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Falk Gastro-Kolleg Darm - Dr. Falk Pharma GmbH

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<strong>Falk</strong><br />

<strong>Gastro</strong>-<strong>Kolleg</strong><br />

<strong>Darm</strong><br />

Morbus Crohn – Update<br />

Zusammenfassung<br />

Der Morbus Crohn kann den gesamten <strong>Gastro</strong>intestinaltrakt betreffen, meist besteht ein<br />

segmentaler Befall. Die häufigsten Lokalisationen sind terminales Ileum und Kolon.<br />

Leitsymptome des M. Crohn sind Bauchschmerzen und Durchfall. Extraintestinale<br />

Manifestationen und Komplikationen können das klinische Bild komplizieren. Die<br />

Diagnostik beruht neben der klinischen Untersuchung und Labortests im Wesentlichen<br />

auf endoskopischen und bildgebenden Verfahren. Grundpfeiler der Behandlung des M.<br />

Crohn ist die medikamentöse Therapie, die zur Remissionsinduktion bei akuten Erkrankungsschüben<br />

und zum Remissionserhalt eingesetzt wird. Der Einsatz der Medikamente<br />

(Mesalazin, Budesonid, systemisch wirksame Glukokortikoide, Azathioprin/6-Mercaptopurin,<br />

Methotrexat, Infliximab, Adalimumab) sollte entsprechend der Leitlinien der<br />

Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) erfolgen.<br />

Therapieziel ist eine steroidfreie Remission des M. Crohn und die Vermeidung von<br />

Komplikationen und Folgeschäden. Ergänzende Therapieformen sind die Ernährungstherapie<br />

und bei psychischen Problemen die Psychotherapie. Beim Versagen der<br />

konservativen Therapie oder bei Komplikationen sind chirurgische Maßnahmen indiziert.<br />

Besondere Behandlungsaspekte bieten Patienten mit Fisteln, insbesondere perianalen<br />

Fisteln, sowie Patienten mit extraintestinalen Manifestationen und Komplikationen.<br />

Besondere Anforderungen werden an die Therapie in der Schwangerschaft gestellt.<br />

Prof. <strong>Dr</strong>. V. Groß<br />

Medizinische Klinik II<br />

Klinikum St. Marien<br />

Mariahilfbergweg 7<br />

92224 Amberg<br />

Schlüsselwörter<br />

Morbus Crohn | Diagnostik | medikamentöse Therapie | Chirurgie |<br />

chronisch entzündliche <strong>Darm</strong>erkrankungen (CED)<br />

Fragebeantwortung unter<br />

www.falkfoundation.de<br />

<strong>Falk</strong> <strong>Gastro</strong>-<strong>Kolleg</strong><br />

Titelbild: Endoskopischer Aspekt des Morbus Crohn mit Pflastersteinrelief<br />

1


Morbus Crohn – Update<br />

1. Definition<br />

Der Morbus Crohn wurde erstmals 1932 von Crohn, Ginzburg und Oppenheimer als<br />

Enteritis regionalis des terminalen Ileums beschrieben. Der M. Crohn ist durch<br />

eine chronische, die gesamte <strong>Darm</strong>wand erfassende Entzündung charakterisiert, die<br />

sich in die Umgebung ausbreiten kann. Durch die wandüberschreitende Entzündung<br />

kann es zu Adhäsionen von <strong>Darm</strong>schlingen, Fistelbildungen und Abszessen kommen.<br />

Der M. Crohn kann alle Abschnitte des Magen-<strong>Darm</strong>-Trakts erfassen. Der Befall ist<br />

meist segmental, seltener kontinuierlich. Zusätzlich können extraintestinale Manifestationen<br />

auftreten.<br />

2. Epidemiologie<br />

Die Inzidenz des M. Crohn beträgt in Deutschland ca. 5 Neuerkrankungen pro<br />

100.000 Einwohner/Jahr. Die Prävalenz liegt bei 100–200 pro 100.000 Einwohner.<br />

P Inzidenz ca. 5/100.000,<br />

Prävalenz ca. 100–200/100.000<br />

Die Erstmanifestation liegt typischerweise zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr,<br />

der M. Crohn kann jedoch prinzipiell in jedem Alter auftreten. Frauen sind etwas häufiger<br />

betroffen als Männer. Es besteht eine familiäre Häufung mit deutlich erhöhtem<br />

Erkrankungsrisiko für Verwandte ersten Grades von Patienten mit chronisch entzündlicher<br />

<strong>Darm</strong>erkrankung (CED). Das Lebenszeitrisiko für Kinder und Geschwister<br />

Erkrankter beträgt ca. 9%; wenn beide Elternteile erkrankt sind sogar 30%. Raucher<br />

haben ein erhöhtes Risiko, an einem M. Crohn zu erkranken.<br />

3. Ätiologie und Pathophysiologie<br />

Ätiologie und Pathophysiologie des M. Crohn sind nicht vollständig geklärt. Die Daten<br />

sprechen für eine multifaktorielle Genese, wobei genetische Faktoren und Umweltfaktoren<br />

jeweils zu ca. 50% zur Erkrankungsmanifestation beitragen.<br />

P Es besteht eine genetische<br />

Prädisposition.<br />

Für eine genetische Prädisposition spricht neben der familiären Häufung die hohe<br />

Konkordanzrate des M. Crohn bei eineiigen Zwillingen (ca. 60%) im Vergleich zu zweieiigen<br />

Zwillingen (ca. 4–8%).<br />

Durch molekulargenetische Methoden wurden verschiedene Suszeptibilitätsgene für<br />

den M. Crohn identifiziert. Von großer Bedeutung ist das NOD2 (CARD15)-Gen auf<br />

Chromosom 16. CARD15 gehört zur Familie der intrazellulären Proteine, die eine<br />

wichtige Rolle bei der unspezifischen Abwehr bakterieller Pathogene spielen. Während<br />

der Wildtyp des CARD15 eine Aktivierung des Immunsystems durch bakterielles<br />

Lipopolysaccharid und Peptidoglykan induziert, besitzen die mit dem M. Crohn assoziierten<br />

Varianten diese Fähigkeit nicht.<br />

Risiko für den Morbus Crohn in Abhängigkeit von den<br />

3 wesentlichen Mutationen von CARD15<br />

P CARD15 ist das wichtigste<br />

Suszeptibilitätsgen.<br />

Tab. 1<br />

Genotyp<br />

Relatives Morbus-Crohn-Risiko<br />

Wildtyp 1<br />

Einfach heterozygot 3<br />

Gemischt heterozygot 44<br />

Homozygot 38<br />

2


Die Varianten von CARD15 sind mit einem bestimmten Phänotyp des M. Crohn assoziiert.<br />

Dieser ist durch ein jüngeres Alter bei Diagnosestellung, eine Ileumbeteiligung,<br />

einen fibrostenosierenden Verlauf sowie eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine<br />

Ileozökalresektion und ein erhöhtes Risiko für postoperative Komplikationen charakterisiert.<br />

Als weitere Suszeptibilitätsgene für den M. Crohn wurden der Interleukin-23-<br />

Rezeptor (Variante Arg381Gln reduziert das M. Crohn-Risiko um circa zwei <strong>Dr</strong>ittel)<br />

und das für die Autophagie und die Verarbeitung intrazellulärer Bakterien wichtige<br />

ATG16L1-Gen (Variante T300A erhöht das M. Crohn-Risiko um den Faktor 1,65) identifiziert.<br />

Die genetischen Untersuchungen zeigen, dass offensichtlich Störungen der unspezifischen<br />

Körperabwehr sowie der Aktivierung des Immunsystems für den M. Crohn<br />

prädisponieren.<br />

Umweltfaktoren, die das Risiko für den M. Crohn erhöhen, sind ein hoher Hygienestandard<br />

in der Kindheit, Rauchen sowie eine stattgehabte Appendektomie. Die<br />

Einnahme oraler Kontrazeptiva wird kontrovers bewertet, stellt jedoch höchstens<br />

einen geringen Risikofaktor dar. Ein Einfluss frühkindlicher Infektionen, insbesondere<br />

der Masernvirus-Infektion, wird diskutiert, ist jedoch nicht belegt. Gleiches gilt für eine<br />

