Landesbeilage Thüringen zum DIB 1-2/2008 - Ingenieurkammer ...
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<strong>DIB</strong> THÜRINGEN 1-2 / <strong>2008</strong><br />
In der Vertreterversammlung am<br />
17.11.2005 wurde die Weiterbildungsordnung<br />
mit überwältigender Mehrheit beschlossen<br />
(21 Ja-Stimmen bei 2 Enthaltungen);<br />
sie trat mit der Veröffentlichung<br />
im <strong>DIB</strong> Nr. 1/2 2006 in Kraft. Damit müsste<br />
sie auch allen <strong>Ingenieurkammer</strong>mitgliedern<br />
bekannt sein. Im § 2 wurde für<br />
unsere Mitglieder ein Mindestumfang von<br />
8 Stunden Weiterbildung pro Jahr festgelegt.<br />
Den Nachweis hat jeder gem. § 3<br />
selbst anzuzeigen und zu veröffentlichen.<br />
Dazu wurde im internen Bereich der<br />
Homepage der IKT für jedes Mitglied ein<br />
Weiterbildungskonto eingerichtet, in welches<br />
per Email der Nachweis fortlaufend<br />
eingetragen werden kann. Von einem Ingenieur<br />
kann inzwischen erwartet werden,<br />
dass er sich des Internets bedient. Weiterbildungsversäumnisse<br />
gelten als Verstoß<br />
gegen die Berufspflichten nach § 5 der<br />
Berufsordnung und können vom Vorstand<br />
gerügt oder in einem Ehrenverfahren geahndet<br />
werden. Nach 2 Jahren Gültigkeit<br />
der Ordnung ist es an der Zeit, eine erste<br />
Bilanz zu ziehen (Wehret den Anfängen<br />
von Nachlässigkeit!). Jeder unserer Auftraggeber<br />
hat im Internet im allgemein zugänglichen<br />
Teil der IKT-Homepage Zugriff<br />
<strong>zum</strong> Mitgliederverzeichnis mit dem<br />
Weiterbildungskonto und kann sich daher<br />
eine eigene Meinung <strong>zum</strong> Weiterbildungsniveau<br />
des einzelnen Ingenieurs und der<br />
<strong>Ingenieurkammer</strong> insgesamt bilden. Dieser<br />
erste Eindruck ist erschreckend: Wenn<br />
man davon ausgeht, dass bereits für 2005<br />
die Eintragung gemäß § 3 nachträglich erfolgen<br />
konnte, d.h., dass nun das Konto<br />
für 3 Jahre gefüllt sein sollte, wäre der<br />
Mindestsatz 3 x 8 = 24 Stunden Weiterbildung<br />
je Mitglied für 2005 bis 2007. Eine<br />
Kontrolle der Konten des gesamten<br />
7-köpfigen Vorstandes und aller 26 Vertreterversammlungs-Mitglieder,<br />
sowie eine<br />
Stichprobe der restlichen Mitglieder (jeweils<br />
1. Mitglied im Alphabet mit Prädikat<br />
= Qualifikation BI und/oder BV d.h.<br />
weitere 24 Daten) ergab folgendes Bild<br />
(Stichtag 2.12.07):<br />
1. Vorstand: Nur 6 Ingenieure haben eine<br />
E-Mail-Adresse, und davon haben 4 Ingenieure<br />
(= 57 %) im Weiterbildungskonto<br />
(WK) i.M. je 235 Stunden nachgewiesen,<br />
dabei hat der Vorbildlichste<br />
(Koll. Lencer) 652 Stunden.<br />
2. Vertreterversammlungs-Mitglieder:<br />
9 Ingenieure (= 35 %) haben im WK<br />
Vertreterversammlung<br />
Lebenslanges Lernen. Die Weiterbildungsordnung<br />
der <strong>Ingenieurkammer</strong> <strong>Thüringen</strong> – ein Papiertiger?<br />
i.M. je 65 Stunden Nachweis, Spitzenreiter<br />
ist Koll. Biskop mit 133 Stunden,<br />
einige davon haben noch nicht das Soll<br />
geschafft. Von den restlichen 17 Ingenieuren<br />
gibt es bei dreien keine E-Mail-<br />
Adresse bzw. keine Datensätze <strong>zum</strong><br />
Büro.<br />
3. Von 24 Ingenieuren haben 9 keine<br />
E-Mail-Adresse, und von den restlichen<br />
lediglich 4 (= 17 %) im WK i.M.<br />
43 Stunden angegeben. Spitzenreiter ist<br />
hier Koll. Oberthür mit 135 Stunden,<br />
die anderen 3 haben das Soll noch nicht<br />
vollständig gebracht.<br />
4. Zusammenfassung: 13 von 61 kontrollierten<br />
Ingenieuren (= 21 %) nehmen<br />
wahrscheinlich noch nicht am Internet<br />
teil, und nur 17 (= 28 %) führen ein<br />
