GERSTEL Aktuell Nr. 47 - Gerstel GmbH & Co.KG
GERSTEL Aktuell Nr. 47 - Gerstel GmbH & Co.KG
GERSTEL Aktuell Nr. 47 - Gerstel GmbH & Co.KG
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www.gerstel.de<br />
Kundenzeitschrift der <strong>GERSTEL</strong> <strong>GmbH</strong> & <strong>Co</strong>. <strong>KG</strong> · Eberhard-<strong>Gerstel</strong>-Platz 1 · 45<strong>47</strong>3 Mülheim an der Ruhr · Telefon +49 2 08 - 7 65 03-0 · gerstel@gerstel.de<br />
ISSN 1618 - 5900<br />
<strong>Nr</strong>. <strong>47</strong> <strong>47</strong> Dezember 2013<br />
Atmosphärenforschung<br />
Zauberhafte Vanille<br />
Ein Ansatz zur Analyse von<br />
Vanilleschoten und -extrakten<br />
www.gerstel.de<br />
Miefige Tabletten – nein danke!<br />
Geruchsverursachern in Pharmazeutika<br />
auf der Spur<br />
Achtung, Weichmacher!<br />
Phthalate sicher<br />
und sensitiv in<br />
Kinderspielzeug bestimmen<br />
Vorsicht, Fettnäpfchen!<br />
Deklarationspflichtige Fettanteile<br />
in Lebensmitteln<br />
effizient und sicher ermitteln
Liebe Leserinnen<br />
und Leser,<br />
kein vernunftbegabter Mensch würde je behaupten, die Welt, in<br />
der wir leben, ließe sich auf einfache Weise und mit wenigen<br />
Worten in ihrer ganzen Breite und Tiefe erfassen. Das Gegenteil<br />
ist der Fall.<br />
Allein der forschende Blick in das zarte Band, das die Erde<br />
umhüllt, die Atmosphäre, macht offenkundig: Die Dinge sind<br />
überaus komplex und diffizil.<br />
Glücklicherweise gibt es, wie<br />
unser Themenschwerpunkt „Atmosphärenforschung“<br />
zeigt, kundige<br />
Wissenschaftler, die sich dieser flüchtigen<br />
und sensiblen Materie engagiert<br />
und beherzt annehmen und den Versuch<br />
unternehmen, die funktionalen<br />
Zusammenhänge zwischen Himmel<br />
und Erde aufzuklären, um zum Beispiel<br />
Modellrechnungen zu ermöglichen,<br />
die uns helfen, schon heute<br />
eine Vorstellung davon zu entwickeln,<br />
wie unsere Welt künftig aussieht.<br />
Es ist wichtig, die Dinge auch von<br />
ihrem Ende her zu betrachten, damit<br />
Eberhard G. <strong>Gerstel</strong><br />
wir zur rechten Zeit das Richtige tun und die anthropogenen<br />
Einflussfaktoren, die Erderwärmung, Klimawandel und Naturkatastrophen<br />
begünstigen, in den Griff bekommen und somit<br />
absehbar eine Hinwendung zum Besseren bewirken.<br />
Ohne instrumentelle Analytik ist moderne Atmosphärenforschung<br />
undenkbar. Schön, dass <strong>GERSTEL</strong> mit maßgeschneiderten,<br />
technisch einzigartigen Entwicklungen zur Aufklärung<br />
beitragen kann.<br />
Viel Vergnügen bei der Lektüre der <strong>47</strong>. Ausgabe unserer<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> wünscht Ihnen Ihr<br />
Eberhard G. <strong>Gerstel</strong><br />
Geschäftsführender Gesellschafter der <strong>GERSTEL</strong> <strong>GmbH</strong> & <strong>Co</strong>. <strong>KG</strong><br />
Ausschreibung<br />
Eberhard-<strong>Gerstel</strong>-Preis<br />
EGP<br />
2014<br />
Die von <strong>GERSTEL</strong> gesponserte Auszeichnung wird auf der analytica<br />
2014 zum dritten Mal von der Gesellschaft Deutscher Chemiker<br />
(GDCh) an eine(n) herausragende(n) Wissenschaftler/in<br />
auf dem Gebiet der analytischen Trenntechniken verliehen.<br />
Vom Arbeitskreis „Separation<br />
Science“ wird 2014 zum dritten<br />
Mal der Eberhard-<strong>Gerstel</strong>-<br />
Preis für eine herausragende<br />
Publikation auf dem Gebiet der<br />
analytischen Trenntechniken<br />
vergeben.<br />
Gestiftet wird der alle zwei<br />
Jahre ausgelobte Preis in Höhe<br />
von 2500 Euro von <strong>GERSTEL</strong>.<br />
Das Unternehmen wurde<br />
1967 von Eberhard <strong>Gerstel</strong><br />
senior gegründet und hat sich<br />
seitdem zu einem weltweit führenden<br />
Anbieter von Systemen<br />
und Lösungen für die automatisierte<br />
Probenvorbereitung und<br />
Probenaufgabe in der GC/MS<br />
und LC/MS entwickelt.<br />
Verliehen wird der Eberhard-<strong>Gerstel</strong>-Preis<br />
im Rahmen<br />
der analytica-<strong>Co</strong>nference auf<br />
der analytica (1.-4. April 2014)<br />
in München. Bewerber sollten<br />
Erstautor (corresponding author)<br />
einer 2012/2013 von einer<br />
international anerkannten Fachzeitschrift<br />
gedruckten oder<br />
zum Druck akzeptierten Publikation<br />
sein. Autoren können sich<br />
bewerben bzw. für diese Auszeichnung<br />
vorgeschlagen werden.<br />
Eine international besetzte<br />
Jury wählt den Preisträger.<br />
Bewerbungen bzw. Kandidatenvorschläge<br />
sollten elektronisch,<br />
idealerweise als zusammenhängende<br />
PDF-Datei, bis spätestens<br />
10. Januar 2014 (Stichtag) eingereicht<br />
werden. Kopie der Publikation,<br />
Lebenslauf des Autors, Stellungnahme<br />
bzw. Empfehlung<br />
sind einzureichen an:<br />
Prof. Dr. Werner Engewald,<br />
Universität Leipzig, Institut für<br />
Analytische Chemie, Linnéstr.<br />
3, 04103 Leipzig, Deutschland<br />
E-Mail: engewald@uni-leipzig.de<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>47</strong><br />
Lesen Sie in dieser Ausgabe:<br />
Anwenderseminar-Tour 2013<br />
GC/MS- und LC/MS-Applikationen<br />
im Mittelpunkt<br />
Um den Erfahrungsaustausch der Anwender von <strong>GERSTEL</strong>-Geräten und<br />
-Systemen zu fördern, hat sich das Unternehmen auch in diesem Jahr<br />
wieder mit seiner Anwenderseminar-Tour auf die Reise durch zehn Städte<br />
in Deutschland, der Schweiz und Österreich begeben. ........................................3<br />
Schwerpunktthema: Atmosphärenforschung<br />
Labor im Porträt: Atmosphärenphysik, Bergische Universität Wuppertal<br />
Pfadfinder der Lüfte<br />
Es bedarf der Kenntnis der chemischen, aber auch der physikalischen Prozesse,<br />
um die Atmosphäre hinreichend zu verstehen und Modelle entwerfen<br />
zu können, die helfen, die Verteilung von Schadstoffen<br />
in der Umwelt nachzuvollziehen oder das Klima präzise<br />
vorherzusagen. Hier setzt die Arbeitsgruppe Atmosphärenphysik<br />
von der Bergischen Universität Wuppertal unter<br />
Leitung von Professor Ralf Koppmann Maßstäbe. ............7<br />
Atmosphärenchemie<br />
In-situ-Analytik zwischen Himmel<br />
und Erde<br />
Im Rahmen des von der EU geförderten PEGASOS-<br />
Projekts untersuchten Wissenschaftler des Forschungszentrums<br />
Jülich den oxidativen Abbau von<br />
VOC in der Atmosphäre. Ein speziell für die Erfordernisse<br />
Kundenzeitschrift der <strong>GERSTEL</strong> <strong>GmbH</strong> & <strong>Co</strong>. <strong>KG</strong> · Eberhard-<strong>Gerstel</strong>-Platz 1 · 45<strong>47</strong>3 Mülheim an der Ruhr · Telefon +49 208 - 7 65 03-0 · gerstel@gerstel.de<br />
<strong>Nr</strong>. <strong>47</strong> Dezember 2013<br />
der Onlinemessung auf Flugzeugen und Zeppelinen konzipiertes<br />
HALO-GC/MS-System erwies sich als zentrales Instrument. .........................11<br />
Pharmaanalytik<br />
Miefige Tabletten – nein danke!<br />
Um Fehlgerüchen in Pharmazeutika und Pharmaverpackungen nachzuspüren,<br />
haben US-Wissenschaftler ein hochsensitives GC-MS/MS-Verfahren<br />
mit vorangehender Stir Bar Sorptive Extraction (SBSE) entwickelt. .............14<br />
Lebensmittelanalytik<br />
Vorsicht, Fettnäpfchen!<br />
Um den Nährwert eines Lebensmittels quantifizieren zu können, braucht<br />
es die instrumentelle Analytik, im Fall relevanter Fettparameter idealerweise<br />
die Gaschromatographie (GC) – aber bitte automatisiert. ................17<br />
Materialanalytik<br />
Achtung, Weichmacher!<br />
Das US-Prüfverfahren CPSC-CH-C1001-09.3 verlangt den Nachweis von<br />
Weichmachern in Kinderspielzeug und Babyartikeln. Das Verfahren umfasst<br />
die GC/MS-Bestimmung kritischer Phthalate nach einer in der Regel aufwendigen,<br />
oft manuell ausgeführten Probenvorbereitung; dabei lässt sich<br />
die Analyse intelligent automatisieren. .................................................................... 20<br />
Nachwuchsförderung/Wissenstransfer<br />
Mit Herzblut bei der Sache<br />
Ein Unternehmen, das wie <strong>GERSTEL</strong> über kompetente Mitarbeiter verfügt<br />
und in Forschung und Ausbildung investiert, hat stets auch Interessantes<br />
zu berichten und weiterzugeben. ............................................................................ 23<br />
Aromaanalytik<br />
Zauberhafte Vanille<br />
Das charakteristische Geschmacksmuster von Vanille wird nicht allein<br />
durch Vanillin, dem Hauptaromastoff der Vanille, geprägt, sondern durch<br />
eine Komposition verschiedener Verbindungen. Zu deren Aufklärung und<br />
Identifizierung sowie zur Qualitätssicherung und Herkunftsbestimmung<br />
von Vanilleschoten und Vanilleextrakten leisten Headspace-<br />
Techniken und die Thermodesorption einen wichtigen<br />
Beitrag. ............................................................................................. 25<br />
Zauberhafte Vani le<br />
Ein Ansat zur Analyse von<br />
Vani leschoten und -extrakten<br />
Achtung, Weichmacher!<br />
Schädliche Weichmacher<br />
sicher und sensitiv in Kinderspielzeug<br />
bestimmen<br />
Vorschau und Impressum.................................................28<br />
www.gerstel.de<br />
Atmosphärenforschung<br />
Miefige Table ten – nein danke!<br />
Geruchsverursacher in Pharmazeutika<br />
auf der Spur<br />
„ Immer bestens informiert. “<br />
www.gerstel.de<br />
Vorsicht, Fe tnäpfchen!<br />
Deklarationspflichtige Fe t-<br />
anteile in Lebensmi teln<br />
e fizient und sicher ermi teln<br />
ISSN 1618 5900<br />
2 <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
Anwenderseminar-Tour 2013<br />
Mülheim an der Ruhr<br />
GC/MS- und<br />
LC/MS-Applikationen<br />
im Mittelpunkt<br />
Text: Guido Deußing; Fotos: <strong>GERSTEL</strong>, Jan Garbe-Immel<br />
Um den Erfahrungsaustausch der Anwender von <strong>GERSTEL</strong>-Geräten und -Systemen zu fördern,<br />
hat sich das Unternehmen auch in diesem Jahr wieder auf die Reise durch zehn Städte in<br />
Deutschland, der Schweiz und erstmals auch Österreich begeben. Der <strong>GERSTEL</strong>-Zug machte<br />
Station in Hamburg, Potsdam, Hannover, Münster, Mülheim an der Ruhr, Karlsruhe, München,<br />
Bern, Olten und Wien, wo Anwender aus der Praxis und versierte Applikationsspezialisten<br />
des Unternehmens den geladenen Gästen ihre Eindrücke und Erfahrungen im Umgang<br />
mit <strong>GERSTEL</strong>-Technologie vor- und zur Diskussion stellten. „Die Resonanz war, wie schon<br />
in den Jahren zuvor, überwältigend“, urteilten alle Beteiligten. Im Folgenden bieten wir<br />
einen kurzen Überblick, aufgeschlüsselt nach Anwendungsfeldern, über die verschiedenen<br />
Themen (deren Titel sind im nachfolgenden Text hervorgehoben), die während der <strong>GERSTEL</strong>-<br />
Anwenderseminar-Tour 2013 beleuchtet wurden.<br />
Lebensmittel-, Duft- und<br />
Naturstoffanalytik<br />
Wenn es um die Themen Methodenentwicklung und Anwendung der<br />
HPLC/MS geht, greift <strong>GERSTEL</strong> auf die kompetente Unterstützung<br />
von Dr. Nobert Helle von der TeLA <strong>GmbH</strong> in Bremerhaven zurück.<br />
Überzeugt von dessen applikativem Knowhow auf den unterschiedlichsten<br />
Anwendungsfeldern, baten wir den Wissenschaftler beziehungsweise<br />
seine Mitarbeiterin Franziska Chmelka, über Intelligente<br />
Probenvorbereitung für LC und LC/MS in der Lebensmittel-<br />
und Umweltanalytik zu referieren.<br />
Welche Rolle unter anderem auch die Probenvorbereitung spielt<br />
bei der Acrylamid-Bestimmung in Kaffee mittels automatisierter<br />
LC-MS/MS im Vergleich zur klassischen GC/MS-Methode,<br />
darüber berichtete Oliver Süße-Herrmann von der CR3-Kaffeeveredelung<br />
M. Hermsen <strong>GmbH</strong> in Bremen. Einen Überblick über die Anwen-<br />
Hannover<br />
Neueste <strong>GERSTEL</strong>-<br />
LC/MS-Applikationen<br />
Development of an Automated<br />
Sample Preparation<br />
and Analysis Workflow for<br />
Mycotoxin Residues in<br />
Different Food Matrices<br />
AppNote 10/2013<br />
Automated Derivatization,<br />
SPE Cleanup and LC/<br />
MS/MS Determination<br />
of Glyphosate and Other<br />
Polar Pesticides,<br />
AppNote 9/2013<br />
Automated Sample<br />
Preparation and Analysis<br />
Workflow for Pesticide<br />
Residue Screenings in<br />
Food Samples using DPX-<br />
QuEChERS with LC/MS/MS,<br />
AppNote 8/2013<br />
Determination of Barbiturates<br />
and 11-Nor-9-carboxy-<br />
Δ9-THC in Urine using<br />
Automated Disposable<br />
Pipette Extraction (DPX)<br />
and LC/MS/MS,<br />
AppNote 1/2013<br />
Automated Solid Phase<br />
Extraction (SPE)-LC-MS/<br />
MS Method for the Determination<br />
of Acrylamide in<br />
Brewed <strong>Co</strong>ffee Samples,<br />
AppNote 13/2012<br />
Alle AppNotes finden<br />
Sie zum Herunterladen<br />
unter www.gerstel.de<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 3
Olten<br />
dung der Gaschromatographie in der Kaffeeforschung bot<br />
auch Barbara Schönbächler von der Zürcher Hochschule für Angewandte<br />
Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil, Schweiz.<br />
Bern<br />
Über pflanzliche Komponenten können Pyrrolizidinalkaloide<br />
in unsere Nahrung gelangen. Gemäß den Richtlinien des Verbraucherschutzes<br />
gilt es, jedwedes Gefährdungspotenzial auf ein<br />
Minimum zu reduzieren. Wie der Nachweis von Pyrrolizidinalkaloiden<br />
in Lebensmitteln unter Verwendung einer<br />
automatisierten Festphasenextraktion (SPE) effizient und<br />
sicher gelingt, darüber berichtete Oliver Keuth vom Chemischen<br />
und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe<br />
(CVUA-MEL) in Münster.<br />
Apropos Gefährdung: Bislang streiten die<br />
Gelehrten darüber, ob von dem vielfach eingesetzten<br />
Pflanzenschutzmittel Glyphosat eine<br />
Gefahr für den Menschen ausgeht. Dessen ungeachtet<br />
gilt: Nur wer den analytischen Nachweis<br />
führt, geht auf Nummer sicher. Dr. Andrea Kuhr<br />
von der Eurofins Dr. Specht Laboratorien <strong>GmbH</strong><br />
in Hamburg präsentierte ihre Methode zur<br />
Bestimmung von Glyphosat und AMPA in<br />
einem Routine-Labor mit LC-MS/MS nach<br />
automatisierter Derivatisierung und SPE.<br />
Entwickelt und etabliert wurde die Methode von<br />
Dr. Norbert Helle und Franziska Chmelka von<br />
der TeLA <strong>GmbH</strong> in Bremerhaven.<br />
Mag einer sagen, die LC schmecke ihm – mit<br />
Fug und Recht behaupten kann das Marit Gillmeister<br />
von der Hochschule Anhalt in Bernburg.<br />
Mit der analytisch-präparativen HPLC und<br />
nachgeschalteter sensorischer Beurteilung von Probenmatrices<br />
auf Basis der LC-Taste-Technologie [1] kommt<br />
sie dem Geschmack von in Wasser löslichen Komponenten mittels<br />
Zunge und Gaumen auf die Schliche. Ihr Kollege Mario<br />
Scharmer vom dortigen Institute of Bioanalytical Science (IBAS)<br />
stellte seine Bestimmung von Betacarotin in wasserlöslichen<br />
Mikrogranulaten vor.<br />
Um Naturstoffe, Düfte und Aromen drehten sich drei weitere<br />
Vorträge vornehmlich in der Schweiz: Bernhard Burn von<br />
der Interlabor Belp AG im gleichnamigen Belp betreibt Naturstoffanalytik<br />
mittels GC/MS und wirft dabei einen besonderen<br />
Blick auf die Dynamische Headspace-Technik und die Ther-<br />
Karlsruhe<br />
4 <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
Potsdam<br />
modesorption. Der Fokus von Dr. Katharina Breme, Agroscope<br />
Liebefeld-Posieux (ALP) in Bern, lag auf der Aromaanalytik<br />
in Milch- und Fleischprodukten und Dr. Matthias Held vom<br />
Institut für Zoologie der Université de Neuchâtel<br />
beschrieb in seinem Vortrag: Rettende Düfte<br />
– die auf Duftstoffen basierende indirekte<br />
Abwehr von Pflanzen.<br />
Verfahren für Substanzen in Kunststoffen für die Verpackung<br />
von Lebensmitteln und medizinisch-pharmazeutischen<br />
Produkten vor. Und während sich Dr. Ingo Mayer von<br />
Polymer- und Materialanalytik<br />
Aus der Summe der Vorträge kristallisierte sich<br />
als Themenschwerpunkt u. a. die Polymer- und<br />
Materialanalytik heraus. Andreas Westphal von<br />
tesa SE in Hamburg etwa zeigte in seinem Vortrag<br />
Pyrolyse-GC/MS in der Polymeranalytik<br />
die Vorzüge des <strong>GERSTEL</strong>-Pyro-Modules für<br />
die ThermalDesorptionUnit (TDU) auf bei der<br />
Aufklärung der Zusammensetzung unterschiedlicher<br />
komplexer Kunststoffmatrices. In ihrem<br />
Vortrag thematisierte Dr. Veronica Osorio-Piniella<br />
von der OFI Technologie & Innovation <strong>GmbH</strong><br />
aus Wien die Bestimmung der witterungsbedingten<br />
Migration beziehungsweise des<br />
Wien<br />
Abbaus von Additiven in Polymeren mittels Thermodesorption<br />
und GC/MS. Dipl.-Ing. Lucas Sternbauer von der<br />
