Heft 1 (2011) - Interessengemeinschaft deutschsprachiger Autoren eV
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Prosa<br />
seinerzeit unser Dasein, bunter als mancher<br />
Regenbogen, und wir ertranken fast in einem<br />
Meer von Farben. Unbeschwert waren wir,<br />
doch dann begann der Ernst unseres Lebens.<br />
Und du konntest nicht mehr weglaufen und dich<br />
verstecken. Warst mit dem wirklichen Leben in<br />
Berührung gekommen. Spürtest plötzlich seine<br />
ganze Härte.<br />
„Komm, Bruder, tanz mit mir!“<br />
Dein Selbstbewusstsein geriet ins Wanken. Das<br />
Leben setzte dir Grenzen, kannte keine Gnade.<br />
Und als man dir deine große Liebe nahm, verlor<br />
dein Leben seine Unschuld. Du glaubtest Blut an<br />
deinen Händen zu haben. Blut von Verletzungen,<br />
die dir von Anderen und vom Leben zugefügt<br />
worden waren. Dein Himmel legte sich düster<br />
auf dich nieder und du entferntest dich von allem,<br />
was zu dir gehörte.<br />
„Komm, Bruder, tanz mit mir!“<br />
Mutig warst du! Wolltest dich dem Wandel<br />
unterziehen, hattest nichts zu verlieren. Glaubtest,<br />
dich in einen Vogel verwandeln zu können.<br />
Wolltest fliegen auf den blauen Schwingen deiner<br />
Sehnsucht. Und einen Wimpernschlag lang bist<br />
du geflogen, durch die Einsamkeit der Nacht,<br />
kamst du den Sternen zu nah.<br />
„Komm, Bruder, tanz mit mir!“<br />
„Träume sanft deinen letzten Traum, einen<br />
Traum ohne Wiederkehr. Träume selig in einem<br />
Wolkenmeer ohne Raum und Zeit.“ Und einen<br />
Augenblick glaubte sie, ihren Bruder rufen zu<br />
hören: „Komm, Schwester, steig ein in meinen<br />
Traum!“ Aber es war nur ein Flüstern des<br />
Windes, der zärtlich ihre Tränen streichelte. Und<br />
sie wusste: Nie mehr würde sie zu ihm sagen<br />
können: „Komm, Bruder, tanz mit mir!“<br />
Eva-Maria Klein, Kutenholz<br />
Greta Garbo - Mensch und Mythos<br />
Wie so oft besuchte ich wieder einmal gute Freunde<br />
im schwedischen Smaland. An einem der Besuchstage<br />
verführte uns prächtiges Sonnenwetter<br />
zu einer Fahrt ins Blaue, bei der wir noch nicht<br />
wussten, wo sie uns hinführen würde. Als wir die<br />
Gemeinde Högsby erreicht hatten, kehrten wir<br />
in ein in der Storgatan gelegenes Restaurant zur<br />
Mittagsrast ein. Bei einem nachfolgenden Bummel<br />
durch die Straße sprang mir im Haus Nr. 26<br />
ein Hochglanzplakat in Schwarz - Weiß mit dem<br />
Konterfei eines unverwechselbaren Gesichtes<br />
in´s Auge. Es war das faszinierend ätherische<br />
Gesicht der jungen Greta Garbo. In dem Gebäude<br />
befand sich ein kleines, aber feines Museum.<br />
Ganz dem einstigen Filmstar gewidmet. Wie ich<br />
bald erfahren sollte, verdankte dieses seine Existenz<br />
einer Dame aus Helsingborg und ihrer in<br />
New York lebenden Tochter, welche von einem<br />
Sterbehaus etwa 1100 Fotos der Garbo erstanden<br />
hatte. Diese bildeten das Fundament zur Gründung<br />
dieses Kleinods.<br />
Greta Garbos Mutter und Großmutter stammten<br />
aus der Gegend um Högsby. Es waren arme,<br />
schwer arbeitende Bauersleute in Lillsjödal, was<br />
die junge Anna Lovisa Johannsdotter - Gretas<br />
Mutter - schon als junges Mädchen bewog, in die<br />
pulsierende Metropole Stockholm zu ziehen, um<br />
sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dort<br />
traf sie Gretas Vater Karl Gustafsson, der aus Finneryd<br />
in Smaland stammte. Nach seiner Hochzeit<br />
im Mai 1898 bekam das Paar drei Kinder. Sohn<br />
Sven und Tochter Alva - die schon mit zweiundzwanzig<br />
Jahren an TBC starb - und Greta, die am<br />
18. September 1905 in der Entbindungsklinik<br />
Södra in Stockholm das Licht der Welt erblickte.<br />
Man sagt, das Auffälligste an ihr seien ihre<br />
seidigen, langen Wimpern gewesen, die sie von<br />
ihrer Mutter geerbt hatte. Damals lebte die Familie<br />
in der Blekingegatan Nr. 31 in einer Einzimmerwohnung<br />
mit Küche. Gretas Vater arbeitete<br />
bei der Müllabfuhr und bewirtschaftete nebenbei<br />
noch einen kleinen Schrebergarten zur Selbstversorgung<br />
der Familie. Zum Glück war Greta ein<br />
pflegeleichtes Kind, das aus der Katarina Södra<br />
Volksschule gute Zeugnisse nach Hause brachte.<br />
Doch bereits vierzehnjährig musste auch Greta<br />
zum Familieneinkommen beitragen. Sie arbeitete<br />
in Rasiersalons, wo sie die Barthaare der männlichen<br />
Kunden vor der Rasur einzuseifen hatte. Im<br />
Jahre 1920 begann Greta eine Lehre im Stockhol-<br />
IGdA aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2011</strong>) Seite 10