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Voller Einsatz fürs Dorf Voller Einsatz fürs Dorf

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156<br />

<strong>Voller</strong> <strong>Einsatz</strong><br />

<strong>fürs</strong> <strong>Dorf</strong><br />

dlz Leben<br />

Landwirt des Monats Jan-Wilhelm Strampe ist ein erdverwachsener Niedersachse.<br />

Der 30-jährige Diplomagraringenieur engagiert sich leidenschaftlich<br />

im Ehrenamt. Die neue agrarpolitische Ausrichtung in seinem Bundesland sieht<br />

der Junglandwirt mit einiger Skepsis.<br />

Dem Erhalt der <strong>Dorf</strong>gemeinschaft<br />

in seinem 550-Seelen-<strong>Dorf</strong> gilt<br />

der volle <strong>Einsatz</strong> von Jan-Wilhelm<br />

Strampe. Er mischt in Feuerwehr und Fußballverein<br />

mit und gehört seit 2011 über<br />

eine Bürgerliste auch dem Gemeinderat an.<br />

Und Strampe liebt seinen Hof. Der befindet<br />

sich schon seit 1810 im Familienbesitz,<br />

jetzt in der siebten Generation. 160 ha<br />

Eigentum gehören dazu. 106 ha sind hinzugepachtet.<br />

Rüben, Weizen, Gerste und Raps<br />

bilden hier im so genannten fruchtbaren<br />

Uelzer Becken mit Böden um 55 Punkten<br />

die Fruchtfolge. Pflanzenbau betreibt er<br />

intensiv, denn gute Erträge seien die Basis<br />

für hohe Erlöse, eine Voraussetzung, um<br />

den Hof weiter zu entwickeln.<br />

dlz agrarmagazin ◾ Juni 2013


dlz Leben I 157<br />

Einen Mitarbeiter<br />

Senior Wilhelm Strampe kümmert<br />

sich vor allem um die<br />

Buchführung und den täglichen<br />

Papierkram und erledigt<br />

die Lohnabrechnung für Mitarbeiter<br />

Maik Wilk. Der 30-jährige gelernte<br />

Landwirt sei ein Glücksfall für den Hof, betont<br />

Betriebsleiter Strampe und fügt hinzu:<br />

„Was nützen alle technischen Fortschritte<br />

wie GPS, wenn die Mitarbeiter damit nicht<br />

umgehen können. Maik beherrscht das<br />

bestens.“ Frau Strampe senior sorgt für<br />

das leibliche Wohl der Familie.<br />

Und eine Familie, die dann achte Generation,<br />

will der hoch gewachsene Ackerbauer<br />

bald gründen. Im August werden die<br />

Hochzeitsglocken läuten. „Meine künftige<br />

Frau wird hier arbeitsmäßig nicht einsteigen.<br />

Sie studiert Medizin und wird Ärztin.“<br />

Mit Lohnarbeiten wie Rübendrillen<br />

und Rübenernte sowie Mähdrusch bei<br />

befreundeten Betrieben wurde ein zweites<br />

Standbein aufgebaut. Etwa 20 Prozent des<br />

Einkommens wird so erwirtschaftet. Mit<br />

der Aufgabe der Milchviehhaltung 1995<br />

hat das letzte Nutztier den mitten im <strong>Dorf</strong><br />

liegenden Hof mit den vielen älteren Gebäuden<br />

verlassen.<br />

Viel gereist<br />

Strampe ist auch schon durch die weite<br />

Welt gereist, hat gesehen, wie das andere<br />

Bauern machen. Nach dem Agrarstudium<br />

in Soest und vor dem Einstieg in den<br />

Betrieb verdingte er sich drei Monate als<br />

Ernte-helfer auf einer 2.000-ha-Farm im<br />

Distrikt Alberta in Kanada. Und um mal<br />

zu wissen, wie Marktteilnehmer auf der anderen<br />