Johannes-Kepler-Universität Linz stellte ein GC/MS-Screening-<br />
der Berner Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau im<br />
schweizerischen Biel auf die Bestimmung und sensorische<br />
Beurteilung von Baustoffemissionen konzentrierte, fokussierte<br />
Dr. Armin Hauk von Intertek Expert Services<br />
in Basel auf die Bewertung von Druckfarben<br />
und Aufklebern auf pharmazeutischen<br />
Verpackungen und Lebensmittelverpackungen.<br />
Über Neue analytische Verfahren<br />
in der Automobilindustrie berichtete<br />
Dr. Benedikte Roberz von der Adam Opel AG<br />
in Rüsselsheim.<br />
Getränke- und Wasseranalytik<br />
Münster<br />
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Um<br />
Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern, wird<br />
empfohlen, mindestens eineinhalb Liter Wasser<br />
täglich zu sich zu nehmen. Es steht außer Frage,<br />
dass Trinkwasser frei von Schadstoffen sein<br />
sollte. Die instrumentelle Analytik hilft dabei,<br />
die Trinkqualität von Wasser sicherzustellen, wie<br />
Thomas Funke vom CVUA-MEL in Münster am<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 5
Hamburg<br />
www.gerstel.de<br />
München<br />
Beispiel der Bestimmung potenziell endokriner Substanzen<br />
in Mineralwässern und Kunststoff-Migranten mittels<br />
der <strong>GERSTEL</strong>-ThermalDesorptionUnit (TDU) zeigte.<br />
Zur Getränkeanalytik-Fraktion gesellten sich auch die Applikationsexperten<br />
von <strong>GERSTEL</strong>, namentlich Andreas Hoffmann, Carlos<br />
Gil, Thomas Albinus und Jochen Vandenberg sowie Susanne<br />
Rose, die u.a. einen Blick warfen auf die Vorzüge der Dynamischen<br />
Headspace-Technik (DHS) in der Getränkeanalytik<br />
beziehungsweise Zwei SBSE-Methoden zur Bestimmung<br />
phenolischer Komponenten in Trinkwasser verglichen.<br />
Forensische Toxikologie<br />
und klinische Analytik<br />
In den letzten fünf Jahren hat sich <strong>GERSTEL</strong> im Bereich der forensischen<br />
Toxikologie, insbesondere beim Nachweis von Drogenwirkstoffen,<br />
zu einem kompetenten Anbieter intelligent automatisierter<br />
analytischer Lösungen entwickelt. Eine Tatsache, die<br />
auch während der Anwenderseminar-Tour 2013 deutlich wurde,<br />
etwa im Vortrag Bestimmung von THC und seinen Metaboliten<br />
im Serum mittels vollautomatisierter SPE-GC/MS-<br />
Analyse von Dr. Getrud Rochholz vom Institut für Rechtsmedizin<br />
der Universitätsklink Schleswig-Holstein in Kiel. Über die<br />
Art und Weise der THC-Analytik am Institut für Rechtsmedizin<br />
in Basel unter Einsatz von <strong>GERSTEL</strong>-Technologie berichtete<br />
Dr. Sarah Hangartner. Last but not least konnte auch<br />
Dr. Oliver Lerch brandaktuelle Automatisierte Analysenmethoden<br />
im forensischen Labor: Bestimmung<br />
von THC und Metaboliten sowie Opiaten<br />
und Kokain aus Blutserum präsentieren, die in<br />
enger Kooperation mit dem Institut für Rechtsmedizin<br />
der Universität Düsseldorf entwickelt wurde.<br />
„ Einfach unseren<br />
Newsletter abonnieren<br />
und Sie sind immer<br />
bestens informiert!<br />
Alle Infos und Anmeldung<br />
unter www.gerstel.de“<br />
Chris-Elmo Ziener von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und<br />
Arbeitsmedizin in Berlin informierte über die Automatisierung<br />
chemischer Spurenanalytik in menschlicher Ausatemluft,<br />
ein vergleichsweise neuer Weg im arbeitsmedizinischen<br />
Biomonitoring.<br />
Bio- und andere Technologien<br />
Welchen Einfluss die richtige Analysentechnik beziehungsweise<br />
die gewählten Module auf die Effizienz und Präzision der Analyse<br />
haben, wurde deutlich im Vortrag <strong>GERSTEL</strong>-MPS mit Wägeoption:<br />
Erkennung potenzieller Fehlerquellen und deren<br />
Behebung, gehalten von Andreas Teevs und Kerstin Schrader<br />
von der Schülke & Mayr <strong>GmbH</strong> in Norderstedt. Dass die Metabolitenanalytik<br />
mittels GC/MS ein Schlüssel zur biotechnologischen<br />
Prozessoptimierung darstellt, machte Dr. Christina<br />
Haberhauer-Troyer von der Universität für Bodenkultur (BOKU)<br />
Wien, Department für Chemie, Abteilung für Analytische Chemie,<br />
deutlich. Überhaupt eröffne die Gerätekombination 7200<br />
GC/Q-TOF – neue analytische Möglichkeiten, wie Dr. Jörg<br />
Riener von Agilent Technologies in Waldbronn betonte.<br />
Allerdings, ein Wort zum Schluss, ohne Probenvorbereitung<br />
ist alle Analytik nichts. In diesem Sinne brachte das GERS-<br />
TEL-Entwicklerteam Dr. Eike Kleine-Benne, Susanne Rose und<br />
Dirk Bremer die Seminarteilnehmer in gebotener Kürze auf den<br />
neuesten Stand in puncto Innovationen.<br />
Nähere Informationen<br />
Sollten Sie Informationen zu einem oder mehreren der oben<br />
genannten Vortragsthemen wünschen, lassen Sie es uns wissen.<br />
Unsere Vertriebsmitarbeiterin Andrea Hamm freut sich<br />
auf Ihre Zuschrift an andrea_hamm@gerstel.de.<br />
Querverweis<br />
[1] <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> 34 (2006) 16<br />
[www.gerstel.de/pdf/<strong>GERSTEL</strong>_<strong>Aktuell</strong>_34_16_de.pdf]<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
Labor im Porträt:<br />
Atmosphärenphysik, Bergische Universität Wuppertal<br />
Pfadfinder der Lüfte<br />
Die Atmosphäre ist die wunderbare, überaus komplexe, immer noch nicht vollständig verstandene Lufthülle<br />
unseres Planeten. Eine der Fragen, mit denen sich die Atmosphärenforschung derzeit intensiv beschäftigt, gilt<br />
dem Stofftransport, etwa von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC). Wie und in welcher Zeit verteilen sich<br />
Spurenstoffe wie die VOC in der Atmosphäre? Es bedarf der Kenntnis der chemischen aber auch der physikalischen<br />
Prozesse wie den Transportmechanismen und -wegen, um die Atmosphäre hinreichend zu verstehen und Modelle<br />
entwerfen zu können, die helfen, die Verteilung von Schadstoffen nachzuvollziehen oder das Klima vorherzusagen.<br />
Hier setzt die Arbeitsgruppe Atmosphärenphysik der Bergischen Universität Wuppertal unter Leitung von Professor<br />
Ralf Koppmann Maßstäbe.<br />
Text: Guido Deußing; Fotos: Guido Deußing, <strong>GERSTEL</strong>, Bergische Universität Wuppertal; Grafik: Guido Deußing<br />
Wenn in China der<br />
sprichwörtliche<br />
Sack Reis umfällt,<br />
mag das für uns ohne<br />
Bedeutung sein. Wenn<br />
aber irgendwo auf der<br />
Welt Radioaktivität entweicht<br />
oder ein Vulkan<br />
ausbricht und Asche in<br />
die Atmosphäre spuckt,<br />
sind wir unweigerlich<br />
betroffen. Jüngste Beispiele<br />
dafür sind die<br />
Nuklearkatastrophe<br />
im japanischen Kernkraftwerk<br />
Fukushima<br />
im Jahr 2011 oder der<br />
Ausbruch des Eyjafjallajökull<br />
auf Island im Jahr 2010. Dessen Vulkanaschewolke,<br />
genährt aus einer scheinbar endlosen<br />
Eruption, verteilte sich über die nördliche Hemisphäre<br />
und brachte den Luftverkehr in Nord- und<br />
Kennen und schätzen einander seit vielen Jahren: Professor Ralf Koppmann (r.)<br />
und <strong>GERSTEL</strong>-Entwicklungsleiter Dirk Bremer.<br />
Mitteleuropa zum Erliegen. Tausende Menschen<br />
saßen an Flughäfen und Urlaubsorten fest, Güter<br />
wurden nicht ausgeflogen, Airlines und Unternehmen,<br />
die mittel- oder unmittelbar mit dem Flugverkehr<br />
zu tun haben,<br />
mussten finanzielle<br />
Einbußen hinnehmen.<br />
„Um die Auswirkungen<br />
und Folgen<br />
eines Vulkanausbruchs<br />
in der Dimension<br />
eines Eyjafjallajökull<br />
einschätzen und<br />
angemessen reagieren<br />
zu können, muss man<br />
wissen, wie und in welcher<br />
Zeit sich Vulkanasche<br />
oder andere<br />
luftgetragene Partikel<br />
und Schadstoffe in der<br />
Atmosphäre verteilen“,<br />
erklärt Professor Ralf<br />
Koppmann, Leiter der Arbeitsgruppe Atmosphärenphysik<br />
an der Bergischen Universität in Wuppertal.<br />
Es genüge nicht, nur die chemischen Abläufe<br />
der Atmosphäre zu untersuchen, „es müssen auch<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 7
Heterosphäre<br />
Homosphäre<br />
Ionosphäre<br />
km<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Hochgebirge<br />
Ozonschicht<br />
GEOPHYSICA**<br />
HALO***<br />
km<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
* ISS: Internationale Raumstation, ** GEOPHYSICA: Russisches Höhenforschungsflugzeug,<br />
*** HALO: High Altitude and LOng Range Research Aircraft, PEGASOS: Pan-European Gas-AeroSOls-climate interaction Study<br />
ISS*<br />
20<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Exosphäre<br />
Thermopause<br />
Thermosphäre<br />
Mesopause<br />
Mesosphäre<br />
Stratopause<br />
Stratosphäre<br />
Tropopause<br />
Troposphäre<br />
Meeresspiegel<br />
<strong>Co</strong>pyright: GDeußing, Neuss (www.pressetextkom.de) Infografik: PauraDesign, Hagen (www.paura.de)<br />
Mit freundlicher Unterstützung von Professor Ralf Koppmann, Bergische Universität Wuppertal.<br />
Als Erdatmosphäre bezeichnet man die<br />
Gashülle unseres Planeten. Die Bezeichnung<br />
„Sphäre“ ist griechischen Ursprungs<br />
und lässt sich mit „Hülle“ oder „Ball“<br />
übersetzen. Die Erdatmosphäre setzt<br />
sich aus mehreren Sphären zusammen,<br />
die sich unter anderem in Dichte, Druck<br />
und Temperatur grundlegend voneinander<br />
unterscheiden. In der bodennahen<br />
Troposphäre, die rund drei Viertel der<br />
Luftmasse und fast den gesamten Wasserdampf<br />
enthält, laufen alle wetterrelevanten<br />
Phänomene wie Wind und Wolkenbildung<br />
ab. Die Temperatur sinkt mit<br />
steigender Höhe; sie liegt an der höchsten<br />
Stelle der Troposphäre bei minus 60 °C.<br />
Der Übergang von der Troposphäre in die<br />
Stratosphäre wird als Tropopause bezeichnet.<br />
Für Atmosphärenphysiker ist dieser<br />
Bereich von großem Interesse, da noch<br />
nicht vollständig aufgeklärt ist, wie der<br />
Übergang von biogenen oder anthropogenen<br />
Emissionen von der Troposphäre<br />
in die darüberliegenden Schichten erfolgt.<br />
Besonderes Merkmal der Stratosphäre ist<br />
der deutliche Anstieg der Ozonkonzentration,<br />
deren Maximum in einer Höhe von<br />
etwa 30 Kilometern erreicht ist. Da Ozon<br />
für uns schädliches kurzwelliges Sonnenlicht<br />
absorbiert, ist die Temperaturverteilung<br />
der Stratosphäre nicht homogen. In<br />
unteren Bereich gleicht sie in etwa jener<br />
der Troposphäre, im oberen Bereich aber<br />
steigt sie aufgrund der Aufnahme von<br />
Sonnenenergie auf etwa 0 °C an.<br />
die komplexen dynamischen Vorgänge verstanden,<br />
Stofftransportwege erkundet und aufgeklärt werden,<br />
um die Atmosphäre so vollständig wie möglich<br />
zu beschreiben“, betont der Wissenschaftler. Gerade<br />
weil die Atmosphäre für den Menschen existenziell<br />
ist, sei es von grundlegender Bedeutung, die in ihr<br />
ablaufenden Prozesse in ihrer Gesamtheit und damit<br />
auch die komplexen Wechselwirkungen zwischen<br />
der Erdoberfläche, der Biosphäre, den Ozeanen<br />
und der Atmosphäre möglichst genau zu verstehen.<br />
Keine Tat bleibt ohne Folgen<br />
Die Atmosphäre umhüllt unseren Planeten wie ein<br />
zarter Hauch, im Vergleich zur Erde ist sie nur von<br />
sehr geringer Größe. Bei der Atmosphäre handelt es<br />
sich nicht um eine homogene Phase, bestehend aus<br />
Sauerstoff, Stickstoff, Kohlendioxid sowie in Spuren<br />
vorkommenden Gasen. Die Erdatmosphäre besteht<br />
aus mehreren angrenzenden Schichten, wobei die<br />
bodennahe luftreichste Troposphäre (bis 15 km<br />
Höhe) und die darauf folgende Stratosphäre (bis 50<br />
km), in der sich die schützende Ozonschicht befindet,<br />
sowie die zwischen Troposphäre und Stratosphäre<br />
liegende Grenzschicht derzeit besonders im<br />
Fokus von Professor Koppmann liegen. „Alles, was<br />
wir Menschen in Bodennähe emittieren“, betont der<br />
Wissenschaftler, „landet in der Troposphäre und<br />
vieles davon früher oder später auch in der Stratosphäre.“<br />
Die mangelnde Kenntnis von den Zusammenhängen<br />
und Prozessen in der Atmosphäre kann<br />
gravierende Folgen für Mensch und Umwelt haben,<br />
wie das Ozonloch verdeutlicht: „Wir haben über Jahrzehnte<br />
im großen Stil Fluorchlorkohlenwasserstoffe<br />
(FCKW) als Treibmittel eingesetzt und in die Atmosphäre<br />
geblasen. Den Schaden, den wir dabei in der<br />
Stratosphäre angerichtet haben, werden wir wohl<br />
auch dann noch feststellen, wenn der letztmalige<br />
FCKW-Einsatz schon Jahrzehnte zurückliegt“, meint<br />
Professor Koppmann mit Blick auf das „Langzeitgedächtnis“<br />
der Erdatmosphäre, ohne außer Acht zu<br />
lassen, dass Mutter Natur auch über starke Selbstheilungskräfte<br />
verfügt.<br />
Ralf Koppmanns Arbeitsgebiet ist die Atmosphärenphysik.<br />
Allerdings bedient er sich der instrumentellen<br />
chemischen Analytik, etwa um dem<br />
Stofftransport in der Atmosphäre auf die Spur zu<br />
kommen. Der Physiker und sein zwanzigköpfiges<br />
Team nutzen dazu die Gaschromatographie<br />
in Verbindung mit der massenselektiven Detektion<br />
nach vorangegangener „megamäßiger“ Ther-<br />
Blick ins Labor der Wuppertaler Atmosphärenforscher:<br />
Das <strong>GERSTEL</strong>-TDS-G-Large nimmt eine zentrale<br />
Position ein.<br />
8 <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
„Stabile Isotopenverhältnisse stellen eine Art<br />
Fingerabdruck für Prozesse dar, welche die<br />
Konzentration und die Verteilung eines<br />
Spurengases beeinflussen. “ Prof. Ralf Koppmann<br />
modesorption mit einem von <strong>GERSTEL</strong> entwickelten<br />
und gebauten ThermalDesorptionSystem der<br />
Marke „TDS-G-Large“. Damit werden flüchtige organische<br />
Verbindungen (VOC), die Tracer für atmosphärische<br />
Prozesse sind, aus Luftproben extrahiert<br />
[1]. Im Fokus steht insbesondere die Isotopenzusammensetzung<br />
dieser Verbindungen, die eine Art<br />
„Fingerabdruck“ in der Atmosphäre ablaufender<br />
Prozesse darstellt.<br />
Isotope – ähnlich, aber<br />
nicht gleich<br />
www.gerstel.de<br />
Spurengase wie die flüchtigen organischen Verbindungen<br />
spielen eine wichtige Rolle in der Erdatmosphäre.<br />
Chemische und dynamische Prozesse lassen<br />
sich oft nur indirekt messen, indem man die Konzentration<br />
und die Verteilung von Spurengasen sowie<br />
deren zeitliche und räumliche Änderungen misst. Oft<br />
ist es unmöglich, chemische Vorgänge wie photochemische<br />
Abbaureaktionen von dynamischen Vorgängen,<br />
der Änderung von Luftmassen durch Änderung<br />
der Windrichtung etwa, zu unterscheiden.<br />
Spurengase enthalten<br />
jedoch stabile Isotope:<br />
unterschiedliche<br />
Atome ein und desselben<br />
chemischen Elements. Isotope besitzen die gleiche<br />
Anzahl an Protonen im Kern, unterscheiden sich<br />
allerdings in der Zahl der vorhandenen Neutronen.<br />
Die Summe der Protonen und Neutronen, die Massenzahl,<br />
unterscheidet<br />
sich bei den verschiedenen<br />
Isotopen<br />
eines Elements. Bei<br />
Kohlenstoff beispielsweise<br />
kennen wir<br />
die natürlichen Isotope<br />
mit der Massenzahl<br />
12 ( 12 C; natürlicher<br />
Prozentanteil<br />
98,89 %), Massenzahl<br />
13 ( 13 C; natürlicher<br />
Prozentanteil<br />
1,11 %) und Massenzahl<br />
14 ( 14 C). In diesem<br />
Fall sind die Isotopen<br />
12 C und 13 C stabil<br />
und nicht radioaktiv,<br />
während 14 C radioaktiv<br />
und instabil ist.<br />
Obschon ausgestattet<br />
mit vergleichbaren<br />
chemischen<br />
Eigenschaften,<br />
unterscheiden sich die<br />
Isotope eines Elements<br />
etwa in der Geschwindigkeit,<br />
mit der sie chemisch<br />
reagieren. Verbindungen,<br />
die nur die leichteren<br />
12 C-Isotope enthalten,<br />
werden eher umgesetzt<br />
als Verbindungen,<br />
in denen ein schweres<br />
13C-Isotop vorkommt.<br />
„Je länger sich die jeweilige<br />
Verbindung in der<br />
Atmosphäre befindet“,<br />
fügt Professor Koppmann<br />
der Erklärung an, „desto<br />
mehr verschiebt sich<br />
das Verhältnis zugunsten<br />
des schweren Isotops.“<br />
Da man weiß, dass sich<br />
Isotopenverhältnisse, je<br />
nach Ursprung, unterscheiden,<br />
lassen sich die<br />
„Fundstücke“ ihren Quellen<br />
zuordnen – unter Berücksichtigung und Hinzuziehung<br />
meteorologischer Daten wie Windgeschwindigkeit<br />
und Windrichtung, erklärt der Wissenschaftler.<br />
Das Verhältnis von schweren zu leichten Isotopen<br />
hängt also von der Quelle der Spurengase ab;<br />
es ändert sich im Verlauf chemischer Reaktionen<br />
Wenn es um die Extraktion organischer Spurengase aus<br />
großen Luftvolumina geht, setzt das <strong>GERSTEL</strong>-TDS-G-Large<br />
international Maßstäbe – ein wertvolles Werkzeug zur<br />
Untersuchung chemischer und physikalischer Prozesse<br />
in der Atmosphäre.<br />
