Schwerhörige - Netzwerk - Pflege und Versorgungsforschung
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Hören · Verstehen · Engagieren<br />
Deutscher <strong>Schwerhörige</strong>nb<strong>und</strong><br />
Landesverband Niedersachsen e.V.
Was bedeutet<br />
Schwerhörigkeit?<br />
Informationen über Bedürfnisse bei Teilhabe <strong>und</strong><br />
Versorgung einer vergessenen Bevölkerungsgruppe<br />
Referent: Dipl.-Ing. Rolf Erdmann<br />
Landesverbandsvorsitzender<br />
Deutscher <strong>Schwerhörige</strong>nb<strong>und</strong><br />
Landesverband Niedersachsen e.V.
Danke für die<br />
heutige<br />
Einladung!
Zunächst stelle ich mich vor:<br />
Mein Name ist Rolf Erdmann<br />
Ich bin beidseitig taub, kann aber mit 2 Cochlea<br />
Implantaten recht gut kommunizieren<br />
Seit 30 Jahren bin ich ehrenamtlich engagiert in der<br />
Hörgeschädigtenarbeit, unter anderem:<br />
• Vorsitzender des DSB-Landesverbandes Nds.<br />
• Leiter des DSB-Referats TECHNIK auf B<strong>und</strong>esebene<br />
• Mitglied der Regions-Arbeitsgruppe „Barrierefreies<br />
Krankenhaus Siloah“<br />
• Sprecher der Hörgeschädigten-SHG an der VHS<br />
Hannover
Inhalt meines Vortrages:<br />
• Gr<strong>und</strong>sätzliches zur Schwerhörigkeit,<br />
• Ursachen von Hörschäden,<br />
• Anzahl <strong>und</strong> Arten der Hörgeschädigten,<br />
• Verständigungsprobleme <strong>und</strong> Folgen,<br />
• Teilhabe in der Gesellschaft,<br />
• Versorgung mit Hörhilfen.
In der Gesellschaft wird das<br />
Thema Schwerhörigkeit<br />
ignoriert <strong>und</strong> sogar tabuisiert.<br />
Wie kommt das?<br />
Hauptsächliche Ursache sind<br />
falsche Vorstellungen über<br />
Schwerhörigkeit!
Warum ist es für Guthörende so schwer,<br />
sich Schwerhörigkeit vorzustellen?<br />
• Schwerhörigkeit ist unsichtbar.<br />
• Schwerhörigkeit kann nicht nachempf<strong>und</strong>en<br />
werden, wie etwa<br />
Blindheit.<br />
• Schwerhörigkeit ist schmerzfrei, die<br />
Betroffenen schreien nicht.<br />
• Schwerhörigkeit entwickelt sich meist<br />
schleichend über Jahre hinweg.
Warum ist es für Guthörende so schwer,<br />
sich Schwerhörigkeit vorzustellen?<br />
• Gutes Hören wird als etwas absolut<br />
Selbstverständliches angesehen.<br />
• Die Wichtigkeit des Hörens wird vielen<br />
Menschen erst dann klar, wenn sie<br />
selbst von einer Einschränkung<br />
betroffen sind.<br />
• Die Gesellschaft weiß zu wenig über<br />
Schwerhörigkeit <strong>und</strong> deren Folgen.
Wie hören schwerhörige<br />
<strong>und</strong> von Tinnitus<br />
betroffene Menschen?
Wie hören schwerhörige <strong>und</strong> von Tinnitus betroffene Menschen?<br />
Hier gibt es meist<br />
völlig unzutreffende<br />
Vorstellungen.<br />
Auch Experten haben hier oft<br />
total falsche Auffassungen.
Wie hören schwerhörige <strong>und</strong> von Tinnitus betroffene Menschen?<br />
Wie klingt Sprache bei<br />
Schwerhörigkeit?<br />
Eine Simulierung der<br />
Hochtonschwerhörigkeit mit<br />
Klangdarstellung auf einer CD wird<br />
nach der Mittagspause vorgeführt.
Wie hören schwerhörige <strong>und</strong> von Tinnitus betroffene Menschen?<br />
Zusätzlich leiden<br />
die meisten <strong>Schwerhörige</strong>n<br />
(etwa 60 %!) unter<br />
Ohrgeräuschen. Daher werde ich<br />
hierzu einige Geräuschbeispiele<br />
vorführen.
Wie hören schwerhörige <strong>und</strong> von Tinnitus betroffene Menschen?<br />
Ohrgeräusche<br />
(Fachwort: Tinnitus)<br />
sind ebenfalls eine für<br />
Guthörende<br />
nur schwer<br />
nachzuvollziehende<br />
Erscheinung.
Wie klingt Tinnitus?
Wie hören schwerhörige <strong>und</strong> von Tinnitus betroffene Menschen?<br />
Erläuterungen zu Tinnitus<br />
Ohrgeräusche können extrem lästig<br />
<strong>und</strong> bedrohlich für die Betroffenen<br />
sein, insbesondere wenn Lautstärke<br />
<strong>und</strong> Klang wechselhaft sind.<br />
Sie können Auslöser von<br />
Verzweiflung <strong>und</strong> sogar<br />
Suizid-Absichten sein.
Wie hören schwerhörige <strong>und</strong> von Tinnitus betroffene Menschen?<br />
Bei Schwerhörigkeit<br />
UND Ohrgeräuschen<br />
wird das Verstehen <strong>und</strong> damit<br />
die Kommunikation äußerst<br />
stark beeinträchtigt.
Neben der<br />
Kommunikationsfunktion<br />
gibt es weitere<br />
Aufgabenstellungen des Gehörs<br />
wie die Alarmierungs-, die<br />
Orientierungs- <strong>und</strong> die<br />
Diagnose-Funktion.
Die wichtigste Funktion<br />
ist die<br />
Kommunikationsfunktion.<br />
Spracherwerb <strong>und</strong><br />
soziale Entwicklung sind<br />
eng mit dem Gehör verknüpft.
Alle Gehörfunktionen sind<br />
Träger von Botschaften <strong>und</strong><br />
können von hörgeschädigten<br />
Menschen nicht genutzt werden.<br />
So fehlen ihnen<br />
viele wichtige Hinweise<br />
über die Umwelt wie auch<br />
über ihre Mitmenschen.
