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als PDF herunterladen - Unsere schöne Gemeinde Quarnbek

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8 CHRONIK<br />

Auf Spurensuche – Anmerkungen zum Desmercières-Sarkophag in Flemhude<br />

Schon im Zusammenhang mit der Sanierung des Gruftanbaus<br />

und der Restaurierung des Sarkophags drängte sich mir<br />

die Frage auf, wo und von wem der kunstvolle Marmorsarkophag<br />

für Jean Henri Desmercières gearbeitet worden ist<br />

(vgl. „<strong>Unsere</strong> <strong>schöne</strong> <strong>Gemeinde</strong> <strong>Quarnbek</strong>“, Ausgabe 28,<br />

2010, S.14-16). Weil es in dem engen Raum der Gruft technisch<br />

nicht möglich war, den schweren Deckel anzuheben,<br />

um eventuell ein Steinmetzzeichen oder ein Bildhauersignet<br />

zu finden, auch die Totenruhe nicht gestört werden sollte, gab<br />

die Arbeit des Restaurators Roland Hooss keine Hinweise auf<br />

die Herkunft des Sarkophags.<br />

Deshalb fragte ich bei der Reformierten Kirche in Kopen -<br />

hagen an, ob es dort einen Aktenbestand aus der Zeit Desmercières<br />

gäbe, der weiterführen könnte. Leider ist nach<br />

Auskunft von Jan Janssen, historischer Berater der Kirchengemeinde,<br />

nach über 200 Jahren nichts mehr vorhanden. So<br />

blieb nur die Hoffnung, in dem Testament Desmercières aus<br />

dem Jahre 1777 etwas zur Errichtung der Flemhuder Gruft<br />

und der Schaffung des Sarkophags zu finden.<br />

Das Kirchenarchiv in Kiel verwies auf das Landesarchiv in<br />

Schleswig, wo das in französischer Sprache abgefasste Tes -<br />

tament aufbewahrt wird. Dr. Karsten Dölger übernahm dankenswerterweise<br />

im Frühjahr 2013 die mühsame Übersetzung<br />

des Textes. Doch meine Frage nach der Herkunft des<br />

Sarkophags blieb auch diesmal ohne Antwort. Unter Punkt<br />

37 wurde von Desmercières schlicht verfügt: „Ich wünsche<br />

ohne jede Zeremonie beerdigt zu werden. Mein Körper möge<br />

in mein Gut <strong>Quarnbek</strong> überführt werden, um in der Kirche<br />

von Flemhude bestattet zu werden.“<br />

Desmercières verstarb am 15. März 1778 in Kopenhagen,<br />

dort zunächst in der französisch-reformierten Kirche in Kopenhagen<br />

beigesetzt. Am 26. Juni 1779 wurde der Leichnam<br />

laut Flemhuder Sterberegister in der Gruft beigesetzt, allerdings<br />

doch nicht „ohne jede Zeremonie“, sondern unter großer<br />

Anteilnahme auch von Würdenträgern und Gutsbesitzern.<br />

Die Art der Beisetzung in einem Gruftanbau und in einem<br />

freistehenden Sarkophag hebt die Bedeutung Desmercières<br />

auch für die Nachwelt hervor. In seinem Testament schreibt<br />

er zwar von einer Bestattung in der Flemhuder Kirche – auch<br />

das wäre ein Privileg gewesen. Bestattungen in der Kirche,<br />

damit nahe bei den Lebenden, galten lange Zeit <strong>als</strong> etwas Besonderes,<br />

zumal wenn der Platz in der Nähe des Altars oder<br />

einer Reliquie lag, von deren Heiligkeit etwas auf den Toten<br />

ausstrahlte. In der Flemhuder Kirche gab es lange Zeit ebenfalls<br />

solche Bestattungen unter dem Kirchenfußboden, belegt<br />

nicht nur durch schriftliche Quellen, sondern z.B. sichtbar<br />

geworden bei der Renovierung 1962.<br />

Öffnung im Kirchenfußboden während der Renovierungsarbeiten<br />

1962 mit Blick auf einen der Särge<br />

Blick auf den mächtigen Marmorsarkophag in der Gruft an der<br />

Ostwand der Flemhuder Kirche<br />

Die Bestattungskultur war ursprünglich ganz und gar christlich<br />

geprägt. Erdbestattungen waren im Sinne der Auferstehungshoffnung<br />

des ganzen Menschen die Regel, im Allgemeinen<br />

auf den Friedhöfen direkt um die Kirche herum, wie<br />

auch im Flemhuder Kirchhof. Üblich war für weniger finanzkräftige<br />

Bevölkerungsgruppen durchaus eine Beisetzung<br />

in Leinentüchern, und wie heute auch noch, gab es diese<br />

Gräber nicht „auf ewig“, sondern mit begrenzten Liegezeiten.<br />

Anfang des 19. Jahrhunderts wurden viele der Begräbnisplätze,<br />

nicht nur aus Platzmangel sondern auch aus<br />

hygienischen Gründen, an die Siedlungsränder verlegt und<br />

eine Sargpflicht verordnet. Feuerbestattungen wurden erst<br />

Ende des 19. Jahrhunderts (wieder) eingeführt.<br />

Särge aus Stein waren hingegen stets auf Dauer angelegt und<br />

repräsentativ, zumal wenn sie freistehend in Grabkapellen,<br />

Grüften oder Mausoleen aufgestellt wurden. Ursprünglich<br />

stand das nur hohen kirchlichen und weltlichen Würdenträgern<br />

zu, später machten auch Adelige und schließlich wohlhabende<br />

Bürger davon Gebrauch.<br />

Die künstlerische Gestaltung der Sarkophage orientiert sich<br />

naheliegender Weise an Zeitströmungen. Der Desmercières-<br />

Sarkophag ist entsprechend seiner Entstehungszeit dem<br />

Klassizismus zuzurechnen. Diese Kunstrichtung löste durch

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