Das Probennahme-Rack für die Verwendung an Bord eines Zeppelins<br />
oder Flugzeugs haben die Wissenschaftler um Professor Ralf Koppmann<br />
in Eigenregie entworfen und gebaut – unter Berücksichtigung<br />
aller für den Flugverkehr geltenden Bestimmungen.<br />
und damit mit der „Aufenthaltszeit“ der Moleküle<br />
in der Atmosphäre, allerdings auch im Verlauf dynamischer<br />
Prozesse, z.B. der Mischung von Luftmassen.<br />
Stabile Isotopenverhältnisse stellen somit eine<br />
Art Fingerabdruck für die Prozesse dar, welche die<br />
Konzentration und die Verteilung eines Spurengases<br />
beeinflussen.<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 9
Professor Ralf Koppmann untersucht Luftproben, die vom Zeppelin oder Flugzeug<br />
aus, in einigen hundert Metern Höhe gesammelt wurden. Deren Analyse erfolgt<br />
später im Labor an der Universität Wuppertal mittels TDS-G-Large-GC/IRMS.<br />
Technische Herausforderung<br />
meistern<br />
Um die Isotopenzusammensetzung extrem niedrig<br />
konzentrierter Spurengase messen zu können,<br />
müssen sie aus großvolumigen Luftproben extrahiert<br />
werden. Dazu bedarf es einer ausgefeilten Probenvorbereitung.<br />
Noch zu seiner Zeit am Forschungszentrum<br />
Jülich trat Ralf Koppmann mit der Frage an<br />
<strong>GERSTEL</strong> heran, ob es möglich sei, flüchtige organische<br />
Verbindungen aus einer großen Menge Luft<br />
auf effiziente Weise, sprich: in akzeptabler Zeit,<br />
zu extrahieren und mittels GC/MS zu analysieren.<br />
Grundsätzlich könne er ihm die Online-Version des<br />
Atmosphärenphysik<br />
Die Arbeitsgruppe Atmosphärenphysik der<br />
Bergischen Universität Wuppertal befasst<br />
sich mit der Dynamik der Atmosphäre auf<br />
verschiedenen Skalen: von der planetaren<br />
Grenzschicht bis zur freien Troposphäre, der<br />
Kopplung zwischen unterer, mittlerer und oberer<br />
Atmosphäre sowie den Auswirkungen von<br />
Umweltveränderungen auf die Atmosphäre.<br />
Im Rahmen ihrer Forschungs- und Entwicklungsprojekte<br />
beschäftigt sich die Arbeitsgruppe<br />
mit folgenden Themen:<br />
• Entwicklung und Einsatz massenspektrometrischer<br />
Verfahren zur Untersuchung<br />
von Chemie und Dynamik der<br />
Atmosphäre<br />
• Messung der Verhältnisse stabiler<br />
Isotope in Spurenstoffen<br />
• Flugzeug- und zeppelingestützte<br />
Messungen von Spurengasen zur<br />
Untersuchung dynamischer Prozesse<br />
• Bodengestützte Fernerkundungsverfahren<br />
zur Untersuchung von Langzeittrends<br />
und Dynamik der Mesosphäre<br />
und Thermosphäre<br />
• Klima und Wetter im Sonne-Erde-System<br />
aus Boden- und Satellitenmessungen<br />
<strong>GERSTEL</strong>-ThermalDesorptionSystems<br />
(TDS-G) empfehlen,<br />
ein Gerät, das wie<br />
gemacht sei für die lösemittelfreie<br />
thermische Extraktion<br />
von VOC aus gasförmigen<br />
Matrices, habe er<br />
damals Ralf Koppmann<br />
sinngemäß gesagt, erinnert<br />
sich Dirk Bremer, Entwicklungsleiter<br />
bei GERS-<br />
TEL. Allerdings habe die<br />
Frage des Professors auf<br />
eine große Flussrate abgezielt:<br />
TDS und TDS-G seien<br />
für einen Volumenstrom<br />
von etwa 100 Millilitern<br />
pro Minute ausgelegt; was<br />
Ralf Koppmann suchte, lag<br />
im Bereich von mehreren<br />
Litern in derselben Zeiteinheit.<br />
Diese Herausforderung spornte die <strong>GERSTEL</strong>-<br />
Entwicklungsabteilung an, eine passgenaue Lösung<br />
zu erarbeiten. Bernd Rose, Leiter und kreativer Kopf<br />
der mechanischen Entwicklung, orientiert sich bei<br />
der Umsetzung an den Vorgaben des Auftraggebers.<br />
„Die flüchtigen organischen Zielanalyten sollten aus<br />
bis zu 100 Litern Luft extrahiert und auf einem geeigneten<br />
Adsorbens angereichert werden. Gleichzeitig<br />
sollten störendes Wasser und Kohlendioxid eliminiert<br />
und die VOC angereichert werden, gegebenenfalls in<br />
zwei Stufen“, bilanziert Bernd Rose. Das erforderte<br />
die Installation von wenigstens vier Kühl- beziehungsweise<br />
Heizfallen. Hinzu kam, dass die thermische<br />
Extraktion und Desorption so wenig Zeit wie möglich<br />
erfordern und idealerweise die nächste Probe<br />
thermisch extrahiert werden sollte, während die vorangegangene<br />
bereits in den GC injiziert wurde. Eine<br />
Aufgabe der <strong>GERSTEL</strong>-Entwickler war es folglich,<br />
eine Pneumatik zu entwickeln, die schnelle Kühlund<br />
Heizraten zuließ. Das Ergebnis, nach Abschluss<br />
intensiver Entwicklungsarbeit, konnte sich sehen lassen:<br />
ein Online-TDS-G im Übergrößenformat, das es<br />
in sich hatte und seine Aufgabe mit Bravour erfüllte,<br />
wie der Einsatz in der wissenschaftlichen Praxis der<br />
Atmosphärenphysik belegte. Inzwischen sind allein<br />
in Wuppertal und Jülich drei <strong>GERSTEL</strong>-TDS-G-Large<br />
im Einsatz. Damit werden VOC aus großvolumigen<br />
Luftproben aufbereitet, die anschließend mit Gaschromatograph-Isotopenverhältnis-Massenspektrometern<br />
(GC-IRMS) auf ihre Isotopenzusammensetzung<br />
untersucht werden [2]. Zum Einsatz kommen<br />
die Geräte etwa zur Untersuchung des Verbleibs<br />
von Autoabgasen, wie Professor Koppmann berichtet:<br />
Bei einer ihrer Messkampagnen mit einem Zeppelin<br />
konzentrierten sich die Wuppertaler Wissenschaftler<br />
auf das Toluol (C 7 H 8 ), das bei der Verbrennung<br />
von Treibstoff entsteht und mit den Autoabgasen<br />
in die Umwelt gelangt. Um Aufenthaltsdauer<br />
und Wege in der Atmosphäre zu bestimmen, betrachten<br />
die Wissenschaftler das stabile Isotopenverhältnis<br />
der jeweiligen Verbindung, das sie, bleiben wir<br />
beim Toluol, im Fall von Autoabgasen genau kennen,<br />
schildert Ralf Koppmann. Untersucht wurden<br />
pro Kampagne rund 40 Luftproben mit jeweils etwa<br />
25 Litern Luft, die von einem Zeppelin aus zwischen<br />
Erdboden und etwa 600 Meter Höhe in Flugrichtung<br />
an einem Mast an der Gondel gezogen und in speziellen<br />
Kanistern gesammelt wurden [3].<br />
Zahlreiche weitere Messkampagnen schlossen<br />
sich an, darunter eine in Spanien und zwei Missionen<br />
mit dem neuen Forschungsflugzeug HALO (High Altitude<br />
LOng Range Research Aircraft, siehe dazu auch<br />
Seite 11). Weitere Kampagnen seien geplant mit dem<br />
Ziel, den Einfluss anthropogener und biogener VOC<br />
auf die globale Luftqualität und das Klima zu untersuchen.<br />
Schwerpunkt in den kommenden Jahren werden<br />
der asiatische Monsun und die Biomasseverbrennung<br />
in Afrika sein, berichtet Professor Koppmann.<br />
Ein wichtiger Aspekt dabei sei, eine Antwort auf die<br />
Frage zu finden, wie VOC aus der Troposphäre durch<br />
die Grenzschicht in die obere Troposphäre und die<br />
untere Stratosphäre vordringen: „Wir wissen immer<br />
noch nicht alles, aber es zeichnet sich ab“, schildert<br />
der Wissenschaftler, „dass Emissionen in der Troposphäre<br />
in bestimmten Situationen schnell in klimarelevante<br />
Bereiche der Atmosphäre transportiert werden.“<br />
Die Lufthülle der Erde mag zwar einen begrenzten,<br />
überschaubaren Bereich darstellen, die Atmosphärenforschung<br />
aber sei alles andere als das: „Es<br />
gibt für uns noch viel zu erkunden, Neues und Interessantes<br />
zu entdecken“, prognostiziert Ralf Koppmann.<br />
Kontakt<br />
Bergische Universität Wuppertal<br />
Fachbereich Mathematik und<br />
Naturwissenschaften<br />
Fachgruppe Physik / Arbeitsgruppe<br />
Atmosphärenphysik<br />
Gaußstraße 20<br />
D-42119 Wuppertal<br />
Deutschland<br />
Telefon +49-202-439-2605<br />
Telefax +49-202-439-2680<br />
E-Mail: koppmann@uni-wuppertal.de<br />
Web: www.atmos.physik.uni-wuppertal.de<br />
Literatur<br />
[1] J. Williams, R. Koppmann: Volatile Organic<br />
<strong>Co</strong>mpounds in the Atmosphere: An Overview.<br />
in Volatile Organic <strong>Co</strong>mpounds in the Atmosphere,<br />
R. Koppmann (ed.), pp. 1-32, Blackwell<br />
Publishing Ltd., Oxford, 2007<br />
[2] R. Iannone, R. Koppmann, J. Rudolph: A Technique<br />
for Atmospheric Measurements of Stable<br />
Carbon Isotope Ratios of Isoprene, Methacrolein,<br />
and Methyl Vinyl Ketone, J. Atmos.<br />
Chem., 58:181-202, doi:10.1007/s10874-<br />
007-9087-5, 2007<br />
[3] J. Wintel, E. Hösen, R. Koppmann, M. Krebsbach:<br />
Stable carbon isotope ratios of toluene<br />
in the boundary layer and the lower free<br />
troposphere, Atmos. Chem. Phys. 13:11059-<br />
11071, 2013<br />
10 <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
Atmosphärenchemie<br />
In-situ-Analytik<br />
zwischen Himmel und Erde<br />
Im Rahmen des von der EU geförderten PEGASOS-Projekts untersuchten Wissenschaftler des Forschungszentrums<br />
Jülich den oxidativen Abbau flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) in der Atmosphäre. Ein Zeppelin beförderte ihr<br />
Labor in luftiger Höhe über Europa. Zentrales Instrument an Bord: ein speziell für die Erfordernisse der Onlinemessung<br />
auf Flugzeugen konzipiertes HALO-GC/MS-System.<br />
Text: Guido Deußing; Abbildungen/Fotos: Forschungszentrum Jülich<br />
In Europa stimmt die Chemie, zumindest in puncto<br />
Atmosphärenforschung. Einen Beleg für diese<br />
These liefert das im vergangenen Jahr gestartete und<br />
kürzlich zum Abschluss gebrachte EU-Projekt PEGA-<br />
SOS, an dem sich 26 Partner aus 14 europäischen<br />
Mitgliedsstaaten beteiligten. Das Akronym PEGA-<br />
SOS erinnert an das in der griechischen Mythologie<br />
beheimatete geflügelte Pferd, leitet sich aber von<br />
der Bezeichnung „Pan-European Gas-AeroSOls-climate<br />
interaction Study“ [1,2] ab. Der Fokus des<br />
unter Beteiligung von Wissenschaftlern unter anderem<br />
aus Deutschland, Griechenland, Finnland, Estland,<br />
der Schweiz und den USA durchgeführten Projektes<br />
lag folglich auf den in der Atmosphäre vorliegenden<br />
Spurengasen und Aerosolen sowie deren Einfluss<br />
auf das Klima.<br />
Fliegende Pferde spielen, wie das Akronym<br />
PEGASOS vermuten lässt, für die Studie jedoch<br />
keine Rolle, wohl aber ein Luftschiff, ein Zeppelin<br />
NT (Neuer Technologie), wie er schon seit einigen<br />
Jahren zu Forschungszwecken eingesetzt wird.<br />
Aus gutem Grund: Luftschiffe erreichen eine Flughöhe<br />
von 1000 Metern, lassen sich aber selbst noch<br />
in 100 Meter Höhe fliegen, einer Flughöhe, die für<br />
Atmosphärenforscher besonders interessant ist. Mit<br />
einem Zeppelin NT kann 1 Tonne<br />
technischen Geräts transportiert<br />
werden, um komplexe Messungen<br />
in der bodennahen Troposphäre in<br />
situ durchzuführen.<br />
Ein weiterer Vorteil liegt in<br />
der Geschwindigkeit, die sich bei<br />
Luftschiffen so gering halten lässt,<br />
dass hinreichend lange aus gleicher<br />
Umgebung online Luftproben<br />
genommen werden können. „Das ist<br />
mit einem Flugzeug nicht möglich, da<br />
es aufgrund seiner sehr viel größeren<br />
Geschwindigkeit in kürzerer Zeit eine<br />
längere Strecke zurücklegt“, erklärt<br />
Julia Jäger vom Forschungszentrum<br />
Jülich. Jäger, Teil des Wissenschaftlerteams,<br />
das die PEGASOS-Zeppelinmissionen<br />
begleitet hat, führte<br />
im Auftrag des Forschungszentrums Jülich mehrere<br />
Messkampagnen an Bord des Zeppelins durch, um<br />
insbesondere Aufschluss über den Abbau luftgetragener<br />
Spurenstoffe und deren Verbleib in der Atmosphäre<br />
zu erlangen.<br />
Klimaforschung braucht Fakten<br />
und Modelle<br />
Im Blickpunkt von Julia Jäger lagen flüchtige organische<br />
Kohlenwasserstoffverbindungen (VOC), wie sie<br />
aus natürlichen (biogenen) Quellen emittiert, aber<br />
auch und vor allem durch menschliche Aktivitäten<br />
(anthropogen) erzeugt und in die Umwelt abgegeben<br />
werden. Zu den biogenen VOC zählen als mengenmäßig<br />
wichtigste Vertreter Isopren und Monoterpene,<br />
die von Pflanzen emittiert werden. Zu den anthropogenen<br />
VOC, die sich in der Atmosphäre wiederfinden<br />
lassen, gehören als größte Gruppe die gesättigten<br />
Kohlenwasserstoffverbindungen (Alkane) wie Ethan,<br />
Propan usw. sowie Alkene und Aromaten; wichtige<br />
Quellen dieser Emissionen sind Verbrennungs- und<br />
industrielle Produktionsprozesse. Mit dem Wind werden<br />
die VOC abtransportiert und in der Atmosphäre<br />
weit verbreitet. Allerdings verbleiben VOC nicht in der<br />
Forschungszeppelin mit Topplattform zur Messung von OH-Radikalen und<br />
Instrumentengondel.<br />
Atmosphäre. Sie hat Wege gefunden, sich des Ballasts<br />
zu entledigen: Größere Staubpartikel etwa sinken<br />
unter Einfluss der Schwerkraft gen Erdboden,<br />
wo sie sich absetzen. Niederschläge tragen gelöste<br />
oder an Partikeln haftende Substanzen aus der Atmosphäre<br />
heraus.<br />
Damit sich VOC effizient aus der Atmosphäre entfernen<br />
lassen, müssen sie durch Oxidation in polare<br />
Verbindungen umgewandelt werden. Das wichtigste<br />
Oxidationsmittel der Atmosphäre ist das Hydroxylradikal<br />
(OH-Radikal), das auch als das „Waschmittel<br />
der Atmosphäre“ bezeichnet wird. Leider entstehen<br />
bei dem oxidativen Abbau von VOC andere Verbindungen,<br />
etwa Ozon, das zwar in der Stratosphäre<br />
wertvolle Dienste leistet, in der Troposphäre jedoch<br />
als Schadstoff einzustufen ist.<br />
Aufgabe der Doktorandin Julia Jäger war es, sich<br />
mithilfe eines im Zeppelin untergebrachten speziellen<br />
GC/MS-Systems in einer Höhe von 100 bis 1000<br />
Metern auf die Spur der emittierten VOC zu begeben<br />
und Aufschluss über die Effizienz des atmosphärischen<br />
Reinigungsprozesses zu gewinnen. Ferner ging<br />
es darum, Messdaten zu sammeln, die helfen können,<br />
die Schadstoffbelastung der Luft zu beziffern, Ursachen<br />
und Quellen zu identifizieren sowie aktuelle<br />
Transport-Modelle auf Tauglichkeit<br />
hin zu überprüfen und für künftige<br />
Prognosen zu präzisieren.<br />
Effiziente Onlinemessungen<br />
von VOC<br />
in der Troposphäre<br />
Die Bestimmung flüchtiger organischer<br />
Verbindungen in gasförmigen<br />
Proben ist grundsätzlich kein<br />
Hexenwerk. Hierfür bedarf es,<br />
salopp gesagt, nur eines handelsüblichen<br />
Gaschromatographen,<br />
eines den Anforderungen entsprechenden<br />
leistungsfähigen Detektors<br />
sowie hinreichend Platz, um<br />
die Gerätschaft einschließlich Kühlung<br />
und Gasversorgung aufzustel-<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 11
Ein Zeppelin NT kann rund eine Tonne technischen Geräts transportieren und erlaubt<br />
umfangreiche Onlinemessungen in für Atmosphärenforscher interessanten Lufthöhen.<br />
len. In einem Labor ist all dies in der Regel ohne Probleme<br />
möglich. An Bord eines mit technischem Equipment<br />
ausgestatteten Flugzeugs oder Zeppelins jedoch<br />
herrscht stets ein gewisser Platzmangel. An das Aufstellen<br />
eines herkömmlichen GC/MS-Systems ist hier<br />
gar nicht zu denken. Um von einem Luftschiff oder<br />
Flugzeug aus online die Außenluft zu untersuchen,<br />
braucht man eine spezielle Anfertigung, die kleiner<br />
in den Ausmaßen und gleichzeitig kompakter und<br />
leichter ist, ohne jedoch Wünsche in puncto Leistungsfähigkeit<br />
offen zu lassen. Im Gegenteil, bringt<br />
es Dirk Bremer, Leiter der Entwicklung bei GERS-<br />
TEL, auf den Punkt. Zudem sind die Anforderungen<br />
bezüglich der Flugsicherheit zu erfüllen, so sei etwa<br />
B<br />
A<br />
D<br />
E<br />
der Nachweis zu erbringen, dass sich auch bei einem<br />
Notfall keine Teile vom Instrument lösen.<br />
Als Kooperationspartner des Forschungszentrums<br />
Jülich hatte Dr. Robert Wegener im Jahr 2005<br />
<strong>GERSTEL</strong> den Auftrag erteilt, ein GC/MS-System zu<br />
entwickeln und zu bauen, das sich im Forschungsflugzeug<br />
HALO (High Altitude LOng Range) des Deutschen<br />
Zentrums für Luft- und Raumfahrt montieren<br />
und während des Flugs betreiben lässt. Das Pflichtenheft<br />
setzte den Entwicklern, allen voran Bernd Rose,<br />
dem Leiter der mechanischen Entwicklung und des<br />
Prototypings bei <strong>GERSTEL</strong>, enge Grenzen:<br />
Für den Einbau des Systems an Bord galten die Maße<br />
der üblicherweise verwendeten Instrumentenracks<br />
C<br />
Blick in den GC/MS-<br />
Einschub. Geordnetes<br />
Durcheinander mit<br />
GC-Modulen (A), Massenspektrometer<br />
(B),<br />
Adsorptionsfallen (C),<br />
Kühlschläuchen (D) und<br />
Vorpumpe (E).<br />
(ca. 1,2 m x 0,6 m x 0,8 m). Gleichzeitig durfte das<br />
komplette System ohne Instrumentenrack nicht mehr<br />
wiegen als 116 kg. Zum Vergleich: Ein konventionelles<br />
GC/MS-System wiegt wenigstens rund 130 kg –<br />
ohne Kühlfallen, Steuerung, Autosampler, Gasversorgung,<br />
Instrumentenrack und Befestigungsmaterial.<br />
Gemäß der Leistungsbeschreibung des Forschungszentrums<br />