Infektion mit Mycobacterium paratuberculosis, deren pathogenetische Rolle nicht<br />

gesichert ist.<br />

P Umweltfaktoren beeinflussen<br />

die Erkrankungsmanifestation.<br />

Psychische Faktoren (Stress, seelische Belastung) haben bei manchen Patienten<br />

wahrscheinlich einen Einfluss auf den Krankheitsverlauf, werden im Allgemeinen<br />

jedoch nicht als alleinige Auslöser des M. Crohn angesehen.<br />

Für diätetische Faktoren (raffinierte Zucker, Omega-3-Fettsäuren etc.) gibt es trotz<br />

zahlreicher Hypothesen keine gesicherten Erkenntnisse bezüglich ihrer Bedeutung<br />

für die Entstehung des M. Crohn.<br />

4. Klinik<br />

Der M. Crohn kann den gesamten <strong>Gastro</strong>intestinaltrakt betreffen. Meist besteht ein<br />

segmentaler Befall.<br />

Befallsmuster des Morbus Crohn<br />

P Typisch ist eine segmentale,<br />

diskontinuierliche Entzündung.<br />

Tab. 2<br />

Ösophagus 0–1%<br />

Magen 2–3%<br />

Duodenum 2–3%<br />

Proximaler Dünndarm 5–10%<br />

Terminales Ileum 25–40%<br />

Ileum und Kolon 40–55%<br />

Kolon 15–35%<br />

Nur Rektum 15–25%<br />

Diskontinuierlicher Befall ca. 85%<br />

3


Leitsymptome des M. Crohn sind Bauchschmerzen und Durchfall. Im Krankheitsverlauf<br />

sind fast alle Patienten davon betroffen. Fieber, Gewichtsverlust und Symptome<br />

der Mangelernährung können hinzukommen. Blutungen sind deutlich seltener als bei<br />

der Colitis ulcerosa, können in manchen Fällen jedoch auch klinisch führend sein. Ein<br />

häufiges Problem ist der perianale Befall. Perianale Manifestationen des M. Crohn sind<br />

Fisteln, Fissuren, Ulzerationen und Abszesse.<br />

Klinische Symptome des Morbus Crohn bei Erstmanifestation<br />

P Leitsymptome sind<br />

Bauchschmerzen und Durchfall.<br />

Tab. 3<br />

Bauchschmerzen 77%<br />

Diarrhö 73%<br />

Gewichtsverlust 54%<br />

Fieber 35%<br />

Anämie 27%<br />

Blutungen 22%<br />

Analfisteln 16%<br />

Im klinischen Verlauf können als Komplikationen bevorzugt Fisteln und Abszesse<br />

(penetrierender Verlaufstyp) oder Stenosen (strikturierender Verlaufstyp) auftreten.<br />

Klinisch fallen Patienten mit Stenosen durch Schmerzen nach der Nahrungsaufnahme<br />

auf. Meist besteht ein lange kompensierter chronischer Subileus. Ein akuter Ileus ist<br />

seltener.<br />

Der M. Crohn ist eine chronisch rezidivierende Erkrankung, die durch akute Schübe<br />

und Remissionsphasen charakterisiert ist. Epidemiologische Untersuchungen zeigen,<br />

dass knapp die Hälfte der Patienten mit M. Crohn im Verlauf von 10 Jahren eine abnehmende<br />

Krankheitsaktivität aufweisen, während circa ein <strong>Dr</strong>ittel unter rezidivierenden<br />

Schüben und circa ein Fünftel unter einer chronisch aktiven Erkrankung leiden<br />

(Abb. 1).<br />

Verlauf des Morbus Crohn über 10 Jahre<br />

Abb. 1<br />

IBSEN-Studie: alle Patienten mit neu diagnostiziertem Morbus Crohn<br />

in Teilen von Südost-Norwegen 1990–1993 prospektiv erfasst<br />

und nachverfolgt (n = 237)<br />

43%<br />

3%<br />

0<br />

10 Jahre<br />

0<br />

10 Jahre<br />

19% 32%<br />

0<br />

10 Jahre<br />

0<br />

10 Jahre<br />

Solberg et al., Clin <strong>Gastro</strong>enterol Hepatol 2007; 5: 1430–1438<br />

4


Im Verlauf der Erkrankung führen bei mehr als der Hälfte der Crohn-Patienten extraintestinale<br />

Manifestationen zu zusätzlichen Beschwerden. Extraintestinale<br />

Manifestationen sind entzündliche Veränderungen außerhalb des <strong>Gastro</strong>intestinaltrakts,<br />

die in Zusammenhang mit der zugrunde liegenden <strong>Darm</strong>entzündung stehen.<br />

Bei den Gelenkmanifestationen muss man zwischen Arthralgien, der peripheren<br />

Arthritis Typ I (pauciartikulär, Befall weniger großer Gelenke in Assoziation mit einer<br />

Aktivität des M. Crohn), der peripheren Arthritis Typ II (polyartikulär, Befall mehrerer<br />

kleiner peripherer Gelenke unabhängig von der Aktivität des M. Crohn) und der<br />

axialen Arthritis einschließlich der Sacroileitis und der ankylosierenden Spondylitis<br />

unterscheiden. Gelenkmanifestationen finden sich bei ca. 30% der Patienten; sie<br />

stellen die häufigste extraintestinale Manifestation dar. Hautmanifestationen werden<br />

von 2–15% der Patienten berichtet. Die häufigste Hautmanifestation ist das<br />

Erythema nodosum. Das Pyoderma gangraenosum ist seltener. Entzündliche Augenveränderungen<br />

können bei Patienten mit M. Crohn in allen Abschnitten des Auges<br />

auftreten, meist findet sich jedoch eine Uveitis anterior (Iritis/Iridozyklitis) oder eine<br />

Episkleritis. Die klinisch bedeutungsvollste Manifestation im Bereich der Leber und<br />

der Gallenwege ist die primär sklerosierende Cholangitis (PSC). Die Prävalenz der<br />

PSC korreliert mit einem Befall des Dickdarms. Pankreatitiden treten bei Patienten<br />

mit M. Crohn gehäuft auf. Pankreatitiden sind von asymptomatischen Hyperamylasämien<br />

und Hyperlipasämien zu unterscheiden, die bei ca. 14% der Patienten mit CED<br />

auftreten können und in der Regel keine klinische Relevanz besitzen. Als seltenere<br />

extraintestinale Manifestationen wurden asymptomatische Beteiligungen der Lungen,<br />

des Herzens, der Nieren, autoimmunhämolytische Anämien sowie neurologische<br />

Manifestationen und Vaskulitiden beschrieben.<br />

Häufige extraintestinale Manifestationen des Morbus Crohn<br />

P Extraintestinale Manifestationen<br />

sind häufig.<br />

P Am häufigsten ist die<br />

Gelenkbeteiligung.<br />

Tab. 4<br />

Gelenkmanifestationen<br />

Hautmanifestationen<br />

Augenmanifestationen<br />

Leber/Galle<br />

• Arthralgien<br />

• Arthritiden/Synovialitiden<br />

• Spondylarthropathien<br />

• Erythema nodosum<br />

• Pyoderma gangraenosum<br />

• Konjunktivitis<br />

• Episkleritis<br />

• Iritis/Iridozyklitis<br />

• Primär sklerosierende Cholangitis<br />

Abzugrenzen von den extraintestinalen Manifestationen des M. Crohn sind die extraintestinalen<br />

Komplikationen. Dazu zählen Gallensteine (durch den gestörten<br />

enterohepatischen Kreislauf der Gallensäuren bei Ileumbefall) und Nierensteine<br />

(Oxalatsteine). Häufig findet sich eine Anämie, die multifaktoriell bedingt ist (Blutverluste,<br />

Eisenmangel, chronischer Entzündungsprozess). Gelegentlich kann der Anämie<br />

ein Vitamin-B 12 -Mangel bei funktionellem Ausfall der Vitamin-B 12 -Resorption im Ileum<br />

zugrunde liegen. Häufig sind ferner Osteopenie und Osteoporose (multifaktoriell<br />

bedingt durch Mangel an Kalzium, Vitamin D, chronischen Entzündungsprozess).<br />

5


5. Diagnostik<br />

Eine einzelne Untersuchung als Goldstandard für die Diagnosestellung des M. Crohn<br />

gibt es nicht. Die Diagnose setzt sich aus Anamnese, klinischem Erscheinungsbild und<br />

einer Kombination aus laborchemischen, sonografischen, endoskopischen, histologischen<br />

und radiologischen Befunden zusammen.<br />

P Wesentliche diagnostische<br />

Methoden sind Labor, Ultraschall,<br />

Endoskopie, MRT.<br />

Die klinischen Symptome des M. Crohn können, wie oben dargestellt, vielfältig sein.<br />