Seite des Tisches ticken, absolvierte<br />

er ein sechswöchiges Praktikum in der Getreideabteilung<br />

der Agravis-Raiffeisen-AG<br />

in Hannover. „Jetzt weiß ich, wie Märkte<br />

funktionieren, verfolge auch jeden Tag die<br />

Notierungen der Warenterminbörse.“<br />

Das soll sich in Zukunft auszahlen, denn<br />

der Getreidebauer mit jährlich rund 1.700<br />

t Weizen, Gerste und Raps aus eigener Erzeugung<br />

will künftig noch gezielter am<br />

Markt agieren. Dazu errichtet er gerade im<br />

<strong>Dorf</strong>außenbereich neben der dort schon<br />

stehenden Maschinenhalle ein 1.800-t-<br />

Getreidesilo mit Durchlauftrockner. Bisher<br />

wurde das Getreide in einem 1995 errichteten<br />

Hoflager mit Belüftungstrocknung<br />

gebunkert.<br />

Berufliches Ehrenamt<br />

Neben der ehrenamtlichen Arbeit im <strong>Dorf</strong><br />

engagiert sich Strampe auch im landwirtschaftlichen<br />

Bereich. Gerade eingetreten,<br />

wählten ihn seine jüngeren Berufskollegen<br />

2011 zum Vorsitzenden des 450 Mitglieder<br />

zählenden Arbeitskreises Junger Landwirte<br />

landwirt<br />

des<br />

monats<br />

im Landkreis Uelzen. „Die Arbeit<br />

macht nicht nur Spaß; man kann<br />

auch ein gutes Netzwerk aufbauen,<br />

das weit über die Grenzen<br />

unseres Kreises reicht“, betont<br />

Strampe.<br />

Gut geholfen, um dies alles organisieren<br />

und auch entsprechend reagieren zu können,<br />

also auf dem grünen Parkett sicher<br />

zu sein, hat ihm 2011 der Studienkurs, mit<br />

dem der Bauernverband Landvolk Niedersachsen<br />

in seiner von Bernd Tietjen geleiteten<br />

Kaderschmiede talentierte Junglandwirte<br />

auf das Ehrenamt vorbereitet.<br />

An den vor allem in den Wintermonaten<br />

durchgeführten fachlichen Vortragsveranstaltungen<br />

des Arbeitskreises nehmen<br />

immer um 35 bis 60 Junglandwirte teil.<br />

Die Auftaktveranstaltung am 4. November<br />

um 19.30 Uhr in der Stadthalle Uelzen<br />

wird gemeinsam mit den Jungbauernclubs<br />

aus den Nachbarkreisen Lüneburg und<br />

Lüchow-Dannenberg durchgeführt. Rund<br />

150 Personen kommen dann zusammen.<br />

In diesem Herbst dürfte es besonders interessant<br />

werden, denn der neue niedersächsische<br />

Landwirtschaftsminister Christian<br />

Meyer soll seine Politik erläutern.<br />

Grüne Politik<br />

Und mit der Politik des grünen Politikers,<br />

zumindest was dieser seit der Amtsübernahme<br />

nach dem Regierungswechsel<br />

verkündet hat, ist Strampe sehr unzufrieden.<br />

Obwohl selbst kein Biogaserzeuger,<br />

verwundert es ihn schon, wenn von den<br />

Fotos: Preugschat<br />

Vita Jan-Wilhelm Strampe<br />

1982: Silvester in Lüneburg geboren<br />

1989-1993: Grundschule Bad Bevensen<br />

1993-1995: Orientierungsstufe Bad Bevensen<br />

1995-1999: Gymnasialzweig der KGS Bad<br />

Bevensen<br />

1999-2002: Fachgymnasium Agrarwirtschaft<br />

Lüneburg (Allgemeine Hochschulreife)<br />

2002-2003: Berufsbildende Schulen I, Braunschweig<br />

2003-2007: FH Südwestfalen Soest (Diplom-<br />