Jülich sollten in größerer Höhe alternierend<br />
Luftproben für die Dauer von drei Minuten<br />
Länge genommen und die Analyten im Gegenstrom<br />
desorbiert werden; während eine Probe schließlich<br />
analysiert werden würde, sollte bereits die nächste<br />
Probe in der Mache sein. Wasser musste aus der Matrix<br />
entfernt werden, um die Säule nicht zu überfrachten,<br />
was einen weiteren Anreicherungs- sowie einen<br />
Thermodesorptionsschritt umfasst. Um schließlich<br />
noch eine große Bandbreite an unterschiedlich polaren<br />
Verbindungen bestimmen und gleichzeitig kurze<br />
Zykluszeiten zu gewährleisten, sollten unterschiedliche<br />
Trennsäulen möglichst rasch auf Temperatur<br />
gebracht und wieder abgekühlt werden; eine Aufgabe,<br />
die <strong>GERSTEL</strong> unter Einsatz zweier gesonderter<br />
„Low-Thermal-Mass“-Module erreichte. Letztlich<br />
ging es dann noch darum, die Analyten eindeutig zu<br />
identifizieren, weshalb es zum Einsatz eines massen-<br />
Flugzeug-Version<br />
Zeppelin-Version<br />
Elektronik<br />
GC/MS<br />
Kühleinheit<br />
Das GC/MS-Rack, bestehend aus Elektronikeinheit (rot), GC/MS (grün) und Kühleinheit<br />
(blau). Rechner und Gasflaschen wurden auf dem Rack angebracht. Aus<br />
Sicherheitsgründen sind die Seiten mit Aluminiumplatten abgedeckt.<br />
12 <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
selektiven Detektors<br />
kam, der ebenfalls<br />
im Instrumentenrack<br />
www.gerstel.de<br />
integriert wurde.<br />
Eine besondere Herausforderung stellte das<br />
Kühlsystem dar, berichtet Entwicklungsleiter Dirk<br />
Bremer. Flüssiger Stickstoff, wie er herkömmlicherweise<br />
in der GC/MS-Analytik verwendet wird, um<br />
flüchtige organische Verbindungen in einer Probenfalle<br />
auszufrieren, birgt in einem Flugzeug ein<br />
Gefährdungspotenzial, da er bei einem Druckverlust<br />
plötzlich verdampfen kann. Bernd Rose kam daraufhin<br />
auf die Idee, eine Verdampferkühlung zu installieren,<br />
wie sie in Kühlschränken verwendet wird.<br />
„Damit konnten wir wie gefordert die Analyten bei<br />
-20 °C in der Kühlfalle ausfrieren und anreichern“,<br />
erinnert sich der Entwickler.<br />
Erfolgreicher Höhenflug des<br />
HALO-GC/MS im Zeppelin<br />
Bisher kam nicht das HALO-Flugzeug zum Einsatz,<br />
sondern ein Zeppelin NT. Das GC/MS-System wurde<br />
für diesen Einsatz im Forschungszentrum Jülich<br />
modifiziert und an die analytischen Erfordernisse<br />
angepasst. Um so viel Gewicht wie möglich zu sparen,<br />
wurden Halterungen und Verkleidungen herkömmlicher<br />
GC/MS-Systeme durch leichtere Aluminiumträger<br />
ersetzt.<br />
Die Probennahme erfolgte durch eine Teflonleitung,<br />
die am Bug der Zeppelingondel angebracht war.<br />
Zunächst erfolgte eine Anreicherung der Analyten auf<br />
einem geeigneten Adsorbens in einem Glasliner, von<br />
dem die Analyten anschließend temperaturprogrammiert<br />
im Gegenstrom auf die GC-Säule (DB624, 20<br />
Die gesamten Toluoldaten für die Kampagne 2012 mit den Haupteinsatzgebieten in den Niederlanden<br />
und Italien. Bei den Überflügen sind Regionen mit sehr reiner Luft wie die Ostalpen (blau) und<br />
die Adriaküste, aber auch Regionen mit höherer Schadstoffbelastung (rot) wie die Regionen um Frankfurt<br />
am Main, Rotterdam und Bologna gut zu erkennen.<br />
m x 0,18 mm x 1,9 µm, Agilent) gespült und dort<br />
aufgetrennt wurden. Die Detektion der Analyten im<br />
MSD erfolgte nach Elektronenstoßionisierung (EI)<br />
im Modus Selected-Ion-Monitoring (SIM), um die<br />
Detektionsgrenze zu senken. Durch die schnellen<br />
Heizraten von Säulen und Adsorptionsfallen konnten<br />
die meisten atmosphärisch relevanten Substanzen in<br />
drei Minuten getrennt werden. In weiteren drei Minuten<br />
wurde das GC-Modul wieder auf die Starttemperatur<br />
gekühlt. Durch eine zweite Anreicherungseinheit,<br />
die zeitlich versetzt arbeitet, gelingt es, alle drei<br />
Minuten eine Probe zu sammeln und zu analysieren.<br />
Messdaten aus ganz Europa<br />
Trotz teilweise widriger Bedingungen wie sehr sommerlichen<br />
Temperaturen in Italien in einer nicht klimatisierten<br />
Zeppelingondel bewies das GC/MS-System<br />
im Zuge der drei PEGASOS-Messkampagnen<br />
seine volle Funktionstüchtigkeit. Alle angestrebten<br />
analytischen Ziele wurden erreicht, wie Julia Jäger<br />
feststellte, die derzeit mit der Auswertung und Analyse<br />
der aufgezeichneten Messdaten beschäftigt ist.<br />
Die Messkampagnen führten die Wissenschaftlerin<br />
von Friedrichshafen in Deutschland zur Po-Ebene<br />
in Italien, nach Rotterdam in den Niederlanden und<br />
kürzlich erst bis nach Finnland. Allein während der<br />
Messkampagne im Jahr 2012 wurden mehr als 3000<br />
GC/MS-Messungen durchgeführt, die gleiche Menge<br />
an Daten wurde während der Messkampagne 2013<br />
gesammelt. „Die Luft über Europa ist abgesehen<br />
von wenigen Gebieten recht sauber“, berichten die<br />
Jülicher Forscher. Und weiter: „Die Verteilung der<br />
gemessenen VOCs wird aber nicht nur von ihren<br />
Quellen, sondern auch von der Wettersituation, die<br />
für eine Durchmischung der Luftschichten sorgt,<br />
und der Verteilung anderer Verbindungen, etwa den<br />
OH-Radikalen, bestimmt, mit denen VOC reagieren.<br />
Entsprechend kompliziert ist die Interpretation der<br />
Daten. Dabei ist wichtig, dass viele weitere Spurengase<br />
und Radikale wie das OH-Radikal vom Zeppelin<br />
aus gemessen wurden. Darüber hinaus lieferten<br />
Messdaten der Bodenstationen in Finnland, Italien<br />
und den Niederlanden Informationen über Prozesse<br />
in Bodennähe. Erst die Kombination der Daten und<br />
der Vergleich mit Modellen ergibt ein umfassendes<br />
Bild und ermöglicht die vollständige Interpretation<br />
dieses einzigartigen Datensatzes.“<br />
Quellen- und Querverweise<br />
Ionenchromatogramm einer Probe, genommen während eines Messflugs in Italien über den rund<br />
1500 km langen Gebirgszug des Apennin. Die Luftmasse enthielt Substanzen, die direkt in die<br />
Atmosphäre emittiert werden, etwa Benzol, Toluol und Isopren, aber auch Abbauprodukte wie<br />
Methacrolein und Methylvinylketon.<br />
[1] pegasos.iceht.forth.gr/<br />
[2] eu-pegasos.blogspot.de/<br />
Die Entwicklung des GC/MS-Systems wurde gefördert<br />
von der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
im Schwerpunktprogramm HALO (WE-4384/2-<br />
2). Das PEGASOS-Projekt wird von der Europäischen<br />
Kommission gemäß des 7. Rahmenprogramms<br />
gefördert (FP7-ENV-2010-265148).<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 13
Pharmaanalytik<br />
Miefige Tabletten –<br />
nein danke!<br />
Medikamente, die unangenehm riechen, mögen uneingeschränkt wirksam und verträglich sein, verunsichern aber<br />
den Patienten, der einen schlechten Geruch mit minderwertiger Qualität gleichsetzt. Das Präparat landet vermutlich<br />
im Müll, und dem Hersteller haftet im Zweifel ein schlechtes Image an. Dieses Szenario ist für beide Seiten, Hersteller<br />
wie Verbraucher, alles andere als wünschenswert. Um Fehlgerüchen in Pharmazeutika und Pharmaverpackungen<br />
nachzuspüren, haben US-amerikanische Wissenschaftler ein hochsensitives GC-MS/MS-Verfahren mit vorangehender<br />
Stir Bar Sorptive Extraction (SBSE) entwickelt und validiert.<br />
In puncto Qualitätskontrolle ist Mutter Naturs evolutionäres<br />
Konzept kaum zu toppen. Alles, was<br />
wir oral zu uns nehmen, tangiert unweigerlich,<br />
anatomisch gar nicht anders möglich, unsere<br />
Nase und wird, im Zuge der Einführung<br />
in den Mund beziehungsweise im Mund<br />
selbst über den Gaumen, einer sensorischen<br />
Sondierung unterzogen. Die<br />
Konsequenzen dieser Geruchsvermessung<br />
sind unmittelbar spürbar: Von<br />
allem, was gut riecht, bekommen wir<br />
die Nase nicht voll genug; ein fieser<br />
Geruch hingegen löst einen neuronalen<br />
Alarm aus: Wir rümpfen<br />
die Nase, ekeln uns, lehnen das<br />
Gereichte ab.<br />
Blickt man auf das große<br />
Ganze, stellt sich heraus: Die<br />
olfaktorische Nasenbewertung<br />
spielt für<br />
uns eine wichtige<br />
Rolle. Wie Evolutionsbiologen<br />
herausfanden,<br />
führte<br />
vor allem die<br />
Erweiterung des<br />
Riechzentrums zu<br />
einem Ausbau des<br />
gesamten Säugetiergehirns<br />
[1].<br />
Der Nasenfaktor<br />
ist<br />
entscheidend<br />
Es scheint offenkundig<br />
zu sein: Der Weg zum<br />
Verbraucher führt über dessen<br />
Nase. Produkte, die der oralen<br />
Applikation dienen, sollten duften<br />
beziehungsweise neutral riechen.<br />
Das gilt für Nahrungs- und Genussmit-<br />
tel ebenso wie für Medikamente.<br />
Weil aber bereits<br />
winzige Mengen olfaktorisch<br />
relevanter<br />
Verunreinigungen<br />
unseren feinen<br />
Geruchssinn<br />
in Alarmbereitschaft<br />
versetzen<br />
können, bedarf<br />
es einer sehr<br />
sensitiven Analytik<br />
wie der Gaschromatogra-<br />
phie in Verbindung mit der Tandem-Massenspektroskopie<br />
(GC-MS/MS), um eventuelle Fehlgerüche<br />
(off odors) auch in den niedrigsten wahrnehmbaren<br />
Konzentrationen (Stichwort: Geruchsschwellenwert)<br />
sicher zu identifizieren – idealerweise bevor<br />
eine Partie des kontaminierten Produkts in den Handel<br />
gelangt, damit es nicht, wie die Praxis zeigt, zu<br />
einer kostspieligen, imageschädigenden Rückrufaktion<br />
kommt.<br />
Vor zwei Jahren sah sich ein in den USA ansässiges,<br />
international tätiges Pharmaunternehmen<br />
gezwungen, Zehntausende von Fläschchen unterschiedlicher<br />
Medikamente vom Markt zu nehmen,<br />
weil sich Verbraucher über einen den Präparaten<br />
anhaftenden modrigen Geruch beschwert hatten<br />
[2], der Weinkennern ein alter Bekannter<br />
ist und der als Korkschmecker<br />
oder<br />
Korker bezeichnet<br />
wird. Ursächlich für<br />
diesen Fehlgeruch<br />
sind sogenannte Haloanisole<br />
beziehungsweise<br />
Halophenole. Zu<br />
der Verbindungsklasse<br />
zählen: 2,4,6-Trichloranisol<br />
(TCA), 2,4,6-Tribromanisol<br />
(TBA) und<br />
2,3,4,6-Tetrachloranisol<br />
(TeCA) beziehungsweise<br />
2,4,6-Trichlorphenol<br />
(TCP),<br />
2,4,6-Tribromphenol<br />
(TBP) und Pentachlorphenol<br />
(PCP).<br />
Der Geruchsschwellenwert,<br />
also die<br />
geringste Konzentration<br />
eines gasförmigen, sensorisch<br />
aktiven Stoffes, die<br />
der Mensch gerade noch<br />
wahrnehmen kann, liegt<br />
Text: Guido Deußing; Abbildungen/Fotos: istockphoto, Gyorgy Vas<br />
14 <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
etwa – bleiben wir einmal beim Wein – für TCA bei 1,4-4 ng/L,<br />
für TBA bei 3-8 ng/L und für TeCA bei 4-24 ng/L [3], für TCP und<br />
PCA bei rund 4000 ng/L [3,4].<br />
Korkschmecker und seine Ursachen<br />
Kleine fachliche Exkursion gefällig? Ihren Eintrag in den Wein finden<br />
Haloanisole und Halophenole klassischerweise über den Korken,<br />
hergestellt aus der Rinde der Korkeiche. Wie bekannt ist, entstehen<br />
die Korkschmecker durch eine mikrobiell induzierte Methylierung<br />
von Trichlorphenol (TCP), das als Bestandteil von Pflanzenschutzmitteln<br />
der Korkeichenrinde anhaftet. Seitdem man aber festgestellt<br />
hat, dass auch der Inhalt von Weinflaschen, die mit einem Kunststoffkorken<br />
verschlossen sind, vom Korkschmecker befallen sein<br />
kann, weiß man, dass für den modrigen Fehlgeruch auch andere<br />
Ursachen und Quellen in Frage kommen.<br />
Bis Ende der 1980er-Jahre wurde das Fungizid Pentachlorphenol<br />
(PCP) eingesetzt, etwa um Holzpaletten vor einer mikrobiellen<br />
Zersetzung zu schützen. Als Verunreinigung enthielt PCP unter anderem<br />
2,3,4,6-Tetrachlorphenol (TCP), eine Verbindung, die von Mikroorganismen<br />
zu 2,3,4,6-Tetrachloranisol (2,3,4,6-TeCA) umgebaut<br />
wird und die, wie oben beschrieben, im Wein Korkgeschmack<br />
verursachen kann. PCP erwies sich im Tierversuch allerdings als kanzerogen;<br />
sein Einsatz ist hierzulande seit 1989 verboten. Substituiert<br />
wurde PCP durch das 2,4,6-Tribromphenol (TBP), eine Verbindung,<br />
die fungizid und flammenhemmend wirkt, daher auch gern Kartonagen,<br />
Kunststoffen und Anstrichfarben als Additiv zugesetzt wird.<br />
Wie man nun weiß, verstoffwechseln Mikroorganismen TBP zu<br />
2,4,6-Tribromanisol, einer Verbindung, die sensorisch ebenso mit<br />
Attributen wie muffig, erdig, chemisch, nach Lösemitteln riechend<br />
beschrieben wird. [3] Mit anderen Worten handelt es sich auch beim<br />
TBP um einen Korkschmecker erster Güte. Eben diese Verbindung<br />
brachte die in den USA zurückgerufenen Medikamente olfaktorisch<br />
in Misskredit. Die Kontamination der Arzneimittel mit 2,4,6-TBA,<br />
wurde damals spekuliert, entstammte vermutlich einem Holzimprägnierungsmittel,<br />
das bei der Herstellung von Transportpaletten verwendet<br />
wurde. Der Fehlgeruch gelangte im Zuge von Lagerung und<br />
Transport über die Verpackung ins Medikament.<br />
Wer sich der Ursachen zweifelsfrei gewahr ist, kann für Abhilfe<br />
sorgen. Das dachten sich wohl die mit der Aufklärung der Geruchsbelastung<br />
von Medikamenten befassten US-amerikanischen Wissenschaftler<br />
und machten sich daran, eine entsprechend hochsensitive<br />
GC-MS/MS-Methode zum quantitativen Nachweis von 2,4,6-TCA,<br />
2,4,6-TBA, 2,4,6-TBP und 2,4,6-TCP in Tabletten sowie 2,4,6-TBA<br />
in Verpackungsmaterialien zu entwickeln und zu validieren [4].<br />
Elektronenstoß-(Electron Impact, EI)-Spektrum einer 5-ng-Direktinjektion von<br />
2,4,6-Trichloranisol. Das molekulare Ionencluster erscheint bei m/z=210 (M), 212<br />
(M+2) und 214 (M+4). Das Hauptcluster bei m/z=195 (M) ist das Methylverlust-<br />
Peakcluster. Aufgrund verschiedener Siloxan-Interferenzen ist die Isotopenverteilung<br />
für die drei im Molekül enthaltenen Chloratome nicht zu erkennen.<br />
Elektronenstoß-NIST-Bibliotheksspektrum von 2,4,6-Trichloranisol (# 333450). Das<br />
molekulare Ionencluster erscheint bei m/z=210 (M), 212 (M+2) und 214 (M+4)<br />
und zeigt die zu erwartende Isotopenverteilung eines organischen Moleküls mit<br />
drei Chloratomen an.<br />
Auf der Suche nach der geeigneten<br />
Extraktionstechnik<br />
Bei der Methodenentwicklung im Blick hatten Gyorgy Vas und<br />
Kollegen von Johnson and Johnson sowie von McNeil <strong>Co</strong>nsumer<br />
Healthcare insbesondere ein leistungsstarkes Extraktionsverfahren;<br />
schließlich ging es darum, unterschiedlich volatile Spurenverbindungen<br />
hinreichend sensitiv zu quantifizieren. Im Zuge ihrer Literaturrecherche<br />
stellten die Wissenschaftler fest, dass zur Anreicherung<br />
der relativ flüchtigen Haloanisole häufig Headspace-basierte<br />
(HS) Methoden in Verbindung mit der Festphasenmikroextraktion<br />
(SPME) zur Anwendung kommen. „Die HS-SPME besitzt gegenüber<br />
etwa Flüssigextraktionsmethoden den Vorteil“, schreiben die Wissenschaftler<br />
im Journal of Chromatography A [4], „dass sie leicht<br />
zu automatisieren, einfach durchzuführen und auf eine große Bandbreite<br />
flüchtiger Verbindungen anzuwenden sind“. Zu beklagen sei<br />
jedoch die oftmals geringe Extraktionseffizienz aus festen und flüssigen<br />
Proben. Um auch geringer flüchtige Komponenten analysieren<br />
zu können, präferierten die Forscher die Stir Bar Sorptive Extraction<br />
(SBSE) mit dem <strong>GERSTEL</strong>-PDMS-Twister, der über eine signifi-<br />
„<strong>Co</strong>llision inducted dissociation“-(CID)-Spektrum von 2,4,6-Trichloranisol<br />
mit Vorläuferion m/z=210 (M).<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 15
Agilent 7000B Triple-<br />
Quadrupol-GC-MS-<br />
System mit 7890A<br />
Gaschromatograph.<br />
Die Einheit beinhaltet<br />
einen <strong>GERSTEL</strong>-<br />
MPS-Autosampler<br />
(Dual-Rail-System),<br />
Schüttelinkubator,<br />
MultiFiberExchange<br />
(MFX), ThermalDesorptionUnit<br />
(TDU)<br />
mit Twister-Option,<br />
SPME-Faser-Ausheizstation<br />
und Dynamische<br />
Headspace-<br />
Option (DHS).<br />
Das zu untersuchende Verpackungsmaterial wurde<br />
in Form quadratzentimetergroßer Stücke zerteilt und<br />
im Vial mit 100 pg/g 2,4,6-TBA versetzt. Die Probengefäße<br />
wurden verschlossen und blieben für die<br />
Dauer von 48 Stunden ungeöffnet, um „dem TBA<br />
hinreichend Zeit zu geben, die Matrix zu durchsetzen<br />
und von ihr absorbiert zu werden“, schreiben<br />
Vas und Kollegen. Etwa eine Stunde vor dem<br />
Ultraschallbad wurde der interne Standard zugesetzt.<br />
Nach Ablauf dieser Zeit wurde die Probe in<br />
ein 125-mL-Vial überführt, mit 100 mL einer Wasser-Aceton-Mischung<br />
versetzt, 30 min im Ultraschallbad<br />
extrahiert und anschließend für die Dauer von<br />