Eine komplette Anamnese sowie eine gründliche körperliche Untersuchung sind<br />

die Basis der Diagnostik.<br />

Die initiale Labordiagnostik sollte entsprechend den Leitlinien das C-reaktive Protein<br />

und ein Blutbild beinhalten. Mikrobiologische Tests auf infektiöse Durchfallerreger<br />

inklusive Clostridium-difficile-Toxin werden empfohlen. Bei akuten entzündlichen<br />

Schüben unter immunsuppressiver Therapie sollte eine Diagnostik zum Ausschluss<br />

einer CMV-Infektion erfolgen. Im Einzelfall können aufgrund der Anamnese (z. B. Auslandsaufenthalt)<br />

oder der Klinik (z. B. Zeichen der Mangelernährung, Exsikkose) weitere<br />

laborchemische Untersuchungen notwendig sein. Die quantitative Bestimmung<br />

eines Leukozytenmarkers im Stuhl (z. B. Calprotectin) kann in der Abgrenzung nichtentzündlicher<br />

Ursachen der gastrointestinalen Beschwerden hilfreich sein, wird aufgrund<br />

der begrenzten Sensitivität und Spezifität jedoch nicht generell empfohlen.<br />

Bei Verdacht auf einen M. Crohn gehören der transabdominelle Ultraschall, die Ileokoloskopie<br />

mit Biopsien sowie eine erweiterte Dünndarmdiagnostik zu den Basisuntersuchungen.<br />

Der transabdominelle Ultraschall erlaubt die Beurteilung der <strong>Darm</strong>wanddicke, insbesondere<br />

auch im Dünndarm, der durch die konventionelle Endoskopie nicht einsehbar<br />

ist. Mithilfe der Dopplersonografie kann der Nachweis einer vermehrten<br />

Vaskularisierung in entzündeten <strong>Darm</strong>abschnitten erfolgen. Die <strong>Darm</strong>wandsonografie<br />

ist geeignet, Lokalisation, Befallsmuster und Länge des betroffenen <strong>Darm</strong>abschnitts<br />

sowie Komplikationen wie Abszesse, Fisteln und Stenosen nachzuweisen.<br />

P Die <strong>Darm</strong>sonografie ist eine<br />

wichtige Basisuntersuchung.<br />

Abb. 2<br />

Sonografie bei Morbus Crohn mit Power-Doppler<br />

Bei der Ileokoloskopie ist auf aphthöse Läsionen, längliche fissurale, zum Teil landkartenartig<br />

konfluierende Ulzera, Pflastersteinrelief und Stenosen zu achten. Die<br />

Befunde sind typischerweise diskontinuierlich verteilt. Eine besondere Beachtung<br />

verdienen perianale Läsionen. Biopsien sollen aus mindestens 5 verschiedenen anatomischen<br />

Segmenten des gesamten Kolons einschließlich des Rektums und des terminalen<br />

Ileums erfolgen, auch aus makroskopisch unauffälliger Schleimhaut.<br />

6


Abb. 3<br />

Endoskopischer Aspekt<br />

des Morbus Crohn<br />

Histologisch spezifisch, wenn auch nicht pathognomonisch, ist der bioptische Nachweis<br />

von epitheloidzelligen Granulomen, der jedoch nur bei circa einem <strong>Dr</strong>ittel der<br />

Patienten gelingt. Histopathologisch ist eine diskontinuierliche Störung der Kryptenarchitektur<br />

in Kombination mit einer diskontinuierlichen entzündlichen Infiltration<br />

der Mukosa durch Entzündungszellen charakteristisch.<br />

Im Rahmen der Primärdiagnostik sowie beim Auftreten von Symptomen des oberen<br />

<strong>Gastro</strong>intestinaltrakts wird auch die Ösophagogastroduodenoskopie einschließlich<br />

Biopsien empfohlen, um eine Beteiligung des oberen <strong>Gastro</strong>intestinaltrakts nachzuweisen.<br />

Bezüglich der erweiterten Dünndarmdiagnostik wird zusätzlich zur Ultraschalluntersuchung<br />

ein weiteres Verfahren, bevorzugt die Magnetresonanztomografie (MRT),<br />

empfohlen. Sie hat den Vorteil, ohne Strahlenbelastung auszukommen. Die MRT zeigt<br />

nicht nur die Lokalisation und die Ausdehnung des M. Crohn, sondern liefert zusätzliche<br />

Informationen über Wandverdickungen und entzündliche Reaktionen des umgebenden<br />

Gewebes und stellt Fisteln und Abszesse dar. Die Computertomografie<br />

(CT) liefert ähnliche Informationen, geht jedoch mit einer Strahlenbelastung einher<br />

und ist daher in der Regel dem Notfall vorbehalten. Das konventionelle Enteroklysma<br />

nach Sellink sollte nur noch in Ausnahmefällen erfolgen.<br />

P Die MRT hat das konventionelle<br />

Enteroklysma nach Sellink abgelöst.<br />

Die Kapselendoskopie und die verschiedenen Verfahren der Enteroskopie (z. B.<br />

Doppelballon, Singleballon) erweitern seit Kurzem das Repertoire der Dünndarmdiagnostik.<br />

Die Kapselendoskopie erfordert allerdings eine Vordiagnostik zum Ausschluss<br />

von Stenosen. Die Kapselendoskopie ist bezüglich der Detektion von Crohn-<br />

Läsionen sensitiver als die MRT des Dünndarms, insbesondere im Fall kleiner Läsionen.<br />

Die Enteroskopie ermöglicht in ausgewählten Fällen eines ausschließlichen Dünndarmbefalls<br />

die Diagnosestellung des M. Crohn durch Biopsieentnahme.<br />

Eine radiologische Methode zur Kolondarstellung muss nur dann zum Einsatz<br />

kommen, wenn das Kolon aufgrund von Stenosen endoskopisch nicht einsehbar ist.<br />

Der endorektale Ultraschall und die MRT des kleinen Beckens sind gleichwertig<br />

sensitive Verfahren zur Diagnostik, Klassifikation und Verlaufskontrolle perianaler<br />

Fisteln und Abszesse. Die endorektale Ultraschalluntersuchung kann allerdings auf<br />

Probleme stoßen (Stenosen, Schmerzen), sodass die MRT für den Patienten komfortabler<br />

ist.<br />

Zur Bestimmung der Erkrankungsaktivität des M. Crohn wurden verschiedene Indizes<br />

entwickelt. Der gebräuchlichste ist der Crohn‘s Disease Activity Index (CDAI), der<br />

vor allem klinische Parameter berücksichtigt.<br />

7


Crohn’s Disease Activity Index (CDAI nach Best et al.)<br />

Tab. 5<br />

Variable<br />

Multiplikationskoeffizient<br />

1. Anzahl der weichen Stühle in der letzten Woche 2<br />

2. Grad der Bauchschmerzen (Summe über 1 Woche)<br />

(keine = 0; gering = 1; mäßig = 2;<br />

schwer bis unerträglich = 3)<br />

3. Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens<br />

(Summe über 1 Woche) (keine = 0; gering = 1;<br />

mäßig = 2; erheblich = 3; unerträglich = 4)<br />

4. Anzahl aktueller mit Morbus Crohn assoziierter Symptome<br />

(als assoziierte Symptomkategorien gelten:<br />

– Gelenkschmerzen/Arthritis<br />

– Erythema nodosum; Stomatitis aphthosa<br />

– Temperatur > 37,5 °C in der letzten Woche<br />

– Iritis/Uveitis; Pyoderma gangraenosum;<br />

Analfissur/Analfisteln/Abszesse; andere Fisteln)<br />

5<br />

7<br />

20<br />

5. Symptomatische Durchfallbehandlung (ja = 1; nein = 0) 30<br />

6. Resistenz im Abdomen (nein = 0; fraglich = 2; sicher = 5) 10<br />

7. Hämatokrit<br />

(Frauen: 42 – aktueller HKT; Männer: 47 – aktueller HKT)<br />

(Vorzeichen beachten!)<br />

8. Gewicht (1 – Gewicht/Standardgewicht)<br />

(bei Übergewicht Vorzeichen beachten!)<br />

6<br />

100<br />

Der Wert jeder Variablen (1–8) wird mit dem jeweiligen Koeffizienten multipliziert.<br />

Der Aktivitätsindex ergibt sich aus der Gesamtsumme der einzelnen Endwerte.<br />

