15.02.2014 Aufrufe

Lehrbrief BNE 2011 - Wissenschaftliche Weiterbildung - Universität ...

Lehrbrief BNE 2011 - Wissenschaftliche Weiterbildung - Universität ...

Lehrbrief BNE 2011 - Wissenschaftliche Weiterbildung - Universität ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG<br />

Tilman Langer<br />

ZENTRUM FÜR QUALITÄTSSICHERUNG IN STUDIUM UND WEITERBILDUNG


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Universität Rostock<br />

Zentrum für Qualitätssicherung<br />

in Studium und <strong>Weiterbildung</strong><br />

<strong>2011</strong><br />

Erarbeitet von:<br />

Dipl.-Chem. Tilman Langner M.A.<br />

Angeroder Straße 1-2<br />

18461 Pöglitz<br />

tilman.langner@umweltschulen.de<br />

Universitätsdruckerei:<br />

Universität Rostock<br />

Zentrum für Qualitätssicherung<br />

in Studium und <strong>Weiterbildung</strong><br />

Ulmenstraße 69, 18057 Rostock<br />

Tel.: 0381/ 4981261<br />

umwelt-bildung.de@uni-rostock.de


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort ......................................................................................................5<br />

1. Einleitung ..................................................................................................7<br />

2. Nachhaltigkeit und Agenda 21 .................................................................9<br />

2.1 Auf dem Weg zur Nachhaltigkeitsidee ................................................... 10<br />

2.2 Nachhaltigkeit – Karriere einer Idee ....................................................... 16<br />

2.2.1 Brundtland-Bericht (1987) .......................................................... 16<br />

2.2.2 Konferenz von Rio (1992) .......................................................... 18<br />

2.2.3 Commission for Sustainable Development (1993) ..................... 19<br />

2.2.4 Charta von Aalborg (1994) ......................................................... 20<br />

2.2.5 Die Milleniumsziele (2001) ......................................................... 22<br />

2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland ................................ 23<br />

2.3.1 Operationalisierung der Nachhaltigkeitsidee .............................. 23<br />

2.3.2 Staatsziel Nachhaltigkeit / Umweltschutz (1994) ....................... 29<br />

2.3.3 Studie Zukunftsfähiges Deutschland (1995) .............................. 30<br />

2.3.4 Konzept Nachhaltigkeit der Enquete-Kommission des 13. Deutschen<br />

Bundestages (1998) ........................................................ 31<br />

2.3.5 Nationale Nachhaltigkeitsstrategie (2002) ................................. 34<br />

2.3.6 Indikatorenberichte der Bundesregierung und Zukunftsfähiges<br />

Deutschland II ............................................................................ 41<br />

2.4 Zentrale Merkmale der Nachhaltigkeitsidee ........................................... 46<br />

2.5 Zwischenbilanz ...................................................................................... 59<br />

2.6 Zusammenfassung ................................................................................ 64<br />

3. Bildung für nachhaltige Entwicklung .......................................................67<br />

3.1 Die Herausforderung ............................................................................. 68<br />

3.1.1 Der Bildungsauftrag der Agenda 21 ........................................... 68<br />

3.1.2 Internationale Anbindung ........................................................... 81<br />

3.1.3 Erste Resonanz in Deutschland (1993-1998) ............................ 83<br />

3.2 Die Umsetzung ...................................................................................... 84<br />

3.2.1 <strong>BNE</strong> in der Schule (BLK-Modellprogramme „21“, „Transfer 21“) 84<br />

3.2.2 <strong>BNE</strong> in der frühkindlichen Bildung ............................................. 99<br />

3.2.3 UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ................. 105<br />

III


Inhaltsverzeichnis<br />

3.3 Versuch einer <strong>BNE</strong>-Definition ...............................................................108<br />

3.4 Beispielhafte Projekte / Lernarrangements ..........................................113<br />

3.4.1 Nachhaltigkeitsaudit an Schulen ..............................................114<br />

3.4.2 Simulationsspiele ......................................................................122<br />

3.5 Zwischenbilanz .....................................................................................133<br />

3.6 Zusammenfassung ...............................................................................139<br />

4. Lokale Agenda 21 .................................................................................143<br />

4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse .............................................144<br />

4.1.1 Hamburg: Operationalisierung und Kommunikation .................145<br />

4.1.2 Düsseldorf: Rahmenbedingungen für <strong>BNE</strong> ..............................152<br />

4.1.3 Stralsund: Kommunaler Klimaschutz als Lernfeld der <strong>BNE</strong> .....158<br />

4.2 Methoden zur Bürgerbeteiligung ..........................................................169<br />

4.2.1 Open Space ..............................................................................170<br />

4.2.2 Zukunftswerkstatt .....................................................................174<br />

4.3 Lokale Agenda 21 – 20 Jahre nach Rio ...............................................177<br />

4.4 Zusammenfassung ...............................................................................179<br />

5. Abkürzungsverzeichnis .........................................................................181<br />

6. Quellenverzeichnis ................................................................................185<br />

7. Abbildungsverzeichnis ..........................................................................207<br />

8. Tabellenverzeichnis ..............................................................................209<br />

IV


Vorwort<br />

Vorwort<br />

Ich war einigermaßen überrascht, als das Fernstudienteam mir 2005 anbot,<br />

den Lehrabschnitt „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (<strong>BNE</strong>)<br />

im Fernstudium Umwelt&Bildung zu übernehmen. Zu diesem Zeitpunkt<br />

kannte und schätzte ich das Phänomen Fernstudium an der Uni<br />

Rostock schon seit einigen Jahren – als Ehepartner einer Umwelt&Bildungs-Studentin,<br />

als Partner von Dr. Heino Apel im Lehrabschnitt<br />

„Multimedia in der Umweltbildung“ und nicht zuletzt als frisch gebakkener<br />

M.A. Medien&Bildung. Das ganze Umfeld hier – das Team und<br />

die Studierenden – habe ich als außerordentlich inspirierend empfunden.<br />

Ich habe hier Motivation „getankt“, die ich für meine lokale Arbeit<br />

in Stralsund – oft an der Grenze zwischen Umweltbildung und Sozialarbeit<br />

– dringend brauchte. Zudem entwickelte sich die <strong>BNE</strong> nach meinem<br />

Eindruck dynamisch, mit meinem Engagement in einem<br />

Düsseldorfer Modellprojekt war ich Teil dieser Bewegung, und die<br />

Chance, mir dieses Arbeitsfeld noch etwas systematischer zu erschließen,<br />

hat mich sehr gereizt. So habe ich begeistert zugesagt.<br />

Nun steht eine dritte grundlegende Überarbeitung des <strong>Lehrbrief</strong>es an. In<br />

der Zwischenzeit sind Brüche ans Licht getreten, Ernüchterung ist aufgekommen,<br />

und die Begeisterung ist einer kritischen Distanz gewichen:<br />

Knapp 20 Jahre nach der Konferenz von Rio ist die Menschheit mit der<br />

Bewältigung der großen Nachhaltigkeits-Probleme (Hunger, Ungerechtigkeit,<br />

Verlust an Biodiversität, Klimawandel...) nicht viel weiter gekommen.<br />

Was hat sich vielleicht doch bewegt? Wo wächst Hoffnung?<br />

<strong>BNE</strong> will eine nachhaltige Entwicklung pädagogisch begleiten. Angesichts<br />

des Standes dieser Entwicklung ist das eine Zumutung für Bildungsakteure:<br />

Bildung kann kein Ersatz für verfehlte Politik sein.<br />

Inwieweit kann Bildung sinnvoll zu einer nachhaltigen Entwicklung<br />

beitragen? Welche Rolle als (künftige) pädagogische Akteure wollen<br />

Sie finden?<br />

Nachhaltigkeit sollte sich vor allem vor Ort in den Städten und Gemeinden<br />

entwickeln, dafür steht der Begriff der Lokalen Agenda 21. Spüren<br />

Sie etwas davon an Ihrem Wohnort? Kommunale Klimaschutzprozesse<br />

sind im Kommen – eignen sie sich vielleicht als Keimzellen der Nachhaltigkeit?<br />

Und wiederum: Welche Rollen können wir als Umweltbildner<br />

bzw. <strong>BNE</strong>-Akteure hier einnehmen?<br />

Somit ist dieser <strong>Lehrbrief</strong> eine Suche nach belastbaren Positionen, nach<br />

motivierenden Visionen und nach praktikablen Konzepten. Suchen Sie<br />

mit?<br />

Ich freue mich auf diese Begegnung und den Austausch mit Ihnen!<br />

Pöglitz, im Sommer <strong>2011</strong><br />

Tilman Langner<br />

5


1 Einleitung<br />

1 Einleitung<br />

Der <strong>Lehrbrief</strong> „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (<strong>BNE</strong>) soll im<br />

Wechselspiel mit den anderen Bausteinen des Moduls 1 dazu beitragen,<br />

dass Sie den gesellschaftspolitischen Handlungsrahmen einer <strong>BNE</strong> erkennen<br />

und sich kritisch mit den Elementen der Nachhaltigkeit auseinandersetzen.<br />

Vor allem jedoch sollen Sie den Stellenwert von Bildung<br />

im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung reflektieren, das Konzept<br />

<strong>BNE</strong> kennen lernen und Motivationen finden, an dessen weiterer Ausgestaltung<br />

mitzuwirken. Dieser <strong>Lehrbrief</strong> gliedert sich dazu – neben<br />

dieser Einleitung und den Anlagen – in drei Abschnitte.<br />

Der Abschnitt „Nachhaltigkeit und Agenda 21“ ist dem Leitbild der<br />

Nachhaltigkeit und dessen politischer Umsetzung gewidmet.<br />

Das Kapitel 2.1 lädt Sie zunächst zu einem Rückblick darauf, wie sich<br />

die Beziehungen zwischen Mensch und Umwelt in der Vergangenheit<br />

entwickelt haben, ein. Das soll Ihnen die historische Einordnung des<br />

Nachhaltigkeitsleitbildes erleichtern. Die Kapitel 2.2 und 2.3 widmen<br />

sich der politischen und gesellschaftlichen Verankerung der Nachhaltigkeit<br />

auf der internationalen bzw. nationalen Ebene. Sie sollen einen<br />

Eindruck davon gewinnen, welche „Karriere“ dieses Leitbild innerhalb<br />

weniger Jahre gemacht hat und welche unterschiedlichen Vorstellungen<br />

über eine nachhaltige Entwicklung bislang entwickelt wurden. Danach<br />

werden unter 2.4 zentrale inhaltliche Aspekte der Nachhaltigkeitsidee<br />

zusammengefasst und vertieft. Kapitel 2.5 bietet eine Zwischenbilanz;<br />

Kapitel 2.6 fasst diesen Abschnitt zusammen.<br />

Das Lernziel besteht hier nicht darin, dass Sie die Daten internationaler<br />

Konferenzen abspeichern. Wichtiger wäre, dass Sie sich damit vertraut<br />

machen, wie Wissen um eine nachhaltige Entwicklung geschaffen und<br />

strukturiert wird, denn das ist eine Grundlage für ihr künftiges didaktisches<br />

Wirken als UmweltpädagogInnen.<br />

Sie werden bei der Lektüre vermutlich den Eindruck gewinnen, dass<br />

Nachhaltigkeit zwar eine faszinierende Idee ist, dass wir aber von ihrer<br />

Realisierung weit entfernt sind. Das führt zu den Fragen, inwieweit eine<br />

solche Idee Grundlage für ein Bildungskonzept sein und was Bildung<br />

zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen kann. Dies ist Gegenstand<br />

des Abschnitts „Bildung für nachhaltige Entwicklung“.<br />

Das Kapitel 3.1 beginnt mit einem Blick in das Kapitel 36 der Agenda<br />

21, in dem die Bildung beauftragt wird, zur nachhaltigen Entwicklung<br />

beizutragen. Diese Herausforderung gilt es u.a. darauf zu hinterfragen,<br />

ob Bildung überhaupt ein Instrument zur Umsetzung von Politik sein<br />

kann oder sollte. Des weiteren wird skizziert, welche Resonanz diese<br />

7


1 Einleitung<br />

Herausforderung international und national gefunden hat. Kapitel 3.2<br />

widmet sich der Umsetzung der <strong>BNE</strong>, und zwar vor allem im deutschen<br />

Schulwesen. Im Kapitel 3.3 wird der Versuch einer eher „engen“ <strong>BNE</strong>-<br />

Definition vorgelegt, die zwischen (und nicht über) der Umweltbildung<br />

und dem Globalen Lernen angesiedelt ist. Kapitel 3.4 stellt exemplarisch<br />

zwei konkrete Lernarrangements vor. Im Kapitel 3.5 wird eine<br />

Zwischenbilanz zum Stand der <strong>BNE</strong> in Deutschland gezogen. Unter 3.6<br />

wird der Abschnitt zusammengefasst.<br />

Auch in diesem Abschnitt sollen Sie nicht Meilensteine auswendig lernen<br />

oder vorgegebene Konzepte rezepthaft übernehmen. Daher wird<br />

auch hier pointiert auf Probleme, Widersprüche und „weiße Flecken“<br />

hingewiesen. Mir ist bewusst, dass ich Sie damit auf einen Balanceakt<br />

zwischen erwünschter Motivation und notwendiger kritischer Distanz<br />

einlade – ich hoffe, es gelingt.<br />

Der Abschnitt 4 widmet sich der Lokalen Agenda 21, also dem Versuch,<br />

eine nachhaltige Entwicklung vor Ort in den Städten und Gemeinden<br />

in Gang zu bringen. Ich möchte hier nicht versuchen, Ihnen einen<br />

systematischen Überblick zu geben. Ich möchte vielmehr am lokalen<br />

Beispielen Themen und Fragestellungen vertiefen, die in den Abschnitten<br />

2 und 3 bereits angerissen wurden: Wie kann die Partizipation der<br />

Bevölkerung arrangiert werden und was hat das mit Bildung zu tun?<br />

Wie können günstige Rahmenbedingungen für die <strong>BNE</strong> geschaffen<br />

werden? Wie kann Nachhaltigkeit operationalisiert und kommuniziert<br />

werden? – Ich grenze also das Spektrum der potenziell verhandelbaren<br />

Aspekte der Lokalen Agenda 21 stark ein, in der Hoffnung, dass damit<br />

ein in sich schlüssiger und vom Umfang her noch zu bewältigender<br />

<strong>Lehrbrief</strong> entsteht. Auch dieser Abschnitt endet mit einer Zwischenbilanz<br />

(4.3) und einer Zusammenfassung (4.4).<br />

Das in diesem <strong>Lehrbrief</strong> dargebotene Material geht teilweise recht stark<br />

in die Breite, und es werden verschiedene – auch einander widersprechende<br />

– Stimmen aus den Diskursen um Nachhaltigkeit und <strong>BNE</strong> wiedergegeben.<br />

Das soll Sie mit Hinblick auf die am Ende des Moduls zu<br />

erbringende Prüfungsleistung nicht beunruhigen. Für die Klausur sollten<br />

Sie insbesondere die grundlegenden Begriffe – nachhaltige Entwicklung,<br />

Agenda 21, Lokale Agenda 21, Bildungsauftrag der Agenda<br />

21, <strong>BNE</strong> – kennen und anwenden können. Wenn ich Sie stellenweise<br />

wesentlich umfangreicher mit Informationen versorge, dann möchte ich<br />

Sie damit zur Reflexion darüber anregen, wie zentrale Aspekte bzw.<br />

Denkmodelle des Nachhaltigkeitsdiskurses in der <strong>BNE</strong> didaktisch<br />

wirksam werden, und ich möchte Ihnen Anknüpfungspunkte für weitere<br />

Lehreinheiten Ihres Studiums – bis hin zur Masterarbeit – anbieten.<br />

8


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

Wie ist das Leitbild Nachhaltigkeit entstanden? Welche Rolle spielt es<br />

heute? Welche konkreten Aspekte umfasst es? Wie weit ist die Menschheit<br />

mit der nachhaltigen Entwicklung inzwischen vorangekommen?<br />

Diese Fragen sollen nachfolgend erörtert werden.<br />

Formal betrachtet, ist Entwicklung nicht mehr als der „Prozess der zeitlichen<br />

Änderung eines Zustandes“ – womit noch nichts über seine Qualität<br />

bzw. Orientierung ausgesagt ist. Eine nachhaltige Entwicklung<br />

meint einen (mehr oder weniger) kontinuierlichen Prozess, der zu qualitativ<br />

besseren Zuständen führen soll (CONRAD 2000, S.5). Nachhaltige<br />

Entwicklung wird somit im Sinne von „Entwicklung zur Nachhaltigkeit“<br />

verstanden. Nach der bekanntesten Definition ist nachhaltige<br />

Entwicklung „eine Entwicklung, in der die Bedürfnisse der Gegenwart<br />

befriedigt werden, ohne dabei künftigen Generationen die Möglichkeit<br />

zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse zu nehmen“ (VEREINTE<br />

NATIONEN 1990, S. 26 1 ). Dabei werden insbesondere die (Konzepte<br />

der) Grundbedürfnisse aller Menschen sowie die Grenzen der Tragfähigkeit<br />

der globalen Ökosysteme anerkannt. 2<br />

Begriffliche<br />

Annäherungen<br />

Nachhaltigkeit ist der mit nachhaltiger Entwicklung angestrebte Zustand.<br />

Da dieser Zustand bei weitem nicht erreicht ist und da er auch<br />

analytisch nicht präzise beschrieben ist, kann Nachhaltigkeit nach wie<br />

vor (nur) als Idee bzw. Leitbild bezeichnet werden.<br />

Zur Frage, was Nachhaltigkeit bzw. eine nachhaltige Entwicklung konkret<br />

bedeuten, welche Konzepte hilfreich oder welche Maßnahmen erforderlich<br />

sind, gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Meinungen, die<br />

im Wettstreit miteinander stehen. Dies soll nachfolgend mit dem Begriff<br />

Nachhaltigkeitsdiskurs gefasst werden.<br />

Die Agenda 21 schließlich ist ein politisches Dokument, das von der internationalen<br />

Staatengemeinschaft 1992 auf der UN-Konferenz für<br />

Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro verabschiedet wurde.<br />

1. Die in der Bundesrepublik Deutschland (West) erschienene Ausgabe (HAUFF 1987) hat<br />

eine geringfügig abweichende Formulierung.<br />

2. „Sustainable development is development that meets the needs of the present without<br />

compromising the ability of future generations to meet their own needs. It contains within<br />

it two key concepts: 1. The concept of “needs”, in particular the essential needs of the<br />

world`s poor, to which overriding priority should be given; and 2. The idea of limitations<br />

imposed by the state of technology and social organization on the environment ability to<br />

meet present and future needs“ (Vereinte Nationen, zitiert nach http://www.undocuments.net/ocf-02.htm)<br />

9


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

2.1 Auf dem Weg zur Nachhaltigkeitsidee<br />

Schon vor langen Zeiten haben Menschen über das Verhältnis von<br />

Mensch und Umwelt nachgedacht und ihr diesbezügliches Wissen gesammelt<br />

und weitergegeben.<br />

Mensch-Umwelt-<br />

Beziehungen in<br />

Religionen<br />

Bereits im Alten Testament (im 3. Buch Mose, Kapitel 11) finden sich<br />

Gesetzesvorschriften, die dazu dienen sollten, im alten Palästina eine<br />

schonende Nutzung der natürlichen Ressourcen zu sichern und die biologischen<br />

Gleichgewichte aufrecht zu erhalten. So war die Schweinehaltung<br />

verboten, weil Schweine Nahrungskonkurrenten des Menschen<br />

sind. Wiederkäuer, welche vom Menschen nicht verwertbare Pflanzen<br />

fressen, durften hingegen gehalten und geschlachtet werden. Von den<br />

frei lebenden Tieren waren z.B. die Aasfresser, Greifvögel, Eulen und<br />

Störche geschützt, weil diese als Gesundheitspolizei oder als Fressfeinde<br />

der Nagetiere bzw. der Heuschrecken dem Menschen dienlich waren.<br />

(KIBBEL/MÜLLER 2002, S. 6, HÜTTERMANN 1997)<br />

OPITZ (1998) verweist darauf, dass es in allen großen Weltreligionen<br />

Empfehlungen bzw. Regelungen zum Schutz von Tieren und für eine<br />

(weitgehend) fleischlose Ernährung gegeben hat, was u.a. angesichts<br />

der enormen Energieverluste bei der „Umwandlung“ von pflanzlicher<br />

in tierische Nahrung auch heute einen sinnvollen Beitrag zu einer nachhaltigen<br />

Sicherung der Ernährung sowie zum Umwelt- und Klimaschutz<br />

darstellen würde.<br />

GARDNER (2010 a und b) betont, dass die Religionen auch heute noch<br />

eine wichtige Triebkraft für gesellschaftliche Veränderungen sein können.<br />

Als Beispiele führt er u.a. die Anti-Apartheid-Bewegung und die<br />

Bürgerrechtsbewegung in den USA an, die wesentlich von Religionsgemeinschaften<br />

bzw. religiösen Menschen mit getragen worden sind.<br />

Buddhisten haben in Thailand Bäume in gefährdeten Wäldern ordiniert,<br />

„sie damit für die Dorfbewohner zum geheiligten Objekt gemacht“<br />

(GARDNER 2010 a, S. 62) und so Initiativen zum Schutz dieser Wälder<br />

angestoßen. Das Islamische Bankwesen will der Allgemeinheit dienen,<br />

Geld wird als unproduktiv angesehen, Zinsen zu verlangen wird als verwerflich<br />

betrachtet, und die Realwirtschaft (Waren und Dienstleistungen)<br />

hat einen höheren Stellenwert als die Finanzwirtschaft. Die<br />

„buddhistische Ökonomie“ nach E.F.Schumacher dient dem spirituellen<br />

Ziel der Erleuchtung. „In Konsumgesellschaften ist die Suche nach<br />

Wunscherfüllung ein wesentlicher Motor, für Buddhisten ist sie die<br />

Quelle allen Leidens. Aus der buddhistischen Perspektive ist der Konsum<br />

daher irrational...“ (GARDNER 2010 a, S. 68).<br />

Dennoch sind die Religionen nicht die Hüterinnen der Nachhaltigkeit;<br />

auch sie haben sich in widerspruchsvollen Wegen entwickelt, und z.B.<br />

10


2.1 Auf dem Weg zur Nachhaltigkeitsidee<br />

das Alte Testament als Sammlung von Texten verschiedener Autoren,<br />

die über mehrere Jahrhunderte hinweg entstanden sind und später weiter<br />

bearbeitet wurden, enthält auch Aussagen, die einen Herrschaftsanspruch<br />

des Menschen über die Natur begründen können.<br />

Der Begriff der Nachhaltigkeit wurde erstmals in der deutschen Forstwirtschaft<br />

des frühen 18. Jahrhunderts verwendet. Zu dieser Zeit waren<br />

die natürlichen Wälder in Deutschland weitestgehend vernichtet. Den<br />

ersten Schlag hatten ihnen ab etwa dem Jahr 1000 umfangreiche<br />

Brandrodungen versetzt. Später hatte die Praxis der Waldbeweidung<br />

das Nachwachsen neuer Bäume verhindert und Landschaften hervorgebracht,<br />

die wir noch heute in den Bildern der Romantiker bewundern.<br />

Schließlich hatte die Frühindustrialisierung zu einer enormen Zunahme<br />

des Bedarfes an Holz als Energieträger und Baustoff geführt – um z.B.<br />

eine Tonne Eisen zu schmelzen, wurden 50 m 3 Brennholz benötigt, und<br />

auch Materialien wie Salz oder Glas wurden unter hohem Energieaufwand<br />

gewonnen (DÖRFLER/DÖRFLER, S. 14-16). J. Evelyn hatte in England<br />

bereits 1664 eine wirtschaftlich gefährliche Holzknappheit<br />

befürchtet. Hans Carl von Carlowitz (1645-1714), Oberberghauptmann<br />

in Kursachsen und damit ein Vertreter der Holz verbrauchenden Montanwirtschaft,<br />

sprach in seiner Publikation „Sylvicultura Oeconomica“<br />

(1713) erstmals von einer nachhaltenden Nutzung des Waldes. Er plädierte<br />

dafür, mit Holz sparsam umzugehen, Bäume zu pflanzen und zu<br />

säen und Surrogata zu suchen, also Holz, wo möglich, durch andere Materialien<br />

zu ersetzen. Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte der deutsche<br />

Forstwissenschaftler Faustmann eine Formel zur Optimierung der<br />

Forstwirtschaft. (OTT/DÖRING 2008, S. 22-23) „Nachhaltigkeit ist also<br />

ursprünglich ein Konzept der Waldbewirtschaftung, bei der die Produktionskraft<br />

des Waldes (eine ökologische Größe) und die Holzernte (eine<br />

ökonomische Größe) so aufeinander abgestimmt werden, dass sich ein<br />

auf Dauer optimaler Ertrag ergibt.“ (ebd.) Raubbau am Wald in der heutigen<br />

Zeit ist damit allerdings nicht ausgeschlossen, wie Sie vermutlich<br />

wissen.<br />

Die Krise der Wälder<br />

und die Forstwirtschaft<br />

als Wiege der<br />

Nachhaltigkeit<br />

Alleine mit den Mitteln der Forstwirtschaft hätten die Wälder angesichts<br />

der fortschreitenden Industrialisierung übrigens nicht gerettet<br />

werden können; hierzu hat auch ganz wesentlich der Wechsel zum<br />

Brennstoff Kohle beigetragen – nebenbei auch eine der ersten Weichenstellungen<br />

für den anthropogenen Treibhauseffekt. (BROT FÜR DIE<br />

WELT/EED/BUND 2008, S. 36)<br />

Neben der Begründung der modernen Forstwirtschaft führte diese Misere<br />

der Wälder auch zur Entwicklung von Gegenbewegungen, welche<br />

die Natur bewahren und sie gezielter als bislang zum Gegenstand von<br />

Bildung und Erziehung machen wollten. Der Romantiker ARNDT<br />

(1815) kritisierte, „wie der heilloseste und ruchloseste Unfug mit edlen<br />

Bäumen und Wäldern getrieben ist und ganze Forsten ausgehauen und<br />

Bewegungen zum<br />

Schutz der Natur<br />

11


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

ganze Bezirke entblößt sind, weil der einzelne Besitzer mit der Natur<br />

auf das willkürlichste schalten und walten kann.“ Die ersten Verbände<br />

zum Schutz von Heimat, Natur und Umwelt gründeten sich, so im Jahr<br />

1904 der Bund Heimatschutz (BOLSCHO/SEYBOLD 1996, S. 22). Friedrich<br />

Fröbel (1782-1852) gründete Kindergärten, die er als „Gärten für<br />

Kinder“ verstand. Später entstanden „Landerziehungsheime“ (ebd. S.<br />

80). Die Ziele dieser Bewegungen schlugen sich auch in der Umweltbildung<br />

des 20. Jahrhunderts nieder. So wurden die bundesdeutschen<br />

Schulen 1953 dazu angehalten, ihren Blick auf „erzieherische und gemütsbildende<br />

Werte von Naturschutzbewegungen und Landschaftspflege“<br />

zu richten (KULTUSMINISTERKONFERENZ 1953). GÖPFERT<br />

(1987) proklamierte die Konzeption der „naturnahen Bildung und Erziehung“;<br />

er wollte durch emotionale, sinnhafte, ganzheitliche Naturerfahrungen<br />

Liebe zur Natur erwecken und damit Grundlagen dafür<br />

schaffen, dass sich Menschen für deren Bewahrung einsetzen (siehe<br />

auch BOLSCHO/SEYBOLD 1996, S. 85f). Die Naturpädagogik von COR-<br />

NELL (1991 a + b) kommt auch im 21. Jahrhundert zur Anwendung.<br />

Globalisierung der<br />

Umweltprobleme im<br />

20. Jahrhundert<br />

Umweltbewegung als<br />

Protestbewegung<br />

Umweltpolitik als<br />

Ordnungspolitik<br />

Bis zum frühen 20. Jahrhundert wurden die ökologischen Auswirkungen<br />

der Industrialisierung noch überwiegend auf lokaler Ebene wahrgenommen;<br />

in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden dann<br />

zunehmend auch überregionale und globale Probleme erkannt. Der Verbrauch<br />

von endlichen Ressourcen wuchs weltweit exponentiell an, verbunden<br />

mit einer Zunahme des Abfallaufkommens sowie der Wasserund<br />

Luftbelastungen. Zudem wurden konkrete Techniken als bedrohlich<br />

empfunden – allen voran, bereits seit den 50er Jahren, die „Atomtechnik“<br />

(Kernspaltung). Publikationen wie „Silent Spring“ (CARSON<br />

1962), „Die Grenzen des Wachstums“ (MEADOWS et.al. 1972) oder in<br />

der Bundesrepublik Deutschland „Ein Planet wird geplündert“ (GRUHL<br />

1975) machten diese Probleme öffentlich.<br />

Das Aufleben der Umwelt- und Bürgerbewegung kann als Reaktion auf<br />

dieses Problembewusstsein verstanden werden (BOLSCHO/SEYBOLD<br />

1996). So gründeten sich bspw. in der Bundesrepublik 1972 der Bundesverband<br />

Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), 1976 der Bund für<br />

Umwelt und Naturschutz (BUND), 1979 die Bundespartei „Die Grünen“<br />

und 1980 Greenpeace. Diese Bewegungen verstanden sich explizit<br />

als kritisch gegenüber der herrschenden Gesellschaft. Sie wollten einerseits<br />

vor der drohenden ökologischen Katastrophe warnen, postulierten<br />

jedoch auch gesellschaftspolitische Gegenentwürfe (beispielhaft siehe<br />

GRUHL 1975, S. 225ff). Diese Gesellschaftskritik fand u.a. in der Ökopädagogik<br />

ihren Niederschlag, die sich „gegen ökonomisch-technische<br />

Naturausbeutung“ und die diese stützenden „Denk- und Handlungsstrukturen“<br />

wendete (BEER/DE HAAN 1984).<br />

Der Staat reagierte auf diese Probleme zunächst mit ordnungspolitischen<br />

Maßnahmen. Exemplarisch hierfür ist das Abfallbeseitigungsge-<br />

12


2.1 Auf dem Weg zur Nachhaltigkeitsidee<br />

setz von 1972 (DEUTSCHER BUNDESTAG 1972), das sich lediglich auf<br />

die Abfallbeseitigung konzentrierte, also auf die Strategie, Abfälle einzusammeln,<br />

sie zu wenigen vorgegebenen Plätzen zu verbringen und<br />

sie somit – scheinbar – ordentlich zu beseitigen.<br />

Zur Stützung solcher staatlicher Strategien wurde an das Pflicht- und<br />

Ordnungsgefühl der Bürger appelliert. Der Umweltbildung wurde dabei<br />

eine funktionelle Rolle zugewiesen. Das Umweltprogramm der Bundesregierung<br />

von 1971 war nur umzusetzen, wenn „alle Gruppen und<br />

Kräfte unserer Gesellschaft“ es bejahen und mitwirken. „Das aber setzt<br />

Umweltbewußtsein bei jedem Bürger voraus...“ „Das zur Abwehr von<br />

Umweltgefahren notwendige Wissen muß in den Schul- und Hochschulunterricht<br />

sowie in die Erwachsenenbildung einbezogen werden.<br />

Umweltbewußtes Verhalten muß als allgemeines Bildungsziel in die<br />

Lehrpläne aller Bildungsstufen aufgenommen werden.“ (DIE BUNDES-<br />

REGIERUNG 1971)<br />

Es zeigte sich jedoch schnell, dass die ordnungspolitischen Instrumente<br />

zu kurz griffen, z.B. als sich offiziell ausgewiesene Abfalldeponien in<br />

für die Umwelt und die Gesundheit von Bürgern bedrohliche Altlasten<br />

verwandelten (siehe THIELE 1992). Folgerichtig baute die Bundesregierung<br />

in den 80er Jahren ihr umweltpolitisches Instrumentarium aus und<br />

statuierte beispielsweise in einem neuen Abfallgesetz (DEUTSCHER<br />

BUNDESTAG 1986) erstmals ein Abfallverwertungsgebot. Zudem gerieten<br />

Berührungen zwischen bislang getrennt betrachteten Umweltmedien<br />

wie Abfall und Wasser (mit Klärschlamm bzw. Deponiesickerwasser<br />

als Schnittstellen) in den Blickpunkt.<br />

Damit erweiterte sich auch der Themenkatalog der umweltpolitisch motivierten<br />

Erziehung der Bürger erheblich. In vielen westdeutschen Städten<br />

entstanden kommunale Abfall- und Umweltberatungen, die z.B.<br />

Getrenntsammlung und Recycling oder den Verzicht auf Verpackungen<br />

propagierten (vgl. beispielhaft: HOFFMANN/MÜLLER 1992). Diesen Aktivitäten<br />

lagen teilweise naive Vorstellungen zugrunde, wonach Bildungsmaßnahmen<br />

zu einem veränderten (Umwelt-)Bewusstsein und<br />

dieses zu umweltgerechtem Handeln führen sollte (zur Kritik daran vgl.<br />

BOLSCHO 1997, PREUSS 1997 und KRUSE 2005). Auch in den Empfehlungen<br />

zu „Umwelt und Unterricht“ der KULTUSMINISTERKONFERENZ<br />

(1980) wird die Umweltbildung als Instrument umweltpolitischen Handelns<br />

angesehen.<br />

Umweltbildung zwischen<br />

staatlicher Aufgabenzuteilung<br />

und<br />

Problem- und Handlungsorientierung<br />

Umweltpädagogen haben diese staatliche Aufgabenzuteilung und die<br />

damit implizierte individualistische Ausrichtung – also die Hoffnung,<br />

Umweltbewusstsein des Einzelnen könne die Umweltprobleme der Gesellschaft<br />

lösen – durchaus kritisiert (ausführlich in WOLF 2005, S. 92-<br />

101). BOLSCHO, EULEFELD, SEYBOLD (1980, S. 16f) rückten die Erwartungen<br />

an die Umweltbildung zurecht. Demnach kann die Umweltbil-<br />

13


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

dung Probleme thematisieren, untersuchen, vergleichen, Fragen stellen,<br />

Antworten suchen und Denken und Handeln begleiten. Umweltbildung<br />

kann weniger Fakten feststellen und verbreiten als Menschen in den<br />

Prozess des Umgangs mit der Umwelt einbeziehen. Die Konzeption einer<br />

problem- und handlungsorientierten Umweltbildung will diese Kritik<br />

berücksichtigen. Umweltbildung soll nach BOLSCHO, EULEFELD,<br />

SEYBOLD (1980, S. 17f) Schülern die Auseinandersetzung mit ihrer natürlichen,<br />

sozialen und gebauten Umwelt ermöglichen, die Fähigkeit<br />

zum Problemlösen in komplexen Systemen fördern und Schüler für die<br />

Beteiligung am politischen Leben befähigen.<br />

Exkurs: Mensch-Umwelt-Beziehungen in der DDR<br />

Wenn sich dieses Kapitel an den Verhältnissen in der Bundesrepublik<br />

(West) orientiert, soll damit die Geschichte der DDR nicht negiert<br />

werden. Die gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Verhältnisse<br />

führten hier zu ganz speziellen Umweltproblemen (PETSCHOW/<br />

MEYERHOFF/THOMASBERGER 1990), so z.B. zu einer hohen Luftbelastung<br />

mit Schwefeldioxid durch die Nutzung der einheimischen<br />

Braunkohle als wichtigstem Energieträger; dass die Braunkohle z.B.<br />

mit dem Karbid-Acetylen-Verfahren auch aus Ausgangsstoff für die<br />

chemische Industrie genutzt wurde, hatte weitere – allerdings regional<br />

begrenzte – Umweltbelastungen zur Folge.<br />

In der DDR wurde, aufbauend auf dem Landeskulturgesetz (VOLKS-<br />

KAMMER DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK 1970), seit<br />

den 70er Jahren ein umweltrechtliches Regelwerk geschaffen. Dieses<br />

sollte zwar einerseits den Umweltschutz im Sinne des Klassenkampfes<br />

instrumentalisieren (vgl. ebd., Präambel), andererseits aber reichte<br />

es z.B. mit dem speziellen Recyclingsystem zur Erfassung von<br />

„Sekundärrohstoffen“ (MINISTERIUM FÜR MATERIALWIRTSCHAFT<br />

1986) bis in die Lebenswelt der Bürger.<br />

Auch in der DDR entstand in den 70er und 80er Jahren eine Umweltbewegung,<br />

die sich vor allem in der Gesellschaft für Natur und Umwelt<br />

(GNU) des Kulturbundes der DDR sowie in kirchlichen<br />

Umweltgruppen organisierte (WENSIERSKI 1986, BEHRENS/HOFF-<br />

MANN 2007). Auch diese Umweltbewegung verstand sich als gesellschaftskritisch.<br />

Gesellschaftspolitische Gegenentwürfe (BAHRO<br />

1977) konnten allerdings, anders als in der Bundesrepublik, nicht im<br />

eigenen Lande publiziert oder gar praktiziert werden. Schon kleinere<br />

unabhängige Aktionen zum Umweltschutz weckten das Misstrauen<br />

und die Abwehr der Staatsorgane.<br />

14


2.1 Auf dem Weg zur Nachhaltigkeitsidee<br />

Dennoch gelang es Umweltgruppen, ein Profil zu entwickeln, bei<br />

dem oftmals der Erwerb von Wissen, praktische Aktivitäten im Natur-<br />

und Umweltschutz sowie kleine Aktionen zur Öffentlichkeitsarbeit<br />

Hand in Hand gingen (vgl. beispielhaft KUHN 1996, BERG 1999,<br />

KRÜGER/PRIEBE o.J., SRU 1996, S. 226-230).<br />

In einer weiteren Entwicklungsphase – vor allem in den 90er Jahren –<br />

wurden neue umweltpolitische Analyse- und Steuerungsinstrumente<br />

geschaffen. Hierzu gehören das Öko-Audit (EG 1993, EG 2001, EG<br />

2009), die Ökosteuer (NUTZINGER/ZAHRNT 1989, UMWELTBUNDES-<br />

AMT 2002, VIATKOV 2007) oder das Contracting (WEIZSÄCKER/LO-<br />

VINS/LOVINS 1996, S. 180). Diese Instrumente orientieren auf das<br />

Machbare anstatt vor drohenden Katastrophen zu warnen, sie setzen auf<br />

eine Stärkung der Verursacher (insbesondere der gewerblichen Wirtschaft)<br />

anstatt auf Konfrontation, Agitation bzw. ordnungspolitische<br />

Regulierung. Sie sind von einer mehrere verschiedene Teilaspekte integrierenden<br />

Sichtweise geprägt. So dient z.B. das Öko-Audit der Stärkung<br />

des Umweltschutzes in Unternehmen, dabei werden alle jeweils<br />

relevanten Umweltauswirkungen einbezogen (neben den Abfällen z.B.<br />

auch die Rohstoffe, Materialien und Vorprodukte inklusive deren Gewinnung<br />

sowie die Freisetzung von Abwasser, Abgasen oder Lärm).<br />

Bei der Produktlinienanalyse oder der Ökobilanz wird der gesamte Lebenszyklus<br />

eines Produkts – von der Gewinnung der Rohstoffe über die<br />

Nutzung bis zur Verwertung bzw. Entsorgung nach Gebrauch – analysiert.<br />

Diese integrative Sichtweise erreichte mit dem Leitbild der Nachhaltigkeit<br />

einen vorläufigen Höhepunkt. Ausgangspunkt war einerseits die<br />

Erkenntnis, dass viele Umweltprobleme globalen Charakter angenommen<br />

haben und daher auch nur durch gemeinsames Engagement der internationalen<br />

Staatengemeinschaft zu lösen sind und andererseits die<br />

Einsicht, dass Umweltprobleme nicht zu Lasten der berechtigten Entwicklungsinteressen<br />

vor allem der Länder des Südens gelöst werden<br />

können. Zentrale Merkmale dieses Leitbildes werden im Kapitel 2.4 näher<br />

vorgestellt, seine Resonanz im Bildungswesen ist Gegenstand des<br />

Kapitels 3.<br />

Integrative<br />

Instrumente der<br />

Umweltpolitik<br />

Nachhaltigkeit als<br />

hoch integrative<br />

Sichtweise<br />

Dieser kurze Abriss soll Ihnen eine Vorstellung davon vermitteln, dass<br />

die Art und Weise, wie der Mensch über sein Wechselverhältnis mit der<br />

Umwelt nachdenkt – die Informationen, die er einbezieht, die Wertungen,<br />

Schlussfolgerungen, die er trifft – sich im Laufe der Zeit verändert<br />

haben. (Sie können das in anderen Lehrabschnitten des Moduls 1 vertiefen).<br />

Die Dynamik dieser Veränderungen nimmt gegenwärtig eher zu<br />

als ab, erkennbar z.B. an der „Halbwertszeit“ von politischen Verlaut-<br />

15


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

barungen oder Umweltgesetzen. Was hier vorrangig am Beispiel der<br />

Material- und Abfallwirtschaft skizziert wurde, gilt auch für andere Bereiche<br />

der Mensch-Umwelt-Beziehungen. Damit entwickeln sich nicht<br />

nur die Grundlagen der Umweltbildung permanent weiter, sondern neues<br />

Wissen, neue Sichtweisen, Instrumente, Technologien verändern die<br />

Weise, wie der Mensch mit der Umwelt umgeht, was wieder neue Ausgangssituationen<br />

für die Reflexion der Mensch-Umwelt-Beziehungen<br />

schafft. 3 Der Nachhaltigkeitsdiskurs reiht sich in diese Entwicklung<br />

ein, und es besteht kein Anlass zu der Vermutung, dass sie damit einen<br />

Abschluss findet.<br />

2.2 Nachhaltigkeit – Karriere einer Idee<br />

2.2.1 Brundtland-Bericht (1987)<br />

Das Leitbild der Nachhaltigkeit im heute üblichen Sinne wurde 1987<br />

von der UN-Kommission für Umwelt und Entwicklung in dem Bericht<br />

„Our Common Future“ formuliert.<br />

Brundtland-<br />

Kommission<br />

Basierend auf der UN-Resolution 38/161 vom 19.12.1983, hatten die<br />

Vereinten Nationen eine Kommission gegründet, die einen Bericht zu<br />

den globalen Problemen und Strategieempfehlungen für eine stabile<br />

Entwicklung erarbeiten sollte. Die Kommission unter Leitung der ehemaligen<br />

norwegischen Premierministerin und Umweltministerin Gro<br />

Harlem Brundtland nahm später die Bezeichnung „Weltkommission für<br />

Umwelt und Entwicklung“ an, bzw. sie wird auch als „Brundtland-<br />

Kommission“ bezeichnet.<br />

Der Bericht thematisiert Herausforderungen wie das Bevölkerungswachstum<br />

einzugrenzen, die Ernährung der Weltbevölkerung sicherzustellen,<br />

die Artenvielfalt und die Ökosysteme zu erhalten oder eine<br />

ökologisch vertretbare und gerechte Energieversorgung zu gewährleisten.<br />

3. Auf analoge Weise hat der Weg zum Nachhaltigkeitsleitbild auch Ausgangspunkte in der<br />

Reflexion der (ökonomischen, sozialen) Beziehungen zwischen Menschen. Das soll hier<br />

aber nicht ausgeführt werden.<br />

16


2.2 Nachhaltigkeit – Karriere einer Idee<br />

Exkurs: Die Globale Herausforderung<br />

Trotz ermutigender Fortschritte der Menschheit – so dem Rückgang<br />

der Säuglingssterblichkeit, der Zunahme der Lebenserwartung der<br />

Menschen und einer im globalen Maßstab steigenden Nahrungsmittelproduktion<br />

– sieht die UN-Kommission für Umwelt und Entwicklung<br />

aus der Perspektive des Jahres 1987 Entwicklungen, die für die<br />

Menschen und den Planeten Erde bedrohlich sind:<br />

Es gibt in absoluten Zahlen mehr hungrige Menschen als je zuvor, bei<br />

weiterhin steigender Tendenz. Die Zahl der Analphabeten, die Zahl<br />

der Menschen ohne sauberes Wasser und ordentliche Wohnung und<br />

die Zahl der Menschen, denen es an Brennholz mangelt, steigen<br />

(VEREINTE NATIONEN 1990, S. 20). Gleichzeitig steigt die Industrieproduktion,<br />

sie ist in den vergangenen 100 Jahren „um das 50fache<br />

gestiegen, davon entfallen vier Fünftel auf die Zeit nach 1950“ (ebd.,<br />

S. 22). Die Kluft zwischen reichen und armen Ländern wächst.<br />

Während Menschen hungern, veröden jedes Jahr 6 Millionen Hektar<br />

an dringend benötigter produktiver Landfläche. Jährlich werden 11<br />

Millionen Hektar Wald zerstört, meist entsteht nur minderwertiges<br />

Ackerland daraus, das die Bauern, die es bewirtschaften, nicht ernähren<br />

kann (ebd., S.20). Die wichtigsten Fischarten, die 95% des Weltfischfangs<br />

sichern, sind durch Überfischen bedroht (ebd., S. 260).<br />

Die Emissionen z.B. an Schwefeldioxid und Kohlendioxid aus der<br />

Verbrennung von Kohle, Öl und Gas steigen; der (schwefel-)saure<br />

Regen zerstört vor allem in Europa Wälder, Seen und das architektonische<br />

Erbe; ein globaler Klimawandel vor allem in Folge der Kohlendioxid-Emissionen<br />

wird befürchtet – er hätte wiederum<br />

Auswirkungen z.B. auf den Verlauf der Klimazonen und damit auch<br />

auf die Situation der landwirtschaftlichen Anbauflächen.<br />

Innerhalb der 900 Tage, in denen die Kommission arbeitete (Oktober<br />

1984 – April 1987) erreichte in Afrika eine durch die Dürre ausgelöste<br />

Umwelt- und Entwicklungskrise mit einer Million Todesopfern<br />

ihren Höhepunkt; ein Unfall in einer Pestizidfabrik im indischen<br />

Bhopal tötete über 2000 Menschen und schädigte mehr als 200.000<br />

schwer; in Tschernobyl explodierte ein Kernreaktor, der nukleare<br />

Fallout breitete sich über weite Teile Europas aus; zudem starben geschätzte<br />

60 Millionen Menschen an Durchfallerkrankungen, die<br />

durch verschmutztes Trinkwasser bzw. Unterernährung hervorgerufen<br />

wurden (ebd., S.22).<br />

17


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

Es wird immer offensichtlicher, dass Fragen der (sozialen und) wirtschaftlichen<br />

Entwicklung nicht von Umweltfragen getrennt werden<br />

können. „Armut ist eine Hauptursache und eine Hauptfolge globaler<br />

Umweltprobleme. Es ist daher müßig, Umweltprobleme ohne eine<br />

umfassendere Perspektive meistern zu wollen, die auch die Ursachen<br />

für die Armut in der Welt und die internationale Ungleichheit einbezieht.“<br />

(ebd., S. 21)<br />

Nachhaltigkeit als<br />

Leitbild<br />

Auch angesichts schwerwiegender Probleme vertritt die Kommission<br />

die Überzeugung, dass die Menschen eine Zukunft aufbauen können,<br />

die glücklicher, gerechter und sicherer ist. Dafür ist allerdings entschiedenes<br />

politisches Handeln notwendig. Dafür entwirft die Kommission<br />

das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung, das heißt „eine Entwicklung,<br />

in der die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt werden, ohne dabei<br />

künftigen Generationen die Möglichkeit zur Befriedigung ihrer<br />

eigenen Bedürfnisse zu nehmen“ (VEREINTE NATIONEN 1990, S. 26 4 ).<br />

Es ist ein Verdienst des Brundtland-Berichtes, dass erstmals eine größere<br />

öffentliche Aufmerksamkeit für die Nachhaltigkeitsidee gewonnen<br />

werden konnte und dass konkrete Maßnahmen aufgezeigt wurden. Damit<br />

gehört dieser Bericht mit zu den Ereignissen, welche die Konferenz<br />

von Rio initiiert haben.<br />

2.2.2 Konferenz von Rio (1992)<br />

Die Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung<br />

(UNCED) fand im Juni 1992 in Rio de Janeiro statt. Auf der Konferenz<br />

von Rio wurden die Deklaration von Rio und die Agenda 21 (BUNDES-<br />

UMWELTMINISTERIUM 1992) verabschiedet. Zudem wurden die Klimaschutzkonvention<br />

und die Artenschutzkonvention unterzeichnet und die<br />

Walddeklaration verabschiedet, welche hier nicht weiter behandelt werden<br />

sollen.<br />

Agenda 21<br />

Mit der Deklaration von Rio und der Agenda 21 erklärte die Konferenz<br />

eine nachhaltige zukunftsfähige Entwicklung („sustainable development")<br />

zur zentralen Zukunftsaufgabe unserer Gesellschaften für das<br />

21. Jahrhundert. Entsprechende Entwicklungsprozesse sollten auf globaler,<br />

nationaler, regionaler und lokaler Ebene angeschoben werden. Es<br />

wurden Maßnahmen in der Umwelt-, Entwicklungs-, Sozial- und Wirt-<br />

4. Die in der Bundesrepublik Deutschland (West) erschienene Ausgabe (HAUFF 1987) hat<br />

eine geringfügig abweichende Formulierung.<br />

18


2.2 Nachhaltigkeit – Karriere einer Idee<br />

schaftspolitik gefordert. Dieser Beschluss wurde von 178 Staaten, darunter<br />

Deutschland, unterzeichnet.<br />

Die Agenda 21 ist in vier Hauptabschnitte und 40 Kapitel eingeteilt. Die<br />

Hauptabschnitte befassen sich mit<br />

1. der sozialen und wirtschaftlichen Dimensionen einer nachhaltigen<br />

Entwicklung,<br />

2. der Erhaltung und Bewirtschaftung der Ressourcen für die<br />

Entwicklung,<br />

3. der Stärkung der Rolle wichtiger Gruppen sowie<br />

4. Möglichkeiten der Umsetzung.<br />

Das für die <strong>BNE</strong> wichtigste Kapitel ist Kap. 36 „Förderung der Schulbildung,<br />

des öffentlichen Bewusstseins und der beruflichen Aus- und<br />

Fortbildung“. Daneben sind für die <strong>BNE</strong> u.a. Kap. 25 „Kinder und Jugendliche<br />

und nachhaltige Entwicklung“ sowie 28 „Initiativen der<br />

Kommunen zur Unterstützung der Agenda 21“ relevant.<br />

Die einzelnen Kapitel sind im Wesentlichen gleich strukturiert: Die<br />

Handlungsgrundlagen werden skizziert, Ziele werden benannt, Maßnahmen<br />

aufgezeigt und notwendige Instrumente zur Umsetzung angegeben.<br />

2.2.3 Commission for Sustainable Development (1993)<br />

1993 wurde, wie in der Agenda 21 vorgeschlagen, die UN-Kommission<br />

für nachhaltige Entwicklung (Commission for Sustainable Development<br />

/ CSD) gegründet. Sie ist ein Unterorgan des UN-Wirtschafts- und<br />

Sozialrates (ECOSOC). Ihre Mitglieder werden vom ECOSOC gewählt.<br />

53 Staaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, sind<br />

Mitglied. Sie werden in der Regel durch Umweltminister vertreten. Daneben<br />

sind NGOs und diverse Teilnehmer mit Beobachterstatus vertreten.<br />

Der Sitz der CSD ist New York. Die CSD soll jährlich die<br />

Umsetzung der Agenda 21 bilanzieren und die weitere Entwicklung abstecken.<br />

Auf der 6. jährlichen Sitzung 1998 wurden Beschlüsse zu Bildung<br />

und Kommunikation gefasst, u.a. wurden die Regierungen<br />

aufgefordert, auf allen Ebenen des Bildungssystems Ziele einer nachhaltigen<br />

Entwicklung in die Lehr- und Lernprogramme zu integrieren<br />

(BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2002, S. 5-6).<br />

19


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

2.2.4 Charta von Aalborg (1994)<br />

Am 24.-27. Mai 1994 fand im dänischen Aalborg die Europäische Konferenz<br />

über zukunftsbeständige Städte und Gemeinden statt (ICLEI<br />

1994). Sie wurde von der Stadt Alborg und der Europäischen Kommission<br />

veranstaltet und vom Internationalen Rat für Kommunale Umweltinitiativen<br />

ausgerichtet. Die Teilnehmer verabschiedeten die Charta<br />

der Europäischen Städte und Gemeinden auf dem Weg zur Zukunftsbeständigkeit<br />

