Zäune,<br />

Mauern und Pflanzen auf eine Fahrbahn von 2.30 Metern beschränkt ist,<br />

den Bedürfnissen <strong>des</strong> berechtigten Grundstücks gerecht?<br />

Also: Wollten die Vertragsparteien zusätzlich zur gewährten resp.<br />

unbestrittenen Wegbreite (von 2.30 Metern) Strassenbankette oder<br />

Ähnliches vereinbaren?<br />

• Ausgangspunkt und Stufenfolge der Auslegung (Art. 738 Abs. 1 und 2 ZGB):<br />

1. Wortlaut Grundbucheintrag „Fuss- und Fahrwegrecht“ hilft nicht weiter!<br />

2. Wortlaut unklar: Auslegung <strong>des</strong> Erwerbsgrun<strong>des</strong>. Hier also: <strong>Die</strong>nstbarkeitsvertrag<br />

samt Grundbuchplan ( gestrichelte Linie an der Grenze)<br />

3. Immer noch unklar: Gutgläubige Ausübung während langer Zeit.<br />

Dr. Boris Grell<br />

29


Sachen- und Grundbuchrecht<br />

Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichtes (2)<br />

• Zunächst: Keine Messpunkte im Grundbuchplan keine amtliche<br />

Vermessung, keine Teilnahme am guten Glauben <strong>des</strong> Grundbuches <br />

keine Einzeichnung der exakten Wegbreite von 2 mm (= 2 Meter)!<br />

• Daher: sog. „ungemessene <strong>Die</strong>nstbarkeit“ Inhalt und Umfang werden<br />

durch die Bedürfnisse <strong>des</strong> herrschenden Grundstücks bestimmt<br />

• Doch: Was sind diese konkreten Bedürfnisse von B resp. schliessen die ein<br />

separates Strassenbankett ein?<br />

• Kantonale Gerichte: Auslegung <strong>des</strong> Vertragsinhalts gemäss der unangefochtenen<br />

Ausübung der <strong>Die</strong>nstbarkeit während langer Zeit und in gutem<br />

Glauben (Art. 738 Abs. 3 ZGB). Behaftung der Parteien darauf.<br />

• … und das Bun<strong>des</strong>gericht ?<br />

Dr. Boris Grell<br />

30


Sachen- und Grundbuchrecht<br />

Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichtes (3)<br />

• BGer: Kein Raum für diese Weiterführung der Stufenfolge (auf Stufe 3:<br />

keine Auslegung nach gutgläubiger Ausübung während langer Zeit).<br />

Kein teilweises Erlöschen der <strong>Die</strong>nstbarkeit im Umfang <strong>des</strong><br />

Nichtgebrauchs.<br />

• Zudem: Individuelle, persönliche Umstände und Motive der ursprünglichen<br />

Vertragsparteien für die Auslegung der <strong>Die</strong>nstbarkeit nicht relevant, soweit<br />

diese für einen unbeteiligten Dritten nicht erkennbar sind.<br />

• Weiter und wichtig: Im <strong>Die</strong>nstbarkeitsvertrag wurden künftige<br />

Entwicklungen nicht explizit ausgeschlossen. Massvolle inhaltliche<br />

Erweiterung der damaligen landwirtschaftlichen zur heutigen Nutzung zu<br />

Wohnzwecken gemäss BGer zulässig.<br />

Dr. Boris Grell<br />

31


Sachen- und Grundbuchrecht<br />

Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichtes (4)<br />

• Fahrbahnbreite = maximal zulässiger Räderabstand eines Fahrzeuges<br />

• Fahrbahnbreite ≠ Breite der Wegrechtsfläche (inkl. regelmässig breiterem<br />

Wagenoberbau)!<br />

• Bei der Auslegung privatrechtlicher Verträge ist der Beizug öffentlichrechtlicher<br />

Vorgaben zulässig.<br />

• Hier: Empfehlung der Vereinigung der Schweizerischen Strassenfachleute<br />

an die Erstellung von Privatstrassen („VSS-Normalien“):<br />

– Vorgabe bei einer Wegbreite von 3.0 Metern: zusätzlich 2 x 0.2 Meter<br />

• BGer: Gefordertes Fahrwegrecht von 2.70 Metern (d. h. 2.30 + 0.2 + 0.2<br />

Meter) nicht unangemessen<br />

Dr. Boris Grell<br />

32


Sachen- und Grundbuchrecht<br />

Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten<br />

‣ Schlussfolgerungen und Lernpunkte<br />

• Holzzaun und Sandsteinmauer mussten zurück gesetzt werden sowie die<br />

Hecke unter Beachtung eines Strassenbanketts von 2 x 20 Zentimetern<br />

unter der Schere gehalten werden<br />

• Falls inhaltliche Erweiterungen der Grunddienstbarkeit nicht erwünscht sind<br />

resp. künftige Entwicklungen von der <strong>Die</strong>nstbarkeit ausgeschlossen werden<br />

sollen: Ausdrücklicher Ausschluss im <strong>Die</strong>nstbarkeitsvertrag<br />