Die fehlenden Gehör-Funktionen<br />
müssen mit Ersatz-Mechanismen<br />
kompensiert werden.<br />
Dies kostet den Hörgeschädigten<br />
viel psychische wie auch<br />
physische Kraft.
Verständigungsprobleme bei<br />
Hörbeeinträchtigungen<br />
Auswirkungen der<br />
Schwerhörigkeit auf die<br />
Kommunikation
sind ein großes Problem<br />
für schwerhörige<br />
Menschen!<br />
Eine visuelle Darstellung
So versteht ein Normalhörender bei<br />
starken Nebengeräuschen:
Ein Guthörender hat mit<br />
Nebengeräuschen kaum Probleme.<br />
Sogar bei großem Lärm,<br />
z.B. im Straßenverkehr<br />
oder bei Partys,<br />
kann er verstehen.
Beim<br />
mittelgradig <strong>Schwerhörige</strong>n<br />
sieht es bei wenig Nebengeräuschen so<br />
aus:
Und bei starken<br />
Nebengeräuschen:
Nun zum hochgradig<br />
<strong>Schwerhörige</strong>n, zunächst bei<br />
geringen Nebengeräuschen:
ei mittleren Nebengeräuschen:
Und nun bei starken<br />
Nebengeräuschen:
Hier wird deutlich:<br />
Nebengeräusche<br />
sind für hochgradig<br />
<strong>Schwerhörige</strong> Gift!<br />
Bereits bei mittleren<br />
Nebengeräuschen können sie<br />
nichts mehr verstehen!
Bei Schwerhörigkeit kann man<br />
wichtige Nuancen nicht mehr<br />
hören…<br />
…die durch<br />
Tonfall, Sprachmelodie <strong>und</strong><br />
Betonung<br />
sehr verschiedene Emotionen<br />
auszudrücken vermögen wie<br />
z.B.
Sympathie, Freude,<br />
Überraschung,<br />
Antipathie, Ärger. Zweifel,<br />
Skepsis,<br />
Trauer, Mitleid, Ironie oder<br />
Spott.
Ein einzeln gesprochenes<br />
„JA“<br />
kann - je nach Betonung <strong>und</strong> Klang -<br />
bedeuten<br />
eine Bejahung,<br />
eine Frage,<br />
oder sogar eine Verneinung.<br />
Diese Unterschiede können<br />
<strong>Schwerhörige</strong> aber nicht wahrnehmen.
Wenn ein <strong>Schwerhörige</strong>r die Silbe<br />
„ein“ hört, kann folgendes gesagt<br />
• B ein<br />
• d ein<br />
• f ein<br />
• H ein (bzw. Hain)<br />
• k ein<br />
• kl ein<br />
• m ein<br />
• n ein<br />
worden sein:<br />
• P ein<br />
• r ein (bzw. Rain)<br />
• Sch ein<br />
• Schr ein<br />
• Schw ein<br />
• s ein<br />
• St ein<br />
• W ein<br />
oder auch nur ein
Sie sehen:<br />
Der erste Konsonant<br />
kann entscheidend<br />
für das richtige Verstehen<br />
eines Wortes sein!
Daher kann der <strong>Schwerhörige</strong><br />
den Sinn des Gesagten<br />
oft nur durch<br />
Kombinieren<br />
erschließen.
Er muss<br />
nachdenken<br />
<strong>und</strong> braucht dafür vor allem<br />
Zeit!
Daher ist Sprachverstehen<br />
für <strong>Schwerhörige</strong><br />
Schwerstarbeit!<br />
Sie brauchen deshalb<br />
Zeit !!<br />
Daher:<br />
Bitte L-A-N-G-S-A-M sprechen!
Ein Beispiel:<br />
Bitte versuchen Sie zu erraten,<br />
was dieser Satz wohl bedeutet:
Zur Erleichterung sehen Sie hier<br />
die fehlenden Puzzleteile:
Hier sehen Sie den gesamten<br />
Satz:<br />
Gutes Hören<br />
ist wie gutes<br />
Sehen.
Die Anzahl <strong>und</strong> Arten<br />
hörgeschädigter Menschen in<br />
Deutschland
Anzahl <strong>und</strong> Arten hörgeschädigter Menschen<br />
In Deutschland leben etwa<br />
13,3 Millionen<br />
hörgeschädigte Menschen!<br />
(gemäß SOHN-Studie 1999)<br />
Hiervon sind etwa<br />
7,5 Millionen Menschen<br />
im Seniorenalter über 60 Jahren!
Anzahl <strong>und</strong> Arten hörgeschädigter Menschen<br />
Diese Zahlen haben durch die weiterhin<br />
wachsende Lärmbelastung<br />
in Freizeit <strong>und</strong> Beruf<br />
eine<br />
stark zunehmende Tendenz.
Anzahl <strong>und</strong> Arten hörgeschädigter Menschen<br />
Sie sehen:<br />
Hörgeschädigte Menschen<br />
sind keine<br />
vernachlässigbare kleine<br />
Randgruppe -<br />
es handelt sich im Gegenteil um eine der<br />
größten Behindertengruppen<br />
überhaupt!
Anzahl <strong>und</strong> Arten hörgeschädigter Menschen<br />
Die unterschiedlichen Arten<br />
der Hörgeschädigten<br />
<strong>Schwerhörige</strong><br />
Menschen<br />
über 13 Millionen Personen<br />
in Deutschland, 98% aller<br />
Hörgeschädigten
Anzahl <strong>und</strong> Arten hörgeschädigter Menschen<br />
Die unterschiedlichen Arten<br />
der Hörgeschädigten<br />
Spätertaubte Menschen<br />
200.000 Personen in<br />
Deutschland, ca. 1% aller<br />
Hörgeschädigten
Anzahl <strong>und</strong> Arten hörgeschädigter Menschen<br />
Die unterschiedlichen Arten<br />
der Hörgeschädigten<br />
Cochlea-Implant-Träger<br />
über 30.000 Personen wurden in<br />
Deutschland seit 1985 operiert.<br />
Diese drei Hörgeschädigten-Gruppen leben in der<br />
hörenden Umwelt <strong>und</strong> sprechen normal.
Anzahl <strong>und</strong> Arten hörgeschädigter Menschen<br />
Die unterschiedlichen Arten<br />
der Hörgeschädigten<br />
Gehörlose Menschen<br />
etwa 80.000 Personen in Deutschland,<br />
unter 1% aller Hörgeschädigten<br />
kommunizieren mit Gebärden, werden<br />
deshalb öffentlich stark wahrgenommen.