Ein Index < 150 zeigt eine ruhende, > 150 eine aktive Erkrankung an.<br />

In der klinischen Praxis kommt man jedoch in der Regel ohne Berechnung des CDAI<br />

aus und orientiert sich an der klinischen Symptomatik, den Laborparametern und den<br />

Befunden der bildgebenden Verfahren (Ultraschall, Endoskopie, Radiologie).<br />

6. Therapie<br />

Wesentlicher Bestandteil der Behandlung von Patienten mit M. Crohn ist die medikamentöse<br />

Therapie. Die medikamentöse Therapie wird zur Remissionsinduktion bei<br />

aktiver Erkrankung sowie zur Remissionserhaltung eingesetzt. Beim Versagen der medikamentösen<br />

Therapie oder beim Auftreten von konservativ nicht zu behandelnden<br />

Komplikationen sind operative Maßnahmen indiziert. Zusätzlich zur medikamentösen<br />

und operativen Therapie spielt die Ernährungstherapie eine wichtige Rolle.<br />

Für manche Patienten ist die Psychotherapie von Bedeutung. Besondere Behandlungsaspekte<br />

bieten Patienten mit Fisteln, insbesondere perianalen Fisteln, Patienten<br />

mit extraintestinalen Manifestationen und extraintestinalen Komplikationen sowie<br />

schwangere Patientinnen.<br />

P Wesentlicher Bestandteil der Behandlung<br />

ist die medikamentöse Therapie.<br />

Für die Behandlung des M. Crohn existieren nationale (DGVS) und europäische Leitlinien<br />

(ECCO Consensus on the Management of Crohn‘s Disease).<br />

8


6.1 Akuter Schub<br />

Bei der Therapie des akuten Schubes sind die Lokalisation der Erkrankung und die<br />

Schwere des Schubes zu berücksichtigen.<br />

6.1.1 Ileozökaler Befall<br />

Bei vorwiegend ileozökalem Befall und leichter bis mäßig schwerer Entzündungsaktivität<br />

stellt Budesonid (Tagesdosis 9 mg) die bevorzugte Behandlung dar. Budesonid<br />

induziert eine Remission in ca. 55–60% der Fälle, bei leichten Schüben in bis zu<br />

70% der Fälle. Im direkten Vergleich erwies sich Budesonid Mesalazin überlegen. Die<br />

Studiendaten zu Mesalazin sind uneinheitlich; der Therapieeffekt ist begrenzt. Systemisch<br />

wirksame Glukokortikoide kommen bei Versagen von Budesonid zum Einsatz.<br />

Eine hoch dosierte Therapie mit konventionellen Glukokortikoiden (Startdosis in<br />

der Regel 60 mg Prednisolon-Äquivalent pro Tag) induziert in ca. 65–80% der Fälle<br />

eine Remission. Verglichen mit Budesonid haben systemisch wirksame Glukokortikoide<br />

signifikant mehr Nebenwirkungen (ca. 60% der Patienten mit steroidassoziierten<br />

Nebenwirkungen vs. ca. 30% unter Budesonid). Im Vergleich zu systemisch wirksamen<br />

Glukokortikoiden wird Budesonid in einer gleichbleibenden Tagesdosis von 9 mg gegeben.<br />

In der Phase der Therapiebeendigung beträgt die tägliche Gabe dann 6 mg<br />

Budesonid über 1–2 Wochen.<br />

Bei hoher Entzündungsaktivität ist primär eine Behandlung mit systemisch<br />

wirksamen Glukokortikoiden durchzuführen (Startdosis in der Regel 60 mg Prednisolon-Äquivalent/Tag,<br />

alternativ 1 mg/kg KG, wöchentliche Reduktion in 10 mg-<br />

Schritten bis zu einer Tagesdosis von 30 mg/Tag, danach wöchentliche Reduktion in<br />

5 mg-Schritten).<br />

Steroidstoßtherapie<br />

P Beim leichten bis mäßig schweren<br />

Schub wird primär Budesonid<br />

empfohlen.<br />

P Beim schweren Schub werden<br />

primär systemisch wirksame<br />

Glukokortikoide empfohlen.<br />

Tab. 6<br />

Woche<br />

Prednisolon-Äquivalent<br />

1 60 mg<br />

2 50 mg<br />

3 40 mg<br />

4 30 mg<br />

5 25 mg<br />

6 20 mg<br />

7 15 mg<br />

8–ca. 12<br />

10/5 mg<br />

Bei nicht ausreichendem Ansprechen auf systemisch wirksame Glukokortikoide<br />

sollten Immunsuppressiva eingesetzt werden. Medikament der Wahl ist Azathioprin<br />

(Tagesdosis 2–2,5 mg/kg KG) oder das bei uns eher unübliche 6-Mercaptopurin<br />

(Tagesdosis 1–1,5 mg/kg KG). Bei Unverträglichkeit von Azathioprin/6-Mercaptopurin<br />

kann Methotrexat (25 mg/Woche i.m.) eingesetzt werden. Nachteil der klassischen<br />

Immunsuppressiva ist ihr langsamer Wirkungseintritt. Falls aufgrund einer hohen Entzündungsaktivität<br />

und schwerer Symptomatik eine rasche Remissionsinduktion erforderlich<br />

ist, sollten nach Ausschluss einer Operationsindikation und der entsprechenden<br />

Kontraindikationen primär anti-TNF-α-Antikörper eingesetzt werden. Dafür stehen<br />

Infliximab (5 mg/kg KG i. v.-Infusion in den Wochen 0, 2, 6, dann 5 mg/kg KG 8-wöchentlich)<br />

und Adalimumab (80/40 mg s. c. in den Wochen 0/2, dann 40 mg 2-wöchentlich)<br />

zur Verfügung. Durch die anti-TNF-Therapie können Remissionsraten von<br />

ca. 45% und Besserungsraten von ca. 70% erreicht werden.<br />

P Azathioprin ist das Immunsuppressivum<br />

der Wahl.<br />

9


Antibiotika sollten bei Patienten zum Einsatz kommen, bei denen der Verdacht auf<br />

eine infektiöse Komplikation besteht. Bevorzugte Antibiotika sind Ciprofloxacin und<br />

Metronidazol.<br />

Abbildung 4 zeigt den Therapiealgorithmus beim akuten M. Crohn.<br />

Therapie des akuten Morbus Crohn<br />

Abb. 4<br />

Leichter bis mäßig schwerer Schub<br />

Schwerer Schub<br />

Therapie<br />

⎧<br />

⎪<br />

⎩<br />

Mesalazin,<br />

Sulfasalazin<br />

⎫<br />

⎪<br />

⎭<br />

Budesonid<br />

Steroidstoßtherapie<br />

Ansprechen<br />

Remission<br />

ja nein ja nein ja nein<br />

OP?<br />

ja<br />

nein<br />

Immunsuppressiva<br />

Anti-TNF-α-Antikörper<br />

6.1.2 Colitis Crohn<br />

Patienten mit leichter bis mäßiger Krankheitsaktivität können mit Sulfasalazin<br />

oder systemisch wirksamen Glukokortikoiden behandelt werden. Bei distalem Befall<br />

können begleitend Klysmen oder Schaumpräparate mit Steroiden oder Mesalazin<br />

eingesetzt werden.<br />

Für Patienten mit hoher Krankheitsaktivität gelten dieselben Therapieprinzipien<br />

wie beim Ileozökalbefall.<br />

6.1.3 Ausgedehnter Dünndarmbefall<br />

Patienten mit ausgedehntem Dünndarmbefall sollten primär mit systemisch wirksamen<br />

Glukokortikoiden behandelt werden. Da bei diesen Patienten eine Mangelernährung<br />

droht, sollte bei mäßiger bis schwerer Krankheitsaktivität frühzeitig eine<br />

immunsuppressive Therapie nach denselben Prinzipien wie beim Ileozökalbefall eingeleitet<br />

werden. Ferner sollte frühzeitig eine enterale Ernährungstherapie in Betracht<br />

gezogen werden.<br />

P Beim ausgedehnten Dünndarmbefall<br />

frühzeitig immunsuppressive<br />

Therapie empfohlen.<br />

6.1.4 Befall von Ösophagus und Magen<br />

Bei symptomatischem Befall von Ösophagus und Magen kommen primär systemisch<br />

wirksame Glukokortikoide zum Einsatz, bei gastroduodenalem Befall additiv Protonenpumpeninhibitoren.<br />