90 min mit dem <strong>GERSTEL</strong>-Twister bei 1000 Umdrehungen<br />
pro Minute durchmischt. Die PDMS-Twister<br />
wurden daraufhin entnommen, trocken getupft<br />
und für die anschließende automatisierte GC-MS/MS-<br />
Bestimmung in Glasröhrchen überführt und auf dem<br />
MPS platziert.<br />
kant größere Menge an Sorptionsphase verfügt: „Die<br />
SBSE erweist sich als sehr effektiv beim Nachweis<br />
von Spurenkomponenten, da die Extraktionsphase<br />
(des Twisters) gegenüber der SPME relativ groß ist“,<br />
begründen Vas und Kollegen ihre Entscheidung. Darüber<br />
hinaus hatte sich die SBSE bei der Bestimmung<br />
von Korkschmeckern in Wein bereits bewährt [3].<br />
Extraktionseffizienz im Blick<br />
Wie gut sich Analyten mit der SBSE mittels PDMS-<br />
Twister extrahieren lassen, lässt sich anhand des<br />
Octanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (K ow ) bestimmen.<br />
Hierbei handelt es sich um einen dimensionslosen<br />
Wert, der das Verhältnis der Konzentration<br />
einer Chemikalie in einem Zweiphasensystem,<br />
bestehend aus 1-Octanol und Wasser, angibt.<br />
Der K ow dient dazu, die hydrophoben beziehungsweise<br />
hydrophilen Eigenschaften einer Chemikalie<br />
zu beschreiben [5]. Der Logarithmus des K ow einer<br />
Substanz lässt Schätzungen über ihr Verteilungsverhalten<br />
in einem PDMS-Wasser-System zu. Ein<br />
großer Log K ow -Wert steht für hohe Hydrophobizität,<br />
die betreffende Substanz sorbiert sehr gut<br />
im PDMS und lässt sich mit entsprechend hoher<br />
Wiederfindung mit dem <strong>GERSTEL</strong>-PDMS-Twister<br />
extrahieren.<br />
Der Weg der<br />
Methodenentwicklung<br />
Vas und Kollegen entwickelten ihre Methode unter<br />
Einsatz von Standardlösungen (Konzentration der<br />
Haloanisole: 20, 40 und 200 pg/µL, der Halophenole:<br />
500, 1000 und 2000 pg/µL; 100 pg/µL d5-TBA)<br />
an rezeptfrei erhältlichen Tabletten unterschiedlicher<br />
Gewichte sowie diversen Verpackungsmaterialien,<br />
namentlich Karton, Polyethylen, Polycarbonat<br />
und Palettenholz. Die Quantifizierung der Zielkomponenten<br />
wurde unter Einsatz von deuteriertem<br />
2,4,6-d5-Tribromanisol vorgenommen. Die Komponenten<br />
wurden mittels Tandem-MS-Detektion identifiziert<br />
und quantifiziert (Multiple Reaction Monitoring,<br />
MRM). Folgende Massenübergänge wurden für<br />
die verschiedenen Analyten beobachtet:<br />
TBA 346 -> 331 (Quantifier) und 346-> 303 (Qualifier); <br />
TCA 212->197 (Quantifier) und 212-169 (Qualifier); <br />
TCP 196 -> 132 (Quantifier) und 196 -> 160 (Qualifier); <br />
TBP 330 -> 222 (Quantifier) und 330 -> 250 (Qualifier); <br />
2H 5 -TBA 349 -> 331 (Quantifier).<br />
Die Validierung von Methode und Verfahren<br />
führten US-Wissenschaftler gemäß der „ICH Q2<br />
(R1)“-Richtlinie (International <strong>Co</strong>nference on Harmonisation<br />
of Technical Requirements for Registration<br />
of Pharmaceuticals for Human Use) und den<br />
Vorgaben der Food and Drug Administration (FDA)<br />
durch. „Da diese Richtlinie nicht vollständig die<br />
analytische Validierung von Methoden zur Bestimmung<br />
von Spurenmengen umfasst und weil TCP<br />
ein Herbizid ist, folgten wir bezüglich der Durchführung<br />
der Analysemethode und Auswertung der<br />
Messergebnisse der Richtlinie 96/23/EG (Entscheidung<br />
2002/657/EG der Kommission vom 14. August<br />
2002)“, schreiben die Wissenschaftler.<br />
Bei dem verwendeten GC-MS/MS-System handelte<br />
es sich um ein Agilent 7000B Triple-Quadrupol-GC/MS-System<br />
(mit GC 7890), beim GC-Einlass<br />
um ein <strong>GERSTEL</strong>-KaltAufgabeSystem (KAS) zur Cryofokussierung<br />
und temperaturprogrammierten Aufgabe<br />
der Analyten auf die Säule (DB-5 MS, UI, 20<br />
m, 0,18 mm, 0,36 μm); dem KAS saß eine <strong>GERSTEL</strong>-<br />
ThermalDesorptionUnit (TDU) auf, die der Desorption<br />
des <strong>GERSTEL</strong>-Twisters (10 mm lang, PDMS: 1,0<br />
mm Schichtdicke) dient. Die Probenaufgabe erfolgte<br />
automatisiert mit einem <strong>GERSTEL</strong>-MultiPurposeSampler<br />
(MPS).<br />
Jeweils vier Tabletten wurden in einem Probengefäß<br />
in einer wässrigen, ameisensauren (0,1 %)<br />
Lösung mit 5 µL Standardlösung und dem deuterierten<br />
internen Standard versetzt und für 30 min ins<br />
Ultraschallbad gestellt, anschließend erfolgte für die<br />
Dauer von 90 min bei 1000 Umdrehungen pro Minute<br />
die SBSE der Zielanalyten. Der PDMS-Twister wurde<br />
jeder Probe entnommen, trocken getupft und zur<br />
Thermodesorptionsanalyse in Glasröhrchen überführt,<br />
die auf dem MPS-Autosampler platziert wurden.<br />
Die GC-MS/MS-Analyse schloss sich an.<br />
Was zu sagen übrigbleibt<br />
Vas und seinen US-amerikanischen Kollegen ist es<br />
gelungen, ein „GC-MS/MS-basiertes Verfahren mit vorausgehender<br />
SBSE (PDMS-Twister-Extraktion) für die<br />
Quantifizierung von TCA, TCP, TBA und TBP in Feststoffarzneimitteln<br />
zu entwickeln und zu validieren“ [4].<br />
Das SBSE-GC-MS/MS-Verfahren wurde als Standardadditionsmethode<br />
für die Untersuchung von Arzneimitteln,<br />
die mit den beschriebenen Zielanalyten kontaminiert<br />
sind, validiert. Die validierte Bandbreite beträgt<br />
für die beschriebenen Haloanisole 1000 pg pro Tablette<br />
und für die Halophenole 2.500-10.000 pg pro<br />
Tablette. Die Nachweisgrenze (absolute Menge) lag für<br />
TCA bei 4 pg, für TCP bei 286 pg, für TBA bei 9 pg und<br />
für TBP bei 371 pg. Für die Wiederfindung wurden, je<br />
nach Formulierung, folgende Werte erzielt: 79-97 %<br />
für TCA, 67-89 % für TCP, 68-76 % für TBA und 56-72<br />
% für TBP; eingesetzt wurden je 100 pg der Haloanisole<br />
und je 2500 pg der Halophenole. Die Präzision<br />
der wiederholten Messung derselben Proben, ausgeführt<br />
auf demselben Gerät, vom selben Nutzer und<br />
am selben Tag, ergab folgende relative Standardabweichungen<br />
(RSD) in Prozent: 6,2-11,3 für TCA, 3,2-<br />
12,9 für TCP, 3,1-11,0 für TBA und 6,5-15,6 für TBP;<br />
die Messung erfolgte gegen deuteriertes Tribromanisol<br />
(d5-TBA) als internen Standard.<br />
Quellen<br />
[1] Timothy B. Rowe, Thomas E. Macrini, and Zhe-Xi<br />
Luo, Fossil Evidence on Origin of the Mammalian<br />
Brain, Science 20 (2011) 955-957<br />
[2] http://privaterisk.de/versicherungen-apothekeapotheker-arzt-klinik-heilberufe-pflege-8981<br />
[3] G. Deußing, Korkgeschmack analytisch betrachtet,<br />
LaborPraxis 12 (2010) 34-36<br />
[4] Jiun-Tang Huang, Lori Alquier, Joyce P. Kaisa, Gail<br />
Reed, Timothy Gilmore, and Gyorgy Vas, Method<br />
development and validation for the determination<br />
of 2,4,6-tribromoanisole, 2,4,6-tribromophenol,<br />
2,4,6-trichloroanisole, and 2,4,6-trichlorophenol in<br />
various drug products using stir bar sorptive extraction<br />
and gas chromatography-tandem mass spectrometry<br />
detection, Journal of Chromatography A<br />
1262 (2012) 196-204.<br />
[5] G. Deußing, (Nimm zwei) 2 , <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong><br />
44 (2011) 18-20<br />
16 <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
Lebensmittelanalytik<br />
Vorsicht, Fettnäpfchen!<br />
Um den Nährwert eines Lebensmittels quantifizieren zu können, braucht es die instrumentelle Analytik, im Fall<br />
relevanter Fettparameter idealerweise die Gaschromatographie (GC). Dass es ein effizientes Verfahren zur Bestimmung<br />
deklarationspflichtiger Fettanteile in Lebensmitteln gibt, welches auch die trans-Fettsäuren berücksichtigt, zeigt<br />
folgender Beitrag.<br />
Text: Guido Deußing; Abbildungen/Fotos: istockphoto, Guido Deußing, <strong>GERSTEL</strong><br />
Niemand kauft gerne die Katze im Sack. Geheimniskrämerei<br />
steht zudem im Widerspruch zum<br />
Verbraucherschutz. Die Prämisse lautet, als Konsument<br />
anhand überprüfbarer Fakten entscheiden<br />
zu können, welches Lebensmittel man verzehren<br />
oder als Betreiber einer Gaststätte/Kantine verarbeiten<br />
möchte. Vom Handel feilgebotene fertig verpackte<br />
Lebensmittel, also mit Ausnahme frisch verpackter<br />
Waren wie Fleisch, Käse, Obst und Gemüse,<br />
müssen dem Kunden auf einem Etikett oder als Aufdruck<br />
auf der Verpackung in hinreichender Weise<br />
Auskunft geben über Herkunft, Gewicht, Haltbarkeit,<br />
Zutaten sowie Nährstoffgehalt des Verpackungsinhalts<br />
[1]. Wie die Deklaration zu erfolgen hat, regelt<br />
hierzulande die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung<br />
(LMKV) [2], die im Dezember kommenden<br />
Jahres abgelöst wird von der EU-Verordnung<br />
<strong>Nr</strong>. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher<br />
über Lebensmittel, die laut Bundesministerium<br />
für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />
(BMELV) „mehr Transparenz für Verbraucher“<br />
schafft [3].<br />
Der Aufwand ist das Problem<br />
Die Bestimmung des Nährstoffgehalts eines Lebensmittels<br />
ist alles andere als trivial. Unterschiedliche<br />
analytische Verfahren und Methoden sind notwendig,<br />
um quantitative Aussagen darüber treffen zu können,<br />
welche Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren,<br />
Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz [4] enthalten<br />
sind; nicht selten bedarf es zahlreicher Arbeitsschritte<br />
und Umrechnungen, bevor man als Hersteller<br />
die gewünschte Information erhält. Um die Effizienz<br />
der Analytik zu steigern, erweist sich die Automatisierung<br />
der Probenvorbereitung als sinnvoll und richtig.<br />
John R. Stuff und Jacqueline A. Whitecavage von<br />
der in den USA ansässigen <strong>GERSTEL</strong>, Inc. waren vor<br />
die Aufgabe gestellt, die Effizienz der Analyse von<br />
Lebensmittelproben zwecks Bestimmung der Nährstoffparameter<br />
Gesamtfett, gesättigte, ungesättigte und<br />
trans-Fettsäuren zu erhöhen. Ziel war die vollständige<br />
Automatisierung der Probenvorbereitung unter<br />
Einsatz eines kommerziell erhältlichen Autosamplers,<br />
„was mit Bravour gelang“, bemerkten die Applikationsexperten.<br />
[5]<br />
Was es mit den Fettwerten auf<br />
sich hat<br />
Der Fettgehalt ist eine wichtige Kenngröße in der<br />
Lebensmittelanalytik. Einerseits gibt sie Auskunft über<br />
den Nährwert eines Lebensmittels und damit seine<br />
physiologische Bedeutung: Je höher der Nährwert,<br />
desto größer der energetische Nutzen, den unser<br />
Organismus aus einem Lebensmittel ziehen kann.<br />
Da bekanntlich die Zufuhr großer Mengen fettreicher<br />
Nahrungsmittel zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen<br />
führen kann, ist eine ausgewogene Ernährung<br />
wichtig. Diese gelingt allerdings nur jenen Konsumenten,<br />
denen der Fettgehalt eines Lebensmittels<br />
bekannt ist. Nicht zuletzt benötigt der Hersteller<br />
selbst diese Information, bedingt durch die Pflicht<br />
zur Kennzeichnung von Lebensmitteln.<br />
Ein Blick auf spannende Details<br />
Zur Quantifizierung bewährt hat sich die Gaschromatographie<br />
(GC) mit Flammenionisationsdetektion<br />
(FID). Allerdings lässt sich der Fettgehalt nicht ohne<br />
Weiteres mittels GC/FID bestimmen. Hierzu bedarf<br />
es zunächst einmal einer Vielzahl unterschiedlicher<br />
Probenvorbereitungsschritte. Um den Fettgehalt<br />
bestimmen zu können, muss das Fett – gegebenenfalls<br />
nach vorheriger Trocknung – aus dem Lebensmittel<br />
extrahiert werden, üblicherweise unter Verwendung<br />
einer Soxhlet-Appatur, mit der das Fett unter<br />
Einsatz von Lösemittel unter Rückfluss vollständig<br />
aus der Probe entfernt wird. Diesem Schritt schließt<br />
sich die Entfernung des Lösemittels aus dem Fettextrakt<br />
an. Alles in allem handelt es sich um einen viele<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 17
Ohne Technik geht es nicht<br />
Komplettlösung für die FAME-Analyse: MPS-GC/FID-System mit integrierter Mikrowelle. Die Analysenbedingungen<br />
gestalteten sich wie folgt: KAS = Liner mit Verwirbelung, Split (50 mL/min), 40 °C – 12 °C/s –<br />
260 °C (3 min). GC-Säule: 100 m CP Sil-88 (Agilent), di = 0,25 mm, df = 0,20 μm, Pneumatik:<br />
He, konst. Fluss (1,2 mL/min), Ofen: 80 °C (2 min) – 4 °C/min – 225 °C (25 min), FID: 260 °C.<br />
Stunden beanspruchenden, arbeitsintensiven Prozess,<br />
der im weiteren Verlauf in der Verseifung und<br />
Derivatisierung der Fettbestandteile mündet:<br />
Fette und fette Öle sind Ester des dreiwertigen<br />
Alkohols Glycerin (Propan-1,2,3-triol) mit<br />
drei, meist verschiedenen, überwiegend geradzahligen<br />
und unverzweigten aliphatischen Monocarbonsäuren;<br />
Verbindungen dieser Art werden Triglyceride<br />
genannt. Triglyceride lassen sich allerdings nur<br />
schwer direkt gaschromatographisch analysieren. Im<br />
Allgemeinen werden die Esterverbindungen geknackt<br />
und die freien Fettsäuren im Zuge einer Derivatisierung<br />
in die korrespondierenden Fettsäuremethylester<br />
(FAME, Fatty Acid Methyl Ester) überführt. Im Gegensatz<br />
zu den jeweiligen Fettsäuren sind FAMEs unpolar,<br />
moderat flüchtig und GC-gängig. Aus deren Gehalt lassen<br />
sich im Anschluss an die Messung die relevanten<br />
Fettparameter durch Umrechnung ermitteln.<br />
Hoher Automatisierungsgrad<br />
fördert die Effizienz der Analyse<br />
Zur GC/FID-Analyse verwendeten die US-Applikationsexperten<br />
eine Gerätekombination von Agilent<br />
Technologies. Beim temperaturprogrammierbaren<br />
Probeneinlass des verwendeten GC 7890 handelt es<br />
sich um ein <strong>GERSTEL</strong>-KaltAufgabeSystem (KAS), bei<br />
dem Autosampler um einen <strong>GERSTEL</strong>-MultiPurposeSampler<br />
(MPS-Version: Single Rail, Dual Head);<br />
der MPS war ausgestattet mit einer 5-mL-Spritze<br />
für die im Zuge der Probenvorbereitung erforderliche<br />
Handhabung größerer Lösemittelmengen sowie<br />
einer 10-µL-Spritze zur Injektion der Probe ins GC-<br />
System. Die Mikrowellenextraktion erfolgte auf einer<br />
CEM-Mikrowelle Discover SP-D. Gesteuert wurde die<br />
Probenvorbereitung mittels der <strong>GERSTEL</strong>-MAESTRO-<br />
Software, die vollständig in die ChemStation von Agilent<br />
Technologie integriert ist.<br />
Um ihre Komplettlösung für die Fettanalytik auf<br />
Herz und Nieren zu überprüfen, untersuchten John<br />
R. Stuff und Jacqueline A. Whitecavage unterschiedliche<br />
fetthaltige Lebensmittelproben, darunter Erdnüsse,<br />
Karamell, verschiedene Käsesorten, pflanzlichen<br />
Brotaufstrich und Schokolade. Getestet wurde<br />
das System unter Einsatz einer FAME-Standardlösung,<br />
die 37 unterschiedliche Fettsäuremethylester<br />
enthielt. In Chloroform (CHCl 3 ) angesetztes Tritridecanoin<br />
diente als interner Standard (IS). Die<br />
Erdnüsse wurden zu Pulver vermahlen, sodann wie<br />
die anderen Proben auch in Mengen von 0,1 bis 0,3<br />
Gramm je Probe in 35-mL-Mikrowellenbehälter vorgelegt<br />
und auf dem MPS-Autosampler platziert. Alle<br />
weiteren Probenvorbereitungsschritte bis zur GC-<br />
Analyse erfolgten wie folgt dargestellt vollständig<br />
automatisiert:<br />
Die Deklaration von Nährstoffen auf Lebensmittelverpackung<br />
ist aktiver Verbraucherschutz. Der aber schützt<br />
nicht vor Übergewicht. Nur wer die vom Gesetzgeber<br />
geforderten Angaben auch liest, ist klar im Vorteil.<br />
Auch der Schritt der Derivatisierung erweist sich, von<br />
Hand ausgeführt, als aufwendig; allerdings lässt er sich<br />
erfolgreich automatisieren, wie es Ray Perkins und<br />
Kollegen von der in England ansässigen Firma Anatune<br />
gezeigt haben [6]: Sie haben die vielfach beschriebene<br />
manuelle Derivatisierung der freien Fettsäuren<br />
mit Bortrifluorid (BF 3 ) und Methanol adaptiert und<br />
auf einen kommerziell erhältlichen, umfangreich ausgestatteten<br />
Autosampler (<strong>GERSTEL</strong>-MPS-PrepStation)<br />
übertragen. Perkins und seine Kollegen nutzten zur<br />
Fettextraktion statt des herkömmlichen Soxhlet-Verfahrens<br />
die sogenannte beschleunigte Lösemittelextraktion<br />
(Accelerated Solvent Extraction, ASE), was<br />
den Lösemitteleinsatz reduzierte und zu einem deutlichen<br />
Zeitgewinn führte. Eine komplette Automatisierung<br />
der Probenvorbereitung wurde jedoch noch<br />
nicht erreicht.<br />
Dies gelang nun John R. Stuff und Jacqueline A.<br />
Whitecavage, indem sie eine mikrowellenbeschleunigte<br />
Lösemittelextraktion durchführten. Die verwendete<br />
Mikrowelle wurde hardware- und softwareseitig<br />
in die Probenvorbereitung des Autosamplers eingebunden,<br />
was wiederum bedeutete, dass sich die<br />
gesamte quantitative Bestimmung deklarationsrelevanter<br />
Fettparameter erstmals vollständig automatisiert<br />
durchführen ließ – mehrere Proben sequenziell<br />