• Eine solche Fixierung / Zementierung <strong>des</strong> status quo ist umso mehr<br />

angezeigt, weil sich meist nicht mehr die ursprünglichen Vertragsparteien<br />

über die Auslegung der fraglichen Grunddienstbarkeit streiten<br />

Dr. Boris Grell<br />

33


Planungsrecht<br />

Entschädigungspflicht bei Rückzonung?<br />

‣ Sachverhalt (1C_573/2011 & 1C_581/2011 vom 30. August 2013)<br />

• X ist Eigentümer von 2 Grundstücken A (mit Fachwerkhaus samt<br />

Ökonomiegebäude) und B (unüberbaut).<br />

• Der Zonenplan 1982 sah vor für:<br />

– Grundstück A: Teilfläche in der Wohnzone W2<br />

– Grundstück B: Teilfläche in der Dorfzone<br />

• Im Jahr 2005: Änderung <strong>des</strong> Zonenplans. Neu:<br />

– Grundstück A: Nur noch reduzierte Teilfläche von 550 m2 in Bau- /Wohnzone W2<br />

– Grundstück B: Gesamthafte Zuweisung in die Landschaftsschutzzone<br />

• Erfolglose Beschwerden und Klagen bei kantonalen Instanzen (Enteignungskommission<br />

und Verwaltungsgericht) auf Entschädigung von CHF 4.4 Mio.<br />

Dr. Boris Grell<br />

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Planungsrecht<br />

Entschädigungspflicht bei Rückzonung?<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichtes<br />

• Fragestellung: Sind die Um- / Rückzonungen gemäss den Zonenplanänderungen<br />

2005 für die beiden davon betroffenen Grundstücke als<br />

– grundsätzlich entschädigungs-lose Nichteinzonung oder als<br />

– entschädigungs-pflichtige Auszonung (-> materielle Enteignung gemäss<br />

Art. 5 Enteignungsgesetz) zu qualifizieren?<br />

• BGer: <strong>Die</strong> Redimensionierung von Bauzonen ist in der Regel eine<br />

Auszonung, wenn sich die sachgerecht bemessenen Bauzonen später als<br />

zu gross erweisen.<br />

• Hier aber: <strong>Die</strong> Bauzonendimensionierung im Zonenplan 1982 war (erst gar)<br />

nicht RPG-konform. Denn: Der Planungshorizont von 15 Jahren (Art. 15 lit.<br />

b RPG) wurde nicht berücksichtigt (unrealistische Annahme der Verdoppelung<br />

der Bevölkerungszahlen)<br />

Dr. Boris Grell<br />

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Planungsrecht<br />

Entschädigungspflicht bei Rückzonung?<br />

‣ Schlussfolgerungen und Lernpunkte<br />

• <strong>Die</strong> Gemeinden müssen nicht in jedem Fall mit hohen Entschädigungszahlungen<br />

rechnen, wenn sie (schon damals) klar überdimensionierte<br />

Bauzonen redimensionieren.<br />

• Grundeigentümer in Gemeinden mit überdimensionierten Bauzonen müssen<br />

mit entschädigungslosen Rückzonungen / Nichteinzonungen rechnen.<br />

• Immerhin: Bestan<strong>des</strong>schutz für zuvor in solchen überdimensionierten<br />

Bauzonen errichtete Wohngebäude.<br />

Dr. Boris Grell<br />

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Bäuerliches Bodenrecht<br />

Bäuerliches Bodenrecht bei Parkanlage?<br />

‣ Sachverhalt (2C_1208/2012 vom 17. Juli 2013)<br />

• A ist Eigentümer eines Grundstücks, das in der Landwirtschaftszone liegt,<br />

aber seit langer Zeit als Park genutzt wird. Darauf befindet sich neben Zierund<br />

Obstbäumen auch ein Swimmingpool, <strong>des</strong>sen Bau 1979 bewilligt wurde.<br />

• 2012: Antrag von A, das Grundstück aus dem Anwendungsbereich <strong>des</strong><br />