(kurz: Charta von Aalborg, im Original: Charter of European<br />

Cities & Towns Towards Sustainability). Die Städte und<br />

Gemeinden bekennen sich hier zu ihrer Verantwortung für eine nachhaltige<br />

Entwicklung, die u.a. daraus resultiert, dass ca. 80% der europäischen<br />

Bevölkerung in städtischen Gebieten leben und dass die<br />

kommunale Ebene die bevölkerungsnäheste Ebene und der Rahmen ist,<br />

wo Umweltprobleme wahrgenommen werden. Auch gemäß Kapitel 28<br />

der Agenda 21 (BUNDESUMWELTMINISTERIUM 1992, S. 231-232) gehören<br />

die Kommunen zu den wichtigsten Akteuren für eine nachhaltige<br />

Entwicklung.<br />

Nachhaltige Entwicklung wird in der Charta von Aalborg als ein „kreativer,<br />

lokaler, gleichgewichtssuchender Prozess“ verstanden. Es werden<br />

kommunale Aktionsfelder der nachhaltigen Entwicklung definiert wie<br />

z.B. die soziale Gerechtigkeit, die Strukturen der Flächennutzung, die<br />

innerstädtische Mobilität, die Verantwortung für das Weltklima und die<br />

Rolle der Bürger.<br />

Initiierung Lokaler<br />

Agenda 21 Prozesse<br />

Bedeutung hat die Charta von Aalborg vor allem deshalb erlangt, weil<br />

sie Ausgangspunkt für eine Kampagne europäischer zukunftsbeständiger<br />

Städte und Gemeinden war. In den Folgejahren haben europaweit<br />

viele Kommunen – nach intensiver öffentlicher Diskussion – die Charta<br />

unterzeichnet und damit formell den Prozess zur Aufstellung einer eigenen<br />

Lokalen Agenda 21 begonnen.<br />

Die Lokale Agenda 21 ist Gegenstand des Kapitels 4 in diesem <strong>Lehrbrief</strong>.<br />

Exkurs: Welthandel, WTO und Nachhaltigkeit<br />

Wir würden diesen Streifzug durch einige Stationen des internationalen<br />

Nachhaltigkeitsdiskurses mit einem blinden Auge absolvieren,<br />

wenn wir nicht-nachhaltige Entwicklungen und deren Triebkräfte außen<br />

vor lassen würden. Mit Rückgriff auf COSBEY (2006) soll daher<br />

wenigstens kurz die Rolle der WTO gewürdigt werden.<br />

20


2.2 Nachhaltigkeit – Karriere einer Idee<br />

Nur drei Jahre nach der Konferenz von Rio – im Jahr 1995 – wurde<br />

die Welthandelsorganisation WTO gegründet, aber schon seit 1947<br />

hatten sich (zunächst 27) Staaten im Rahmen von GATT (General<br />

Agreement on Tariffs and Trade) dem Ziel verschrieben, Zollschranken<br />

abzubauen und für alle Mitgliedsstaaten akzeptable Handelsregeln<br />

zu schaffen. Seit Beginn der 90er Jahre rückte (bei GATT bzw.<br />

WTO) die Liberalisierung des Welthandels – also der möglichst weitgehende<br />

Abbau jeglicher Handelshemmnisse – in den Mittelpunkt.<br />

Nun manifestiert sich Umweltpolitik oftmals gerade in Regulierungsmaßnahmen<br />

wie z.B. Grenzwerten, Ge- oder Verboten; Konflikte<br />

mit der Handelsliberalisierung waren daher vorprogrammiert.<br />

Bereits 1991 kam es zu einem solchen Konflikt: Aus Gründen des<br />

Delphinschutzes hatten die USA die Einfuhr von Thunfisch aus Ländern<br />

verboten, bei denen Fangpraktiken üblich waren, die zu einem<br />

hohen Beifang an Delphinen führten, bzw. – stärker noch – „die nicht<br />

nachweisen konnten, dass ihre Fangmethoden den US-Standards des<br />

Delphinschutzes entsprachen“ (ebd., S. 239). Dagegen beschwerte<br />

sich Mexiko – und bekam vom Schiedsgericht der GATT Recht.<br />

Auch wenn das Urteil letztlich nicht wirksam wurde, zeigte sich doch<br />

die Problematik: Die rechtsverbindlichen Verträge, welche die Staaten<br />

im Zuge der Handelsliberalisierung eingehen, können dazu führen,<br />

dass Anliegen des Umweltschutzes oder der nicht<br />

rechtsverbindlichen Agenda 21 als illegal erklärt werden.<br />

Anhand von Madagaskar beschreibt COSBEY (ebd, S. 251-253),<br />

dass arme Länder des Südens aus strukturellen Gründen oft gar nicht<br />

in der Lage sind, Vorteile aus der Liberalisierung des Handels zu ziehen.<br />

COSBEY (ebd., S. 245) verweist auf weitere Umweltmaßnahmen, die<br />

in der WTO „als potenzielle Handelshemmnisse angeführt wurden“.<br />

So hatte z.B. Japan gegen die EU-Chemikalienverordnung REACH<br />

Beschwerde geführt, nach welcher neue und bestehende Chemikalien<br />

registriert werden müssen. Argentinien hatte sich gegen „Mindeststandards<br />

für Wärmeeffizienz in importierten Wasserkochern und<br />

obligatorische Informationen über Effizienzstufen“ gewehrt.<br />

Immerhin wurde inzwischen eine Verpflichtung auf das Ziel der<br />

nachhaltigen Entwicklung in die Präambel der WTO-Erklärung aufgenommen.<br />

In anderen zwischenstaatlichen Handelsverträgen ist<br />

nicht einmal das der Fall.<br />

21


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

2.2.5 Die Milleniumsziele (2001)<br />

Im September 2000 verabschiedeten 189 UN-Mitgliedsstaaten auf ihrem<br />

bis dahin größten Gipfeltreffen die Milleniumserklärung (VEREIN-<br />

TE NATIONEN 2000). Diese Agenda für die internationale Politik legte<br />

vier Handlungsfelder fest, die für eine globale Zukunftssicherung unerlässlich<br />

sind:<br />

• Frieden, Sicherheit und Abrüstung,<br />

• Entwicklung und Armutsbekämpfung,<br />

• Schutz der gemeinsamen Umwelt sowie<br />

• Menschenrechte, Demokratie und gute Regierungsführung.<br />

Nachfolgend erstellte eine internationale Arbeitsgruppe (u.a. Vertreter<br />

der UN, der Weltbank, der OECD) einen Zielkatalog, den der UN Generalsekretär<br />

Kofi Annan im September 2001 als "Road Map for the Implementation<br />

of the Millennium Declaration" der UN-<br />

Generalversammlung vorlegte. Diese sogenannten Milleniumsziele<br />

(MDG, Millenium Development Goals) bauen auf international vereinbarten<br />

Entwicklungszielen der großen UN-Konferenzen der 90er Jahre<br />

sowie auf der OECD/DAC-Resolution „Shaping the 21 st Century“ von<br />

1996 auf (VAN DE SAND 2005). Die unterzeichnenden Länder stellten<br />

sich die Ziele, bis 2015<br />

1. die extreme Armut und den Hunger zu bekämpfen<br />

2. allen Menschen eine Primarschulbildung zu ermöglichen<br />

3. die Gleichstellung der Geschlechter zu verbessern und die<br />

Rolle der Frauen zu stärken<br />

4. die Kindersterblichkeit zu senken<br />

5. die Gesundheitsversorgung für Mütter zu verbessern<br />

6. HIV/AIDS, Malaria und andere schwere Krankheiten zu<br />

bekämpfen<br />

7. eine ökologische Nachhaltigkeit zu sichern<br />

8. eine globale Entwicklungspartnerschaft aufzubauen. (MIL-<br />

LENIUMKAMPAGNE o.J., dort auch umfangreiches Datenmaterial<br />

zum Stand der Umsetzung)<br />

Diese Ziele werden durch Zielvorgaben untersetzt, z.B. zu Ziel 1: „bis<br />

zum Jahr 2015 den Anteil der Weltbevölkerung, dessen Einkommen<br />

weniger als 1 Dollar pro Tag beträgt, und den Anteil der Menschen, die<br />

Hunger leiden, zu halbieren, sowie bis zu demselben Jahr den Anteil der<br />

22


2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

Menschen, die hygienisches Trinkwasser nicht erreichen oder es sich<br />

nicht leisten können, zu halbieren“ (VEREINTE NATIONEN 2000, S. 12-<br />

13)<br />

Mit den MDGs werden bereits in der Agenda 21 bzw. anderen UN-Verlautbarungen<br />

beschriebene Aufgaben bekräftigt, allerdings stellen die<br />

MDGs diesen Dokumenten gegenüber eine Einengung und Abschwächung<br />

dar:<br />

• Das Ziel, bis 2015 den Anteil der extrem armen Menschen<br />

zu halbieren, belässt dann immer noch ca. 900 Millionen<br />

Menschen in extremer Armut. Viele Länder z.B. in Lateinamerika<br />

liegen über dem Einkommensniveau von 1US$,<br />

ohne dass damit dort das Problem der Armut bewältigt wäre.<br />

• Das Entwicklungsverständnis ist gegenüber dem eine ökologisch<br />

tragfähige und sozial gerechte Entwicklung umfassenden<br />

Ansatz der Agenda 21 verengt.<br />

• Schließlich bleibt die Verantwortung des Nordens vage. Präzise<br />

quantitative und zeitliche Vorgaben – so sie denn überhaupt<br />

in den MDGs vorkommen – beziehen sie sich fast<br />

ausschließlich auf sektorale Entwicklungsprozesse im<br />

Süden wie Bildung oder Gesundheit.<br />

2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

Unter dem Eindruck ihrer internationalen Karriere fand die Nachhaltigkeitsidee<br />

auch Resonanz in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Resonanz<br />

und die damit verbundene Weiterentwicklung sollen hier<br />

anhand weniger Stationen in chronologischer Reihenfolge skizziert<br />

werden. Insofern ist dieses Kapitel auch eine Fortsetzung von Kap. 2.1.<br />

Zunächst jedoch soll die Operationalisierung als ein grundlegendes Erfordernis<br />

einer nachhaltigen Entwicklung dargestellt werden.<br />

2.3.1 Operationalisierung der Nachhaltigkeitsidee<br />

Da Nachhaltigkeit kein fertiger Bauplan sondern ein Leitbild ist, musste<br />

dieses zunächst operationalisiert (für empirische Analysen bzw. politisches<br />

oder z.B. auch Alltagshandeln handhabbar gemacht) werden.<br />

Hierauf wird bereits in der Agenda 21 im Kapitel 40 „Informationen für<br />

die Entscheidungsfindung“ hingewiesen. Herkömmliche Indikatoren<br />

wie das Bruttosozialprodukt sind demnach nicht ausreichend, um eine<br />

nachhaltige (oder nicht nachhaltige) Entwicklung abzubilden. Daher<br />

sollte die Informationsgrundlage für eine nachhaltige Entwicklung<br />

23


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

grundlegend verbessert werden. (BUNDESUMWELTMINISTERIUM 1992,<br />

S. 282-283, vgl. auch SRU 1994 sowie SRU 1998, S. 48-124).<br />

Nicht alleine Deutschland musste sich dieser Aufgabe stellen; auf jeder<br />

Ebene, die sich am Leitbild der Nachhaltigkeit orientieren will, braucht<br />

man die Selbstvergewisserung durch empirische Daten. Das gilt insbesondere<br />

auch für Kommunen im Rahmen der Lokalen Agenda 21 (s.<br />

Kap. 4) oder für Schulen im Rahmen des Nachhaltigkeitsaudits (Kap.<br />

3.4.1). Wenn Sie sich im Modul 5 mit der Evaluation von Bildungsprozessen<br />

befassen, werden Sie methodische Parallelen entdecken, denn<br />

auch bei der Bildungsevaluation müssen Sie aus Ihren (didaktischen)<br />

Leitvorstellungen messbare Größen ableiten.<br />

Das Vorgehen bei der Operationalisierung soll hier in Anlehnung an<br />

GRUNWALD/KOPFMÜLLER (2006) skizziert werden.<br />

Leitbild<br />

Konzeptionen<br />

Das Leitbild Nachhaltigkeit liefert grundlegende Orientierungen, so<br />

z.B., Politik an der Idee der Gerechtigkeit auszurichten oder die Grenzen<br />

der Tragfähigkeit der Ökosysteme einzuhalten.<br />

Diese Orientierungen bedürfen der Konkretisierung, denn erst dann<br />

können sie angemessen in gesellschaftliches Handeln und praktische<br />

Politik umgesetzt werden. Konzeptionen leisten diese Konkretisierung<br />

(ebd., S. 37-58). Solche Konzeptionen können sich unterschiedlichen<br />

Fragen widmen und diese unterschiedlich beantworten.<br />

• Die Frage danach, welches „Kapital“ nach welchen Regeln<br />

von Generation zu Generation weitergegeben werden sollte,<br />

wird von den Konzeptionen der starken bzw. schwachen<br />

Nachhaltigkeit beantwortet (Details beim Aspekt ethischmoralische<br />

Fundierung im Kap. 2.4).<br />

• Der Frage, ob konkrete gesellschaftliche Zielvorgaben<br />

bereits am Beginn einer nachhaltigen Entwicklung festgelegt<br />

oder erst im Prozessverlauf ausgehandelt werden sollen,<br />

widmen sich die Konzeptionen der substanziellen bzw. der<br />

prozeduralen Nachhaltigkeit (Details beim Aspekt kommunikative,<br />

prozessorientierte Ausrichtung im Kap. 2.4).<br />

• Die Frage nach der Gewichtung der ökologischen, ökonomischen<br />

bzw. sozialen Dimension gesellschaftlicher Entwicklung<br />

wird von Ein-Säulen-Konzeptionen (vgl. Studie<br />

Zukunftsfähiges Deutschland unter Kap. 2.3.3 sowie die<br />

Positionen des Sachverständigenrates für Umweltfragen<br />

(SRU)), von Mehr-Säulen-Konzeptionen (vgl. Konzept<br />

Nachhaltigkeit im Kapitel 2.3.4 sowie) bzw. von integrativen<br />

Ansätzen (vgl. die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie<br />

unter 2.3.5) beantwortet.<br />

24


2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

Indikatoren sind Umstände oder Merkmale, die als (beweiskräftige)<br />

Anzeichen oder Hinweise auf etwas anderes dienen (DUDENVERLAG<br />

2006). Im Kapitel 40 der Agenda 21 wird gefordert, auf internationaler<br />

wie nationaler Ebene Indikatorensysteme zur Erfassung der nachhaltigen<br />

Entwicklung aufzustellen (BUNDESUMWELTMINISTERIUM 1992, S.<br />

282ff). Mit Nachhaltigkeitsindikatoren sollen u.a. Zustände und Entwicklungen<br />

(Trends) charakterisiert, Fehlentwicklungen identifiziert<br />

und kommuniziert 5 , Handlungsbedarf abgeleitet und Erfolge kontrolliert<br />

werden (GRUNWALD/KOPFMÜLLER 2006, S. 59).<br />

Indikatoren und<br />

Zielwerte, Diagnose<br />

Bei der Entwicklung von Nachhaltigkeitsindikatoren kann auf eine teilweise<br />

jahrzehntelange Praxis der Erhebung ökonomischer, ökologischer<br />

und sozialer Indikatoren zurückgegriffen werden. Einer der<br />

bekanntesten (ökonomischen) Indikatoren ist das Bruttoinlandsprodukt.<br />

GRUNWALD/KOPFMÜLLER (2006, S. 59-65) systematisieren verschiedene<br />

Indikatorensysteme, z.B. nach<br />

• inhaltlich-strukturellen Gesichtspunkten: Beim Pressure-<br />

State-Response Ansatz der OECD wird beispielsweise stark<br />

vereinfachend zwischen anthropogenen Umweltbelastungen<br />

(Ursachen / Druck), deren Wirkungen (Zustand der<br />

Umwelt) und Gegenmaßnahmen unterschieden, und für alle<br />

drei kausalen Aspekte werden Indikatoren gesucht. Dieser<br />

Ansatz wurde Anfang der 90er Jahre entwickelt und u.a. auf<br />

die Klimaveränderung, die Zerstörung der Ozonschicht oder<br />

die Eutrophierung angewendet. Die CSD hat den Ansatz in<br />

den Jahren seit 1995 weiterentwickelt, dabei „pressure“<br />

durch „driving force“ ersetzt und den kausalen Zusammenhang<br />

zwischen den drei Kategorien aufgehoben (GOMM/<br />

WILLKE 2000). Bei mehrdimensionalen oder integrativen<br />

Nachhaltigkeitskonzepten (siehe oben) stößt der Pressure-<br />

State-Response Ansatz jedoch an Grenzen.<br />

• dem Grad der räumlichen Aggregation: Indikatoren können<br />

z.B. auf kommunaler, nationaler oder globaler Ebene erhoben<br />

werden.<br />

• dem Grad der inhaltlichen Aggregation: Es kann zwischen<br />

eindimensionalen Indikatoren (z.B. Ressourcenverbrauch,<br />

BIP) und Dimensionen übergreifenden Indikatoren (z.B.<br />

Ressourcenproduktivität als Quotient aus Bruttoinlandsprodukt<br />

und Ressourcenverbrauch) unterschieden werden. Eine<br />

besonders hohe Stufe der Aggregation wird mit Indizes<br />

5. Aus der Erfahrung mit schulischen Nachhaltigkeitsaudits (Kap. 3.4.1) möchte ich<br />

ergänzen, dass es auch wichtig ist, Erfolge und Stärken zu identifizieren, zu<br />

kommunizieren und gezielt auszubauen.<br />

25


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

erreicht; besonders bekannt ist z.B. der Human Development<br />

Index (HDI), den die Vereinten Nationen seit 1992 für<br />

mehr als 150 Staaten erheben und der die Aspekte Lebenserwartung,<br />

Bildung und Lebensstandard vereint.<br />

Mit den Indikatoren werden Merkmale von Zuständen bzw. Prozessen<br />

(IST) erfasst. Zudem sind Zielwerte (SOLL) erforderlich, welche die<br />

anzustrebende Merkmalsausprägung beschreiben. Derartige Zielwerte<br />

sind keine Naturkonstanten, sie werden in der Regel (mehr oder weniger<br />

demokratisch) in einem gesellschaftlichen Diskurs ausgehandelt<br />

(GRUNWALD/KOPFMÜLLER 2006, S. 63). Wenn IST-Werte erfasst und<br />

SOLL-Werte festgelegt sind, können beide miteinander verglichen werden.<br />

Dies führt zu einer Bewertung, einer Diagnose. GRUNWALD/KOPF-<br />

MÜLLER (2006, S. 65-69) nehmen eine solche Nachhaltigkeitsdiagnose<br />

für Deutschland vor; hier in diesem <strong>Lehrbrief</strong> finden Sie Beispiele für<br />

Zielwerte bzw. Diagnosen in den Kapiteln 2.3.3, 2.3.4, 2.3.5, 4.1.1 und<br />

4.1.3.<br />

Strategien und<br />

Maßnahmen<br />

Je nachdem, wie die Bewertung ausfällt, werden bestimmte Strategien<br />

bzw. Maßnahmen erforderlich, um bereits erreichte Erfolge auszubauen<br />

bzw. Defizite zu überwinden.<br />

Eine volkswirtschaftlich relevante und aus Nachhaltigkeitssicht problematische<br />

Strategie ist die Wachstumsstrategie, die seit 1967 im Stabilitäts-<br />

und Wachstumsgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert<br />

ist. GRUNWALD/KOPFMÜLLER (2006, S. 71-75) führen diese Strategie<br />

und mögliche Alternativstrategien näher aus.<br />

Effizienz, Suffizienz und Konsistenz hingegen sind Strategien, welche<br />

eine nachhaltige Entwicklung unterstützen (vgl. Kapitel 2.4 unter ökonomisch-ökologischer<br />

Neuorientierung).<br />

GRUNWALD/KOPFMÜLLER (2006, S. 78-81) weisen darauf hin, dass diese<br />

drei Strategien zwar auf die ökologische Dimension von Nachhaltigkeit<br />

anwendbar seien, nicht aber auf ebenso nachhaltigkeitsrelevante<br />

Probleme wie Staatsverschuldung oder Bildungsdefizite. So wie sie integrative<br />

Konzeptionen (siehe oben) für angemessen halten, befürworten<br />

sie auch integrative Strategieansätze. Als ein Beispiel führen sie das<br />

Konzept Nachhaltigkeit der Enquete-Kommission des 13. Deutschen<br />

Bundestages (siehe nachfolgend Kapitel 2.3.4) an, wo exemplarische<br />

Untersuchungen in den drei Handlungsfeldern Bodenversauerung, Informations-<br />

und Kommunikationstechnik sowie Bauen und Wohnen<br />

angestellt und dabei jeweils ökologische, ökonomische und soziale<br />

Aspekte integriert werden.<br />

Derartige Strategien müssen schließlich in konkrete Maßnahmen münden.<br />

Von der politischen Ebene aus können z.B. Gesetze (bzw. unterge-<br />

26


2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

setzliche Regelwerke) erlassen oder Förderprogramme aufgelegt<br />

werden. Als Beispiele – hier für die Umsetzung der Effizienzstrategie –<br />

können die Vorschriften zum Energiepass für Gebäude nach einer EU-<br />

Verordnung oder die finanzielle Förderung der Wärmedämmung an<br />

Gebäuden dienen.<br />

Die hier beschriebene Operationalisierung ist kein einmaliger linearer<br />

Prozess. Mindestens sind die Ergebnisse der Maßnahmen durch eine erneute<br />

Datenerfassung und Bewertung zu überprüfen; in der Praxis werden<br />

jedoch auch z.B. Konzeptionen oder Indikatorensysteme<br />

weiterentwickelt, so dass dann in einem folgenden Zyklus auf ein verbessertes<br />

Instrumentarium zurückgegriffen werden kann.<br />

Exkurs: Nachhaltigkeitsindikatoren in der <strong>BNE</strong><br />

Die Bemühungen um eine Operationalisierung der Nachhaltigkeitsidee<br />

haben, auch in Verbindung mit der Effizienzstrategie, verschiedene<br />

„Indikatoren“ hervorgebracht, welche zentrale Aspekte der<br />

Nachhaltigkeit illustrieren und daher auch Eingang in die Bildung gefunden<br />

haben.<br />

MIPS = Material Input pro Serviceeinheit. Das Modell will den<br />

Ressourcenverbrauch für die Erfüllung bestimmter menschlicher<br />

Bedürfnisse quantifizieren und den Blick auf effizientere Alternativen<br />

zur Bedürfnisbefriedigung lenken (SCHMIDT-BLEEK 1993 und<br />

1998). Dazu ein Beispiel: Legen Sie Wert darauf, einen Fernseher zu<br />

besitzen? Oder möchten Sie einfach nur einen Spielfilm sehen?<br />

Letzteres ließe sich z.B. auch realisieren, indem Sie einen Fernseher<br />

nicht kaufen sondern leasen (die Verantwortung für das Produkt bis<br />

hin zur späteren Entsorgung bleibt beim Hersteller/Leasinggeber),<br />

indem Sie eine DVD an dem evtl. ebenfalls im Haushalt befindlichen<br />

PC abspielen, den Film aus dem Internet downloaden oder ins<br />

Kino gehen / fahren. Es entsteht somit ein ganzen Spektrum an<br />

Optionen, das Ihnen zur Erfüllung Ihres Bedürfnisses zur Verfügung<br />

steht. Sofern MIPS-Daten vorliegen, können Sie die Option auswählen,<br />

welche relativ (pro gesehenem Film) den geringsten Materialeinsatz<br />

erfordert. – Da wir Güter (mit Ausnahme sogenannter<br />

Verbrauchsgüter wie z.B. Nahrungsmittel) nutzen, um damit Dienstleistungen<br />

zu realisieren, können vergleichbare Überlegungen auch<br />

für diverse andere Bereiche angestellt werden – so auch für diese<br />

Publikation, die Sie gerade lesen (Papierversion vs. Online-Version<br />

vs. Besuch einer Fortbildungsveranstaltung...). – Das Projekt „Mips<br />

für Kids“ vom WUPPERTAL-INSTITUT (2002) will dieses Konzept<br />

Kindern vermitteln.<br />

27


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

Der Begriff ökologischer Rucksack wurde SCHMIDT-BLEEK (1998)<br />

entwickelt. Er steht für „die Gesamtheit aller Primärmaterialien... die<br />

bei der Herstellung eines Stoffes oder Produktes... der Umwelt entnommen<br />

werden, aber nicht in den Stoff oder das Produkt eingehen.“<br />

(BROT FÜR DIE WELT/EED/BUND 2008, S.143) So hat ein Fahrrad einen<br />

ökologischen Rucksack von 400 kg, ein PC von 0,5-1,5 t und ein<br />

einfacher Herrenschuh von ca. 700 kg. EDUCATION GROUP GMBH<br />

(<strong>2011</strong>) bietet eine Übersicht zu entsprechenden Unterrichtskonzepten.Spezifische<br />

CO 2 -Emissionen fokussieren auf die Klimarelevanz<br />

der Produktion bzw. des Konsums von Gütern und Dienstleistungen.<br />

Die aus Ihrem Stromverbrauch resultierenden CO 2 -Emissionen sind<br />

auf Ihrer Stromrechnung ausgewiesen, wenn sie Ihnen zu hoch erscheinen,<br />

können Sie den Stromanbieter wechseln. Autohersteller<br />

geben an, wie viel CO 2 ihre Fahrzeuge pro gefahrenen Kilometer<br />

ausstoßen, der VCD hat daraus Kaufempfehlungen für verschiedene<br />

Nutzertypen erstellt (www.besser-autokaufen.de/). Die Bahn hat in<br />

ihre Online-Fahrplanauskunft einen „UmweltMobilCheck“ integriert,<br />

wo Sie die CO 2 -Emissionen einer Bahnfahrt mit einer entsprechenden<br />

Autofahrt bzw. Flugreise vergleichen können (vgl.<br />

www.reiseauskunft.bahn.de/). Auch zur Klimarelevanz von Lebensmitteln<br />

gibt es Daten (vgl. GRABOLLE/LOITZ 2007). – Für die <strong>BNE</strong><br />

können Sie derartige Indikatoren nutzen, um mit Lernenden den eigenen<br />

CO 2 -Fußabdruck zu ermitteln oder eine CO 2 -Bilanz der<br />

Schule/Bildungseinrichtung zu erstellen (LANGNER <strong>2011</strong> und <strong>2011</strong>a,<br />

LANDESINSTITUT FÜR LEHRERBILDUNG UND SCHULENTWICKLUNG<br />

<strong>2011</strong>).<br />

Mit dem Begriff des virtuellen Wassers soll der Blick darauf gelenkt<br />

werden, dass in den von uns konsumierten Produkten auch die wertvolle<br />

Ressource Wasser steckt. Auch hierzu gibt es umfängliche Informationen<br />

und spezielle Bildungsangebote (www.virtuelleswasser.de/).<br />

Der ökologische Fußabdruck ist die Fläche, die eine Gesellschaft<br />

zur Versorgung mit Ressourcen und zur Entsorgung der Abfälle und<br />

Emissionen benötigt – also die Summe der Flächen für Bauland für<br />

Wohnungen, die Acker- und Weideflächen für Nahrung, Verkehrsflächen,<br />

etc. Diesen Wert kann man einerseits für die gesamte Weltbevölkerung<br />

und andererseits für den einzelnen Menschen ermitteln<br />

und somit abschätzen, wie intensiv wir Menschen die Tragfähigkeit<br />

der Erde ausnutzen.<br />

28


2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

Daraus können letztlich sehr bildhafte und plakative Schlussfolgerungen<br />

abgeleitet werden, etwa dass die Menschheit schon jetzt die<br />

Ressourcen von 1,2 Erden brauche (BROT FÜR DIE WELT/EED/BUND<br />

2008, S. 121). OTT/DÖRING (2008, S. 176) kritisieren den ökologischen<br />

Fußabdruck und das dem zugrunde liegende Konzept des Umweltraumes<br />

aufgrund der darin enthaltenen „äußerst komplizierten<br />

Umrechnungen“ verschiedenster Parameter in Flächenangaben. –<br />

Beispiele für „Footprintrechner“ werden von LANGNER <strong>2011</strong>a vorgestellt.<br />

Mit solchen Indikatoren(systemen) kann jedermann – im Privatleben<br />

oder auch in organisierten Bildungsprozessen – Anhaltspunkte für eine<br />

nachhaltige Ausrichtung des eigenen Lebens gewinnen, und tatsächlich<br />

können wir als „Verbraucher, Wähler, Geldanleger etc.“<br />

(MILKE/ROSTOCK 2010 S,19) eine nachhaltige Entwicklung mit vorantreiben.<br />

Diese Mitgestaltungsmöglichkeiten werden jedoch durch<br />

nicht nachhaltige Strukturen oder Rahmenbedingungen konterkariert<br />

und behindert, z.B. wenn die Pauschalflugreise die billigste Urlaubsoption<br />

ist oder Verkehrssysteme Autofahrer bevorteilen und schwächere<br />

Verkehrsteilnehmer benachteiligen (ebd.). In der Bildung gilt<br />

es daher, eine Balance zu finden und einerseits individuelle Handlungsmöglichkeiten<br />

aufzuzeigen, andererseits aber auch strukturelle<br />

Veränderungen einzufordern bzw. diese aktiv mit zu gestalten.<br />

Ferner sollten diese Indikatoren bzw. die darauf aufbauenden Tools<br />

nicht dazu verleiten, auf dem einen Auge sehend und auf dem anderen<br />

blind zu werden. So kann Ihnen z.B. der UmweltMobilCheck der<br />

Bahn dabei helfen, für eine Geschäftsreise von Hamburg nach München<br />

die umweltverträglichste Option zu finden. Aber vielleicht ließe<br />

sich die Besprechung, zu der Sie fahren wollen, auch als Skype-Konferenz<br />

organisieren? – Gerade in der Bildungsarbeit sollten daher die<br />

Rechenergebnisse der o.g. Tools nicht als absolute Wahrheiten<br />

missverstanden werden: Es sind Näherungswerte, die auf Annahmen<br />

und Hochrechnungen basieren, und die dort festgelegten Systemgrenzen<br />

stimmen nicht zwangsläufig mit Ihren Denkweisen, Bedürfnissen<br />

und Möglichkeiten überein.<br />

2.3.2 Staatsziel Nachhaltigkeit / Umweltschutz (1994)<br />

Im Jahr 1994 wurde das Prinzip der Nachhaltigkeit mit dem Focus auf<br />

Umweltschutz als Staatsziel im Grundgesetz verankert: „Der Staat<br />

schützt auch in Verantwortung für künftige Generationen die natürlichen<br />

Lebensgrundlagen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Ordnung<br />

durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht<br />

29


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

durch die vollziehende Gewalt und Rechtssprechung.“ (Artikel 20a<br />

Grundgesetz).<br />

2.3.3 Studie Zukunftsfähiges Deutschland (1995)<br />

Im Herbst 1995 wurde die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ vorgestellt<br />

(BUND/MISEREOR 1996). Als Herausgeber hatten sich der<br />

Umweltverband BUND und die Organisation der Entwicklungszusammenarbeit<br />

MISEREOR zusammengetan.<br />

Konzept des<br />

Umweltraums<br />

Leitbilder zur Nachhaltigkeitskommunikation<br />

Die Studie nimmt explizite Bezug auf das Gerechtigkeitspostulat der<br />

Agenda 21 (siehe Kap. 2.4). Daraus wird abgeleitet, dass (1.) die künftigen<br />

Generationen die gleichen Rechte auf eine intakte Natur haben<br />

wie wir und (2.) dass weltweit jeder Mensch das gleiche Recht hat, die<br />

globalen Umweltressourcen zu nutzen – solange die Menschheit damit<br />

die Umwelt nicht übernutzt. Nach dem Vorbild niederländischer Studien<br />

wird somit einer Gesellschaft entsprechend ihrer Bevölkerungszahl<br />

ein „Umweltraum“ zugemessen, den sie nutzen kann. Deutschland verbraucht<br />

demnach deutlich mehr Umweltraum, als ihm aufgrund der Bevölkerungszahl<br />

zusteht. Dazu schreibt VENRO (2000, S. 7): „Das im<br />

Norden verwirklichte Wohlstandsniveau ist nicht universalisierbar. So<br />

gesehen, ist auch Deutschland nach den Maßstäben einer global zukunftsfähigen<br />

Entwicklung fehlentwickelt, d.h. selbst ein ´Entwicklungsland´.“<br />

BUND/MISEREOR kommen zu dem Schluss, dass wir in<br />

Deutschland wesentliche Ressourcenverbräuche und Emissionen bis<br />

2050 um 80-90% reduzieren müssten (Details siehe Tabelle 2 im Kap.<br />

2.3.6). Darauf zielende Strategien wie Effizienz bzw. Suffizienz werden<br />

im Kap. 2.4 angesprochen.<br />

Den Schwerpunkt der Studie bilden jedoch Leitbilder für den Veränderungsprozess<br />

der Gesellschaft. Die Studie überwindet die Reduktion der<br />

Umweltproblematik auf Zahlen und bietet neue Wertehaltungen an. Zukunftsfähiger<br />

könnte die Bundesrepublik demnach werden, wenn die<br />

Gesellschaft ein „rechtes Maß für Zeit und Raum“ finden oder „eine<br />

lernfähige Infrastruktur“ aufbauen würde. Wer sich an „Gut leben statt<br />

viel haben“ orientiert, kann demnach persönliches Glück mit einem<br />

nachhaltigen Lebensstil verbinden. – Derartige positive Leitbilder gehören<br />

heute in den „Werkzeugkasten“ der Nachhaltigkeitskommunikation<br />

bzw. auch der <strong>BNE</strong>; es wird kaum noch als zeitgemäß angesehen,<br />

im Sinne einer „Katastrophenpädagogik“ nur mit Schreckensszenarien<br />

zu arbeiten.<br />

30


2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

2.3.4 Konzept Nachhaltigkeit der Enquete-Kommission<br />

des 13. Deutschen Bundestages (1998)<br />

Die Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt –<br />

Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen<br />

Entwicklung“ wurde am 1.6.1995 vom 13. Deutschen Bundestag eingesetzt.<br />

Die Kommission legte 1998 ihren Abschlussbericht „Konzept<br />

Nachhaltigkeit“ vor (DEUTSCHER BUNDESTAG 1998).<br />

Mit ihrem Abschlussbericht erhebt die Kommission den Anspruch, einen<br />

gangbaren Weg zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee aufzuzeigen.<br />

Dazu werden Ziele, Instrumente und Maßnahmen sowie<br />

Verantwortliche benannt (ebd., S. 5). Damit zeigt die Kommission exemplarisch<br />

den notwendigen Weg zur Aufstellung der gesamtgesellschaftlichen<br />

Nachhaltigkeitskonzepte auf; im Kap. 3 vertieft sie ihre<br />

Vorstellungen zu einer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.<br />

Das Leitbild einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung wird<br />

hier weiter gefasst als von der Enquete-Kommission des 12. Deutschen<br />

Bundestages (welche sich einem nachhaltigen Umgang mit Stoff- und<br />

Materialströmen gewidmet hatte) und vom SRU (welcher dezidiert von<br />

einer dauerhaft-umweltgerechten Entwicklung sprach und spricht). Die<br />

Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des 13.<br />

Deutschen Bundestages integrierte durchgängig die drei Säulen Ökologie,<br />

Ökonomie und Soziales und schuf damit die Grundlage dafür, dass<br />

das „Nachhaltigkeitsdreieck“ eines der bekanntesten mentalen Modelle<br />

im Nachhaltigkeitdiskurs wurde (siehe Abb. 2 im Kap. 2.4).<br />

Die Kommission formuliert u.a. Managementregeln als strategische<br />

Handlungsprinzipien in diesen Dimensionen, und nur dieser Teil des<br />

Konzepts soll hier ausführlicher wiedergegeben werden (siehe Kasten)<br />

6 .<br />

Drei-Säulen-Konzept<br />

Managementregeln<br />

Den umfangreichsten Teil des Konzeptes bilden die exemplarischen<br />

Untersuchungen in den drei Handlungsfeldern Bodenversauerung, Informations-<br />

und Kommunikationstechnik sowie Bauen und Wohnen.<br />

Zu jedem Handlungsfeld werden Hintergründe beschrieben, Leitbilder<br />

und Ziele dargestellt, eine Status- und Trendanalyse durchgeführt sowie<br />

Ziele, Strategien und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Dabei werden<br />

stets die ökologische, die ökonomische und die soziale Dimension<br />

berücksichtigt.<br />

6. Erste – damals noch alleine auf die Stoffstromwirtschaft bezogene – Managementregeln<br />

wurden bereits im Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und<br />

der Umwelt“ (DEUTSCHER BUNDESTAG 1994) formuliert. Der SRU (1994, S.10)<br />

formulierte das Vorsorgegebot, das im Kasten „Managementregeln...“ in der<br />

Ökologischen Dimension als Nr. 5 angeführt ist.<br />

31


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

Zudem befasst sich der Bericht mit dem Innovationsaspekt einer nachhaltigen<br />

Entwicklung.<br />

Managementregeln der Enquete-Kommission des 13. Deutschen<br />

Bundestages (DEUTSCHER BUNDESTAG 1998)<br />

Managementregeln für die ökologische Dimension (ebd., S. 46)<br />

1. „Die Abbaurate erneuerbarer Ressourcen soll deren<br />

Regenerationsrate nicht überschreiten. Dies entspricht der<br />

Forderung nach Aufrechterhaltung der ökologischen Leistungsfähigkeit,<br />

d.h. (mindestens) nach Erhaltung des von<br />

den Funktionen her definierten ökologischen Realkapitals.<br />

2. Nicht-erneuerbare Ressourcen sollen nur in dem Umfang<br />

genutzt werden, in dem ein physisch und funktionell<br />

gleichwertiger Ersatz in Form erneuerbarer Ressourcen<br />

oder höherer Produktivität der erneuerbaren sowie der<br />

nicht erneuerbaren Ressourcen geschaffen wird.<br />

3. Stoffeinträge in die Umwelt sollen sich an der Belastbarkeit<br />

der Umweltmedien orientieren, wobei alle Funktionen<br />

zu berücksichtigen sind, nicht zuletzt auch die „stille“<br />

und empfindlichere Regelungsfunktion.<br />

4. Das Zeitmaß anthropogener Einträge bzw. Eingriffe in die<br />

Umwelt soll in einem ausgewogenen Verhältnis zum Zeitmaß<br />

der für das Reaktionsvermögen der Umwelt relevanten<br />

natürlichen Prozesse stehen.<br />

5. Gefahren und unvertretbare Risiken für die menschliche<br />

Gesundheit und die Umwelt durch anthropogene Einwirkungen<br />

sind zu vermeiden.“<br />

Managementregeln für die ökonomische Dimension (ebd., S. 48)<br />

1. „Das ökonomische System soll individuelle und gesellschaftliche<br />

Bedürfnisse effizient befriedigen. Dafür ist die<br />

Wirtschaftsordnung so zu gestalten, daß sie die persönliche<br />

Initiative fördert (Eigenverantwortung) und das<br />

Eigeninteresse in den Dienst des Gemeinwohls stellt<br />

(Regelverantwortung), um das Wohlergehen der derzeitigen<br />

und der künftigen Bevölkerung zu sichern. Es soll so<br />

organisiert werden, dass es auch gleichzeitig die übergeordneten<br />

Interessen wahrt.<br />

32


2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

2. Preise müssen dauerhaft die wesentliche Lenkungsfunktion<br />

auf Märkten wahrnehmen. Sie sollen dazu weitestgehend<br />

die Knappheit der Ressourcen, Senken,<br />

Produktionsfaktoren, Güter und Dienstleistungen wiedergeben.<br />

3. Die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs sind so zu<br />

gestalten, daß funktionsfähige Märkte entstehen und aufrechterhalten<br />

bleiben, Innovationen angeregt werden,<br />

dass langfristige Orientierung sich lohnt und der gesellschaftliche<br />

Wandel, der zur Anpassung an zukünftige<br />

Erfordernisse nötig ist, gefördert wird.<br />

4. Die ökonomische Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft<br />

und ihr Produktiv-, Sozial- und Humankapital müssen im<br />

Zeitablauf zumindest erhalten werden. Sie sollten nicht<br />

bloß quantitativ vermehrt, sondern vor allem qualitativ<br />

ständig verbessert werden.“<br />

Managementregeln für die soziale Dimension (ebd., S. 51f)<br />

1. „Der soziale Rechtsstaat soll die Menschenwürde und die<br />

freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie Entfaltungschancen<br />

für heutige und zukünftige Generationen<br />

gewährleisten, um auf diese Weise den sozialen Frieden<br />

zu bewahren.<br />

2.a. Jedes Mitglied der Gesellschaft erhält Leistungen von der<br />

solidarischen Gesellschaft:<br />

1. entsprechend geleisteter Beiträge für die sozialen<br />

Sicherungssysteme,<br />

2. entsprechend Bedürftigkeit, wenn keine Ansprüche<br />

an die solidarischen Sicherungssysteme bestehen.<br />

2.b. Jedes Mitglied der Gesellschaft muß entsprechend seiner<br />

Leistungsfähigkeit einen solidarischen Beitrag für die<br />

Gesellschaft leisten.<br />

3. Die sozialen Sicherungssysteme können nur in dem<br />

Umfang wachsen, wie sie auf ein gestiegenes wirtschaftliches<br />

Leistungspotential zurückgehen.<br />

4. Das in der Gesellschaft insgesamt und auch in den einzelnen<br />

Gliederungen vorhandene Leistungspotential soll für<br />

künftige Generationen zumindest erhalten werden.“<br />

33


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

2.3.5 Nationale Nachhaltigkeitsstrategie (2002)<br />

Grundlage für<br />

Regierungshandeln<br />

Entstehungsgeschichte<br />

Nach den bisher skizzierten Diskussionsbeiträgen von beratenden wissenschaftlichen<br />

bzw. politischen Gremien muss das Leitbild der Nachhaltigkeit<br />

letztlich (auch) in Regierungshandeln münden. Bereits auf<br />

der Konferenz von Rio wurde die Umsetzung der Agenda 21 in erster<br />

Linie als Aufgabe der Regierungen angesehen. Als eine „entscheidende<br />

Voraussetzung“ dafür wurden „politische Konzepte, Pläne, Leitsätze<br />

und Prozesse auf nationaler Ebene“ angesehen (BUNDESUMWELTMINI-<br />

STERIUM 1992, S.9). Per Beschluss der UN-Sondervollversammlung<br />

von 1997 wurden die Unterzeichnerstaaten aufgefordert, ihre nationalen<br />

Nachhaltigkeitsstrategien spätestens 2002 fertig zu stellen.<br />

Erste Schritte zur Erarbeitung einer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie<br />

wurden seit 1996 unter der damaligen Bundesumweltministerin Merkel<br />

unternommen. 1998 legte das Bundesumweltministerium ein umweltpolitisches<br />

Schwerpunktprogramm vor, das die Themenschwerpunkte<br />

Schutz der Erdatmosphäre, Schutz des Naturhaushalts, Ressourcenschonung,<br />

Schutz der menschlichen Gesundheit, umweltschonende<br />

Mobilität und Verankerung einer Umweltethik enthält. Es wurde allerdings<br />

vom Bundeskabinett nicht verabschiedet. (BUNDESUMWELTMINI-<br />

STERIUM 1998, zur Diskussion dazu siehe SRU 2000, S. 99-105 und<br />

SRU 2002, S. 147-169).<br />

Die Rot-Grüne Koalition nahm die Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie<br />

in ihre Koalitionsvereinbarung auf. Im Jahr 2000 richtete sie<br />

einen Staatssekretärsausschuss für Nachhaltige Entwicklung sowie einen<br />

Rat für Nachhaltige Entwicklung ein. Ende 2001 legte der Staatssekretärsausschuss<br />

den Entwurf einer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie<br />

vor. Die Bundesregierung verabschiedete dann die nationale Nachhaltigkeitsstrategie<br />

unter dem Titel „Perspektiven für Deutschland“ im<br />

Jahr 2002. Obwohl die Bundesrepublik 1971 mit ihrem ersten Umweltprogramm<br />

noch eine Rolle als Vorreiter im internationalen Maßstab innehatte,<br />

gehörte sie damit zu den letzten Staaten, die eine<br />

Nachhaltigkeitsstrategie aufstellten (SRU 2000, S.21 und 89ff sowie<br />

SRU 2002, S. 28ff und 162ff).<br />

Gliederung der<br />

Strategie<br />

Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie enthält sieben Kapitel:<br />

A) Von der Idee zur Strategie<br />

B) Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung: Hier wird das<br />

Leitbild entlang der Themenfelder Generationengerechtigkeit,<br />

Lebensqualität, sozialer Zusammenhalt und Internationale<br />

Verantwortung ausgebreitet. Damit rückt die<br />

Bundesregierung von dem Drei-Säulen-Modell (siehe<br />

oben), ab und bringt ein integratives Konzept zum Tragen.<br />

34


2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

Hier werden auch Managementregeln aufgestellt, die Leitlinien<br />

für eine gute Praxis im Bezug zu den Themenfeldern<br />

beschreiben (siehe unten).<br />

C) Strategie als gesellschaftlicher Prozess<br />

D) Indikatoren und Ziele: Hier werden die Themenfelder mit<br />

Indikatoren und Zielen operationalisiert.<br />

E) Schwerpunkte einer nachhaltigen Entwicklung: Hier werden<br />

ausführlicher sieben Schwerpunkte der Politik der Bundesregierung<br />

beschrieben. Sie werden teilweise mit konkreten<br />

Pilotprojekten gefördert, so der Schwerpunkte „Energie effizient<br />

nutzen – Klima wirksam schützen“ durch das Pilotprojekt<br />

„Erneuerbare Energien und Effiziente Energienutzung<br />

in Brennstoffzellen“.<br />

F) Global Verantwortung übernehmen: Dieses Kapitel kann als<br />

achter Schwerpunkt angesehen werden.<br />

G) Erfolgskontrolle und Weiterentwicklung der Strategie<br />

Nationale Nachhaltigkeitsstrategie (DIE BUNDESREGIERUNG 2002,<br />

S. 50ff): „Managementregeln der Nachhaltigkeit“<br />

Grundregel<br />

Jede Generation muss ihre Aufgaben selbst lösen und darf sie nicht<br />

den kommenden Generationen aufbürden. Sie muss zugleich Vorsorge<br />

für absehbare zukünftige Belastungen treffen. Das gilt für die Erhaltung<br />

der natürlichen Lebensgrundlagen, für die wirtschaftliche<br />

Entwicklung sowie den sozialen Zusammenhalt und den demographischen<br />

Wandel.<br />

Akteure<br />

1. Bürgerinnen und Bürger, Produzenten und Verbraucher,<br />

Wirtschaft und Gewerkschaften, Wissenschaft, Kirchen<br />

und Verbände sind mit dem Staat wichtige Akteure der<br />

nachhaltigen Entwicklung. Sie sollten sich am öffentlichen<br />

Dialog über das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung<br />

beteiligen und sich eigenverantwortlich in ihren<br />

Entscheidungen und Maßnahmen an diesen Zielen orientieren.<br />

35


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

2. Die Unternehmen tragen für ihre Produkte die Verantwortung.<br />

Dazu gehört die Information der Verbraucher über<br />

gesundheits- und umweltrelevante Eigenschaften der Produkte<br />

sowie über nachhaltige Produktionsweisen. Der<br />

Verbraucher trägt die Verantwortung für die Auswahl des<br />

Produkts sowie dessen sozial und ökologisch verträgliche<br />

Nutzung.<br />

Handlungsbereiche<br />

3. Erneuerbare Naturgüter (wie z.B. Holz oder Fischbestände)<br />

dürfen auf Dauer nur im Rahmen ihrer Fähigkeit<br />

zur Regeneration genutzt werden. Nicht erneuerbare<br />

Naturgüter (wie z.B. Mineralien oder fossile Energieträger)<br />

dürfen auf Dauer nur in dem Umfang genutzt werden,<br />

wie ihre Funktionen durch andere Materialien oder<br />

durch andere Energieträger ersetzt werden können. Die<br />

Freisetzung von Stoffen oder Energie darf auf Dauer nicht<br />

größer sein als die Anpassungsfähigkeit der Ökosysteme<br />

– z.B. des Klimas, der Wälder und der Ozeane.<br />

4. Gefahren und unvermeidliche Risiken für die menschliche<br />

Gesundheit sind zu vermeiden.<br />

5. Der durch technische Entwicklungen und den internationalen<br />

Wettbewerb ausgelöste Strukturwandel soll wirtschaftlich<br />

erfolgreich sowie ökologisch und sozial<br />

verträglich gestaltet werden. Zu diesem Zweck sind die<br />

Politikfelder so zu integrieren, dass wirtschaftliches<br />

Wachstum, hohe Beschäftigung, sozialer Zusammenhalt<br />

und Umweltschutz Hand in Hand gehen.<br />

6. Energie- und Ressourcenverbrauch sowie die Verkehrsleistung<br />

müssen vom Wirtschaftswachstum entkoppelt werden.<br />

Zugleich ist anzustreben, dass der<br />

wachstumsbedingte Anstieg der Nachfrage nach Energie,<br />

Ressourcen und Verkehrsleistungen durch Effizienzgewinne<br />

mehr als kompensiert wird.<br />

7. Auch die öffentlichen Haushalte sind der Generationengerechtigkeit<br />

verpflichtet. Bund, Länder und Kommunen<br />

sollen möglichst bald ausgeglichene Haushalte aufstellen<br />

und in einem weiteren Schritt kontinuierlich den Schuldenstand<br />

abbauen.<br />

36


2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

8. Eine nachhaltige Landwirtschaft muss natur- und umweltverträglich<br />

sein und die Anforderungen an eine artgerechte<br />

Tierhaltung und den vorsorgenden, insbesondere<br />

gesundheitlichen Verbraucherschutz beachten.<br />

9. Um den sozialen Zusammenhalt zu stärken, sollen<br />

• Armut und sozialer Ausgrenzung soweit wie möglich<br />

vorgebeugt,<br />

• allen Bevölkerungsschichten Chancen eröffnet werden,<br />

sich an der wirtschaftlichen Entwicklung zu<br />

beteiligen<br />

• alle am gesellschaftlichen und politischen Leben teilhaben.<br />

10. Die internationalen Rahmenbedingungen sind so zu<br />

gestalten, dass die Menschen in allen Ländern ein menschenwürdiges<br />

Leben nach ihren eigenen Vorstellungen<br />

führen und an den wirtschaftlichen Entwicklungen teilhaben<br />

können. Umwelt und Entwicklung bilden eine Einheit.<br />

In einem integrierten Ansatz soll die Bekämpfung<br />

der Armut<br />

• mit der Achtung der Menschenrechte,<br />

• mit wirtschaftlicher Entwicklung, Schutz der Umwelt<br />

sowie<br />

• verantwortlichem Regierungshandeln verknüpft werden.“<br />

37


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

Tabelle 1: Themenfelder und Schlüsselindikatoren der Nationalen<br />

Nachhaltigkeitsstrategie (DIE BUNDESREGIERUNG 2002)<br />

Generationengerechtigkeit Lebensqualität<br />

1. Ressourcenschonung (Energie-1und Rohstoffproduktivität)<br />

Wirtschaftlicher Wohlstand (Bruttoinlandsprodukt<br />

je Einwohner)<br />

2. Mobilität (Transportintensität – Verkehrsleistung je<br />

2. Klimaschutz (Emission der<br />

1000 € BIP sowie Anteil des Schienenverkehrs an<br />

sechs Treibhausgase des Kyotoprotokoll)<br />

der Güterverkehrsleistung)<br />

3. Ernährung (Anteil der Fläche des ökologischen<br />

3. erneuerbare Energien (Anteil Landbaus, Stickstoff-Überschuss)<br />

erneuerbarer Energien am Ener-4gieverbrauch) Luftqualität (Schadstoffbelastungsindex aus SO 2 ,<br />

NO x , VOC und NH 3 )<br />

5. Gesundheit (vorzeitige Sterblichkeit vor einem Alter<br />

4. Flächeninanspruchnahme<br />

von 65 Jahren)<br />

(Zunahme der Siedlungs- und<br />

6. Kriminalität (Zahl der Wohnungseinbruchsdiebstähle)<br />

Verkehrsfläche)<br />

5. Artenvielfalt (Entwicklung derSozialer Zusammenhalt<br />

Bestände ausgewählter Tierarten)<br />

1. Beschäftigung (Erwerbstätigenquote)<br />

2. Perspektiven für Familien (Ganztagsbetreuungsangebote<br />

in den alten Ländern)<br />

6. Staatsverschuldung (Staatsdefizit<br />

von Bund, Ländern, Kommunen<br />

und<br />

3. Gleichberechtigung (Verhältnis der Bruttoverdienste<br />

Frauen-Männer)<br />

Sozialversicherungssystemen)<br />

4. Integration ausländischer Mitbürger (Anteil ausländischer<br />

7. Wirtschaftliche Zukunftsvorsorge<br />

Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss)<br />

(Verhältnis Bruttoanlagen-Internationalinvestition zum<br />

Verantwortung<br />

Bruttoinlandprodukt) 1. Entwicklungszusammenarbeit (Anteil der öffentli-<br />

8. Innovation (Private und öffentliche<br />

Ausgaben für Forschung und<br />

Bildung)<br />

9. Bildung(Ausbildungsabschlüsse<br />

der 25jährigen sowie Studienanfängerquote)<br />

chen Entwicklungszusammenarbeit am Bruttonationaleinkommen)<br />

2. Marktöffnung (Einfuhren der EU aus Entwicklungsländern)<br />

Eine kritische Würdigung legte der SRU (2002, S. 162-169) vor:<br />

Stärken • Die Nachhaltigkeits-Strategie ist institutionell sinnvoll verankert.<br />

