Jahresbericht 2012/13 (PDF 2.52 MB) - Deutsche Gesellschaft für ...
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<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong>/20<strong>13</strong><br />
© dpa Picture Alliance<br />
der protestierenden Bevölkerung, eng miteinander<br />
verflochten.<br />
Auch wenn der Begriff »Demokratie«<br />
nicht unbedingt verwendet wurde, ging es bei<br />
den Protesten demnach auch um Demokratie<br />
im weiteren Sinne – nämlich um die Freiheit<br />
von Korruption, Unterdrückung und<br />
Willkürherrschaft, die kennzeichnend waren<br />
für die zuvor über Jahrzehnte herrschenden<br />
Regime. Die Menschen wollten ihr Leben<br />
selbst bestimmen und forderten mehr Partizipationsmöglichkeiten.<br />
Dies sind wesentliche<br />
Merkmale einer Demokratie, wenngleich die<br />
spezifischen Demokratievorstellungen der<br />
meisten Akteure nicht eins zu eins mit dem<br />
westlichen Modell übereinstimmen. Sowohl<br />
die islamistischen Kräfte als auch die säkulare<br />
Opposition betonen deshalb, dass man eigene<br />
Demokratiemodelle entwerfen müsse und der<br />
Westen dies zu akzeptieren habe.<br />
Politisierung der <strong>Gesellschaft</strong>en<br />
und die Forderung nach<br />
Selbstbestimmung<br />
Auch die aktuellen Unruhen in Ägypten und<br />
Tunesien zeigen, dass es bei den Aufständen<br />
um mehr als nur sozio-ökonomische Fragen<br />
ging. Die andauernden Proteste sind nicht<br />
allein dadurch zu begründen, dass die neuen<br />
islamistischen Regierungen unfähig waren,<br />
die Lebensbedingungen der Menschen zu<br />
verbessern, sondern dass die Angst vor einer<br />
Einschränkung der Bürgerrechte und einer<br />
islamistischen Dominanz groß ist. Die Verbesserung<br />
der wirtschaftlichen Lage ist weiterhin<br />
zentral für die meisten Menschen in<br />
Nord afrika. Allerdings scheinen weite Teile<br />
der Bevölkerung auch nicht bereit zu sein, eine<br />
neue Diktatur einfach hinzunehmen.<br />
Dies geht einher mit einer nicht zu übersehenden<br />
Politisierung der <strong>Gesellschaft</strong>. In<br />
den repressiven Systemen Ben Alis, Mubaraks<br />
oder Gaddafis war ein öffentlicher Diskurs<br />
zu politischen Themen nur eingeschränkt<br />
möglich und die Resignation in der Bevölkerung<br />
groß. Seit den Stürzen der alten Machthaber<br />
diskutieren die Menschen jedoch rege<br />
über Politik und haben das Gefühl, dass ihre<br />
Stimme einen Wert hat. Selbst wenn die konkreten<br />
politischen Errungenschaften der letzten<br />
beiden Jahre bisher eher dürftig sind, ist<br />
dieses neue Selbstbewusstsein vielleicht der<br />
wichtigste Unterschied zu der Zeit vor den<br />
Umbrüchen. Ob dies in absehbarer Zeit zu<br />
einer demokratischen Ordnung führen wird,<br />
bleibt allerdings abzuwarten.<br />
Wird der ägyptische Präsident<br />
Mohammed Mursi<br />
seinem Volk »Brot, Freiheit<br />
und soziale Gerechtigkeit«<br />
bringen können?<br />
Schwerpunkt: Demokratisierung in der europäischen Nachbarschaft<br />
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