Bye bye Biene? - Greenpeace
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© GREENPEACE / MATTHIAS GUNSCH<br />
Kapitel 4<br />
4<br />
Insektizide<br />
Bei Insektiziden handelt es sich um eine spezielle Klasse von Pestiziden, die zur Abtötung<br />
von Schadinsekten auf Nutzpflanzen und -tieren (auch im häuslichen Bereich) entwickelt<br />
wurde. Bei ausreichend hoher Dosierung (letale Dosis) werden Schädlinge und Nützlinge<br />
gleichermaßen getötet oder vertrieben. Niedrige Dosen können ungewollte (subletale)<br />
Wirkungen auf Nichtzielinsekten haben; dazu gehören auch Nützlinge wie die natürlichen<br />
Feinde von Schadinsekten und Bestäuber (Desneux et al., 2007). Aufgrund ihrer intrinsischen<br />
Natur und Funktion sind Insektizide die Pestizidgruppe, die für Bestäuber das größte<br />
direkte Risiko darstellt.<br />
Obwohl bisher nur wenige Daten darüber vorliegen, in<br />
welchem Umfang Insektizide zum weltweiten Bestäuberrückgang<br />
beitragen, zeigt sich inzwischen immer häufiger,<br />
dass sich einige Insektizide deutlich negativ auf die Gesundheit<br />
des einzelnen Bestäubers sowie ganzer Bestäubervölker<br />
auswirken (Henry et al., 2012; Whitehorn et al.,<br />
2012; Easton und Goulson, 2013; Mullin et al., 2010). Das<br />
ist nicht von der Hand zu weisen, auch wenn die meisten<br />
Studien, die sich mit den Auswirkungen von Insektiziden<br />
befassen, in erster Linie die akuten Effekte untersuchen,<br />
die bei relativ hohen Expositionsdosen auftreten. Subtilere<br />
und langfristigere Wirkungen geringer Expositionsdosen<br />
wurden in Toxizitätsstudien bisher noch nicht konsistent<br />
analysiert und untersucht. Außerdem widmen sich die<br />
meisten Studien bisher der Honigbiene (und in geringerem<br />
Umfang der Hummel) und vernachlässigen die möglichen<br />
Auswirkungen auf die zahlreichen Wildbestäuberarten,<br />
die für die Nutzpflanzenbestäubung und die Erhaltung<br />
der Biodiversität eine unbestreitbar wichtige Rolle spielen<br />
(Potts et al., 2010; Brittain et al., 2013a; Easton und Goulson,<br />
2013).<br />
Auch wenn Auswirkungen auf Bestäuber nicht beabsichtigt<br />
sind, können Insektizide sowohl in hohen als auch geringen<br />
Dosen potenzielle Folgen für sie haben. Ihr Kontakt<br />
mit chemischen Substanzen scheint aus verschiedenen<br />
Gründen mehr oder weniger unvermeidlich:<br />
1. In der Landwirtschaft werden heutzutage weltweit so<br />
viele Pestizide eingesetzt wie nie zuvor (Tilman et al., 2001).<br />
2. Viele Orte in der Umgebung von Äckern, auf denen<br />
Insektizide zum Einsatz kommen, sind Lebensräume<br />
zahlreicher Bestäuberarten. Insektizidrückstände können<br />
diese Orte erreichen und dort fortbestehen. Beispielsweise<br />
können sie sich in landwirtschaftlich genutzten Böden ablagern,<br />
nach der Aussaat oder dem Spritzen in den Staub<br />
und die Luft gelangen, Wasserläufe in der Umgebung landwirtschaftlicher<br />
Betriebe erreichen oder sich auf Pollen und<br />
Nektar von Anbaupflanzen und Unkraut ansammeln. Und<br />
schließlich sind sie auch im Wachs von <strong>Biene</strong>nstöcken zu<br />
finden (Mullin et al., 2010).<br />
3. Einige Insektizide wirken systemisch, das heißt, sie bleiben<br />
nicht an der Oberfläche einer Pflanze, sondern dringen<br />
in das Pflanzensystem ein und gelangen so überallhin.<br />
Einige systemisch wirkende Neonicotinoid-Insektizide werden<br />
beispielsweise zur Umhüllung von Samen eingesetzt,<br />
damit diese bei der Aussaat geschützt sind (Beizung).<br />
Wenn der gebeizte Samen zu keimen und zu wachsen<br />
beginnt, verteilen sich die Neonicotinoide in den Stängeln<br />
und Blättern der Pflanze und können so schließlich ins<br />
Guttationswasser (wässrige Absonderung des Sämlings<br />
an der Spitze der jungen Blätter) gelangen. <strong>Biene</strong>n trinken<br />
häufig vom Guttationswasser der aus gebeiztem Saatgut<br />
<strong>Bye</strong> <strong>bye</strong> <strong>Biene</strong>? Report, <strong>Greenpeace</strong> Research Laboratories/ Universität Exeter (England) 29