Chancen und Möglichkeiten von AbsolventInnen der sozial ... - ibw
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<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, Jänner 2004, Gertraud Seiser<br />
Einige <strong>der</strong> dort gemachten Erfahrungen fassen Dirtl<br />
<strong>und</strong> Obenaus in ihrem Beitrag für diesen Band mithilfe<br />
<strong>von</strong> Interviews so zusammen, dass auch jüngere<br />
<strong>AbsolventInnen</strong> da<strong>von</strong> profitieren können. Zu Wort<br />
kommt die Chefredakteurin des "Südwind" <strong>und</strong> eine<br />
Mitarbeiterin des "Standard", die aus ihrer beruflichen<br />
Praxis im Spannungsfeld zwischen ethnologischen<br />
Interessen <strong>und</strong> medialer Professionalität berichten.<br />
5<br />
Zumindest in Deutschland folgt als nächste unmittelbare<br />
berufliche Assoziation zur Ethnologie die<br />
Entwicklungszusammenarbeit. Burger-Scheidlin,<br />
Fraunlob <strong>und</strong> Schwaighofer interviewten maßgebliche<br />
VertreterInnen <strong>und</strong> PraktikerInnen <strong>der</strong> österreichischen<br />
Entwicklungszusammenarbeit <strong>und</strong> stellten dabei fest,<br />
dass EthnologInnen zwar über eine für die EZA<br />
notwendige interkulturelle Sensibilität <strong>und</strong> die entsprechende<br />
regionale Kompetenz verfügen, aber vergleichsweise<br />
selten in den EZA-Institutionen beschäftigt<br />
werden. Die Autorinnen zeigen viele konkrete<br />
Ansatzpunkte auf, wie diese Situation in Zukunft<br />
geän<strong>der</strong>t werden könnte. Humanitäres <strong>und</strong> <strong>sozial</strong>es<br />
Engagement ist eine häufige Motivation bei <strong>der</strong><br />
Studienwahl für Ethnologie, Sozial- <strong>und</strong> Kulturanthropologie,<br />
was vielleicht erklärt, warum beson<strong>der</strong>s<br />
viele EthnologInnen in NGO’s, Vereinen <strong>und</strong> <strong>sozial</strong>en<br />
Organisationen im Umwelt-, Migrations- <strong>und</strong> Flüchtlingsbereich<br />
tätig sind. Arbeitsplatzsicherheit <strong>und</strong> gute<br />
Verdienstaussichten sind nämlich keine Charakteristika<br />
dieses Feldes, wie Gönitzer, Zoubek <strong>und</strong> Warta<br />
anhand <strong>von</strong> Interviews mit langjährigen Profis in <strong>der</strong><br />
NGO-Szene herausarbeiten. Mit <strong>der</strong> „beson<strong>der</strong>en<br />
Qualität“ <strong>von</strong> EthnologInnen beschäftigt sich auch<br />
Smutnys Beitrag über Friedenseinsätze internationaler<br />
Organisationen. Ethnologisches Fachwissen, Sensibilität<br />
bezüglich kultureller o<strong>der</strong> ethnischer Unterschiede<br />
<strong>und</strong> das sogenannte Fingerspitzengefühl sind gute<br />
Voraussetzungen <strong>von</strong> EthnologInnen für die Friedensarbeit.<br />
Sei es zur Menschenrechtsbeobachtung <strong>und</strong><br />
Demokratisierung, zur Wahldurchführung <strong>und</strong> -beobachtung,<br />
bei humanitären Hilfsaktionen o<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
Flüchtlingsarbeit, den weitreichenden Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
im Feld <strong>der</strong> internationalen Organisationen<br />
scheinen auch aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> steigenden Gewalt<strong>und</strong><br />
Kriegsbereitschaft keine Grenzen gesetzt zu sein.<br />
Wie regionales Schwerpunktwissen <strong>und</strong> lokale Sprachkenntnisse,<br />
gepaart mit praktischen Erfahrungen durch<br />