Ingenieur (FH), Studiengang Agrarwirtschaft)<br />

Mitarbeiter Maik Wilk, ein gelernter<br />

Landwirt, beherrscht Maschinenpark und<br />

Produktionstechnik aus dem Effeff.<br />

Grünen über Jahre gesehen mit Pflanzen<br />

produzierter Ökostrom als das Heilbringende<br />

angesehen und gefordert wird.<br />

Wenn dann zu viel Mais angebaut wird,<br />

2007 bis heute: Betriebsleiter auf dem eigenen<br />

landwirtschaftlichen Betrieb<br />

Praktika:<br />

2002-2003: einjähriges Praktikum auf dem<br />

landwirtschaftlichen Betrieb ABES GbR,<br />

Schwicheldt, Lehrherr: Friedrich Busch<br />

2004: dreimonatiges Praktikum auf der Bear-<br />

Hill-Farm in Alberta/Kanada<br />

2008: sechswöchiges Praktikum in der Getreideabteilung<br />

der Agravis-Raiffeisen AG in<br />

Hannover<br />

Lehrgänge:<br />

2003: einwöchiger Grundlehrgang Schweinehaltung<br />

2007: einwöchiges Rhetorikseminar bei der<br />

Kreisvolkshochschule Uelzen<br />

2010/2011: Studienkurs Niedersachsen des<br />

Landesbauernverbands<br />

Ehrenamt:<br />

2011 bis heute: Ratsmitglied der Gemeinde<br />

Barum<br />

2011 bis heute: Vorsitzender des Arbeitskreises<br />

Junger Landwirte Uelzen<br />

www.dlz-agrarmagazin.de


158<br />

Betriebsspiegel<br />

dlz Leben<br />

Betriebsleiter: Dipl.-Ing. agr. (FH) Jan-<br />

Wilhelm Strampe (30 Jahre)<br />

Arbeitskräfte: 1 Betriebsleiter, 1 landwirtschaftlicher<br />

Mitarbeiter, 0,3 Altenteiler,<br />

0,5 Familienarbeitskraft<br />

Betriebsgröße: 266 ha Streulage (160 ha<br />

Eigentum, 106 ha Pacht), 5 ha Wald, durchschnittliche<br />

Schlaggröße 9 ha<br />

Betriebssystem: Ackerbaubetrieb mit<br />

Schwerpunkt Marktfruchtbau, Lohnarbeiten<br />

in den Bereichen Zuckerrübe und Getreide<br />

Boden: Schluffiger Lehm, durchschnittlich<br />

55 Punkte<br />

Bodenbearbeitung: Mulchsaat zu Zuckerrüben,<br />

Raps und Winterweizen, Pflugsaat<br />

(einmal in drei Jahren) zu Wintergerste<br />

Getreidelagerung: 700 t Lagerbelüftungstrocknung<br />

(Baujahr 1995), 1.800 t Getreidesiloanlage<br />

mit Durchlauftrockner (Baujahr<br />

2013)<br />

Maschinen: 4 John-Deere-Schlepper (75,<br />

110, 145, 180 PS), 1 Holmer-Zuckerrübenroder<br />

(6-reihig), 1 John-Deere-Mähdrescher,<br />

1 Pflug (5 Schar), 3 Lemken-Grubber<br />

(3 m, 3 m, 5 m), 1 Drillmaschine (6 m),<br />

1 Zuckerrübendrillmaschine (12-reihig),<br />

1 John-Deere-Pflanzenschutzspritze<br />

(30 m), 1 Rauch-Mineraldüngerstreuer,<br />

4 Oelkers-Dreiseitenkipper (18 t), 1 Muldenkipper<br />

(18 t), 2 Irrimec-Beregnungsmaschinen<br />

(320, 550 m), 1 Grasmulcher<br />

(3 m), 1 Zinkenrotor (3 m), 1 Hoflader<br />

Beregnungsanlage: 160 ha Betriebsfläche<br />

können beregnet werden. Hierzu dient ein<br />

Tiefbrunnen mit 140 m³/h Förderleistung<br />

Geografische Lage: Lüneburger Heide<br />

Niederschläge: 600 bis 650 mm<br />

Verkehrslage: Durchschnittliche Entfernung<br />

zum Acker 2 km, entfernteste Parzelle 4 km,<br />

Landhandel 10 km, Landmaschinenwerkstatt<br />

9 km<br />

Um in Zukunft noch gezielter am Markt agieren zu können errichtet Strampe zurzeit ein<br />