und auch über Nacht und am Wochenende.<br />
Zugabe von 1,0 mL der internen Standardlösung<br />
Zugabe von 4 mL einer basischen Methanollösung<br />
(0,5 N)<br />
Mikrowellenbestrahlung für 5 Minuten bei 80 °C<br />
Zugabe von 5 mL Bortrifluorid (BF 3 ) in Methanol<br />
Mikrowellenbestrahlung für 5 Minuten bei 80 °C<br />
Zugabe von 5 mL Hexan und 10 mL Wasser<br />
3 Minuten durchmischen<br />
Transfer von 1 mL der Hexanphase in ein 2-mL-<br />
Vial, welches 0,2 g Natriumsulfat (Na 2 SO 4 ) zur<br />
Trocknung enthält<br />
1 Minute durchmischen<br />
Injektion von 1,0 μL in den GC<br />
18 <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
Automatisierung der Fettanalytik<br />
erfolgreich durchgeführt<br />
„Die Zeiten, als man deklarationsrelevante Fettwerte<br />
aufwendig von Hand ermittelt hat, gehören der Vergangenheit<br />
an“, freuen sich John R. Stuff und Jacqueline<br />
A. Whitecavage über den erfolgreichen Einsatz<br />
ihres MPS-Mikrowellen-GC/FID-Komplettsystems<br />
für die automatische Bestimmung von Gesamtfett,<br />
gesättigten Fettsäuren, einfach ungesättigten Fettsäuren<br />
und vor allem auch trans-Fettsäuren in Lebensmitteln.<br />
Durch die Integration einer Mikrowelle sei<br />
es gelungen, die bislang stets separat durchgeführte<br />
Verseifung, Extraktion (Soxhlet, ASE) und Derivatisierung<br />
zu automatisieren und damit den Zeit- und<br />
Arbeitsaufwand drastisch zu reduzieren beziehungsweise<br />
die Fettanalytik durch die Möglichkeit von Analysenläufen<br />
über Nacht oder am Wochenende zu optimieren.<br />
Die US-Wissenschaftler rechnen vor, dass sich<br />
bei einer GC-Laufzeit pro Probe von rund einer Stunde<br />
für die gesamte Trennung und durch eine zeitliche<br />
Verschachtelung von Probenvorbereitung und GC-<br />
Analyse aktuell 15 Proben in nur 18 Stunden vollständig<br />
extrahieren und analysieren lassen, von der<br />
Reduktion des Lösemitteleinsatzes ganz zu schweigen.<br />
Die Identifikation der Analyten wird über die<br />
absoluten beziehungsweise relativen Retentionszeiten<br />
der Peaks im Chromatogramm zum internen<br />
Standard ermittelt. Die Auswertung des Fettgehalts<br />
geschieht durch Umrechnen in bekannter Manier.<br />
„Die im Zuge der automatisierten Probenvorbereitung<br />
und Analyse erzielten Messwerte zeugten von<br />
einer hohen Präzision und einer guten Übereinstimmung<br />
mit den Ergebnissen, die unter den Bedingungen<br />
des zum Teil manuell durchgeführten Standardverfahrens<br />
erzielt wurden. Kurz: Die neue MPS-GC/<br />
FID-Komplettlösung ist erprobt und tauglich für den<br />
Einsatz in der Praxis“, bilanzieren John R. Stuff und<br />
Jacqueline A. Whitecavage.<br />
Chromatogramm des 37-komponentigen<br />
FAME-Standards.<br />
Chromatogramm einer Cheddarkäseprobe.<br />
Stichwort: trans-Fettsäuren<br />
Chromatogramm einer Joghurtprobe.<br />
Chromatogramm einer Probe pflanzlichen Brotaufstrichs.<br />
trans-Fettsäuren sind ungesättigte Fettsäuren mit<br />
mindestens einer trans-konfigurierten Doppelbindung<br />
zwischen zwei Kohlenstoffatomen. In natürlichen<br />
Fetten sind trans-Fettsäuren meist nur in geringem<br />
Maße enthalten, sie können jedoch bei der<br />
industriellen Fetthärtung (z.B. in der Magerine- und<br />
Bratfettproduktion) oder bei hohen Temperaturen<br />
gebildet werden. Lebensmittel mit hohen Gehalten<br />
an trans-Fettsäuren führen zu einem Anstieg<br />
des Gesamt-Cholesterin und der Low-density-Lipoproteine-(LDL),<br />
die umgangssprachlich auch als<br />
„schlechtes“ Cholesterin bezeichnet werden und<br />
reduzieren den High-density-Lipoprotein-(HDL)-<br />
Spiegel, sprich: die Menge an „gutem“ Cholesterin<br />
im Blut. Epidemiologische Studien lassen auf<br />
einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von<br />
Transfettsäuren und dem Entstehungsrisiko koronarer<br />
Herzerkrankungen schließen. 2004 hat die Europäische<br />
Behörde für Lebensmittelsicherheit (European<br />
Food Safety Authority, EFSA) trans-Fettsäuren<br />
bewertet. Eine europaweit einheitliche Regelung für<br />
diese Verbindungen gibt es nicht, wohl aber nationale<br />
Grenzwerte: In Dänemark und in der Schweiz<br />
etwa darf der Gehalt an trans-Fettsäuren in Nahrungsfetten<br />
zwei Prozent nicht übersteigen; in manchen<br />
US-Bundesstaaten wie New York und Philadelphia<br />
ist die Verwendung von trans-Fetten für die<br />
Zubereitung von Speisen in Restaurants, Imbissstuben,<br />
Lokalen, Cafés und Konditoreien per Gesetz<br />
verboten. Viele Nahrungsmittelhersteller haben mittlerweile<br />
Produkte mit deutlich reduzierten Gehalten<br />
oder ohne trans-Fettsäuren entwickelt. Bei Kontrollen<br />
fällt aber Importware auf, so etwa Backwaren aus<br />
Thailand, in denen schwedische Kontrollbehörden<br />
2009 Gehalte von nahezu 40 Prozent nachwiesen.<br />
[Quelle: Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR)]<br />
Quellenverzeichnis<br />
[1] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit<br />
(BVL), Überblick über die Kennzeichnung<br />
von Lebenmitteln, www.bvl.bund.de<br />
/DE/01_Lebensmittel/03_Verbraucher/02_<br />
KennzeichnungLM/01_Ueberblick/lm_kennzeichnung_lebensmittel_Ueberblick_node.html<br />
[2] www.gesetze-im-internet.de/lmkv/index.html<br />
[3] Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft<br />
und Verbraucherschutz (BMELV): Einheitliche<br />
Kennzeichnung von Lebensmitteln in<br />
der EU schafft mehr Transparenz für Verbraucher<br />
(www.bmelv.de)<br />
[4] Artikel 30, VERORDNUNG (EU) <strong>Nr</strong>. 1169/2011<br />
[5] John R. Stuff, Jacqueline A. Whitecavage: Automated<br />
Determination of Total Fat, Saturated<br />
Fat, Monounsaturated Fat and Trans Fat <strong>Co</strong>ntent<br />
in Food Samples, AppNote 2013-03, www.<br />
cem.de/documents/produkte/loesemittel/<br />
p-gc-an-2013-03.pdf oder www.gerstel.de/<br />
pdf/p-gc-an-2013-03.pdf<br />
[6] G. Deußing: Fettsäuren vollautomatisiert derivatisieren<br />
und bestimmen, LaborPraxis 12 (2008)<br />
34-36<br />
<strong>GERSTEL</strong>-Workshops<br />
GC-Kurse für Fortgeschrittene<br />
Gaschromatographie (GC) ist kein Hexenwerk,<br />
das wissen versierte Anwender, die<br />
sich mit dieser analytischen Trenntechnik tagaus,<br />
tagein beschäftigen, aus dem Effeff. Unabhängig<br />
davon gibt es Faktoren, die es sich<br />
lohnt, einmal genauer zu betrachten, da sie<br />
die Chromatographie gasförmiger und flüchtiger<br />
Verbindungen nachhaltig beeinflussen und<br />
den Informationsgewinn steigern. <strong>GERSTEL</strong><br />
bietet dem interessierten Anwender<br />
im kommenden Jahr mehrere<br />
GC-Workshops zu folgenden<br />
Themen an:<br />
• Derivatisierung für die<br />
GC und ihre Automatisierung<br />
(24.06.2014)<br />
• Sinnliches Messen<br />
mit GC-O: Einführung in<br />
die olfaktorische Detektion<br />
(12./13.05.2014)<br />
• Pyrolyse-GC/MS: Anwendung,<br />
Methodenentwicklung und<br />
Interpretation (04.07.2014)<br />
Unter Anleitung ausgewiesener<br />
Experten wird den Workshop-Teilnehmer<br />
das notwendige Fachwissen<br />
in Theorie und Praxis vermittelt.<br />
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<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 19
Phthalate<br />
Achtung, Weichmacher!<br />
Das Prüfverfahren CPSC-CH-C1001-09.3 der US-amerikanischen <strong>Co</strong>nsumer Product Safety <strong>Co</strong>mmission (CPSC)<br />
fordert die Kontrolle von Kinderspielzeug und Babyartikeln auf das Vorhandensein von Weichmachern. Das Verfahren<br />
umfasst die GC/MS-Bestimmung kritischer Phthalate nach einer in der Regel aufwendigen, oft manuell ausgeführten<br />
Probenvorbereitung, dabei lässt sich die Analyse intelligent automatisieren.<br />
Es gibt Stoffe, denen der Makel eines notwendigen<br />
Übels anhaftet. Hierzu zählen die Phthalsäureester,<br />
kurz Phthalate genannt, die vorwiegend als<br />
Weichmacher in der Kunststoffherstellung eingesetzt<br />
werden, aber auch Bestandteil von Konsumgütern<br />
und pharmazeutischen Produkten sind. Phthalate<br />
beeinflussen die physikalischen Eigenschaften<br />
von Kunststoffen in besonderer Weise. Sie sorgen<br />
dafür, dass etwa Polyvinylchlorid (PVC) die Flexibilität<br />
und Formbarkeit erhält, die den Werkstoff<br />
auszeichnet und interessant macht für seine Anwendung<br />
als Bodenbelag, Kunstleder, Duschvorhang,<br />
in Babyartikeln, Kinderspielzeugen, Verpackungen,<br />
Schuhen, Sport- und Freizeitartikeln, medizinischen<br />
Produkten wie Blutbeuteln und Schläuchen,<br />
in Kabeln, Dachdichtungen, Lkw-Planen oder<br />
als Unterbodenschutz.<br />
Allerdings gibt es eine<br />
Kehrseite der Medaille.<br />
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Einige Phthalate,<br />
namentlich vor allem<br />
das Di(2-ethylhexyl)phthalat [DEHP] sowie das<br />
Dibutylphthalat [DBP] und das Benzylbutylphthalat<br />
[BBP], gelten als gesundheitsschädlich und sind<br />
in der Europäischen Union (EU) für eine Reihe von<br />
Anwendungen tabu; laut EU-Richtlinie gilt DEHP als<br />
fortpflanzungsgefährdend.<br />
Um im Polymer den gewünschten Materialeffekt<br />
zu erzielen, setzt die chemische Industrie alternativ<br />
auf Additive, die als nicht oder nur gering toxisch<br />
eingestuft sind wie das Diisodecylphthalat [DIDP]<br />
oder das Diisononylphthalat [DINP]. Jedoch hat die<br />
EU den Einsatz genannter Verbindungen, also DEHP,<br />
DBP, BBP, DINP, DIDP und auch Di-n-octylphthalat<br />
(DnOP), stark reglementiert. Gemäß EU-Beschluss<br />
dürfen sie „nicht als Stoffe oder als Bestandteile<br />
von Zubereitungen in Konzentrationen von mehr als<br />
0,1 Masse-% des weichmacherhaltigen Materials in<br />
Spielzeug und Babyartikeln verwendet werden, die<br />
von Kindern in den Mund genommen werden können.<br />
Spielzeug und Babyartikel, die diese Phthalate<br />
in Konzentrationen enthalten, die über dem vorstehenden<br />
Grenzwert liegen, dürfen nicht in Verkehr<br />
gebracht werden“.<br />
Das Risiko eines Übergangs des Additivs vom<br />
Spielzeug über die Schleimhaut in den heranwachsenden<br />
Organismus sowie daraus resultierender<br />
negativer Folgen für die Gesundheit ist bei Kleinkindern<br />
besonders groß. Geschuldet ist die Möglichkeit<br />
des diffusiven Stofftransports der Tatsache,<br />
dass Phthalate nicht chemisch in der Polymermatrix<br />
gebunden sind. Phthalate können aus dem Produkt<br />
ausdünsten oder ausgeschwemmt werden und in die<br />
Umwelt oder den Organismus gelangen.<br />
In den USA sieht man die Dinge ähnlich. Um die<br />
Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu überwachen,<br />
werden infrage kommende Spielzeuge und Babyartikel<br />
auf die genannten Verbindungen hin untersucht.<br />
Die Basis bildet das Prüfverfahren CPSC-CH-<br />
C1001-09.3 der US-amerikanischen <strong>Co</strong>nsumer Product<br />
Safety <strong>Co</strong>mmission (CPSC).<br />
Auf die Probenvorbereitung<br />
kommt es an<br />
Die Probenvorbereitung spielt eine wichtige Rolle<br />
bei der Bestimmung von Phthalaten in polymeren<br />
Matrices gemäß des Prüfverfahrens CPSC-CH-<br />
C1001-09.3. Sie umfasst die vollständige Auflösung<br />
20 <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
Zur Probenvorbereitung und Extraktion von Phthalaten aus Polymerproben eingesetzter <strong>GERSTEL</strong>-<br />
MultiPurposeSampler (MPS XL) mit Filter-Option.<br />
der Probe in Tetrahydrofuran (THF), die Ausfällung<br />
des Polymers durch Hexan, die Filtration, die Verdünnung<br />
der Lösung mit Cyclohexan und schließlich<br />
die Analyse mittels Gaschromatographie/Massenspektrometrie<br />
(GC/MS). Das Prüfverfahren beinhaltet<br />
folgende Schritte:<br />
Abwiegen einer 50-mg-Probe Polyvinylchlorid<br />
(PVC) in ein verschließbares Glasgefäß.<br />
Hinzufügen von 5 mL THF zu der Probe.<br />
Schütteln, Rühren oder Vermischen der Probe<br />
für mindestens 30 Minuten, um die vollständige<br />
Auflösung zu erzielen. Ultraschall und/oder sanftes<br />
Heizen können zur Beschleunigung der Auflösung<br />
verwendet werden. Falls das Material noch nicht<br />
vollständig aufgelöst ist, sollte die Mischdauer um<br />
weitere 2 Stunden verlängert werden, bevor die<br />
Prozedur weitergeführt wird.<br />
Ausfällung der PVC-Polymere mit 10 mL Hexan pro<br />
5 mL THF, die während der Auflösung verwendet<br />
wurden.<br />
Schütteln, dann mindestens 5 Minuten warten, um<br />
die Polymere sich absetzen zu lassen.<br />
ten wir es darauf an“, erklärt Pfannkoch, „die manuellen<br />
Arbeitsschritte möglichst eins zu eins auf den<br />
Autosampler zu übertragen und die Probenvorbereitungsschritte<br />
mit der GC/MS-Messung zeitlich zu verschachteln.“<br />
Die Applikationsspezialisten verwendeten einen<br />
XYZ-Autosampler (<strong>GERSTEL</strong>-MultiPurposeSampler,<br />
MPS) ausgestattet mit zwei Türmen (Dual-Head-<br />
Variante), um die Probenvorbereitung einschließlich<br />
des Einsatzes größerer Flüssigkeitsmengen (2,5-mL-<br />
Spritze) zu handhaben sowie eine Mikroliterspritze<br />
(10 µL) für die Flüssiginjektion der Probe in das<br />
angeschlossene GC/MS-System (Agilent GC7890/<br />
MS5975); bei dem PTV-Injektor des GC handelte es<br />
sich um ein <strong>GERSTEL</strong>-KaltAufgabeSystem (KAS).<br />
Ausgestattet war der MPS mit einem geheizten<br />
Agitator, einem automatischen GC-Liner-Wechsler<br />
(<strong>GERSTEL</strong>-Automated-Liner-EXchange, ALEX)<br />
sowie einer Filter-Option (<strong>GERSTEL</strong>-Syringe-Filtration-Option).<br />
Die Programmierung und Ansteuerung<br />
Methodenparameter<br />
der verschiedenen Probenvorbereitungsschritte und<br />
Sequenzen erfolgte mit der <strong>GERSTEL</strong>-MAESTRO-Software,<br />
die vollständig in die ChemStation-Software von<br />
Agilent Technologies eingebunden ist.<br />
Ernies Quietscheente lässt grüßen<br />
Als Untersuchungsobjekt versuchten sich Pfannkoch<br />
und Kollegen an gewöhnlichen Gummienten<br />
für die Badewanne sowie Proben von kommerziell<br />
erhältlichem Kinderspielzeug aus Polyvinylchlorid.<br />
Weitere drei Proben stammten von der lokalen<br />
CPSC-Prüfstation (CPSC-1, CPSC-2, CPSC-3).<br />
Alle zu extrahierenden Polyvinylchloridproben wurden<br />
zunächst in kleine Stücke von nicht mehr als 2<br />
mm Partikelgröße geschnitten, anschließend in gläserne<br />
10-mL-Röhrchen mit Schraubverschluss eingewogen<br />
und dann auf dem vorgesehenen Probenteller<br />
des MPS platziert. Pfannkoch und Kollegen legten<br />
klare Analysenparameter fest (siehe Kasten links.<br />
Kalibriert wurde die Methode mithilfe von<br />
Standardlösungen jeweils getrennt im Niedrigkonzentrationsbereich<br />
von 50-1000 ng/mL und<br />
im Hochkonzentrationsbereich von 5-100 µg/mL.<br />
Text: Guido Deußing; Abbildungen/Fotos: istockphoto, <strong>GERSTEL</strong><br />
Filtern der THF/Hexan-Lösung durch einen 0,45-<br />
mm -PTFE-Filter und Abnahme einiger mL der<br />
gefilterten Lösung in ein separates Gefäß.<br />
Kombinieren von 0,3 mL der THF-Hexan-Lösung<br />
mit 0,2 mL des internen Standards (sofern verwendet)<br />
und Verdünnung auf 1,5 mL mit Cyclohexan.<br />
Injektion von 1 μL der Lösung für die GC/MS-<br />
Analyse.<br />
Wie sich zeigt, bilden vor allem die Extraktionsschritte<br />
den Flaschenhals der Untersuchung, beeinflussen<br />
damit wesentlich die Gesamtdauer der Analyse.<br />
Sie zu automatisieren und damit effizienter zu<br />
gestalten, idealerweise zeitlich zu verkürzen, war das<br />
Ziel, das Edward Pfannkoch und Kollegen von der in<br />
Baltimore/USA ansässigen <strong>GERSTEL</strong>, Inc. im Kundenauftrag<br />
zu erreichen suchten. „Darüber hinaus leg-<br />
KAS: Liner mit Verwirbelungseinstichen<br />
Split (20:1) oder Splitless<br />
50 °C–12 °C/s – 280 °C (3min)<br />
Säule: 30 m HP-5MS (Agilent<br />
Technologies)<br />
di = 0,25 mm, df = 0,25 μm<br />
Pneumatik: He, konstanter Fluss = 1,0 mL/min<br />
Ofen: 50 °C (1 min) – 20 °C/min –<br />
310 °C (5 min)<br />
MSD: Vollscan, 40-350 amu<br />
SIM- Gruppe 1: ab 5 min<br />
Parameter (91, 10), (105, 10), (149, 10),<br />
(Masse, (167, 10), (194, 10), (205, 10)<br />
Verweilzeit): (212, 10), (223, 10)<br />
Gruppe 2: ab 11,7 min<br />
(91, 10), (149, 10), (167, 10),<br />
(206, 10), (279, 10)<br />
Gruppe 3: ab 13,7 min<br />
(149, 10), (167, 10),<br />
(261, 10), (279, 10),<br />
(293, 10), (307, 10)<br />
Nur Versuch macht „kluch“<br />
„Zunächst überprüften wir“, berichtet Edward Pfannkoch,<br />
„ob die während der Extraktion verwendeten<br />
Lösemittel frei von Phthalaten waren, indem wir die<br />
gesamte Extraktionsprozedur mit einem leeren Gläschen,<br />
also ohne Zugabe einer Polymerprobe, durchlaufen<br />
ließen.“ Im resultierenden Extrakt konnten keine<br />