Die Verantwortung liegt beim Kabinett und dem<br />

Kanzleramt; der Staatssekretärsausschuss bildet eine sinnvolle<br />

Arbeitsebene. Es gibt grundsätzliche Verfahrensvorgaben.<br />

Der Rat für Nachhaltigkeit wirkt beratend mit.<br />

38


2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

• In den umweltpolitischen Aspekten werden die zentralen<br />

Verursachungsbereiche Energie, Verkehr, Landwirtschaft,<br />

Bau- und Siedlungswesen angesprochen.<br />

• Die hier angeführten Managementregeln gehen im Umweltbereich<br />

noch über die der Enquete-Kommission „Schutz des<br />

Menschen und der Umwelt“ hinaus.<br />

• Einige wichtige Ziele wurden quantifiziert und mit Fristen<br />

versehen, so dass überprüft werden kann, ob sie erreicht<br />

werden.<br />

• Mit der Definition nachhaltiger Entwicklung als „eine wirtschaftlich<br />

leistungsfähige, sozial gerechte und ökologisch<br />

verträgliche Entwicklung“ (DIE BUNDESREGIERUNG 2002,<br />

S. 1) bewegt sich die Bundesregierung an der Grenze zur<br />

Hyperkomplexität und zur Auflösung des Nachhaltigkeitsbegriffs.<br />

• Ziele und Indikatoren werden durcheinander gebracht bzw.<br />

gleichgesetzt, d.h. es werden eher willkürlich gesetzte Teilziele,<br />

die zudem teilweise nicht hinreichend repräsentativ<br />

sind, als Indikatoren verwendet. So sollen Fortschritte beim<br />

Artenschutz an der Entwicklung der Bestände von 10 Vogelarten<br />

sowie des Seehundes gemessen werden. Das könnte<br />

eine Symbolpolitik befördern, bei der speziell diese Arten<br />

geschützt und andere wesentliche Aspekte wie den Schutz<br />

der Vielfalt an Lebensräumen vernachlässigt werden. Generell<br />

lassen die Indikatoren ein „unangemessen positives Bild<br />

der Entwicklung“ zu, z.B. der Indikator Schadstoffbelastung<br />

der Luft. Es sollten auch Indikatoren einbezogen werden,<br />

die problematischere Entwicklungen abbilden, so den Pestizideinsatz<br />

in der Landwirtschaft.<br />

• Themenzuschnitt und Schlüsselindikatoren sind nicht<br />

immer schlüssig. Ein Thema wie die Kriminalitätsbekämpfung<br />

(gemessen an der Zahl der Wohnungseinbruchsdiebstähle<br />

und eingeordnet unter Lebensqualität) mag zwar<br />

gesellschaftlich relevant sein, seine Bedeutung für Nachhaltigkeit<br />

ist aber fragwürdig.<br />

• Beim Klimaschutz hatte der Nachhaltigkeitsrat vorgeschlagen,<br />

zusätzlich bis 2020 eine Reduktion des Kohlendioxidemission<br />

um 40% gegenüber 1990 aufzunehmen, das ist aber<br />

nicht erfolgt.<br />

• Es fehlen weitgehend Ziele für den Umweltzustand, z.B. für<br />

den Zustand des Grundwassers.<br />

Schwächen:<br />

39


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

• In den acht Handlungsfeldern wird vor allem die aktuelle<br />

Politik der Bundesregierung abgebildet; in langfristigen<br />

Strategien bleibt das Papier eher vage.<br />

Überprüfung der<br />

Strategie<br />

Indikatorenberichte<br />

Fortschrittsberichte<br />

Die Bundesregierung will nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die<br />

Strategie selbst regelmäßig überprüfen. Dazu werden Indikatorenberichte<br />

und Fortschrittsberichte vorgelegt. (DIE BUNDESREGIERUNG<br />

2002, S. 326ff, BUNDESUMWELTMINISTERIUM 2010)<br />

Die Indikatorenberichte werden vom Statistischen Bundesamt herausgegeben.<br />

In der klaren Sprache der Statistiker wird hier für jeden der 21<br />

Indikatoren dargestellt, wie sich die Situation in den vergangenen Jahren<br />

(meist seit 1990) entwickelt hat, welcher Stand aktuell erreicht ist<br />

und welcher Zielwert (in der Regel für das Jahr 2020) angestrebt wird.<br />

Die Daten werden analysiert; mit politischen Bewertungen hält sich das<br />

Statistische Bundesamt zurück. Bislang wurden drei Indikatorenberichte<br />

zur nachhaltigen Entwicklung in Deutschland veröffentlicht (STATI-<br />

STISCHES BUNDESAMT 2007, 2008, 2010).<br />

In den Fortschrittsberichten soll nicht die Datenbasis aktualisiert, sondern<br />

vor allem die Nachhaltigkeitsstrategie weiterentwickelt werden.<br />

Bislang sind erschienen:<br />

• Fortschrittsbericht "Perspektiven für Deutschland" (DIE<br />

BUNDESREGIERUNG 2004)<br />

• "Wegweiser Nachhaltigkeit" (DIE BUNDESREGIERUNG<br />

2005)<br />

• Fortschrittsbericht "Für ein nachhaltiges Deutschland" (DIE<br />

BUNDESREGIERUNG 2008)<br />

Der nächste Bericht ist für Frühjahr 2012 geplant. Unter www.dialognachhaltigkeit.de/<br />

war die Bevölkerung im Zeitraum 20.6.-18.9.<strong>2011</strong><br />

zur Mitwirkung aufgerufen. Anfang August – zur Halbzeit der Dialogphase<br />

– hatten sich 1045 Teilnehmer registriert und insgesamt 233 Beiträge<br />

verfasst. Obwohl Dialog Nachhaltigkeit im Internet sehr gut<br />

sichtbar ist (u.a. Dank der Verlinkung von prominenten Seiten der Bundesregierung),<br />

hat die Website nur wenige Besucher und ist in den sozialen<br />

Medien kaum präsent. 7 Der Nachhaltigkeitsdialog bleibt damit<br />

weitgehend eine Angelegenheit von Insidern, was auch bereits vom<br />

SRU (2002, S. 162-169) kritisiert worden war.<br />

7. Eigene Recherche mit www.seitwert.de, 2.8.<strong>2011</strong>; die Angaben zu den Besucherzahlen<br />

bezieht seitwert vom Online-Dienst Alexa, es handelt sich dabei nicht um absolute<br />

Angaben, sondern lediglich um Hochrechnungen, die anhand des Surfverhaltens der User<br />

ermittelt werden, die die Alexa Toolbar in ihrem Browser installiert haben.<br />

40


2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

2.3.6 Indikatorenberichte der Bundesregierung und<br />

Zukunftsfähiges Deutschland II<br />

Die beiden ersten Indikatoren der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie<br />

zielen auf den Ressourcenschutz: Die Energieproduktivität und die Ressourcenproduktivität<br />

8 sollen sich gegenüber den Ausgangspunkten<br />

(1990 bzw. 1994) bis zum Jahr 2020 verdoppeln. Die Statistik weist<br />

aus, dass beide Parameter bereits um ca. 40% gesteigert werden konnten<br />

(STATISTISCHES BUNDESAMT 2010, S. 4-7, vgl. Abb. 1). Dennoch<br />

sind wir von dem angestrebten Ziel noch weit entfernt; die Bemühungen<br />

– insbesondere der Bundesregierung – zur Zielerreichung müssten<br />

verschärft werden. Noch kritischer wird der Blick, wenn man – wie es<br />

das Statistische Bundesamt dankenswerter Weise macht – ergänzend<br />

die absoluten Zahlen mit in den Blick nimmt. Dabei wird deutlich, dass<br />

Wirtschafts- und Wohlstandswachstum die Effizienzgewinne weitgehend<br />

auffressen; der absolute Energieverbrauch sowie die Rohstoffentnahme<br />

bzw. die Rohstoffimporte haben sich im jeweils betrachteten<br />

Zeitraum nur um ca. 10% verringert, und ein erheblicher Teil dieser Reduzierung<br />

entfällt, durch die Wirtschaftskrise bedingt, auf das Jahr 2009<br />

(vgl. auch nachfolgend Tab. 2).<br />

Anhand des Indikatorenberichts 2010 sowie der 2008 vorgelegten Studie<br />

„Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt“ (BROT<br />

FÜR DIE WELT/EED/BUND 2008) soll versucht werden, das zuvor reichlich<br />

abstrakt dargebotene Thema Operationalisierung besser zu veranschaulichen.<br />

Ressourcenproduktivität<br />

8. Bruttoinlandsprodukt (preisbereinigt) je Einheit Energieverbrauch bzw.<br />

Ressourcenverbrauch (abiotisches Primärmaterial)<br />

41


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

Abb. 1:<br />

Rohstoffproduktivität und Wirtschaftswachstum in Deutschland (STA-<br />

TISTISCHES BUNDESAMT 2010, S. 8)<br />

Klimaschutz<br />

Erneuerbare Energien<br />

Beim Klimaschutz hat Deutschland das für 2010 aufgestellte Ziel – eine<br />

Reduktion der Treibhausgasemission (sechs Gase des Kyoto-Protokolls,<br />

gemessen in CO2-Äquivalenten) auf 79% des Standes von 1990 –<br />

bereits im Jahr 2007 erreicht. Bis 2020 will die Bundesregierung die<br />

Emissionen auf 60% reduzieren. (ebd., S. 10-11) Es bleibt abzuwarten,<br />

wie sich der <strong>2011</strong> beschlossene Atomausstieg auswirken wird; wenn<br />

Atomkraftwerke in großem Stil durch Kohlekraftwerke ersetzt werden,<br />

läuft das den Klimaschutzzielen entgegen. Auch der Verkehrsbereich –<br />

und zwar insbesondere der Güterverkehr und der gesamte Flugverkehr<br />

– entwickeln sich, klimapolitisch gesehen, in die falsche Richtung (vgl.<br />

STATISTISCHES BUNDESAMT 2010, S. 32-33 und BROT FÜR DIE WELT/<br />

EED/BUND 2008, S. 149-152 und 175-181).<br />

Erfreulich ist die Entwicklung bei dem Ausbau der erneuerbaren Energien,<br />

welcher als Vorzeigeprojekt der Bundesregierung gelten kann. Im<br />

Jahr 2009 wurden 8,9% des Primärenergieverbrauchs und 16,1% des<br />

42


2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

Brutto-Stromverbrauchs in Deutschland aus erneuerbaren Energien gewonnen.<br />

Damit wurden die Ziele der Bundesregierung deutlich übertroffen.<br />

(STATISTISCHES BUNDESAMT 2010, S. 12-13) Allerdings sind<br />

auch die erneuerbaren Energien nicht unproblematisch, es sei hierzu auf<br />

die Diskussionen zu Bioenergien („Tank oder Teller“) und auf die Notwendigkeit,<br />

die Stromnetze an die Erfordernisse eines sich verändernden<br />

Strommarktes anzupassen, verwiesen.<br />

Tabelle 2: Zukunftsfähigen Deutschland – Zwischenbilanz<br />

(BROT FÜR DIE WELT/EED/BUND 2008; S. 130-131, Auswahl)<br />

Umweltindikator Mittelfristiges UmweltzielLangfristiges<br />

(2010)*<br />

Umweltziel<br />

(2050)*<br />

Energie<br />

Primärenergieverbrauch mindestens – 30%<br />

mindestens – 50%<br />

fossile Brennstoffe<br />

– 25%<br />

– 80-90%<br />

Kernenergie<br />

– 100 %<br />

erneuerbare Energien + 3-5 % pro Jahr<br />

Energieproduktivität + 3-5 % pro Jahr<br />

Material<br />

nicht erneuerbare Rohstoffe – 25%<br />

Materialproduktivität + 4-6% pro Jahr<br />

Fläche<br />

Siedlungs- und Verkehrsflä-Absolutche Stabilisierung; keine Neubelegung<br />

Landwirtschaft<br />

flächendeckende Umstellung auf ökologischen<br />

Landbau, Regionalisierung der<br />

Nährstoffkreisläufe<br />

Emissionen / Stoffabgabe<br />

Kohlendioxid<br />

– 35%<br />

Schwefeldioxid<br />

– 80-90%<br />

Biozide in der Landwirt-schaft 100%<br />

*Die Ziele wurden 1995 aufgestellt, vgl. BUND/MISEREOR 1996<br />

Veränderung<br />

1995-2005<br />

+1,4%<br />

-3,7%<br />

+5,8%<br />

– 80-90% +5,1%<br />

– 80-90% -5,2%<br />

rund +10% pro Jahr<br />

rund +1,6% pro Jahr<br />

rund +0,8% pro Jahr<br />

Unverändert<br />

rund +10% pro Jahr<br />

-67,6%<br />

+2,8%<br />

Um kommenden Generationen noch einen finanziellen Handlungsspielraum<br />

zu sichern, ist es dringend erforderlich, das Staatsdefizit abzubauen.<br />

Als Messlatte dienen hierbei die „Maastrichtkriterien“, nach denen<br />

die Neuverschuldung der europäischen Staaten maximal 3% des Bruttoinlandsprodukts<br />

ausmachen soll. 2009 wurde zudem die sogenannte<br />

„Schuldenbremse“ im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland<br />

verankert. Ab 2016 darf demnach der Bund nur noch maximal 0,35%<br />

des BIP an Krediten aufnehmen (bereinigte Nettokreditaufnahme).<br />

Staatsverschuldung<br />

Die Maastrichtkriterien hatte Deutschland 2002-2005 überschritten.<br />

2006 wurden sie wieder eingehalten, 2007 und 2008 war der Bundes-<br />

43


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

haushalt sogar fast ausgeglichen. Im Jahr 2009 erhöhte sich das Staatsdefizit<br />

dann wieder auf 3,1%. Das STATISTISCHE BUNDESAMT (2010, S.<br />

18-19) schätzt diese jüngste Entwicklung als sehr kritisch ein.<br />

Bildung<br />

Entwicklungen im Bildungssystem werden mit vier unterschiedlichen<br />

Indikatoren gemessen. Dabei hat sich die Bundesregierung im Themenfeld<br />

Generationengerechtigkeit drei Ziele gestellt:<br />

1. Der Anteil der jungen Erwachsenen, die im Alter von 25<br />

Jahren weder das Abitur erworben haben, noch sich in einer<br />

beruflichen Ausbildung befinden, ist zu verringern (Zielwert:<br />

9% im Jahr 2010 und 4,5% im Jahr 2020). Im Jahr<br />

2008 wurde ein Stand von 11,8% erreicht.<br />

2. Der Anteil der jungen Erwachsenen, die im Alter von 25<br />

Jahren bereits eine Hochschulausbildung abgeschlossen<br />

haben, ist zu steigern (Zielwerte: 10% im Jahr 2010 und<br />

20% im Jahr 2020). Im Jahr 2008 wurden 8,8% erreicht.<br />

3. Der Anteil der Jugendlichen, die ein Studium aufnehmen,<br />

soll erhöht werden (Zielwert: 40% jedes Jahrgangs im Jahr<br />

2010). Bei einem (vorläufigen) Wert von 39,8% im Jahr<br />

2009 ist dieses Ziel nahezu erreicht. Allerdings bleibt<br />

Deutschland damit weiterhin hinter anderen Ländern<br />

zurück; im Mittelwert der OECD-Länder betrug die Studienanfängerquote<br />

im Jahr 2007 56% (Australien 86%, Polen<br />

78%, Neuseeland 76%, Slowakei 74%, Island und Schweden<br />

73%, Finnland 71%).<br />

Der Trend aller drei Indikatoren verläuft im Wesentlichen positiv. Allerdings<br />

ist die Geschwindigkeit der Entwicklung beim erstgenannten<br />

Indikator deutlich zu gering. (STATISTISCHES BUNDESAMT 2007, S. 24-<br />

29)<br />

Zusätzlich wird im Themenfeld sozialer Zusammenhalt / Integration<br />

das Ziel verfolgt, den Anteil der ausländischen Schüler, die wenigstens<br />

einen Hauptschulabschluss erreichen, deutlich zu erhöhen; er soll bis<br />

zum Jahr 2020 auf dem Niveau liegen wie bei deutschen Schülern, also<br />

auch bei ca. 95%. Für die ausländischen Schüler hat sich dieser Wert<br />

von 1996 (80,3%) bis 2008 (85%) allmählich erhöht; die Entwicklung<br />

ist jedoch noch zu langsam. (STATISTISCHES BUNDESAMT 2010, S. 58-<br />

59)<br />

Diese vier Indikatoren lassen den Schluss zu, dass wir mit der Entwicklung<br />

des deutschen Bildungssystems an der Spitze (Abitur, Hochschule)<br />

erfolgreicher sind als am Ende (junge Menschen ohne Schulabschluss<br />

bzw. Berufsausbildung). Ein Fortschreiben dieser Entwicklung verschärft<br />

die Ungleichheit in der Gesellschaft.<br />

44


2.3 Resonanz der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland<br />

Von den bereits getroffenen Einschätzungen zur Tauglichkeit der Indikatoren<br />

einmal abgesehen, zeigt der Indikatorenbericht einige begrüßenswerte<br />

Erfolge, aber auch viele Defizite der nachhaltigen<br />

Entwicklung in Deutschland. Es gibt erfolgreiche Vorzeigeprojekte,<br />

aber die breite Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie in der Tagespolitik,<br />

zumal in der für das Bildungssystem relevanten föderalen Struktur<br />

der Bundesrepublik, ist problematisch.<br />

Fazit<br />

Exkurs: Zum Einsatz von Indikatoren<br />

Die Frage, wie Nachhaltigkeit operationalisiert werden kann, mit<br />

welchen Indikatoren der Zustand einer Gesellschaft oder einer Bildungsmaßnahme<br />

in Hinblick auf Nachhaltigkeit beurteilt werden<br />

kann, ist einer der roten Fäden, die sich durch alle drei Hauptkapitel<br />

dieses <strong>Lehrbrief</strong>s ziehen. Dem sollen – in Anlehnung an SIEMER/<br />

RAMMEL/ELMER (2006) – wenigstens einige kritische Gedanken entgegengestellt<br />

werden.<br />

• Indikatoren sind kein Selbstzweck, sondern nur ein Hilfsmittel.<br />

Der Aufwand für die Kontrollebene sollte gegenüber<br />

dem Aufwand für die eigentlich relevante operative<br />

Arbeit – Nachhaltigkeit entwickeln, innovativ sein, lebendige<br />

kreative menschliche Bildungsprozesse gestalten –<br />

nicht in den Vordergrund treten.<br />

• Indikatoren dienen dazu, nicht direkt beobachtbare Phänomene<br />

zu erfassen. Zu diesem Zweck kann es erforderlich<br />

sein, viele Informationen zu sammeln und zu<br />

verarbeiten. Man bewegt sich damit im Spannungsfeld<br />

zwischen Komplexität (möglichst alle relevanten Phänomene<br />

möglichst präzise abbilden) und Praktikabilität<br />

(z.B. Ergebnisse so einfach gestalten, dass sie in der<br />

Gesellschaft kommuniziert werden können).<br />

• Hinter der Arbeit mit Indikatoren steht die Hoffnung, eine<br />

nachhaltige Entwicklung gezielt steuern zu können. Es ist<br />

nicht belegt, dass Indikatoren ein wirkungsvolles Instrument<br />

dazu sind, d.h. dass die Kenntnis vom Ernst der<br />

Lage zu Verbesserungen führt.<br />

• Daten entstehen (bzw. sind vorhanden) vor allem dort, wo<br />

Probleme erkannt sind. Es besteht damit die Gefahr, dass<br />

Indikatoren weniger auf neue zukunftsrelevante Probleme<br />

aufmerksam machen, sondern vielmehr bestehende Strukturen<br />

konservieren.<br />

45


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

• Über die Indikatorenauswahl können Themen oder Handlungsfelder<br />

auch ausgeblendet und letztlich ausgeschlossen<br />

werden, z.B. vom Diskurs oder von<br />

Finanzzuweisungen. (ebd., S. 19-22)<br />

Nichtsdestoweniger: In jedem (brauchbaren) Indikator stecken Vorstellungen<br />

über die Bewertung – und damit Werte. Wer Indikatoren<br />

aufstellt, muss sich (in der Regel im Team) seiner Werte versichern<br />

bzw. Werte erarbeiten – und das kann für die Umweltbildung oder<br />

<strong>BNE</strong> hoch spannend sein.<br />

2.4 Zentrale Merkmale der Nachhaltigkeitsidee<br />

Wenngleich sich die Kapitel 2.2 und 2.3 vordergründig an einer Chronologie<br />

und an den verschiedenen politischen Ebenen (international –<br />

national) orientierten, wurden dort bereits verschiedene Aspekte der<br />

Nachhaltigkeitsidee vorgestellt. Hier sollen nun wesentliche Aspekte<br />

dieser Idee noch einmal systematisiert und auch kritisch hinterfragt<br />

werden (die LeserInnen mögen diesen akademische Diskurs immer<br />

auch im Spiegel der Zwischenbilanzen der Kapitel 2.3.6 und 2.5 sehen).<br />

In der Struktur sowie in einigen wesentlichen Argumentationslinien orientiere<br />

ich mich dabei an FISCHER (1997, S. 27ff und 2000). Er bezeichnet<br />

die hier angesprochenen Merkmale als „Kristallisationspunkte, die<br />

gemeinsam zur Nachhaltigkeitsidee verschmelzen“ (FISCHER 2000).<br />

Inter- und<br />

intragenerationelle<br />

Gerechtigkeit<br />

Die bereits zitierte Nachhaltigkeits-Definition des Brundtlandberichtes<br />

zielt, wie auch die Agenda 21, unmittelbar auf Gerechtigkeit zwischen<br />

heutigen und künftigen Generationen (intergenerationelle Gerechtigkeit).<br />

In beiden Dokumenten wird jedoch auf einer zweiten Ebene auch<br />

Gerechtigkeit zwischen den heute lebenden Menschen (intragenerationelle<br />

Gerechtigkeit) eingefordert, und zwar sowohl in der globalen Dimension<br />

(Norden – Süden, entwickelte Länder – Entwicklungsländer)<br />

als auch innerhalb jeder Gesellschaft (dort z.B. zwischen Arm und<br />

Reich sowie zwischen den Geschlechtern).<br />

Gerechtigkeit ist dabei einerseits ein Ziel einer nachhaltigen Entwicklung,<br />

andererseits auch deren Voraussetzung, denn die ungerechte Verteilung<br />

des Zugangs zu knappen Ressourcen (z.B. Boden, Trinkwasser)<br />

ist auch die Ursache von nicht nachhaltigen Entwicklungen: von gesellschaftlichen<br />

und sozialen Konflikten oder einer verschärften Ausbeutung<br />

der Umwelt (GRUNWALD/KOPFMÜLLER 2006, S. 30).<br />

So plausibel und unterstützenswert die Forderung nach Gerechtigkeit<br />

auch ist, so schwierig ist die für politisches Handeln notwendige Operationalisierung.<br />

Was kann überhaupt unter Gerechtigkeit verstanden<br />

46


2.4 Zentrale Merkmale der Nachhaltigkeitsidee<br />

werden, welcher der oben genannten Ebenen bzw. Dimensionen ist welches<br />

Gewicht beizumessen und wie können geeignete Maßstäbe entwickelt<br />

werden?<br />

FISCHER (1997, S. 39ff) weist darauf hin, dass in der Agenda 21 und im<br />

Nachhaltigkeitsdiskurs überwiegend Verteilungsgerechtigkeit gefordert<br />

werde. Das sehen auch OTT/DÖRING (2008, S.59ff) so, sie stellen<br />

hierfür einen anspruchsvollen absoluten Standard in Verbindung mit einem<br />

komparativen Standard vor (vgl. Exkurs: Die Theorie der starken<br />

Nachhaltigkeit).<br />

In der Frage nach der Bezugsebene verweist FISCHER (1997, S. 39ff)<br />

darauf, dass in den letzten 300 Jahren nahezu jede Generation insgesamt<br />

bessere Lebensbedingungen angetroffen hat bzw. sich schaffen konnte<br />

als die Generation ihrer Eltern. Dazu gehören nicht nur der Lebensstandard,<br />

sondern auch der Stand von Wissenschaft und Technik und damit<br />

die Möglichkeiten, die begrenzten Ressourcen zu nutzen. Er plädiert daher<br />

für einen Gegenwartsbezug, d.h. die Konzentration auf die intragenerationelle<br />

Gerechtigkeit. BUND/MISEREOR (1995, S.7) hingegen<br />

halten beide Bezugsebenen für gleichermaßen relevant, sie konzentrieren<br />

sich dabei auf die globale Dimension, also die weltweit gerechte<br />

Verteilung der verfügbaren Ressourcen (des Umweltraumes). DIE BUN-<br />

DESREGIERUNG (2002) spricht in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie alle<br />

oben genannten Bezugsebenen an. Als Beitrag zur Generationengerechtigkeit<br />

versteht sie u.a. die Ressourcenschonung, den Schutz der Artenvielfalt,<br />

den Abbau der Staatsverschuldung und die Bildung. Mit Blick<br />

auf die heutige Generation sollen die Lebensqualität gesteigert (u.a.<br />

durch wirtschaftlichen Wohlstand und Gesundheit) und der soziale Zusammenhalt<br />

in der Gesellschaft gefördert werden (u.a. mit Aspekten<br />

wie Beschäftigung, Gleichberechtigung und Integration ausländischer<br />

Mitbürger). Zudem will die Bundesregierung auch global Verantwortung<br />

übernehmen, z.B. für die Bekämpfung der Armut oder den weltweiten<br />

Umweltschutz.<br />

Die HEINRICH-BÖLL-STIFTUNG (2002, S. 20) verweist dezidiert darauf,<br />

dass die in der Gerechtigkeitsfrage weithin gebräuchliche Unterscheidung<br />

zwischen „Nord“ und „Süd“ in die Irre führe: Die entscheidende<br />

Trennungslinie in dieser Welt verlaufe hingegen quer zu jeder Gesellschaft<br />

zwischen den globalen Reichen und den lokalen Armen. An dieser<br />

Stelle setzt auch die fundamentale Herrschaftskritik an, die z.B.<br />

SPEHR (1996) und EBLINGHAUS/STICKLER (1998) am Diskurs um die<br />

Nachhaltigkeit üben. „Die Ökokrise ist“ demnach „Ausdruck einer<br />

Herrschaftskrise“, verursacht durch „herrschaftsförmige Strukturen...<br />

wie etwa den Kolonialismus, den Staat, das Kapitalverhältnis, das Patriarchat,<br />

große Organisationen etc.“ (ADLER/SCHACHTSCHNEIDER<br />

2010, S. 23). Das Nachhaltigkeitsleitbild greift demnach zu kurz, bzw.<br />

es ist sogar kontraproduktiv, weil es die Machtfrage verschleiert. Nur<br />

47


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

die „Abwicklung des Nordens“, also die „Zurückdrängung des herrschaftsförmigen<br />

Zugriffs auf Natur und Arbeit“ (ebd., S.33) und Selbstbestimmung<br />

der Menschen bieten die Grundlagen für ein tragfähiges<br />

Verhältnis von Mensch und Natur.<br />

Die Frage, welche Größen geeignet sind um Gerechtigkeit zu bemessen,<br />

kann hier nur angerissen werden. BUND/MISEREOR (1996) und BROT<br />

FÜR DIE WELT/EED/BUND (2008, S. 116ff) nutzen das Modell des<br />

„Umweltraums“. OTT/DÖRING (2008, S.176) kritisieren dieses, für sie<br />

geht es darum, das „Naturkapital“ nachhaltig und gerecht zu nutzen<br />

(vgl. Exkurs: Das Konzept der starken Nachhaltigkeit).<br />

Ethisch-moralische<br />

Fundierung<br />

Das Postulat der Gerechtigkeit verweist bereits auf ein zweites Merkmal<br />

der Nachhaltigkeitsidee: ihre ethisch-moralische Fundierung. Gerechtigkeit<br />

oder die Verantwortung für die Umwelt oder für andere<br />

Menschen lassen sich nicht naturwissenschaftlich und auch kaum ökonomisch<br />

begründen, sondern nur auf der Basis von Werte-Entscheidungen.<br />

Dabei sind die ethischen Verpflichtungen auf der abstrakten Ebene<br />

(z.B. Verantwortung gegenüber künftigen Generationen) noch einigermaßen<br />

konsensfähig – komplizierter wird es im Detail, so etwa wenn<br />

diese Verpflichtungen begründet oder konkretisiert werden sollen. Das<br />

soll nachfolgend in einer sehr starken Verkürzung skizziert werden.<br />

Grundsätzlich können nämlich zwei umweltethische Grundpositionen<br />

unterschieden werden:<br />

• Aus der physiozentrischen Perspektive ist der Natur prinzipiell<br />

ein Eigenwert zuzuschreiben; sie muss daher um<br />

ihrer selbst willen geachtet und geschützt werden. Aus dieser<br />

Perspektive kritisiert z.B. PIECHOCKI (2001) grundsätzlich<br />

das in der heutigen Zeit vorherrschende instrumentelle<br />

Bild von der Natur (Umwelt), bei dem der Mensch die Natur<br />

ganz überwiegend als Ressource ansieht, über die er nach<br />

Belieben verfügen kann. Er plädiert statt dessen für ein Verständnis<br />

von Mit-Welt.<br />

• Aus der anthropozentrischen Perspektive hat die Natur<br />

keinen moralischen Eigenwert, wohl aber kann der Mensch<br />

ihr Wert zuweisen. Natur- bzw. Umweltschutz wird damit<br />

nicht ausgeschlossen, aber er ist alleine aus einem Eigeninteresse<br />

der Menschen (Erhalt und Sicherung der für das<br />

menschliche Leben benötigten Ressourcen, Erfüllung weiterer<br />

menschlicher Bedürfnisse) heraus motiviert.<br />

Es gibt viele Stimmen, die das Leitbild der Nachhaltigkeit auf eine anthopozentrischen<br />

Ethik zurückführen; der behutsame Umgang mit der<br />

Natur entspringt demnach einem wohlverstandenen Eigeninteresse der<br />

Menschen, vgl. z.B. CONRAD (2000) und GRUNWALD/KOPFMÜLLER<br />

48


2.4 Zentrale Merkmale der Nachhaltigkeitsidee<br />

(2006, S. 21). OTT/DÖRING (2008, S. 59) sehen den Anthropozentrismus<br />

hingegen nicht als konstitutiv für eine Theorie der Nachhaltigkeit<br />

an – ihnen stellt sich auch die „Frage nach möglichen moralischen Verpflichtungen<br />

gegenüber Naturwesen, die dann auch innerhalb sicherer<br />

ökologischer Grenzen zu beachten wären (bspw. Walfang).“<br />

Hier soll noch eine andere ethische Frage zumindest angerissen werden:<br />

Wenn wir künftigen Generationen die gleichen Chancen einräumen<br />

wollen, wie wir sie haben, dann verdienen unsere Hinterlassenschaften<br />

eine nähere Betrachtung. Der SRU (2002, S. 59) unterscheidet folgende<br />

Formen von vererbbarem „Kapital“:<br />

1. Sachkapital (z.B. Infrastruktur)<br />

2. Naturkapital (z.B. Grundwasser, Tier- und Pflanzenarten)<br />

3. kultiviertes Naturkapital (z.B. Vieherden, Lachsfarmen,<br />

Forste)<br />

4. Sozialkapital (moralisches Orientierungswissen, Institutionen)<br />

5. Humankapital (Bildung, Fähigkeiten) und<br />

6. gespeichertes und abrufbares Wissenskapital (Bibliotheken,<br />

Internet).<br />

Wie sollte dieses Kapital bewertet, bewirtschaftet und vererbt werden?<br />

Im Sinne der Gerechtigkeit sollte den nachfolgenden Generationen<br />

mindestens ein gleichwertiger Kapitalbestand vererbt werden, wie wir<br />

ihn heute nutzen. Angesichts dessen können zwei verschiedene Konzepte<br />

ausgemacht werden (vgl. bspw. GRUNWALD/KOPFMÜLLER 2006,<br />

S. 37-39):<br />

Nach dem Konzept der schwachen Nachhaltigkeit kommt es vor allem<br />

darauf an, den Gesamtbestand des Kapitals zu erhalten. Demnach ist es<br />

zulässig, Naturkapital zu verbrauchen, wenn dafür Ersatz geschaffen<br />

wird. Die Kapitalformen können damit also gegenseitig substituiert<br />

werden.<br />

Nach dem Konzept der starken Nachhaltigkeit ist die Substitution nur<br />

sehr eingeschränkt möglich. Insbesondere Naturkapital gilt hier als<br />

nicht substituierbar. Diese Position leuchtet auch aus naturwissenschaftlicher<br />

Sicht ein, wenn man „Natur“ nicht nur eindimensional als<br />

Ressource betrachtet. Angesichts der vielfältigen Elemente in einem<br />

Ökosystem und der komplexen Wechselwirkungen zwischen ihnen ist<br />

zu bezweifeln, ob eine Vermehrung anderer Kapitalformen die Verluste<br />

ausgleichen kann, die das Aussterben von Arten, die Devastierung von<br />

Böden oder die Veränderung des Klimas bedeuten. Nach diesem Kon-<br />

49


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

zept sollte jede Generation nicht nur den Gesamtbestand an Kapital sichern,<br />

sondern auch die einzelnen Formen. Der SRU (2002, S. 68)<br />

spricht sich für die starke Nachhaltigkeit aus.<br />

Exkurs: Die Theorie der starken Nachhaltigkeit<br />

Konrad Ott, Professor für Umweltethik an der Universität Greifswald<br />

und von 2000 bis 2008 Mitglied des SRU, vertritt zusammen mit Ralf<br />

Döring die Theorie der starken Nachhaltigkeit. OTT/DÖRING (2008,<br />

S. 178) verstehen nachhaltige Entwicklung als eine Entwicklung hin<br />

zur Nachhaltigkeit und definieren diese konzeptionell über:<br />

„a) den egalitären humanistischen Standard, b) den komparativen<br />

Standard der Zukunftsverantwortung, c) die CNCR und die Managementregeln,<br />

d) die drei Leitlinien sowie e) über die Anerkennung des<br />

moralischen Status für empfindungsfähige Mitgeschöpfe in Ansehung<br />

ihrer natürlichen Habitate.“<br />

Die grundlegende Idee der Nachhaltigkeit ist demnach inter- und intragenerationelle<br />

Gerechtigkeit. Diese bezieht sich nicht auf beliebige<br />

Sachverhalte, sondern auf<br />

• die Chance, Bedürfnisse zu befriedigen und Fähigkeiten<br />

auszuüben,<br />

• Zugang „zu natürlichen und kulturellen Ressourcen“ und<br />

• „die Bereitstellung von Gütern i.w.S.“ (ebd., S. 45).<br />

Es geht also letztlich um Chancen- und Verteilungsgerechtigkeit<br />

(„egalitärer Standard“). Es geht z.B. nicht um Gerechtigkeit im juristischen<br />

Sinne (ebd., S. 64-65). Es geht, wie OTT/VOGET (2007) präzisieren,<br />

um Lebensqualität und nicht zwingend um Lebensstandard.<br />

Wir können heute nicht präzise wissen, welche Ansprüche künftige<br />

Generationen in diesem Sinne an uns haben, und wir können ihnen<br />

nicht „Wohlfahrt, Lebensfreude oder Glück an sich“ hinterlassen,<br />

wohl aber „eine Ausstattung an Gütern und Infrastrukturen“, welche<br />

die Chance auf jene bieten (OTT/DÖRING 2008, S. 64).<br />

Die Forderung, dass wir die begrenzte Tragfähigkeit der Ökosysteme<br />

respektieren müssen, ist ein essenzieller Teil dieser Idee. „Dass die<br />

Lebenden die natürlichen Lebensgrundlagen nicht plündern dürfen,<br />

ist selbst ein Grundsatz intergenerationeller Gerechtigkeit.“ (ebd., S.<br />

57)<br />

50


2.4 Zentrale Merkmale der Nachhaltigkeitsidee<br />

In der Frage, was denn der Maßstab für Gerechtigkeit sein könne,<br />

kombinieren OTT/DÖRING (ebd., S. 78ff) zwei unterschiedliche Standards.<br />

Einerseits sollen künftige Generationen nicht schlechter gestellt<br />

und nicht schlechter mit Gütern ausgestattet werden als die<br />

heutigen („komparativer“, vergleichender, steigernder Standard).<br />

Zudem aber sollte jeder Mensch (über das nackte Überleben – „basic<br />

needs“ – hinaus) mindestens die Chance bekommen, grundlegende<br />

menschliche Fähigkeiten auszuleben, also z.B. „bis zum Ende eines<br />

vollständigen menschlichen Lebens leben zu können... Bindungen zu<br />

Dingen und Personen zu unterhalten... in Anteilnahme für und in Beziehung<br />

zu Tieren, Pflanzen und zur Welt der Natur zu leben... das eigene<br />

Leben und nicht das von irgendjemand anderem zu leben.“ In<br />

diesem von NUSSBAUM (2003) entwickelten Fähigkeitenansatz sehen<br />

OTT/DÖRING (2008, S. 88) einen geeigneten „(anspruchsvollen) humanitären<br />

Sockel“ für den komparativen Standard, und zwar im Heute<br />

und in der Zukunft.<br />

Zum ethischen Fundament der Nachhaltigkeit gehört schließlich eine<br />

Antwort auf die Frage, inwieweit nicht-menschliche Lebewesen und<br />

ihre Lebensansprüche mit zu bedenken sind. OTT/DÖRING (ebd., S.<br />

172ff) plädieren für einen „graduellen Sentientismus“, also dafür, die<br />

höher entwickelten, empfindungsfähigen Mitgeschöpfe mit einzubeziehen.<br />

Das führt dann u.a. zu der Konsequenz, dass deren Lebensräume<br />

(Habitate) hochrangige Schutzgüter darstellen.<br />

Im Folgenden verlassen OTT/DÖRING (ebd., S. 179ff) die ethische<br />

Ebene. Sie führen den Begriff des „Naturkapitals“ ein und ermöglichen<br />

so die hier notwendige ökonomische Diskussion. Sie arbeiten<br />

heraus, dass es notwendig – oder angesichts aller Ungewissheit über<br />

die Ansprüche künftiger Generationen zumindest sicherer – ist, das<br />

Naturkapital zu erhalten (CNCR, constant natural capital rule). Dabei<br />

ist es essenziell, das Naturkapital nicht als homogene Größe misszuverstehen.<br />

Unter dem Blickwinkel einer gerechten Nutzung und Vererbung<br />

muss vielmehr zwischen (lebendigen bzw. nicht lebendigen)<br />

Fonds und Vorräten unterschieden werden.<br />

• Es gibt lebendige Fonds (z.B. Wälder, Fische) und nichtlebendige<br />

(wohl aber belebte) Fonds (z.B. Wasser,<br />

Boden). Diese stiften vielfältigen Nutzen (so dient uns<br />

Wasser u.a. als Lebensmittel, als Lösungsmittel, als Wärmespeicher<br />

und -überträger, als Transportmedium, zur<br />

Bewässerung, für spirituelle und religiöse Zwecke und<br />

vieles mehr). Fonds können genutzt werden und regenerieren<br />

sich, wenn sie nicht übernutzt werden.<br />

51


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

• Vorräte (z.B. Erdöl) werden hingegen verbraucht. Sie bilden<br />

sich in den für Menschen relevanten Zeiträumen<br />

nicht nach, so dass wir – dem Gerechtigkeitspostulat folgend<br />

– als Ausgleich für den Verbrauch funktional gleichwertige<br />

Alternativen schaffen müssen (z.B. durch Aufbau<br />

der Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien und<br />

nachwachsender Rohstoffe).<br />

Ein grundlegendes Problem nicht-nachhaltiger Entwicklung ist es,<br />

Fonds als Vorräte anzusehen und sie wie solche zu verbrauchen – die<br />

Fischerei auf den Weltmeeren und die Zerstörung der Primärwälder<br />

sind dafür augenfällige Beispiele.<br />

Sogenannte „Managementregeln“ können als Leitplanken für eine<br />

nachhaltige Nutzung des Naturkapitals dienen (DEUTSCHER BUN-<br />

DESTAG 1998, SRU 2002, vgl. Kap. 2.3.4 und 2.3.5 in diesem <strong>Lehrbrief</strong>).<br />

Zudem sollte bewusst in Naturkapital investiert werden, dies<br />

führen OTT/DÖRING (ebd., S. 261ff) u.a. am Beispiel der Fischereiwirtschaft<br />

aus.<br />

Ebenfalls zum Instrumentarium einer nachhaltigen Entwicklung werden<br />

die „Leitlinien“ Effizienz, Suffizienz und Resilienz gezählt,<br />

mehr dazu nachfolgend unter ökonomisch-ökologische Neuorientierung.<br />

Eine so verstandene Nachhaltigkeit muss in konkreten Handlungsfeldern<br />

umgesetzt werden, dazu gehören „Landnutzungssysteme, Naturschutz,<br />

Gewässer- und Meeresschutz, Klima- und Energiepolitik,<br />

Umweltmedien (Luft, Boden, Wasser), Mobilität“ (ebd., S. 334). Für<br />

diese Handlungsfelder lassen sich dann spezifische Bündel von Zielen<br />

aufstellen, so etwa Ziele des Klimaschutzes, diese wiederum sollen<br />

mit speziellen Konzepten umgesetzt werden.<br />

Retinität<br />

(Gesamtvernetzung)<br />

Einzelentscheidungen des Menschen (z.B. in der Politik, in der Wirtschaft,<br />

Kaufentscheidung eines Verbrauchers) sind in ein komplexes<br />

Netzwerk von Ursachen und Wirkungen eingebunden, die sowohl die<br />

menschlichen Zivilisationssysteme als auch die Ökosysteme betreffen.<br />

Der SRU (1994 S. 54-55) führt die Vokabel der Gesamtvernetzung oder<br />

Retinität (lat. rete – das Netz) ein, und sieht darin „die entscheidende<br />

umweltethische Bestimmungsgröße und damit das Kernstück einer umfassenden<br />

Umweltethik... Will der Mensch seine personale Würde im<br />

Umgang mit sich selbst und anderen wahren“ (und sich daher in seiner<br />

Ethik von der Natur abgrenzen, siehe anthropozentrische Perspektive),<br />

„so kann er der darin implizierten Verantwortung für die Natur nur ge-<br />

52


2.4 Zentrale Merkmale der Nachhaltigkeitsidee<br />

recht werden, wenn er die ´Gesamtvernetzung´ all seiner zivilisatorischen<br />

Tätigkeiten und Erzeugnisse mit dieser ihn tragenden Natur zum<br />

Prinzip seines Handelns macht.“ In anderen Worten: Der Mensch ist<br />

einzigartig, und dieser Einzigartigkeit sowie der Gesamtvernetzung seiner<br />

Handlungen entspringt auch seine Verantwortung gegenüber der<br />

Natur. Der SRU (1994, S. 9) sieht im Sustainability-Konzept die „notwendige<br />

und konsequente Operationalisierung des Retinitätsprinzips“.<br />

In verschiedenen Nachhaltigkeitskonzeptionen wurde auf verschiedene<br />

Weise versucht, diese Gesamtvernetzung zu strukturieren und sie damit<br />

fassbarer zu machen (GRUNWALD/KOPFMÜLLER 2006, S. 37-58).<br />

Ein-Säulen-Konzepte räumen der Ökologie den Vorrang ein. Der SRU<br />

(2002, S. 67-68) vertritt ein derartiges ökologischen Verständnis von<br />

Nachhaltigkeit und sieht die notwendige Integration des Umweltschutzes<br />

in alle Politikbereiche für zentral an (vgl. auch SRU 2002, S. 167,<br />

wo Aktivitäten der Bundesregierung zur Integration des Umweltschutzes<br />

in die Ressorts/Bereiche Energie, Landwirtschaft, Verkehr, Bau,<br />

Entwicklungszusammenarbeit, Finanzen, Forschung, Gesundheit und<br />

Sozialpolitik aufgelistet und als Erfolg bewertet werden). BUND/MI-<br />

SEREOR (1996) beziehen sich ausdrücklich auf das Gerechtigkeitspostulat,<br />

rücken dann aber das Konzept des Umweltraums in dem<br />

Mittelpunkt ihrer Studie, um Umweltindikatoren aufzustellen und Umweltziele<br />

festzulegen. Auch der in diesem <strong>Lehrbrief</strong> nicht behandelte<br />

Syndromansatz des WGBU (1996) kann als ein Versuch gewertet werden,<br />

die Gesamtvernetzung mit dem Fokus auf ökologische Nachhaltigkeit<br />

zu ordnen.<br />

GRUNWALD/KOPFMÜLLER (2006, S. 46) führen zwei zentrale Argumente<br />

gegen Ein-Säulen-Konzepte an: So erforderten die Umsetzung<br />

des Gerechtigkeitspostulats und die Übernahme von Verantwortung es<br />

prinzipiell, alle Dimensionen gesellschaftlicher Entwicklung einzubeziehen.<br />

Ferner könne die ethische Frage, auf welche Hinterlassenschaften<br />

künftige Generationen einen Anspruch haben (zu vermeidende<br />

Risiken eingeschlossen), sich nicht alleine ökologisch beantworten lassen.<br />

Drei-Säulen-Konzepte sind eine Antwort auf derartige Kritik. Die<br />

Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ hat ein<br />

Modell propagiert, welches Ökologisches, Ökonomisches und Soziales<br />

als gleichwertige Säulen vereint (DEUTSCHER BUNDESTAG 1998). In einer<br />

anderen Darstellung – als „Nachhaltigkeitsdreieck“ – hat sich diese<br />

Sichtweise als eines der bekanntesten mentalen Modelle im Nachhaltigkeitsdiskurs<br />

etabliert (vgl. Abb. 1).<br />

Teilweise wird dieses Dreieck um eine vierte „Dimension“ (z.B. Kulturelles<br />

oder – bei VENRO 2005, S. 4 – um die politische Stabilität, d.h.<br />

53


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

Frieden, Menschenrechte, Demokratie und Gleichberechtigung) erweitert.<br />

Abb. 2:<br />

Das Nachhaltigkeitsdreieck – ein brauchbares mentales Modell im<br />

Nachhaltigkeitsdiskurs?<br />

GRUNWALD/KOPFMÜLLER (2006, S. 52-53) verweisen auf Probleme<br />

dieser Modelle. Einerseits bestehe die Gefahr einer Überfrachtung des<br />

Nachhaltigkeitsleitbildes – mit der Tendenz, zu einem Ein-Säulen-Konzept<br />

zurückzukehren. Andererseits verleiteten die Drei-Säulen-Modelle<br />

dazu anzunehmen, der Nachhaltigkeitsbegriff könne isoliert auf die drei<br />

Teilbereiche angewendet werden, es gäbe also so etwas wie eine „ökologische,<br />

ökonomische und soziale Nachhaltigkeit unabhängig voneinander“<br />

(ebd., S. 53, vgl. auch BROT FÜR DIE WELT/EED/BUND 2008, S.<br />

26). OTT/DÖRING (2008, S. 38-39) kritisieren die Säulen als eine „Art<br />

Wunschzettel, in die jeder Akteur eintragen kann, was er für wichtig<br />

hält“ – so könnten z.B. auf lokaler Ebene auch „Betreuungszeiten im<br />

Kinderhort und der Warmbadetag für Senioren im örtlichen Hallenbad<br />

zu Zielen nachhaltiger Entwicklung“ werden, und die ökonomische<br />

Säule sei offen für jegliche Ziele einer wirtschaftlichen Entwicklung.<br />

Dieses Modell sei somit „der große „Weichspüler“ der Nachhaltigkeitsidee“.<br />

Integrative Nachhaltigkeitskonzepte versuchen, insbesondere den<br />

zweiten Kritikpunkt zu überwinden. Sie gehen davon aus, „dass die der<br />

Nachhaltigkeitsidee zugrunde liegenden normativen Prämissen Zukunftsverantwortung<br />

und Verteilungsgerechtigkeit dimensionenübergreifend<br />

angelegt sind.“ (GRUNWALD/KOPFMÜLLER 2006, S. 53)<br />

Zudem gibt es vielfältige Verflechtungen zwischen der ökologischen,<br />

der ökonomischen und der sozialen Dimensionen, weshalb diese nicht<br />

54


2.4 Zentrale Merkmale der Nachhaltigkeitsidee<br />

isoliert betrachtet werden sollten (ebd.). DIE BUNDESREGIERUNG (2002)<br />

folgt offenbar derartigen Überlegungen und gliedert im Nationalen<br />

Nachhaltigkeitskonzept ihre Aktivitäten in vier „quer“ zu traditionellen<br />

politischen Ressorts zugeschnittene Themenfelder: Generationengerechtigkeit,<br />

Lebensqualität, sozialer Zusammenhalt und Internationale<br />

Verantwortung (vgl. Kap. 2.3.5).<br />

Eine nachhaltige Entwicklung ist nicht ohne eine ökonomisch-ökologische<br />

Neuorientierung denkbar. „Die Zukunft der Menschheit wird davon<br />

abhängen, ob es gelingt, zu einer Wirtschaftsweise zu gelangen, die<br />

sich innerhalb der Nutzungsgrenzen des Naturhaushalts bewegt und<br />

dennoch allen Menschen ein lebenswertes Dasein ermöglicht.“ (ICLEI<br />

1998 S. 18) FISCHER (2000) spricht von einem neuen Verständnis des<br />

Wirtschaftens, „das sich vom traditionellen wirtschaftlichen Fortschritts-<br />

und Wachstumsmodell loslöst.“<br />

Ökonomischökologische<br />

Neuorientierung<br />

Eine nachhaltige Entwicklung kann u.a. als Gegenpol zur Idee der nachholenden<br />

Entwicklung verstanden werden, nach welcher Entwicklungsländer<br />

möglichst zum Wirtschaftsmodell und Wohlstandsniveau der<br />

Industrieländer aufschließen sollten (HEINRICH-BÖLL-STIFTUNG 2002,<br />

RIECKMANN 2010, S. 2). 9<br />

Dieses neue Verständnis findet seinen Ausdruck u.a. in den Managementregeln,<br />

wie sie bereits in den Kapiteln 2.3.4 und 2.3.5 vorgestellt<br />

wurden.<br />

Zudem sollen verschiedene, einander ergänzende Strategien als Leitplanken<br />

für diese ökonomisch-ökologische Neuorientierung dienen:<br />

• Die Effizienzstrategie zielt darauf, die erwünschten Produkte<br />

bzw. Dienstleistungen mit einem möglichst geringen<br />

Material- und Energieeinsatz zu erzeugen, bzw. – andersherum<br />

gedacht – den Wirkungsgrad des Material- und Energieeinsatzes<br />

zu erhöhen. WEIZSÄCKER/LOVINS/LOVINS<br />

(1996) halten eine Erhöhung der Energieeffizienz um den<br />

9. BROT FÜR DIE WELT/EED/BUND (2008, S. 69-71) weisen angesichts dessen darauf hin,<br />

dass bis ca. 1780 die wirtschaftlich am weitesten entwickelten Teile Chinas (das Yangtse-<br />

Delta) und Europas (England) hinsichtlich Wirtschaft und Technik auf gleichem Stand<br />

waren. Der dann folgende rasche Aufstieg Englands zur führenden Industriemacht war<br />

u.a. dadurch möglich, dass dieses sich in erheblichem Ausmaß zusätzliche biotische<br />

Ressourcen (aus den damaligen Kolonien) und Energieressourcen (die heimische Kohle)<br />

einverleiben konnte. Die Yangtse-Region, der das damals nicht möglich war, blieb dann in<br />

der Entwicklung zurück. – Angesichts von Klimawandel, Peak Oil und Rückgang der<br />

Biodiversität sowie angesichts des „Fehlens“ neuer Kolonien müssen die Bedingungen,<br />

denen England (Europa, Nordamerika) ihren Aufstieg verdanken, damit als historisch<br />

einmalig gelten. Diese Art der Entwicklung ist nicht sinnvoll auf alle andere Regionen der<br />