Der frühzeitige Einsatz von Immunsuppressiva ist zu erwägen.<br />

Hierfür gelten dieselben Prinzipien wie beim Ileozökalbefall.<br />

10


6.2 Chronisch aktiver, steroidabhängiger oder steroidrefraktärer Verlauf<br />

Von Steroidabhängigkeit wird gesprochen, wenn das Steroid nicht innerhalb von<br />

4 Monaten nach Therapiebeginn vollständig ausgeschlichen werden kann, ohne dass<br />

es zu einem Rezidiv kommt oder wenn innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung<br />

der Steroidtherapie ein Rezidiv auftritt. Steroidrefraktär ist der Verlauf, wenn trotz<br />

systemischer Steroidtherapie (mindestens 0,75 mg/kg Prednisolon-Äquivalent/Tag)<br />

über mindestens 4 Wochen eine aktive Erkrankung besteht. In diesen Fällen ist eine<br />

immunsuppressive Therapie indiziert.<br />

Medikament der ersten Wahl ist Azathioprin (Tagesdosis 2–2,5 mg/kg KG). Die Wirksamkeit<br />

beim chronisch aktiven Verlauf ist sehr gut belegt. Etwa 60–70% der Patienten<br />

erreichen mit Azathioprin eine Remission. Bei gastrointestinaler Unverträglichkeit von<br />

Azathioprin ist ein Therapieversuch mit 6-Mercaptopurin (Tagesdosis 1–1,5 mg/kg<br />

KG) gerechtfertigt, außer im Fall der Pankreatitis. Die Therapie sollte langfristig (mindestens<br />

4 Jahre) erfolgen. In seltenen Fällen kann unter Azathioprin eine schwere Leukopenie<br />

auftreten, insbesondere bei homozygoter TPMT-Defizienz (ca. 0,3% der Bevölkerung).<br />

Da die Mehrzahl der Leukopenien unter Azathioprin/6-Mercaptopurin jedoch<br />

unabhängig vom TPMT-Genotyp auftreten, wird eine routinemäßige TPMT-Bestimmung<br />

nicht empfohlen, sondern eine engmaschige Blutbildkontrolle (während der<br />

ersten 2 Monate 2-wöchentlich, danach alle 1–2 Monate).<br />

Bei Unverträglichkeit von Azathioprin/6-Mercaptopurin ist Methotrexat das Medikament<br />

der zweiten Wahl. Initial wird eine Dosis von 25 mg/Woche i.m. empfohlen; am<br />

Tag danach sollte die Gabe von Folsäure erfolgen. Mit Methotrexat kann bei ca. 40%<br />

der Patienten eine Remission induziert werden. Wird durch Methotrexat eine Remission<br />

erzielt, kann die Gabe in reduzierter Dosis (15 mg/Woche) fortgeführt werden.<br />

Die subkutane und orale Applikation ist der intramuskulären möglicherweise gleichwertig,<br />

bei oraler Applikation ist die Resorptionsrate jedoch individuell verschieden.<br />

Zur Effizienz und zu den Nebenwirkungen der langjährigen Methotrexat-Therapie<br />

gibt es bei Patienten mit CED deutlich weniger Daten als zur Azathioprin-Therapie.<br />

Bei nicht ausreichender Wirksamkeit der konventionellen Immunsuppressiva sollte<br />

die Frage einer chirurgischen Indikation geprüft werden. Besteht keine Operationsindikation,<br />

sind anti-TNF-α-Antikörper indiziert. Bei hoher Krankheitsaktivität und<br />

Notwendigkeit der raschen Remissionsinduktion können anti-TNF-α-Antikörper auch<br />

vor bzw. gleichzeitig mit den klassischen Immunsuppressiva eingesetzt werden. Zur<br />

Verfügung stehen Infliximab (5 mg/kg KG i. v.-Infusion in Woche 0, 2, 6, danach 8-wöchentlich)<br />

und Adalimumab (80/40 mg s. c. in Woche 0/2, danach 40 mg 2-wöchentlich).<br />

Initial sprechen ca. 70% der Patienten auf die anti-TNF-Therapie an und ca. 40%<br />

erreichen eine Remission. Der Wirkungseintritt erfolgt rasch, durch wiederholte Gaben<br />

werden dauerhafte Ansprechraten von ca. 40% und dauerhafte Remissionsraten<br />

von ca. 25% erreicht. Neuere Studiendaten (SONIC-Studie) zeigen, dass die Therapie<br />

mit Infliximab plus Azathioprin wirksamer ist als die alleinige Therapie mit Infliximab<br />

oder Azathioprin. Die steroidfreien Remissionsraten betrugen nach einem halben Jahr<br />

in der kombiniert behandelten Gruppe 57%, in der Infliximab-Gruppe 45% und in der<br />

Azathioprin-Gruppe 30%.<br />

P Beim steroidabhängigen und<br />

steroidrefraktären Verlauf sind<br />

Immunsuppressiva indiziert.<br />

P Immunsuppressivum der<br />

ersten Wahl ist Azathioprin.<br />

P Methotrexat ist Immunsuppressivum<br />

der zweiten Wahl.<br />

P Anti-TNF-Antikörper bei Versagen<br />

der klassischen Immunsuppressiva<br />

oder bei hoher Krankheitsaktivität.<br />

Vor dem Hintergrund der Therapiesicherheit stellt sich die Frage der Deeskalation<br />

der immunsuppressiven Therapie im Verlauf. Studiendaten zeigen, dass nach<br />

halbjähriger klinischer Remission unter Infliximab plus Azathioprin, entweder Azathioprin<br />

ohne nachteiligen Effekt gestoppt und eine Monotherapie mit Infliximab<br />

weitergeführt werden kann oder im Fall einer klinischen und endoskopischen Remission<br />

Infliximab gestoppt und eine Monotherapie mit Azathioprin weitergeführt<br />

werden kann.<br />

Für Tacrolimus und Mycophenolat-Mofetil existieren einige Berichte zum erfolgreichen<br />

Einsatz bei M. Crohn, ihre Verwendung kann jedoch nur als Einzeltherapiemaßnahme<br />

in besonderen Fällen empfohlen werden.<br />

11


Abbildung 5 zeigt den Therapiealgorithmus beim chronisch aktiven, steroidabhängigen<br />

und steroidrefraktären Verlauf.<br />

Morbus Crohn: chronisch aktiv, steroidabhängig, steroidrefraktär<br />

Abb. 5<br />

Chronisch aktiv, steroidabhängig, steroidrefraktär<br />

OP?<br />

Azathioprin/6-MP<br />

OP?<br />

Versagen/<br />

Unverträglichkeit<br />

⎧<br />

⎩<br />

OP?<br />

MTX<br />

⎫<br />

⎭<br />

Infliximab<br />

Adalimumab<br />

OP?<br />

6.3 Remissionserhaltung<br />

Die Remission des M. Crohn wird durch fehlende klinische Zeichen und Symptome<br />

der aktiven Erkrankung definiert.<br />

6.3.1 Medikamentös induzierte Remission<br />

Angesichts des Verhältnisses von Nutzen, Risiken und Kosten gibt es derzeit keine<br />

ausreichende Basis, eine remissionserhaltende Therapie bei allen Patienten durchzuführen.<br />

Für die Entscheidung zu einer remissionserhaltenden Therapie sind somit der<br />

individuelle Krankheitsverlauf, das spezifische Risikoprofil und die Patientenpräferenz<br />

ausschlaggebend.<br />

Nach erstem Schub und leichter bis mäßiger Erkrankungsaktivität kann eine<br />

Remissionserhaltung mit Mesalazin erfolgen, obwohl deren Wirksamkeit nicht sicher<br />

durch Metaanalysen bestätigt ist; für manche Patienten scheint jedoch ein Nutzen zu<br />

bestehen.<br />

Mesalazin zur Remissionserhaltung des Morbus Crohn<br />

(Metaanalyse Plazebo-kontrollierter Studien, Camma et al. 1997)<br />

Tab. 7<br />

Vorteil für Mesalazin<br />

(Differenz der Rezidivraten)<br />

Alle Studien 6,3%<br />

Nach medikamentös induzierter Remission 4,7%<br />

Nach chirurgisch induzierter Remission 13,1%*<br />

Eudragit-verkapseltes Mesalazin 8,4%*<br />

Methylzellulose-verkapseltes Mesalazin 4,6%<br />

* statistisch signifikant<br />

12


Bei Patienten mit vorausgegangenem ausgedehntem oder schwerem akutem<br />

Schub sowie bei wiederholten Schüben ist eine remissionserhaltende Therapie indiziert.<br />