Anzahl <strong>und</strong> Arten hörgeschädigter Menschen<br />
Bevölkerungsanteile der <strong>Schwerhörige</strong>n:<br />
unter 30 Jahre alt: ca. 3%<br />
30 bis 50 Jahre alt: ca. 11%<br />
50 bis 60 Jahre alt: ca. 25%<br />
60 bis 70 Jahre alt: ca. 37%<br />
über 70 Jahre alt: ca. 54%!
Schwerhörigkeit in Deutschland<br />
geordnet nach Altersgruppen
Es gibt verschiedene Arten von Schwerhörigkeit:<br />
Schallleitungsschwerhörigkeit<br />
(auch Mittelohrschwerhörigkeit genannt)<br />
wird durch (meist operationsfähige)<br />
Erkrankungen im Mittelohr<br />
verursacht.<br />
Man hört mit dieser selteneren Form der<br />
Schwerhörigkeit alle Frequenzen leiser.
Dies kann man sich bildlich so<br />
vorstellen:
Es gibt verschiedene Arten von Schwerhörigkeit:<br />
Schallempfindungsschwerhörigkeit<br />
(auch Innenohrschwerhörigkeit genannt)<br />
tritt wesentlich häufiger auf <strong>und</strong> wird<br />
durch nicht behandelbare<br />
Erkrankungen im Innenohr<br />
verursacht.
Es gibt verschiedene Arten von Schwerhörigkeit:<br />
Bei Schallempfindungs-<br />
Schwerhörigkeit werden<br />
manche Frequenzen leiser<br />
oder auch gar nicht gehört.<br />
Hilfestellung bieten nur<br />
technische Hörhilfen.
Bei Schallempfindungs-<br />
Schwerhörigkeit hört man...<br />
… aus hohen Frequenzen<br />
bestehende Konsonanten<br />
gar nicht oder<br />
sehr schlecht,<br />
z.B. s, sch, ch, f, p, g, k, v, z, tz, t.<br />
Das erschwert enorm das<br />
Sprachverstehen.
Es ist wichtig zu wissen, dass die<br />
hohen Frequenzen, die das Innenohr nicht<br />
mehr wahrnehmen kann, auch mit<br />
den besten Hörgeräten<br />
nicht wieder gehört werden können.<br />
Sie fehlen dann beim Sprachverstehen.
Bildlich sieht das etwa so aus:
Man kann sich das Innenohr<br />
auch als Klavier vorstellen.<br />
Dann besitzt ein Guthörender<br />
sozusagen alle „Klaviertasten“.
Dagegen fehlen dem<br />
<strong>Schwerhörige</strong>n einige<br />
„Klaviertasten“.<br />
Er kann<br />
manche Frequenzen<br />
überhaupt nicht<br />
wahrnehmen!
Folgen von<br />
Schwerhörigkeit<br />
oder<br />
Ertaubung
Zitat eines Betroffenen<br />
„Es ist Schwerstarbeit, wissen Sie, als<br />
Hörgeschädigter, mit jemandem zu reden. Ich<br />
versuche dauernd zu hören, was Sie sagen; man<br />
kann sich mit jemand einfach nicht entspannt<br />
unterhalten, wenn man auf der Stuhlkante sitzt,<br />
lauert, horcht <strong>und</strong> dauernd denkt: ‚Hab ich das<br />
alles richtig verstanden?‘ oder ‚Entschuldigung,<br />
was haben Sie gesagt?‘ Das ist eine reine<br />
Schinderei, am Ende denkt man: ‚Oh verflucht, ich<br />
möchte allein sein <strong>und</strong> wieder zu Atem kommen.‘ “<br />
JONES
Schwerhörigkeit<br />
bedeutet<br />
in jedem Lebensalter<br />
Verlust an<br />
menschlicher Nähe.
Die Folgen einer Hörschädigung können sein:<br />
kaum spürbare Beeinträchtigungen<br />
in der Lebensweise<br />
bis hin zur<br />
ernsten Lebenskrise mit Suizid-<br />
Absichten.
Ein wichtiges<br />
Unterscheidungsmerkmal ist<br />
das Alter, in dem die<br />
Schwerhörigkeit erstmals<br />
auftritt.
Frühschwerhörige Menschen<br />
haben meist nur<br />
geringfügige Probleme<br />
mit der<br />
Annahme der Behinderung.<br />
Sie kennen das Leben nur mit<br />
Schwerhörigkeit <strong>und</strong> vermissen daher<br />
nicht die Fähigkeit, gut hören zu können.
Dagegen erleben Menschen, die als<br />
Erwachsene oder als Senioren<br />
schwerhörig werden oder ertauben,<br />
einen krassen,<br />
oft äußerst schmerzhaften<br />
Bruch in der Lebensplanung.
Die bisher im Leben verwendete<br />
Kommunikationsform<br />
funktioniert nur noch<br />
unvollkommen.
Das führt zu<br />
erheblicher Verunsicherung<br />
<strong>und</strong> nicht selten zu<br />
großen Ängsten<br />
vor sozialen Kontakten.
Die Empfindung einer<br />
Einschränkung der<br />
Handlungsfähigkeit in<br />
Gesprächen<br />
ist für einen Hörgeschädigten<br />
allgegenwärtig.
Zudem lässt im Alter die Lernfähigkeit nach.<br />
Hilfsmöglichkeiten wie<br />
M<strong>und</strong>absehen,<br />
Verwendung von Gebärden<br />
oder die<br />
Nutzung von technischen<br />
Zusatzgeräten<br />
können manchmal nur noch<br />
vermindert genutzt werden.
Schwerhörigkeit führt zu<br />
Vertrauensstörungen –<br />
sowohl beim hörgeschädigten<br />
Menschen als auch bei seinem<br />
gut hörenden<br />
Gesprächspartner.
Vertrauensstörung durch Schwerhörigkeit<br />
Vertrauen ist ein sehr wichtiger<br />
Faktor in unserem Leben.<br />
Bei hörgeschädigten Menschen ist<br />
das Vertrauensverhältnis zur<br />
Umwelt fast immer gestört.