Phthalate nachgewiesen werden. Ebenso wurde im<br />
Anschluss daran mit den zertifizierten Referenzmaterialproben<br />
verfahren, wobei die Proben sowohl manuell<br />
als auch automatisiert extrahiert und die jeweiligen<br />
Resultate miteinander verglichen wurden. Edward<br />
Pfannkoch: „Die Gegenüberstellung der Chromatogramme<br />
ergab eine Übereinstimmung beider Herangehensweisen.<br />
Die automatisierte Probenvorbereitung<br />
und die anschließende GC/MS-Analyse der Probenextrakte<br />
funktioniert und liefert zuverlässige Resultate.“<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 21
Um den Gesamtdurchsatz des Systems zu erhöhen und den übermäßigen<br />
Gebrauch gefährlicher Chemikalien zu vermeiden, verringerten<br />
Pfannkoch und Kollegen die Proben- und Lösemittelmengen proportional<br />
um die Hälfte, was keinen Einfluss auf das Messergebnis hatte.<br />
Schließlich durchliefen die Gummienten- und CPSC-Proben die<br />
automatisierte Extraktionsprozedur. Die Extrakte wurden per GC/MS<br />
mit Split(20:1)- und Splitlos-Injektion analysiert. Der MSD wurde im<br />
SIM/Scan-Modus betrieben. Die Kalibrierung im Niedrigkonzentrationsbereich<br />
erfolgte im Splitlos-Modus, die im Hochkonzentrationsbereich<br />
im Split-Modus. Identifiziert wurden die Analyten anhand von<br />
Retentionszeit und Massenspektren. Quantifiziert wurde mithilfe der<br />
Kalibrierkurven.<br />
„Ente“ gut, alles gut<br />
Ansicht der Chromatogramme der automatisierten Probenvorbereitung mit 50 mg Probe<br />
(A), mit 25 mg Probe (B) sowie der manuellen Probenvorbereitung mit 25 mg Probe<br />
(C). Resultat: Die Chromatogramme sind äquivalent.<br />
Am Ende jeder Methodenentwicklung muss sich der Anwender die<br />
Frage stellen: Vorhaben erfolgreich umgesetzt? Edward Pfannkoch ist<br />
zufrieden: „Unser vorrangiges Ziel, eine manuelle Extraktion auf den<br />
MPS-Autosampler zu übertragen und vollständig zu automatisieren,<br />
haben wir erreicht.“ Die automatisierte Untersuchung der zertifizierten<br />
Referenzmaterialien und Proben habe angemessene Resultate ergeben.<br />
Das automatisierte GC/MS-Verfahren zur Analyse von DEHP, DBP, BBP,<br />
DINP, DIDP und DnOP erwies sich mit einer relativen Standardabweichung<br />
(RSD) von 1,9-5,5 Prozent für alle untersuchten Phthalate als<br />
präzise. Kurz gesagt, bringt es Edward Pfannkoch auf den Punkt, funktioniere<br />
ihre automatisierte GC/MS-Analyse von ausgewählten Phthalaten<br />
gemäß Prüfverfahren CPSC-CH-C1001-09.3 einwandfrei. Die damit<br />
erreichten Resultate seien überaus zufriedenstellend – auch im Fall<br />
von realen Proben. Edward Pfannkoch: „In den Proben CPSC-1 und<br />
-2 fanden wir alle sechs Zielanalyten. Probe CPSC-3 wiederum wies<br />
eine hohe Konzentrationen von DEHP auf.“<br />
Quellen<br />
Quellen<br />
Vollscan-Chromatogramm einer Spielzeugentenprobe. Das Chromatogramm verdeutlicht<br />
den Vorteil des SIM/Scan-Modus, da verschiedene andere Weichmacher, die nicht als Zielanalyte<br />
ausgewählt waren, im Chromatogramm erscheinen. Dazu gehören unter anderem<br />
Diethylphthalat, Acetyl-tri-n-butylcitrat und Diisononyladipat.<br />
[1] Fredrick D. Foster, John R. Stuff, Jacqueline A. Whitecavage, Edward<br />
A. Pfannkoch: Automated Extraction and GC/MS Determination of<br />
Phthalates in <strong>Co</strong>nsumer Products, AppNote 4/2013, www.gerstel.<br />
de/de/neueste-applikationen.htm<br />
[2] United States <strong>Co</strong>nsumer Product Safety <strong>Co</strong>mmission, Test Method:<br />
CPSC-CH-C1001-09.3 Standard Operating Procedure for Determination<br />
of Phthalates, April 1st, 2010.<br />
[3] Umweltbundesamt: Phthalate – Die nützlichen Weichmacher mit<br />
den unerwünschten Eigenschaften, 02/2007; www.umweltdaten.<br />
de/sites/default/files/medien/publikation/long/3540.pdf<br />
[4] Weichmacher – Grenzwerte, Verbote und Alternativen,<br />
www.weichmacher.de/weichmacher-problem.html<br />
[5] Richtlinie 2005/90/EG<br />
Vollscan-Chromatogramm für Probe CPSC-2. Abbildung B zeigt extrahierte Ionenchromatogramme<br />
der SIM-Daten. Die Zielanalyte sind im SIM-Chromatogramm identifiziert.<br />
Das Vollscan-Chromatogramm zeigt das Vorhandensein einer weiteren Verbindung:<br />
Diisononylcyclohexan-1,2-dicarboxylat.<br />
www.gerstel.de<br />
22 <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
Nachwuchsförderung / Wissenstransfer<br />
Mit Herzblut bei der Sache<br />
Einem Unternehmen wie <strong>GERSTEL</strong> und seinen Mitarbeitern bieten sich gute Gelegenheiten, vorhandenes Fachwissen<br />
an jene weiterzugeben, die in besonderer Weise nachhaltig davon profitieren. Dabei kann es sich um heimische<br />
Studenten oder auch um Pädagogen aus China handeln.<br />
Text und Fotos: Guido Deußing<br />
Am Anfang war die<br />
Idee: Dr. Oliver Lerch,<br />
Applikationsexperte von<br />
<strong>GERSTEL</strong>, und Dr. Thorsten<br />
Teutenberg, Bereichsleiter der<br />
Forschungsanalytik des Instituts<br />
für Energie- und Umwelttechnik<br />
(IUTA) in Duisburg,<br />
beide Schulkameraden aus<br />
alten Tagen, hatten sich für<br />
das Ehemaligentreffen ihres<br />
Gymnasiums im westfälischen<br />
Werl, wo sie im gleichen Chemieleistungskurs<br />
saßen und<br />
paukten, Folgendes überlegt:<br />
Sie wollten vor den einstigen<br />
Mitschülern und in Anwesenheit<br />
ihres ehemaligen Chemielehrers<br />
gemeinsam einen Vortrag<br />
halten über ihre Profession,<br />
namentlich die instrumentelle<br />
chemische Analytik.<br />
Den beiden Chromatographie-<br />
Experten kam es bei ihrem Vorhaben nicht allein auf<br />
eine inhaltlich korrekte Darstellung an, sondern auch<br />
darauf, sich didaktisch wertvoll und für die Zuhörer<br />
unterhaltsam geschickt die Bälle zuzuspielen. Offenkundig<br />
mit Erfolg: „Der Vortrag fand großen Anklang<br />
und zog eine ziemlich lange inhaltliche Diskussion<br />
nach sich“, erinnert sich Dr. Oliver Lerch.<br />
Einige Zeit nach ihrem gemeinsamen Auftritt vor<br />
den ehemaligen Mitschülern bat die in Kamp-Lintfort<br />
ansässige Hochschule Rhein-Waal in einem Schrei-<br />
Praktische Einführung in die GC und LC: Dr. Oliver Lerch erläutert an<br />
seiner Station den Studierenden der Hochschule Rhein-Waal die<br />
Funktionsweise einer GC/MS-Gerätekombination mit aufsitzendem<br />
<strong>GERSTEL</strong>-MultiPurposeSampler (MPS) für die automatisierte<br />
Probenvorbereitung und Probenaufgabe.<br />
25 Studierende und Mitarbeiter des internationalen Studiengangs „Environment and Energy“ der Hochschule<br />
Rhein-Waal in Kamp-Lintfort besuchten das IUTA. Als Referent zum Thema „Chromatographie und<br />
Probenvorbereitung“ mit von der Partie: …<br />
ben an die Institutsleitung, die analytische Abteilung<br />
des IUTA besuchen zu dürfen. Ziel war es, 25 Studierenden<br />
des international ausgerichteten Fachbereichs<br />
„Environment and Energy“ ein Gefühl für<br />
die Arbeit einer analytisch orientierten Forschungseinrichtung<br />
zu vermitteln: „Wir können nicht tiefgreifend<br />
und umfassend Umwelt- und energetische<br />
Aspekte vermitteln und die Auswirkung unseres<br />
Handelns, sprich Emissionen und Umweltverschmutzung,<br />
diskutieren, wenn nicht ein hinreichendes<br />
analytisches Rüstzeug vorhanden<br />
ist“, beschreibt die Exkursionsleiterin<br />
Irmgard Buder, an der<br />
Hochschule Rhein-Waal Professorin<br />
im Fach „Erneuerbare Energien<br />
und Elektromobilität“, die Motivation<br />
ihres Besuchs am IUTA. Dem<br />
Gesuch wurde stattgegeben. Wie<br />
aber sollte der Tag am IUTA gestaltet<br />
werden?<br />
„Das war eine ausgesprochen<br />
gute Gelegenheit“, schildert<br />
Dr. Thorsten Teutenberg seine<br />
erste Reaktion auf die Anfrage der<br />
Hochschule Rhein-Waal, „den Tandemvortrag<br />
von Oliver Lerch und<br />
mir wissenschaftlich zu vertiefen<br />
und erneut zum Besten zu<br />
geben.“ Aufgrund der Aufgabenstellung<br />
habe es sich<br />
angeboten, den Studierenden<br />
ein detailliertes Bild<br />
nicht nur von der Arbeit<br />
eines in der Umweltanalytik<br />
tätigen Forschungsinstituts<br />
zu vermitteln. Es habe sich<br />
zudem angeboten, ergänzt<br />
Oliver Lerch, „dem wissenschaftlichen<br />
Nachwuchs die<br />
Bandbreite der Aufgaben<br />
vor Augen zu führen, mit<br />
welchen Forschungsinstitute<br />
wie das IUTA konfrontiert<br />
sind und welchen Beitrag<br />
in diesem Kontext ein<br />
Hersteller von Analysengeräten,<br />
wie es <strong>GERSTEL</strong> ist,<br />
unter anderem in puncto<br />
Methodenentwicklung und<br />
Applikationen zu leisten in<br />
der Lage ist.“ Auf diese Weise habe man den Studierenden<br />
einen sehr viel umfangreicheren Einblick in<br />
die künftige Arbeitswelt geben können.<br />
… Dr. Thorsten Teutenberg, Bereichsleiter der Forschungsanalytik<br />
des Instituts für Energie- und Umwelttechnik<br />
(IUTA), und <strong>GERSTEL</strong>-Applikationsspezialist Dr.<br />
Oliver Lerch (v. l.)<br />
Gemäß dem Wunsch der Hochschule, die aufgrund<br />
der globalen Bedeutung des Faches eine internationale<br />
Ausrichtung des Studiengangs gewählt<br />
hatte, hielten Teutenberg und Lerch ihren Tandemvortrag<br />
auf Englisch. Kein Problem für die beiden<br />
Wissenschaftler, denen das Fachvokabular aufgrund<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 23
Sommeliers über die Bedeutung der instrumentellen<br />
chemischen Analytik u. a. für die Sensorik und<br />
Qualitätssicherung in der Weinherstellung fachlich<br />
fundiert und detailreich zu referieren.<br />
Exportschlager Duales System<br />
am Beispiel von <strong>GERSTEL</strong><br />
Wissenstransfer auf kurzem Wege: Informationen über die analytischen Möglichkeiten, sprich automatisierte<br />
Probenvorbereitung und GC/MS- bzw. LC/MS-Bestimmung von organischen Verbindungen im Wein, sowie die<br />
entsprechende Methodenentwicklung vermittelten Andreas Hoffmann und Thomas Albinus, Applikationsspezialisten<br />
von <strong>GERSTEL</strong>, sowie Dr. Eike Kleine-Benne aus der Entwicklungsabteilung des Unternehmens den Studenten<br />
von Professor Doris Rauhut (hinten rechts) aus Geisenheim.<br />
ihres Umgangs auch mit internationalen Kollegen und<br />
Kunden vertraut ist. Ihre Zuhörer, darunter Studenten<br />
aus Bangladesch und China, der Türkei und Russland,<br />
goutierten die Bemühungen, vorhandenes Wissen<br />
nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich verständlich<br />
vermittelt zu bekommen, und spendeten am<br />
Ende der Veranstaltung tüchtig Applaus.<br />
Nur wenige Tage nach dem Event im IUTA stand<br />
für <strong>GERSTEL</strong> das nächste an: Eine Gruppe Studierender<br />
der Hochschule Geisenheim traf am Firmensitz<br />
in Mülheim an der Ruhr ein, um sich über die<br />
analytischen Möglichkeiten der Weinanalytik mittels<br />
<strong>GERSTEL</strong>-Technologie aus erster Hand – theoretisch<br />
und praktisch im Labor – zu informieren. „Auch hier<br />
hat <strong>GERSTEL</strong> einiges zu bieten“, freute sich Eberhard<br />
G. <strong>Gerstel</strong>, geschäftsführender Gesellschafter<br />
des Unternehmens.<br />
Exkursionsleiterin Professor Doris Rauhut, die<br />
sich mit der Weinaromaforschung an der Hochschule<br />
Geisenheim befasst, pflegt seit geraumer Zeit enge<br />
Verbindungen zu <strong>GERSTEL</strong>. Auf ihre weinanalytische<br />
Expertise vertraut das Unternehmen zum Beispiel<br />
auch dann, wenn es darum geht, wie im vergangenen<br />
Jahr der Fall, vor namhaften deutschen<br />
Einen ganz anderen Anstrich hatte die Präsentation<br />
des Unternehmens vor Professoren und Berufsschullehrern<br />
aus China, die sich hierzulande über<br />
den bundesdeutschen Exportschlager „Duales System“,<br />
die gesetzlich verankerte Verknüpfung praktischer<br />
und schulischer Inhalte bei der Berufsausbildung,<br />
ein Bild machen wollten. Bereits zum zweiten<br />
Mal hatte die Zentralstelle für die Weiterbildung<br />
im Handwerk aus Düsseldorf bei <strong>GERSTEL</strong> angefragt<br />
und gebeten, das Unternehmen an seinem Stammsitz<br />
in Mülheim an der Ruhr mit einer chinesischen<br />
Delegation besuchen und besichtigen zu dürfen. Auf<br />
dem Programm standen dabei auch eine Präsentation<br />
des Ausbildungsleiters sowie ein Gespräch mit<br />
den Auszubildenden.<br />
Ohne Frage ein lohnenswerter Besuch, befanden<br />
die Teilnehmer am Ende des Tages, da <strong>GERSTEL</strong> nicht<br />
nur Feinmechaniker und Kaufleute ausbilde, sondern<br />
dies auch in einem überaus interessanten, wissenschaftlich<br />
und technisch anspruchsvollen Umfeld<br />
leiste, fasste der chinesische Dolmetscher die einhellige<br />
Meinung der Teilnehmer zusammen.<br />
<strong>Gerstel</strong>-Fortbildung<br />
<strong>GERSTEL</strong> stellt auch im kommenden Jahr wieder<br />
ein umfangreiches Programmangebot an Fortbildungskursen<br />
im Bereich der GC(GC/MS)- und<br />
LC(LC/MS)-Analyse auf die Beine. Eine Themenund<br />
Terminübersicht finden Sie im Internet unter<br />
www.gerstel.de<br />
Aufschlussreiche Begegnung: Eine Delegation chinesischer Pädagogen, darunter Professoren und Berufsschullehrer, besuchte <strong>GERSTEL</strong>, initiiert von der Zentralstelle für die<br />
Weiterbildung im Handwerk in Düsseldorf. Den Fragen stellten sich neben der Geschäftsführung auch der Ausbildungsleiter sowie die Auszubildenden des Unternehmens.<br />
24 <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
Aroma- und Geschmacksstoffanalyse<br />
Zauberhafte Vanille<br />
Es gibt nicht eine Vanille, sondern viele Sorten. Deren charakteristisches<br />
Geschmacksmuster wird nicht allein durch Vanillin, den Hauptaromastoff der<br />
Vanille, geprägt, sondern durch eine Komposition zahlreicher Verbindungen.<br />
Zu deren Aufklärung und Identifizierung sowie zur Qualitätssicherung und<br />
Herkunftsbestimmung von Vanilleschoten und Vanilleextrakten leisten<br />
Headspace-Techniken und die Thermodesorption einen wichtigen Beitrag.<br />
Der nachfolgende Beitrag wirft einen Blick auf einen interessanten Ansatz<br />
zur Analyse von Vanilleschoten und Vanilleextrakten.<br />
Text: G. Deußing; Abbildungen: istockphoto, fotolia, S. J. Toth<br />
Gebäck gehört in die Vorweihnachtszeit wie der<br />
Adventskranz oder Kerzenglanz. Allein der Duft<br />
feinen Backwerks weckt in vielen Menschen schönste<br />
Erinnerungen an daheim, etwa an die beschürzte Mutter,<br />
die Berge von Teig durch den mit einem Spritzgebäckvorsatz<br />
aus Eisenguss bewehrten Fleischwolf<br />
drehte und sternförmige Teigrohlinge herauspresste,<br />
die sie auf gefettete Backbleche legte, um sie alsdann<br />
im vorgeheizten Backofen goldgelb abzubacken. Was<br />
für ein wundervoller Anblick hinterher: Schüsseln<br />
und Blechdosen, gefüllt mit stern-, streifen- oder<br />
halbmondförmigen Plätzchen. Und in der Luft: ein<br />
würziger Duft von Zimt und Vanille.<br />
Kaum ein Gewürz wird so häufig zur Aromatisierung<br />
eingesetzt wie Vanille – nicht nur zur Weihnachtszeit<br />
und auch nicht nur in Lebensmitteln. Vanillearoma<br />
findet ebenso Anwendung bei der Herstellung<br />
von Parfüms, Kosmetika und Arzneien. Der<br />
Vanille wird nachgesagt, sie beruhige den Geist und<br />
belebe den Körper. Man setzt das Gewürz in der Aromatherapie<br />
ein; inhaliert wirkt es entspannend und<br />
belebend auf den Körper, heißt es. <strong>Aktuell</strong>e Forschungsergebnisse<br />
deuten darauf hin, dass Vanillin,<br />
der Hauptbestandteil des Vanillegewürzes, auch eine<br />
krebshemmende Wirkung haben könnte. Nicht ohne<br />
Grund, möchte man meinen, sahen schon die Azteken<br />
in der Vanille einen geradezu göttlichen Nektar.<br />
Heute zählt Vanillin zu den wichtigsten und<br />
beliebtesten Aromastoffen der Welt, weil es sich kostengünstig,<br />
etwa aus Rückständen der Papierherstellung,<br />
gewinnen lässt. Hingegen ist die Vanille selbst<br />
mit rund 80.000 US-Dollar pro Tonne [1] horrend<br />
teuer und deckt nur einen Bruchteil des aktuellen<br />
Aromabedarfs. Bei diesem Preis steht außer Frage,<br />
die Güte der Ware mit Argusaugen zu überwachen:<br />
Im Fokus stehen vor allem Geschmack und Aroma,<br />
Authentizität und Herkunft und ebenso die Frage, ob<br />
Verfälschungen, Kontaminationen oder Qualitätsmängel<br />
vorliegen. Das zu überprüfen, liegt im Interesse<br />
der Endverbraucher, insbesondere aber der verarbeitenden<br />
Betriebe, die Vanille in ihrer Produktion<br />
einsetzen. Den erforderlichen Erkenntnisgewinn bietet<br />
einzig die instrumentelle Analytik.<br />
Allerdings erweist sich die Untersuchung von<br />
Vanille als Herausforderung: Mit einer einzigen<br />
Methode jedenfalls lasse sich Vanille nicht vollständig<br />