Medikament der ersten Wahl zur Remissionserhaltung ist Azathioprin (Tagesdosis<br />

2–2,5 mg/kg KG) bzw. 6-Mercaptopurin (Tagesdosis 1–1,5 mg/kg KG). Medikament<br />

der zweiten Wahl bei Azathioprin-Unverträglichkeit oder Azathioprin-Versagen<br />

ist Methotrexat in einer Dosierung von 15 mg/Woche. Während für Azathioprin/<br />

6-Mercaptopurin langjährige Erfahrungen vorliegen und eine remissionserhaltende<br />

Behandlung von mindestens 4 Jahren empfohlen wird, gibt es für Methotrexat keine<br />

definitiven Empfehlungen zur Therapiedauer. In der Praxis wird man bei Wirksamkeit<br />

und guter Verträglichkeit jedoch eine längerfristige Behandlung (über 1 Jahr hinaus)<br />

durchführen.<br />

P Azathioprin ist das Medikament der<br />

ersten Wahl zur Remissionserhaltung.<br />

Bei Versagen der konventionellen Immunsuppressiva können nach Ausschluss einer<br />

operativen Indikation die anti-TNF-α-Antikörper Infliximab (wiederholte Infusionen<br />

in einer Dosierung von 5 mg/kg KG in 8-wöchigen Intervallen) oder Adalimumab<br />

(wiederholte s. c.-Gabe von 40 mg in 2-wöchigen Intervallen) zur Remissionserhaltung<br />

eingesetzt werden. Meist werden die anti-TNF-α-Antikörper bei den Patienten<br />

zur Remissionserhaltung eingesetzt, die zuvor mit diesen Substanzen eine Remisssion<br />

erreicht haben. In Studien wurden mittlerweile Remissionserhaltungen mit anti-TNFα-Antikörpern<br />

über 3 Jahre dokumentiert. Da Infliximab ein chimärer monoklonaler<br />

Antikörper ist, Adalimumab jedoch ein rein humaner monoklonaler Antikörper,<br />

können Patienten, die eine Unverträglichkeit oder einen Wirkverlust von Infliximab<br />

aufweisen, in manchen Fällen von Adalimumab profitieren.<br />

Glukokortikoide werden nicht zur Remissionserhaltung empfohlen.<br />

Probiotika sind für die Remissionserhaltung des M. Crohn wirkungslos.<br />

Eine einfache und wirkungsvolle Maßnahme zur Remissionserhaltung des M. Crohn<br />

ist die Beendigung des Rauchens. Dadurch kann die langfristige Rezidivrate des<br />

M. Crohn halbiert werden.<br />

Raucherstopp<br />

und<br />

und Verlauf des<br />

des<br />

Morbus<br />

Morbus<br />

Crohn<br />

Crohn<br />

Rezidivrisiko (%)<br />

100<br />

Stopper Nichtraucher Raucher<br />

80<br />

Abb. 6<br />

P Nichtrauchen reduziert das<br />

Rezidivrisiko.<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

0 6 12 18 24 36 48<br />

Monate<br />

474 474 Raucher mit mit Morbus M. Crohn. Nach Beratung 59 (12%) Nichtraucher.<br />

Vergleichsgruppe: Nichtraucher mit Morbus mit M. Crohn<br />

6.3.2 Chirurgisch induzierte Remission<br />

Nach chirurgisch induzierter Remission wird keine generelle Durchführung einer remissionserhaltenden<br />

Therapie empfohlen. Die Indikation und die Wahl des anzuwendenden<br />

Medikaments erfolgt unter Berücksichtigung des individuellen Krankheitsverlaufs<br />

und des spezifischen Risikoprofils.<br />

13


Für die postoperative Remissionserhaltung erwies sich Mesalazin in einer täglichen<br />

Dosis von 3–4 g über einen Zeitraum von bis zu 3 Jahren als wirksam. Die Art der<br />

Mesalazin-Galenik scheint hierbei eine Rolle zu spielen. Mit Eudragit-verkapseltem<br />

Mesalazin konnte in einer Studie für die Gesamtpopulation der Patienten ein Vorteil<br />

erzielt werden, wobei besonders Patienten profitierten, bei denen das Kolon befallen<br />

war. In einer anderen Studie konnte mit Methylzellulose-verkapseltem Mesalazin nur<br />

bei einer Subgruppe von Patienten mit ausschließlichem Dünndarmbefall ein therapeutischer<br />

Vorteil erzielt werden.<br />

P Mesalazin ist für die postoperative<br />

Remissionserhaltung wirksam.<br />

Bei Patienten mit komplexem Verlauf wird zur postoperativen Remissionserhaltung<br />

Azathioprin/6-Mercaptopurin empfohlen. In der Praxis werden Dosierung und<br />

Therapiedauer wie nach medikamentös induzierter Remission erfolgen.<br />

6.4 Chirurgische Therapie<br />

Durch Resektion der betroffenen <strong>Darm</strong>abschnitte kann der M. Crohn nicht geheilt<br />

werden; eine Operation ist daher in der Regel erst bei Komplikationen des M. Crohn<br />

indiziert. Allerdings ist auch bei Patienten mit isoliertem symptomatischem Ileozökalbefall<br />

die Operation als Alternative zur konservativen Therapie zu erwägen. Gelegentlich<br />

führt auch eine schwere Exazerbation mit Sepsis oder die Therapierefraktärität zur<br />

Operation.<br />

P Operationen sind meist bei<br />

Komplikationen oder Therapierefraktärität<br />

indiziert.<br />

Typische Operationsindikationen sind symptomatische Stenosen, die auf eine<br />

konserva tive Therapie nicht ansprechen, sowie Kolonstenosen, deren Dignität nicht<br />

klar ist.<br />

Crohn-Fisteln erfordern eine differenzierte Indikationsstellung (siehe 6.7)<br />

6.5 Ernährungstherapie<br />

Als Folge des M. Crohn können in Abhängigkeit von Lokalisation und Krankheitsaktivität<br />

sowohl eine globale Malnutrition als auch spezifische Mangelzustände auftreten.<br />

Für die Defizite ist nicht immer die Malabsorption kausal, sondern häufig auch<br />

eine inadäquate Zufuhr, erhöhte Verluste oder ein gesteigerter Bedarf an Nährstoffen.<br />

Oft wird die durch Diarrhö, lokale Schmerzen und Übelkeit bedingte Einschränkung<br />

der Nahrungsaufnahme unterschätzt.<br />

P Ziel der Ernährungstherapie ist<br />

die Vermeidung von Malnutrition<br />

und Mangelzuständen.<br />

Bei Vorliegen einer Malnutrition ist eine Supplementierung mit einer nährstoffdefinierten<br />

Kost zu empfehlen. Hinweise, dass Elementardiäten oder Spezialprodukte<br />

einen Vorteil gegenüber hochmolekularen Standarddiäten böten, gibt es nicht.<br />

Eine enterale Ernährungstherapie ist zur alleinigen Schubtherapie nicht zu empfehlen.<br />

Sie kann jedoch additiv bei Ernährungsdefiziten eingesetzt werden sowie zur additiven<br />

Behandlung von Patienten, die im akuten Schub Ernährungsprobleme haben.<br />

Eine total parenterale Ernährung ist nur in speziellen Situationen indiziert. Dazu<br />

zählen eine hochgradige Stenose mit Subileus, ein schwerer akuter Schub mit toxischem<br />

Krankheitsbild, ferner schwere Malabsorption, z. B. beim Kurzdarmsyndrom.<br />

Eine Crohn-spezifische Ernährung gibt es nicht. Eine Diät oder Ernährungstherapie zur<br />

Remissionserhaltung ist daher nicht verfügbar.<br />

6.6 Psychotherapie<br />

Bei der Betreuung von Patienten mit M. Crohn sind psychosoziale Faktoren und die<br />

Lebensqualität der Betroffenen zu berücksichtigen. Bewältigungsstrategien haben<br />

einen Einfluss auf den Krankheitsverlauf, deshalb sollte bei maladaptivem Coping eine<br />

entsprechende psychosoziale und psychotherapeutische Unterstützung angeboten<br />

werden.<br />

P Psychotherapie ist für ausgewählte<br />

Patienten einzusetzen.<br />

14


Psychotherapie kann einen Nutzen für die Krankheitsbewältigung, die Lebensqualität<br />

und das psychische Befinden der Patienten bringen und ist bei folgenden Indikationen<br />

zu empfehlen: ungünstige Krankheitsverarbeitung, partnerschaftliche oder<br />

familiäre Konflikte, soziale Belastungssituationen (z. B. am Arbeitsplatz oder in der<br />