Vertrauensstörung durch Schwerhörigkeit<br />
Das Gespräch wird belastet durch<br />
die Unsicherheit auf Seiten des<br />
Hörgeschädigten, richtig<br />
verstanden zu haben <strong>und</strong><br />
angemessen zu reagieren.
Vertrauensstörung durch Schwerhörigkeit<br />
Diese Unsicherheit ist natürlich<br />
auch beim guthörenden<br />
Gesprächspartner vorhanden:<br />
"Hat sie/ er mich auch richtig<br />
verstanden?"
Vertrauensstörung durch Schwerhörigkeit<br />
Dies führt oft dazu, dass sich beim<br />
Hörgeschädigten Misstrauen,<br />
Verletzbarkeit <strong>und</strong> Ungeduld<br />
entwickeln <strong>und</strong> das<br />
Selbstbewusstsein verloren geht.<br />
Folge sind Rückzug <strong>und</strong><br />
Selbst-Isolierung des Betroffenen.
Rückzug auch wegen deprimierender<br />
Erfahrungen im Gespräch:<br />
• trotz mehrfacher Hinweise wird<br />
schnell, unverständlich <strong>und</strong><br />
leise gesprochen.<br />
• oft besteht wenig Bereitschaft<br />
zum Wiederholen bei<br />
Nichtverstehen.
Vertrauensstörung durch Schwerhörigkeit<br />
Und: guthörende Menschen<br />
gehen Gesprächen mit<br />
Hörgeschädigten möglichst<br />
aus dem Wege <strong>und</strong> sagen<br />
nur das Allernotwendigste.
Oft wird Hörgeschädigten als<br />
Trost gesagt:<br />
„Es ist doch nicht so<br />
schlimm, wenn Sie nicht<br />
alles verstehen. Es wird<br />
meist Unsinn geredet."
Das mag ja stimmen.<br />
Bei dieser Betrachtungsweise wird<br />
der <strong>Schwerhörige</strong> jedoch<br />
entmündigt<br />
<strong>und</strong> fremdbestimmt,<br />
was oft als sehr entwürdigend<br />
empf<strong>und</strong>en wird.
Nicht selten sind behinderte<br />
Menschen im Beruf, aber auch<br />
sonst, bevorzugte<br />
Opfer gezielten Mobbings.<br />
Weil sie sich schlecht wehren können,<br />
werden besonders oft<br />
Hörgeschädigte gemobbt.
Hörgeschädigte sind ständig auf den<br />
guten Willen ihrer<br />
Gesprächspartner<br />
angewiesen, dass sie<br />
hörgeschädigtengerecht<br />
mit ihnen sprechen.<br />
Daher haben die Gesprächspartner eine<br />
sehr große Macht.
Und guter Wille ist<br />
eingeschränkt, wenn etwas<br />
schnell gehen soll.<br />
Beispiele hierfür sind beruflicher<br />
Alltag mit Stress oder auch die<br />
gehetzte Situation in der <strong>Pflege</strong>.
Es ist wissenschaftlich<br />
nachgewiesen, dass bei<br />
Schwerhörigkeit<br />
überproportional viele<br />
Fre<strong>und</strong>schaften enden <strong>und</strong><br />
Partnerschaften zerbrechen.
Schwerhörigkeit verursacht<br />
häufig Ängste, Depressionen,<br />
Schlaflosigkeit <strong>und</strong><br />
Konzentrationsstörungen.
Schwerhörigkeit führt oft zu<br />
wechselseitigem Misstrauen,<br />
daraus entstehen Ungeduld,<br />
Reizbarkeit <strong>und</strong> Verletzbarkeit.<br />
Hörgeschädigte fühlen sich<br />
ausgegrenzt <strong>und</strong> nicht zugehörig.
Schwerhörigkeit engt<br />
Spontanität <strong>und</strong><br />
Handlungsfreiheit<br />
sehr erheblich ein – <strong>und</strong><br />
zwar auf beiden Seiten!
<strong>Schwerhörige</strong> erleben<br />
Kommunikation oft als Stress.<br />
Weil nicht alles verstehen können,<br />
führen sie oft Monologe.<br />
Dadurch verschrecken ihre<br />
guthörende Umwelt, die mit<br />
Ablehnung reagiert.
Schwerhörigkeit verursacht viele<br />
Missverständnisse<br />
<strong>und</strong> Fehlverhaltensweisen.<br />
Aber auch<br />
Fehlinterpretationen sind<br />
nicht selten:
Welchen Eindruck kann man leicht<br />
bekommen, wenn ein<br />
schwerhöriger Mensch<br />
konzentriert zuhört?
Es sieht manchmal so aus,<br />
als ob dieser Mensch sehr<br />
grimmig guckt.
Dabei strengt er sich<br />
nur SEHR STARK an,<br />
um möglichst<br />
viel zu verstehen.<br />
Die damit zusammenhängende Verkrampfung<br />
kann die Gesichtszüge entstellen.
Es wird oft gemeint, dass<br />
<strong>Schwerhörige</strong> aggressiv sind.<br />
<strong>Schwerhörige</strong> können die<br />
Lautstärke ihrer eigenen Stimme<br />
meist nur ungenügend kontrollieren <strong>und</strong><br />
sprechen daher oft, ohne es zu merken,<br />
unangepasst laut.<br />
Dies wird ihnen als Aggressivität<br />
angekreidet, obwohl es<br />
meist nicht zutrifft.
Das größte Problem ist<br />
nicht die Hörstörung selbst,<br />
sondern die daraus sich entwickelnde<br />
Kommunikationsstörung mit<br />
der guthörenden Umwelt.
Aus der Kommunikationsstörung<br />
entwickeln sich sehr oft<br />
soziale Beziehungsstörungen,<br />
die psychische Auswirkungen<br />
<strong>und</strong> physische Erkrankungen<br />
nach sich ziehen.
Die psychischen Probleme<br />
bleiben oft unbehandelt <strong>und</strong><br />
können somit zu erheblichen<br />
ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Beeinträchtigungen führen.
In vier Spezial-Kliniken<br />
für Hörgeschädigte werden<br />
Kuren <strong>und</strong> weitere Reha-<br />
Maßnahmen für schwerhörige<br />
Patienten angeboten.
