O K T O B E R a u ssT E llu n g 2 0 1 3 - Kovacek & Zetter
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Friedrich Gauermann wurde in Miesenbach im niederösterreichischen Voralpenland geboren und erhielt,<br />
wie sein älterer Bruder Carl, die ersten künstlerischen Unterweisungen durch seinen Vater Jakob Gauermann,<br />
der seit 1818 Kammermaler Erzherzog Johanns war. Entscheidend wurde für Friedrich die väterliche<br />
Anleitung zum gewissenhaften Zeichnen nach der Natur. So besuchte er von 1824 bis 1827 die Landschaftsschule<br />
der Wiener Akademie unter Josef Mössmer und beschäftigte sich außerdem (zeitlebens)<br />
intensiv mit der Malerei der Alten Meister, insbesondere mit den holländischen Tier- und Landschaftsdarste<strong>llu</strong>ngen<br />
des 17. Jahrhunderts. Es folgten ausgedehnte jährliche Wanderungen in den österreichischen<br />
Alpen. Außerdem reiste der weltoffene und gesellige Künstler 1827 nach Dresden, mehrere Male nach<br />
München und 1838 sowie 1843 nach Venedig. 1836, bereits Mitglied der Wiener Akademie, avancierte<br />
Gauermann zu einem der bedeutendsten und erfolgreichsten Tier- und Landschaftsmaler seiner Zeit, dessen<br />
Werke auch international von den höchsten Bürger- und Adelskreisen gefeiert und gesammelt wurden.<br />
In der Zeit des Vormärz war der theater- und musikbegeisterte Maler mit zahlreichen Künstlern und<br />
Literaten – u. a. mit Waldmüller, Nestroy, Raimund und Schubert – bekannt; nach 1848 zog er sich zunehmend<br />
von Wien nach Miesenbach zurück. Gerade in diesen Jahren erlebten seine Bilder durch neuartige<br />
Reproduktionsverfahren wie dem Öldruck oder der Chromolithografie eine enorme Popularisierung und<br />
Breitenwirkung. Friedrich Gauermann gilt als Bahnbrecher des österreichischen Landschaftsnaturalismus<br />
und zählt auch heute – neben Ferdinand Georg Waldmüller – zu den international bedeutenden Malern<br />
des österreichischen Biedermeier.<br />
Seit seinen ersten malerischen Versuchen in den 1820er Jahren schuf Friedrich Gauermann „nach der<br />
Natur“ eine große Anzahl an Ölskizzen und -studien. Dieses Oeuvre, von dem sich der Künstler zeitlebens<br />
nie trennte, war für ihn wichtiger Arbeitsbehelf und bildete die Grundlage für viele seiner detailreich<br />
ausgeführten Hauptwerke. Die beeindruckende Qualität und der künstlerische Wert der Studien, auf die<br />
Kenner und Sammler erst durch die Nachlassauktion 1863 aufmerksam wurden, waren nur wenigen seiner<br />
Zeitgenossen bekannt. Eine besondere Bedeutung in Friedrich Gauermanns Werk besitzt neben rasch<br />
konzipierten Darste<strong>llu</strong>ngen von Wild- und Haustieren die Erfassung von Menschen aus seiner ländlichen<br />
Umgebung, die der Künstler wie kein zweiter hervorragend zu charakterisieren und wiederzugeben imstande<br />
war.<br />
4<br />
Friedrich Gauermann<br />
(Miesenbach 1807–1862 Wien)<br />
Bauer mit Pfeife<br />
um 1835<br />
Öl auf Papier auf Leinwand<br />
29,5 x 18,5 cm<br />
Provenienz: Sammlung Liechtenstein, Vaduz;<br />
Privatbesitz Österreich<br />
Literatur: Vgl.: Wolfgang Krug, Friedrich<br />
Gauermann 1807–1862. Aus der Sammlung<br />
des Niederösterreichischen Landesmuseums,<br />
Wien – München 2001;<br />
Ulrike Jenni, Friedrich Gauermann. Ölskizzen<br />
und Zeichnungen im Kupferstichkabinett der<br />
Akademie der bildenden Künste Wien,<br />
Graz 1987;<br />
Rupert Feuchtmüller, Friedrich Gauermann,<br />
Rosenheim 1987, S. 140, 148, 156<br />
Ein besonders schönes Beispiel für seine Figurenbilder stellt nebenstehende, wahrscheinlich im salzburgischbayrischen<br />
Raum entstandene Studie eines sitzenden Bauern dar, eine Arbeit, die der Künstler mit rascher<br />
und virtuoser Pinselhandschrift direkt vor dem Modell anfertigte. Beeindruckend kontrastiert Gauermann<br />
das weiß aufblitzende Leinenhemd in seinem markanten Faltenwurf mit dem grau und braun nuancierten<br />
Wams, den Hosen und den Stiefeln, die in ihrer festen und glatten ledernen Textur hervorragend beobachtet<br />
sind. Unter einem breitkrempigen, schattenwerfenden Hut ist die verwitterte Physiognomie des alten,<br />
seine Pfeife genießenden Bauern mit großartiger Detailgenauigkeit festgehalten. Besonders reizvoll ist der<br />
Gegensatz zwischen der fein und mit pointierter Lichtführung plastisch charakterisierten Figur und dem<br />
indifferenten Hintergrund gestaltet, der nur aus einem zügigen Vibrato aus deckenden und lasierenden<br />
braunen Pinselzügen angedeutet ist. Die große Unmittelbarkeit des Gesehenen und die malerische Meisterschaft<br />
dieser höchst qualitätsvollen ländlichen Figurenstudie vermag auch den heutigen Betrachter mindestens<br />
so zu faszinieren wie Friedrich Gauermanns „fertig“ durchgestaltete, großformatige Salonbilder.