Welt übertragbar. (Es bleibt abzuwarten, wie sich Chinas aktuelles Engagement in Afrika<br />

langfristig auf beide Seiten auswirken wird.)<br />

55


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

Faktor Vier für erforderlich und auch für machbar.<br />

SCHMIDT-BLEEK (1993, 1998, 2000) fordert eine Erhöhung<br />

der Materialeffizienz um den Faktor 10.<br />

• Allerdings besteht die Gefahr, dass Effizienzgewinne durch<br />

eine Steigerung des Wohlstandes oder ein Wachstum der<br />

Bevölkerung wieder „aufgefressen“ werden. Die Suffizienzstrategie<br />

setzt hier an, sie steht für einen Lebensstil der<br />

Bescheidenheit und Selbstbegrenzung. Es verspricht selbst<br />

in einem reichen Land wie Deutschland wenig Erfolg,<br />

unverblümt für eine Askese zu werben. BUND/MISEREOR<br />

(1995 und 1996) haben daher versucht, Suffizienz mit positiven<br />

Leitbildern wie „Gut leben statt viel haben“ zu verbinden.<br />

• Die Konsistenzstrategie schließlich nimmt qualitative<br />

Aspekte des Umweltverbrauchs in den Focus. Die vom<br />

Menschen in Gang gesetzten Stoff- und Energieströme sollen<br />

sich danach an den Qualitäten der Naturkreisläufe orientieren.<br />

Hierzu gehört auch die Substitution, also der<br />

Austausch umweltschädlicher gegen umweltfreundliche<br />

Stoffe. Beispiele liefern BRAUNGART/MCDONOUGH (2008).<br />

• Die Resilienzstrategie zielt darauf, die Naturkapitalien zu<br />

erhalten. Dies kann durch deren schonende Nutzung (siehe<br />

die zuvor genannten Strategien), aber auch durch Investitionen<br />

in das Naturkapital geschehen (OTT/DÖRING 2008).<br />

Ein nachhaltiges Wirtschaften muss einerseits durch einen Wertewandel<br />

eingeleitet werden, andererseits ist eine Veränderung der politischen<br />

Rahmenbedingungen erforderlich, dazu gehören z.B. Ökosteuern oder<br />

eine Liberalisierung der Energiemärkte. MANIATES (2010, S. 184) stellt<br />

dar, dass es bereits heute vielfältige praktikable Ansätze gibt, nachhaltiger<br />

zu produzieren (z.B. den „Top-Runner“-Ansatz in Japan, nach<br />

dem die gesetzlichen Standards für die Energieeffizienz von Geräten<br />

sich an den jeweils besten auf dem Markt befindlichen Geräten orientieren)<br />

und aus der Wirtschaft heraus nachhaltiges Konsumverhalten<br />

anzuregen (z.B. Neukunden werden vom Energieversorger automatisch<br />

auf Ökostrom eingestuft, wenn sie das nicht wollen, können sie zu einem<br />

anderen Stromprodukt wechseln).<br />

Strittig ist, wie weit diese Neuorientierung gehen muss. PIECHOCKI<br />

(2001) vertritt eine recht weitgehende Position, er kritisiert den der<br />

Marktwirtschaft in ihrer heutigen Ausprägung innewohnenden Zwang<br />

zum Wirtschaftswachstum als eine der zentralen Ursachen für die Naturzerstörung.<br />

BROT FÜR DIE WELT/EED/BUND (2008, S. 28) warnen<br />

davor, dass das Wirtschaftswachstum inzwischen „mehr Nachteile als<br />

Vorteile produziert“. 10<br />

56


2.4 Zentrale Merkmale der Nachhaltigkeitsidee<br />

Nachhaltigkeit ist zukunftsorientiert und zugleich utopisch. Das Leitbild<br />

der Nachhaltigkeit ist eine Utopie, aber nicht im Sinn „illusorischer<br />

Sorglosigkeit“ sondern „als Ausdruck eines Aufbruchs in eine offensiv<br />

auf Gewinnung neuer Perspektiven ausgerichteten Zukunft" (FISCHER<br />

2000) – gerade auch angesichts der Einengung der Zukunftsoptionen<br />

durch ökonomische, ökologische und soziale Probleme.<br />

Der<br />

zukunftsorientierte<br />

und utopische<br />

Charakter<br />

In dem seit der Aufklärung vorherrschenden Fortschrittsdenken der<br />

Moderne war (ist) alles (oder fast alles) machbar, Zukunft ist demnach<br />

in einem unendlichen Spektrum von Möglichkeiten gestaltbar. Andererseits<br />

war die Umweltdebatte (vgl. Kap. 2.1) eher von Hoffnungslosigkeit<br />

gekennzeichnet und von einer Position, nach der die Zukunft<br />

angesichts von Ressourcenknappheit und irreversibler Umweltbelastung<br />

kaum noch Gestaltungsspielräume offen lässt. Zwischen diesen<br />

beiden Extrempositionen geht es im Nachhaltigkeitsdiskurs darum, innerhalb<br />

bestimmter Grenzen (Leitplanken) Gestaltungsspielräume zu<br />

eröffnen bzw. zu erhalten, damit auch künftige Generationen über ihr<br />

Leben selbst bestimmen können. (FISCHER 2000)<br />

Dieses Merkmal ist ein Grund dafür, warum Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung nicht alleine mit der traditionellen Vermittlung vorgegebener<br />

Wissensbestände auskommt, sondern vielmehr Fähigkeiten und<br />

Kompetenzen vermitteln will, sich in einer – in bestimmten Grenzen –<br />

offenen Zukunft zurechtzufinden.<br />

Die Migration von Menschen, und noch mehr von Kapital, Waren, Rohstoffen<br />

oder Schadstoffen nimmt globale Ausmaße an. RIECKMANN<br />

(2010, S. 1, mit Rückgriff auf WGBU 1996) versteht unter dem Globalen<br />

Wandel das „komplexe Zusammenspiel von globalen Umweltveränderungen,<br />

ökonomischer Globalisierung, kulturellem Wandel und<br />

einem wachsenden Nord-Süd-Gefälle“. Das Globale Lernen sucht darauf<br />

pädagogische Antworten.<br />

Der globale,<br />

universale Ansatz<br />

Die Agenda 21 will die globalen Probleme des beginnenden 21. Jahrhunderts<br />

lösen, Nachhaltigkeit ist eine globale Herausforderung, was<br />

lokale und regionale Aktivitäten wie die Lokale Agenda 21 oder kommunalen<br />

Klimaschutz ausdrücklich einschließt.<br />

GRUNWALD/KOPFMÜLLER (2006, S. 36) fordern, Attribute wie nachhaltig<br />

ohne weitere Erläuterung nur für die globale Entwicklung zu verwenden.<br />

Auf regionaler oder z.B. auch lokaler Ebene können lediglich<br />

Beiträge zu dieser globalen Nachhaltigkeit geleistet werden; eine Region<br />

kann jedoch für sich nicht nachhaltig sein.<br />

10. Fünf Denkansätze, die derartige Kritik aufnehmen und einen fundamentalen<br />

gesellschaftlich-ökonomischen Systemwechsel anstreben, stellen ADLER/<br />

SCHACHTSCHNEIDER 2010 (Teil A) vor.<br />

57


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

FISCHER (1997, S. 46-51) weist hingegen auf Probleme dieses globalen<br />

Anspruchs hin. Er sieht die Gefahr, dass wir nur noch eine „Astronautenperspektive“<br />

einnehmen, dass Diagramme statt Akteuren in den Mittelpunkt<br />

rücken, dass wir uns mit Kalkulationen aber nicht mit Ethik<br />

befassen und Stabilität statt Schönheit suchen.<br />

Hier ist die Bildung herausgefordert, sinnvolle lokale Zugänge zu den<br />

globalen Aspekten der Nachhaltigkeit zu schaffen.<br />

Kommunikative,<br />

prozessorientierte<br />

Ausrichtung<br />

Nachhaltigkeit ist ein normatives Leitbild, das auf Werteurteilen basiert.<br />

Dem klassischen Ansatz politischer Steuerung würde es entsprechen,<br />

das Leitbild so zu operationalisieren und umzusetzen, wie im<br />

Kapitel 2.3.1 beschrieben. Ein solches Vorgehen entspricht einem substanziellen<br />

Nachhaltigkeitsverständnis. „Angesichts der Komplexität<br />

des Nachhaltigkeitsbegriffs und der Vielfalt ökologischer und sozioökonomischer<br />

Systeme bestehen jedoch Zweifel an einer so weitgehenden<br />

Konkretisierbarkeit.“ (GRUNWALD/KOPFMÜLLER 2006, S. 40)<br />

Einen konzeptionellen Ausweg bietet hier, die Nachhaltigkeit als regulative<br />

Idee im Sinne Kants zu verstehen. Damit haben Definitionen der<br />

Nachhaltigkeit nur einen vorläufigen und hypothetischen Charakter;<br />

Nachhaltigkeit wird zu einem „orientierenden Rahmen für einen langfristigen<br />

Such-, Erfahrungs- und Lernprozess.“ (ebd., vgl. auch DEUT-<br />

SCHER BUNDESTAG 1998, S. 72 und MICHELSEN 2005)<br />

Bei einem prozeduralen Nachhaltigkeitsverständnis steht hingegen<br />

von Anfang an der Weg im Vordergrund. Gefährdungseinschätzungen,<br />

Handlungsbedarfe und Maßnahmen würden demnach nicht in langfristiger<br />

Perspektive von oben vorgegeben, sondern „beim Laufen“ zwischen<br />

den Akteuren ausgehandelt bzw. selbstorganisiert umgesetzt<br />

(GRUNWALD/KOPFMÜLLER 2006, S. 40-41).<br />

Weitgehend durchgesetzt hat sich das substanzielle Verständnis mit<br />

Nachhaltigkeit als regulativer Idee. Wenn die Agenda 21 der Stärkung<br />

der Rolle wichtiger Gruppen einen Hauptabschnitt (Teil III) widmet,<br />

geht es daher nicht nur darum, diesen Gruppen Aufgaben bei der Umsetzung<br />

einer von oben vorgegebenen Politik zuzuweisen; vielmehr<br />

wird eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit an der Entscheidungsfindung<br />

gefordert und die Partizipation als grundlegendes Element<br />

der nachhaltigen Entwicklung angesehen<br />

(BUNDESUMWELTMINISTERIUM 1992, S. 217, vgl. auch RIECKMANN<br />

2010 S. 5-6).<br />

Der Aspekt der Partizipation wird im Kapitel 4 wieder aufgegriffen.<br />

58


2.5 Zwischenbilanz<br />

2.5 Zwischenbilanz<br />

Nach der Jahrtausendwende wurde mehrfach und auf verschiedenen<br />

Ebenen Zwischenbilanz zur nachhaltigen Entwicklung gezogen. Dazu<br />

gehören:<br />

• die UN-Konferenz in Johannesburg (26.8 – 4.9.2002) und<br />

der Millennium+5 Gipfel in New York (14. – 16.9.2005)<br />

• das 30-Jahre-Update zur Studie „Die Grenzen des Wachstums“<br />

(MEADOWS/RANDERS/MEADOWS 2007), die neue<br />

Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ (BROT FÜR DIE<br />

WELT/EED/BUND 2010) sowie die jährlichen Berichte des<br />

Worldwatch-Instituts<br />

• die IPCC-Berichte und das Millennium Ecosystem<br />

Assessment (MA), bei denen weltweit Erkenntnisse aus<br />

aktuellen Forschungsvorhaben zum Klimawandel bzw. zum<br />

Zustand und zur Leistungsfähigkeit der Ökosysteme zusammengeführt<br />

werden.<br />

• Zu erwähnen ist ferner die „Conference on Sustainable<br />

Development – Rio+20“ die Mai 2012 in Rio de Janeiro<br />

stattfinden wird.<br />

Darauf aufbauend, wird nachfolgend eine Zwischenbilanz gezogen,<br />

diese kann allerdings nur Schlaglichter werfen.<br />

Tendenziell als positiv kann die Verankerung einer nachhaltigen Entwicklung<br />

eingeschätzt werden. Das betrifft verschiedene Aspekte.<br />

„Rio war ein Wendepunkt. Vorher wurden Umweltfragen belächelt, danach<br />

wurden sie ernst genommen.“ (HEINRICH-BÖLL-STIFTUNG 2002,<br />

S. 10) Viele Staaten in allen Teilen der Welt begannen erst in Folge der<br />

Rio-Konferenz damit, Umweltpolitik als Regierungsaufgabe anzusehen<br />

und z.B. Umweltaktionspläne aufzustellen oder Umweltgesetze zu erlassen.<br />

Nationale Nachhaltigkeitsstrategien wurden verabschiedet.<br />

Nach MURSWIEK (2002, S. 1) gibt es in der EU und in Deutschland<br />

kaum noch ein Regierungs- oder Parteiprogramm, das nicht verkündet,<br />

der Nachhaltigkeit dienen zu wollen. Auf internationaler Ebene wurde<br />

mit Konventionen wie dem Klimarahmenabkommen oder der Konvention<br />

über biologische Vielfalt das Völkerrecht erweitert. Auch auf dieser<br />

Ebene wurden neue Strukturen geschaffen, so z.B. die CSD.<br />

Verankerung einer<br />

nachhaltigen<br />

Entwicklung<br />

Viele nichtstaatliche Akteure haben den Geist von Rio aufgegriffen, so<br />

die bestehenden oder neu gegründeten Bürgerbewegungen, aber auch<br />

Kommunen oder Unternehmen. Sie konnten sich auf Teil 4 der Agenda<br />

21 berufen und in ihrem Verantwortungsbereich viele kleine Schritte im<br />

59


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

Sinne einer nachhaltigen Entwicklung umsetzen (HEINRICH-BÖLL-<br />

STIFTUNG 2002, S. 11).<br />

Hinsichtlich der Operationalisierung des Leitbildes gab es Fortschritte.<br />

Auf den verschiedenen politischen Ebenen – von der globalen bis zur<br />

lokalen – wurden Ziele und Indikatoren bestimmt, Managementregeln<br />

und Nachhaltigkeitsstrategien aufgestellt. Das Wissen um die „Leitplanken“,<br />

innerhalb derer eine zukunftsfähige Entwicklung möglich ist,<br />

wurde erweitert.<br />

Allerdings ist nachhaltige Entwicklung als Suchprozess noch immer auf<br />

einen relativ geschlossenen Kreis aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft<br />

sowie NGO´s beschränkt. Der Begriff der Nachhaltigkeit ist großen<br />

Teilen der Bevölkerung nicht bekannt, allerdings stoßen zentrale Inhalte<br />

des Begriffes – wie die Gerechtigkeit oder die Maxime, nicht mehr<br />

Ressourcen zu verbrauchen als nachwachsen – auf hohe Zustimmung<br />

(KUCKARTZ 2000, BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FOR-<br />

SCHUNG 2002, S. 10, vgl. auch WIPPERMANN et. al 2009).<br />

Gerechtigkeit<br />

„Der tiefe Graben, der die Menschheit in Arm und Reich spaltet, und die<br />

ständig wachsende Kluft zwischen den entwickelten Ländern und den<br />

Entwicklungsländern stellen eine große Bedrohung für die weltweite<br />

Prosperität, Sicherheit und Stabilität dar... Die Schäden an der Umwelt<br />

nehmen weltweit zu. Der Verlust der biologischen Vielfalt hält an, die<br />

Fischbestände werden weiter erschöpft, Wüsten verschlingen immer<br />

mehr fruchtbares Land, die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderung<br />

sind bereits augenfällig, Naturkatastrophen werden immer häufiger<br />

und verheerender, die Krisenanfälligkeit der Entwicklungsländer<br />

steigt, und durch die Verschmutzung von Luft, Wasser und Meeren<br />

wird Millionen von Menschen nach wie vor ein menschenwürdiges Leben<br />

versagt... Mit der Globalisierung haben diese Probleme eine neue<br />

Dimension gewonnen... Wir laufen Gefahr, diese weltweiten Ungleichheiten<br />

festzuschreiben...“ (VEREINTE NATIONEN 2002, S. 2-3).<br />

Die reichsten 25% der Weltbevölkerung erzielen – in Kaufkraftparitäten<br />

– etwa 75% des weltweiten Einkommens (BROT FÜR DIE WELT/EED/<br />

BUND 2010, S. 79, nach Daten von MILANOVIC 2005). Etwa 2,7 Milliarden<br />

Menschen leben von weniger als 2 US$ (Kaufkraftparität) pro<br />

Tag, 1,1 Milliarden von ihnen müssen sogar mit weniger als 1 US$ täglich<br />

auskommen. Der Prozentsatz extrem armer Menschen hat seit ca.<br />

1980 abgenommen, das ist vor allem der Entwicklung in China zu verdanken.<br />

Aufgrund des Bevölkerungswachstums steigt die absolute Zahl<br />

der extrem armen Menschen aber. (BROT FÜR DIE WELT/EED/BUND<br />

2010, S. 82)<br />

Die 500 Mio wohlhabenden Menschen (ca. 7% der Weltbevölkerung)<br />

verursachen ca. 50% aller anthoropogenen CO 2 -Emissionen; die 3 Mil-<br />

60


2.5 Zwischenbilanz<br />

liarden Armen hingegen nur ca. 6% (ASSADOURIAN 2010, S. 37 und PA-<br />

CALA 2007). Würden alle Menschen so leben und konsumieren wie die<br />

US-Amerikaner – d.h. Pro-Kopf-Jahreseinkommen von gut 45.000<br />

US$, ökologischer Fußabdruck von 9,4 ha – dann könnte die Erde nur<br />

ca. 1,4 Milliarden Menschen verkraften (wir Europäer verbrauchen etwas<br />

weniger Ressourcen). Selbst bei einem im heutigen globalen Maßstab<br />

mittleren Lebensniveau – d.h. Pro-Kopf-Jahreseinkommen von gut<br />

5.000 US$, ökologischer Fußabdruck von 2,2 ha – wäre die Tragfähigkeit<br />

der Erde mit ca. 6,2 Milliarden Menschen ausgeschöpft. (ASSA-<br />

DOURIAN 2010, S. 38) Zu ähnlichen Aussagen kommen BROT FÜR DIE<br />

WELT/EED/BUND (2010, S. 72ff). Somit „läuft bei einem begrenzten<br />

Umweltraum die ungleiche Aneignung der Naturressourcen auf einen<br />

Entzug von Überlebensmitteln für arme Länder hinaus.“ (ebd., S. 77)<br />

Selbst wenn man die Tauglichkeit von Umweltraum und ökologischem<br />

Fußabdruck als Denkmodellen kritisch sieht, ist diese Schlussfolgerung<br />

damit nicht hinfällig.<br />

Die anspruchsvollen Programme der Agenda 21 wurden nicht in dem<br />

Maße finanziert wie geplant. Das UNCED-Sekretariat hatte den Finanzbedarf<br />

für die Umsetzung der Agenda 21 in den armen Ländern auf ca.<br />

600 Milliarden US$ jährlich geschätzt. 11 Davon sollten 125 Milliarden<br />

US$ aus der regulären Entwicklungshilfe fließen, für welche die Industrieländer<br />

0,7% ihres Bruttosozialproduktes zur Verfügung stellen<br />

wollten. In der Praxis haben die Industrieländer jedoch zwischen 1992<br />

und 2000 ihre Entwicklungshilfe von 69 Milliarden US$ auf 53 Milliarden<br />

US$ reduziert. (HEINRICH-BÖLL-STIFTUNG 2002, S. 12)<br />

Dabei sind Arme vielleicht eher „verhinderte Akteure und nicht zu kurz<br />

gekommene Versorgungsempfänger“ (BROT FÜR DIE WELT/EED/<br />

BUND 2010, S. 198). In seinem aktuellen Bericht „Hunger im Überfluss“<br />

zeigt das WORLDWATCH INSTITUTE (<strong>2011</strong>) anhand mehrerer Beispiele,<br />

wie Bäuerinnen und Bauern (überwiegend) in Afrika durch<br />

verbesserte landwirtschaftliche Praktiken die Bodenfruchtbarkeit fördern,<br />

die Erträge steigern und dadurch den Hunger überwinden können.<br />

Ein anderes Beispiel ist der faire Handel. In Deutschland wurden 2008<br />

Fairtrade-Waren im Wert von rund 213 Millionen Euro verkauft – das<br />

sind 50% mehr als 2007 (FAIRTRADE DEUTSCHLAND 2009). Im Jahr<br />

2009 lag der Umsatz bereits bei 264 Millionen Euro (erneutes Wachstum<br />

um 26%), weltweit wird der Umsatz der Branche auf 3,4 Milliarden<br />

Euro geschätzt, auch hier mit steigender Tendenz. Damit ist der faire<br />

Handel noch immer ein Nischenmarkt, aber immerhin „profitierten“ davon<br />

bereits „1,2 Millionen Kleinbauern und Plantagenarbeiter in 60<br />

Entwicklungsländern“ (FAIRTRADE DEUTSCHLAND 2010).<br />

11. Demgegenüber wurden 2006 weltweit 1.204 Milliarden US$ für Rüstung ausgegeben<br />

(SIPRI 2007).<br />

61


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

VENRO (2000, S. 7) fordert konsequenter Weise eine „Abkehr von einem<br />

paternalistischen Entwicklungshilfedenken“ und stattdessen eine<br />

Entwicklungszusammenarbeit, die sich als globale Strukturpolitik versteht.<br />

Umwelt<br />

Mit Rückblick auf die von der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen<br />

und der Umwelt“ des 13. Deutschen Bundestages aufgestellten<br />

Managementregeln (vgl. Kap. 2.3.4) können folgende Einschätzungen<br />

getroffen werden<br />

Erhalt der Regenerationsfähigkeit bei der Nutzung erneuerbarer<br />

Naturgüter: Der WWF schätzt, dass heute pro Jahr weltweit etwa<br />

30.000 Tier- bzw. Pflanzenarten allein im tropischen Regenwald aussterben,<br />

das entspricht 68 Arten pro Tag oder 3 Arten pro Stunde. In den<br />

nächsten 10 Jahren werden wahrscheinlich 2,5% aller heute bekannten<br />

Tier- und Pflanzenarten ausgestorben sein (WWF/TRAFFIC DEUTSCH-<br />

LAND 2001). Wenn man das genetische Potenzial der Tier- und Pflanzenarten<br />

als erneuerbare Ressource ansieht, dann ist die Ausrottung von<br />

Arten ein gravierendes Beispiel für Missmanagement. Noch drastischer<br />

muss das Urteil ausfallen, wenn es aufgrund ethischer Positionen gefällt<br />

wird, die der Natur – z.B. den Arten oder den einzelnen Individuen – einen<br />

Eigenwert bzw. Eigenrechte zuweisen.<br />

Bewirtschaftung nicht-erneuerbarer Naturgüter: Der weltweite Energieverbrauch<br />

ist zwischen 1950 und 2000 um ca. 3,5% jährlich gestiegen<br />

(MEADOWS/RANDERS/MEADOWS 2007, S. 86). Es ist davon<br />

auszugehen, dass wir beim Erdöl im ersten Viertel des neuen Jahrtausends<br />

das Fördermaximum erreichen, d.h. danach lässt sich die Förderung<br />

nicht mehr steigern sondern wird zurückgehen (LEGGETT 2006).<br />

Die Vorräte an Gas und vor allem an Kohle reichen noch länger; allerdings<br />

sind dem vertretbaren Verbrauch u.a. wegen der Freisetzung von<br />

Kohlendioxid enge Grenzen gesetzt. – Die Abkopplung des bundesdeutschen<br />

Energieverbrauchs vom Wirtschaftswachstum durch eine<br />

(langsame) Effizienzsteigerung nach der Ölkrise 1973 und die weltweit<br />

zunehmende Nutzung regenerativer Energieträger weisen angesichts<br />

dieser Probleme tendenziell in die richtige Richtung.<br />

Die Nutzung der Ressource Boden ist ein Negativbeispiel. Boden kann<br />

neu gebildet werden, allerdings in so langen Zeiträumen, so dass er für<br />

die Menschen als nicht erneuerbare Ressource gilt. Boden ist zudem in<br />

seiner Komplexität und in seinen vielfältigen Funktionen (z.B. Lebensraum<br />

für Bodenlebewesen, Substrat für Pflanzen, Wasserfilter, Fläche<br />

für Aktivitäten des Menschen etc.) nicht substituierbar – bestenfalls<br />

sind Substitute für Einzelfunktionen vorstellbar. In den vergangenen<br />

1000 Jahren haben die Menschen weltweit ca. 2 Milliarden produktives<br />

Ackerland in Ödland verwandelt, das ist mehr als die heute genutzte<br />

Ackerfläche. Zudem sind 38% der heute genutzten Ackerflächen degra-<br />

62


2.5 Zwischenbilanz<br />

diert (MEADOWS/RANDERS/MEADOWS 2007, S. 61). Wie das STATISTI-<br />

SCHE BUNDESAMT (2010) bilanziert, werden in Deutschland jeden Tag<br />

mehr als 100 ha Boden für Siedlungs- und Verkehrsfläche verbraucht<br />

und somit ihren natürlichen Funktionen entzogen. Hinzu kommen Bodenverluste<br />

durch Erosion oder andere Formen der Degradation.<br />

Freisetzung von Stoffen oder Energie: Die Emissionen an Kohlendioxid,<br />

Methan und anderen Treibhausgasen wachsen exponentiell an.<br />

Parallel dazu ist alleine in den 100 Jahren von 1906 bis 2005 die globale<br />

bodennahe Mitteltemperatur um 0,74°C angestiegen (UMWELTBUN-<br />

DESAMT 2007). Inzwischen ist weitgehend unstrittig, dass die globale<br />

Durchschnittstemperatur weiter ansteigen wird. Als kritische Marke,<br />

oberhalb derer mit einem abrupten, beschleunigten und unkontrollierbaren<br />

Klimawandel zu rechnen ist, gilt ein Temperaturanstieg um 2°C<br />

gegenüber den Werten vor Beginn der Industrialisierung (LEGGETT<br />

2006, S. 111-112, UMWELTBUNDESAMT 2007).<br />

Mit dem Kyoto-Protokoll sollte weltweit der Ausstoß an Treibhausgasen<br />

begrenzt werden. Die Bundesrepublik hat ihre darin eingegangenen<br />

Verpflichtungen erfüllt (STATISTISCHES BUNDESAMT 2010, vgl. Kap.<br />

2.3.6 in diesem <strong>Lehrbrief</strong>). Das sollte aber nur als ein Teilerfolg angesehen<br />

werden, äußerst kritisch ist, dass die Staaten dieser Welt bislang<br />

kein Folgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll vereinbaren<br />

konnten.<br />

Zeitmaß anthropogener Einträge bzw. Eingriffe in die Umwelt: Die<br />

natürlichen Systeme der Erde können neue Tier- und Pflanzenarten hervorbringen,<br />

Boden neu bilden oder Kohlendioxid absorbieren. Die oben<br />

beschriebenen Eingriffe des Menschen in die Umwelt sind deswegen<br />

problematisch, weil sie die Geschwindigkeit dieser natürlichen Prozesse<br />

ganz erheblich übertreffen und daher früher oder später Grenzen der<br />

Tragfähigkeit überschreiten. Zudem sind – darauf weisen MEADOWS/<br />

RANDERS/MEADOWS (2007, S. 1-2) – unsere Wahrnehmung und unsere<br />

Reaktion auf die Entwicklungen verzögert, d.h. die Chance, rechtzeitig<br />

und damit sachte umzusteuern, wird regelmäßig vertan (ein interessanter<br />

Aspekt für die Bildung).<br />

Gefahren und unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit<br />

und die Umwelt: Die Erzeugung radioaktiver Stoffe in der Energie-<br />

und Rüstungsindustrie bei gleichzeitigem Fehlen sicherer<br />

Entsorgungsmöglichkeiten ist ein Beispiel dafür, wie diese Managementregel<br />

permanent verletzt wird. Der deutsche Atomausstieg hätte<br />

ein Schritt einer nachhaltigen Entwicklung werden können, wenn es gelungen<br />

wäre, die Weichen so zu stellen, dass die stillzulegenden Kraftwerkskapazitäten<br />

durch Effizienzgewinne und Einsparungen<br />

kompensiert bzw. durch umweltverträgliche erneuerbare Energieträger<br />

ersetzt werden.<br />

63


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

Während ich dieses Update schreibe (Sommer <strong>2011</strong>), gehen Berichte<br />

vom Hunger in Ostafrika durch die Medien. Auf meinem Schreibtisch<br />

liegt der Bericht „Hunger im Überfluss“ vom WORLDWATCH INSTITUTE<br />

(<strong>2011</strong>), in dem auf diese neue Katastrophe bereits hingewiesen wird (S.<br />

15). Schon vor über zehn Jahren schätzte VENRO (2000, S. 7) ein:<br />

„Noch nie hat die Menschheit über so viele technische und finanzielle<br />

Ressourcen verfügt, die genutzt werden könnten, um massenhaften<br />

Verarmungsprozessen entgegenzusteuern. Es geht weniger um das<br />

Können, als vielmehr um den politischen Willen, um die Durchsetzung<br />

von Interessen, um das Entwickeln von Ideen, Energien, Strategien und<br />

den Einsatz von Ressourcen.“ Das betrifft die anderen Aspekte der<br />

Nachhaltigkeit gleichermaßen, und das führt unmittelbar zu der Frage,<br />

was Bildung in diesem Kontext will und kann.<br />

2.6 Zusammenfassung<br />

Anliegen dieses Abschnittes war es, Sie mit dem Leitbild Nachhaltigkeit<br />

bekannt zu machen.<br />

Dazu wurde zunächst – von der ökologischen Perspektive her – die Entstehung<br />

dieses Leitbildes skizziert. Die Auswahl der historischen Stationen<br />

ist auch subjektiv bedingt (Sie mögen einen anderen Blick auf<br />

diese Entwicklung haben): Entscheidend, auch mit Hinblick auf die didaktische<br />

Herausforderungen der <strong>BNE</strong>, ist, dass Sie verstehen, wie<br />

stark umwelt- bzw. nachhaltigkeitsrelevantes Wissen (z.B. Konzepte,<br />

Denkmodelle, Daten und Bewertungen) vorläufigen Charakter hat. Es<br />

steht (wie generell jedes andere Wissen auch, aber mit besonders hoher<br />

Dynamik) unter dem Vorbehalt, durch aktuelleres Wissen präzisiert,<br />

korrigiert oder auch widerlegt zu werden.<br />

Im Folgenden wurde die rasante internationale Karriere der Nachhaltigkeitsidee<br />

beleuchtet. Die Definition der Brundtland-Kommission sowie<br />

die Bedeutung und wesentliche Inhalte der Agenda 21 sollten Sie nun<br />

kennen, und Sie sollten z.B. die Milleniumsziele in den durch die Agenda<br />

21 ausgelösten internationalen Entwicklungsprozess einordnen können.<br />

Auch die im Kapitel 2.3 angestellten Betrachtungen über die Resonanz<br />

der Nachhaltigkeitsidee in Deutschland orientieren sich formell an einzelnen<br />

historischen Stationen, Akteuren und Dokumenten. Vor allem<br />

aber möchte ich Sie hier – stärker als unter 2.2 – zu einer systematischen<br />

Reflexion dieser einzelnen Ereignisse führen und Ihnen vermitteln, wie<br />

(vielfältig) Wissen über Nachhaltigkeit organisiert werden kann. Den<br />

„roten Faden“ für diese systematische Reflexion liefert die im Kapitel<br />

2.3.1 vorgestellte Aufgabe, das Nachhaltigkeitsleitbild zu operationali-<br />

64


2 Nachhaltigkeit und Agenda 21<br />

sieren. Ich hoffe sehr, dass Sie die Einblicke in diese Denkmodelle nicht<br />

als lästige Mühe empfinden, sondern dass Sie vielmehr erkennen, wie<br />

eng dies mit einer Kernaufgabe jeder Didaktik – der Auswahl und<br />

Strukturierung des Lehr- bzw. Lernstoffs – verbunden ist. Wo das sinnvoll<br />

und möglich ist, verweise ich Sie daher bereits hier darauf, wie diese<br />

Wissensorganisation in der <strong>BNE</strong> produktiv genutzt werden kann.<br />

Das Kapitel 2.4 versucht, die zentralen Merkmale der Nachhaltigkeitsidee<br />

unter rein systematischen Gesichtspunkten vorzustellen. Auch damit<br />

möchte ich Sie bereits auf das nachfolgende Bildungskapitel<br />

verweisen, denn die nachhaltige Entwicklung bietet nicht nur Themen<br />

oder Denkmodelle für die <strong>BNE</strong>; ihre Prinzipien wie Gerechtigkeit oder<br />

Partizipation fordern das Bildungssystem vielmehr auch in struktureller<br />

und methodischer Hinsicht heraus. Der in einem Exkurs vorgestellten<br />

Theorie der starken Nachhaltigkeit werden Sie im Kapitel 3.3 wieder<br />

begegnen, wenn versucht wird, den Begriff der <strong>BNE</strong> zu definieren.<br />

Die unter 2.5 gezogene Zwischenbilanz bedient sich zwar allgemein zugänglicher<br />

Quellen, aber die Auswahl der hier angesprochenen Aspekte,<br />

die Verknüpfungen zwischen Daten und Zielen sowie folglich auch<br />

die Wertungen sind natürlich auch subjektiv (und damit nichts, was z.B.<br />

in einer Klausur abgefragt werden könnte). Fühlen Sie sich herausgefordert,<br />

in den für Ihre pädagogische Arbeit relevanten Aspekten Ihre<br />

eigene Zwischenbilanz zu ziehen!<br />

65


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

„Probleme lassen sich nicht mit den Denkweisen lösen, die zu ihnen geführt<br />

haben.“ (Albert EINSTEIN o.J.)<br />

Einige globale Probleme, mit denen die Menschheit im 21. Jahrhundert<br />

konfrontiert ist, sowie Ansätze neuer Denkweisen haben Sie im Kapitel<br />

2 kennen gelernt. Was kann nun Bildung zu einer nachhaltigen Entwicklung<br />

beitragen? Kann sie (sollte sie) Wissen vermitteln, Bewusstsein<br />

schaffen, das Denken bzw. Handeln der Menschen verändern...?<br />

Was sagt die Agenda 21 über die Rolle der Bildung aus? Was ist Bildung<br />

für nachhaltige Entwicklung und wie kann sie umgesetzt werden?<br />

Welche Projekte und Lernarrangements wurden bisher entwickelt und<br />

welche Ergebnisse wurden dabei erzielt? Und schließlich: In welchem<br />

Verhältnis steht die <strong>BNE</strong> zur Umweltbildung und zum Globalen Lernen?<br />

Eine nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die zu mehr Nachhaltigkeit<br />

führt. Bildung für nachhaltige Entwicklung will diese Entwicklung<br />

unterstützen. In einer ersten Näherung wollen wir Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung daher als pädagogische Antwort auf den<br />

Nachhaltigkeitsdiskurs verstehen.<br />

Begriffliche<br />

Annäherungen<br />

Das BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG (2002, S. 4)<br />

schreibt dazu: „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung ist mehr als<br />

Umweltbildung. Sie unterscheidet sich von der Umweltbildung ebenso<br />

wie von der entwicklungspolitischen Bildung durch einen breiteren und<br />

umfassenderen Ansatz, der ökologische, ökonomische und soziale<br />

Aspekte integriert („Dreieck der Nachhaltigkeit“). Bildung für eine<br />

nachhaltige Entwicklung soll zur Realisierung des gesellschaftlichen<br />

Leitbilds einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Agenda 21 beitragen<br />

und hat zum Ziel, die Menschen zur aktiven Gestaltung einer<br />

ökologisch verträglichen, wirtschaftlich leistungsfähigen und sozial gerechten<br />

Umwelt unter Berücksichtigung globaler Aspekte zu befähigen.<br />

Mit geeigneten Inhalten, Methoden und einer entsprechenden Lernorganisation<br />

hat Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in allen Bildungsbereichen<br />

die Aufgabe, Lernprozesse zu initiieren, die zum<br />

Erwerb von für eine nachhaltige Entwicklung erforderlichen Analyse-,<br />

Bewertungs- und Handlungskompetenz beitragen.“<br />

Eine andere und erhellende Definition bieten: VEREINTE NATIONEN<br />

(2005, S.1): „Die Bildung für nachhaltige Entwicklung stärkt und entwickelt<br />

die Möglichkeiten von einzelnen Personen, Gruppen, Gemeinschaften,<br />

Organisationen und Ländern, Einschätzungen und<br />

Entscheidungen zu Gunsten einer nachhaltigen Entwicklung zu treffen.<br />

Sie kann Einstellungen und fixe Meinungen von Menschen ändern, so-<br />

67


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

mit unsere Welt sicherer, gesünder und wohlhabender machen und dadurch<br />

die Lebensqualität verbessern. Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung kann zu kritischer Betrachtung, stärkerem Bewusstsein<br />

und neuer Kraft führen, wodurch neue Visionen und Konzepte entstehen<br />

und neue Methoden und Instrumente entwickelt werden können.“<br />

3.1 Die Herausforderung<br />

3.1.1 Der Bildungsauftrag der Agenda 21<br />

Kapitel 36 der Agenda<br />

21: Bildung als<br />

Möglichkeit der<br />

Umsetzung einer<br />

nachhaltigen<br />

Entwicklung<br />

„Bildung / Erziehung, öffentliche Bewusstseinsbildung und berufliche<br />

Ausbildung stehen mit fast allen Programmbereichen der Agenda 21 in<br />

Verbindung.“ (BUNDESUMWELTMINISTERIUM 1992, S. 261) Bildungsaufgaben<br />

werden in fast allen Kapiteln der Agenda 21 explizite als Umsetzungsmöglichkeiten<br />

angesprochen. So enthält das Kapitel 3<br />

„Armutsbekämpfung“ die Maßnahme: „den Armen Zugang zum Primar-Erziehungswesen<br />

zu verschaffen.“ (ebd., S. 20) Im Kapitel 9<br />

„Schutz der Erdatmosphäre“ wird u.a. vorgeschlagen, Maßnahmen zur<br />

Aufklärung und Bewusstseinsförderung „zum Thema sparsame Energienutzung<br />

und umweltverträgliche Energieträger“ zu fördern (ebd., S.<br />

70).<br />

Das Kapitel 36 bündelt diese Querschnittsaufgabe. Unter Bezug auf die<br />

Prinzipien der Konferenz von Tiflis 1977 (UNESCO 1978) umfasst es<br />

folgende Programmbereiche:<br />

a) Neuausrichtung der Bildung auf eine nachhaltige Entwicklung<br />

b) Förderung der öffentlichen Bewusstseinsbildung<br />

c) Förderung der beruflichen Ausbildung<br />

A Neuausrichtung der Bildung auf eine nachhaltige Entwicklung<br />

Handlungsgrundlage<br />

In der Agenda 21 werden Bildung/Erziehung als Prozess gesehen, „mit<br />

dessen Hilfe die Menschen als Einzelpersonen und die Gesellschaft als<br />

Ganzes ihr Potenzial voll ausschöpfen können“. Das bezieht sich nicht<br />

nur auf die formelle Bildung (z.B. in allgemein bildenden Schulen) sondern<br />

z.B. auch auf die öffentliche Bewusstseinsbildung (siehe Programmbereich<br />

B) und die informelle Bildung<br />

(BUNDESUMWELTMINISTERIUM 1992, S. 261).<br />

Diese Formen der Bildung werden als „unabdingbare Voraussetzung<br />

für die Herbeiführung eines Bewußtseinswandels“ und als entscheidend<br />

68


3.1 Die Herausforderung<br />

„für die Schaffung eines ökologischen und eines ethischen Bewußtseins<br />

sowie von Werten und Einstellungen, Fähigkeiten und Verhaltensweisen,<br />

die mit einer nachhaltigen Entwicklung vertretbar sind“ angesehen.<br />

Schließlich wird vorgeschlagen, dass sich eine umwelt-/entwicklungsorientierte<br />

Bildung bzw. Erziehung nicht nur mit der Umwelt im herkömmlichen<br />

Sinne („mit der Dynamik der physikalischen/<br />

biologischen...Umwelt“), sondern auch mit der sozioökonomischen<br />

Umwelt und der menschlichen Entwicklung befassen sollte (ebd., S.<br />

261).<br />

Basierend auf diesen Einschätzungen, werden folgende Ziele proklamiert<br />

(ebd., S. 261):<br />

Ziele<br />

a) Der Zugang zur Grunderziehung soll verbessert werden.<br />

Weltweit sollen „mindestens 80 Prozent der Mädchen und<br />

80 Prozent der Jungen im Primarschulalter“ eine solche<br />

Grunderziehung „im Rahmen der formalen Schulbildung<br />

oder der nonformalen Bildung“ erhalten. Die Quote der<br />

Analphabeten unter den Erwachsenen soll gegenüber 1990<br />

um wenigstens 50% reduziert werden. Dabei gilt es insbesondere,<br />

die Rückstände bei der Bildung der Frauen gegenüber<br />

den Männern auszugleichen.<br />

b) Weltweit soll möglichst rasch und in der größtmöglichen<br />

Breite ein Umwelt- und Entwicklungsbewusstsein entwikkelt<br />

werden.<br />

c) Allen Bevölkerungsgruppen (auch allen Altersgruppen)<br />

sollte Zugang zur umwelt- und entwicklungsorientierten<br />

Bildung im Verbund mit Sozialerziehung ermöglicht werden.<br />

d) Umwelt- und Entwicklungskonzepte sollen in alle Bildungsprogramme<br />

integriert werden, insbesondere sollen auch Entscheidungsträger<br />

weitergebildet werden.<br />

Zur Umsetzung dieser Ziele werden insgesamt 15 Maßnahmen mit verschiedenen<br />

Addressaten vorgeschlagen (ebd., S. 261-263).<br />

Maßnahmen<br />

Die Länder (deren Regierungen und Behörden) sollten z.B.<br />

• die nationale Bildungsplanung so vorantreiben, dass der<br />

Zugang zu Bildung für alle erleichtert wird<br />

• Strategien erarbeiten, nach denen Umwelt- und Entwicklung<br />

als Querschnittsthema auf allen Ebenen des Bildungswesens<br />

einbezogen werden können<br />

69


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

• dabei externe Partner wie z.B. nichtstaatliche Umwelt- und<br />

Entwicklungsorganisationen angemessen einbeziehen und<br />

unterstützen<br />

• die <strong>Weiterbildung</strong> von Lehrkräften, Erziehern, Verwaltungsfachkräften<br />

und Bildungsplanern zur umwelt- und entwicklungsorientierten<br />

Bildung/Erziehung organisieren<br />

• Schulen Unterstützung bei der Erarbeitung eigner Umweltarbeitspläne<br />

verschaffen<br />

• die Entwicklung und den Einsatz innvoativer Methoden fördern<br />

und gleichzeitig „geeignete traditionelle Systeme zur<br />

Wissensvermittlung in örtlichen Gemeinschaften anerkennen“<br />

• Aktivitäten von Universitäten, sonstige Aktivitäten im tertiären<br />

Sektor sowie Netwerke unterstützen.<br />

• <strong>Weiterbildung</strong> im Bereich Umwelt und Entwicklung fördern<br />

• die Ausbildungschancen von Frauen in nicht traditionellen<br />

Bereichen fördern und stereotype Ausrichtung der Lehrplänen<br />

nach Geschlechtszugehörigkeit abschaffen<br />

• „das Recht der eingeborenen Bevölkerungsgruppen bestätigen,<br />

ihre Erfahrungen und ihr Wissen über eine nachhaltige<br />

Entwicklung zu nutzen, um im Bereich der Bildung und<br />

Ausbildung eine Rolle zu spielen“.<br />

Die Vereinten Nationen<br />

• sollen ihre Bildungsprogramme überprüfen, um neue Prioritäten<br />

zu setzen und die vorhandenen Mittel neu zu verteilen.<br />

• können Aufgaben des Monitorings und der Evaluation übernehmen<br />

sowie darüber Bericht erstatten.<br />

International sowie national sollte(n)<br />

werden.<br />

• der Informationsaustausch zur Bildung verstärkt<br />

• „Leistungszentren für die interdisziplinärer Forschung und<br />

Bildung im Bereich der Umwelt- und Entwicklungswissenschaften,<br />

des Umwelt- und Entwicklungsrechts“ sowie des<br />

Umweltmanagements geschaffen<br />

• nonformale Bildungsmaßnahmen gefördert<br />

70


3.1 Die Herausforderung<br />

Die Kosten werden für die Jahre 1993-2000 auf jährlich 8-9 Mrd. US$<br />

geschätzt. Einige konkrete Maßnahmen zur Absicherung bzw. Ergänzung<br />

dieser Finanzierung werden angeführt (ebd., S. 263-264).<br />

Instrumente zur<br />

Umsetzung<br />

B Förderung der öffentlichen Bewusstseinsbildung<br />

Es wird eingeschätzt, dass es aufgrund „ungenauer bzw. unzulänglicher<br />

Informationen“ noch immer an „Bewußtsein mit Hinblick auf die<br />

Wechselbeziehungen zwischen der Gesamtheit der anthropogenen Aktivitäten<br />

und der Umwelt“ mangelt. „Insbesondere in Entwicklungsländern<br />

fehlt es an entsprechenden Technologien und entsprechendem<br />

Sachverstand.“ (ebd., S. 264)<br />

Dementsprechend wird folgendes Ziel verfolgt (ebd., S. 264): „Förderung<br />

einer breitangelegten öffentlichen Bewußtseinsbildung“, die zu einer<br />

„Stärkung von Einstellungen, Wertvorstellungen und<br />

Handlungsweisen, die mit einer nachhaltigen Entwicklung vereinbar<br />

sind“, beiträgt. Dabei sollten Verantwortung und Durchführung jeweils<br />

auf der am besten geeigneten Ebene – insbesondere der lokalen – angesiedelt<br />

sein.<br />

Die Maßnahmen (ebd., S. 264-265) zielen insbesondere darauf, dass die<br />

Länder (welche die Agenda 21 unterzeichnet haben und daher direkt angesprochen<br />

sind), in einem äußerst breiten Rahmen nach Bündnispartnern<br />

für die öffentliche Bewusstseinsbildung suchen. Generell wird<br />

angeregt, beratende Gremien zu stärken, die Abstimmung und Vernetzung<br />

zwischen den verschiedenen Akteuren zu fördern und die Öffentlichkeit<br />

an Diskussionen über umweltpolitische Maßnahmen und<br />

Bewertungen zu beteiligen. Bildungseinrichtungen in allen Sektoren<br />

sowie nichtstaatliche Organisationen werden ausdrücklich als potenzielle<br />

Partner genannt: Die Medien oder die Unterhaltungs- und Werbebranche<br />

sollen einbezogen werden, auch mit dem Ziel, „deren<br />

Erfahrungen mit der Beeinflussung von öffentlichen Verhaltens- und<br />

Verbrauchsmustern zu ergründen ... und von deren Methoden umfassenden<br />

Gebrauch“ zu machen. Moderne Kommunikationstechnologien<br />

mit hoher Breitenwirkung sollen genutzt werden. Die Länder sollen<br />

umweltverträgliche (Bildungs-)Angebote für Freizeit und Tourismus<br />

fördern, z.B. im Kooperation mit Museen, Zoos oder Nationalparken.<br />

Handlungsgrundlage<br />

Ziele<br />

Maßnahmen<br />

„Länder und das System der Vereinten Nationen sollen die Interaktion<br />

mit eingeborenen Bevölkerungsgruppen verstärken und diese gegebenenfalls<br />

(sich) in die Bewirtschaftung, Planung und Entwicklung ihrer<br />

örtlichen Umwelt einbeziehen.“ Traditionelles Wissen und traditionelle<br />

Formen der Weitergabe dieses Wissens, insbesondere in ländlichen Gebieten,<br />

sollen gefördert werden.<br />

71


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Das System der Vereinten Nationen soll u.a. seine Maßnahmen prüfen,<br />

seinen Aktionsradius vergrößern und systematische Erhebungen über<br />

den Erfolg von Bewusstseinsbildungsprogrammen durchführen. „UNI-<br />

CEF, UNESCO, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen<br />

(UNDP) sowie nichtstaatliche Organisationen sollen unterstützende<br />

Programme zur Beteiligung von Jugendlichen und Kindern an Umweltund<br />

Entwicklungsfragen schaffen“. Männer und Frauen (und Familien)<br />

sollen für eine nachhaltige Entwicklung mobilisiert werden. „Das öffentliche<br />

Bewußtsein soll im Hinblick auf die Anwendung von Gewalt<br />

in der Gesellschaft geschärft werden.“<br />

Instrumente zur<br />

Umsetzung<br />

Für 1993-2000 werden Kosten in Höhe von durchschnittlich 1,2 Milliarden<br />

US$ pro Jahr veranschlagt (ebd., S. 265).<br />

C Förderung der beruflichen Ausbildung<br />

Handlungsgrundlage<br />

Ziele<br />

Die berufliche Ausbildung wird als „eine der wichtigsten Voraussetzungen<br />

für die Entwicklung der menschlichen Ressourcen und für die<br />

Erleichterung des Übergangs in eine nachhaltige Welt“ angesehen<br />

(ebd., S. 265).<br />

Zu den darauf aufbauend proklamierten Zielen (ebd., S. 265-266) gehören<br />

u.a.:<br />

• „die Einführung oder Erweiterung von Berufsbildungsprogrammen,<br />

die den Umwelt- und Entwicklungsbedürfnissen<br />

gerecht werden, mit einem gesicherten Zugang ... unabhängig<br />

von Sozialstatus, Alter, Geschlecht, Hautfarbe oder<br />

Religionszugehörigkeit“<br />

• der Ausbau nationaler Kapazitäten insbesondere im Bereich<br />

der wissenschaftlichen Aus- und Fortbildung.<br />

Maßnahmen<br />

Die Maßnahmen (ebd., S. 266-267) zielen u.a. auf:<br />

• die Bildungsplanung (Ermittlung des Ausbildungsbedarfs<br />

und Prüfung von Maßnahmen zu dessen Deckung)<br />

• generell die Sicherstellung einer beruflichen Ausbildung,<br />

sowie Einbindung von Umwelt- und Entwicklungsfragen<br />

bzw. des Umweltmanagements in die Ausbildung<br />

• die Verantwortung der Länder und der Bildungseinrichtungen,<br />

aber z.B. auch der nationalen Berufsverbände und der<br />

Gewerkschaften<br />

• die Integration von Ausbildung in Entwicklungs(hilfe)projekte.<br />

72


3.1 Die Herausforderung<br />

Instrumente zur Umsetzung<br />

Für den Zeitraum 1993-2000 wird mit Kosten von ca. 5 Mrd. US$ pro<br />

Jahr gerechnet.<br />

Bewertung / Diskurs<br />

Bildung (bzw. Erziehung, siehe unten) wird in der Agenda 21 als Möglichkeit<br />

zur Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung verstanden<br />

(deswegen im Teil IV – Möglichkeiten der Umsetzung – behandelt) und<br />

damit in eine Reihe neben Finanzressourcen bzw. Finanzierungsmechanismen<br />

(Kap. 33), internationale Rechtsinstrumente und -mechanismen<br />

(Kap. 39) oder die Wissenschaft (Kap. 35) gestellt.<br />

Damit werden zwei verschiedene Seiten von Bildung angesprochen:<br />

• Bildung als Recht des Menschen<br />

• Bildung als Instrument der Politik.<br />

Das soll nachfolgend vertieft werden, da es m. E. für ein Verständnis<br />

der Herausforderung – und für berechtigte Abgrenzungen – essenziell<br />

ist.<br />

Bildung ist eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass sich Menschen<br />

entfalten und am Prozess der Nachhaltigkeit partizipieren können.<br />

„Jeder hat das Recht auf Bildung”, heißt es in Artikel 26 (1) der<br />

Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Auch in den Milleniumszielen<br />

