Die Privatisierung der Bundeswehr - Goethe-Universität
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Wandel <strong>der</strong> <strong>Bundeswehr</strong> in Zeiten überschaubarer Bedrohungen und<br />
klammer Kassen<br />
Seit dem Ende des Kalten Krieges ist die Bereitschaft zur Finanzierung <strong>der</strong><br />
<strong>Bundeswehr</strong> sukzessive zurückgegangen. Neben <strong>der</strong> gesunkenen Gefahr<br />
eines kriegerischen Konflikts hat die chronische Unterfinanzierung <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Haushalte zu einer stetigen Verringerung des Verteidigungsetats<br />
geführt. <strong>Die</strong> <strong>Privatisierung</strong> einzelner <strong>Die</strong>nstleistungen ist aber nicht nur als<br />
Reaktion auf ein verän<strong>der</strong>tes Aufgabenprofil <strong>der</strong> <strong>Bundeswehr</strong> zu begreifen,<br />
son<strong>der</strong>n zugleich auch als Ergebnis einer Kehrtwende im Stile <strong>der</strong> von Helmut<br />
Kohl zu Beginn <strong>der</strong> 1980er-Jahre ausgerufenen „geistig-moralischen Wende“.<br />
Das neoliberale Credo des „schlanken“, mitunter sogar des „magersüchtigen“<br />
Staates hat <strong>der</strong> <strong>Privatisierung</strong> des Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystems<br />
ebenso den Weg geebnet wie dem mit zahlreichen Schließungen<br />
verbundenen (Aus-)Verkauf von Theatern, Schwimmbä<strong>der</strong>n und Museen. 2<br />
Dass die <strong>Privatisierung</strong>sbestrebungen nun auch bei <strong>der</strong> <strong>Bundeswehr</strong> angekommen<br />
sind, verdient auch deshalb eine genauere Betrachtung, weil die<br />
Streitkräfte seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Sommer des<br />
vergangenen Jahres nun auch mit militärischen Kampfmitteln im Inland eingesetzt<br />
werden dürfen. 3 <strong>Die</strong>se Kehrtwende stellt ein absolutes Novum dar und<br />
lässt nicht wenige Beobachter schlussfolgern, dass wir nun in einer an<strong>der</strong>en<br />
Republik lebten. 4<br />
Um eine stärkere finanzielle und logistische Konzentration auf die<br />
„militärische(n) Kernaufgaben“ zu ermöglichen, wurden in den vergangenen<br />
Jahren immer mehr „Serviceaufgaben“ in Verwaltung, Logistik und Betrieb<br />
– auf die 2005 immerhin noch 43 Prozent des Verteidigungshaushaltes entfielen<br />
– an die Privatwirtschaft übertragen. 5 Im Bundeshaushalt 2012 liegt<br />
64<br />
2 Vgl. Tim Engartner (2008): <strong>Privatisierung</strong> und Liberalisierung – Strategien zur Selbstentmachtung<br />
des öffentlichen Sektors, in: Christoph Butterwegge/Bettina Lösch/Ralf Ptak (Hrsg.),<br />
Kritik des Neoliberalismus, Wiesbaden (2. Aufl.), S. 87-133<br />
3 Bundesverfassungsgericht (2012): BVerfG, 2 PBvU 1/11, http:/www.bverfg.de/<br />
entscheidungen/up20120703_2pbvu000111.html (abgerufen am 15.2.2013)<br />
4 Vgl. Heiner Adamski (2012): <strong>Bundeswehr</strong>einsätze im Inland?, in: GWP – Gesellschaft,<br />
Wirtschaft, Politik, 61. Jg., Heft 4, S. 535-542<br />
5 Vgl. Gerd Portugall (2007): <strong>Die</strong> <strong>Bundeswehr</strong> und das <strong>Privatisierung</strong>smodell <strong>der</strong> „Öffentlich-<br />
Privaten-Partnerschaft“ (ÖPP), in: Gregor Richter (Hrsg.): <strong>Die</strong> ökonomische Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong><br />
<strong>Bundeswehr</strong>. Schriftenreihe des Sozialwissenschaftlichen Instituts <strong>der</strong> <strong>Bundeswehr</strong>, Wiesbaden,<br />
S. 141 ff.