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Islamistische und jihadistische Akteure in den Partnerländern ... - GIZ

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Islam <strong>und</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />

Islam <strong>und</strong><br />

Entwicklungszusammenarbeit<br />

Dr. Peer Gatter<br />

Programmkoord<strong>in</strong>ator - Interkulturelle<br />

Beziehungen mit islamisch geprägten Ländern<br />

In vielen Partnerländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit,<br />

<strong>in</strong>sbesondere im Mittleren<br />

Osten <strong>und</strong> Nordafrika (MENA), prägen religiöse<br />

Vorstellungen <strong>den</strong> Alltag. Religiöse Praktiken strukturieren<br />

das Leben weiter Bevölkerungsteile, regeln<br />

das zwischenmenschliche Zusammenleben <strong>und</strong> wirken<br />

sich <strong>in</strong> vielfältiger Weise auch auf Recht, Politik,<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> die Staatsform aus. Islamische <strong>und</strong><br />

islamistische Bewegungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesen Ländern<br />

fester Bestandteil der politischen Kultur <strong>und</strong> der<br />

Zivilgesellschaft. Sie leisten vielerorts soziale Gr<strong>und</strong>dienste,<br />

die der Staat nicht länger erbr<strong>in</strong>gen kann<br />

<strong>und</strong> tragen so zu Armutsbekämpfung, Bildung <strong>und</strong><br />

mediz<strong>in</strong>ischer Versorgung bei. Folglich wird ihnen <strong>in</strong><br />

der Bevölkerung hohes Vertrauen entgegengebracht,<br />

ihre Vertreter gelten als <strong>in</strong>teger <strong>und</strong> unbestechlich.<br />

Sie s<strong>in</strong>d daher tief <strong>in</strong> <strong>den</strong> Gesellschaften verankert,<br />

tiefer oftmals als staatliche Behör<strong>den</strong>.<br />

Die zunehmende Bedeutung von islamischen Bewegungen,<br />

von religiösen Bildungse<strong>in</strong>richtungen,<br />

Moscheen <strong>und</strong> religiösen Wür<strong>den</strong>trägern ist daher<br />

nicht zwangsläufig mit Radikalisierungsten<strong>den</strong>zen<br />

gleichzusetzen, sondern vielmehr Ausdruck von sozialen<br />

Nöten <strong>und</strong> der sozialpolitischen Rolle, die<br />

diesen Institutionen <strong>in</strong> Staaten mit e<strong>in</strong>em schwach<br />

ausgeprägtem Wohlfahrtssystem <strong>in</strong> immer stärkerem<br />

Maße zukommt. Die neue Bedeutung religiöser<br />

Bewegungen wurde dem Westen im so genannten<br />

„Arabischen Frühl<strong>in</strong>g“ e<strong>in</strong>drücklich vor Augen geführt.<br />

So waren es gerade nicht die säkularen, mehr<br />

Demokratie e<strong>in</strong>fordern<strong>den</strong> Parteien, die als Sieger<br />

aus <strong>den</strong> ersten freien Wahlen <strong>in</strong> Umbruchsländern<br />

wie Ägypten, Tunesien oder Marokko hervorg<strong>in</strong>gen,<br />

sondern islamistische Gruppierungen im E<strong>in</strong>flussbereich<br />

der Muslimbruderschaften, die <strong>den</strong> Revolutionen<br />

zunächst zögerlich entgegen getreten waren. Sie<br />

hatten es beim Urnengang jedoch verstan<strong>den</strong>, ihre<br />

Klientel zu mobilisieren – nicht zuletzt dank massiver<br />

f<strong>in</strong>anzieller Zuwendungen aus <strong>den</strong> Golfstaaten.<br />

Aufgr<strong>und</strong> ihrer wachsen<strong>den</strong> Bedeutung können diese<br />

Bewegungen von der Entwicklungszusammenarbeit<br />

(EZ) nicht länger ignoriert wer<strong>den</strong>, waren es<br />

doch gerade westliche Politiker, die Mut zu e<strong>in</strong>em<br />

demokratischen Wandel e<strong>in</strong>gefordert hatten. Durch<br />

Wahlen legitimiert, wur<strong>den</strong> islamistische Parteien <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Reihe von Ländern <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> Regierungsverantwortung<br />

getragen <strong>und</strong> ihre Repräsentanten<br />

s<strong>in</strong>d heute die direkten Ansprechpartner deutscher<br />

Außen- <strong>und</strong> Wirtschaftspolitik sowie der deutschen<br />

EZ. Ihre E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> Entwicklungsprozesse – so<br />

ist zu hoffen – kann dabei helfen, die historisch gewachsene<br />

Brücke zwischen der MENA-Region <strong>und</strong><br />

Europa zu erhalten <strong>und</strong> weiter auszubauen, gerade<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> der <strong>in</strong>nergesellschaftliche Konflikte<br />

<strong>und</strong> geopolitische Interessenlagen dazu geführt<br />

haben, dass große Bevölkerungsteile <strong>in</strong> islamisch<br />

geprägten Gesellschaften die Glaubwürdigkeit von<br />

globalen oder westlichen Problemlösungsstrategien<br />

zunehmend <strong>in</strong> Frage stellen <strong>und</strong> als externe E<strong>in</strong>flussnahme<br />

ablehnen.<br />

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