Bun<strong>des</strong>gesetzes über das bäuerliche Bodenrecht („BGBB“) auszunehmen.<br />

• Ablehnung <strong>des</strong> Antrags durch die kantonalen Behörden und Gerichte, <strong>zum</strong>al<br />

die Grundstücke in der Umgebung vorwiegend landwirtschaftlich genutzt<br />

würden.<br />

• … und das Bun<strong>des</strong>gericht?<br />

Dr. Boris Grell<br />

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Bäuerliches Bodenrecht<br />

Bäuerliches Bodenrecht bei Parkanlage?<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichtes<br />

• Ausgangspunkt: Art. 6 Abs. 1 BGBB („Landwirtschaftliches Grundstück“)<br />

„Als landwirtschaftlich gilt ein Grundstück, das für die landwirtschaftliche<br />

oder gartenbauliche Nutzung GEEIGNET ist.“<br />

• Zunächst: Ein Grundstück ausserhalb der Bauzone ist vermuteterweise ein<br />

landwirtschaftliches Grundstück gemäss Art. 6 BGBB.<br />

• Aber nicht immer: Denn kein landwirtschaftlicher Nutzen bei z.B.: Bergrestaurant<br />

oder Wohnhaus ohne landwirtschaftlichen Bezug. Dort<br />

rechtfertigen sich keine besonderen Massnahmen zugunsten der Landwirtschaft.<br />

• Zudem: Eine rein objektive Geeignetheit für die Landwirtschaft allein genügt<br />

nicht und sind (restriktive) Ausnahmen von Art. 6 BGBB möglich<br />

Dr. Boris Grell<br />

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Bäuerliches Bodenrecht<br />

Bäuerliches Bodenrecht bei Parkanlage?<br />

‣ Erwägungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichtes (2)<br />

• Drei Bedingungen (kumulativ) für eine solche Ausnahme:<br />

1. Nicht landwirtschaftliche Nutzung muss „bereits seit Jahren“ andauern<br />

(„durer depuis de longues années“= ?.<br />

Jedenfalls mehr als ein Jahrzehnt; Verweis auf BGer 5A.4/2000<br />

2. Landwirtschaftliche Nutzung darf für die Zukunft nicht (konkret)<br />

absehbar sein („non plus envisageable pour l‘avenir“) aufgrund<br />

objektiver Elemente ausserhalb der blossen landwirtschaftlichen Natur<br />

<strong>des</strong> Bodens;<br />

3. <strong>Die</strong> Bauten auf dem Grundstück müssen legal errichtet worden sein.<br />

• Vorliegend: Alle 3 Voraussetzungen sind erfüllt.<br />

Dr. Boris Grell<br />

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Bäuerliches Bodenrecht<br />

Bäuerliches Bodenrecht bei Parkanlage?<br />

‣ Schlussfolgerungen und Lernpunkte<br />

• Bun<strong>des</strong>gerichtliche Relativierung <strong>des</strong> Grundsatzes, wonach auf<br />

Grundstücke, die sich für die landwirtschaftliche Nutzung eignen, zwingend<br />

das BGBB Anwendung findet.<br />

• Vorteil: Soweit kein landwirtschaftliches Grundstück gemäss Art. 6 BGBB<br />

vorliegt, kommen auch die z.T. harschen Transaktionsbeschränkungen <strong>des</strong><br />

BGBB beim Verkauf / Erwerb (insb. Kaufs- und Vorkaufsrechte von<br />

Verwandten und landwirtschaftlichen Pächtern) nicht zur Anwendung<br />

• Daher: Genaue Prüfung der Qualität <strong>des</strong> fraglichen Grundstücks zur<br />

landwirtschaftlichen Nutzung und allenfalls Antrag stellen, das Grundstück<br />

vom Anwendungsbereich <strong>des</strong> BGBB auszunehmen.<br />

Dr. Boris Grell<br />

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‣ Fragen?<br />

‣ Bemerkungen / Ergänzungen?<br />

‣ Eigene Erfahrungen?<br />

Dr. Boris Grell<br />

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und zuletzt noch dies:<br />

„Ich vergesse das meiste, was ich gelesen<br />

habe; nichts<strong>des</strong>toweniger trägt es zur Erhaltung<br />

meines Geistes bei.“<br />

nach Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799; Sudelbuch J, 133)<br />

Dr. Boris Grell<br />

42


Vielen Dank für Ihr Interesse<br />

&<br />

en Guete!<br />

Dr. Boris Grell<br />

43

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