Schule), sozialer Rückzug, psychische Komorbidität, z. B. depressive Störung, Angst<br />

oder Persönlichkeitsstörung. Die Art der psychotherapeutischen Behandlung sollte je<br />

nach der vorhandenen Störung bzw. der individuellen Situation nach Einholung einer<br />

Fachmeinung gewählt werden.<br />

6.7 Fisteltherapie<br />

Fisteln können interenterisch, blind endend retroperitoneal, enterovesikal, enterovaginal<br />

oder enterokutan auftreten und mit entzündlichen Konglomerattumoren und<br />

Abszessen assoziiert sein. Häufig finden sich perianale Fisteln. Fisteln können durch<br />

eine antibiotische Therapie und Immunsuppressiva günstig beeinflusst werden. Für<br />

die antibiotische Behandlung kommen in erster Linie Metronidazol und/oder Ciprofloxacin<br />

infrage. Als klassische Immunsuppressiva kommen in erster Linie Azathioprin/<br />

6-Mercaptopurin, in zweiter Linie Methotrexat infrage. Wirksam sind ferner die anti-<br />

TNF-α-Antikörper Infliximab (5 mg/kg KG in Woche 0, 2, 6, danach evtl. 8-wöchentlich<br />

als Erhaltungstherapie) und Adalimumab (80/40 mg s. c. Woche 0, 2, danach 40 mg<br />

2-wöchentlich). Durch konservative Maßnahmen lässt sich häufig nur die Fistelsekretion<br />

reduzieren und ein passagerer Fistelverschluss erreichen, eine definitive Heilung<br />

ist oftmals nur durch operative Maßnahmen möglich.<br />

Bei interenterischen Fisteln besteht eine Operationsindikation nur bei Symptomatik<br />

(z. B. funktionelles Kurzdarmsyndrom). Blind endende retroperitoneale Fisteln<br />

stellen wegen der Abszessgefahr eine absolute Operationsindikation dar. Enterovesikale<br />

Fisteln stellen wegen der rezidivierenden Harnwegsinfekte mit der Gefahr der<br />

Urosepsis ebenfalls eine absolute Operationsindikation dar. Enterovaginale Fisteln<br />

stellen eine relative Operationsindikation dar. Die Indikation sollte in Abhängigkeit<br />

von der Symptomatik gestellt werden. Enterokutane Fisteln stellen ebenfalls eine<br />

relative Operationsindikation dar. Dasselbe gilt für perianale Fisteln; diese sollten<br />

nur operativ therapiert werden, wenn sie symptomatisch sind.<br />

P Fisteln und Abszesse sind häufige<br />

Komplikationen.<br />

P Die Fisteltherapie erfolgt<br />

differenziert und interdisziplinär<br />

(medikamentös bzw. operativ).<br />

Abszesse und Fistelverhalte stellen eine Indikation zur <strong>Dr</strong>ainage dar. Intraabdominelle<br />

Abszesse werden in der Regel interventionell drainiert, falls dies nicht möglich<br />

ist, operativ. Die <strong>Dr</strong>ainage ist immer nur eine präliminäre Maßnahme für weitere Diagnostik<br />

und ggf. eine weitere chirurgische Therapie. Perianale Abszesse und Fistelverhalte<br />

werden ebenfalls drainiert, ggf. wird eine Fadendrainage über längere Zeit<br />

angelegt. Bei der Behandlung von Patienten mit perianalem M. Crohn ist die gemeinsame<br />

interdisziplinäre Betreuung durch <strong>Gastro</strong>enterologe und Chirurg besonders<br />

wichtig.<br />

6.8 Therapie extraintestinaler Manifestationen und Komplikationen<br />

Arthralgien und Arthritiden, die in Assoziation mit einem Schub des M. Crohn auftreten<br />

(Typ-I-Arthritis), werden im Rahmen der Behandlung des M. Crohn therapiert.<br />

Bei der Typ-II-Arthritis werden Sulfasalazin oder Methotrexat und in refraktären<br />

Fällen anti-TNF-α-Antikörper eingesetzt. Bei chronischen peripheren Arthralgien<br />

wird eine adäquate analgetische Therapie, z. B. mit Paracetamol und Novaminsulfon,<br />

empfohlen. In Einzelfällen werden zentral wirksame Analgetika notwendig. Konventionelle<br />

unselektive NSAR sind mit einem erhöhten Risiko einer Verschlechterung des<br />

M. Crohn assoziiert. COX-2-Inhibitoren haben ein günstigeres Nebenwirkungsprofil.<br />

Celecoxib oder Etoricoxib können daher im Einzelfall zur symptomatischen Besserung<br />

eingesetzt werden. Bei Patienten mit axialer Arthritis sind anti-TNF-α-Antikörper<br />

wirksam. Die Patienten profitieren zudem von einer intensiven Physiotherapie. Für die<br />

Behandlung des Morbus Bechterew wird auf die Leitlinien der rheumatologischen<br />

Fachgesellschaft verwiesen.<br />

P Extraintestinale Manifestationen<br />

und Komplikationen erfordern<br />

spezifische Therapiekonzepte.<br />

15


Die medikamentöse Therapie des Erythema nodosum und des Pyoderma gangraenosum<br />

entspricht im Prinzip der Therapie der Grundkrankheit. Initial wird eine hoch<br />

dosierte Steroidtherapie empfohlen. Als Immunsuppressivum kommt Azathioprin infrage.<br />

Infliximab (5 mg/kg KG als einmalige Infusion) ist hochwirksam bei der Therapie<br />

des Pyoderma gangraenosum und sollte daher in allen Fällen eines schweren Pyoderma<br />

gangraenosum in Assoziation mit einem M. Crohn als primäre Therapie erwogen<br />

werden.<br />

Die Augenmanifestationen des M. Crohn sollten fachärztlich ophthalmologisch betreut<br />

werden. Bei der akuten Uveitis anterior werden topische Steroide empfohlen,<br />

zusätzlich wird eine Pupillenerweiterung zur Therapie des Spasmus sowie zur Prophylaxe<br />

von Synechien durchgeführt.<br />

Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) als hauptsächliche hepatobiliäre Manifestation<br />

sollte mittels einer Dauertherapie mit Ursodeoxycholsäure (15 mg/kg KG)<br />

behandelt werden. Bei nicht ausreichender Besserung der Cholestaseparameter kann<br />

die Ursodeoxycholsäure-Dosis auf 20 mg/kg KG gesteigert werden. Zusätzlich ist eine<br />

endoskopische Beurteilung und Therapie erreichbarer hochgradiger Gallengangsstenosen<br />

indiziert. Die Gefahr der Entwicklung eines cholangiozellulären Karzinoms ist<br />

zu beachten. In fortgeschrittenen Stadien ist die Lebertransplantation die Therapie<br />

der Wahl.<br />

Die Osteopenie und Osteoporose als wesentliche extraintestinale Komplikation<br />

des M. Crohn wird primär mittels Kalzium und Vitamin D behandelt. Bei manifester<br />

Osteoporose und stattgehabten Frakturen ist die zusätzliche Gabe eines Bisphosphonats<br />

indiziert.<br />

6.9 Therapie in Schwangerschaft und Stillzeit<br />

Eine Schub- oder eine remissionserhaltende Therapie sollte bei bestehender Indikation<br />

auch bei Kinderwunsch und während der Schwangerschaft durchgeführt werden.<br />

Glukokortikoide können in der Schwangerschaft zur Schubbehandlung eingesetzt<br />

werden. Für Mesalazin und Azathioprin/6-Mercaptopurin wurde in großen<br />

Beobachtungsstudien kein erhöhtes fetales und maternales Risiko nachgewiesen. Sie<br />

können daher für die remissionserhaltende Therapie in der Schwangerschaft angewendet<br />

werden. Für die anti-TNF-α-Antikörper wurden bisher keine negativen<br />

Schwangerschaftsfolgen berichtet, die Daten sind jedoch noch limitiert. Die DGVS<br />

empfiehlt daher, anti-TNF-α-Antikörper in der Schwangerschaft möglichst zu vermeiden<br />

und – falls doch notwendig – möglichst rechtzeitig vor dem errechneten Entbindungstermin<br />

zu stoppen (Infliximab 3 Monate vor dem Termin; Adalimumab wahrscheinlich<br />

entsprechend kürzer). Die amerikanische Food and <strong>Dr</strong>ug Administration<br />