charakterisieren, weiß Stephen J. Toth. Zu komplex<br />
sei die Chemie der Vanille. Im Rahmen seiner<br />
Dissertation „<strong>Co</strong>mparison and integration of analytical<br />
methods for the characterization of vanilla chemistry“<br />
[1] an der State University of New Jersey, USA,<br />
hat sich der Wissenschaftler damit beschäftigt, einen<br />
integrierten analytischen Ansatz zu finden, um ganze<br />
fermentierte Vanilleschoten und Vanilleextrakte auf<br />
ihre flüchtigen und schwerflüchtigen Bestandteile zu<br />
analysieren. Die Lösung lag, so seine Schlussfolgerung,<br />
in der Kombination von Flüssig- und Gaschromatographie,<br />
wobei Toth vor allem den verschiedenen<br />
Headspace-Techniken und der Thermodesorption<br />
eine große Bedeutung beimisst.<br />
Analyse der<br />
Vanillebestandteile<br />
Zwecks Bestimmung schwerflüchtiger Vanillebestandteile<br />
wie Vanillin, 4-Hydroxybenzaldehyd, Vanillinsäure<br />
und 4-Hydroxybenzoesäure, lässt sich die<br />
HPLC einsetzen. Stephen J. Toth weist in seiner Dissertation<br />
auf eine Vielzahl in der Literatur beschriebener<br />
HPLC-Methoden hin (vornehmlich eingesetzt<br />
zur Analyse von Vanilleextrakten), die ihm eine Orientierung<br />
bei der Methodenentwicklung boten. Die<br />
Leistung des von Toth verwendeten Standard-HPLC-<br />
Systems ließe sich deutlich steigern, insbesondere<br />
vermittels des Einsatzes von UPLC-Säulen, also kurzen<br />
Säulen mit geringer Partikelgröße. Letztlich habe<br />
er, Toth, eine um das Siebenfache schnellere Trennung<br />
als zu Beginn der Messreihe erreichen können.<br />
Die ursprüngliche HPLC-Analysezeit für Vanillin<br />
und einige verwandte phenolische Komponenten sei<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 25
Wissenswertes über Vanille<br />
Die Vanille zählt zu den Orchideen, ist aber<br />
die einzige ihrer Art, die eine kommerziell<br />
verwertbare Frucht hervorbringt. Beheimatet<br />
ist sie in tropischen Gefilden. Ursprünglich<br />
stammt sie aus Mexiko, wird heute jedoch<br />
vorwiegend in Indonesien und auf Madagaskar<br />
angebaut. Mehr als 100 verschiedene<br />
Vanillespezies unterscheidet man, von kommerzieller<br />
Bedeutung sind indes nur zwei:<br />
Vanilla planifolia und Vanilla tahitensis.<br />
Deren grüne, geruchlose, bittere Vanilleschoten<br />
werden im Laufe eines etwa fünfmonatigen<br />
aufwendigen Fermentierungsprozesses<br />
in dunkelbraune, aromatische, schmackhafte<br />
Schoten umgewandelt. Unter anderem bildet<br />
sich im Verlauf der Fermentierung infolge<br />
der Hydrolyse von Glucovanillin das Vanillin.<br />
Die Prozessführung kann das Aromaprofil,<br />
den Geschmack und die Gesamtqualität<br />
der Schoten maßgeblich beeinflussen. In<br />
den Handel gelangt die fermentierte Vanille<br />
auf zwei Arten: Zum einen als Extrakt (extraction<br />
grade) in alkoholischer Lösung, zum<br />
anderen unverarbeitet (gourmet grade).<br />
Eine Vanilleschote von hoher Qualität hat<br />
ein angenehmes Aroma und einen angenehmen<br />
Geschmack, einen Feuchtegehalt von<br />
18 bis 25 Prozent, eine dunkle, schokoladige<br />
Färbung. Die Oberfläche ist ölig und frei<br />
von Defekten und Schimmel. Der Vanillingehalt<br />
liegt bei > 2 Prozent; er ist zwar wichtig,<br />
nicht aber der einzig entscheidende Qualitätsfaktor:<br />
Viele Vanillearten besitzen trotz<br />
einer geringen Vanillinkonzentration einen<br />
sehr guten Gesamtgeschmack, was schlussfolgern<br />
lässt, dass auch andere Inhaltsstoffe<br />
maßgeblich an der Geschmacksbildung beteiligt<br />
sind. [1]<br />
TDU<br />
KAS<br />
von 13,45 auf 1,86 Minuten verkürzt<br />
worden. Obendrein habe<br />
sich der Verbrauch von Acetonitril<br />
um rund zwei Drittel reduzieren<br />
lassen.<br />
Ungeachtet dieses Erfolges<br />
eigne sich die HPLC nur<br />
in begrenztem Maß dazu, die<br />
Gesamtheit der flüchtigen<br />
Verbindungen in der Vanille,<br />
geschweige denn bislang unbekannte<br />
Aromakomponenten zu<br />
identifizieren, meint Toth. Wie die Praxis zeige,<br />
tauge hierfür aber die Gaschromatographie in Verbindung<br />
mit Headspace-Techniken und der massenselektiven<br />
Detektion. Um einen Überblick zu<br />
erhalten, womit sich die besten Resultate erzielen<br />
lassen, verglich der Wissenschaftler folgende<br />
Techniken miteinander: die Solid Phase Micro Extraction<br />
(SPME), die Headspace Sorptive Extraction<br />
(HSSE) unter Einsatz des <strong>GERSTEL</strong>-PDMS-<br />
Twisters und die dynamische Headspace-Technik.<br />
Zudem erfolgte eine direkte thermische Desorption<br />
(DTD) tiefgekühlt gemahlener Vanilleschoten.<br />
Untersucht wurde u. a. die aromatische Zusammensetzung<br />
zweier Bourbon-Vanilleschoten, wobei es<br />
sich um eine einwandfreie („gute“) Schote handelte<br />
sowie um ein vom Handel abgelehntes Mängelexemplar<br />
(„schlechte“ Schote), das einen alkoholischen<br />
Fremdgeruch aufwies; der Verdacht ging<br />
in Richtung eines bakteriellen Abbaus u. a. von<br />
Vanillin zu Guajacol unter anaeroben Bedingungen.<br />
Solid Phase Micro Extraction<br />
(SPME)<br />
Mehrfach wurde in der Literatur über die Analyse<br />
von Vanilleextrakten mittels SPME berichtet, insbesondere<br />
von polaren Komponenten aus alkoholischer<br />
Matrix, schreibt Toth. Dank zahlreicher<br />
verfügbarer SPME-Extraktionsphasen, der einfachen<br />
Automatisierung und der schnellen Thermodesorption<br />
der angereicherten Analyten habe sich<br />
die SPME in den Experimenten als selektiv und<br />
praktisch bei der Extraktion flüchtiger Verbindungen<br />
aus dem Headspace erwiesen. Von Nachteil sei<br />
indes die geringe Phasenmenge (0,5 µL) gewesen.<br />
Entsprechend erweise sich die SPME zwar als<br />
praktisch und vielseitig, jedoch begrenzt in ihrer<br />
Split<br />
Split<br />
Split<br />
TDU-Liner<br />
Twister<br />
Liner-in-<br />
Liner-Prinzip<br />
KAS-Liner<br />
GC-Säule<br />
Thermodesorption des Twisters in der TDU, dann Cryofokussierung<br />
der Analyten im KAS mit anschließender temperaturprogrammierter<br />
Überführung auf die GC-Säule.<br />
Sorptionskapazität und damit der Sensitivität. Dessen<br />
ungeachtet wurden mittels SPME aus Vanille<br />
35 Verbindungen extrahiert, darunter auch Schadstoffe<br />
aus Verpackungsmaterialien sowie acht bislang<br />
noch nicht identifizierte Komponenten.<br />
Headspace Sorptive Extraction<br />
(HSSE)<br />
Die HSSE ist eine Weiterentwicklung der Stir Bar<br />
Sorptive Extraction (SBSE), die sich bereits vielfach<br />
bei der Bestimmung u. a. von Aromen bewährt<br />
hat [2], und basiert auf dem Einsatz des GERS-<br />
TEL-Twisters in der Funktion als Passivsammler:<br />
Bei der SBSE extrahiert der Twister die Analyten,<br />
während er die Probe durchmischt. Bei der HSSE<br />
wird der Twister im Dampfraum über der Probe<br />
im Vial positioniert; die Extraktion der Analyten<br />
erfolgt also aus dem Headspace. Sobald sich<br />
ein stabiles Gleichgewicht der Analyten zwischen<br />
Sorptionsphase und dem Headspace beziehungsweise<br />
der Probe eingestellt hat, wird der Twister<br />
entnommen. Die thermische Desorption und Überführung<br />
der Analyten auf den GC erfolgt (wie bei der<br />
SBSE) mittels der <strong>GERSTEL</strong>-ThermalDesorption-<br />
Unit (TDU) automatisiert mit dem <strong>GERSTEL</strong>-<br />
MultiPurposeSampler (MPS). Aufgrund ihres<br />
gegenüber der SPME (0,5 µL) signifikant größeren<br />
Phasenvolumens (PDMS-Twister: 125 µL) erweist<br />
sich die HSSE als besonders sensitiv für mittel- bis<br />
unpolare Verbindungen im Spurenbereich; inzwischen<br />
ist ein Ethylenglycol-Silikon-Twister verfügbar,<br />
der für die Extraktion unpolarer und bestimmter<br />
polarer Verbindungen ausgelegt ist. Insgesamt<br />
wurden 19 Verbindungen identifiziert, darunter vier<br />
neue, die im Zuge der Vanilleanalyse bislang noch<br />
nicht bestimmt und dokumentiert worden waren.<br />
26 <strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013
Dynamische Headspace-Technik<br />
(DHS)<br />
Mithilfe eines Trägergases, das durch den Headspace<br />
der Probe geleitet wird, werden die Analyten<br />
auf einem nachgeschalteten geeigneten Trägermaterial<br />
angereichert (im vorliegenden Fall<br />
handelte es sich um Tenax TA). Im Gegensatz zu<br />
SPME und HSSE zeigte Tenax TA keine spezifische<br />
Affinität für bestimmte Verbindungsklassen, sondern<br />
reicherte Analyten über einen etwas weiteren<br />
Polaritätsbereich an. Schwierigkeiten hätten<br />
allerdings solche mit drei oder weniger Kohlenstoffatomen<br />
bereitet, schreibt Toth. Insgesamt habe<br />
er in der hochwertigen Vanille mittels der DHS 24<br />
Verbindungen identifiziert, darunter zehn bislang<br />
noch nicht in Vanille gefundene Komponenten.<br />
Direkte Thermische Desorption<br />
(DTD)<br />
Die Probe wurde in einem geeigneten inerten Glasröhrchen<br />
(Liner) zwischen zwei Pfropfen aus Glaswolle<br />
gegeben und in der ThermalDesorptionUnit<br />
(TDU) über eine Temperaturrampe (30 °C – 60 °C/<br />
min – 275 °C) thermisch extrahiert. Die Analyten<br />
wurden im KaltAufgabeSystem (KAS) des verwendeten<br />
Agilent GC 6890 cryofokussiert und anschließend<br />
temperaturprogrammiert auf die GC-Säule überführt.<br />
In der untersuchten „guten“ wie „schlechten“ Vanilleschote<br />
identifizierte Toth mittels der DTD-TDU-<br />
GC/MS-Methode jeweils 74 Verbindungen (weitere<br />
Analysen förderten 30 bislang nicht in Vanilleschoten<br />
gefundene Verbindungen zutage). Bemerkenswert<br />
sei die unterschiedliche Vanillinkonzentration<br />
gewesen: In der „guten“ Vanilleschote lag sie bei 1,2<br />
Prozent, in der „schlechten“ nur bei 0,1 Prozent.<br />
In der vom Handel akzeptierten Vanilleschote<br />
fand Toth hohe Konzentrationen an Essigsäure,<br />
2-Methoxyphenol, Hydroxydihydromaltol, 5-(Hydroxymethyl)furan-2-carbaldehyd,<br />
4-Hydroxybenzaldehyd,<br />
Vanillin, Hexadecansäure und 1-Octadecanol.<br />
„Die in der Analyse identifizierten Verbindungen<br />
für diese Bourbon-Vanilleschote stimmen<br />
mit vorherigen Daten, die in der Literatur dokumentiert<br />
wurden, überein“, schreibt Toth. Zum ersten<br />
Mal in Vanilleschoten nachweisen konnte er<br />
unter anderem Aceton, 2-Methylpropanal, 3-Hydroxy-3-penten-2-on,<br />
2(5H)-Furanon, 2-Hydroxy-<br />
2-cyclopenten-1-on, 4-Hydroxy-5-methyl-3(2H)-<br />
furanon, 2-Furancarboxylsäure, Lilialsäure,<br />
4-(4-Hydroxyphenyl)-3-buten-2-on, 4-(4-Hydroxy-3-methoxyphenyl)-3-buten-2-on<br />
(E), zwei<br />
Isomere von Vanillinglycerylacetal, 1-Octadecanol,<br />
Ethylheptadecanoat, Ethyloctadecanoat, z-12-Pentacosen<br />
und z-14-Nonacosen. In der „schlechten“<br />
Schote bestimmte Toth u. a. hohe Konzentrationen<br />
an 2-Methoxyphenol, 2-Methoxy-4-methylphenol,<br />
Hexadecansäure und 1-Octadecanol.<br />
Zu den größten Unterschieden zwischen der<br />
„guten“ und „schlechten“ Bourbon-Vanilleschote,<br />
die durch die DTD-TDU-GC/MS-Analyse aufgedeckt<br />
wurden, zähle der Verlust von Vanillin, die Erhöhung<br />
von 2-Methoxy-4-methylphenol und 2-Methoxyphenol<br />
sowie der Verlust von Hydroxydihydromaltol<br />
und Hydroxymethylfurfural, schreibt Toth. Fuselalkohole<br />
konnten im Gegensatz zu den SPME-, HSSEund<br />
DHS-Experimenten mit der DTD-TDU-GC/MS-<br />
Technik nicht nachgewiesen werden. Dass in der<br />
vom Handel abgelehnten Vanilleschote unterschiedliche<br />
Mengen an Fuselalkoholen nachgewiesen wurden<br />
(der Nachweis an sich bestärkt die anfängliche<br />
Theorie eines bakteriellen Abbaus), mache die<br />
unterschiedlichen Stärken jeder einzelnen Headspace-Technik<br />
deutlich. Während jede einzelne<br />
ihre Schwächen haben mag, ermöglicht ihre Kombination,<br />
das Gesamtbild der Inhaltsstoffe einer<br />
Aromaprobe vollends rund zu machen. Als günstig<br />
erweist es sich für den Anwender, wenn er auf alle<br />
Headspace-Techniken, sprich: SPME, HSSE, dynamische<br />
Headspace (DHS) und die direkte thermische<br />
Desorption (DTD) zurückgreifen kann. Realisieren<br />
lassen sie sich jedenfalls auf einem automatisierten<br />
Komplettsystem von <strong>GERSTEL</strong>.<br />
Quellen<br />
Total-Ion-Chromatogramm einer tahitianischen Vanille mittels DTD-TDU-GC/MS. Gefunden wurden folgende<br />
Komponenten: 2-(5H)-Furanon, 2-Hydroxy-2-cyclopenten-1-on, 2-Acetyl-2-hydroxy-gamma-butyrolacton,<br />
3,5-Dihydroxy-2-methylpyran-4-on, 3-Phenyl-2-propensäure, 4-Hydroxy-2-methoxyzimtaldehyd, 4-(4-Hydroxy-<br />
3-methoxyphenyl)-3-buten-2-on (E), 2 Isomere von 2-(4-Hydroxy-3-methoxyphenyl)-1,3-dioxan-5-ol, Kauren<br />
und z-12-Pentacosen.<br />
[1] Stephen J. Toth: <strong>Co</strong>mparison and integration of<br />
analytical methods for the characterization of<br />
vanilla chemistry. Proquest, Umi Dissertation<br />
Publishing 2012<br />
[2] Flavor, Fragrance, and Odoor Analysis, 2. Ausgabe,<br />
CRC Press, Taylor & Francis Group 2012<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> – Dezember 2013 27
Zauberhafte Vani le<br />
Ein Ansat zur Analyse von<br />
Vani leschoten und -extrakten<br />
auf der Spur<br />
Achtung, Weichmacher!<br />
Schädliche Weichmacher<br />
sicher und sensitiv in Kinderspielzeug<br />
bestimmen<br />
e fizient und sicher ermi teln<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>GmbH</strong> & <strong>Co</strong>. <strong>KG</strong> • Postfach 10 06 26 • 45406 Mülheim an der Ruhr<br />
Deutsche Post AG<br />
Entgelt bezahlt<br />
45<strong>47</strong>3 Mülheim<br />
Das lesen Sie in unserer nächsten Ausgabe<br />
Im Internet<br />
THEMENSCHWERPUNKT<br />
MATERIALANALYSE<br />
www.gerstel.de<br />
Kundenzeitschrift der <strong>GERSTEL</strong> <strong>GmbH</strong> & <strong>Co</strong>. <strong>KG</strong> · Eberhard-<strong>Gerstel</strong>-Platz 1 · 45<strong>47</strong>3 Mülheim an der Ruhr · Telefon +49 208 - 7 65 03-0 · gerstel@gerstel.de<br />
<strong>Nr</strong>. <strong>47</strong> Dezember 2013<br />
ISSN 1618 5900<br />
<strong>GERSTEL</strong> hat einen Weg gefunden, wie Anwender ein Maximum<br />
an Informationen aus einer Materialprobe herausholen können –<br />
ohne das GC/MS-System extra auf- oder umzurüsten. Als Lösung<br />
entwickelten die <strong>GERSTEL</strong>-Experten ein spezielles Pyrolyse-Modul<br />
(<strong>GERSTEL</strong>-Pyro), das sich im Handumdrehen in die <strong>GERSTEL</strong>-<br />
ThermalDesorptionUnit (TDU) einführen lässt. Die Kombination<br />
von Thermodesorption und Pyrolyse und das zugrundeliegende<br />
modulare Konzept eröffent neue Einblicke und Möglichkeiten in<br />
der Materialanalyse.<br />
<strong>GERSTEL</strong> auf der analytica 2014<br />
Wir sehen uns: Stand 323, Halle A1,<br />
1. - 4. April 2014 in München!<br />
<strong>GERSTEL</strong> online: Hinweise zu<br />
Produkten, Terminen, Veranstaltungen<br />
und Applikationen sowie weitreichende<br />
Informationen über das Unternehmen<br />
und seine kundenorientierten Lösungen<br />
finden Sie im Internet unter www.gerstel.<br />
de. Dort finden Sie u. a. auch die vorliegende<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong> <strong>47</strong> sowie die<br />
PDF-Dateien vieler weiterer Schriften des<br />
Unternehmens zum Herunterladen.<br />
Atmosphärenforschung<br />
Sollten Sie<br />
Fragen zu<br />
einem der<br />
Beiträge<br />
in dieser<br />
<strong>47</strong>. Ausgabe<br />
der „<strong>GERSTEL</strong> <strong>Aktuell</strong>“ haben<br />
oder ergänzende Informationen<br />
wünschen, freuen wir uns auf<br />
Ihre E-Mail an aktuell@gerstel.de.<br />
Umfangreiches Informationsmaterial<br />
über die Produkte und Systemlösungen<br />
des Unternehmens<br />
finden Sie wie gewohnt im Internet<br />
unter www.gerstel.de.<br />
Miefige Table ten – nein danke!<br />
Geruchsverursacher in Pharmazeutika<br />
Vorsicht, Fettnäpfchen!<br />
Deklarationspflichtige Fe t-<br />
anteile in Lebensmi teln<br />
Impressum<br />
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Herausgeber<br />
<strong>GERSTEL</strong> <strong>GmbH</strong> & <strong>Co</strong>. <strong>KG</strong><br />
Eberhard-<strong>Gerstel</strong>-Platz 1<br />
45<strong>47</strong>3 Mülheim an der Ruhr<br />
Text und Redaktion<br />
Redaktionsbüro GDeußing<br />
Guido Deußing<br />
Uhlandstraße 16,<br />
41464 Neuss<br />
www@pressetextkom.de<br />
Wissenschaftlicher Beirat<br />
Dr. Eike Kleine-Benne<br />
eike_kleine-benne@gerstel.de<br />
Dr. Oliver Lerch<br />
oliver_lerch@gerstel.de<br />
Dr. Malte Reimold<br />
malte_reimold@gerstel.de<br />
Leserservice<br />
Andrea Hamm<br />
aktuell@gerstel.de<br />
Grafische Umsetzung<br />
Paura Design <strong>GmbH</strong><br />
www.paura.de<br />
ISSN 1618-5900 · 12/ 2013<br />
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