SOTE 2008_1 - IFZ
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Gastredaktion<br />
Die Qualität des Störfallmanagements ist<br />
daran geknüpft, wie schnell sich die Operateure<br />
einen Überblick über die Lage verschaffen<br />
und ob sie eine angemessene Situationsdeutung<br />
hervorbringen können. Diese<br />
Deutungsarbeit kann z. B. durch entsprechende<br />
Assistenzsysteme (siehe unten: NA-<br />
RIDAS) unterstützt werden.<br />
■ Zu (3): Nach dem bisherigen Stand der Risikosoziologie<br />
lassen sich komplexe und sicherheitskritische<br />
Prozesse dann zuverlässig<br />
steuern, wenn je nach Auslastung und Risikolage<br />
zwischen zentraler Steuerung und<br />
dezentraler Koordination flexibel gewechselt<br />
werden kann.<br />
Bisher war die Abstimmung von Flugbewegungen<br />
im Luftraum ein weitreichend vorgeplanter<br />
und zentral gesteuerter Prozess.<br />
Vorab genehmigte Routen waren einzuhalten<br />
und wurden durch Fluglotsen überwacht.<br />
Mit dem Einsatz neuer Assistenzsysteme<br />
zeichnet sich eine Entwicklungstendenz<br />
ab, die diesen Modus der zentralen<br />
Steuerung und Kontrolle durch einen Modus<br />
dezentraler Koordination ergänzt. Die<br />
Piloten erhalten dazu ein vom Assistenzsystem<br />
generiertes Lagebild, das in Echtzeit<br />
die relevanten Flugbewegungen abbildet<br />
und alternative Routen vorschlägt.<br />
Auf der Ebene des Gesamtsystems werden<br />
demnach Aspekte zentraler und dezentraler<br />
Steuerungsformen miteinander kombiniert.<br />
Es zeichnen sich dabei Möglichkeiten zur<br />
differenzierten Ausgestaltung der Steuerungsmodi<br />
ab.<br />
■ Zu (4): Die Bedeutung einer möglichst benutzergerechten<br />
Gestaltung von Technik<br />
wird von vielen techniksoziologischen Arbeiten<br />
herausgestellt. Eine partizipative Entwicklung<br />
und Einführung der Technik hat<br />
sich dabei als probater Weg erwiesen, ein<br />
möglichst optimales Zusammenwirken von<br />
Mensch und Maschine sicherzustellen. In<br />
der Praxis hat sich diese Vorgehensweise jedoch<br />
noch nicht fest etablieren können, da<br />
die Einführung einer neuen Technik immer<br />
auch ein komplexer soziokultureller Prozess<br />
ist, der bestehende Machtinteressen in Frage<br />
stellen kann.<br />
■ Zu (5): Die Konzentration auf Verkehrsund<br />
Logistikprozesse ermöglichte es, verteiltes<br />
Handeln und Entscheiden sowie die Entwicklung<br />
von Steuerungsmodi an divergenten,<br />
aber miteinander vergleichbaren Fallbeispielen<br />
zu analysieren. Letztlich lassen<br />
sich die Herausforderungen in Verkehr und<br />
Logistik zunächst darauf reduzieren, bewegte<br />
Objekte mit begrenzten Ressourcen<br />
und nach spezifizierten Vorgaben koordinieren<br />
zu müssen.<br />
Soziale Technik 1/<strong>2008</strong><br />
Forschungsschwerpunkt<br />
Innerhalb des DFG-Sonderforschungsbereichs<br />
559 „Modellierung großer Netze in<br />
der Logistik“ führt das Fachgebiet Techniksoziologie<br />
das Teilprojekt M14 „Mensch<br />
und Technik in der Logistik – Planung und<br />
Gestaltung sozio-technischer Syteme“<br />
durch. Ziel des Projektes ist es, große Netze<br />
in der Logistik mit dem Instrumentarium<br />
des sozio-technischen Systemansatzes zu<br />
analysieren, um so Erkenntnisse über die<br />
Wechselwirkungen menschlicher und technisch-apparativer<br />
Systemkomponenten sowie<br />
über die Planung, Gestaltung und Beherrschung<br />
komplexer Systeme zu gewinnen.<br />
Das sozialtheoretische Interesse besteht<br />
in der Analyse hybrider Systeme verteilten<br />
Handelns, in denen Entscheidungen<br />
von menschlichen Akteuren im Verbund<br />
mit teilautonomen technischen Systemen<br />
getroffen werden.<br />
Die Frage nach den Gestaltungsnotwendigkeiten<br />
derartiger Systeme ergibt sich nicht<br />
zuletzt aus ihrer gesellschaftlichen Bedeutung<br />
als Funktionssysteme. Eine globalisierte<br />
Wirtschaft ist ohne Containerlogistik<br />
kaum noch vorstellbar. Neue Gestaltungsmöglichkeiten<br />
ergeben sich dann, wenn<br />
„smarte“ Technik den Menschen bei der Bewältigung<br />
von Steuerungsaufgaben unterstützt<br />
und zu ersetzen beginnt. Ohne Informationstechnologien<br />
(IT) wären die Operateure<br />
auf einem Containerterminal durch<br />
10.000e von Transportbehältern überfordert<br />
(Blutner et al. 2006).<br />
Daher zielt das Teilprojekt M14 auf die Entwicklung<br />
eines einheitlichen Analyserahmens<br />
zur Beschreibung von Mensch-Maschine-Interaktionen,<br />
verteilter Handlungsträgerschaft<br />
sowie partizipativer Technikentwicklung<br />
im Rahmen einer sozialwissenschaftlichen<br />
Innovationstheorie. Dabei stehen<br />
insbesondere folgende Fragestellungen<br />
im Mittelpunkt:<br />
■ Welche Formen geteilter Entscheidungsund<br />
Handlungsträgerschaft können festgestellt<br />
werden?<br />
■ Wie wirken sich hybride Entscheidungsprozesse<br />
auf die Formen und die Performanz<br />
der Unsicherheitsbewältigung aus?<br />
Fallstudie: NARIDAS<br />
Die Entwicklung des Assistenzsystems NA-<br />
RIDAS (Navigational Risk Detection and Assessment<br />
System) stellt eine Reaktion auf<br />
die zunehmende Komplexität des Schiffsführungsprozesses<br />
dar (Blutner et al. 2007).<br />
Unterschiedliche Anforderungen nautischer,<br />
schiffstechnischer, wirtschaftlicher<br />
und logistischer Art müssen dabei gleicher-<br />
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