(FDA) stuft anti-TNF-α-Antikörper in der Schwangerschaft allerdings als relativ sicher<br />

ein (Kategorie B; is not expected to be harmful). Methotrexat ist in der Schwangerschaft<br />

kontraindiziert und muss mindestens 3 Monate vor geplanter Schwangerschaft<br />

beendet werden.<br />

P Die Leitlinien erlauben die Gabe von<br />

Mesalazin, Glukokortikoiden, Azathioprin<br />

und – mit Einschränkungen –<br />

anti-TNF-Antikörpern in der Schwangerschaft.<br />

Methotrexat ist kontraindiziert.<br />

In der Stillzeit können Mesalazin und Glukokortikoide fortgeführt werden. Im Fall der<br />

Glukokortikoide wird zu einer 4-stündigen Stillpause nach der Einnahme geraten, da<br />

Prednison und Prednisolon in geringer Konzentration in die Muttermilch übergehen.<br />

Bei notwendiger Therapie mit Immunsuppressiva, z. B. Azathioprin oder anti-TNF-α-<br />

Antikörpern, sollte abgestillt werden.<br />

16


Zu empfehlende Literatur<br />

Literatur<br />

1 Hoffmann JC, Kroesen AJ, Klump B (Hrsg.).<br />

Chronische entzündliche <strong>Darm</strong>erkrankungen. Handbuch für Klinik und Praxis.<br />

Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York 2009.<br />

2 European Crohn’s and Colitis Organisation (ECCO).<br />

European evidence based consensus on the diagnosis and management of<br />

Crohn’s disease.<br />

Gut 2006; 55 (Suppl. I): i1–i58.<br />

3 Hoffmann JC, Preiß JC, Autschbach F, Buhr HJ, Häuser W, Herrlinger K, Höhne W,<br />

Koletzko S, Krieglstein CF, Kruis W, Matthes H, Moser G, Reinshagen M, Rogler G,<br />

Schreiber S, Schreyer AG, Sido B, Siegmund B, Stallmach A, Bokemeyer B, Stange EF,<br />

Zeitz, M.<br />

S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn“. Ergebnisse einer Evidenzbasierten<br />

Konsensuskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und<br />

Stoffwechselkrankheiten zusammen mit dem Kompetenznetz Chronisch entzündliche<br />

<strong>Darm</strong>erkrankungen.<br />

Z <strong>Gastro</strong>enterol 2008; 46: 1094–1146.<br />

4 Baumgart DC.<br />

Diagnostik und Therapie von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.<br />

Dtsch Ärztebl Int 2009; 106: 123–133.<br />

5 Siegmund B, Zeitz M.<br />

Update M. Crohn.<br />

<strong>Gastro</strong>enterologie up2date 2009; 5: 195–206.<br />

6 Siegmund B, Zeitz M.<br />

Chronisch entzündliche <strong>Darm</strong>erkrankungen und Schwangerschaft.<br />

Z <strong>Gastro</strong>enterol 2009; 47: 1069–1074.<br />

17


Fragen zum Morbus Crohn<br />

Frage 1:<br />

Welchen Einfluss haben Umweltfaktoren auf den M. Crohn?<br />

w Eine Appendektomie schützt vor M. Crohn<br />

w Hygiene in der Kindheit schützt vor M. Crohn<br />

w Die Masernimpfung schützt vor M. Crohn<br />

w Nichtrauchen schützt vor M. Crohn<br />

w Orale Kontrazeptiva schützen vor M. Crohn<br />

<strong>Falk</strong><br />

<strong>Gastro</strong>-<strong>Kolleg</strong><br />

<strong>Darm</strong><br />

Frage 2:<br />

Welcher Befallstyp des M. Crohn ist am häufigsten?<br />

w Ausgedehnter Dünndarmbefall<br />

w Colitis Crohn<br />

w Ileozökaler Befall<br />

w Ösophagus/Magen<br />

w Perianaler Befall<br />

Frage 3:<br />

Welches Organsystem ist am häufigsten von extraintestinalen<br />

Manifestationen des M. Crohn betroffen?<br />

w Augen<br />

w Gefäße<br />

w Gelenke<br />

w Haut<br />

w Leber<br />

Bitte beachten Sie:<br />

Bei der Beantwortung der Fragen<br />

ist immer nur 1 Antwort möglich.<br />

Die Beantwortung der Fragen und<br />

Erlangung des Fortbildungszertifikats<br />

ist nur online möglich.<br />

Bitte gehen Sie dazu auf unsere Homepage<br />

www.falkfoundation.de.<br />

Unter dem Menüpunkt <strong>Falk</strong> <strong>Gastro</strong>-<strong>Kolleg</strong><br />

können Sie sich anmelden und die Fragen<br />

beantworten.<br />

Bitte diesen Fragebogen nicht<br />

per Post oder Fax schicken!<br />

Frage 4:<br />

Welche Methode wird neben der Sonografie primär zur<br />

Dünndarmdiagnostik empfohlen?<br />

w Computertomografie<br />

w Doppelballonenteroskopie<br />

w Dünndarmdoppelkontrast nach Sellink<br />

w Kapselendoskopie<br />

w Magnetresonanztomografie<br />

Frage 5:<br />

Welches Medikament ist erste Wahl beim leichten bis mäßig<br />

schweren Schub eines ileozökalen M. Crohn?<br />

w Azathioprin<br />

w Budesonid<br />

w Infliximab<br />

w Mesalazin<br />

w Prednisolon<br />

Wichtig:<br />

Fragebeantwortung unter<br />

www.falkfoundation.de<br />

<strong>Falk</strong> <strong>Gastro</strong>-<strong>Kolleg</strong><br />

18


Frage 6:<br />

Welche Aussage zu Azathioprin ist korrekt?<br />

w Vor Beginn einer Therapie mit Azathioprin sollte immer die TPMT-Aktivität<br />

bestimmt werden, da dadurch Blutbildkontrollen entfallen können<br />

w Die Mehrzahl der Leukopenien tritt unabhängig vom TPMT-Genotyp auf<br />

w Bei gastrointestinaler Unverträglichkeit von Azathioprin wird auch<br />

6-Mercaptopurin nicht vertragen<br />

w Azathioprin kann nach 2 Jahren abgesetzt werden, da es danach keinen<br />

Vorteil mehr bringt<br />

w Bei Versagen von Azathioprin ist 6-Mercaptopurin das Mittel der Wahl<br />

<strong>Falk</strong><br />

<strong>Gastro</strong>-<strong>Kolleg</strong><br />

<strong>Darm</strong><br />

Frage 7:<br />

Fall: 35-jähriger Mann mit M. Crohn mit ileozökalem Befall und<br />

Befall im Sigma; im laufenden Jahr bereits dreimal hoch dosiert<br />

Prednisolon wegen eines Schubs, bei Steroidreduktion unter<br />

20 mg/Tag jeweils wieder Verschlechterung. Welches Medikament<br />

würden Sie primär einsetzen?<br />

w Adalimumab<br />

w Azathioprin<br />

w Budesonid<br />

w Mesalazin<br />

w Methotrexat<br />

Frage 8:<br />

Welche Aussage zu anti-TNF-α-Antikörpern ist korrekt?<br />

w Adalimumab und Infliximab werden in 4-wöchigen Abständen subkutan<br />

verabreicht<br />

w Mit anti-TNF-α-Antikörpern werden Remissionsraten von 80% erreicht<br />

w Der Wirkungseintritt der anti-TNF-α-Antikörper ist rasch<br />

w Fisteln stellen eine Kontraindikation für anti-TNF-α-Antikörper dar<br />

w Für eine Remissionserhaltungstherapie sind anti-TNF-α-Antikörper nicht geeignet<br />

Frage 9:<br />

Welche Fisteln stellen eine absolute Operationsindikation dar?<br />

w Interenterische<br />

w Enterokutane<br />

w Enterovaginale<br />

w Enterovesikale<br />

w Perianale<br />

Frage 10:<br />

Welches Medikament ist in der Schwangerschaft kontraindiziert?<br />

w Adalimumab<br />

w Azathioprin<br />

w Infliximab<br />

w Methotrexat<br />

w Prednisolon<br />

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