neues Getreidelager im <strong>Dorf</strong>außenbereich.<br />

Nachhaltige, aber intensive Produktion ist für Diplomgraringenieur Jan-Wilhelm Strampe die<br />

Antwort auf die Ernährungsanforderungen der wachsenden Menschheit.<br />

Foto: Preugschat<br />

werden die Bauern im Regen stehen gelassen.<br />

Dieselbe grüne Klientel beklage<br />

dann die Vermaisung der Landschaft, fordert<br />

mehr Gülle in Biogasanlagen, macht<br />

aber auch wiederum den Viehhaltern das<br />

Leben schwer.<br />

Die von Meyer geforderte Abluftin-stallation<br />

bei Schweineställen beispielsweise betrifft<br />

nach Strampes Auffassung keineswegs<br />

nur Großbetriebe, sondern ganz normale<br />

Familienbetriebe. „Mir tun die Tierhalter<br />

leid, die sich mit viel Geld spezialisiert haben<br />

und nun an den öffentlichen Pranger<br />

gestellt werden“, so der AK-Vorsitzende.<br />

Dazu zählt er auch die wenigen Hähnchenmäster<br />

um Uelzen herum, die nach<br />

medialer Hetze einem Spießrutenlaufen<br />

ausgesetzt sind. Von der Politik mit Forderungen<br />

übergestülpt zu bekommen, das<br />

mag er überhaupt nicht – und die einseitige<br />

Förderung der Ökobetriebe passt ihm<br />

auch nicht.<br />

Gute Lage<br />

Im Verhältnis zu den 1990er-Jahren mit den<br />

miesen Getreidepreisen sei die derzeitige<br />

Lage der Landwirtschaft als gut zu bezeichnen,<br />

meint Strampe. Dass dann auch die<br />

Preise für Pachten und Acker steigen, sei<br />

eine Nebenwirkung, deren Dimension nicht<br />

vorhersehbar gewesen sei. Im Kreis Uelzen<br />

stehe auch bei den Preisen für Neupachten<br />

schon gelegentlich eine Sieben vorn.<br />

Sorgen bereitet ihm die 2015 auslaufende<br />

Zuckermarktordnung, über die derzeit in<br />

Brüssel verhandelt wird. „Von der Zuckerrübe<br />

lebt hier die ganze Region. Nicht nur<br />

die hiesigen Bauern sind betroffen, sondern<br />

auch die zu Nordzucker gehörende Fabrik<br />

im 10 km entfernten Uelzen, bei der in der<br />

Kampagne täglich 20.000 t Rüben verarbeitet<br />

werden – und bei der viele Menschen<br />

ihren Lebensunterhalt verdienen.“<br />

Dörfer erhalten<br />

Hier Arbeitsplätze zu erhalten, sei Aufgabe<br />

der Politik. Die Menschen dürfen nicht in<br />

die Städte abwandern. Entsprechende Rahmenbedingungen<br />

von der Politik bräuchten<br />

Bauern und die der Landwirtschaft vorund<br />

nachgelagerten Bereiche. „Unsere über<br />

Jahrhunderte gewachsenen Dörfer dürfen<br />

nicht sterben. Dazu will ich beitragen“,<br />

sagt Strampe noch und düst mit seinem<br />

Schlepper mit der 30-m-Anhängespritze<br />

zum nächsten Weizenschlag. <br />

<br />

Werner Preugschat<br />

Foto: Preugschat<br />

dlz agrarmagazin ◾ Juni 2013

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