(vgl. Kap. 2.2.5) wird das Recht auf Bildung betont.<br />

Bildung als Recht des<br />

Menschen<br />

Wer unzureichend gebildet ist, hat in einer modernen Gesellschaft<br />

schlechte Chancen bei der individuellen Verwirklichung, im Berufsleben<br />

oder hinsichtlich der Teilhabe an der gesellschaftlichen Entwicklung.<br />

Die Agenda 21 fordert daher im Kapitel 36<br />

(BUNDESUMWELTMINISTERIUM 1992, S. 261-267) u.a. einen generellen<br />

Zugang zur Grunderziehung im Rahmen der formalen Schulbildung<br />

oder nonformalen Bildung, eine Senkung der Analphabetenquote bei<br />

Erwachsenen um mindestens 50% gegenüber 1990 mit besonderer Berücksichtigung<br />

der Frauen, und räumt auch der beruflichen Ausbildung<br />

einen hohen Stellenwert ein. Es wäre verfehlt, die Umsetzung dieses<br />

Menschenrechts mit Verweis auf die allgemeine Schulpflicht in<br />

Deutschland als erfüllt anzusehen, denn auch im hoch entwickelten<br />

Deutschland hängen die Bildungschancen der Kinder ganz wesentlich<br />

von ihrer sozialen Herkunft ab (KULTUSMINISTERKONFERENZ 2002).<br />

Problematisch ist ferner, dass die pädagogischen Begriffe Bildung und<br />

Erziehung weitgehend undifferenziert nebeneinander gestellt werden;<br />

Bildung vs. Erziehung<br />

73


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

dies geht zu Lasten der Klarheit dieses Auftrages. Das ist beileibe keine<br />

Wortklauberei, vielmehr stehen diese Begriffe in der deutschen Debatte<br />

12 für unterschiedliche Konzepte, die zudem auch noch von verschiedenen<br />

Autoren unterschiedlich interpretiert werden, vgl. Exkurs<br />

„Lernen, Bildung und Erziehung“. Sie werden sich im Modul 3 „Didaktik<br />

der Umweltbildung“ vertiefend mit diesen Begriffen und Konzepten<br />

auseinandersetzen (vgl. auch FAULSTICH-WIELAND/FAULSTICH).<br />

Exkurs: Lernen, Bildung und Erziehung<br />

Der Begriff Lernen wird verwendet, um den Erwerb von Wissen und<br />

Können, von festgelegten Auffassungen, Methoden und Regeln zu<br />

beschreiben. Lernen dient dazu, bekannte und sich wiederholende Situationen<br />

zu bewältigen und wirkt somit system- und lebensformerhaltend.<br />

So verstandenes Lernen wurde vom CLUB OF ROME (1979,<br />

S. 30) als „tradiertes Lernen“ bezeichnet. Dieses Lernen ist auch heute<br />

noch erforderlich, in diesem Sinne erlernen wir z.B. eine Sprache,<br />

die Grundrechenarten oder das Verhalten im Straßenverkehr. Angesichts<br />

der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – angesichts ständig<br />

neuer und komplizierter Situationen, in denen sich die<br />

Menschheit befindet – reicht es jedoch nicht mehr aus (siehe auch<br />

Exkurs: Das menschliche Dilemma und die Grenzen des Lernens).<br />

Erziehung ist ziel- und zweckorientiert. Die Heranwachsenden sollen<br />

die Zwecke der Gesellschaft kennen lernen und an ihnen tätig interessiert<br />

werden (DEWEY 1993). Erziehungsziele sind dabei<br />

kulturrelevant und im Laufe der Zeit veränderbar. Hinter den Zielen<br />

stehen Normen und Werte, z.B. die aus dem Alten Testament überlieferten<br />

10 Gebote, die Menschenrechte oder evtl. künftig das Leitbild<br />

der Nachhaltigkeit. Die Spannbreite der Erziehungskonzepte<br />

reicht vom „herstellenden Machen“, bei dem die Erzieher die zu Erziehenden<br />

formen wie ein Handwerker sein Werkstück (z.B. Durkheim)<br />

bis hin zur Vorstellung Rousseaus, nach dem der Erzieher –<br />

wie ein Gärtner – das eigene Wachsen des Kindes begleitet und<br />

schützt (MAROTZKI 2003, S. 16-19).<br />

Bildung bezieht sich auf den Grad der Reflexivität des Individuums<br />

(die Fähigkeit, sich selbst „über die Schulter zu sehen“) und auf die<br />

Flexibilität in den Selbst- und Weltbildern (die Fähigkeit, sich selbst<br />

und die Welt auch mit anderen Augen zu sehen). Bildung zielt daher<br />

gerade darauf, unbekannte und offene Situationen zu meistern (MA-<br />

ROTZKI 2003, S. 22-29). Auch diese pädagogische Basiskategorie hat<br />

verschiedene Interpretationen erfahren.<br />

12. Der englische Begriff „education“ umfasst hingegen den Bildungs- und den<br />

Erziehungsaspekt.<br />

74


3.1 Die Herausforderung<br />

Wilhelm v. Humboldt sieht Bildung – in Opposition zum Erziehungsbild<br />

der Aufklärung – als Recht und Bestimmung des Menschen.<br />

„Der wahre Zweck des Menschen“ ist danach „die höchste<br />

und proportionierlichste Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen“<br />

(HUMBOLDT 1792/1980, S. 64).<br />

Nach KLAFKI (1985) ist Bildung differenziertes gesellschaftliches<br />

Problembewusstsein, sie befähigt den Menschen zur Selbstbestimmung,<br />

Mitbestimmung und Solidarisation.<br />

Der Begriff Erziehen fokussiert damit auf die Tätigkeit des Erziehers.<br />

Die Begriffe Lernen und Bildung fokussieren auf die Tätigkeiten des<br />

Lernenden bzw. des sich Bildenden. Bildung kann (wie auch der<br />

Aufbau von Kompetenzen) angeregt, ermöglicht und gefördert, nicht<br />

aber didaktisch „bewirkt“ werden. (vgl. MAROTZKI 2003, S. 24)<br />

Im Gegensatz zu noch älteren Vorstellungen vom Lernen als<br />

Wissenstransfer, verstanden Piaget (1896-1980) oder auch klassische<br />

konstruktivistische Ansätze (in den 1970er bis 1980er Jahren)<br />

Bildung primär als Selbstbildung, welche schon im Kindesalter vom<br />

Individuum selbst „ausgelöst und gesteuert wird und lediglich eine<br />

lernanregende und die kindliche Entwicklung stimulierende<br />

Umgebung benötigt.“ (GISBERT 2004, S. 19) Diese Position gilt<br />

inzwischen als überholt, statt dessen wird in neueren<br />

Bildungskonzeptionen „Bildung als soziale Ko-Konstruktion<br />

definiert, d.h. als sozialer Prozess, der im Kontext stattfindet und an<br />

dem Kinder, Eltern, Fachkräfte und andere Erwachsene aktiv<br />

beteiligt sind, und dies bereits ab der Geburt des Kindes.“ (ebd.)<br />

„Bildung für nachhaltige Entwicklung“ würde damit für ein Konzept<br />

stehen, das Menschen befähigen will, ihre eigenen Potenziale in einer<br />

Welt zu entfalten, die von den in der Agenda 21 beschriebenen Problemen<br />

und Herausforderungen geprägt ist. Ein Konzept der „Erziehung<br />

zur Nachhaltigkeit“ würde hingegen stärker die Interessen der Gesellschaft<br />

gegenüber dem Einzelnen betonen. – Nachfolgend wird allerdings<br />

weiterhin durchweg der Begriff „Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung“ verwendet, der sich im deutschen Sprachgebrauch ganz<br />

überwiegend durchgesetzt hat, unabhängig davon, ob nun der Bildungsoder<br />

der Erziehungsaspekt im Vordergrund steht.<br />

75


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Exkurs: Das menschliche Dilemma und Grenzen des Lernens<br />

Das menschliche Dilemma ist die Dichotomie (die Diskrepanz, das<br />

Auseinanderklaffen) zwischen einer wachsenden, selbst verschuldeten<br />

Komplexität aller Verhältnisse und der nur schleppenden Entwicklung<br />

unserer eigenen Fähigkeiten. So beschrieb der CLUB OF<br />

ROME bereits 1979 die existenzielle Herausforderung, der Lehrende<br />

und Lernende in modernen Gesellschaften gegenüber stehen.<br />

Fast 30 Jahre danach ist diese Herausforderung nicht kleiner geworden<br />

(vgl. RIECKMANN 2010, S. 40). Die Komplexität der Lebensverhältnisse<br />

wächst weiterhin – und immer schneller –, der Trend zur<br />

Individualisierung und Pluralisierung hält an. In unserer modernen<br />

Gesellschaft sind drei Typen von Krisen auszumachen (HEITMEYER<br />

1997), welche die Rahmenbedingungen für Bildung (nachfolgend<br />

wird auf die schulische Bildung fokussiert) drastisch verändern:<br />

Strukturkrisen: Die Gesellschaft bekommt die Folgen des Strukturwandels<br />

nicht in den Griff. So ist z.B. der zukunftsfähige Umbau des<br />

deutschen Arbeitsmarktes noch längst nicht gelöst, nach Jahren mit<br />

hoher Arbeitslosigkeit ist nun eher der Fachkräftemangel ein Problem.<br />

Diese Krisen treffen die Schulbildung z.B. dann, wenn<br />

• die öffentliche Hand nicht die Mittel bereitstellt, die wünschenswert<br />

wären,<br />

• in ganzen Landstrichen die Schülerzahlen drastisch<br />

schrumpfen (was auf den demographischen Wandel als<br />

eine andere Strukturkrise verweist) und Schulen geschlossen<br />

werden müssen (wie in den neuen Bundesländern)<br />

oder<br />

• Schüler sich fragen, warum sich angesichts der Lage auf<br />

dem Arbeitsmarkt das Lernen für sie überhaupt lohnen<br />

sollte.<br />

76


3.1 Die Herausforderung<br />

Regulationskrisen: Werte und Normen unterliegen der Pluralisierung.<br />

Das eröffnet einerseits dem einzelnen Menschen ungeahnte<br />

Möglichkeiten der eigenen Entfaltung. Aber der Kernbereich unstrittiger<br />

Normen in der Gesellschaft sinkt, ebenso die Bereitschaft zu ihrer<br />

Anerkennung. Der Bereich strittiger Normen wächst hingegen.<br />

Das spiegelt sich ganz unmittelbar auch in Schulen wider, wo es keine<br />

homogenen Klassenverbände mehr gibt, sondern Ansammlungen<br />

von Individuen aus ganz unterschiedlichen Milieus, mit ganz unterschiedlichen<br />

Lebensentwürfen, Einstellungen, Werten und Interessen<br />

und wo ein Lernarrangement, das in einer Klasse „funktioniert“,<br />

in der nächsten Klasse scheitern kann.<br />

Kohäsionskrisen betreffen die soziale Anerkennung, Zugehörigkeit,<br />

Bindung. Der Gesellschaft kommen die Kernbereiche der Vergemeinschaftung<br />

abhanden. Autorität bzw. Anerkennung bekommt ein<br />

Lehrer heute nicht mehr durch sein Amt – er muss sich diese in der<br />

täglichen Auseinandersetzung mit den Schülern hart erarbeiten. Gleiches<br />

gilt für den Aufbau eines Klassenverbandes oder für die Stellung<br />

jedes einzelnen Schülers darin.<br />

Die Funktionalität der herkömmlichen gesellschaftlichen Steuerungsmechanismen,<br />

die auf zentraler Planung und Kontrolle der Ausführung<br />

basieren, sinkt. Der einzelne Mensch muss immer stärker<br />

Verantwortung übernehmen, Probleme definieren und Positionen beziehen.<br />

Dies gilt heute nicht mehr nur für die „Führungseliten“, die<br />

Verantwortung in Wirtschaft oder Gesellschaft übernehmen, sondern<br />

für jeden Menschen auch im Privatleben, bei der Suche nach dem eigenen<br />

Lebenskonzept in einer pluralen Gesellschaft, die keine eindeutigen<br />

Vorgaben und Orientierungen vermittelt.<br />

In einer hoch komplexen und hoch dynamischen Gesellschaft reicht<br />

es daher nicht mehr aus, sich während des Schulbesuchs oder während<br />

der Ausbildung einen Vorrat an Sachwissen anzueignen. Der<br />

Umgang mit Komplexität und Unsicherheit wird zu einem wesentlichen<br />

Ziel – und damit ist das Konzept „Bildung“ gefragt (vgl. auch<br />

RIECKMANN 2010, S. 40ff).<br />

Auch weil Sachwissen in vielen Lebensbereichen heutzutage schnell<br />

veraltet und Sachinformationen in zunehmender Fülle zur Verfügung<br />

stehen, verliert der reine Wissenserwerb an Bedeutung. Es wird zunehmend<br />

wichtiger, ein Leben lang zu lernen und die dafür notwendigen<br />

lernmethodischen Kompetenzen zu entwickeln (vgl. GISBERT<br />

2004).<br />

77


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Bildung als<br />

Instrument?<br />

In mehreren Passagen der Agenda 21 (z.B. Kap. 36.3 sowie 36.8, 36.9)<br />

wird ein Zusammenhang zwischen Bildung (Erziehung, öffentlicher<br />

Bewusstseinsbildung, Information), Bewusstsein und Verhaltensweisen<br />

postuliert. Derartige Kausalketten mögen auf den ersten Blick plausibel<br />

erscheinen. Dennoch muss vor der Annahme gewarnt werden,<br />

Bildung führe zwangsläufig zu einem vorab intendierten Bewusstsein,<br />

dieses würde sich zwangsläufig in einem „bewussten“ Verhalten niederschlagen<br />

und somit ließe sich Bildung als Instrument einsetzen, um<br />

eine nachhaltige Gesellschaft zu schaffen.<br />

Die Möglichkeiten, mit pädagogischen Mitteln konkretes Alltagsverhalten<br />

im Sinne der Nachhaltigkeit oder anderer politischer Ideen zu beeinflussen,<br />

sind eher gering. Umweltbezogenes Wissen, Einstellungen<br />

und Verhalten korrelieren kaum miteinander (GRUNENBERG/KUCK-<br />

ARTZ 2005). Bildungsexterne Faktoren beeinflussen das Handeln insgesamt<br />

wesentlich mehr, als Bildung es kann (vgl. SCHAHN 1997, S.34f,<br />

PREUSS 1997, S.63f, BURCHARDT 1996). Zu diesen Faktoren gehören<br />

z.B.:<br />

• die verfügbaren Handlungsalternativen (z.B.: Habe ich die<br />

Möglichkeit, vegetabile Abfälle im eigenen Garten zu kompostieren<br />

bzw. sie einem speziellen Sammelsystem zur Verfügung<br />

zu stellen? Reicht mein Haushaltsgeld, um fünf<br />

Personen mit Öko-Lebensmitteln zu versorgen?),<br />

• individuelle Kosten-Nutzen-Abwägungen (z.B.: „Rentiert“<br />

sich der Aufwand für die Getrennthaltung von Abfällen in<br />

Relation zu der damit erzielbaren gesellschaftlichen Wertschätzung,<br />

zu einer eventuellen Kosteneinsparung bei den<br />

Müllgebühren bzw. zur Befriedigung des Gewissens?) und<br />

• die Erfahrungen mit den Resultaten der eigenen Handlungen<br />

(z.B. Warum sollte ich auf einen leckeren Fisch verzichten,<br />

wenn ihm das nicht mehr das Leben rettet, weil er bereits im<br />

Laden auf Eis liegt?).<br />

• Auch z.B. prominente Vorbilder (vgl. MILKE/ROSTOCK<br />

2010) können als ein (potenzieller) Einflussfaktor angesehen<br />

werden, der außerhalb klassischer Bildungsaktivitäten<br />

angesiedelt ist.<br />

WIPPERMANN et.al (2009, S. 9) können anhand einer 2008 durchgeführten<br />

repräsentativen Befragung der bundesdeutschen Bevölkerung nachweisen,<br />

dass dem Umwelt- und Klimaschutz in den sozialen Milieus der<br />

Etablierten, der Postmateriellen und der Konservativen die höchste Bedeutung<br />

beigemessen wird. Aber: „Am wenigsten umweltbelastend<br />

verhalten sich die traditionellen Milieus... aufgrund ihrer ausgeprägten<br />

Orientierung an Sparsamkeit und Bescheidenheit“ – diese können sich<br />

78


3.1 Die Herausforderung<br />

„umweltschädigende Anschaffungen und Verhaltensweisen“ oftmals<br />

schlichtweg nicht leisten.<br />

Bildung als Instrument für die Umformung des Einzelnen im Interesse<br />

politischer Ideen zu verwenden, wäre zudem auch fragwürdig, weil damit<br />

die Grenzen zur Indoktrination überschritten würden. Bereits in der<br />

Geschichte der Umweltbildung gab es Stimmen, die sich gegen eine Instrumentalisierung<br />

wandten (vgl. Kap. 2.1). Im aktuellen Diskurs um<br />

die Bildung für nachhaltige Entwicklung warnt z.B. APEL (2005) davor,<br />

„der Bildung Aufgaben zuzumuten, die die Politik gerade nicht lösen<br />

kann – oder will“. Daher sollte eindeutig zwischen „einem Engagement<br />

für eine nachhaltige Gesellschaftsentwicklung... was ein originär politischer<br />

Prozess ist“ und dem pädagogischen Bemühen um eine <strong>BNE</strong> getrennt<br />

werden (vgl. auch DIECKMANN/PAULSEN 2003, S. 13, DE HAAN<br />

et. al 2008, S.123 und RIECKMANN 2010, S. 9). – Das schließt nicht aus,<br />

dass aus der Bildung heraus auch Forderungen an die Politik gestellt<br />

werden können (siehe folgendes Beispiel) und dass Know-how der Bildung<br />

auch in den politischen Entwicklungsprozessen benötigt wird<br />

(vgl. Kap. 4).<br />

Schüler in Düsseldorf hatten sich im Rahmen des Nachhaltigkeitsaudits<br />

(vgl. Kap. 3.4.1) mit Mobilität und Verkehr befasst und dabei herausgefunden,<br />

dass ihre Lehrer unter bestimmten Umständen kostengünstiger<br />

Bus und Bahn fahren können als sie selbst. Daraufhin wurde nicht versucht,<br />

die Schüler zu agitieren, dass sie dennoch in möglichst großem<br />

Umfang den öffentlichen Nahverkehr nutzen mögen. Vielmehr konnte<br />

das Problem über die Strukturen des Lokale-Agenda-Prozesses (vgl.<br />

Kap. 4.1.2) an die Politik gegeben werden. Dies hat mit dazu beigetragen,<br />

dass die Stadt Düsseldorf ab 2002 ein besonders günstiges Schülerticket,<br />

das sogenannte „Schoko-Ticket“ eingeführt hat.<br />

(VERKEHRSVERBUND RHEIN-RUHR 2007 sowie HULDA-PANKOK-GE-<br />

SAMTSCHULE 2002)<br />

Die Agenda 21 enthält somit keinesfalls ein fertiges Bildungskonzept.<br />

Sie ist auch als Lehrmaterial kaum geeignet. Die Agenda 21 ist ein politisches<br />

Dokument, der darin enthaltene Bildungsauftrag muss operationalisiert<br />

werden, wie die Aufträge der anderen Kapitel auch.<br />

Bildungsauftrag der<br />

Agenda 21<br />

operationalisieren<br />

Dabei ist die Operationalisierung ein Prozess, in dem verschiedene Akteure<br />

mit jeweils eigenen Auffassungen und Interessen nach Definitionen,<br />

Kriterien und geeigneten Maßnahmen suchen. Es kann daher nur<br />

mehr oder weniger gut begründete Ausformungen des Konzepts, nicht<br />

aber die eine objektiv richtige Definition von <strong>BNE</strong> geben.<br />

79


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Einige der Lesarten des Bildungsauftrages der Agenda 21, die sich bisher<br />

herauskristallisiert haben, werden in Tabelle 3 vorgestellt.<br />

Tabelle 3: Lesarten des Bildungsauftrages der Agenda 21<br />

Lesart Details Quellen / Verweise<br />

Bildung (Grundausbildung,<br />

berufli-<br />

Agenda 21, Kap. 36 A+C,<br />

Milleniumsentwicklungsziel<br />

Nr. 2,<br />

che Bildung) für<br />

alle<br />

Öffentliche<br />

Bewusstseinsbildung<br />

Politische Bildung<br />

Synthese aus<br />

Umweltbildung,<br />

Globalem Lernen<br />

und weiteren<br />

Ansätzen<br />

Grundlegende<br />

Anforderung an<br />

Bildung im 21.<br />

Jahrhundert<br />

Bildung ist Voraussetzung für<br />

eine (einigermaßen) selbstbestimmte<br />

Teilhabe der Menschen<br />

am gesellschaftlichen<br />

Leben; Bildung als Menschenrecht;<br />

Zugang zu Bildung als<br />

ein Aspekt der Gerechtigkeit<br />

Der Erziehungsaspekt überwiegt<br />

hier; Problem ist die<br />

schwache Kausalität Bildung/<br />

Erziehung – Bewusstsein –<br />

Handeln<br />

Bürger haben das Recht auf<br />

politische Partizipation, z.B. in<br />

Umweltfragen. Sie sollen befähigt<br />

werden, dieses Recht auch<br />

wahrzunehmen. Lernen als<br />

gesellschaftsverändernde Praxis.<br />

<strong>BNE</strong> vereinigt Ansätze der<br />

Umweltbildung, entwicklungspolitischen<br />

Bildung, des interkulturellen<br />

Lernens, der<br />

Friedenserziehung, der Konsumerziehung,<br />

der Gesundheitserziehung<br />

und der politischen<br />

Bildung<br />

Bildung soll Schlüsselkompetenzen<br />

vermitteln, die benötigt<br />

werden, um die Anforderungen<br />

des 21. Jahrhunderts zu bestehen,<br />

welche ganz wesentlich<br />

von einer nachhaltigen Entwicklung<br />

bestimmt sind.<br />

Allgemeine Erklärung der<br />

Menschenrechte<br />

Agenda 21, Kap. 36 B<br />

Prinzip 10 der Rio-Deklaration,<br />

Aarhus-Konvention über die<br />

Zugänglichkeit von Umweltinformationen,<br />

Empowerment-Ansatz von<br />

VENRO (2005, S. 8-10),<br />

Lokale Agenda 21, kommunale<br />

Klimaschutzprozesse<br />

Positionspapier von ANU/<br />

DGU/GbU 1998<br />

DEUTSCHER<br />

2005, S. 3,<br />

BUNDESTAG<br />

einzelne Sets in den BLK-<br />

Modellprogrammen „21“<br />

und „Transfer 21“<br />

Konzept der Gestaltungskompetenzenin<br />

den BLK-<br />

Modellprogrammen „21“<br />

und „Transfer 21“,<br />

Kompetenzkonzept<br />

OECD (2005)<br />

der<br />

80


3.1 Die Herausforderung<br />

„Bedeutung und Umfang von Begriffen stehen in einem gegenläufigen<br />

Verhältnis zueinander.“ (OTT/DÖRING 2008, S. 20) Hier geht es darum,<br />

den Begriff der <strong>BNE</strong> mit Bedeutung zu füllen, es sollte daher gerechtfertigt<br />

sein, schon an dieser Stelle das Spektrum der Lesarten einzugrenzen.<br />

„Bildung für alle“ ist eine berechtigte Forderung – aber gleichwohl<br />

wenig geeignet, zur Definition von <strong>BNE</strong> beizutragen. „Öffentliche Bewusstseinsbildung“<br />

hat derart geringe Überschneidungen mit dem oben<br />

vorgestellten Bildungsbegriff, dass sie ebenfalls wenig zur Definition<br />

von <strong>BNE</strong> beitragen kann. Beide Lesarten werden daher nachfolgend<br />

nicht weiter berücksichtigt.<br />

3.1.2 Internationale Anbindung<br />

Verschiedene internationale Organisationen haben sich nach der Konferenz<br />

von Rio mit dem Bildungsauftrag der Agenda 21 befasst. Diese<br />

internationale Anbindung soll hier nur gestreift werden; informieren Sie<br />

sich ggf. ausführlicher im Bericht der Bundesregierung zur <strong>BNE</strong> (BUN-<br />

DESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2002, S. 5-8).<br />

Die UNESCO ist die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung,<br />

Wissenschaft und Kultur. Die UNESCO nimmt die Aufgaben der<br />

Vereinten Nationen zur Umsetzung des Kapitels 36 der Agenda 21<br />

wahr. In dieser Funktion hat sie 1997 das Dokument „Educating for a<br />

Sustainable Future: A Transdisciplinary Vision for a Concerted Action“<br />

vorgelegt. Hier werden Prinzipien der <strong>BNE</strong> verdeutlicht.<br />

Die Rolle der<br />

UNESCO<br />

Die UNESCO ist mit zwei eigenen umfangreichen Programmen an der<br />

Umsetzung der Agenda 21 beteiligt.<br />

• „Der Mensch und die Biosphäre“ (Man and the Biosphere<br />

MAB) wurde 1970 als erstes zwischenstaatliches Umweltprogramm<br />

der UNESCO verabschiedet. Hier werden<br />

Modelle für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Biosphäre<br />

konzipiert, in repräsentativen Landschaften – den<br />

UNESCO-Biosphärenreservaten – erprobt und bewertet<br />

(BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG<br />

2002, S. 6).<br />

• Management of Social Transformations (MOST, seit 1993).<br />

Für den Zeitraum 2005-2014 hat die UNESCO die UN-Dekade „Bildung<br />

für nachhaltige Entwicklung ausgerufen“ (vgl. Kapitel 3.2.3).<br />

2009 fand in Bonn die Halbzeit-Konferenz zur UN-Dekade statt. (BUN-<br />

DESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2009, S. 9)<br />

81


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Die Rolle der UNECE<br />

Die UNECE ist die Ökonomische Kommission der Vereinten Nationen<br />

für Europa und damit eine von fünf regionalen Kommissionen der Vereinten<br />

Nationen.<br />

Auf ihrer Konferenz der Umwelt- und Kultusminister 2005 in Vilnius /<br />

Litauen hat die UNECE eine Strategie zur <strong>BNE</strong> verabschiedet (VEREIN-<br />

TE NATIONEN 2005) und ein Rahmendokument für die Implementation<br />

dieser Strategie beschlossen. Die <strong>BNE</strong>-Strategie soll einen Beitrag zur<br />

UN-Dekade leisten. Sie soll die Mitgliedsstaaten ermutigen, <strong>BNE</strong> in ihre<br />

Bildungssysteme (einschließlich informelle Bildung) zu integrieren<br />

und dabei die verschiedenen Fachressorts koordiniert vorgehen zu lassen.<br />

Die Strategie soll in drei Phasen bis zum Jahre 2015 umgesetzt werden<br />

(DEUTSCHER BUNDESTAG 2005, S. 7).<br />

Die Rolle der OECD<br />

In der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

sind die weltweit wichtigsten Industriestaaten zusammengeschlossen.<br />

Die OECD hat 1998 die nachhaltige Entwicklung als<br />

Schlüsselkomponente für die politische Strategie ihrer Mitgliedsstaaten<br />

aufgegriffen (BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG<br />

2002, S. 7).<br />

1997 starteten die Mitgliedsstaaten der OECD ihre unter dem Kürzel<br />

PISA bekannte internationale Lernstandserhebung bei Schülern. Mit<br />

PISA soll überprüft werden, inwieweit Schülerinnen und Schüler gegen<br />

Ende ihrer Pflichtschulzeit die Kenntnisse und Fähigkeiten erworben<br />

haben, die für eine umfassende Beteiligung an der Gesellschaft erforderlich<br />

sind. PISA konzentrierte sich zunächst auf die Kenntnisse und<br />

Fähigkeiten in den Bereichen Lesen, Mathematik, Naturwissenschaften<br />

und Problemlösung. Allerdings wurden bei der PISA-Studie 2006 auch<br />

Umweltwissen und die Rolle von Umweltthemen in Lehrplänen erfasst<br />

(BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2009, S. 10).<br />

Mit der DeSeCo-Studie (OECD 2005) legte die OECD einen konzeptionellen<br />

Referenzrahmen vor, mit dem die Kompetenzmessung auf<br />

neue Bereiche ausgeweitet werden soll. Dieses Kompetenzkonzept orientiert<br />

sich ausdrücklich an den Herausforderungen bzw. normativen<br />

Ansprüchen einer nachhaltigen Entwicklung (DEUTSCHER BUNDESTAG<br />

2005, S. 7). Wir werden im Kapitel 3.2.1 darauf zurückkommen.<br />

Resonanz in der EU<br />

Die EU hat 1998 in ihrem Positionspapier „Education and Awareness<br />

Raising“ 15 wesentliche Aspekte einer Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

beschrieben (BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FOR-<br />

SCHUNG 2002 S. 7-8).<br />

Europäische Bildungsprogramme wie Sokrates, Leonardo oder Youth<br />

for Europe können auch für die Förderung der Umweltbildung bzw. der<br />

<strong>BNE</strong> genutzt werden.<br />

82


3.1 Die Herausforderung<br />

3.1.3 Erste Resonanz in Deutschland (1993-1998)<br />

Schon bald nach der Konferenz von Rio würdigten die die Bundesregierung<br />

beratenden Expertengremien die Rolle der Bildung im Kontext der<br />

nachhaltigen Entwicklung.<br />

Der Rat der Sachverständigen für Umweltfragen befasste sich in seinem<br />

Gutachten von 1994 ausführlich mit dem Leitbegriff der dauerhaft-umweltgerechten<br />

Entwicklung und mit Instrumenten zu seiner Verwirklichung.<br />

In diesem Zusammenhang wurden u.a. ethische Verflechtungen<br />

sowie bildungspolitische Instrumentarien untersucht (SRU 1994 S.<br />

164-176). Dabei betont der SRU unter anderem, dass er „die entscheidende<br />

ökologische Schlüsselqualifikation in dem grundlegenden Verstehen<br />

des umweltethischen Prinzips der Retinität“ sieht (ebd., S. 164,<br />

Hervorhebung im Original). Zudem entwirft er ein umfangreiches Paket<br />

von Instrumenten und Maßnahmen für eine Umweltbildungspolitik.<br />

Die Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des<br />

13. Deutschen Bundestages widmet sich in ihrem Abschlussbericht<br />

auch dem Innovationsaspekt der Nachhaltigkeit und verweist dabei auf<br />

die Rolle der Bildung (DEUTSCHER BUNDESTAG 1998, S. 373-375). Sie<br />

fordert<br />

SRU<br />

Enquete-Kommission<br />

• ein Popularisierungskonzept für die Idee der Nachhaltigkeit<br />

(ähnlich der AIDS-Aufklärung),<br />

• ein Machbarkeitskonzept (das praktikable Ansätze wie<br />

bspw. fifty/fifty in breiterem Maße zur Anwendung bringt)<br />

und<br />

• ein Bildungskonzept, das u.a. auf Reflexivität abzielt, auf<br />

die Fähigkeit, bisheriges Wissen und Verhalten zu überdenken<br />

und ggf. zu verändern.<br />

Ebenfalls 1998 veröffentlichten drei Verbände der Umweltbildung ein<br />

Bildungsprogramm für nachhaltige Entwicklung (ANU/DGU/GBU<br />

1998). Sie erkennen darin die Herausforderung einer <strong>BNE</strong> an und sprechen<br />

sich für eine doppelte Strategie aus:<br />

ANU, DGU, GbU<br />

a) Die bisher etablierte Umweltbildung wird auch weiterhin als<br />

eigenständiger Bereich benötigt, sie sollte erhalten und<br />

gestärkt werden. (Die dazu als notwendig angesehenen<br />

Maßnahmen werden hier nicht weiter ausgeführt.)<br />

b) Eine Weiterentwicklung der Umweltbildung zu einer Bildung<br />

für nachhaltige Entwicklung ist notwendig.<br />

83


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Im Vergleich zur bisher etablierten Umweltbildung hat sich die <strong>BNE</strong><br />

demnach veränderten Aufgaben und erweiterten Prämissen zu stellen:<br />

• Grundorientierung an der Idee der globalen, intra- und intergenerationellen<br />

Gerechtigkeit<br />

• Einbeziehung von im Nachhaltigkeitsdiskurs gewonnenen<br />

exakteren Kriterien für sozial, ökologisch, ökonomisch verträgliche<br />

Entwicklung („Indikatoren“)<br />

• Berücksichtigung des Zusammenhangs zwischen ökologischen,<br />

ökonomischen und sozialen Dimensionen der Entwicklung.<br />

Daraus ergeben sich für die <strong>BNE</strong> Thematiken, die:<br />

• „...sich auf die Rahmenbedingungen unseres Lebens, insbesondere<br />

auf Energie- und Stoffströme, Technikfolgeabschätzungen,<br />

Produktion, Transport und Medien beziehen...<br />

• ...sich auf Konsummuster, Lebensstile und Wertevorstellungen<br />

beziehen...<br />

• ...zur Kompetenzerweiterung und Handlungsfähigkeit im<br />

Sinne des sustainable developments beitragen“ (ANU/<br />

DGU/GBU 1998)<br />

KMK, BLK<br />

Auf der Ebene der Kultusministerkonferenz und der Bund-Länder-<br />

Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung wurden<br />

schließlich die Weichen zur Umsetzung der <strong>BNE</strong> im föderalen deutschen<br />

Bildungssystem gestellt, vgl. nachfolgend Kap. 3.2.1.<br />

3.2 Die Umsetzung<br />

Angesichts der bisher gemachten Ausführungen liegt es auf der Hand,<br />

dass Bildung für nachhaltige Entwicklung nicht alleine auf Schulen beschränkt<br />

werden kann. Die Umsetzung in Schulen bildet zwar hier den<br />

Schwerpunkt, daneben soll aber auch die frühkindliche Bildung beleuchtet<br />

(Kap. 3.2.2) und die informelle Bildung (im Kap. 4.1.3) zumindest<br />

gestreift werden.<br />

3.2.1 <strong>BNE</strong> in der Schule (BLK-Modellprogramme „21“ und<br />

„Transfer 21“)<br />

Das Modellprogramm „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“<br />

(Kurztitel: BLK-Programm „21“) sowie das Nachfolgeprogramm<br />

84


3.2 Die Umsetzung<br />

„Transfer 21“ sind die bisher umfangreichsten Aktivitäten zur Integration<br />

der <strong>BNE</strong> in das deutsche Schulsystem. Das BLK-Programm „21“<br />

wurde im Zeitraum vom 1.8.1999 bis zum 31.7.2004 realisiert. In dem<br />

durch die Bundesregierung sowie 15 Bundesländer 13 getragenen und<br />

(inklusive Transfer) mit insgesamt 23 Millionen Euro ausgestatteten<br />

Programm haben knapp 200 Modellschulen damit experimentiert, den<br />

Anspruch einer Bildung für nachhaltige Entwicklung umzusetzen. Das<br />

in den Jahren 2004-2008 laufende Programm „Transfer 21“ diente einer<br />

breiten Implementierung; 2586 Schulen beteiligten sich. Programmträger<br />

war die Freie Universität Berlin mit dem Institut für erziehungswissenschaftliche<br />

Zukunftsforschung. Die Projektleitung lag bei Prof. Dr.<br />

Gerhard de Haan. Programmkoordinator war Eberhard Welz von der<br />

Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport des Landes Berlin.<br />

(BLK 1998; DE HAAN/HARENBERG 1999, BLK 2005, BUNDESMINISTE-<br />

RIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2009)<br />

Die Agenda 21 als politisches Dokument eignet sich nicht als Lehrmaterial;<br />

auch die Strategie, Lehreinheiten zu den einzelnen Kapiteln der<br />

Agenda 21 zu produzieren, würde der Herausforderung der Nachhaltigkeit<br />

nicht ausreichend gerecht werden. Zur Begründung des BLK-Modellprogramms<br />

„21“ holen DE HAAN/HARENBERG (1999) daher weiter<br />

aus.<br />

Ausgangsüberlegungen<br />

Sie sehen Nachhaltigkeit als Modernisierungsszenario an, das die Bedrohungsszenarien<br />

der Umweltdebatte überwindet (ebd., S. 18). SIE<br />

verweisen nicht nur auf die Grundgedanken der Nachhaltigkeitsidee,<br />

sondern betonen:<br />

• Es gibt Parallelen bzw. Schnittmengen zwischen Grundprinzipien<br />

der nachhaltigen Entwicklung und aktuellen Bildungs-<br />

und Schulreformkonzepten, so z.B. „Partizipation,<br />

Reflexivität, Selbstevaluation und -organisation, regionale<br />

und lokale Identität“. Schulen, die sich mit Hinblick auf die<br />

Nachhaltigkeit entwickeln, sollten demnach auch Fortschritte<br />

in den Feldern der Schulreform erzielen. (ebd., S.<br />

27)<br />

• Die großen Themenfelder des Nachhaltigkeitsdiskurses sind<br />

weitgehend deckungsgleich mit den Innovationsfeldern, die<br />

für die künftige Entwicklung Deutschlands (als Industrienation,<br />

in Bezug auf Wissenschaft und Forschung sowie als<br />

Wissensgesellschaft) eine herausragende Rolle spielen. Zu<br />

den Schnittmengen gehören u.a. die Themen Bauen und<br />

Wohnen, Dienstleistung und Konsum, Energie und Roh-<br />

13. Das Saarland ist erst 2002 hinzugekommen, Thüringen ist ausgeschieden, Sachsen hat<br />

sich nicht beteiligt.<br />

85


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

stoffe sowie Gesundheit und Lebensprozesse. Wenn Schulen<br />

die Schüler auf ihre Zukunft hin ausbilden sollen – so<br />

die Argumentationslinie – müssen sie diese Themen mit<br />

berücksichtigen. Bildung für nachhaltige Entwicklung ist<br />

damit „generell der Innovation in der schulischen Bildung in<br />

hohem Maße dienlich.“ (DE HAAN/HARENBERG 1999, S. 34)<br />

Bildungspolitisches<br />

Ziel: Integration von<br />

<strong>BNE</strong> in die schulische<br />

Regelpraxis.<br />

Übergeordnetes Lernziel:<br />

Gestaltungskompetenz<br />

Vor diesen Hintergründen wollten die Modellprogramme die Integration<br />

der Bildung für nachhaltige Entwicklung in die schulische Regelpraxis<br />

befördern. Dabei wurde keine Erziehung zu nachhaltigem Verhalten<br />

angestrebt, vielmehr sollten die Lernenden zu eigenständigen Urteilen<br />

und zu innovativem Handeln im Sinne der Nachhaltigkeit befähigt werden.<br />

Als übergeordnetes Lernziel postulierten DE HAAN/HARENBERG<br />

(1999, S. 60) die „Gestaltungskompetenz für nachhaltige Entwicklung<br />

... Mit Gestaltungskompetenz wird das nach vorne weisende Vermögen<br />

bezeichnet, die Zukunft von Sozietäten, in denen man lebt, in aktiver<br />

Teilhabe im Sinne nachhaltiger Entwicklung modifizieren und modellieren<br />

zu können.“<br />

Dieses Konzept der Gestaltungskompetenzen hat in Deutschland eine<br />

große Verbreitung gefunden, es wird (bis hin zu den <strong>BNE</strong>-Berichten der<br />

Bundesregierung) vielfach zitiert, und viele Bildungsprojekte nehmen<br />

darauf Bezug – daher soll es auch hier vorgestellt werden. Andererseits<br />

gilt es jedoch, eine rezepthafte Übernahme des Konzepts sowie didaktische<br />

Monokulturen zu vermeiden – daher werden auch Brüche thematisiert<br />

und Alternativen skizziert.<br />

86


3.2 Die Umsetzung<br />

Exkurs: Der Kompetenzbegriff<br />

Kompetenzen sind „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren<br />

kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte<br />

Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen<br />

und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen<br />

in variablen Situationen erfolgreich und<br />

verantwortungsvoll nutzen zu können“ (WEINERT 2001, S.27).<br />

RYCHEN (2008, S. 16) weist darauf hin, dass der Kompetenzbegriff<br />

auf einem holistischen Verständnis beruhe, „nämlich dass Kognition<br />

und Emotion verbunden sind...“ und dass dies „im Übrigen auch<br />

durch neurowissenschaftliche Erkenntnisse untermauert“ werde.<br />

RIECKMANN (2010, S. 46) betont, dass Kompetenzen Handlungsdispositionen<br />

beschreiben, was nicht mit der Performance oder Handlungsausführung<br />

gleichgesetzt werden dürfe. „Kompetenzen sind<br />

entwicklungsfähig und damit erlernbar.“ (RIECKMANN 2010, S. 50,<br />

unter Bezug auf RYCHEN 2001)<br />

„Kompetenzen werden durch Handeln und Interaktion in formalen<br />

und informellen Bildungskontexten entwickelt.“ So formuliert es<br />

RYCHEN (2008, S. 21) und stellt damit einen auch für die <strong>BNE</strong> hilfreichen<br />

Wegweiser auf. TSCHEKAN (<strong>2011</strong>) befasst sich mit der Frage,<br />

wie Kompetenzen im Schulunterricht gefördert werden können.<br />

Im deutschsprachigen Raum (und insbesondere in der Berufsbildung)<br />

werden folgende Klassen von Kompetenzen unterschieden:<br />

personale, aktivitäts- und umsetzungsorientierte, fachlich-methodische<br />

und sozial-kommunikative Kompetenzen (RIECKMANN 2010, S.<br />

49-50). Die Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz für die<br />

naturwissenschaftlichen Fächer in Deutschland (mittlerer Schulabschluss)<br />

umfassen die Kompetenzbereiche Fachwissen, Erkenntnisgewinnung,<br />

Kommunikation und Bewertung<br />

(KULTUSMINISTERKONFERENZ 2005 a, b, c).<br />

In einer bereits 1993 dokumentierten Studie wurden umfängliche<br />

Quellen ausgewertet und dabei 654 „Schlüsselqualifikationen“ identifiziert.<br />

Zu den 20 am häufigsten genannten zählten „Kommunikationsfähigkeit,<br />

Kooperationsfähigkeit, Denken in Zusammenhängen,<br />

Flexibilität, Kreativität, Selbständigkeit, Problemlösefähigkeit, …<br />

Verantwortungsgefühl und -bewusstsein, … abstraktes Denken, logisches<br />

Denken und selbständiges Lernen.“ (DIDY et. al. 1993)<br />

87


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Gestaltungskompetenz<br />

und ihre Teilkompetenzen<br />

Die Vorstellung davon, was Gestaltungskompetenz – also das zentrale<br />

Lernziel der <strong>BNE</strong> – sei wurde erst während der Laufzeit der Programme<br />

ausdifferenziert. In ihrem Gutachten zum Modellprogramm führen DE<br />

HAAN/HARENBERG (1999, S. 57ff) sechs didaktische Prinzipien an, die<br />

sich aus dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung ergeben und denen<br />

jeweils mehrere Schlüsselqualifikationen zugeordnet werden können. 14<br />

In späteren Veröffentlichung werden sieben „Teilkompetenzen“ der<br />

Gestaltungskompetenz angeführt, noch später werden diese dann auf<br />

zehn bzw. zwölf erweitert (DE HAAN 2008, DE HAAN et.al 2008, FREIE<br />

UNIVERSITÄT BERLIN 2007 und o.J.), vgl. auch Tabelle 4.<br />

Diese mehrfache Modifikation weist bereits darauf hin, dass das Konzept<br />

der Gestaltungskompetenz – wie auch andere pädagogische Konzepte<br />

– nur als ein vorläufiges und auch hinterfragbares Konstrukt<br />

betrachtet werden kann. Wer dieses für die eigene Arbeit übernehmen<br />

möchte, sollte selbstverständlich auch prüfen, inwieweit es sich für die<br />

eigenen Ziele, Zielgruppen und Rahmenbedingungen eignet, bzw. welche<br />

Alternativen es gibt.<br />

In diesem Zusammenhang ist auf die Arbeit von RIECKMANN (2010)<br />

hinzuweisen. In einer international angelegten Delphi-Studie hat er in<br />

Zusammenarbeit mit Bildungsexperten aus Europa und Südamerika ein<br />

Set von „Schlüsselkompetenzen“ für die <strong>BNE</strong> entwickelt, das – regional<br />

unterschiedliche Schwerpunktsetzungen eingeschlossen – international<br />

anwendbar sein soll. Dabei legt er die Genese offen, er stellt<br />

insbesondere dar, auf welchen Weltsichten (Weltprobleme, Verständnis<br />

einer nachhaltigen Entwicklung, Wege zu bzw. Voraussetzungen und<br />

Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung, Ziele der <strong>BNE</strong>)<br />

die Schlüsselkompetenzen beruhen. Das so entstandene Set umfasst 12<br />

Schlüsselkompetenzen; teilweise sind diese den Teilkompetenzen der<br />

Gestaltungskompetenz identisch bzw. ähnlich, es gibt aber auch eine<br />

ganze Reihe von Unterschieden, die RIECKMANN (2010, S.163-180)<br />

ausführlich diskutiert. 15<br />

14. Auf eine Wiedergabe an dieser Stelle wird verzichtet, Sie finden das Gutachten auf<br />

Stud.IP.<br />

15. Z.B.: Kompetenzen beinhalten immer auch motivationale Aspekte, daher hält<br />

RIECKMANN (2010, S. 168) es für unsinnig, die „Kompetenz zur Motivation“ als eigene<br />

Kategorie zu führen.<br />

88


3.2 Die Umsetzung<br />

Tabelle 4: Kompetenzkonzepte für die <strong>BNE</strong> (nach RIECKMANN, 2010, S. 166 und 172)*<br />

Gestaltungskompetenz (DE HAAN ET. AL In der Delphi-Studie identifizierte Schlüsselkompetenzen<br />

2008: 183-195)<br />

Kompetenz zur Perspektivübernahme Kompetenz zu Empathie und Perspektivenwechsel<br />

Kompetenz zur Antizipation<br />

Kompetenz zum vorausschauenden Denken<br />

Kompetenz zur disziplinenübergreifenden Kompetenz zum interdisziplinären Arbeiten<br />

Erkenntnisgewinnung<br />

Kompetenz zum Umgang mit unvollständigen<br />

und überkomplexen Informationen Umgang mit Komplexität<br />

Kompetenz zum vernetzten Denken und<br />

Kompetenz zur Kooperation<br />

Kompetenz zur Zusammenarbeit in (heterogenen)<br />

Gruppen<br />

Kompetenz zur Bewältigung individueller Bewertungskompetenz<br />

Entscheidungsdilemmata<br />

Kompetenz zur Partizipation<br />

Partizipationskompetenz<br />

Kompetenz zur Motivation<br />

Kompetenz zur Ambiguitäts- und Frustrationstoleranz<br />

Kompetenz zur Reflexion auf Leitbilder Kompetenz zum kritischen Denken<br />

Kompetenz zum moralischen Handeln Kompetenz zum gerechten und umweltverträglichen<br />

Handeln<br />

Kompetenz zum eigenständigen Handeln Kompetenz zur Planung und Umsetzung<br />

innovativer Projekten und Vorhaben<br />

Kompetenz zur Unterstützung anderer Kompetenz zu Empathie und Perspektivenwechsel<br />

*Im Original (RIECKMANN, 2010, S. 166) enthält die Tabelle noch eine erste Spalte mit den<br />

DeSeCo-Schlüsselkompetenzen, diese wurde hier weggelassen. Die Schlüsselkompetenzen<br />

sind in der Formulierung von RIECKMANN, 2010, S. 172 wiedergegeben.<br />

Sowohl DE HAAN (2008) als auch RIECKMANN (2010) verweisen darauf,<br />

dass ihre Kompetenzsets enge Beziehungen zu den Schlüsselkompetenzen<br />

der OECD (bzw. DeSeCo) haben. Das halte ich allerdings für<br />

konstruiert, weshalb diese Schlüsselkompetenzen nachfolgend separat<br />

als Exkurs vorgestellt werden.<br />

Exkurs: Das Kompetenzmodell der OECD<br />

Die OECD hat ein System von Schlüsselkompetenzen vorgelegt,<br />

welche Menschen benötigen, um sich in der heutigen, von Herausforderungen<br />

wie Globalisierung, Modernisierung und Vernetzung geprägten<br />

Welt zurechtzufinden. (Sie finden das Dokument auf<br />

Stud.IP) Es enthält neun Kompetenzen, die insgesamt drei Kategorien<br />

zugeordnet werden. (OECD 2005, RYCHEN 2008)<br />

89


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Kompetenzkategorie 1: Interaktive Anwendung von Medien und<br />

Mitteln (Tools)<br />

• Fähigkeit zur interaktiven Anwendung von Sprache, Symbolen<br />

und Text<br />

• Fähigkeit zur interaktiven Nutzung von Wissen und Informationen<br />

• Fähigkeit zur interaktiven Anwendung von Technologien<br />

Kompetenzkategorie 2: Interagieren in heterogenen Gruppen<br />

• Fähigkeit, gute und tragfähige Beziehungen zu anderen Menschen<br />

zu unterhalten<br />

• Kooperationsfähigkeit<br />

• Fähigkeit zur Bewältigung und Lösung von Konflikten<br />

Kompetenzkategorie 3: Eigenständiges Handeln<br />

• Fähigkeit zum Handeln im größeren Kontext<br />

• Fähigkeit, Lebenspläne und persönliche Projekte zu gestalten<br />

und zu realisieren<br />

• Fähigkeit zur Wahrnehmung von Rechten, Interessen, Grenzen<br />

und Bedürfnissen<br />

Es sei betont, dass mit der Aufstellung von Kompetenzen noch nichts<br />

darüber gesagt ist, wie diese erworben werden können, bzw. wie der<br />

Kompetenzerwerb pädagogisch unterstützt werden kann. Das heißt,<br />

wenn Sie eigene Bildungsprojekte entwerfen, dann ersetzt die Bezugnahme<br />

auf vorliegende Sets von Kompetenzen keinesfalls die notwendige<br />

lerntheoretische Fundierung.<br />

Hoher Anspruch<br />

Im Vergleich zu einschlägigen Befunden über die Beziehungen von Jugendlichen<br />

zu Natur, Umwelt und Nachhaltigkeit (vgl. Exkurs: Natur<br />

obskur) erscheinen die <strong>BNE</strong>-Gestaltungskompetenzen außerordentlich<br />

anspruchsvoll – auch wenn die Überschneidungen nur punktuell sind.<br />

90


3.2 Die Umsetzung<br />

Exkurs: Natur obskur<br />

Verschiedene soziologische Untersuchungen befassen sich mit dem<br />

Verhältnis des Menschen zur Umwelt. So lassen das BMU und das<br />

UBA seit 1991 regelmäßig eine repräsentative Umfrage zum Umweltbewusstsein<br />

durchführen; auch z.B. in der Shell-Jugendstudie<br />

spielen derartige Aspekte immer wieder eine Rolle.<br />

BRÄMER (2006 a und b) hat für seinen Jugendreport Natur ´06 ca.<br />

2200 Jugendliche der Klassen 6 bis 9 überwiegend in Nordrhein-<br />

Westfalen befragt und kommt u.a. zu folgenden (überwiegend) ernüchternden<br />

Ergebnissen:<br />

Das Zeitbudget der Jugendlichen ist von der Clique und den Medien<br />

bestimmt. Unternehmungen in der Natur werden seltener, obwohl<br />

noch immer 61% der Jugendlichen den nächsten Wald innerhalb von<br />

fünf Fußminuten erreichen können.<br />

Naturnutzung und Naturschutz sind für die Jugendlichen zwei weitgehend<br />

getrennte Welten. Auf der einen Seite haben viele Jugendliche<br />

ein fast ehrfürchtiges Verhältnis zu einer romantisch verklärten<br />

Natur, auf der anderen Seite scheint ihnen der Gedanke an eine verantwortungsvolle<br />

Nutzung der Natur zunehmend zu entgleiten.<br />

Sie beurteilen die produktive Nutzung der Natur außerordentlich kritisch,<br />

so z.B. das Fällen von Bäumen und das Jagen von Rehen. Natürliche<br />

Rohstoffe für alltägliche Produkte sind wenig bekannt;<br />

Ausnahmen bilden einige Küchenprodukte, die gut schmecken und<br />

lokal produziert werden (können), so z.B. Sahne oder Pudding.<br />

Damit ist auch grundlegend das Verständnis für Nachhaltigkeit vermauert,<br />

bei der es ja ganz zentral auch um das „Wie“ der Naturnutzung<br />

geht. Den meisten Jugendlichen fällt nichts zur Thema<br />

Nachhaltigkeit ein; bei Multiple-Choice-Fragen zu einzelnen Aspekten<br />

der Nachhaltigkeit „lagen die meisten Antwortquoten im Bereich<br />

der Ratewahrscheinlichkeit.“<br />

„Nach wie vor ersetzt eine ausgeprägte Sauberkeitsästhetik und bambihafte<br />

Verniedlichung der Natur (Tiere nicht stören, Pflanzen nicht<br />

beschädigen) ein profundes Nachhaltigkeitsbewusstsein.“<br />

Ermutigende Anzeichen sieht BRÄMER (ebd.) dort, wo Jugendliche<br />

regelmäßig den Wald besuchen, und zwar insbesondere auch abseits<br />

pädagogischer Betreuung<br />

91


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Unterrichts- und Organisationsprinzipien<br />

einer<br />

<strong>BNE</strong><br />

Interdisziplinäres<br />

Wissen<br />

Zur Vermittlung der Gestaltungskompetenzen im Schulwesen schlugen<br />

DE HAAN/HARENBERG (1999, S. 59ff) drei einander ergänzende Unterrichts-<br />

und Organisationsprinzipien vor. Diese bildeten zugleich als<br />

Module die inhaltliche Struktur des BLK-Modellprogramms „21“. Jedes<br />

dieser Unterrichts- und Organisationsprinzipien wurde durch mehrere<br />

einzelne Aspekte unterlegt. In der Struktur des BLK-<br />

Modellprogramms „21“ bildeten diese Aspekte die Themen für sogenannte<br />

„Sets“, in denen Schulen gemeinsam arbeiteten:<br />

Das Prinzip „Interdisziplinäres Wissen“ knüpfte an die Notwendigkeit<br />

„vernetztes Denken", an das Schlüsselprinzip der Retinität (der Vernetzung<br />

von Natur und Kulturwelt) sowie der Entwicklung von Problemlösungskompetenzen<br />

an. Ziel war u.a. die Verankerung entsprechender<br />

Inhalte und Arbeitsformen in den Curricula der Länder sowie in den<br />

Programmen der einzelnen Schulen.<br />

Im BLK-Modellprogramm „21“ wurde dieses Prinzip in folgenden Sets<br />

umgesetzt:<br />

• Syndrome globalen Wandels 16 ,<br />

• Umwelt und Entwicklung 17 ,<br />

• Nachhaltiges Deutschland 18 ,<br />

• Gesundheit und Nachhaltigkeit.<br />

Partizipatives Lernen<br />

Das Prinzip „Partizipatives Lernen“ griff die zentrale Forderung der<br />

Agenda 21 nach Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen am Prozess<br />

der nachhaltigen Entwicklung auf und verwies auf eine lebenslange<br />

Förderung lerntechnischer und -methodischer Kompetenzen.<br />

Im BLK-Modellprogramm „21“ wurde dieses Prinzip in folgenden Sets<br />

umgesetzt:<br />

• Partizipation in der Lokalen Agenda 21,<br />

• Gemeinsam für eine nachhaltige Region,<br />

• Nachhaltigkeitsindikatoren entwickeln.<br />

16. Das Set bediente sich des vom WBGU (1996) vorgelegten Syndromkonzeptes und bindet<br />

dieses in die Schulbildung ein.<br />

17. Dieser Aspekt nutzte Grundlagen, die schon lange vorher in Bereichen wie dem Globalen<br />

Lernen, in der Eine-Welt-Zusammenarbeit oder mit analytischen Modellen wie Global<br />