Weiterbildungskonto, mit signifikant<br />
sinkender Tendenz je Gruppe entsprechend<br />
ihrer vorauszusetzenden Vorbildhaltung<br />
innerhalb der IKT.<br />
Was ist zu tun?<br />
Wenn man in anderen nahezu gleichermaßen<br />
hoch qualifizierten Berufsgruppen<br />
recherchiert, ergeben sich ähnliche Verfahrensweisen<br />
zur Weiterbildung:<br />
• Die Thüringer Architekten haben in ihrer<br />
Fortbildungsordnung auch ein Soll von<br />
jährlich 8 Stunden, sie haben ihre Testate<br />
bei der Kammer einzureichen. Dort prüft<br />
man die Bescheinigung, auch auf Qualität<br />
der Veranstaltung, und führt eine interne<br />
Liste. Die Sanktionen bei versäumter<br />
Weiterbildung sind den unseren<br />
gleich.<br />
• Ärzte haben ein Punktesystem für den<br />
Weiterbildungsnachweis, den jeder intern<br />
führt und der nach 3 Jahren von der<br />
Landes-Ärztekammer kontrolliert wird.<br />
Verstöße können zur Aberkennung der<br />
Approbation führen.<br />
• Bei den Zahnärzten wird im Punktesystem<br />
nach 4 Jahren durch die Zahnärztekammer<br />
kontrolliert, Verstöße können<br />
die Teilnahme an einem Auffrischungslehrgang<br />
mit Prüfung, ggf. den Verlust<br />
der Zulassung nach sich ziehen.<br />
Der Appell an die Freiwilligkeit zur Weiterbildung<br />
allein reicht offenbar nicht.<br />
Das Prinzip der Freiwilligkeit hat noch in<br />
keiner Gesellschaftsordnung funktioniert.<br />
Im Sozialismus mussten die Bauern nach<br />
damals vorherrschender offizieller Meinung<br />
durch Zwangskollektivierung zu<br />
ihrem Glück in der LPG gezwungen werden.<br />
In der Marktwirtschaft muss der Unternehmer<br />
durch Streik gezwungen werden,<br />
seinen Profit mit dem Arbeitnehmer<br />
<strong>zum</strong>indest minimal, wenn auch immer<br />
noch unangemessen niedrig, zu teilen.<br />
Natürlich kann auch Unkenntnis, Geringschätzung<br />
und Nachlässigkeit bei der Aktualisierung<br />
des Weiterbildungskontos eine<br />
Rolle spielen. Man kann auch den<br />
Standpunkt vertreten, ein Rentner ohne<br />
„BI und/oder BV“, d.h. ohne sog. gefährdende<br />
planerische und/oder beratenden<br />
Tätigkeit, bedarf keines Nachweises; oder<br />
die Lehrtätigkeit eines Dozenten sei Weiterbildung<br />
genug, aber wir sollten immer<br />
an die Wirkung des WK-Systems nach<br />
außen denken. Andere haben sicher nicht<br />
umsonst ihr System intern aufgezogen.<br />
Aber wenn wir schon in die Öffentlichkeit<br />
gehen, dann muss es auch funktionieren.<br />
Ohne Wertung und Kontrolle durch die<br />
Kammer werden wir die Weiterbildungsordnung<br />
wohl nicht realistisch gestalten<br />
können. Aber warum dann erst die Kontrolle<br />
im Nachgang? Das System der AKT<br />
erscheint sinnvoller und zeitsparender. Es<br />
ist zu hoffen, dass das kommende Thüringer<br />
Architekten- und <strong>Ingenieurkammer</strong>gesetz<br />
nicht konträr zur Weiterbildungsordnung<br />
formuliert wird, aber selbst ihre<br />
Überarbeitung/Änderung sollte kein Problem<br />
sein.<br />
Dieser Beitrag soll von unseren Ingenieuren<br />
daher als Erinnerung und letzte Aufforderung<br />
zur Weiterbildung gesehen werden,<br />
verbunden mit einem Appell an die<br />
Vernunft und einen Hinweis auf gesetzlich<br />
festgeschriebene und daher mögliche harte<br />
Konsequenzen, wenn er nicht fruchtet.<br />
Auch die IKT sollte nach 3 oder 4 Jahren<br />
tabula rasa machen, damit die Ordnung<br />
eben gerade kein Papiertiger wird. Es geht<br />
schließlich um unseren guten Ruf als Ingenieure;<br />
der Genius braucht gelegentlich<br />
eine Auffrischung.<br />
Dr.-Ing. Fritz Rath<br />
Mitglied der Vertreterversammlung<br />
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