Dabei finden mit den Betroffenen<br />
auch sehr hilfreiche<br />
psychotherapeutische Gespräche<br />
statt.<br />
Leider fällt man nach der Kur oft in<br />
ein tiefes Loch, weil es vor Ort<br />
keine weiterführende<br />
Behandlung gibt.
DSB-Ortsvereine, DSB-<br />
Beratungsstellen <strong>und</strong><br />
Selbsthilfegruppen bieten Hilfen<br />
für schwerhörige Betroffene an.<br />
Leider ist auch das nur ein<br />
Tropfen auf den heißen Stein,<br />
da es in Deutschland weitaus zu<br />
wenige solcher Angebote gibt.
Teilhabe schwerhöriger<br />
Menschen in der<br />
Gesellschaft
An den Anfang stelle ich<br />
ein Zitat des Philosophen<br />
Immanuel Kant
Nicht SEHEN heißt:<br />
Den Menschen<br />
von den<br />
DINGEN<br />
trennen.
Nicht HÖREN heißt:<br />
Den Menschen<br />
von den<br />
MENSCHEN<br />
trennen.
In unserer Gesellschaft wird das<br />
Thema Schwerhörigkeit<br />
leider nur mit<br />
sehr geringem Interesse<br />
behandelt.
Dabei sind die Folgen einer<br />
Hörminderung sowohl<br />
für die Betroffenen als auch<br />
für das Umfeld sehr gravierend.
Diese Auswirkungen werden<br />
jedoch von der Gesellschaft<br />
absolut unterschätzt.<br />
Die Bedürfnisse schwerhöriger<br />
Menschen werden fast immer<br />
vergessen.
Da sich schwerhörige<br />
Menschen meist<br />
zurückziehen, werden sie<br />
gesellschaftlich kaum<br />
bemerkt.
Die unterschiedlichen Belange der<br />
Hörgeschädigten-Gruppen<br />
<strong>Schwerhörige</strong> – Ertaubte – Gehörlose<br />
werden nicht gleichwertig behandelt.
Gesellschaftliche<br />
Fehlentwicklungen haben zu<br />
erheblichen Versäumnissen<br />
<strong>und</strong> Benachteiligungen<br />
gegenüber schwerhörigen <strong>und</strong><br />
ertaubten Menschen<br />
geführt.
Teilhabe <strong>und</strong><br />
Selbstbestimmung sind ist<br />
bei dieser<br />
Bevölkerungsgruppe<br />
keineswegs gewährleistet!
Nachfolgend drei Beispiele für<br />
die falsche gesellschaftliche<br />
Behandlung schwerhöriger<br />
<strong>und</strong> ertaubter Menschen:
Beispiel 1:<br />
In den Niedersächsischen<br />
Landesbehindertenbeirat wurde<br />
ein gebärdenorientierter<br />
Gehörlosenfunktionär berufen.<br />
Er soll die Belange aller<br />
Menschen mit Hörschädigungen<br />
in Niedersachsen vertreten.
Aus Sicht des DSB hat sich gezeigt,<br />
dass er ausschließlich die Interessen<br />
Gehörloser vertritt.<br />
Ein Vertreter der überwiegenden<br />
Mehrheit der Hörgeschädigten, der<br />
lautsprachorientierten <strong>Schwerhörige</strong>n<br />
<strong>und</strong> Ertaubten, wurde nicht berufen.
Mit dieser Entscheidung wurde<br />
der Mehrheit der Menschen mit<br />
Hörbehinderungen in<br />
Niedersachsen Teilhabe <strong>und</strong><br />
Selbstbestimmung in einem<br />
wichtigen Gremium verweigert.
Beispiel 2, ganz aktuell:<br />
Eine Arbeitsgruppe des<br />
Landesrates der Beiräte <strong>und</strong><br />
Beauftragten für Behinderte hat<br />
eine Broschüre erarbeitet, Titel:<br />
„Es ist normal, verschieden zu sein“.
Die Broschüre wurde im Oktober<br />
2012 veröffentlicht <strong>und</strong> enthält<br />
Handlungsvorschläge zur<br />
Umsetzung der UN-<br />
Behindertenrechtskonvention in<br />
den Niedersächsischen<br />
Kommunen.
In dieser Broschüre werden die<br />
Bedürfnisse schwerhöriger <strong>und</strong><br />
ertaubter Menschen nahezu gar<br />
nicht angesprochen.<br />
Dagegen werden Gebärden<br />
mehrmals in den Vorschlägen<br />
erwähnt.
Eine genaue Textanalyse ergab z.B.,<br />
dass die Wörter „Gebärden“ bzw.<br />
„Gebärdendolmetscher“ 11mal<br />
aufgeführt waren, dagegen fehlten die<br />
analogen Wörter „Schriftdolmetscher“<br />
<strong>und</strong> „Hörhilfen“ vollständig.<br />
Zwar waren die Begriffe „Höranlage“<br />
<strong>und</strong> „Hellschreiber“ je 1mal enthalten,<br />
dabei handelt es sich jedoch um völlig<br />
veraltete Bezeichnungen aus den 90ern.
Ich frage mich, wie sich<br />
die kommunalen<br />
Behindertenbeauftragten bzw.<br />
–Beiräte angesichts dieses<br />
festzustellenden geringen<br />
Kenntnisstandes die Vertretung<br />
der Belange schwerhöriger<br />
Menschen vorstellen.
Beispiel 3:<br />
Auch die Medien in Hannover sind<br />
wenig behindertenfre<strong>und</strong>lich, das<br />
beklagen alle Behindertenverbände.<br />
So gab es in den Tagezeitungen<br />
keinen Bericht über den<br />
B<strong>und</strong>eskongress des DSB, der<br />
2009 erstmals nach<br />
46 Jahren in Hannover stattfand.
Ganz aktuell: In diesem Jahr hat<br />
die VHS Hannover einen Kurs für<br />
schwerhörige Menschen, die<br />
Hörgeräte benötigen, angeboten.<br />
Erneut haben hannoversche<br />
Medien keine Meldung darüber<br />
veröffentlicht, obwohl sie<br />
rechtzeitig vom Presseamt der<br />
Stadt Hannover informiert wurden.
Hannoversche Medien wurden so<br />
wiederholt ihrer Aufgabe nicht<br />
gerecht, die sie aufgr<strong>und</strong> Artikel 8<br />
der UN-BRK haben – nämlich<br />
Menschen mit Behinderungen zu<br />
unterstützen <strong>und</strong> zur<br />
Bewusstwerdung der Behinderung<br />
in der Öffentlichkeit beizutragen.