Footprints oder dem ökologischen Rucksack gelegt worden waren.<br />

18. Hier wurde auf BUND/MISEREOR (1995 und 1996) zurückgegriffen, nach welcher<br />

positive Leitbilder für nachhaltiges Handeln propagiert werden (vgl. Kap. 2.3.3).<br />

92


3.2 Die Umsetzung<br />

Beim Prinzip „Innovative Strukturen“ wurd davon ausgegangen, dass<br />

die Schule als Ganzheit bildungswirksam ist, und es wurden Parallelen<br />

zu aktuellen schulischen Reformfeldern thematisiert.<br />

Innovative Strukturen<br />

Im BLK-Modellprogramm „21“ wurde dieses Prinzip in folgenden Sets<br />

umgesetzt:<br />

• Nachhaltigkeitsaudit an Schulen 19 ,<br />

• Schülerfirmen zwischen Ökonomie und Ökologie 20 ,<br />

• Schulprofil „nachhaltige Entwicklung" 21 ,<br />

• Neue Formen externer Kooperation 22 .<br />

Die Modellprogramme, die explizite mit dem Anspruch der Innovation<br />

angetreten waren (DE HAAN/HARENBERG 1999, S. 34, 35), greifen somit<br />

stark auf bereits vorher entwickelte Ansätze zurück. Ihnen kommt<br />

jedoch der Verdienst zu, diese Ansätze wertgeschätzt und den beteiligten<br />

Schulen Freiräume zur Weiterentwicklung bzw. Implementation eröffnet<br />

zu haben. Zudem wurde mit den drei Prinzipien der Blick darauf<br />

gerichtet, dass das deutsche Bildungssystem grundlegende inhaltliche,<br />

methodische und organisatorische Veränderungen benötigt.<br />

Die BLK-Modellprogramme „21“ wurde in Kooperation von Bund und<br />

Ländern umgesetzt. Dabei konnten die Länder entscheiden, welche der<br />

oben angeführten Aspekte sie an welchen Standorten umsetzen wollten.<br />

Somit entstanden „Sets“, d.h. Zusammenschlüsse von Schulen die aufgrund<br />

ihrer inhaltlichen und räumlichen Nähe (gleicher Aspekt, gleicher<br />

Standort) ihre <strong>BNE</strong>-Arbeit parallel entwickeln und sich dabei<br />

austauschen bzw. miteinander kooperieren konnten.<br />

Organisation der<br />

Modellprogramme<br />

Im Modellprogramm „21“ wurden 28 Sets realisiert (BLK 2005). In jedem<br />

Set wurden zunächst die Arbeitsstrukturen geschaffen und Schulen<br />

19. Das „Nachhaltigkeitsaudit“ an Schulen basierte auf dem Öko-Audit, das bereits 1992 in<br />

einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft (EG 1993) beschrieben und bereits seit<br />

1996 von mehreren Schulen erfolgreich als innovative Struktur für schulische<br />

Umweltbildung adaptiert worden war (vgl. Kap. 3.4.1).<br />

20. Auch Schülerfirmen gab es bereits zuvor. Die DEUTSCHE KINDER- UND JUGENDSTIFTUNG<br />

(o.J.) hat seit 1995 einen entsprechenden Schulversuch in Sachsen realisiert, und die<br />

ALEXANDER-VON-HUMBOLDT-SCHULE VIERNHEIM hat bereits 1994 eine Schülerfirma<br />

gegründet, die als schulische „Energie-Agentur“ mit ökonomischen Mitteln das<br />

Energiesparen befördert.<br />

21. Hier wurde auf die bereits in vielen Bundesländern laufenden Bestrebungen zur<br />

Entwicklung von Schulen mit Hilfe von Schulprofilen bzw. Schulprogrammen<br />

zurückgegriffen.<br />

22. Dieser Aspekt bediente sich der außerordentlich positiven Erfahrungen, wie sie z.B. über<br />

Jahre hinweg im GÖS-Programm des Landes Nordrhein-Westfalen gesammelt worden<br />

waren.<br />

93


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

gewonnen. Die Schulen haben dann ihre Aspekte erprobt und ihre Arbeit<br />

schrittweise weiterentwickelt. Schließlich wurden Projektergebnisse,<br />

Handreichungen und andere verallgemeinerungsfähige Erkenntnisse<br />

publiziert.<br />

Mit dem nachfolgenden BLK-Modellprogramm „Transfer 21“ sollte im<br />

Zeitraum 2004-2008 der Transfer in die Breite realisiert werden. Es<br />

wurden neue Schulen einbezogen, Multiplikatoren ausgebildet, weitere<br />

Materialien publiziert, etc. (PROGRAMM TRANSFER-21 o.J.).<br />

Ergebnisse<br />

Evaluation des BLK-<br />

Programms „21“<br />

Die Modellprogramme haben den beteiligten Schulen die Möglichkeit<br />

gegeben, zu experimentieren, sich weiter zu entwickeln und viele konkrete<br />

und beispielhafte Aktionen zu realisieren. Die Schulen haben eine<br />

große Vielfalt an Ideen, Konzepten und Erfahrungen produziert. Ein<br />

konkretes Beispiel wird im Kap. 3.4.1 vorgestellt. Einen Überblick zu<br />

den Veröffentlichungen bietet die Projekthomepage www.transfer-<br />

21.de.<br />

Das Programm wurde auf vier Ebenen evaluiert (BLK 2005, S. 11-12):<br />

• zentrale Programmevaluation mit den Zielen (1) Auskunft<br />

über den Stand der Erreichung der Programmziele, (2) Präzisere<br />

Beschreibung der Gelingensbedingungen von <strong>BNE</strong><br />

• länderspezifische Vorhaben in Schleswig-Holstein, Hessen,<br />

Saarland<br />

• externe Evaluation der Koordinierungsstelle<br />

• Unterstützung der Selbstevaluation an den Programmschulen.<br />

Die Ergebnisse wurden in Abschlussberichten publiziert (BLK 2005,<br />

PROGRAMM TRANSFER-21 o.J.). Einige Aspekte sollen nachfolgend<br />

vorgestellt werden.<br />

Verankerung von <strong>BNE</strong><br />

in der schulischen<br />

Regelpraxis<br />

Die im Rahmen des Modellprogramms „21“ erreichte Verankerung der<br />

<strong>BNE</strong> in den Schulen wird im Abschlussbericht als generell sehr erfolgreich<br />

eingeschätzt (BLK 2005, S. 13-21; die dazu gehörende Datenbasis<br />

wurde von RODE 2005, S. 58ff veröffentlicht). Unter anderem wird hervorgehoben:<br />

• Die Programmschulen haben <strong>BNE</strong> in Schulprogrammen<br />

und anderen innerschulischen Selbstverpflichtungen verankert<br />

(als Regelfall, d.h. es gibt auch Ausnahmen).<br />

• Sie haben <strong>BNE</strong> strukturell in stabilen schulischen Steuergruppen<br />

verankert und damit das sonst oftmals verbreitete<br />

Einzelkämpfertum überwunden.<br />

94


3.2 Die Umsetzung<br />

• Die Schulen haben <strong>BNE</strong> zum integralen Baustein des Unterrichts<br />

gemacht, sie nehmen diese als Bereicherung des<br />

Unterrichtsalltags und als Beitrag zur Entwicklung bzw.<br />

Sicherung der Bildungsqualität wahr.<br />

• <strong>BNE</strong> gewinnt an Bedeutung bei der Entwicklung von Lehrund<br />

Rahmenplänen bzw. -richtlinien.<br />

• Die Kooperation mit außerschulischen Partnern wurde<br />

intensiviert und institutionalisiert, „außerschulische Stützsysteme“<br />

wurden somit geschaffen.<br />

Im Modellprogramm „Transfer 21“ wurde eine Expansion auf 10% der<br />

Schulen in den beteiligten Ländern sowie die Ausweitung auf Grundschulen<br />

und Ganztagsschulen angestrebt. Mit 2586 Schulen (12,1%)<br />

konnte das quantitative Ziel übererfüllt werden. Allerdings widmeten<br />

sich die Schulen der <strong>BNE</strong> in sehr unterschiedlicher Tiefe, daher wurde<br />

zwischen Kernschulen (238 Schulen), Kooperationsschulen (1421) und<br />

Kontaktschulen (927) unterschieden. (PROGRAMM TRANSFER-21 o.J.,<br />

S. 45)<br />

In dem 68 Seiten umfassenden Abschlussbericht (BLK 2005) werden<br />

dem zentralen Lernziel des Modellprogramms gerade einmal drei Seiten<br />

gewidmet; in der 147 seitigen Abschlussevaluation (RODE 2005)<br />

sind es fünf Seiten.<br />

Transfer in die Breite<br />

Gestaltungskompetenz<br />

und Teilkompetenzen<br />

Es wird eingeschätzt, dass sich die „Thematisierung und systematische<br />

Förderung von Gestaltungskompetenz bzw. Teilkompetenzen ... insgesamt<br />

bewährt“ hat „wenn auch zu Beginn Schwierigkeiten zu überwinden<br />

waren“. Hindernisse werden u.a. in einer noch mangelnden<br />

Absicherung in Rahmenplänen, Schulgesetzen bzw. Curricula und in<br />

der zeitlichen Belastbarkeit der Lehrkräfte gesehen. Zudem wird eingestanden,<br />

dass das Konzept innerschulisch kaum evaluierbar ist, da die<br />

Operationalisierung noch aussteht (BLK 2005, S. 21-24).<br />

Der Abschlussbericht (ebd.) liefert hierzu kein empirisches Datenmaterial.<br />

Aus der Abschlussevaluation (RODE 2005, S. 132-136) geht hervor,<br />

dass nicht einmal der Versuch unternommen wurde, den<br />

Kompetenzgewinn bei den Schülern zu messen. Statt dessen wurden lediglich<br />

subjektive Selbsteinschätzungen der Schüler erhoben. Dabei<br />

wurden<br />

• die Einstellungen der Schüler zu Fragen der Nachhaltigkeit<br />

und<br />

• ihre Wahrnehmung der eigenen Zuwächse an Gestaltungskompetenz<br />

95


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

abgefragt. Dabei wird z.B. der Grad an Zustimmung zu der Aussage<br />

„Ich bin jetzt eher bereit, mein eigenes Verhalten zu ändern (z.B. sparsamer<br />

mit Energie und Wasser umzugehen)“ als ein Maß für die Einstellungen<br />

zur Nachhaltigkeit genutzt. Analog dazu sollen mit der<br />

Zustimmung zu Aussagen wie „Ich kann jetzt komplizierte Zusammenhänge<br />

besser verstehen.“ die Zuwächse an Gestaltungskompetenz abgebildet<br />

werden. Ungeklärt bleibt dabei u.a., wie realistisch die<br />

Selbsteinschätzungen der Schüler sind und auch ob alle Schüler die Fragen<br />

auf die gleiche Weise interpretiert haben. Da keine Kontrollgruppen<br />

einbezogen wurden, bleibt ferner die Wirkungszurechnung zum<br />

Modellprogramm ungeklärt.<br />

Im Rahmen von Transfer 21 konzentrierte sich die Evaluation auf den<br />

Transfer. Zum Erwerb von Gestaltungskompetenz heißt es im Abschlussbericht:<br />

„Da in den Ländern zu diesem Punkt allgemeine Aussagen<br />

formuliert wurden, wird erst die in der Transferforschung erhobene<br />

Evaluation zeigen, in welcher Quantität und Qualität Gestaltungskompetenz<br />

bei den Schülern realisiert werden konnte...“ (PROGRAMM<br />

TRANSFER-21 o.J., S.54).<br />

Die beiden Modellprogramme bleiben damit den Nachweis, ihr zentrales<br />

Lernziel erreicht zu haben, weitgehend schuldig.<br />

Mit dieser kritischen Einschätzungen soll keinesfalls die engagierte Arbeit<br />

der vielen beteiligten Schulen diskreditiert werden. Die wissenschaftliche<br />

Begleitforschung zu organisieren bzw. durchzuführen und<br />

damit die Wirksamkeit des Konzepts nachzuweisen, war Aufgabe der<br />

Projektstelle in Berlin.<br />

<strong>BNE</strong> als Innovation?<br />

Die <strong>BNE</strong> war Ende der 90er Jahre als innovatives Konzept angetreten,<br />

das Schwächen der Umweltbildung überwinden wollte. In der Vorbereitung<br />

auf das schulbezogene BLK-Modellprogramm „21“ würdigten<br />

DE HAAN/HARENBERG (1999, S. 49-53) zwar die Umweltbildung als<br />

„Innovationsauslöser“, andererseits führten sie mehrere Kritikpunkte<br />

an, die es mit dem Modellprogramm zu überwinden gäbe. Einige davon<br />

sollen nachfolgend wieder aufgegriffen werden:<br />

„Die Flucht in die Idylle der Natur“ (ebd.): Dieser Vorwurf war schon<br />

damals einseitig – seit Jahrzehnten gibt es in der Umweltbildung immer<br />

auch Strömungen, welche sich der Gesellschaft zuwenden, die herrschenden<br />

Verhältnisse kritisieren und die Lernenden zur Partizipation<br />

befähigen wollten (siehe folgender Exkurs).<br />

„Das exotische Flair der Umweltbildung“: Hiermit kritisierten DE<br />

HAAN/HARENBERG (ebd.) zu Recht eine schulische Umweltbildung, die<br />

auf singuläre Projekte setzt und mit dem sonstigen Schulbetrieb (Schulleben,<br />

Zensuren,...) nichts zu tun hat. Heute sind nachhaltigkeits-rele-<br />

96


3.2 Die Umsetzung<br />

vante Themen Bestandteil vieler Rahmenpläne und somit auch im<br />

Unterricht verankert (am Beispiel des Klimaschutzes: LANGNER <strong>2011</strong><br />

und <strong>2011</strong>h). Einige Schulen haben auch daran gearbeitet, den ganzen<br />

Schulbetrieb nachhaltiger zu gestalten, z.B. im Set „Nachhaltigkeitsaudit“<br />

der BLK-Modellprogramme (vgl. Kap. 3.4.1).<br />

„Die Dominanz fachbezogener Lehrkonzepte“: Gemeint war, dass<br />

das ganze Bildungssystem der Tradition verpflichtet sei, gesichertes<br />

Fachwissen an Schüler weiterzugeben. „Solange „Wissenschaftsorientierung“<br />

ausschließlich als „Fachwissenschaftsorientierung“ verstanden<br />

wird, kann Bildung für nachhaltige Entwicklung jedoch nicht ihrem Gegenstand<br />

angemessen ausfallen.“ (DE HAAN/HARENBERG ebd., S. 51).<br />

Diese Kritik ist auch heute noch weitgehend aktuell. Moderne Lehrpläne<br />

weisen zwar auch Themengebiete aus, die Fächer verbindend bearbeitet<br />

werden sollen, aber die fachwissenschaftliche Sicht überwiegt<br />

weiterhin.<br />

„Das Unvermögen, starre Strukturen und eingefahrene Lehrmethoden<br />

zu lockern“: <strong>BNE</strong>, so DE HAAN/HARENBERG (ebd., S. 51) sei<br />

„Teil eines radikalen strukturellen Wandels der Gesellschaft“, welcher<br />

auch Organisationen zum Lernen zwinge und andere Formen des Lehrens<br />

und Lernens erfordere. Es ist ein Verdienst der BLK-Modellprogramme,<br />

dass in dieser Hinsicht vielfältige Methoden und Projekte<br />

ausprobiert und auf der Projekthomepage publiziert wurden.<br />

„Die unzureichende wissenschaftliche Begleitforschung“: Dieser<br />

Kritikpunkt war berechtigt; allerdings hat auch die wissenschaftliche<br />

Begleitforschung zu den BLK-Modellprogrammen ganz erhebliche<br />

blinde Flecken, da sie das übergeordnete Lernziel „Gestaltungskompetenz“<br />

weitgehend ausklammert. Dabei wäre es für die Entwicklung der<br />

<strong>BNE</strong> dienlich gewesen, empirisch fundierte Antworten zu folgenden<br />

Fragen zu erhalten: In welchem Maße konnten sich die beteiligten<br />

Schüler Gestaltungskompetenzen für eine nachhaltige Entwicklung aneignen?<br />

Welche Unterrichts- und Organisationsprinzipien und welche<br />

Module sind besonders geeignet, den Erwerb von Gestaltungskompetenzen<br />

zu fördern? Welche didaktischen Prinzipien oder sonstigen Erkenntnisse<br />

und Ratschläge können Bildungspraktikern, die künftig neue<br />

Lernarrangements zur <strong>BNE</strong> entwickeln möchten, als Leitfaden an die<br />

Hand gegeben werden? Welche Werkzeuge können Lehrpersonen nutzen,<br />

um den Erwerb der Gestaltungskompetenzen durch ihre Schüler<br />

selbst zu evaluieren?<br />

„Die stückwerkhafte Umweltbewußtseinsforschung“: Das Umweltbewusstsein<br />

der Deutschen ist in den vergangenen Jahren mehrfach und<br />

gründlich untersucht worden (vgl. www.umweltbewusstsein.de). Das<br />

geht bis dahin, dass milieuspezifischen Umwelteinstellungen erforscht<br />

und daraus Schlussfolgerungen für die Umweltkommunikation abgelei-<br />

97


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

tet wurden (WIPPERMANN et. al 2009). Es liegt nun an den Bildungsakteuren,<br />

diese Erkenntnisse aufzugreifen.<br />

Es lässt sich zusammenfassen, dass diese mit der Einführung des <strong>BNE</strong>-<br />

Begriffs und mit den BLK-Modellprogrammen geweckten Hoffnungen<br />

bislang teilweise erfüllt sind.<br />

Exkurs: Umweltbildung – ein Blick zurück<br />

Eine problem- und handlungsorientierte Umwelterziehung sollte<br />

nach BOLSCHO, EULEFELD, SEYBOLD (1980, S. 17f) „Schülern die<br />

Auseinandersetzung mit ihrer natürlichen, sozialen und gebauten<br />

Umwelt erschließen... die Fähigkeit zum Problemlösen in komplexen<br />

Systemen fördern...“ und „Schüler für die Beteiligung am politischen<br />

Leben... befähigen.“<br />

MICHELSEN et.al. (1986) setzten sich mit damals populären didaktischen<br />

Kriterien ökologisch orientierter Bildung auseinander, diese<br />

waren: Zukunftsorientierung, Lernen aus Betroffenheit, Lernen aus<br />

Erfahrung, reflexives Lernen, ganzheitliches Lernen, vernetztes (interdisziplinäres)<br />

Denken sowie Handlungsorientierung. Sie wiesen<br />

darauf hin, dass diese Kriterien durchaus ihre blinden Flecken haben,<br />

die es zu überwinden gelte. So fragt die Zukunftsorientierung (antizipatives<br />

Lernen) nach wünschenswerten oder wahrscheinlichen Zukünften<br />

und versucht, daraus heute erforderliche Schritte abzuleiten –<br />

dies bedürfe aber durchaus des ergänzenden geschichtlichen Blicks<br />

auf die Ursachen der aktuellen Umweltprobleme. Sie würdigten das<br />

Lernen aus Erfahrung – gleichzeitig wiesen sie darauf hin, dass einige<br />

schwerwiegende Umweltprobleme nicht sinnlich erfahrbar sondern<br />

nur aufgrund erheblicher Abstraktionsleistungen<br />

nachvollziehbar seien, dass also die Erfahrungs- durch eine Wissenschaftsorientierung<br />

komplementiert werden müsse.<br />

BUDDENSIEK (1991) suchte Wege zur Öko-Schule und legte dafür<br />

ein umfassendes Gedankengebäude vor. Gesellschaftliche Ausgangsbedingungen<br />

sah er insbesondere in der Notwendigkeit einer<br />

ökonomisch-ökologischen Wende und in der „Risikogesellschaft“<br />

(BECK 1986). Zu den Zielen der Umwelterziehung rechnete er, die<br />

Lebensgrundlagen und deren Vernetztheit kennen sowie ökologisch<br />

handeln zu können und zu wollen. Es entwickelte einen ökologischen<br />

Problemrahmen, arbeitete Segmente (Themen/Aspekte) für die Umwelterziehung<br />

heraus und begründete deren Auswahl.<br />

98


3.2 Die Umsetzung<br />

Er entwickelte modellhaft „ökologische Lernwege“. Buddensiek<br />

setzte sich sehr kritisch mit dem Schulsystem auseinander, was in der<br />

Aussage gipfelte: „Solange die Schule sich nicht auf ihre Gesamtverantwortung<br />

für die Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden … besinnt,<br />

wäre es besser, die Finger von der Umwelterziehung zu<br />

lassen.“ (ebd., S. 134) Der erforderliche ökologische Umbau von<br />

Schule berühre u.a. die Schulorganisation, die Pädagogik und die<br />

Öffnung der Schule. Buddensiek zeigte, wie Schulen ein Netz von<br />

Lernorten aufbauen können, um ihren Schülern über deren Schullaufbahn<br />

hinweg Lernpfade für ökologisches und soziales Lernen zu bieten.<br />

Er stellte die Schulen von Tvind (Dänemark) vor, die bereits in<br />

den 70er Jahren eine Großwindanlage errichtet und damit ein Zeichen<br />

für die Energiewende gesetzt haben. Der Lehrerpersönlichkeit<br />

sowie der Lehrerbildung widmete ein eigenes Kapitel. Die einzelnen<br />

Diskussionsstränge führte er schließlich zu einer Skizze der idealtypischen<br />

Schule „Ökotopia“ zusammen.<br />

3.2.2 <strong>BNE</strong> in der frühkindlichen Bildung<br />

Die frühkindliche Bildung / Elementarpädagogik umfasst die Institutionen<br />

Kinderkrippe, Kindergarten und Kindertagesstätte. Ein bereichsspezifisches<br />

<strong>BNE</strong>-Konzept für die frühkindliche Bildung, das<br />

hinsichtlich der theoretischen Fundierung und der systematischen Implementierung<br />

mit den beiden BLK-Modellprogrammen für Schulen<br />

vergleichbar wäre, gibt es in Deutschland nicht. Damit ist es hier nur<br />

möglich, auf wenige laufende Projekte zu verweisen und Anknüpfungspunkte<br />

in der Debatte um die frühkindliche Bildung zu suchen.<br />

Leuchtpol will die Bildung für nachhaltige Entwicklung am Beispiel<br />

von Energie und Umwelt in Kindergärten fördern. Kinder sollen „spielerische<br />

und bewusste Zugänge zu ihrer Umwelt und insbesondere zum<br />

Phänomen Energie ... finden.“ (LEUCHTPOL o.J. a)<br />

Leuchtpol<br />

Zu diesem Zweck bietet Leuchtpol Fortbildungen für Erzieherinnen an.<br />

Diese sollen das Gelernte dann in ihren Einrichtungen umsetzen und<br />

werden dabei auch von Leuchtpol unterstützt. Daneben werden einzelne<br />

Aktionen durchgeführt, so z.B. die Aktion „Ein Tag ohne Strom“, an<br />

der sich 2010 ca. 200 Kitas beteiligten. (LEUCHTPOL o.J. b)<br />

Mit acht Regionalbüros ist Leuchtpol bundesweit präsent. Bis 2012 will<br />

das Projekt 10% der deutschen Kitas, also ca. 4.000 Einrichtungen erreichen.<br />

(LEUCHTPOL o.J. a)<br />

99


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Das Projekt wird von der Leuchtpol gemeinnützige Gesellschaft zur<br />

Förderung von Umweltbildung im Elementarbereich mbH durchgeführt.<br />

Der alleinige Gesellschafter ist die Arbeitsgemeinschaft Naturund<br />

Umweltbildung (ANU) e.V. Es wird von der Leuphana Universität<br />

Lüneburg unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Ute Stoltenberg wissenschaftlich<br />

begleitet und evaluiert. Das Projekt wird vom Energiekonzern<br />

E.ON finanziert. (LEUCHTPOL o.J. c)<br />

Die Leuchtpol gGmbH bindet zur Umsetzung weitere Bildungsakteure<br />

ein, so wurden die Regionalbüros in bereits etablierte Umwelt-(bildungs-)einrichtungen<br />

integriert, und es gibt „Mitmachaktionen“, bei<br />

denen externe Partner, finanziert durch Leuchtpol, mit Kitas kooperieren.<br />

Das Projekt wird exzellent vermarktet. Dank seiner Größe und einer offensiven<br />

PR ist es beinahe täglich aufs Neue in den Medien präsent 23 .<br />

Leuchtpol ist als bislang einzige bundesweite <strong>BNE</strong>-Maßnahme für den<br />

Elementarbereich im Nationalen Aktionsplan vertreten (DEUTSCHE<br />

UNESCO-KOMMISSION o.J.a).<br />

<strong>Weiterbildung</strong> zur<br />

NaturkindergärtnerIn<br />

Die <strong>Weiterbildung</strong> will „die TeilnehmerInnen auf der Basis eigener Erfahrungen<br />

befähigen, die Natur mit ihrem Reichtum als eine unerschöpfliche<br />

(religions-)pädagogische Quelle zu erkennen und dem<br />

Alltag der Kinder im Kindergarten eine neue, gesündere Prägung zu geben.“<br />

(ÖKUMENISCHES INFORMATIONSZENTRUM et. al. o.J.)<br />

In vier einwöchigen Kursen, die sich über einen Zeitraum von einem<br />

Jahr erstrecken, werden u.a. folgende Themen verhandelt:<br />

• Kinder brauchen Feuer und Wärme / Erde und Wurzeln /<br />

Wasser und Bewegung / Luft und Freiheit<br />

• Die Zukunft unserer Kinder zwischen Umweltkatastrophen<br />

und Ökooptimismus<br />

• Befreiungen von Behinderungen (Sicherheit im Naturkindergarten)<br />

• Waldkindergarten, Bauernhofkindergarten<br />

• Verschiedene Ernährungsformen und ihre Berechtigung<br />

• Natur mit allen Sinnen im Jahreskreis erleben<br />

• Farben der Natur – Naturfarben zum Spielen & Renovieren<br />

23. Quelle: Eigene Beobachtung anhand eines Google-Alerts. Dieser von Google kostenlos<br />

bereitgestellte Service liefert dem Abonnenten täglich Links zu allen neuen Webseiten<br />

(einschließlich – sofern öffentlich zugänglich – Foren, Blogs oder Online-Ausgaben von<br />

Tageszeitungen), die ein vorgegebenes Stichwort enthalten.<br />

100


3.2 Die Umsetzung<br />

• Der Umweltkindergarten – gesund, baubiologisch, fair<br />

(ebd.)<br />

Am Ende der <strong>Weiterbildung</strong> wählen die Teilnehmerinnen einen Aspekt<br />

aus, setzen diesen in ihrer Einrichtung um und dokumentieren dies in einer<br />

Hausarbeit. Die Herangehensweise ist daher mit der von Leuchtpol<br />

vergleichbar, allerdings ist die <strong>Weiterbildung</strong> zur NaturkindergärtnerIn<br />

thematisch breiter aufgestellt, und hier wird nicht explizite auf die <strong>BNE</strong><br />

verwiesen. Schließlich ist die Reichweite sehr begrenzt, bislang wurden<br />

zehn <strong>Weiterbildung</strong>en durchgeführt, die jeweils 20 Teilnehmerinnen<br />

kamen überwiegend aus Mitteldeutschland.<br />

Die <strong>Weiterbildung</strong> wird vom Diakonischen Werk Braunschweig, dem<br />

Ökumenischen Informationszentrum Dresden und dem Umweltbüro<br />

Nord e.V. getragen.<br />

KITA21 ist im Kern ein Auszeichnungsverfahren für Kindertagesstätten,<br />

die sich in der <strong>BNE</strong> engagieren. Auf dem Weg dahin können die<br />

Einrichtungen Unterstützung in Anspruch nehmen, z.B. in Form von<br />

Workshops, Handreichungen und individueller Beratung. (S.O.F. o.J. a)<br />

KITA21<br />

Das Projekt will ausdrücklich Gestaltungskompetenz fördern, in offensichtlicher<br />

Anlehnung an die BLK-Modellprogramme (DE HAAN 2002,<br />

DE HAAN et.al 2008) dazu wird gerechnet:<br />

• „Weltoffenheit<br />

• Achtung und Wertschätzung gegenüber Natur und Umwelt<br />

• Toleranz gegenüber anderen Menschen, Meinungen und<br />

Andersartigem<br />

• gemeinsam an einem Problem arbeiten und zu Lösungen<br />

kommen können<br />

• sich bewusst werden, dass das eigene Handeln für sich<br />

selbst und andere von Bedeutung ist“ (S.O.F. o.J. b)<br />

Zur Frage, wie <strong>BNE</strong> umgesetzt werden könne, wird darauf verwiesen,<br />

• „Themen aus dem Alltag der Kitas, wie Wasser, Energie,<br />

Ernährung, Konsum, Mobilität und Natur erleben“ aufzugreifen,<br />

• die Kinder, aber auch die Eltern sowie externe Partner einzubinden<br />

• die Kita als Lernort zukunftsfähig zu gestalten, z.B.<br />

Umgang mit Energie, Gestaltung des Außengeländes“ (ebd.)<br />

101


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

KITA21 ist ein Projekt der S.O.F. Save Our Future – Umweltstiftung.<br />

Es ist auf Hamburg und Umgebung beschränkt.<br />

Diskussion<br />

Die Elementarpädagogik legt Grundlagen dafür, dass Kinder den Herausforderungen<br />

ihres späteren Lebens gewachsen sind. Insofern ist es<br />

„wichtig, die Ziele und Inhalte der frühkindlichen Bildungs- und Erziehungspläne<br />

auf das Ziel – eine Kultur der Nachhaltigkeit – abzustimmen.“<br />

(PRAMLING SAMUELSSON/KAGA, 2010, S. 103) Wenn man<br />

berücksichtigt, dass Klein- bzw. Vorschulkinder andere Bedürfnisse<br />

und Lernvoraussetzungen aufweisen als ältere Kinder oder Jugendliche,<br />

dann erscheint es plausibel, dass ein für die Schule entwickeltes <strong>BNE</strong>-<br />

Konzept nicht einfach auf die Elementarpädagogik übertragen werden<br />

kann.<br />

Exkurs: Lernen lernen<br />

GISBERT (2004) geht davon aus, dass Menschen heutzutage ihr Leben<br />

lang lernen müssen, dass sie daher die Fähigkeit erwerben müssen,<br />

eigenverantwortlich und selbstgesteuert zu lernen und dass die<br />

Grundlagen für diese Fähigkeit bereits im frühsten Kindesalter gelegt<br />

werden. Dabei sind „das „Lernen des Lernens“ und das „Lernen von<br />

Inhalten“ untrennbar miteinander verknüpft.“ (ebd., S. 25) Die Elementarpädagogik<br />

solle daher lernmethodische Kompetenzen von<br />

Kindern fördern, allerdings solle sie „die Aufgaben der Schule nicht<br />

in vorgezogener Weise übernehmen“ (ebd., S. 17).<br />

Die Autorin analysiert die bundesdeutsche und internationale Fachdiskussion<br />

zur Elementarpädagogik kritisch, was nachfolgend nur<br />

anhand von zwei Beispielen illustriert werden soll.<br />

ELSCHENBROICH (2001) hat in der viel beachteten Publikation „Weltwissen<br />

der Siebenjährigen“ eine Liste von ca. 70 Erfahrungen und<br />

Gefühlen, Fragen sowie Bildungs- und Wissensinhalten vorgelegt,<br />

mit denen Kinder bis zu ihrem siebenten Lebensjahr in Berührung<br />

gekommen sein sollten. Sie hält damit den Eltern bzw. der Elementarpädagogik<br />

einen Spiegel vor und macht Erstrebenswertes – und<br />

auch Mängel – deutlich. Die Liste basiert auf Gesprächen mit über<br />

150 Personen, sie ist jedoch nicht lerntheoretisch oder entwicklungspsychologisch<br />

fundiert und kann damit „keine Grundlage für ein Bildungskonzept<br />

sein“ (GISBERT 2004, S. 46).<br />

102


3.2 Die Umsetzung<br />

Jean Piaget hat mit seiner konstruktivistischen Entwicklungspsychologie<br />

die Elementarpädagogik stark beeinflusst. Nach Piagets Theorie<br />

konstruieren „Individuen ihr Wissen selbsttätig und aktiv auf<br />

Grundlage von Erfahrungen“ (GISBERT 2004, S. 83). Von Geburt an<br />

haben Kinder „ein gewisses Verständnis für die Vorgänge in ihrer<br />

Umgebung, das ihnen hilft, die erlebten Vorgänge immer tiefer und<br />

umfassender zu begreifen. Jede neue Information wiederum führt dazu,<br />

die Interpretation von Erfahrungen zu verändern, so dass ein Zyklus<br />

entsteht, der sich über die gesamte Lebensspanne erstreckt.“<br />

Dabei strebt der Mensch eine zunehmend bessere Organisation seines<br />

Wissens und letztlich eine zunehmend bessere Anpassung an seine<br />

Umwelt an. (ebd.) Nach Piaget durchläuft jedes Kind zwischen 0<br />

und ca. 12 Jahren nacheinander vier unterschiedliche kognitive Stufen,<br />

in jeder dieser Stufen kann es spezifische Lern- und Entwicklungsfortschritte<br />

machen. Die Beobachtungen, auf die sich Piaget<br />

stützte und somit letztlich auch seine Schlussfolgerungen sind jedoch<br />

durch zahlreiche neuere Untersuchungen revidiert worden. So hatte<br />

Piaget postuliert, dass das Denken von Kindern in der Lebensphase<br />

von 2 bis 6 Jahren egozentrisch sei. LEMPERS/FLAVELL/FLAVELL<br />

(1977) beobachteten jedoch, „dass schon 2-Jährige, wenn man sie<br />

bittet, ihrer Mutter ein Bild zu zeigen, das Bild so drehen, dass die<br />

Mutter es sehen kann und nicht sie selbst.“ (GISBERT 2004, S. 99) Sie<br />

deuteten dies mit der Fähigkeit, eine andere Perspektive zu übernehmen<br />

– eine Fähigkeit, welche Kinder in diesem Alter nach Piaget<br />

noch nicht haben dürften. – Somit hat Piaget „die Fähigkeiten der<br />

Kinder konsistent unterschätzt“ (GISBERT 2004, S. 108), andererseits<br />

war seine Theorie, gerade dadurch dass sie Widerspruch, weitere Untersuchungen<br />

und Revision herausgefordert hat, für die Wissenschaft<br />

sehr produktiv.<br />

GISBERT (ebd., S. 9), aber auch DAHLBERG (2010) und FTHENAKIS<br />

(2010) halten die Auffassung von Bildung als Ko-Konstruktion für<br />

zeitgemäß, an welcher neben den Kindern auch die Eltern, die Erzieherinnen<br />

bzw. Lehrer sowie weitere Erwachsene mitwirken.<br />

103


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

GISBERT (2004, S. 118) unterscheidet zwei Bereiche des Wissens von<br />

Kindern: einerseits „so genannte privilegierte Wissensdomänen, in<br />

denen bereits Säuglinge und Kleinkinder komplexes Wissen aufweisen<br />

und im Laufe der Entwicklung elaborierte implizite Theorien erwerben.“<br />

So wissen Kinder bereits im Alter von drei Monaten dass,<br />

„Objekte auch dann weiterhin existieren, wenn man sie nicht mehr<br />

sieht“, d.h. sie haben das physikalische Konzept der Objektpermanenz<br />

verinnerlicht (ebd. S. 121). Schon Säuglinge interessieren sich<br />

besonders für Gesichter und Augen, sie „versuchen, mit Menschen<br />

und Tieren zu kommunizieren“ und nehmen damit eine „der wesentlichen<br />

Unterscheidungen auf dem Gebiet der Biologie... zwischen belebten<br />

und unbelebten Objekten“ vor. (ebd. S. 123) „Dennoch sind<br />

sich Kinder vor dem 10. Lebensjahr über die Lebendigkeit und die<br />

Eigenschaften von Pflanzen noch unsicher...“ (ebd., S. 124).<br />

Im Gegensatz dazu stehen die nichtprivilegierten Wissensdomänen,<br />

zu denen insbesondere die Metakognition gehört. „Das Denken über<br />

das eigene Denken und Lernen gehört zu jenen Gebieten, die Kinder<br />

nur dann erwerben, wenn sie unterrichtet werden.“ (ebd. S. 118)<br />

PRAMLING (1986) konnte zeigen, „dass Kinder im Vorschulalter ihre<br />

Lernprozesse kaum als solche wahrnehmen.“ (ebd. S. 165)<br />

PRAMLING (1996, vgl. auch PRAMLING SAMUELSSON/CARLSSON<br />

2007) entwickelte daher einen metakognitiven Ansatz der Frühpädagogik,<br />

der „darauf zielt, bei den Kindern ein Bewusstsein für ihre<br />

Lernprozesse zu schaffen, ihre intuitiven Theorien über das Lernen<br />

zu verändern und Kompetenzen der Selbststeuerung zu vermitteln.“<br />

(GISBERT 2004, S. 170) Erzieherisches Handeln sollte demnach u.a.<br />

davon geleitet sein, „sowohl die Inhalte als auch das Lernen selbst“<br />

zu betonen, die Kinder „sollten ein Bewusstsein dafür entwickeln,<br />

dass sie lernen, was sie lernen und wie sie es lernen.“ Die Reflexion<br />

über das Lernen soll gefördert werden. Unterschiedliche Denkansätze<br />

der Kinder sollten herausgearbeitet und bewusst als Ressource für<br />

den Lernprozess genutzt werden. (ebd., S. 170-172)<br />

Das von Pramling ausgearbeitete metakognitive Curriculum für die<br />

Frühpädagogik zielt nicht darauf, dass die Kinder bereits Basisfähigkeiten<br />

erwerben, die den ersten Klassenstufen vorbehalten sind –<br />

wohl aber sollen sie deren Bedeutung entdecken (ebd., S. 190). So<br />

kennen manche Kinder in der Kindertagesstätte bereits einzelne<br />

Buchstaben, sie sollten z.B. „zu der Einsicht geführt werden, dass<br />

man mit der Schriftsprache Botschaften austauschen kann.“ (ebd., S.<br />

171)<br />

104


3.2 Die Umsetzung<br />

Entsprechende zielgruppenspezifische und wissenschaftlich begründete<br />

<strong>BNE</strong>-Konzeptionen liegen den eingangs vorgestellten Projekten eher<br />

nicht zugrunde. Die <strong>Weiterbildung</strong> zur NaturkindergärtnerIn nimmt gar<br />

keinen expliziten Bezug auf die <strong>BNE</strong>, was nach Einschätzung des BUN-<br />

DESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG (2009, S. 17) für eine<br />

ganze Reihe <strong>BNE</strong>-relevanter Projekte in diesem Bildungsbereich gilt.<br />

Leuchtpol und KITA21 stellen ihre <strong>BNE</strong>-Bezüge nur sehr knapp dar. –<br />

Auch eine wissenschaftliche Evaluation fehlt; bei Leuchtpol ist diese<br />

immerhin vorgesehen.<br />

In der frühkindlichen Bildung besteht daher weiterer Diskussions-, Forschungs-<br />

und Entwicklungsbedarf. Worauf könnte eine frühkindliche<br />

<strong>BNE</strong> aufbauen (Vorwissen, intuitive Theorien, dem individuellen Entwicklungsstand<br />

des Kindes entsprechende Lerndispositionen)? Und<br />

letztlich auch: Ist <strong>BNE</strong> wirklich ein geeignetes Konzept in der frühkindlichen<br />

Bildung – oder sollte hier nicht zunächst ganz generell die Entwicklung<br />

der Kinder gefördert werden (z.B. ihre lernmethodische<br />

Kompetenzen, z.B. Freude am Forschen und Entdecken, z.B. erste Naturerfahrungen)?<br />

3.2.3 UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“<br />

(2005-2014)<br />

Die Vereinten Nationen haben 2002 für die Jahre 2005-2014 die Weltdekade<br />

„Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgerufen und die<br />

UNESCO mit der Koordinierung betraut. Damit ist die Vision verbunden,<br />

„allen Menschen Bildungschancen zu eröffnen, die es ermöglichen,<br />

sich Wissen und Werte anzueignen sowie Verhaltensweisen und<br />

Lebensstile zu erlernen, die für eine lebenswerte Zukunft und eine positive<br />

gesellschaftliche Veränderung erforderlich sind.“ (UNESCO<br />

2005).<br />

In Deutschland griff die Deutsche UNESCO-Kommission diese Initiative<br />

auf. Sie verabschiedete 2003 die „Hamburger Erklärung“ und rief<br />

darin zu einer „Allianz Nachhaltigkeit Lernen“ auf. (DEUTSCHE<br />

UNESCO-KOMMISSION 2003). Die Kommission wendete sich darin zunächst<br />

an die Verantwortlichen in Bund, Ländern und Gemeinden sowie<br />

an weitere interessierte Kreise und empfahl Maßnahmen für die<br />

Umsetzung der Dekade, die später in einen nationalen Aktionsplan<br />

mündeten (siehe unten). Sie wendete sich zudem an die UNESCO und<br />

schlug für jedes Jahr der Dekade ein Thema vor.<br />

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung wirkt innerhalb der<br />

Bundesregierung federführend. Die Deutsche UNESCO-Kommission<br />

erhielt vom Deutschen Bundestag den Auftrag, die über die staatliche<br />

Ebene hinausreichenden nationalen Aktivitäten im Rahmen der UN-<br />

Beteiligte Institutionen<br />

in Deutschland<br />

105


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Dekade zu koordinieren. Dazu berief die Kommission ein Nationalkomitee<br />

als beratendes und steuerndes Gremium ein. Dieses Nationalkomitee<br />

hat u.a. einen Runden Tisch der Allianz Nachhaltigkeit Lernen<br />

einberufen und Arbeitsgruppen gegründet.<br />

Nationaler<br />

Aktionsplan<br />

Ziele des Nationalen<br />

Aktionsplans<br />

2005 wurde der Nationale Aktionsplan der <strong>BNE</strong> für Deutschland veröffentlicht<br />

(DEUTSCHE UNESCO-KOMMISSION 2005). Er dient dem Ziel,<br />

„den Gedanken der nachhaltigen Entwicklung in allen Bereichen der<br />

Bildung in Deutschland zu verankern“ (ebd., S. 10).<br />

Für die Weiterentwicklung der <strong>BNE</strong> in Deutschland werden vier „strategische<br />

Ziele“ verfolgt (ebd., S. 10) :<br />

1. Weiterentwicklung und Bündelung der Aktivitäten sowie<br />

Transfer guter Praxis in die Breite,<br />

2. Vernetzung der Akteure der Bildung für nachhaltige Entwicklung,<br />

3. Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung von Bildung<br />

für nachhaltige Entwicklung,<br />

4. Verstärkung internationaler Kooperationen.<br />

Diese Ziele werden durch Teilziele unterlegt. In einem Maßnahmekatalog<br />

(DEUTSCHE UNESCO-KOMMISSION o.J.a) werden zudem beispielhaft<br />

Projekte vorgestellt, die der Umsetzung der vier strategischen Ziele<br />

dienen und dabei bundesweite Relevanz haben. Dieser Maßnahmeplan<br />

wird – wie auch der gesamte Aktionsplan – im Laufe der UN-Dekade<br />

fortgeschrieben (DEUTSCHE UNESCO-KOMMISSION 2008).<br />

Dekade-Projekte<br />

Im Rahmen der UN-Dekade werden Akteure bzw. Interessenten dazu<br />

aufgerufen, sich in der „Allianz Nachhaltigkeit Lernen“ zusammenzufinden.<br />

Seit 2005 ruft das Nationalkomitee bundesweit Projekte und Initiativen<br />

dazu auf, sich als „Offizielle Dekadeprojekte“ zu bewerben<br />

und damit die dezentrale Umsetzung der UN-Dekade zu forcieren. Über<br />

1.000 Projekte wurden bis Sommer <strong>2011</strong> ausgezeichnet (DEUTSCHE<br />

UNESCO-KOMMISSION o.J.b). Seit 2007 können auch Kommunen für<br />

ihre <strong>BNE</strong>-Aktivitäten ausgezeichnet werden.<br />

Die Anerkennung als Dekadeprojekte wird durch eine Jury des Nationalkomitees<br />

ausgesprochen. Die so anerkannten Projekte erhalten die<br />

Berechtigung, das Logo der Dekade zwei Jahre lang für ihre Öffentlichkeitsarbeit<br />

zu nutzen. Auf diese Weise entsteht eine (bedingt durch die<br />

relativ unkonkrete Ausschreibung erfrischend bunte) Sammlung interessanter<br />

Beispielprojekte, die Sie im www.bne-portal.de abrufen können.<br />

106


3.2 Die Umsetzung<br />

Die FREIE UND HANSESTADT HAMBURG (2005) untersetzte als erstes<br />

Bundesland den Nationalen Aktionsplan auf Landesebene. Der Hamburger<br />

Aktionsplan enthält ähnliche Bausteine wie der Nationale Aktionsplan,<br />

insbesondere einen ausführlichen Maßnahmekatalog, eine<br />

Auflistung der relevanten Akteure und eine Definition von <strong>BNE</strong>.<br />

Hamburger<br />

Aktionsplan<br />

Definition Bildung für nachhaltige Entwicklung im Hamburger<br />

Aktionsplan<br />

Die Initiative Hamburg lernt Nachhaltigkeit wird (und Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung soll damit):<br />

• „Schlüsselthemen einer nachhaltigen Entwicklung aufgreifen<br />

und behandeln, insbesondere zu den Themen<br />

Energie und Klimaschutz, Konsum und Lebensstile, Biodiversität<br />

und Lebensräume, Bauen und Wohnen, Ernährung<br />

und Gesundheit, Verteilungsgerechtigkeit,<br />

Armutsbekämpfung, Menschenrechte, Welthandel,<br />

Migration und kulturelle Vielfalt, internationale Zusammenarbeit,<br />

• Aspekte der Geschlechtergerechtigkeit sowie interkulturelle<br />

und generationenübergreifende Perspektiven dabei<br />

berücksichtigen,<br />

• ökologische Themenfelder mit sozialen und wirtschaftlichen<br />

Aspekten verknüpfen,<br />

• lokale oder globale Nachhaltigkeitsdefizite aufzeigen<br />

und entsprechende Lösungswege entwickeln,<br />

• Nachhaltigkeitsstrategien (Effizienz = Erhöhung des<br />

Wirkungsgrades, Suffizienz = Hinlänglichkeit, Konsistenz<br />

= Orientierung an Naturkreisläufen und Substitution<br />

= Austausch umweltschädlicher gegen umweltfreundliche<br />

Stoffe) erlebbar und nachvollziehbar machen,<br />

• Kompetenzen, die Zukunft zu gestalten, fördern, die<br />

Menschen befähigen, an einer nachhaltigen Gesellschaftsentwicklung<br />

mitwirken zu können (z.B. vorausschauend<br />

denken, weltoffen und neuen Perspektiven<br />

zugänglich sein, partizipieren können, an der Nachhaltigkeit<br />

orientiert planen und agieren zu können, Empathie,<br />

Engagement und Solidarität zeigen, sich und andere motivieren<br />

können, auf individuelle wie kulturelle Leitbilder<br />

reflektieren können, mit Komplexität und Ungewissheit<br />

umgehen),<br />

107


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

• Methoden einsetzen, die selbstorganisiertes Lernen und<br />

die Beteiligung vieler Menschen an Entscheidungsprozessen<br />

ermöglichen (z. B. Zukunftswerkstätten und -konferenzen,<br />

Open Space, Planungszellen, Simulationsspiele,<br />

Planspiele, Rollenspiele),<br />

• zukunftsfähige Leitbilder entwickeln und transportieren<br />

helfen (z. B. „Gut leben statt viel haben“ oder „Von linearen<br />

zu zyklischen Produktionsprozessen“),<br />

• die Bildungsstätte selbst zum Lernort über Nachhaltigkeit<br />

und zum Gegenstand des Unterrichts machen und<br />

sie nicht nur als Kulisse begreifen, vor der das Lernen<br />

stattfindet.“<br />

Diese Definition stellt Leitplanken auf, an denen sich Bildungspraktiker<br />

bei der Konzeption, Umsetzung und Evaluation ihrer Bildungsangebote<br />

orientieren können; ich habe das für meine Arbeit als sehr hilfreich<br />

empfunden. Sie hat aber auch Nachteile: Zunächst werden hier Kriterien,<br />

die ganz verschiedenen Betrachtungsebenen (Nachhaltigkeit und<br />

Pädagogik, Ziele und Mittel) entstammen, unsortiert nebeneinander gestellt.<br />

Vor allem aber basiert diese Definition auf der Inhaltsebene auf<br />

dem Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit, sie trägt damit dessen<br />

Nachteile – vor allem die große Unschärfe in der Abgrenzung von Themen<br />

(vgl. Kap. 2.4) – mit in die Bildung.<br />

Weitere Aktionspläne<br />

auf Länderebene<br />

Empfehlungen der<br />

KMK und der DUK zur<br />

<strong>BNE</strong><br />

Inzwischen haben weitere Länder entsprechende <strong>BNE</strong>-Aktionspläne<br />

vorgelegt (vgl. www.bne-portal.de).<br />

Die Kultusministerkonferenz (KMK) und die Deutsche UNESCO-<br />

Kommission (DUK) haben 2007 gemeinsam Empfehlungen zur <strong>BNE</strong><br />

veröffentlicht, in denen sie auch ausdrücklich Bezug auf die UN-Dekade<br />

nehmen (KMK/DUK 2007). Das nur sieben Seiten umfassende Papier<br />

ist vor allem deshalb erwähnenswert, weil sich damit die<br />

Kultusminister der Bundesländer für die Stärkung der <strong>BNE</strong> aussprechen.<br />

