Wien Journal 2014 - Vienna
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<strong>Wien</strong>er Kaffeehaus-<br />
Typologie<br />
Einem charmanten Bonmot zufolge ist <strong>Wien</strong> „um einige Kafeehäuser herum gebaut“.<br />
Tatsächlich begegnet man hier allerorten einem Café. Und die Gelegenheiten, sich in<br />
eine dieser Oasen am Rande des Alltags zurückzuziehen, sind überaus vielfältig – wie<br />
diese kleine <strong>Wien</strong>er Kaffeehaus-Typologie verdeutlicht.<br />
Das RINGstraSSencafé<br />
Für Fans von Retro-Design gilt das Café Prückel als eine der<br />
ersten Adressen. Schließlich bietet seine Ausstattung alles, was<br />
die „wilden 50er“ ausmacht – von der perforierten Leselampe<br />
in Spitzkegelform bis zur nüchternen „Bahnhofsuhr“ über dem<br />
Eingang. Geschaffen wurde dieses Interieur 1954 von Oswald<br />
Haerdtl. Als Kontrapunkt zum „schwülstigen“ Ringstraßenstil,<br />
in dem das Kaffeehaus 1903 gegründet wurde. Heute bietet das<br />
Prückel neben Design-Erlebnissen und kulinarischen Hochgenüssen<br />
auch drei Mal die Woche Live-Musik vom Piano sowie<br />
in der Souterrain-Bühne Konzerte, Poetry-Slams und Kino.<br />
1., Stubenring 24 / Luegerplatz<br />
Tradition,<br />
bestens erhalten<br />
Wenn am Sonntagnachmittag der Piano-Spieler Beschwingtes zum Besten gibt,<br />
ist das Café Sperl zum Bersten voll. Besser, man genießt das Original-Ambiente<br />
der <strong>Wien</strong>er „Gründerzeit“ aus 1880 wochentags: Riesenfenster, Holzvertäfelung,<br />
Logen-Bezüge mit dem Backhausen-Muster von einst, typische Kaffeehausstühle,<br />
Tische mit Marmorplatte, ausladende Luster, große Spiegel und<br />
Billardtische. Unverfälschte <strong>Wien</strong>er Kaffeehauskultur, die das Sperl seit jeher<br />
zum Anziehungspunkt für Künstler aller Genres und heute zur begehrten Film-<br />
Location macht (u.a. für Cronenbergs Psychoanalyse-Drama „Eine dunkle Begierde“).<br />
6., Gumpendorfer Straße 11<br />
Das<br />
Vorstadtcafé<br />
Vorstadtcafés sind für die <strong>Wien</strong>er eine Art verlängertes Wohnzimmer.<br />
Und passionierte Kaffeehaus-Besucher sind hier angeblich<br />
lieber als daheim. Das Café Florianihof ist ein gediegenes<br />
Beispiel für diesen Kaffeehaustyp: Mitten in der gutbürgerlichen<br />
Josefstadt punktet es mit hellen Räumen, weißen Tischtüchern<br />
im Speisebereich, einem entspannenden Schanigarten und einer<br />
„kleinen“ Karte, die mehr kennt als die üblichen Kaffeehausgerichte:<br />
Ziegenkäse-Ravioli etwa oder Truthahn-Krautfleisch.<br />
Und das Gratis-WLAN sorgt für ein Nebeneinander von Surfern<br />
und Zeitungslesern. 8., Florianigasse 45<br />
Die Legende<br />
Café Central – schon der Name weckt vielfältige Assoziationen<br />
zur <strong>Wien</strong>er Kaffeehauskultur. Das ist bei Legenden so. Diese<br />
hier nahm ihren Ursprung um 1900, als das Central zu „dem“<br />
Künstlertreff seiner Zeit wurde: Hugo von Hofmannsthal und<br />
Adolf Loos gingen hier ein und aus. Und der Literat Peter Altenberg<br />
begrüßt heute noch als lebensgroße Skulptur die Gäste im<br />
Neorenaissance-Ambiente des Palais’ Ferstel mit seinen Säulen<br />
und Spitzbögen. Tägliche Klaviermusik (17–22 Uhr) verführt zu<br />
nostalgischen Träumen und erhöht den Genuss der exzellenten<br />
Patisserie. 1., Herrengasse / Strauchgasse