Nahezu überall erschweren uns<br />
das Leben sehr.
Die notwendigen Hilfestellungen<br />
werden äußerst selten angeboten.<br />
Dies betrifft fast alle Bereiche des<br />
Lebens, z.B. Arbeitsplatz, kulturelle<br />
Angebote (Theater, Kino),<br />
Bildungsangebote, Behörden,<br />
Krankenhäuser, Seniorenheime, Ärzte,<br />
Wahl-K<strong>und</strong>gebungen,<br />
Informationsveranstaltungen, usw.
Große Probleme haben<br />
schwerhörige Menschen bei<br />
öffentlichen Verkehrsmitteln.<br />
In Bahnhöfen, auf Flughäfen wie<br />
in den Verkehrsmitteln sind die<br />
Durchsagen unverständlich,<br />
oft auch für Guthörende.<br />
Hilfen? Meist Fehlanzeige!
R<strong>und</strong>funk <strong>und</strong> Fernsehen<br />
haben für ältere Menschen eine<br />
sehr hohe Bedeutung zur<br />
Information über das<br />
Tagesgeschehen, über<br />
politische Entwicklungen,<br />
auch über kulturelle<br />
Nachrichten.
Beide Medien ermöglichen es<br />
Senioren, sich weiterzubilden<br />
<strong>und</strong> sich auf aktuellem<br />
Wissensstand zu halten.<br />
Leider sind<br />
R<strong>und</strong>funk <strong>und</strong> Fernsehen<br />
nicht frei von<br />
Kommunikationsbarrieren:
Redebeiträge werden mit Musik oder<br />
Hintergr<strong>und</strong>geräusche untermalt <strong>und</strong><br />
dadurch unverständlich gemacht.<br />
Das betrifft sogar<br />
Verkehrsfunkmeldungen <strong>und</strong><br />
kann tödliche Folgen haben!
Nur ca. 19% aller Sendungen im<br />
Fernsehen werden untertitelt!<br />
Im Umkehrschluss: 81% sind für<br />
Hörgeschädigte ungeignet.<br />
Bei den meisten Privatsendern<br />
gibt es gar keine Untertitel!<br />
Diese Sender verhalten sich<br />
weder senioren- noch<br />
behindertengerecht!
Die Qualität der Untertitel<br />
lässt oft zu sehr wünschen übrig.<br />
Angekündigte Untertitel fallen<br />
häufig ohne Begründung aus.
Diese Mängel müssen behoben<br />
werden, damit schwerhörige<br />
Menschen R<strong>und</strong>funk <strong>und</strong><br />
Fernsehen barrierefrei <strong>und</strong><br />
uneingeschränkt genießen<br />
können.<br />
Dies ist auch eine Forderung in<br />
Art. 30 der UN-BRK.
Entgegen landläufiger Meinung<br />
sind<br />
Gebärdensprachdolmetscher<br />
keinerlei Hilfe<br />
für schwerhörige <strong>und</strong> ertaubte<br />
Menschen.<br />
Diese beherrschen keine<br />
Gebärden, von wenigen<br />
Ausnahmen abgesehen.
Die richtigen Hilfen sind<br />
Übertragungsanlagen<br />
(FM-Anlagen oder Induktionsschleifen)<br />
<strong>und</strong> Schriftdolmetscher,<br />
an die aber meist nicht gedacht wird.
Das Personal in Heimen,<br />
Krankenhäusern oder Arztpraxen ist<br />
selten im Umgang mit schwerhörigen<br />
Patienten geschult.<br />
Maßnahmen zur Barrierefreiheit sind<br />
in der Regel nicht bekannt.
Hörgeschädigte <strong>Pflege</strong>patienten<br />
werden vom MDK <strong>und</strong> vom<br />
<strong>Pflege</strong>personal oft für demenzkrank<br />
gehalten <strong>und</strong> völlig falsch behandelt.<br />
Zudem wird die länger dauernde<br />
Kommunikation bei Festlegung der<br />
<strong>Pflege</strong>zeiten nicht berücksichtigt!
Die missliche Situation in der<br />
Gesellschaft wird mit verursacht<br />
durch den<br />
sehr geringen<br />
Organisationsgrad<br />
schwerhöriger <strong>und</strong> ertaubter<br />
Menschen,<br />
der weit unter 1% liegt.
Das ist nicht nur in<br />
Deutschland so, sondern<br />
ein weltweites Problem!
Gr<strong>und</strong> ist die Tatsache, dass die<br />
überwiegende Mehrzahl<br />
erst als Erwachsene,<br />
oft im Seniorenalter<br />
schwerhörig wird oder ertaubt.
Besonders ältere<br />
<strong>Schwerhörige</strong> bekennen sich<br />
sehr ungern zu ihrer<br />
Behinderung.<br />
Es gibt eine plausibel klingende<br />
Theorie.
Eltern sagen oft ihren Kindern,<br />
wenn diese nicht gehorchen:<br />
„Warum gehorchst Du nicht,<br />
bist Du denn schwerhörig?“
Dieser Satz gräbt sich tief in das<br />
Unterbewusstsein ein.<br />
Wenn ein erwachsener Mensch<br />
dann merkt, dass er<br />
schwerhörig wird,<br />
meldet sich bedrohlich sein<br />
Unterbewusstsein:
„Schwerhörigkeit ist was<br />
ganz Schlimmes! Die Eltern<br />
haben davor gewarnt!“<br />
Und daher wird die eigene<br />
Betroffenheit geleugnet,<br />
so lange es irgend geht.
Deshalb werden Hilfen wie<br />
Hörgeräte erst angenommen,<br />
wenn der Leidensdruck<br />
übermächtig wird.<br />
Vom Beginn der Hörschädigung bis<br />
zur Anpassung von Hörgeräten<br />
vergehen 7 Jahre <strong>und</strong> mehr.
Versorgung mit<br />
Hörhilfen <strong>und</strong> Zubehör
Hörgeräte<br />
Moderne Hörgeräte sind unverzichtbare<br />
technische W<strong>und</strong>erwerke <strong>und</strong> können…<br />
• durch Schallverstärkung hörbar machen, was<br />
sonst nicht oder zu schwach gehört würde,<br />
• den Schall differenziert in unterschiedlichen<br />
Frequenzbändern verstärken,<br />
• in gewissem Grade Störschall abschwächen,<br />
• Sprache an ihrer akustischen Struktur<br />
erkennen <strong>und</strong> hervorheben, <strong>und</strong> zwar auch<br />
automatisch <strong>und</strong> programmierbar.