Wer sich als Umweltbildungspraktiker mit der Bildungspolitik<br />

seines Bundeslandes auseinandersetzen muss, wird in diesem Papier<br />

evtl. eine brauchbare Argumentationshilfe finden.<br />

3.3 Versuch einer <strong>BNE</strong>-Definition<br />

Grundlegungen<br />

Wenn mit „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ein neues Bildungskonzept<br />

begründet wird, dann sollte eine Definition dieses Begriffs<br />

(dieses Konzepts)<br />

108


3.3 Versuch einer <strong>BNE</strong>-Definition<br />

• sich auf eine Theorie der Nachhaltigkeit – und nicht auf den<br />

zunehmend unscharfen alltagssprachlichen Gebrauch des Begriffes<br />

„Nachhaltigkeit“ – beziehen; hier wird die Theorie der starken<br />

Nachhaltigkeit als Bezug gewählt (OTT/DÖRING 2008, OTT/<br />

VOGET 2007, vgl. Kap. 2.4, Exkurs: Die Theorie der starken Nachhaltigkeit)<br />

• ebenso lern-/bildungstheoretisch begründet sein; hier wird ein<br />

Verständnis von Lernen als Ko-Konstruktion zugrunde gelegt<br />

• etwas Neues konstituieren; dabei geht es meiner Meinung nach im<br />

Kern darum, dass Fragen nach Gerechtigkeit und Fragen nach<br />

dem Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen aufeinander<br />

bezogen werden<br />

• damit dann auch bereits bestehende „benachbarte“ Bildungskonzeptionen<br />

wie die Natur- bzw. Umweltbildung, die entwicklungspolitische<br />

Bildung bzw. das Globale Lernen anerkennen und nicht<br />

danach trachten, sie zu vereinnahmen.<br />

Basierend auf diesen Prämissen, wird nachfolgend versucht, <strong>BNE</strong> zu<br />

definieren:<br />

Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

• fördert Werte und Kompetenzen, die dazu beitragen können, die<br />

Gesellschaft nachhaltig zu gestalten [1]<br />

• greift die beiden großen Diskussionsstränge im Nachhaltigkeitsdiskurs<br />

auf und bezieht sie aufeinander, d.h. sie<br />

• sucht nach inter- und intragenerationeller Gerechtigkeit<br />

und analysiert und kritisiert dementsprechend<br />

inter- und intragenerationelle Ungerechtigkeit [2]<br />

und<br />

• fördert die Erforschung unserer natürlichen Lebensgrundlagen<br />

und deren Achtung als unabdingbare Voraussetzung<br />

für ein gutes Leben aller Menschen [3]<br />

• macht „Leitplanken“ einer nachhaltigen Entwicklung – so die<br />

Regel des konstanten Naturkapitals, die Managementregeln und<br />

Nachhaltigkeitsstrategien wie Effizienz, Suffizienz, Resilienz –<br />

erfahrbar und nachvollziehbar [4]<br />

• greift „Schlüsselthemen“ einer nachhaltigen Entwicklung auf<br />

[5]<br />

109


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

• basiert auf einem Bildungsverständnis, nach dem Wissen von<br />

Lehrenden, Lernenden und ggf. weiteren Beteiligten gemeinsam<br />

geschaffen („konstruiert“) wird und setzt daher Methoden<br />

ein, die partizipatives, konstruktives, forschendes, reflexives,<br />

diskursives Lernen unterstützen [6]<br />

• sucht und vermittelt Handlungsorientierungen in der Lebenswelt.<br />

[7]<br />

Werte und<br />

Kompetenzen<br />

[1] <strong>BNE</strong> als Bildungskonzept hat eine pädagogische Zielstellung im<br />

Kontext umwelt- und gesellschaftspolitischer Ziele bzw. Herausforderungen.<br />

Werte sollten hierbei – neben den Kompetenzen – als Zielkategorie herausgehoben<br />

werden, da die Idee der Nachhaltigkeit grundlegend auf<br />

Werten aufbaut. DE HAAN (2008) und RIECKMANN (2010) haben Sets<br />

von Kompetenzen vorgelegt, die als Orientierung dienen können (vgl.<br />

Kap. 3.2.1).<br />

Gerechtigkeit [2] Die Kernidee der (starken) Nachhaltigkeit ist, dass alle Menschen –<br />

heute und in Zukunft – die Chance bekommen zu überleben und darüber<br />

hinaus ihre menschlichen Fähigkeiten zu entfalten. Zudem sollte keine<br />

künftige Generation schlechter gestellt sein als die heutige. Es geht hier<br />

also um Verteilungs- und Chancengerechtigkeit in Gegenwart und Zukunft.<br />

„Nachbardisziplinen“ der <strong>BNE</strong> sind hier die entwicklungspolitische<br />

Bildung und das Globale Lernen. In dieser Nachbarschaft ist eine sinnvolle<br />

begriffliche Abgrenzung ebenso wünschenswert wie eine gegenseitige<br />

Anerkennung und Inspiration auf der inhaltlichen Ebene.<br />

Verbindungen zwischen Globalem Lernen und <strong>BNE</strong> werden z.B. in<br />

dem 2007 erschienenen „Orientierungsrahmen für den Lernbereich<br />

Globale Entwicklung im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung“<br />

geknüpft (KMK/BMZ 2007).<br />

Natürliche<br />

Lebensgrundlagen<br />

[3] Für die Theorie der starken Nachhaltigkeit ist es essenziell, unsere<br />

natürlichen Lebensgrundlagen – das „Naturkapital“ – nicht als eine homogene<br />

Größe anzusehen. Unter dem Blickwinkel einer gerechten Nutzung<br />

und Vererbung muss vielmehr zwischen (lebendigen bzw. nicht<br />

lebendigen) Fonds und Vorräten unterschieden werden (OTT/DÖRING<br />

2008, S. 219ff). Die ersten (z.B. Wälder, Fische, Boden) stiften Nutzen,<br />

können genutzt werden und regenerieren sich, wenn sie nicht übernutzt<br />

werden. Die zweiten (z.B. Erdöl) werden bei ihrer Nutzung aufgebraucht,<br />

sie bilden sich in den für Menschen relevanten Zeiträumen<br />

nicht nach, so dass sie „funktional substituiert“ (ebd.) werden müssen<br />

110


3.3 Versuch einer <strong>BNE</strong>-Definition<br />

(z.B. durch Aufbau der Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien<br />

und nachwachsender Rohstoffe).<br />

Die „Erforschung unserer Lebensgrundlagen“ kann eng an diese Theorie<br />

des Naturkapitals angelehnt werden. Es geht um das Verständnis davon,<br />

auf wie vielfältige Weise wir die Natur nutzen, es geht – um mit<br />

BRÄMER (2006) zu sprechen – nicht darum, die in den Köpfen Jugendlicher<br />

weit verbreitete „ausgeprägte Sauberkeitsästhetik und bambihafte<br />

Verniedlichung der Natur“ zu fördern. Die Vermittlung<br />

grundlegender Kenntnisse über natürliche Systeme bleibt dabei Gegenstand<br />

z.B. von Biologie und Geographie. Auch z.B. Naturerfahrungsbzw.<br />

Naturerlebnispädagogik bleiben berechtigte und eigenständige<br />

Konzeptionen außerhalb der <strong>BNE</strong>.<br />

Aus Sicht der <strong>BNE</strong> ist die Nutzung des Naturkapitals untrennbar mit der<br />

Frage verbunden, wer denn in welchem Umfang an dem Nutzen teilhat,<br />

bzw. wer in welchem Umfang eventuelle Lasten zu tragen hat – also mit<br />

der Frage nach Gerechtigkeit. Vergleichen Sie das mit der noch jungen<br />

Wissenschaftsdisziplin der Bionik, in welche Biologie, Chemie, Physik<br />

und Technik eingehen und in der letztlich das Lernen der Technik aus<br />

natürlichen Vorbildern organisiert wird. So wie die „reinen“ Naturwissenschaften<br />

weiterhin ihre Forschungsgebiete und ihre Berechtigung<br />

haben, so behalten nach der oben vorgeschlagenen Definition auch die<br />

Umweltbildung und das Globale Lernen ihre Berechtigung als eigenständige<br />

Konzepte. Auch z.B. RIECKMANN (2010, S. 11) sieht <strong>BNE</strong> und<br />

GL als gleichrangige Konzepte an.<br />

Ein Lernarrangement, in dem der faire Handel „nur“ aus ökonomischer<br />

und sozialer Perspektive thematisiert wird, wäre demnach ebenso wenig<br />

der <strong>BNE</strong> zuzurechnen wie ein Lernarrangement, in dem es „nur“ um die<br />

Herstellung und das Recycling von Papier geht. Wenn man das Thema<br />

Papier hingegen auf die Problematik der Rohstoffgewinnung (darunter<br />

Kahlschlag von Primärwäldern und somit Zerstörung des Lebensraumes<br />

der indigenen Bevölkerung) und auf den globalen Papierkonsum<br />

(Deutschland verbraucht mehr Papier als ganz Afrika) ausdehnt – und<br />

wenn man dabei weitere der o.g. Aspekte anwendet, dann kann <strong>BNE</strong><br />

entstehen. Beispielhaft hierfür kann das Projekt „Der Papierkoffer“<br />

vom EINE-WELT-LANDESNETZWERK MV E.V. (<strong>2011</strong>) stehen.<br />

Die Formulierung „ökologische Themenfelder mit sozialen und wirtschaftlichen<br />

Aspekten verknüpfen“ (Hamburger Aktionsplan, FREIE<br />

UND HANSESTADT HAMBURG 2005) halte ich hingegen für weniger<br />

glücklich, da sie im Sinne des bereits kritisierten „Nachhaltigkeitsdreiecks“<br />

dahingehend fehlinterpretiert werden könnte, dass ein additives<br />

Nebeneinander ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte für<br />

die <strong>BNE</strong> ausreichend sei.<br />

111


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Dass OTT/DÖRING (2008, S. 172-175), über einen reinen Anthropozentrismus<br />

hinaus, die Aufnahme (zumindest) höher entwickelter, empfindungsfähiger<br />

Tiere in die Moralgemeinschaft („Sentientismus“) für<br />

angemessen halten, wurde bereits in dem Exkurs im Kap. 2.4 betont.<br />

Die <strong>BNE</strong> sollte die Frage nach dem moralischen Eigenwert von Natur<br />

bei geeigneten Anlässen mit aufgreifen.<br />

Der über die Achtung hinaus gehende Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen<br />

ist Sache der Politik, nicht der Bildung.<br />

Leitplanken<br />

Schlüsselthemen<br />

Bildungsverständnis<br />

[6] <strong>BNE</strong> basiert auf einem Verständnis von Lernen als Ko-Konstruktion<br />

(vgl. auch Exkurs: Konstruktivistische Lerntheorien im Kap. 3.4.2).<br />

Aber auch wer sich die zentralen Merkmale der Nachhaltigkeitsidee –<br />

so etwa ihre kommunikative, prozessorientierte Ausrichtung und die<br />

Bedeutung der Partizipation – vor Augen hält, wird zu dem Schluss<br />

kommen, dass es in der <strong>BNE</strong> weniger darauf ankommt, Wissen zu vermitteln,<br />

als gemeinsam Wissen zu schaffen. Es gibt dafür viele geeignete<br />

Methoden; hier werden Simulationen bzw. Planspiele (Kap. 3.4.2),<br />

Open Space (Kap. 4.2.1) und Zukunftswerkstatt (Kap. 4.2.2) vorgestellt;<br />

ansonsten sei auf Ihr Modul 3 (Didaktik der Umweltbildung) verwiesen.<br />

Handlungsorientierungen<br />

[4] Die Regel des konstanten Naturkapitals sowie die Managementregeln<br />

gehören für OTT/DÖRING (2008) mit zum Kern der Theorie der<br />

starken Nachhaltigkeit. Effizienz, Suffizienz und Resilienz sind hingegen<br />

„Brückenprinzipien“ (zwischen Theoriekern und Anwendungsfällen,<br />

OTT/VOGET 2007 S.2). Für die Zwecke der <strong>BNE</strong> halte ich es für<br />

gerechtfertigt, diese Regeln und Prinzipien in einem Aspekt zu vereinen,<br />

obwohl sie aus Sicht der Theorie auf verschiedenen Kategorie-<br />

Ebenen stehen.<br />

[5] OTT/DÖRING (2008, S. 346-347) betrachten bspw. die Land- und<br />

Forstwirtschaft, die Umweltmedien (=Boden, Wasser, Luft) und den<br />

Naturschutz als paradigmatische Themen („Anwendungen“), die „im<br />

Gefüge der gesamten Theorie vorkommen müssen.“ Tourismus, Städtebau<br />

und Verkehrspolitik gehören sicher zur Theorie einer starken Nachhaltigkeit;<br />

für die Staatsverschuldung, die Studienanfängerquote oder<br />

die Zahl der Wohnungseinbrüche (wie sie in der Nachhaltigkeitsstrategie<br />

der Bundesregierung vorkommen, vgl. Kap. 2.3.5) sei das hingegen<br />

unsicher. – Es gibt demnach weitgehende Überschneidungen zu den<br />

Schlüsselthemen, wie sie z.B. in der Definition des Hamburger Aktionsplans<br />

genannt werden, aber keine vollständige Übereinstimmung.<br />

[7] Eine nachhaltige Entwicklung wird letztlich nur in konkreten Handlungen<br />

von Menschen erreicht. <strong>BNE</strong> soll diese den Lernenden nicht<br />

vorgeben – das wäre Indoktrination. Sie sollte aber aufzeigen, dass<br />

nachhaltiges Handeln notwendig und möglich ist, z.B. indem die Bil-<br />

112


3.4 Beispielhafte Projekte / Lernarrangements<br />

dungsstätte selbst zum Lerngegenstand gemacht wird (vgl. Kap. 3.4.1),<br />

indem nachhaltiges Handeln in einer Schülerfirma ausprobiert wird<br />

oder indem in einem konsumkritischen Stadtrundgang Nachhaltigkeitsdefizite<br />

und Konsumalternativen thematisiert werden.<br />

So wie die <strong>BNE</strong> hier verstanden wird, ist an Lernende ab Schulalter gedacht.<br />

In dieser engen Auslegung ist <strong>BNE</strong> eher kein Konzept für die<br />

frühkindliche Bildung. Wie bereits am Ende des Kapitels 3.2.2 angedeutet<br />

worden war, sollten dort eher die Grundlagen für eine spätere<br />

<strong>BNE</strong> gelegt werden – oder es müssten für diese Zielgruppe spezifische<br />

<strong>BNE</strong>-Konzepte entwickelt werden.<br />

Anwendbarkeit<br />

3.4 Beispielhafte Projekte / Lernarrangements<br />

In diesem Kapitel möchte ich zwei ganz unterschiedliche Beispiele einer<br />

Bildung für nachhaltige Entwicklung vorstellen.<br />

Das Nachhaltigkeitsaudit ist ein „großes“ Lernarrangement für die <strong>BNE</strong><br />

in Schulen. Hier geht es nicht nur um Bildung für einzelne Menschen,<br />

sondern hier soll über mehrere Jahre hinweg die ganze Schule in Richtung<br />

Nachhaltigkeit weiterentwickelt werden. Anhand dieses Beispiels<br />

lassen sich viele Merkmale der <strong>BNE</strong> illustrieren; allerdings hat Nachhaltigkeitsaudit<br />

nur eine eingeschränkte Verbreitung und ist daher für<br />

die Mehrzahl von Ihnen vermutlich nicht praxisrelevant.<br />

Simulationen und Planspielen hingegen dienen „nur“ dazu, einzelne<br />

Aspekte einer (nicht) nachhaltigen Entwicklung zu veranschaulichen.<br />

Sie können in unterschiedlichen Kontexten und mit verschiedenen Zielgruppen<br />

eingesetzt werden. Es sind eher „kleine“ Methoden bzw. Lernarrangements,<br />

die hier vorgestellten Beispiele erfordern 30 Minuten<br />

bis maximal einen Tag. Daher besteht durchaus die Chance, dass sie für<br />

Sie praxisrelevant sein können.<br />

Soweit das möglich ist, wird die Darstellung an die im Kap. 3.3 vorgestellte<br />

<strong>BNE</strong>-Definition zurück gekoppelt. Die Lernarrangements selber<br />

basieren aber auf einem breiteren <strong>BNE</strong>-Verständnis, und wenn Sie in<br />

den angegebenen Quellen recherchieren, werden Sie dort von der Theorie<br />

der starken Nachhaltigkeit kaum etwas finden.<br />

Weitere Beispiele sind in der Datenbank der offiziellen Projekte im<br />

Rahmen der UN-Dekade zur <strong>BNE</strong> unter www.bne-portal.de zu finden.<br />

113


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

3.4.1 Nachhaltigkeitsaudit an Schulen<br />

Beim Nachhaltigkeitsaudit orientieren sich Schulen in einem umfassenden<br />

Sinne am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung.<br />

• Sie erweitern ihren Bildungsauftrag zur Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung.<br />

• Sie begreifen sich als Polis, deren Mitglieder Nachhaltigkeit<br />

in einem partizipativen und diskursiven Prozess entwickeln.<br />

• Sie optimieren den Schulbetrieb, so dass z.B. Ressourcen<br />

eingespart und fairer Handel gefördert werden.<br />

Dies kann nicht von heute auf morgen realisiert werden, sondern nur in<br />

einem systematischen und langfristigen Entwicklungsprozess. Das<br />

Nachhaltigkeitsaudit ist ein Instrument, das Schulen helfen kann, diesen<br />

Prozess professionell zu managen und erfolgreich zu absolvieren.<br />

KURTZ 2005 stellt das Instrument vor und ordnet es in die Schulreformdebatte<br />

ein.<br />

Grundlegungen<br />

Beim Nachhaltigkeitsaudit wird die Schule als ein Mikrokosmos verstanden,<br />

für den eine nachhaltige Entwicklung angestrebt wird und für<br />

den daher das Leitbild der Nachhaltigkeit operationalisiert werden<br />

muss. Viele globale Aspekte des Nachhaltigkeitsdiskurses haben in der<br />

Schule ihre Entsprechung. Wenn eine Schule Energie einspart oder erneuerbare<br />

Energien nutzt, dann schont sie damit die Vorräte an fossilen<br />

Energieträgern (zu dem damit eng verbundenen Klimaschutz siehe<br />

OTT/DÖRING 2008, S. 295ff). Wenn eine Schule Teile des Schulgeländes<br />

entsiegelt, trägt sie dazu bei, dass der Boden (ein nicht-lebendiger<br />

aber belebter Fonds) nicht einfach nur eine Fläche ist, auf der man stehen<br />

oder Autos parken kann – sondern dass er weiteren Nutzen stiftet,<br />

also z.B. Regenwasser aufnimmt, das ansonsten kostenpflichtig in die<br />

Kanalisation eingeleitet werden müsste, oder Bäume wachsen lässt, die<br />

Schatten spenden und vielleicht sogar essbare Früchte tragen. Das<br />

Nachhaltigkeitsaudit soll es Schülern ermöglichen, derartige Schlüsselthemen<br />

einer nachhaltigen Entwicklung in dem für sie relevanten und<br />

durch sie mit gestaltbaren Raum „Schule“ kennen zu lernen. Dabei stehen<br />

oft noch die Frage nach der Gerechtigkeit und die Nutzung des Naturkapitals<br />

nebeneinander, aber bei Themen wie Papier und Wasser<br />

(vgl. weiter unten Tabelle 5) werden diese auch sinnvoll aufeinander<br />

bezogen.<br />

114


3.4 Beispielhafte Projekte / Lernarrangements<br />

Die Schulen bedienen sich dabei eines bereits an anderer Stelle – nämlich<br />

in der gewerblichen Wirtschaft unter dem Namen Öko-Audit – entwickelten<br />

Verfahrens.<br />

Exkurs: Öko-Audit<br />

Das Öko-Audit dient dazu, den Umweltschutz fest in gewerblichen<br />

Unternehmen bzw. in anderen Organisationen zu verankern. Dabei<br />

geht es den Unternehmen/Organisationen weniger um eine altruistisch<br />

verstandene Ökologie, vielmehr wollen sie im eigenen Interesse<br />

Risiken minimieren, die Effizienz im Umgang mit natürlichen<br />

Ressourcen erhöhen und somit Kosten senken oder ein positives<br />

Image in der Öffentlichkeit aufbauen. Die Europäische Union hat<br />

hierfür erstmals 1993 in der EMAS-Verordnung detaillierte Spielregeln<br />

festgelegt (EG 1993). Diese erste EMAS-Verordnung bezog<br />

sich nur auf die gewerbliche Wirtschaft. Die neueren Verordnungen<br />

EMAS II (EG 2001) und EMAS III (EG 2009) beziehen sich in einem<br />

umfänglichen Sinne auf Organisationen und schließen damit z.B.<br />

auch den Dienstleistungsbereich sowie öffentliche Verwaltungen<br />

und deren nachgeordnete Einrichtungen ein.<br />

EMAS steht für „Environmental Management and Audit Scheme“<br />

und bedeutet somit „Verfahren für ein Umweltmanagement und eine<br />

Umweltbetriebsprüfung“. Das Öko-Audit wird in der EMAS-Verordnung<br />

ausführlich beschrieben, hier sollen nur einige zentrale<br />

Aspekte in stark vereinfachter Form wiedergegeben werden:<br />

Organisationsinterne Strukturen: Umweltschutz wird als Management-Aufgabe<br />

verstanden und möglichst fest in die organisationsinternen<br />

Strukturen integriert. Die Zuständigkeiten für den<br />

Umweltschutz werden eindeutig festgelegt. Umweltrelevante Tätigkeiten<br />

und Prozesse werden so geplant, realisiert und kontrolliert,<br />

dass sich die Umweltauswirkungen verringern. Alle Arbeitsergebnisse<br />

werden nachvollziehbar dokumentiert. Die Öffentlichkeit wird informiert.<br />

Organisationsinternes Verfahren: Beim Öko-Audit durchlaufen<br />

die Organisationen einen langfristig angelegten, zyklisch strukturierten<br />

Verbesserungsprozess (vgl. auch Abb. 3).<br />

Organisationsübergreifendes Verfahren: Organisationen, die ein<br />

derartiges Umweltmanagementsystem unterhalten, können sich<br />

durch eine externe Prüfung („Validierung“) bescheinigen lassen, dass<br />

sie die Anforderungen der EMAS-Verordnung erfüllen. Nach bestandener<br />

Prüfung erhalten sie ein Prüfsiegel, mit dem sie für ihre Umweltleistungen<br />

werben dürfen.<br />

115


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Die EMAS-Verordnung stellt keine absoluten Umweltstandards auf<br />

(z.B. Ressourcenverbrauch oder Emissionen pro Beschäftigtem),<br />

sondern beschreibt Anforderungen an die Strukturen und Verfahren<br />

zum Umweltschutz. Das Öko-Audit gehört damit zu den im Kapitel<br />

2.1 erwähnten integrativen Instrumenten der Umweltpolitik.<br />

Weitere für Schulen relevante Managementsysteme beschreibt<br />

LANGNER (<strong>2011</strong>c).<br />

Abb. 3:<br />

Ablauf des Nachhaltigkeitsaudits (vereinfacht)<br />

Bereits Mitte der 90er Jahre kam die Idee auf, das Öko-Audit für Verwaltungen<br />

und deren nachgeordnete Einrichtungen wie z.B. Schulen<br />

nutzbar zu machen. Erste Pilotprojekte haben z.B. das MINISTERIUM<br />

FÜR UMWELT, ENERGIE UND VERKEHR DES SAARLANDES (1996) und<br />

die Stadt Nürnberg durchgeführt. Erste Schulen folgten, so die Internationale<br />

Gesamtschule Heidelberg und die Dammrealschule Heilbronn<br />

(TEICHERT 2000) und die GESAMTSCHULE SCHWERTE (1997a). Dabei<br />

gab es einerseits Schulen, die das gesamte EMAS-Verfahren mit Validierung<br />

absolvierten und somit unter Beweis stellten, dass sie den Um-<br />

116


3.4 Beispielhafte Projekte / Lernarrangements<br />

weltschutz genauso professionell organisieren können wie<br />

Unternehmen (BERUFSKOLLEG NEUSS WEINGARTSTRAßE <strong>2011</strong>). Andere<br />

Schulen nutzten einen Ansatz, der sich auf wesentliche Kernelemente<br />

des Audits konzentriert und damit den bürokratischen Aufwand gegenüber<br />

der EMAS-Verordnung deutlich reduziert (LANGNER 1998 und<br />

<strong>2011</strong>).<br />

Schon bald zeigte sich, dass das Öko-Audit eine „ökologische“ Schulentwicklung<br />

unterstützen und damit innovative Strukturen für die Umweltbildung<br />

schaffen kann. Daher wurde es in das BLK-<br />

Modellprogramm „21“ aufgenommen (vgl. Kap. 3.2.1). Unter dem<br />

Stichwort „Nachhaltigkeitsaudit“ sollte(n) insbesondere die pädagogische<br />

Dimension gestärkt, ökonomische und soziale Aspekte intensiver<br />

als bislang berücksichtigt und das Verfahren den Anforderungen für die<br />

Integration in die schulische Regelpraxis angepasst werden (DE HAAN/<br />

HARENBERG 1999, S. 82).<br />

Diese Herausforderung wurde in den vier Sets zum Nachhaltigkeitsaudit<br />

auf unterschiedliche Weise gelöst. Ich beziehe mich nachfolgend auf<br />

das Set in Düsseldorf. Dort haben die Schulen zunächst Öko-Audits absolviert<br />

und dann schrittweise auch nicht-ökologische Aspekte der<br />

Nachhaltigkeit einbezogen. Somit formulieren die Schulen selbst ihr<br />

Leitbild von einer nachhaltigen Entwicklung. Sie prüfen, wo sie aktuell<br />

stehen und stecken sich dann konkrete Ziele und planen konkrete Maßnahmen,<br />

um ihr Leitbild zu erreichen. Die notwendigen Strukturen (z.B.<br />

Zuständigkeiten, Gremien, Abläufe) werden eingerichtet („Management“).<br />

Ein Nachhaltigkeitsbericht dient dann der Kommunikation<br />

nach innen und außen. Nach 3-5 Jahren wird mit einer erneuten Bestandsaufnahme<br />

ein nächster Zyklus eingeleitet (vgl. Abb. 3 und LANG-<br />

NER <strong>2011</strong>d). – Auf dieser Basis kann die Umsetzung wesentlich<br />

zielgerichteter und konsequenter erfolgen, als es sonst oft bei schulischen<br />

Umweltprojekten der Fall ist.<br />

Die in Düsseldorf beteiligten Schulen eint das Interesse an der <strong>BNE</strong>,<br />

dennoch hat jede einzelne Schule das Öko-bzw. Nachhaltigkeitsaudit<br />

mit individuellen Akzentuierungen umgesetzt. Das soll aber nachfolgend<br />

nicht ausdifferenziert werden; statt dessen wird versucht, übergreifende<br />

Aspekte wiederzugeben. Original-Material aus den Schulen<br />

finden Sie unter www.umweltschulen.de/audit/duesseldorf.<br />

Das Nachhaltigkeitsaudit dient der nachhaltigen Entwicklung von<br />

Schulen auf drei zusammengehörenden Ebenen.<br />

Ziele und<br />

Kompetenzen<br />

Die Schule wird als Bildungseinrichtung angesehen, und ihr Auftrag<br />

wird zur Bildung für nachhaltige Entwicklung erweitert. Das bedeutet<br />

zunächst einmal, dass Lehrer und Schulleitung, aber auch Schüler oder<br />

Eltern den Bildungsauftrag ihrer Schule reflektieren und pädagogische<br />

117


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Leitbilder und Ziele entwickeln. Darauf aufbauend, entwickeln die<br />

Schulen vielfältige Lernarrangements, setzen diese um und verstetigen<br />

Bewährtes.<br />

Wenn Lehrer, Schüler und andere Akteure ihre Schule umweltgerecht<br />

bzw. nachhaltig gestalten, dann ist es unvermeidbar, dass sie auf Werten<br />

basierende Visionen und Leitbilder entwerfen, Konstrukte wie „Nachhaltigkeit“<br />

oder „Umweltschutz“ auf ihre Viabilität im Schulalltag hinterfragen,<br />

recherchieren und analysieren, bewerten und dabei Werte<br />

reflektieren, komplexe Veränderungsprozesse strukturiert planen und<br />

geplante Maßnahmen geduldig umsetzen, kommunizieren, motivieren,<br />

kooperieren, Rückschläge verarbeiten und Erfolge gemeinsam feiern.<br />

Den damit verbundenen Kompetenzerwerb dokumentiert das DÜSSEL-<br />

DORFER NETZWERK „BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG“<br />

(<strong>2011</strong>a). Im Unterschied zu DE HAAN/HARENBERG (1999) werden die<br />

Kompetenzen hier nicht als eine Voraussetzung für die Gestaltung einer<br />

nachhaltigen Gesellschaft verstanden, sondern eher als eine erwünschte<br />

Folge der Partizipation der Schüler an Gestaltungsprozessen.<br />

Abb. 4:<br />

Stufen der Schülerpartizipation<br />

Die Schule wird als Polis angesehen, in der viele Menschen gemeinsam<br />

leben, lernen und arbeiten. Diese Polis soll befähigt werden, sich möglichst<br />

selbstbestimmt zu entwickeln. Das erfordert und fördert die Kom-<br />

118


3.4 Beispielhafte Projekte / Lernarrangements<br />

munikation und die Partizipation aller Mitglieder der<br />

Schulgemeinschaft. Die Schulgemeinschaften entwickeln eigene Vorstellungen<br />

zur nachhaltigen Schulentwicklung und verankern diese in<br />

einem schriftlich fixierten Leitbild. Sie legen Verantwortung fest und<br />

überprüfen die Umsetzung. Damit wird Verbindlichkeit geschaffen. Positive<br />

Rückmeldungen finden Einzug in die Schulkultur, z.B. wenn den<br />

Schülern eine Bühne dafür geschaffen wird, ihre Arbeitsergebnisse zu<br />

präsentieren, wenn Akteure für ihre Leistungen Bestätigung erfahren<br />

bzw. auch Meinungen ausdrücklich abgefragt werden.<br />

Die Schule wird als Betrieb angesehen, dessen Nachhaltigkeitsauswirkungen<br />

optimiert werden. Dazu werden geeignete Themenfelder identifiziert<br />

und geeignete Strukturen geschaffen (siehe Tabelle 5).<br />

Tabelle 5: Themen im Nachhaltigkeitsaudit (Beispiele)<br />

Thema* Umsetzung<br />

Energie, Optimierung des Ressourcenverbrauchs an allen beteiligten Schulen, überwiegend<br />

durch nicht-investive Maßnahmen wie z.B. Kontrolle der Raum-<br />

Abfall,<br />

Wasser, temperaturen. Damit praktische Anwendung der Effizienz-Strategie. Für<br />

Klimaschutz<br />

und Sauberkeit. Einsparung von Bewirtschaftungskosten (Düsseldorf: vier-<br />

Schüler und Lehrer spürbare Verbesserungen z.B. hinsichtlich Raumklima<br />

stellige Euro-Beträge pro Schule und Jahr; Gesamtschule Schwerte:<br />

100.000 € in drei Jahren). Im Rahmen von fifty/fifty erfolgt ein Rückfluss<br />

von Teilen dieser Gelder an die Schulen zur Verbesserung der Sachausstattung,<br />

z.B. für die Schulgeländegestaltung. Reduzierung der CO 2 -Emissionen.<br />

Papier Mehrere Schulen haben den eigenen Papierverbrauch untersucht und teilweise<br />

auch Maßnahmen zum sparsamen Umgang mit Papier realisiert<br />

(PAULUSSCHULE DÜSSELDORF 2010, GESCHWISTER-SCHOLL-GYMNASIUM<br />

DÜSSELDORF 2004, COMENIUS-GYMNASIUM DÜSSELDORF 2006).<br />

Nach einer Anfang 2009 in Kraft gesetzten Dienstanweisung beschafft und<br />

verwendet die Stadtverwaltung für den internen Bedarf – das schließt u.a.<br />

das Kopieren von Arbeitsblättern für Schüler mit ein – Recyclingpapier der<br />

Weißegrade ISO 70 bzw. 90 mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.<br />

Die Schulen wurden darüber per Brief informiert (UMWELTAMT DER LAN-<br />

DESHAUPTSTADT DÜSSELDORF 2009).<br />

Anfang 2010 wurde die Ausstellung „Papierwende“ der Arbeitsgemeinschaft<br />

Regenwald und Artenschutz e.V. aus Bielefeld nach Düsseldorf<br />

geholt, welche das Thema von Seiten der Ressourcen und der Gerechtigkeit<br />

anspricht. (DÜSSELDORFER NETZWERK BILDUNG FÜR NACHHALTIGE<br />

Wasser<br />

ENTWICKLUNG 2010)<br />

Das GESCHWISTER-SCHOLL-GYMNASIUM DÜSSELDORF (o.J.) führt seit<br />

2001 regelmäßig einen „Wassermonat“ in der Jahrgangsstufe 8 durch.<br />

Dabei behandeln nahezu alle Fächer das Thema aus ihrer spezifischen Perspektive;<br />

in einem abschließenden Wasser-Gottesdienst oder in einer Ausstellung<br />

im Foyer der Schule werden diese Perspektiven dann<br />

zusammengeführt.<br />

119


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Eine Welt Eine-Welt-AG mit Laden (GESCHWISTER-SCHOLL-GYMNASIUM <strong>2011</strong>),<br />

Togo-AG und Sponsorenlauf (AGNES-MIEGEL-REALSCHULE 2005), „Eine-<br />

Welt-Frühstück“ (KATHOLISCHE GRUNDSCHULE ESSENER STRAßE 2005)<br />

* Zu weiteren Themen siehe DÜSSELDORFER NETZWERK BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENT-<br />

WICKLUNG <strong>2011</strong>b<br />

Didaktik und<br />

Methoden<br />

Rahmenbedingungen<br />

Schüler und Lehrer sowie teilweise auch Eltern und externe Partner haben<br />

Daten erfasst und die Nachhaltigkeit ihrer Schulen bewertet – d.h.<br />

sie haben gemeinsam Wissen geschaffen. Sie haben Veränderungsprozesse<br />

geplant und in demokratischen Verfahren Leitbilder legitimiert –<br />

und dabei konstruktive und partizipative Methoden wie die Zukunftswerkstatt<br />

(Kap. 4.2.2) genutzt. Sie haben vielfältige Maßnahmen umgesetzt<br />

– und sind damit über die Handlungsorientierung hinaus bis zum<br />

konkreten Handeln gekommen.<br />

Das Nachhaltigkeitsaudit zielt darauf, die in den Schulgemeinschaften<br />

vorhandenen Potenziale für eine nachhaltige Entwicklung zu nutzen<br />

und zu fördern. Dennoch bleiben die Schulen auch von externen Faktoren<br />

abhängig.<br />

Hemmend wirken dabei Tendenzen im Bildungssystem, bei denen<br />

Schulen mit immer neuen externen Anforderungen konfrontiert werden<br />

oder sich die Personalausstattung der Schulen verschlechtert.<br />

Förderlich ist im Fall der Düsseldorfer Schulen die Kooperation mit der<br />

Stadt, der Wirtschaft und verschiedenen Organisationen. Diese Kooperation<br />

wurde im Düsseldorfer Netzwerk „Bildung für nachhaltige Entwicklung“<br />

institutionalisiert. Das BLK-Modellprogramm „21“ und der<br />

Lokale-Agenda-Prozess in der Landeshauptstadt Düsseldorf haben diese<br />

stützenden Strukturen ermöglicht (vgl. auch Kap. 4.1.2).<br />

Zusätzlichen Auftrieb hat die Entwicklung des Nachhaltigkeitsaudits<br />

durch die verschiedenen Diskurse um die Qualität von Schulen gewonnen,<br />

so im Zusammenhang mit den PISA-Studien und der Entwicklung<br />

von Schulprogrammen. Hier entsteht ein Bedarf an handhabbaren Instrumenten<br />

zur Schulentwicklung, den das Nachhaltigkeitsaudit – neben<br />

anderen Instrumenten – mit erfüllen kann.<br />

120


3.4 Beispielhafte Projekte / Lernarrangements<br />

Exkurs: Nachhaltigkeitszertifizierung Finnland<br />

In Finnland mit seinem einheitlichen Bildungssystem lässt sich die<br />

<strong>BNE</strong> wesentlich stringenter und effektiver implementieren als in<br />

Deutschland. Die hier skizzierte Nachhaltigkeitszertifizierung richtet<br />

sich an alle Bildungseinrichtungen in Finnland – von Kindergärten<br />

bis zu Hochschulen. Es geht hier nicht alleine um neue Unterrichtsprojekte,<br />

sondern Umweltbelange und Nachhaltigkeit sollen in Lehre,<br />

Management und Betriebsführung aufgenommen werden. Das<br />

ursprünglich rein umweltbezogene Zertifikationssystem wurde 2009<br />

auf Nachhaltigkeitskriterien erweitert.<br />

In allgemein bildenden Schulen soll die <strong>BNE</strong> (in ihrer pädagogischen<br />

Dimension) demnach darauf abzielen,<br />

• Wissen über eine nachhaltige Entwicklung zu vermitteln<br />

(ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle<br />

Umwelt, Nachhaltigkeitsprobleme)<br />

• Fähigkeiten zum Denken zu fördern (ganzheitliches, kritisches<br />

und in die Zukunft gerichtetes Denken)<br />

• Fähigkeiten zum Handeln zu fördern und Erfahrungen zu<br />

ermöglichen (Nutzung verschiedener Lernumgebungen,<br />

Anwendung nachhaltiger Handlungsweisen, Fähigkeit<br />

zur Partizipation und Einflussnahme).<br />

Analog dazu gibt es auch Kriterien für die berufliche Bildung, diese<br />

orientieren sich an der Struktur der national festgelegten beruflichen<br />

Schlüsselkompetenzen.<br />

Zudem sollen die teilnehmenden Bildungseinrichtungen ihre<br />

• ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit (z.B. verantwortungsvolle<br />

Beschaffung und nachhaltiger Konsum<br />

[auch in sozialer und kultureller Hinsicht], Recycling und<br />

Müllvermeidung, Ernährung und Gesundheit<br />

• soziale und kulturelle Nachhaltigkeit (z.B. Sicherheit in<br />

der Schule bzw. auf dem Schulweg, Fürsorge für Schüler<br />

und Lehrer, Vorbeugung gegenüber Schikane und Ausgrenzung<br />

sowie kulturelle Vielfalt und Internationalität)<br />

121


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Eine Simulation ist die Darstellung oder Nachbildung physikalischer,<br />

technischer, biologischer, psychologischer oder ökonomischer Prozesse<br />

durch mathematische oder physikalische Modelle, die eine wirklichkeitsnahe,<br />

jedoch einfachere, billigere oder ungefährlichere<br />

Untersuchung als das Original erlauben (DEUTSCHER TASCHENBUCH<br />

VERLAG). Simulationen können wissenschaftlichen Zwecken dienen,<br />

so werden in der Klimaforschung Erkenntnisse zum künftigen Verlauf<br />

des Klimawandels gewonnen, indem zunächst Szenarien z.B. zur geverbessern.<br />

Mit Lehrerfortbildungen, Materialien und Tools werden<br />

die Bildungseinrichtungen unterstützt. Dabei sollen alle Bildungseinrichtungen<br />

eigene Nachhaltigkeitsprogramme aufstellen; bis 2014<br />

sollen 15% – die besonders aktiven Bildungseinrichtungen – ein<br />

Nachhaltigkeitszertifikat erworben haben. (LAININEN 2010, LANG-<br />

NER <strong>2011</strong>b, vgl. Abb. 5)<br />

Abb. 5: Example: Energy theme in SD programme (LAININEN 2010)<br />

3.4.2 Simulationsspiele<br />

122


3.4 Beispielhafte Projekte / Lernarrangements<br />

sellschaftlichen (politischen, wirtschaftlichen, technischen...) Entwicklung<br />

entworfen und dann die Auswirkungen auf das Klima in<br />

Simulationen „berechnet“ werden. Simulationen können jedoch auch in<br />

der Bildung eingesetzt werden. Simulationen können schließlich – als<br />

Spiel – dem Vergnügen dienen.<br />

Spielen ist eine Tätigkeit, die aus Vergnügen an der Ausführung bzw.<br />

am Gelingen vollzogen wird (DEUTSCHER TASCHENBUCH VERLAG).<br />

Der Begriff Planspiel kommt von dem ursprünglich in Gesellschaftsspielen<br />

verwendeten Spielplan. Heute haben sich die Methode und die<br />

dabei verwendeten Instrumentarien weiterentwickelt und differenziert;<br />

Planspiele können z.B. auch am Computer (und dort ggf. auch einzeln,<br />

ohne andere Mitspieler) durchgeführt werden, oder es gibt Großgruppenplanspiele,<br />

die mit einem klassischen Spielplan überhaupt nicht zu<br />

bewältigen wären. Planspiele können sich in reinen Fantasiewelten bewegen.<br />

Sie können jedoch auch lebensweltliche Phänomene zum Gegenstand<br />

haben und dann auch pädagogisch eingesetzt werden. HUMM<br />

(2007) und REICH (2003ff) haben die Methode erhellend beschrieben.<br />

Es gibt somit eine Schnittmenge zwischen Simulation und Planspiel,<br />

und genau um diese geht es hier. Sie wird nachfolgend als Simulationsspiel<br />

bezeichnet. Vier solche Spiele für Jugendliche bzw. Erwachsene<br />

werden nachfolgend kurz vorgestellt und dann ausführlicher diskutiert.<br />

Fishbanks Ltd : Bei dieser Simulation von Dennis Meadows stellen sich<br />

die Teilnehmer der Herausforderung, im wirtschaftlichen Wettbewerb<br />

einen lebendigen Fonds zu nutzen. Am Beispiel der Fischerei auf den<br />

Weltmeeren lernen sie Probleme unseres aktuellen Wirtschaftens bzw.<br />

Strategien einer nachhaltigen Entwicklung kennen. In der Simulation<br />

sind sie zunächst Teil (Mitverursacher) dieser Probleme bzw. Anwender<br />

nachhaltiger Strategien. In der anschließenden Reflexionsphase<br />

strukturieren sie dann ihre Erkenntnisse und verbinden diese mit der Lebenswelt,<br />

also z.B. mit der realen Fischereiwirtschaft bzw. -politik, dem<br />

Natur- bzw. Artenschutz, mit ihren Handlungsoptionen als „Verbraucher“<br />

oder der Frage, wie wir kommunizieren und kooperieren müssten,<br />

um Naturkapital dauerhaft zu sichern. In der Originalversion wird das<br />

Systemverhalten am Computer errechnet 24 , davon abgesehen, spielt<br />

sich Fishbanks ganz überwiegend in der Interaktion der Teilnehmer<br />

bzw. zwischen Teilnehmern und Spielleiter ab. Es gibt zudem eine<br />

deutlich vereinfachte deutsche Version, die ohne Computer (und ohne<br />

die lizenzpflichtige Software) auskommt. Beide Versionen eignen sich<br />

für Gruppen von z.B. 20-25 Teilnehmern. Das Simulationsspiel ist bei<br />

LANGNER (<strong>2011</strong>e) ausführlicher beschrieben; OTT/DÖRING (2008, S.<br />

24. Ein solcher Computereinsatz ist meiner Meinung nach weit sinnvoller als bei vielen<br />

„Lernprogrammen“, in denen den Lernenden lediglich vorstrukturiertes Wissen<br />

dargeboten wird.<br />

123


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

261ff) bringen die Theorie der starken Nachhaltigkeit auf die Fischereiwirtschaft<br />

zur Anwendung.<br />

ecopolicy®: Den Klassiker von Frederic Vester gibt es als Brettspiel<br />

und als computergestütztes Spiel. Die Teilnehmer sollen ein Land nachhaltig<br />

regieren, sie haben dazu Ressorts wie Wirtschaft, Umwelt, Soziales<br />

und Bildung zu verwalten und können Aktionspunkte (welche für<br />

Geld und sonstige staatliche Interventionsmöglichkeiten stehen) auf<br />

diese Ressorts verteilen. Mit einem relativ einfachen Spielsystem (wenige<br />

Parameter) können anspruchsvolle Spielsituationen geschaffen<br />

werden. Eine transparente Gestaltung – vor allem bei der computergestützten<br />

Version – ermöglicht Einblicke hinter die Kulissen und fördert<br />

damit den Abgleich des simulierten Systems mit der Realität. Das Brettspiel<br />

ist für kleinere Gruppen (z.B. 4-6 Teilnehmer) ausgelegt, die computergestützte<br />

Version kann alleine gespielt werden, eignet sich aber<br />

auch als Grundlage für die Arbeit mit Gruppen. (LANGNER <strong>2011</strong>f)<br />

TriCO2olor: Bei dieser Simulation von UCS Ulrich Creative Simulations,<br />

myclimate und Ökozentrum Langenbruck kaufen die Spieler über<br />

einen längeren Zeitraum hinweg die Energie ein, die sie zum Leben<br />

brauchen. Sie können dabei entscheiden, ob sie die Vorräte an fossilen<br />

Energieträgern konsumieren, ob sie in Energieeffizienz investieren oder<br />

erneuerbare Energien einkaufen. Die Entscheidungen werden vor Ort<br />

am Spielbrett getroffen; die Auswirkungen dieser Entscheidungen auf<br />

Atmosphäre und Klima werden in einem online bereitgestellten Computersystem<br />

simuliert. Dabei sind die Spieler in Generationen aufgeteilt,<br />

das Spielset ist auf 4 Generationen mit je maximal 6 Spielern<br />

ausgelegt, und die Entscheidungen der älteren Generationen haben Auswirkungen<br />

auf die nachfolgenden Generationen. Dadurch werden die<br />

Nutzung des Naturkapitals und die intergenerationelle Gerechtigkeit<br />

sehr geschickt miteinander verbunden. (LANGNER <strong>2011</strong>g)<br />

Barreg-Tunnel-Spiel: Bei dieser Simulation von UCS Ulrich Creative<br />

Simulations geht es um die Verkehrsproblematik. Die Teilnehmer sind<br />

Berufspendler, die zwischen zwei Verkehrsmitteln wählen können, die<br />

Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf ihre Lebensqualität wird simuliert.<br />

Das Spiel kann mit einfachsten Mitteln in kurzer Zeit und in variablen<br />

Gruppengrößen durchgeführt werden. Um Ihnen das vorzustellen,<br />

wird hier auch die Anleitung abgedruckt.<br />

124


3.4 Beispielhafte Projekte / Lernarrangements<br />

Baregg-Tunnel-Spiel<br />

© Markus Ulrich, UCS Ulrich Creative Simulations, Zürich 1998<br />

(ucs@access.ch)<br />

Vorbereitung<br />

Für jeden Teilnehmenden (TN) je eine rotes und blaues Kärtchen,<br />

Format A6 (Postkartengrösse)<br />

Rahmenhandlung<br />

Geschichte schildern: Leben vor den Toren Zürichs (im Kanton Aargau),<br />

Arbeit in Zürich. Zeitprobleme. Arbeit, Familie, knappe Freizeit.<br />

Alternative: Zug (öffentl. Verkehr) oder Auto?<br />

Spielziel<br />

• Möglichst viele Punkte machen (gegenüber TN erwähnen)<br />

• Die „Tragödie der Allmende“ (Übernutzung gemeinsamer<br />

Güter, z. B. Fischfang, Luftqualität, etc.) unmittelbar<br />

erfahren (gegenüber TN erst bei der Auswertung direkt<br />

oder indirekt erwähnen)<br />

Regeln und Ablauf<br />

• An jedem Tag wählen die TN (TeilnehmerInnen), ob sie<br />

mit Zug oder Auto zur Arbeit fahren:<br />

Rot: Auto, Blau: Zug<br />

• Bei Beginn einer Runde, entscheidet jeder TN ohne<br />

Absprache mit den andern, ob er/sie mit dem Zug oder<br />

dem Auto zur Arbeit fahren will. Nach etwa 30 Sekunden<br />

fahren sie los, d.h. sie halten das Kärtchen mit der Farbe<br />

ihrer Wahl hoch. Der/die SpielleiterIn zählt aus und<br />

bestimmt, ob Stau entstanden ist.<br />

• Wenn mehr als 50% der PendlerInnen mit dem Auto fahren,<br />

so entsteht auf der Autobahn vor dem Baregg-Tunnel<br />

ein Stau und die AutofahrerInnen verlieren viel Zeit.<br />

Bemerkung: Die %-Hürde kann variiert werden (Z. B.<br />

Stau ab 30% per Auto).<br />

125


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

• In jeder Runde gewinnen die TN Punkte. Diese bedeuten<br />

„Lebensqualität“ oder „Zeitgewinn“.<br />

Jeder TN erhält je nach Ausgang der Runde und seiner/<br />

ihrer Wahl Punkte:<br />

Auto mit Stau 0 Punkte<br />

Auto ohne Stau: 15 Punkte<br />

Zug: 5 Punkte<br />

• Insgesamt werden je nach Spielverlauf 3 bis 5 Runden<br />

gespielt. Danach erfolgt das „Debriefing“.<br />

Debriefing (Auswertung nach Simulationsspiel)<br />

• Fragen zu Gefühlen, Verhalten und Verständnis der Charakteristik<br />

des dargestellten Systems (Allmende-Tragödie).<br />

• Weitere Hinweise finden sich in den Anleitungen zu den<br />

Spielen "The New Commons Game" und "Stratagem".<br />

Diese Spiele sind bei UCS erhältlich (ucs@access.ch).<br />

Weitergabe des Baregg-Tunnel-Spiels<br />

Diese Spielbeschreibung darf frei kopiert und weitergegeben werden,<br />

unter der Bedingung, dass:<br />

• keine kommerzielle Verwertung stattfindet,<br />

• der folgende Copyright-Hinweis mit E-Mail-Addresse<br />

auf sämtlichen Kopien sichtbar ist:<br />

© Markus Ulrich, UCS Ulrich Creative Simulations,<br />

Zürich 1998 (ucs@access.ch)<br />

Grundlegungen<br />

Besonders die ersten drei Simulationsspiele eignen sich sehr gut dafür,<br />

die Theorie der starken Nachhaltigkeit zu veranschaulichen.<br />

Bei Fishbanks Ltd. und TriCO2lor nutzen die Spieler Naturkapital. Wenn<br />

sie sich dabei nur an kurzfristigen ökonomischen Profiten orientieren,<br />

führt das schnell zum Kollaps natürlicher Systeme. Die Folge ist, dass<br />

die wirtschaftliche Tätigkeit zum Erliegen kommt (Fishbanks Ltd. ), bzw.<br />

die nachfolgenden Generationen ihrer Chancen auf ein gutes Leben beraubt<br />

werden (beide Spiele, aber bei TriCO2lor ist das der Fokus). Fishbanks<br />

Ltd. eignet sich auch, um auszuprobieren, wie eine nachhaltige<br />

Nutzung lebendiger Fonds funktionieren kann, d.h. welche Nutzungsraten<br />

möglich sind, wie man die entsprechend notwendigen Erkenntnisse<br />

gewinnen und wie man Lasten und Nutzen zwischen den am Markt kon-<br />

126


3.4 Beispielhafte Projekte / Lernarrangements<br />

kurrierenden Akteuren gerecht und tragfähig verteilen kann. TriCO2lor<br />

hingegen wird eher langweilig, wenn die Spieler einen nachhaltigen<br />

Entwicklungspfad einschlagen.<br />

Bei ecopolicy ® stehen die Spieler vor der Frage, inwieweit sie im Rahmen<br />

ihrer Regierungstätigkeit in Sach-, Natur-, Sozial- oder Humankapital<br />

investieren wollen. Sie merken schnell, dass alleine die Stärkung<br />

der Wirtschaftskraft nicht zu gesellschaftlicher Wohlfahrt führt; von<br />

dieser Erkenntnis bis zu der Fähigkeit, das System nachhaltig zu steuern,<br />

ist es dann aber oft ein langer Weg, bei dem die Beziehungen zwischen<br />

den verschiedenen Parametern des Spielsystems (den Bereichen<br />

der Gesellschaft) verstanden und genutzt werden müssen.<br />

Das Barregg-Tunnel-Spiel greift Beziehungen zwischen Umweltverhalten<br />

und Lebensqualität auf einer wesentlich einfacheren und weniger<br />

existenziellen Ebene auf.<br />

Aber nicht nur wegen ihrer Themen, sondern auch wegen der Art des<br />

Lernens passen diese Simulationsspiele in das Konzept der <strong>BNE</strong>. Die<br />

Spieler stehen in engen Wechselwirkungen miteinander – so z.B. innerhalb<br />

eines jeden Fischereiunternehmen (Fishbanks Ltd. ) oder innerhalb<br />

einer jeden Generation (TriCO2lor) oder auch von Unternehmen zu Unternehmen<br />

bzw. von Generation zu Generation. In diese Beziehungen<br />

eingebunden, konstruieren sie – teils in erklärter Konkurrenz zueinander,<br />

teils in gemeinsamem Interesse – ihr Wissen über die Spielsysteme.<br />

Dazu müssen sie sich austauschen, Hypothesen über das Spielsystem<br />

entwickeln und prüfen, verhandeln, Strategien abgleichen, sowie ggf.<br />

gemeinsame Werte finden und Regeln für nachhaltige Entwicklungspfade<br />

aushandeln.<br />

Aus dieser Perspektive gehört eine nachträgliche Reflexion des Spielgeschehens<br />

untrennbar mit zu dem Lernarrangement, und aus dieser<br />

Perspektive wurden oben auch nur Simulationsspiele vorgestellt, die in<br />

Gruppen gespielt werden (können).<br />

Exkurs: Konstruktivistische Lerntheorien<br />

Der Konstruktivismus entwickelte sich seit Ende der 80er Jahre des<br />

20. Jahrhunderts als ein interdisziplinärer Forschungsbereich, der die<br />

Arbeitsweise menschlicher Kognition untersucht, ohne eine einheitliche<br />

Theorie hervorzubringen. Aus (radikal) konstruktivistischer<br />

Sicht wird das Gehirn als ein informationell geschlossenes System<br />

angesehen, mit dem der Mensch selbst sein Wissen aus eingehenden<br />

Informationen konstruiert.<br />

127


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Andere konstruktivistische Theorien lehnen eine ausschließlich auf<br />

das Individuum bezogene Perspektive ab und beziehen die sozialen<br />

Interaktionen mit ein. Beispielhaft soll dies anhand der konstruktivistischen<br />