eine Feldforschung <strong>von</strong> Vorteil sein können, zeigt<br />
beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Bericht <strong>von</strong> Hazdra, <strong>der</strong> mit einem<br />
internationalen Beobachterteam <strong>der</strong> Vereinten Nationen<br />
die Entwaffnung <strong>von</strong> Kombattanten in Zentralkambodscha<br />
beaufsichtigt hat.<br />
Der letzte Abschnitt beschäftigt sich mit jenen Berufsfel<strong>der</strong>n,<br />
bei denen es sich in Hinkunft beson<strong>der</strong>s<br />
"lohnen" dürfte, dass EthnologInnen sich um ihre<br />
Erschließung bemühen. Zunächst wird das Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />
behandelt, da hier schon verschiedentlich<br />
Bedarf nach interkulturellen VermittlerInnen angemeldet<br />
worden ist. Siegert <strong>und</strong> Czarnowski untersuchen<br />
ausgewählte, konkrete Einsatzbereiche, wie Therapie,<br />
medizinisch-<strong>sozial</strong>e Dienste o<strong>der</strong> medizinisches<br />
Consulting. Dabei kommen ExpertInnen mit <strong>und</strong> ohne<br />
ethnologische Ausbildung zu Wort, <strong>der</strong>en Einschätzungen<br />
für solche ethnologischen Einsätze <strong>der</strong><br />
Leserschaft als Orientierungshilfen dienen sollen. Ein<br />
an<strong>der</strong>er Berufssektor, in dem ethnologische Expertise<br />
für die hier immer wie<strong>der</strong> auftretenden Spannungen<br />
durchaus benötigt werden könnte, ist jener <strong>der</strong> Polizei.<br />
Der Artikel <strong>von</strong> Digruber <strong>und</strong> Strasser beschäftigt sich<br />
mit <strong>der</strong> Exekutive <strong>und</strong> <strong>der</strong> Fähigkeit <strong>von</strong> EthnologInnen,<br />
als MediatorInnen zwischen Menschen mit unterschiedlichen<br />
Meinungen <strong>und</strong> Lebensentwürfen zu fungieren.<br />
Sie stellen kultursensible Trainingsprogramme in <strong>der</strong><br />
Polizeiausbildung vor. Es geht dabei nicht um das<br />
„richtige Verhalten“ <strong>der</strong> BeamtInnen per se, denn<br />
dieses muss an jeden Menschen <strong>und</strong> an jede Situation<br />
neu angepasst werden, son<strong>der</strong>n darum, Pauschalurteile<br />
zu reflektieren <strong>und</strong> eine interkulturelle Dialogfähigkeit<br />
zu schulen. Den Abschluss des Bandes bildet<br />
die Diskussion jenes weiten Feldes, in dem EthnologInnen<br />
in Österreich zwar bisher noch die wenigsten<br />
Erfahrungen gesammelt haben, für das aber zugleich<br />
beson<strong>der</strong>s interessante Möglichkeiten identifizierbar<br />
sind. Wrana <strong>und</strong> Schmidt befassen sich mit dem, was<br />
die Ethnologie, Sozial- <strong>und</strong> Kulturanthropologie Wirtschaftsbetrieben<br />
zu bieten hat. Sie zeigen ethnologische<br />
Potenziale im Bereich <strong>der</strong> Organisationsberatung<br />
auf, bringen ein ausführliches Interview mit<br />
dem Spitzenmanager des Wiener Zweiges eines<br />
internationalen Versicherungs- „Multis“ <strong>und</strong> bearbeiten<br />
letztlich ein Defizit, an dem EthnologInnen häufig<br />
leiden: Gemeint ist die Notwendigkeit einer stark<br />
verbesserten „Selbstvermarktung“ <strong>der</strong> <strong>AbsolventInnen</strong><br />
unseres Faches.<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> kaum vorhandenen Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
im wissenschaftlichen Umfeld ist also ein<br />
dringen<strong>der</strong> Bedarf an Umorientierung geboten. Und<br />
genau dazu will dieser Sammelband auch beitragen. Er