• Dennoch sind Hörgeräte im Prinzip nur<br />
„Lautermacher“. Es gibt leider bisher keine<br />
Verstehgeräte!<br />
• Probleme im Störlärm wird es nach meiner<br />
Meinung immer geben.<br />
• Verloren gegangene Frequenzen können<br />
mit Hörgeräten nicht zurück gewonnen<br />
werden.
Von den 13 Mio. <strong>Schwerhörige</strong>n<br />
tragen nur<br />
ca. 2,5 Mio. Menschen<br />
Hörgeräte.<br />
Warum verzichten so viele<br />
Menschen darauf?
Weil sie nicht zugeben wollen,<br />
schwerhörig zu sein.<br />
Weil Hörgeräte - im Gegensatz zur Brille<br />
- allgemein ein schlechtes Image haben.<br />
Weil die Anpassung von<br />
Hörgeräten mühsam, anstrengend<br />
<strong>und</strong> umständlich ist <strong>und</strong> mehrmals<br />
durchgeführt werden muss.
UND VOR ALLEM:<br />
Weil die Hörgeräteversorgung<br />
mit<br />
hohen eigenen Kosten,<br />
von durchschnittlich<br />
1.600 €,<br />
verb<strong>und</strong>en ist.
Menschen im Rentenalter,<br />
mit Niedrigeinkommen oder<br />
in der Ausbildung<br />
können sich diese hohen Kosten<br />
oft schlicht nicht leisten…
…<strong>und</strong> müssen sich mit<br />
zuzahlungsfreien, das<br />
bedeutet: zweitklassigen<br />
Billig-Hörgeräten<br />
zufrieden geben,
…die<br />
kein ausreichendes<br />
Sprachverstehen<br />
ermöglichen…
…<strong>und</strong> dann in der<br />
Schublade<br />
landen.
Etwa 40% aller Hörgeräte<br />
verstauben in der Schublade!<br />
Eine gewaltige<br />
Ressourcenverschwendung<br />
im Ges<strong>und</strong>heitswesen!
Hintergr<strong>und</strong> der hohen Eigenleistungen:<br />
2004 haben die Spitzenverbände<br />
der Krankenkassen einen<br />
einheitlichen Festbetrag in Höhe<br />
von 421,28 Euro für ein Hörgerät<br />
festgelegt.
Dieser Festbetrag galt bisher<br />
für alle Geräte, ungeachtet der<br />
Schwere der Hörschädigung<br />
<strong>und</strong> des Umfanges der<br />
notwendigen<br />
Hörgeräteversorgung.
Dieser Festbetrag ist erst jetzt, im Jahre<br />
2012, teilweise verändert worden!<br />
Aber nicht für alle Hörgeräte, sondern<br />
nur für besonders lautstarke Geräte, die<br />
für an Taubheit grenzend <strong>Schwerhörige</strong><br />
geeignet sind.<br />
Hier beträgt der Festbetrag nun 841,94 €.
Für das zweite Hörgerät wurde<br />
ein sachlich unbegründeter,<br />
nicht nachvollziehbarer<br />
Abschlag von 20% festgelegt.
Es ist unbekannt, wie die völlig<br />
unzureichenden Festbeträge<br />
ermittelt wurden.<br />
Die Krankenkassen weigern<br />
sich, hierüber zu informieren.
Es besteht der Verdacht einer<br />
willkürlichen Festlegung des<br />
Festbetrages ohne sachliche<br />
Gr<strong>und</strong>lage.
Leider lassen sich zu viele<br />
<strong>Schwerhörige</strong> die Willkür der<br />
Krankenkassen gefallen.<br />
Mir sind etliche Urteile bekannt, in<br />
denen die Krankenkasse verurteilt<br />
wurde, die Hörgeräteversorgung<br />
vollständig zu bezahlen.<br />
Aktuelle Gr<strong>und</strong>lage ist das Urteil<br />
des BSG vom 17.12.09.
Die Werbung für Hörgeräte<br />
weckt oft<br />
zu hohe Erwartungen,<br />
die nicht eingelöst werden<br />
können.
Hörgeräte sind keineswegs<br />
das „zweite Gehör“!<br />
Auch ist mit Hörgeräten ein<br />
„Hören wie damals“<br />
nicht möglich, das volle<br />
Hörvermögen kann nicht wieder<br />
hergestellt werden!
Übertreibende Werbung führt<br />
dazu, dass das guthörende Umfeld<br />
meint: „Du trägst doch jetzt<br />
Hörgeräte, da musst Du doch<br />
alles verstehen!“<br />
Und bisher erfolgte Hilfestellung<br />
entfällt, da gemeint wird, mit den<br />
neuen Hörgeräten sei das nicht<br />
mehr nötig.
Die von der Industrie besonders<br />
gern umworbenen „unsichtbaren<br />
Hörgeräte“ besitzen<br />
weder Induktionsspule<br />
noch Audio-Eingang<br />
<strong>und</strong> tragen zur öffentlichen<br />
Isolation ihrer Träger bei!
Besonders die Werbung für<br />
unsichtbare Hörgeräte hält der DSB<br />
für kontraproduktiv.<br />
Das Verstecken von Hörgeräten läuft<br />
den Interessen der Betroffenen zuwider!<br />
Es ist besser, sich zur Schwerhörigkeit<br />
zu bekennen, als nach<br />
Falschverstehen für<br />
begriffsstutzig gehalten zu werden.
Denn die Werbung mit<br />
„unsichtbaren Hörgeräten“<br />
unterstützt die - aus unserer<br />
Sicht - falsche Haltung vieler<br />
<strong>Schwerhörige</strong>r, ihre<br />
Schwerhörigkeit zu verstecken.
Einige Anmerkungen zum<br />
Cochlea-Implantat (CI).<br />
Ich selbst höre<br />
beidseitig mit<br />
zwei Cochlea-<br />
Implantaten.<br />
Modell zeigen
Hören mit dem Cochlea-Implantat
Hören mit dem Cochlea-Implantat<br />
Der Schall wird mit dem<br />
Mikrofon aufgenommen<br />
<strong>und</strong> im Sprachprozessor<br />
verarbeitet, Die dabei<br />
entstehenden Stromimpulse<br />
werden mit einem Kabel auf<br />
den magnetisch am Kopf<br />
gehaltenen Überträger geleitet, der sie per Funk dem<br />
unter der Haut befindlichen Implant zuführt. Von dort<br />
gelangen die Stromimpulse mit einer Elektrode zum<br />
Hörnerv <strong>und</strong> werden wie beim normalen Hören über die<br />
Hörbahn an das Gehirn weitergeleitet.
Hören mit dem Cochlea-Implantat<br />
• Mit dem CI kann man die verloren<br />
gegangenen hohen Frequenzen wieder<br />
hören,<br />
• So ist gutes Verstehen von Sprache<br />
<strong>und</strong> meist auch Musik hören möglich.<br />
• Ganz tiefe Frequenzen können jedoch<br />
kaum oder nicht mehr gehört werden.
Vor allem für spätertaubte<br />
Menschen ist das Cochlea-<br />
Implant eine w<strong>und</strong>erbare Hilfe!<br />
Auch taub geborene Kinder profitieren<br />
enorm vom CI! Sie lernen normal sprechen<br />
<strong>und</strong> gehen oft in die Regelschule.<br />
Die ersten, etwa 1990 operierten Kinder<br />
haben jetzt das Studium aufgenommen.
Meist wird das CI für ein Ohr ohne<br />
Probleme genehmigt.<br />
Um das 2. CI müssen Betroffene<br />
noch immer lange kämpfen, weil<br />
der MDK die einohrige Versorgung<br />
für ausreichend hält.
Dabei ist erwiesen, dass mit 2<br />
CIs ein wesentlich besserer<br />
Hörerfolg erreicht wird.<br />
NIEMAND trägt heute ein<br />
Monokel!<br />
Aber der MDK will etwas<br />
Vergleichbares den ertaubten<br />
Menschen vorschreiben!
Auch wenn Hören <strong>und</strong> Verstehen<br />
mit dem CI nicht immer perfekt sind<br />
– das CI bringt eine gewaltige<br />
Steigerung der Lebensqualität<br />
für CI-Träger <strong>und</strong> ihre Familien mit<br />
sich!
Anmerkungen zu Zusatztechnik<br />
Es gibt viele zusätzlichen<br />
technischen Hilfen, deren<br />
Kostenübernahme von den<br />
Krankenkassen abgelehnt<br />
wird.<br />
Beispiele:<br />
Lichtklingeln <strong>und</strong> FM-Anlagen.
Lichtklingeln sind<br />
LEBENSNOTWENDIG!<br />
Im Gefahrenfalle (z.B. Feuer) muss<br />
der Hörgeschädigte in seiner<br />
Wohnung erreichbar sein.<br />
Sonst besteht Lebensgefahr!
FM-Anlagen wurden bis vor<br />
Kurzem von den Krankenkassen<br />
nur für Schulkinder bezahlt.<br />
Erwachsene erhielten bisher<br />
Ablehnungen, das wurde nun endlich<br />
geändert, wohl auch aufgr<strong>und</strong> der<br />
UN-Behindertenrechtskonvention.
Tipps für den Umgang mit schwerhörigen<br />
<strong>und</strong> ertaubten Menschen<br />
Das Gesicht muss zum<br />
M<strong>und</strong>absehen<br />
stets gut sichtbar sein,<br />
gute Raumbeleuchtung<br />
sollte vorhanden sein.
Tipps für den Umgang mit schwerhörigen<br />
<strong>und</strong> ertaubten Menschen<br />
Notwendig ist<br />
langsames <strong>und</strong><br />
deutliches Sprechen<br />
mit guter Betonung.
Tipps für den Umgang mit schwerhörigen<br />
<strong>und</strong> ertaubten Menschen<br />
Auf keinen Fall darf<br />
überlaut gesprochen oder<br />
gar ins Ohr geschrieen werden.<br />
Dadurch versteht der Hörgeschädigte noch<br />
schlechter <strong>und</strong> wird unnötig nervös.<br />
Und wer lässt sich schon gern anschreien?
Tipps für den Umgang mit schwerhörigen<br />
<strong>und</strong> ertaubten Menschen<br />
Es darf nicht mit<br />
Zigarette, Pfeife oder Zigarre<br />
im M<strong>und</strong> oder mit der<br />
Hand vor dem M<strong>und</strong><br />
gesprochen werden.<br />
Dadurch wird das M<strong>und</strong>absehen unmöglich gemacht!
Es ist uns klar,<br />
dass unsere Wünsche<br />
nicht sofort zu erfüllen sind<br />
<strong>und</strong> sicherlich nur schrittweise erfüllt<br />
werden können.<br />
Aber vielleicht können<br />
auch mit Ihrer Hilfe<br />
Fortschritte erreicht werden.
Kommunikation ist ein<br />
Menschenrecht.<br />
Die Verweigerung einer<br />
angemessenen<br />
Kommunikation ist aus unserer<br />
Sicht ein Angriff auf die<br />
gr<strong>und</strong>gesetzlich geschützte<br />
Menschenwürde.
Seien Sie bitte unsere<br />
Verbündeten, um<br />
menschenwürdige Zustände<br />
für hörgeschädigte Menschen<br />
in unserer Gesellschaft<br />
zu erreichen.
Vielen Dank für Ihre<br />
Aufmerksamkeit!
Für Fragen stehe ich Ihnen<br />
jetzt gern zur Verfügung<br />
Sollten Sie nähere Informationen benötigen,<br />
wenden Sie sich bitte an folgende Kontaktadresse:<br />
Deutscher <strong>Schwerhörige</strong>nb<strong>und</strong><br />
Landesverband Niedersachsen e.V.<br />
1. Vorsitzender:<br />
Dipl.-Ing. Rolf Erdmann, Linzer Str. 4, 30519 Hannover<br />
Tel./ Fax: 0511/ 8 38 65 23<br />
e-Mail: erdmann.rolf@gmx.de
Hören · Verstehen · Engagieren<br />
Deutscher <strong>Schwerhörige</strong>nb<strong>und</strong><br />
Landesverband Niedersachsen e.V.