Didaktik nach REICH (2004) skizziert werden.<br />

Demnach ist der Mensch bei der Konstruktion von Wissen nicht völlig<br />

frei, sondern an die Vorverständigungen seiner Kultur gebunden.<br />

Folgt man REICH (2004, S. 75), so gibt es damit kein universell gültiges<br />

Wissen sondern „nach- und nebeneinander mehrere »richtige<br />

Versionen« von Welten“. Wissen als Konstrukt des einzelnen Menschen<br />

kann „...als veränderlich, unabgeschlossen und auch fehlbar<br />

angesehen werden .... Das Lernen kann also keine reinen Wahrheiten<br />

auf Dauer abbilden...“ (REICH 2004, S. 161). REICH führt statt dessen<br />

u.a. folgende Grundannahmen über das Lernen an (ebd.):<br />

Lernen ist konstruktiv: „Wir sind die Erfinder unserer Wirklichkeit.“<br />

(ebd. S. 141) Lernen ist dabei an Handeln gebunden, Wissen<br />

wird grundsätzlich in Handlungen erworben (ebd. S. 69). Damit ist<br />

nicht nur Learning by doing gemeint – auch beim Lesen eines Textes<br />

oder beim Hören eines Vortrages setzen die Lernenden (mindestens)<br />

die aufgenommenen Informationen in Beziehung zum Lernkontext<br />

oder zu ihrem Vorwissen und konstruieren damit ihr Wissen aktiv.<br />

Der interaktionistische Konstruktivismus postuliert, dass wir in unseren<br />

Konstruktionen nicht völlig frei sind – wir sind vielmehr in Beobachtungen,<br />

Teilnahmen und Aktionen u.a. an kulturell vermittelte<br />

Vorverständigungen gebunden. Didaktische Prozesse laufen dabei<br />

auf den drei Ebenen der sinnlichen Gewissheit, der Konventionen<br />

oder der Diskurse ab (ebd. S. 69ff).<br />

Lernen ist re- und dekonstruktiv: „Wie sind die Entdecker unserer<br />

Wirklichkeit.“ (ebd. S. 142) bzw. „Es könnte auch noch anders sein!<br />

Wir sind die Enttarner unserer Wirklichkeit!“ (ebd. S. 143). Dabei ist<br />

selbst die Rekonstruktion mehr als bloße Abbildung von vorgegebenem<br />

Wissen – dieses wird vielmehr vom Lernenden modifiziert, eben<br />

re-konstruiert (ebd. S.165). Die konstruktivistische Didaktik erkennt<br />

die Rekonstruktionen als notwendig an (ebd. S. 252), will diese aber<br />

auf ein Mindestmaß beschränken (ebd. S. 141-143). Dekonstruktion<br />

meint, vorgegebene Wissensbestände infrage zu stellen, Auslassungen<br />

und mögliche andere Blickwinkel zu thematisieren (ebd. S. 143-<br />

144).<br />

128


3.4 Beispielhafte Projekte / Lernarrangements<br />

Lernen ist sozial (ebd. S. 171ff): Einerseits zielt Lernen auf Teilhabe<br />

an der Gesellschaft, so auf die Fähigkeit, sich anderen verständlich zu<br />

machen und sich zurechenbar zu verhalten. Andererseits erfordert<br />

Lernen die Teilnahme an Verständigungsgemeinschaften, die Rekonstruktion<br />

von Normen und kulturellem Hintergrundwissen. Weil<br />

Lernen sozial ist, gehören Inhalte und Beziehungen in Lehr-/Lernprozessen<br />

untrennbar zusammen und sind Kommunikation und Dialoge<br />

Grundlagen für Lernen (ebd. S. 52ff).<br />

Lernen ist situiert: „Menschliche Kognitionen entstehen zwischen<br />

intelligenten Individuen in sozialhistorisch definierten Kontexten, in<br />

denen sie miteinander interagieren.“ (ebd. S. 180) Didaktik muss daher<br />

die Situationen, in denen Lernende stehen, einbeziehen. So werden<br />

Handlungen weit stärker durch Kontexte bestimmt als durch<br />

Pläne, Strategien oder Konstruktionen (S. 181). Das führt dazu, Lernen<br />

als gemeinsame partizipative Praxis zu arrangieren, z.B. in Untersuchungen,<br />

Beobachtungen, Forschungen, in Evaluationen und in<br />

Diskursen (ebd. S. 183). Nach HÄUSLER (2004, S. 69-70) wird unter<br />

der Prämisse des situierten Lernens die Auswahl und Gestaltung von<br />

Lernorten und Lernumgebungen wichtig, zudem sollte die Lerngruppe<br />

selbst als Ressource für den Lernprozess genutzt werden. Situiertes<br />

Lernen erfordert damit – wie auch soziales Lernen –<br />

Kommunikation und Kooperation der Lernenden.<br />

Bei den hier vorgestellten Simulationsspielen geht es im Kern darum,<br />

aufzuzeigen, dass eine nachhaltige Entwicklung gestaltbar ist. Je nach<br />

den Entscheidungen, welche die Teilnehmer im Spielverlauf treffen,<br />

wird eine nachhaltige Entwicklung in dem betrachteten Ausschnitt aus<br />

der Realität erzielt – oder auch nicht. Es kann dabei pädagogisch sinnvoll<br />

und erwünscht sein, dass die Teilnehmer (zunächst) scheitern und<br />

das Spielsystem kollabiert – dies kann ein Bewusstsein dafür wecken,<br />

zu welchen Konsequenzen die Fortschreibung aktueller Entwicklungstendenzen<br />

in der realen Welt führen würde. Genauso sinnvoll und erstrebenswert<br />

ist aber auch ein Spielverlauf, bei dem sich die Teilnehmer<br />

der Gefahren bewusst werden und Wege (Entscheidungen, Regeln,<br />

Übereinkünfte) zu einer nachhaltigen Entwicklung finden. – Der Spielleiter<br />

wird nicht versuchen, einen dieser denkbaren Spielverläufe vorzugeben<br />

– das Spielergebnis soll ein Ergebnis der Teilnehmer sein.<br />

Ziele und<br />

Kompetenzen<br />

Inwieweit solche Simulationsspiele die Gestaltungskompetenz fördern,<br />

muss offen bleiben; das liegt nicht nur an fehlenden Untersuchungen<br />

sondern auch daran, dass der Kompetenzzuwachs aus einem maximal<br />

einen halben Tag umfassenden Lernarrangement realistisch als gering<br />

bezeichnet werden muss. Immerhin können die Simulationsspiele dazu<br />

129


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

beitragen, die Notwendigkeit von Kompetenzen für eine nachhaltige<br />

Entwicklung zu veranschaulichen. Insofern liegen z.B. folgende Bezüge<br />

zur Gestaltungskompetenz nach RIECKMANN (2010) nahe:<br />

• Kompetenz zu Empathie und Perspektivenwechsel: Die<br />

Teilnehmer können hier Rollen übernehmen, die ihnen im<br />

täglichen Leben verwehrt sind. Bei TriCO2lor spielt die<br />

Empathie für die künftigen Generationen eine Rolle.<br />

• Kompetenz zum vorausschauenden Denken: Um erfolgreich<br />

zu sein, müssen die Teilnehmer lernen, die künftigen Reaktionen<br />

des Systems auf ihre Entscheidungen und auf die<br />

(zunächst unbekannten) Entscheidungen der Mitspieler vorauszusehen<br />

und geeignete Strategien zu entwickeln.<br />

• Kompetenz zum interdisziplinären Arbeiten: Wissen aus der<br />

Ökonomie muss z.B. mit Wissen aus den Naturwissenschaften<br />

verknüpft werden, um zu tragbaren Entscheidungen zu<br />

kommen.<br />

• Kompetenz zur Zusammenarbeit in (heterogenen) Gruppen:<br />

Sofern die Simulationen in Teams gespielt werden, muss<br />

jeder seine ganze Persönlichkeit in sein Team einbringen.<br />

Unterschiedliche Sichtweisen, Hypothesen und Ideen müssen<br />

letztlich zu einer Entscheidung des Teams gebündelt<br />

werden. Auch bei Simulationen, in denen Einzelne gegeneinander<br />

antreten (Barreg-Tunnel-Spiel) kann eine Kooperation<br />

aller sinnvoll sein.<br />

Didaktik und<br />

Methoden<br />

Bei den hier vorgestellten Simulationsspielen werden soziale bzw. natürliche<br />

Systeme simuliert. Dabei werden Schlüsselthemen der Nachhaltigkeit<br />

aufgegriffen. Die Teilnehmer treten in das simulierte System<br />

ein und agieren dort folgenreich in Wechselwirkung mit anderen Teilnehmern.<br />

Damit erfahren sie den im Spielsystem ausgewählten Ausschnitt<br />

aus der Wirklichkeit sehr direkt.<br />

In dem geschützten Rahmen der Planspiele können Lernende sich auf<br />

komplexe praktische Situationen vorbereiten. Sie können mit dem<br />

Lerngegenstand aktiv experimentieren – so wie es in der Realität nicht<br />

möglich (nicht erlaubt, ethisch nicht vertretbar) wäre. Sie können Entscheidungen<br />

treffen, Risiken eingehen und dabei die Konsequenzen<br />

wahrnehmen, aber daran keinen Schaden nehmen.<br />

Die Simulationen können bei Bedarf angehalten, wiederholt, oder variiert<br />

– und damit an das Lerntempo der Teilnehmer angepasst – werden.<br />

Planspiele wecken – wie generell Spiele – in der Regel eine intrinsische<br />

Lernmotivation. Spiele aktivieren; sie sind unmittelbare Eigentätigkeit<br />

130


3.4 Beispielhafte Projekte / Lernarrangements<br />

der Lernenden. Die Bewältigung spielerischer Herausforderungen kann<br />

das gesamte menschliche Auffassungsvermögen beanspruchen, genaue<br />

Beobachtung und Wahrnehmung und rasche Verarbeitung des Wahrgenommenen<br />

fördern. Spiele erlauben es, eine vom Ich verschiedene Rolle<br />

einzunehmen. In der Rolle kann es der Spieler ggf. leichter lernen,<br />

Konflikte zu bearbeiten, zu verlieren, Regeln wahrzunehmen und einzuhalten;<br />

er kann Ausdauer und taktisches Verhalten entwickeln oder<br />

seine Frustrationstoleranz steigern. (LANGNER 2005)<br />

Eine didaktisch fruchtbare Nutzung der Simulationsspiele erfordert es,<br />

dass der eigentlichen Spielphase eine Einführung vorangeht und dass<br />

sich eine Auswertung anschließt, welche letztlich die wichtigste Phase<br />

ist.<br />

Simulierte Systeme sind keine realen Systeme, und sie reagieren damit<br />

nur so realitätsnah wie sie programmiert wurden. Die Ergebnisse sollten<br />

nicht als absolute Wahrheiten missverstanden, sondern vielmehr auch<br />

als Anlass zu einer kritischen Reflexion des Spielsystems genutzt werden.<br />

Besonders ecopolicy ® fordert diese Reflexion heraus, aber auch<br />

bei Fishbanks Ltd sollte sie Bestandteil der Auswertung sein.<br />

Tabelle 6: Simulationsspiele als konstruktivistische Lernumgebungen<br />

Merkmale konstruktivistischer Ausgewählte Merkmale von Simulationsspielen<br />

Lernumgebungen (JONASSEN<br />

1994)<br />

Repräsentation der Komplexität<br />

der Welt, Vermeidung von Vereinfachungen<br />

Die Simulationsspiele repräsentieren z.B. die komplexe<br />

Nutzung von Naturkapital durch die Menschen.<br />

Sie reduzieren diese Komplexität auf wenige<br />

Authentische Aufgabenstellungen<br />

im bedeutungsvollen Kontext<br />

Unterstützung der Wissenskonstruktion<br />

– nicht der Wissensreproduktion<br />

Parameter, ohne dabei simpel zu werden.<br />

Die Teilnehmer werden mit Aufgaben wie der Führung<br />

eines Unternehmens (Fishbanks Ltd ) oder eines<br />

Staates (ecopolicy ® ) betraut. Der Spielleiter kann<br />

die Authentizität zusätzlich erhöhen, z.B. indem er<br />

den Raum passend gestaltet und die Teilnehmer<br />

ihrer Rolle entsprechend – und nicht als Lernende –<br />

behandelt.<br />

Außer einer Einführung in die Rollen wird nichts<br />

vorgegeben. Die Teilnehmer agieren im Spiel zielorientiert<br />

(jeder will gewinnen) aufgrund von<br />

Hypothesen über die Auswirkungen ihres Handelns<br />

und über das Handeln der Mitspieler, die sie sich in<br />

Ermangelung von vorgegebenen Informationen bilden<br />

(müssen). Diese werden im Spielverlauf aufgrund<br />

eingehender Informationen weiterentwickelt.<br />

131


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Befähigen zur Reflexion von<br />

Erfahrungen<br />

Unterstützen multiple Repräsentationen<br />

der Realität<br />

Unterstützen durch Anregungen<br />

zur sozialen Aushandlung eine<br />

kollaborative Wissenskonstruktion<br />

(anstelle der wettbewerbsorientierten<br />

Optimierung von<br />

Behaltensleistungen)<br />

Bieten Lernkontexte, die realen<br />

oder fallbasierten Umgebungen<br />

nahe kommen. Keine vorab festgelegten<br />

Instruktionssequenzen<br />

Fördern kontext- und inhaltsbezogene<br />

Wissenskonstruktion<br />

Eine anschließende Reflexion ist untrennbarer<br />

Bestandteil aller Simulationsspiele in der <strong>BNE</strong>.<br />

Welche Aspekte und Ebenen dabei berührt werden,<br />

wird der Spielleiter u.a. anhand der Zielgruppe und<br />

der Lernziele festlegen.<br />

Die Realität wird mit den Rollen und Spielregeln,<br />

mit den Spielutensilien (z.B. Spielplan, Geld, etc.)<br />

sowie mit Angaben zum Systemverhalten (z.B.<br />

Darstellung von Entwicklungen als Diagramm)<br />

repräsentiert. Im Mittelpunkt stehen jedoch die<br />

sozialen Interaktionen der Teilnehmer, so dass diese<br />

mentale Repräsentationen der Realität aufbauen<br />

können, welche auch Argumente und Gegenargumente,<br />

Erfahrungen, Emotionen etc. mit einschließen.<br />

Soweit in den Simulationsspielen Teams gegeneinander<br />

antreten (Fishbanks Ltd ), werden die o.g.<br />

Hypothesen in diesen Teams erarbeitet. Es ist<br />

zudem möglich, dass Teams miteinander kooperieren<br />

und dazu Regeln (für den gemeinsamen Erfolg<br />

und für eine nachhaltige Entwicklung des Spielsystems)<br />

aushandeln.<br />

Jedes Simulationsspiel beginnt mit einer kurzen<br />

Instruktionssequenz, bei der die Teilnehmer in ihre<br />

Rollen eingeführt werden. Im Spiel wird dann Handeln<br />

in der realen Welt simuliert.<br />

Die Teilnehmer machen sich z.B. in der Reflexionsphase<br />

Gedanken darüber, inwieweit das Spielsystem<br />

die Realität abbildet und wie eine nachhaltige<br />

Entwicklung in den realen Systemen gefördert werden<br />

kann.<br />

Rahmenbedingungen<br />

Voraussetzung für die Nutzung der hier vorgestellten Simulationen<br />

bzw. Planspiele ist es in der Regel, dass ein Spielset gekauft wird. Dieses<br />

umfasst z.B. ein Computerprogramm, Spielmaterialien, Anleitungen<br />

für den Spielleiter und Hintergrundinformationen für die<br />

Einführung bzw. die Reflexionsphase. Einige einfache Spielsets gibt es<br />

auch kostenlos.<br />

Nach meiner Erfahrung sind die vorgegebenen Spielsets in aller Regel<br />

nicht zum sofortigen Einsatz in einem konkreten Lernarrangement geeignet.<br />

Der Spielleiter muss sich auf seine Rolle vorbereiten, dabei wird<br />

er das Spiel an seine Bedürfnisse (Zielgruppe, Kontext, persönlicher<br />

Stil...) anpassen. So kann es z.B. sinnvoll oder notwendig sein, Spielmaterialien<br />

aus dem Englischen ins Deutsche zu übersetzen, Materialien<br />

für die Teilnehmer oder Spielpläne ansprechender zu gestalten oder ei-<br />

132


3.5 Zwischenbilanz<br />

ne eigene zielgruppengerechte Strategie für die Moderation der Reflexionsphase<br />

zu erarbeiten. In Einzelfällen können sogar Veränderungen<br />

am Spielsystem erforderlich sein (LANGNER <strong>2011</strong>g).<br />

Die hier vorgestellten Spiele erfordern mindestens einen halben Tag<br />

(das Baregg-Tunnel-Spiel ca. eine halbe Stunde). Angaben zu den<br />

Gruppengrößen wurden bereits gemacht. Eine unabdingbare Voraussetzung<br />

sind ausreichend große Räume mit beweglichem Mobiliar.<br />

3.5 Zwischenbilanz<br />

Der DEUTSCHE BUNDESTAG (2000) fasste einen Beschluss „Bildung für<br />

eine nachhaltige Entwicklung“. Darin erteilte er der Bundesregierung<br />

u.a. den Auftrag, einmal pro Legislaturperiode einen Bericht zu <strong>BNE</strong> zu<br />

erstellen. Bislang sind drei Berichte entstanden (BUNDESMINISTERIUM<br />

FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2002 und 2009 sowie DEUTSCHER<br />

BUNDESTAG 2005) 25 . Die Berichte geben Auskunft über:<br />

• Rahmenbedingungen der <strong>BNE</strong><br />

• Entwicklungen in den Bildungsbereichen<br />

• Aktivitäten der Bundesregierung und der einzelnen Ressorts<br />

• Aktivitäten der Länder<br />

• Stiftungswesen<br />

• sonstige Aktivitäten (Bildungsnetzwerke und Wettbewerbe).<br />

Die Berichte stellen auf aktuellem Stand zahlreiche Programme, Projekte<br />

und Maßnahmen vor, die z.B. für Ihre eigenen <strong>BNE</strong>-Aktivitäten<br />

(Auftragsakquisition, Partnerschaften etc.) interessant sein können.<br />

Das BMBF bemüht sich um eine Einordnung und Definition der <strong>BNE</strong>;<br />

die zu Beginn des Kapitels 3 zitierte <strong>BNE</strong>-Definition stammt aus diesem<br />

Bericht. Zudem betont das BMBF: „Partizipation ist als grundlegendes<br />

Element nachhaltiger Entwicklung und einer Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung zu begreifen.“ (BUNDESMINISTERIUM FÜR<br />

BILDUNG UND FORSCHUNG 2002, S.5)<br />

Als wichtige Rahmenbedingung wird die Einbindung deutscher <strong>BNE</strong>-<br />

Aktivitäten in globale Strukturen und Organisationen besprochen (vgl.<br />

Kapitel 3.1.2 in diesem <strong>Lehrbrief</strong>). Die UN-Dekade zur <strong>BNE</strong> (vgl. Kapitel<br />

3.2.3) wird gewürdigt. Gesellschaftliche Akteure in Deutschland<br />

Einordnung und<br />

Definition der Bildung<br />

für nachhaltige<br />

Entwicklung<br />

Rahmenbedingungen<br />

für die <strong>BNE</strong><br />

25. Sie finden die Berichte als PDF-Dokumente auf Stud.IP unter Modul 1 / Dateien.<br />

133


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

werden kurz vorgestellt. (BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND<br />

FORSCHUNG 2009, S. 8-16)<br />

<strong>BNE</strong> in den<br />

Bildungsbereichen<br />

Elementarpädagogik<br />

Das BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG (2002, S.<br />

16-17) vertritt die Auffassung, dass die im Orientierungsrahmen zur<br />

<strong>BNE</strong> (BLK 1998) formulierten Gestaltungsgrundsätze auch für Kindertagesstätten<br />

Bedeutung hätten. Es verweist darauf, dass die gesamte Jugendhilfe<br />

von einer großen Vielfalt weitgehend autonomer Träger<br />

geprägt sei; das könnte auf einen Grund hinweisen, der eine systematische<br />

Verbreitung der <strong>BNE</strong> in der frühkindlichen Bildung erschwert.<br />

Die „naturnahe Gestaltung der Außenflächen, Beiträge zum Energiesparen,<br />

spielzeugfreie Phasen“ werden vom BMBF (ebd.) als „Innovationen<br />

im Kontext der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“<br />

gewürdigt; diese gehen aber bis dato „auf das persönliche Engagement<br />

der Teammitglieder in einzelnen Einrichtungen zurück.“ Ferner wird<br />

auf die bundesweit ca. 50 Wald- und Naturkindergärten verwiesen, „die<br />

jeweils zehn bis 20 Kinder betreuen“ (ebd.). – Es kann eingeschätzt<br />

werden, dass der somit im Jahr 2002 dokumentierte Stand weder eine<br />

konzeptionelle Weiterentwicklung von der Umweltbildung zur <strong>BNE</strong><br />

noch eine breite Implementation belegt.<br />

Immerhin kann das BMBF (ebd.) auch auf wenige Ansätze verweisen,<br />

die über die klassische Umweltbildung hinausgehen, und zwar auf die<br />

Arbeiten von<br />

• Ökoprojekt MobilSpiel zur Umsetzung der ökologischen<br />

Kinderrechte (KREUZINGER/UNGER 1999)<br />

• dem Staatsinstitut für Frühpädagogik in München zu<br />

Agenda 21 und Umweltbildung in Kindertagesstätten (REI-<br />

DELHUBER 2000)<br />

• der Universität Lüneburg zur Integration der <strong>BNE</strong> in die<br />

Ausbildung von Erzieherinnen und Erzieher (STOLTEN-<br />

BERG/SCHUBERT 2000).<br />

Sieben Jahre später beschreibt das BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG<br />

UND FORSCHUNG (2009, S. 17) den Stand so: Drei 26 Maßnahmen im<br />

Nationalen Aktionsplan zur UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“<br />

2005-2014 betreffen den Elementarbereich, darunter nur eine<br />

mit bundesweitem Horizont. Bislang wurden ca. 40 Projekte aus dem<br />

Elementarbereich als offizielle Dekade-Projekte ausgezeichnet. Das<br />

BMBF verweist ferner auf Maßnahmen in den Bundesländern, dazu<br />

sind aber in dem Teil des Berichts, der die Aktivitäten jedes einzelnen<br />

26. Inzwischen – Sommer <strong>2011</strong> – sind es fünf Maßnahmen, siehe DEUTSCHE UNESCO-<br />

KOMMISSION o.J.a<br />

134


3.5 Zwischenbilanz<br />

Bundeslandes vorstellt, keine substanziellen Informationen enthalten.<br />

(ebd.) – Wenn man berücksichtigt, dass der Nationale Aktionsplan ca.<br />

70 Maßnahmen umfasst und bislang über 1.000 Dekade-Projekte ausgezeichnet<br />

wurden, dann ist die frühkindliche Bildung in der <strong>BNE</strong> nach<br />

wie vor eindeutig unterrepräsentiert. Dem BMBF ist das bewusst, es<br />

gibt allerdings zu bedenken, „dass in den letzten Jahren zahlreiche Projekten<br />

angestoßen wurden, die als Maßnahmen für Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung gesehen werden können, aber von den Initiatoren<br />

selbst nicht in diesen Kontext gestellt werden.“ (ebd.)<br />

Der Schule wird eine zentrale Rolle in der <strong>BNE</strong> zugewiesen. Es wird<br />

eingeschätzt, dass Umweltbildung fest in der Schule verankert ist, sowohl<br />

in den Rahmenrichtlinien als auch in der Bildungspraxis. Die<br />

BLK-Modellprogramme (vgl. Kap. 3.2.2) werden ebenso gewürdigt<br />

wie die bundesweit ca. 190 „Umweltschulen in Europa“ 27 , die ca. 470<br />

GLOBE-Schulen und die UNESCO-Projektschulen. Auch die hohe<br />

Zahl von ca. 120 „Dekade-Projekten“ aus Schulen sei sehr erfreulich.<br />

(BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2009, S. 18)<br />

Schulische Bildung<br />

Allerdings wird über die Verankerung der <strong>BNE</strong> in den Rahmenplänen<br />

nichts gesagt. DE HAAN (2010, S. 29) kritisiert, „wie selten <strong>BNE</strong> – mit<br />

Ausnahme des Faches Geografie – in den Lehrplänen oder auch in den<br />

Bildungsstandards der Schulfächer näher konkretisiert wird.“ Er sieht<br />

das darin begründet, dass die Nachhaltigkeitswissenschaft „interdisziplinär<br />

und problemorientiert ausgerichtet“ sei, <strong>BNE</strong> solle daher besser<br />

als „Handlungsfeld“ verstanden und Fächer übergreifend organisiert<br />

werden (ebd.).<br />

LANGNER (<strong>2011</strong>h) belegt dazu, bezogen auf das Themengebiet Klimaschutz<br />

und basierend auf einer Sichtung der Rahmenpläne der Länder<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen sowie Schleswig-<br />

Holstein, dass nahezu alle Unterrichtsfächer spezifische Beiträge zu einem<br />

solchen Handlungsfeld <strong>BNE</strong> leisten können.<br />

Auch die Verbesserung der allgemeinen Bildung wird als Aufgabe im<br />

Sinne der <strong>BNE</strong> gesehen (DEUTSCHER BUNDESTAG 2005, S. 13). Stichworte<br />

sind u.a. die (zu erhöhende) Bildungsqualität sowie der (zu überwindende)<br />

Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und<br />

Bildungschancen bzw. -erfolg von Schülern. Ganztagsschulprogramme<br />

sollten als Rahmen für <strong>BNE</strong> genutzt werden.<br />

Hier sieht die Bundesregierung große Fortschritte. Es wird betont, dass<br />

eine wachsende Zahl von Unternehmen die nachhaltige Entwicklung<br />

Berufliche Aus- und<br />

<strong>Weiterbildung</strong><br />

27. Hier negiert der Bericht leider andere ähnlich gelagerte Aktivitäten wie die<br />

„Zukunftsschule Schleswig-Holstein“ oder die „Schule der Zukunft“ in Nordrhein-<br />

Westfalen.<br />

135


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

als Chance begreift, diese in das betriebliche Management integriert<br />

und sich auch entsprechend in der Aus- und <strong>Weiterbildung</strong> engagiert.<br />

Das BMBF hat diese Entwicklung mit Modellversuchen unterstützt,<br />

zahlreiche Ergebnisse sind auf dem Internetportal www.bibb.de/nachhaltigkeit<br />

veröffentlicht. (BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND<br />

FORSCHUNG 2009, S. 20-21)<br />

Hochschule<br />

„Aktuell gibt es an zahlreichen Hochschulen Studienangebote, in denen<br />

Fragestellungen einer nachhaltigen Entwicklung behandelt werden.“<br />

(BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2009, S. 19)<br />

Dabei überwiegen Studiengänge mit nachhaltigkeitsrelevanten Themenschwerpunkten<br />

ganz eindeutig gegenüber z.B. reinen Nachhaltigkeitsstudiengängen.<br />

Eine Zahl von bislang 60 Dekade-Projekten<br />

belege, dass sich Hochschulen zunehmend in diesem Bereich engagieren<br />

würden.<br />

Im Bericht 2002 wurde noch betont, es gäbe Ansätze, den Umweltschutz<br />

z.B. mit Instrumenten wie dem Öko-Audit, der Ökobilanzierung<br />

oder Umweltbeauftragten in Hochschulen zu integrieren; vergleichbare<br />

Entwicklungen hin zu einer „nachhaltigen Hochschule“ bedürften hingegen<br />

weiterer Entwicklungsanstrengungen. (BUNDESMINISTERIUM<br />

FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2002) Im dritten Bericht von 2009 wird<br />

dieser interessante Aspekt leider nicht mehr thematisiert.<br />

Exkurs: Ein Blick in die Welt<br />

Für die internationale Ebene sei z.B. auf die bereits 1990 verabschiedete<br />

„Talloires-Erklärung“ verwiesen, in der sich Universitäten u.a.<br />

dazu verpflichten „eine Führungsrolle in der Stärkung des Bewusstseins<br />

für ökologische Herausforderungen einzunehmen, das Umweltwissen<br />

an der gesamten Hochschule zu verbessern und den<br />

Universitätsbetrieb so zu verändern, dass seine Umweltauswirkungen<br />

minimiert werden.“ (ORR 2010, S. 130; vgl. auch ULSF o.J.) Die<br />

Erklärung wurde bislang von über 350 Universitäten in 40 Ländern<br />

unterzeichnet (ebd.).<br />

ORR (ebd., S. 132) hatte im Jahr 2000 einen ersten Aufruf für CO 2 -<br />

neutrale Universitäten (in den USA) publiziert. Bis Sommer <strong>2011</strong> haben<br />

sich 667 Colleges bzw. Universitäten angeschlossen, 402 von ihnen<br />

haben bereits eigene Klimaaktionspläne verabschiedet<br />

(ACUPCC o.J.).<br />

ORR (ebd., S. 131) kritisiert, dass im Zeitraum 2001-2008 in den<br />

USA das Bildungsangebot der Hochschulen in Sachen Nachhaltigkeit<br />

eher ab- als zugenommen habe.<br />

136


3.5 Zwischenbilanz<br />

Mit Verweis auf Daten aus 1998 und 1999 (GIESEL/DE HAAN/RODE/<br />

SCHRÖTER/WITTE 2001 und DE HAAN/GIESEL/RODE 2002) wird ein<br />

umfangreiches Angebot der außerschulischen Umweltbildung konstatiert.<br />

Die ca. 4.600 Einrichtungen bundesweit weisen 25 bis 27 Millionen<br />

Teilnehmerstunden jährlich auf. Für die entwicklungspolitische<br />

Bildung liegen keine vergleichbaren Daten vor, hier wurden aber zumindest<br />

zentrale Themenschwerpunkte wie z.B. Umwelt und Entwicklung,<br />

Menschenrechte, Migration, Zukunft der Arbeit sowie<br />

Globalisierung und Weltwirtschaft ermittelt. Ausdrücklich wird der<br />

Mobilisierungseffekt großer entwicklungspolitischer Kampagnen gewürdigt.<br />

Auf die überwiegend ehrenamtlichen Strukturen, besonders im<br />

Bereich der entwicklungspolitischen Bildung wird verwiesen. Zudem<br />

wird betont, dass auch dieser Bereich sich der Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung öffnet. (BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FOR-<br />

SCHUNG 2002)<br />

<strong>Weiterbildung</strong> und<br />

außerschulische<br />

Bildung<br />

Exkurs: „Rettet den Regenwald“ als Beispiel für <strong>BNE</strong>-relevante<br />

Kampagnen<br />

Kampagnen können ein geeignetes Mittel sein, um der Nachhaltigkeit<br />

dienende Entscheidungen z.B. in Regierungen oder Unternehmen<br />

zu erzwingen.<br />

Rettet den Regenwald! ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in<br />

Hamburg, welcher seit 1986 aktiv ist. Der Verein setzt sich für den<br />

Erhalt der Regenwälder, ihre Bewohner und soziale Reformen in den<br />

betroffenen Regionen ein. (RETTET DEN REGENWALD o.J.) Mit seinen<br />

einzelnen Aktionen und Kampagnen will der Verein erreichen<br />

dass<br />

• Nationalregierungen den Regenwald und ihre Bewohner<br />

vor der an kurzfristigen Profiten interessierten Ausbeutung<br />

schützen,<br />

• Politiker und andere Entscheider in Deutschland und<br />

anderen Industrieländern darauf Einfluss nehmen (z.B.<br />

mit politischem Druck, bei der Kreditvergabe, durch ihr<br />

Importverhalten),<br />

• Menschen in Deutschland verantwortlich leben und konsumieren<br />

und ihre Stimme gegen die Zerstörung des<br />

Regenwaldes erheben,<br />

• Einwohner der Regenwälder die Chance auf ein selbstbestimmtes<br />

Leben bekommen.<br />

137


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Der Verein initiiert Protestkampagnen gegen einzelne konkrete Projekte<br />

des Raubbaus (z.B. umweltzerstörende Ausbeutung von Bodenschätzen,<br />

Überflutung riesiger Waldflächen für Großstaudämme,<br />

Waldzerstörung zugunsten von Monokulturen). Dabei werden die<br />

Ursachen aufgezeigt und die Täter genannt. Es wird versucht, möglichst<br />

viele Menschen als Unterzeichner zu gewinnen, um so Entscheider<br />

zu beeinflussen. Die Unterzeichnung geschieht über die<br />

Vereinsplattform http://www.regenwald.org/. Im Jahr 2010 wurden<br />

25 Protestkampagnen realisiert, die jeweils 10.000 bis über 20.000<br />

Menschen unterzeichnet haben.<br />

Daneben werden Spendenkampagnen initiiert, auch diese beziehen<br />

sich auf ganz konkrete Projekte. Anfang <strong>2011</strong> waren auf der Website<br />

14 laufende Spendenaktionen aufgelistet.<br />

Damit eng verbunden ist die Informationsarbeit in Deutschland: Die<br />

Bevölkerung wird über deutsche Beteiligungen an der Regenwaldzerstörung,<br />

aber auch Möglichkeiten des verantwortungsvollen Konsums<br />

und des privaten Engagements aufgeklärt.<br />

Neben der mehrsprachigen Vereinsplattform nutzt der Verein soziale<br />

Netzwerke bzw. Dienste wie Facebook, flickr, twitter, youtube, vimeo<br />

und gibt die Zeitschrift Regenwald-Report (kostenlos als Papierausgabe<br />

und als PDF) heraus. Interessenten bzw. Unterzeichner<br />

früherer Kampagnen werden per E-Mail auf neue Kampagnen aufmerksam<br />

gemacht und zeitnah über Erfolge informiert.<br />

Die Kampagne agiert in einem Brennpunkt der Nachhaltigkeit. Sie<br />

wird von der Idee der Gerechtigkeit getragen und widmet sich dem<br />

Erhalt von Naturkapital. Sie liefert aktuelle Informationen über nicht<br />

nachhaltige Entwicklungen. Sie vermittelt die motivierende Botschaft:<br />

Es ist möglich zu helfen. Sie bietet Ansatzpunkte zur Bürgerbeteiligung.<br />

Und nicht zuletzt bietet sie sehr authentische<br />

Lernanlässe, das geht bis dahin, dass Betroffene aus den Regenwäldern<br />

als „Botschafter“ nach Deutschland geholt werden.<br />

Aktivitäten der<br />

Bundesregierung<br />

Die Aktivitäten der Bundesregierung nehmen in den Berichten einen<br />

großen Raum ein. Hier können nur wenige Einzelbeispiele wiedergegeben<br />

werden, die in Bezug zum Kontext dieses <strong>Lehrbrief</strong>es stehen.<br />

Das BMBF fördert die deutsche Organisationsstruktur zur UN-Dekade<br />

und deren Aktivitäten mit jährlich 450.000 €. In diesem Zusammenhang<br />

ist u.a. im Sommer 2007 das von der Deutschen UNESCO-Kommission<br />

betreute Internetportal www.bne-portal.de online gegangen, das eine<br />

138


3.6 Zusammenfassung<br />

der erfolgreichsten deutschsprachigen Websites zur <strong>BNE</strong> ist. 28 <strong>BNE</strong><br />

wurde auch in den Informationsdienst www.lehrer-online.de integriert.<br />

Das BMBF fördert seit 2007 ein Forschungsprojekt, das die Auswirkungen<br />

des BLK-Programms „Transfer 21“ untersuchen soll. (BUNDES-<br />

MINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2009, S. 28-43)<br />

Für den Verantwortungsbereich des BMU wird auf die regelmäßig<br />

durchgeführten Repräsentativbefragungen zum Stand des Umweltbewusstseins<br />

und des Umweltverhaltens hingewiesen (BUNDESMINISTE-<br />

RIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2002, S. 21; die für<br />

Umweltpädagogen außerordentlich interessanten Studien sind unter<br />

www.umweltbewusstsein.de abrufbar).<br />

Zu erwähnen sei ferner der ausgezeichnete Bildungsservice des BMU<br />

(www.bmu.de/bildungsservice/).<br />

Auch die Bundesministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />

sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

können als wichtige staatliche Akteure der <strong>BNE</strong> gelten.<br />

3.6 Zusammenfassung<br />

Ausgangspunkt für diesen Abschnitt war das Kapitel 36 der Agenda 21,<br />

in dem die Bildung aufgefordert wird, zu einer nachhaltigen Entwicklung<br />

beizutragen. Sie sollten diesen Bildungsauftrag in den Grundzügen<br />

kennen und auch verstanden haben, warum das kein einfaches „Rezept“<br />

für Bildung ist. Im Kapitel 3.1 wird ferner auf die internationale Anbindung<br />

und auf die erste Resonanz in Deutschland eingegangen – das ist<br />

eher notwendiger Hintergrund als klassischer „Lernstoff“.<br />

Kapitel 3.2 widmet sich der Umsetzung dieses Bildungsauftrags. Dabei<br />

werden die Schule, die frühkindliche Bildung sowie die UN-Dekade zur<br />

<strong>BNE</strong> betrachtet. Es wird dargestellt, wie die Implementation von <strong>BNE</strong><br />

organisiert wird und welche Ergebnisse – aber auch welche Lücken – es<br />

bislang gibt. Die durchgängige Frage ist jedoch, was <strong>BNE</strong> konkret<br />

meint. Die Antwort wird je nach Lesart des Bildungsauftrages der<br />

Agenda 21 unterschiedlich ausfallen; das in Deutschland sehr populär<br />

gewordene Konzept der Gestaltungskompetenzen sollten Sie jetzt kennen;<br />

eine beispielhafte <strong>BNE</strong>-Definition entstammt dem Hamburger Aktionsplan.<br />

28. Hier gemessen an einem „Seitwert“ von 43,74 (www.seitwert.de, 18.7.<strong>2011</strong>); in diesen<br />

Wert gehen u.a. die Zahl der Backlinks, die Gewichtung bei Google und Yahoo, Social<br />

Bookmarks, Wikipedia-Referenzierungen, die Zahl der Besucher und technische Details<br />

ein. Vergleiche mit anderen Websites kann jeder Interessent auf seitwert.de selber<br />

vornehmen.<br />

139


3 Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Aus unterschiedlichen praktischen Kontexten – das beginnt z.B. bei<br />

Diskussionen innerhalb der Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung<br />

(ANU) und endet nicht bei Ihren Masterarbeiten im Fernstudium<br />

Umwelt & Bildung – ist mir bewusst, wie unscharf der <strong>BNE</strong>-Begriff<br />

dennoch weiterhin ist. Ausgehend von der These, dass die Ursache dafür<br />

ganz wesentlich in einem unscharfen Nachhaltigkeitsbegriff liegt,<br />

wird im Kap. 3.3 eine <strong>BNE</strong>-Definition vorgeschlagen, welche auf einer<br />

konkreten Theorie der Nachhaltigkeit aufbaut.<br />

Letztlich, so vermute ich, interessieren Sie sich vor allem für die Bildungspraxis.<br />

Diese wird Ihnen endlich im Kapitel 3.4 geliefert. Zwei<br />

Lernarrangements werden dort besprochen, sie sollen lediglich als Beispiele<br />

für die Umsetzung der <strong>BNE</strong> dienen. Bitte stellen Sie Ihre eigenen<br />

Erfahrungen z.B. auf Stud.IP mit als Lernressource zur Verfügung!<br />

Die Bundesregierung hat inzwischen drei Berichte zur <strong>BNE</strong> vorgelegt.<br />

Diese bieten den Stoff für eine Zwischenbilanz, die im Kapitel 3.5 gezogen<br />

wird und die sich überwiegend auf die Verankerung der <strong>BNE</strong> in<br />

den verschiedenen Bildungsbereichen bezieht.<br />

Mehrfach wird in diesem Abschnitt auf interessante Aktivitäten, Programme<br />

oder Projekte nur hingewiesen; damit will ich Ihnen Anknüpfungspunkte<br />

für eigene Arbeiten bereitstellen, die Sie je nach<br />

persönlichem Interesse selber vertiefen können.<br />

Als letzte Irritation in diesem Abschnitt möchte ich Ihnen einige Fragen<br />

mit auf den Weg geben:<br />

Exkurs: Offene Fragen für die <strong>BNE</strong> (Idee und Zitate nach ORR,<br />

2010, S. 129)<br />

„Müssen wir die Natur lieben? Oder genügt eine grundlegende Umweltkompetenz,<br />

um in Harmonie mit ihr zu leben?“<br />

Inwieweit sind „die Systeme, die uns mit Nahrungsmitteln, Energie<br />

und Materialien versorgen“ durch Peak Oil oder den Klimawandel<br />

gefährdet – und müssen wir daher wieder „Fertigkeiten...erlernen, die<br />

notwendig sind, um uns stärker selbst versorgen zu können?“<br />

Brauchen wir einen grundlegenden gesellschaftlich/kulturellen Paradigmenwechsel<br />

– oder lässt sich Zukunftsfähigkeit auch erzielen,<br />

wenn die Menschheit immer zahlreicher und wohlhabender wird und<br />

die Natur immer wirksamer beherrscht? Im zweiten Falle „müssten<br />

die Lehrpläne der Zukunft wie die der Vergangenheit aussehen, nur<br />

mit einer noch stärkeren Gewichtung auf den Naturwissenschaften<br />

und technologischen Disziplinen.“<br />

140


3.6 Zusammenfassung<br />

„In welchem Maße ist die Natur noch „natürlich“ und kein vom Menschen<br />

manipuliertes Artefakt? Ist etwas an sich falsch an Plastikbäumen,<br />

soll heißen: an einer zunehmend konstruierten Natur? Wenn ja,<br />

was genau? Was ist natürlich und was nicht? Und welchen, wenn<br />

überhaupt einen, Unterschied macht das aus?“<br />

„Worin besteht der Zweck von Umwelterziehung gleich welcher Art,<br />

wenn die Natur sich durch den Zangengriff des raschen Klimawandels<br />

und des fortschreitenden Verlusts der biologischen und landschaftlichen<br />

Vielfalt radikal ändert?“<br />

Sind Menschen „wie Aldo Leopold, Wangari Maathai und Rachel<br />

Carson“, die ihr ganzes Leben für Umweltschutz/Nachhaltigkeit gewidmet<br />

haben, heute als Vorbilder noch relevant? „Oder genügt es<br />

zur Herstellung einer nachhaltigen Zukunft, wenn Ökokapitalisten,<br />

CO 2 -Broker und Umweltunternehmer große Geschäfte und das große<br />

Geld machen? Wenn ja, dann sollte Umwelterziehung den<br />

Schwerpunkt auf CO 2 -Management legen.“<br />

141


4 Lokale Agenda 21<br />

4 Lokale Agenda 21<br />

Im Kapitel 2 wurde das Leitbild der Nachhaltigkeit vorgestellt, dabei<br />

wurde ganz überwiegend die internationale bzw. nationale Bezugsebene<br />

gewählt. Nun ist es aber realistisch anzunehmen, dass Sie mit der<br />

Nachhaltigkeit eher vor Ort in Berührung kommen. Hier leben, wirtschaften<br />

und bauen, kaufen und konsumieren die Menschen. Entscheidungen<br />

über Straßenbau und Nahverkehr, über den Umgang mit Boden,<br />

über Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, Energieversorgung<br />

und Abfallentsorgung werden überwiegend auf dieser Ebene getroffen<br />

29 . Hier können sich Menschen an der Gestaltung ihrer Lebensumgebung<br />

beteiligen.<br />

In diesem Sinne weist die Agenda 21 (siehe Kap. 2.2.2) den Kommunen<br />

eine tragende Rolle in der nachhaltigen Entwicklung zu. Mit der Unterzeichnung<br />

der Charta von Aalborg (Kap. 2.2.4) bekennen sich Kommunen<br />

zu dieser Verantwortung.<br />

Im Kapitel 3 haben Sie sich mit dem Konzept der <strong>BNE</strong> auseinandergesetzt.<br />

Auch hier verlief der rote Faden über die internationale und (vorrangig)<br />

über die nationale Bezugsebene. Doch vermutlich werden Sie<br />

sich auch mit der <strong>BNE</strong> eher auf der lokalen Ebene befassen. Hier befinden<br />

sich die Schulen, hier agieren die Umweltbildungseinrichtungen,<br />

hier lernen vielleicht auch Ihre eigenen Kinder.<br />

Das alles sind Gründe, sich in diesem letzten Abschnitt des <strong>Lehrbrief</strong>es<br />

der kommunalen Ebene zuzuwenden. Dazu wird zunächst der Begriff<br />

der Lokalen Agenda 21 eingeführt. Danach wird im Kap. 4.1 anhand<br />

von drei Beispielen vorgestellt, wie Kommunen eine nachhaltige Entwicklung<br />

befördern können. Mit Hinblick auf die vielfältigen Rollen,<br />

die Umweltpädagogen in kommunalen Nachhaltigkeitsprozessen spielen<br />

können, wird im Kap. 4.2 auf Methoden zur Bürgerbeteiligung eingegangen.<br />

Eine Zwischenbilanz zu Lokalen Agenda 21 folgt (Kap. 4.3);<br />

ich möchte hier bereits vorweg nehmen, dass Sie diese hinsichtlich des<br />

Umfanges und der Breitenwirksamkeit recht kritisch ausfällt, und ich<br />

hoffe umso mehr, dass in den Kapiteln 4.1 und 4.2 dennoch genügend<br />

Anknüpfungspunkte für Ihr Studium und Ihre Arbeit finden. Der Abschnitt<br />

endet dann unter 4.4 wieder mit einer Zusammenfassung.<br />

29. Allerdings gibt es auch gegenläufige Tendenzen: Mit der Liberalisierung der Strommärkte<br />

können die Endverbraucher ihren Stromlieferanten selbst aussuchen; in der<br />

Abfallwirtschaft wurde die Eigenverantwortung insbesondere der gewerblichen<br />

Abfallerzeuger zu Lasten der kommunalen Abfallwirtschaft gestärkt; mit der<br />

Privatisierung ihrer Wasserwerke oder ihrer kommunalen Wohnungsbestände hat in den<br />

vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Kommunen eigenen Gestaltungsspielraum<br />

abgegeben.<br />

143


4 Lokale Agenda 21<br />

Begriffliche<br />

Annäherungen<br />

Die Agenda 21, das politische Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert,<br />

wendet sich ganz überwiegend an die Staaten bzw. deren Regierungen.<br />

Da viele für eine nachhaltige Entwicklung relevante Prozesse<br />

auf lokaler Ebene – also in den Städten und Gemeinden – ablaufen,<br />

werden im Kapitel 28 der Agenda 21 die Kommunen in der ganzen Welt<br />

aufgerufen, ein eigenes Aktionsprogramm für eine nachhaltige Entwicklung<br />

– eine sogenannte Lokale Agenda 21 – zu erarbeiten.<br />

ICLEI (1998, S. 25ff) versteht die Lokale Agenda 21 als politisches Dokument,<br />

als Prozess und als politische Kultur:<br />

Lokale Agenda 21 als<br />

politisches Dokument<br />

Lokale Agenda 21 als<br />

Prozess<br />

Lokale Agenda 21 als<br />

politische Kultur<br />

Als politisches Dokument ist die Lokale Agenda 21 ein kommunaler<br />

Aktionsplan. Hier beschreibt die Kommune, wie sie eine nachhaltige<br />

Entwicklung umsetzen will. Wie auch in der Agenda 21, werden dazu<br />

(im Idealfall) Leitbilder, Ziele, Instrumente, Maßnahmen, Akteure und<br />

Mittel sowie die Kriterien zur Erfolgsbemessung beschrieben.<br />

Für den Prozess zur Erarbeitung einer Lokalen Agenda 21 gibt es vielfältige<br />

Möglichkeiten. Wichtige Schritte dabei sind insbesondere das<br />

Aufstellen von Leitbildern, eine Bestandsaufnahme (inklusive der Festlegung<br />

von Indikatoren), das Aufstellen von Zielen, die Identifizierung<br />

von Potenzialen für die Umsetzung, die Festlegung von Maßnahmen,<br />

die Umsetzung sowie die Erfolgskontrolle (vgl. Kap. 2.3.1 Operationalisierung).<br />

„Quer“ zu diesen Schritten ist es u.a. erforderlich, das notwendige<br />

politische Mandat einzuholen (Ratsbeschluss) und die<br />

relevanten Akteure einzubinden.<br />

Als politische Kultur steht die Lokale Agenda 21 dafür, dass die Handlungsträger<br />

in Lokalpolitik und Verwaltung gemeinsam mit den Bürgerinnen<br />

und Bürgern, den örtlichen Organisationen und der<br />

Privatwirtschaft nach lokal angepassten Lösungen für eine nachhaltige<br />

Entwicklung suchen. Damit ist tendenziell eine Entwicklung von government<br />

(Regieren im Sinne einer top-down Steuerung) zu governance<br />

(Netzwerkartiges Regieren im Sinne einer flexiblen Steuerung) verbunden<br />

(vgl. SCHWALB/WALK 2007).<br />

4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse<br />

Die Kommunen haben in ihren Lokale Agenda 21-Prozessen eine Vielzahl<br />

von Themen aufgegriffen, verschiedenste Organisationsformen<br />

und Arbeitsmethoden gewählt, ein breites Spektrum von Akteuren einbezogen,<br />

und sie waren damit in unterschiedlichem Maße erfolgreich.<br />

Wenn nachfolgend Einblicke in derartige Prozesse gegeben werden,<br />

dann kann und soll das nicht darauf hinauslaufen, dass Sie anschließend<br />

einen repräsentativen Querschnitt der Lokalen Agenda 21 in Deutsch-<br />

144


4 Lokale Agenda 21<br />

land kennen – die folgenden Abschnitte präsentieren lediglich Beispiele.<br />

• Dabei steht Hamburg für die Operationalisierung der Nachhaltigkeitsidee<br />

in Form eines Indikatorensets.<br />

• Düsseldorf steht dafür, wie die Lokale Agenda 21 gute Rahmenbedingungen<br />

für die <strong>BNE</strong> schafft.<br />

• Stralsund steht dafür, wie sich der kommunale Klimaschutz<br />

als ein neues nachhaltigkeits- und <strong>BNE</strong>-relevantes Aufgabenfeld<br />

etabliert.<br />

Wenn Sie weitere Aspekte der Lokalen Agenda 21 für wesentlich halten<br />

und dazu eventuell sogar Erfahrungen beisteuern können, sind Sie herzlich<br />

eingeladen, sich auf der Plattform Stud.IP zu Wort zu melden.<br />

4.1.1 Hamburg: Operationalisierung und Kommunikation<br />

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist eine Metropole mit mehr als 1,7<br />

Mio Einwohnern (STATISTISCHES LANDESAMT DER FREIEN UND HAN-<br />

SESTADT HAMBURG 2003, S. 3). Gemeinsam mit Berlin und Bremen gehört<br />

Hamburg zu den deutschen Städten, die gleichzeitig den Status<br />

eines Bundeslandes besitzen.<br />

Die Stadt Hamburg unterzeichnete 1996 die Charta von Aalborg<br />

(GOMM/WILLKE 2000, S.30) und startete damit ihren Lokale Agenda 21<br />

Prozess.<br />

GOMM/WILLKE (2000) kritisierten, dass anfangs der Agenda-Prozess in<br />

Hamburg überwiegend projektbezogen geführt wurde und eine Diskussion<br />

darüber, was Nachhaltigkeit in der Hansestadt konkret bedeuten<br />

würde, ausgeblieben sei. Dem wollten Germanwatch und der 1996 gegründete<br />

Zukunftsrat Hamburg abhelfen. Germanwatch legte bereits<br />

1996 einen ersten Bericht vor, in dem die Zukunftsfähigkeit Hamburgs<br />

analysiert wurde (GERMANWATCH REGIONALGRUPPE HAMBURG 1996).<br />

Der Zukunftsrat Hamburg stellte erstmal im Jahr 1999 ein „Zeugnis für<br />

eine Zukunftsfähige Hansestadt“ aus, das damals noch auf 12 „Fächer“<br />

(Indikatoren) begrenzt war. Erfasst und bewertet wurden damals u.a.<br />

die Verschuldung der Stadt, die Jugendarbeitslosigkeit, die Kinderarmut,<br />

die CO 2 -Emissionen, die versiegelten bzw. nicht versiegelte Flächen<br />

in Hamburg und die Wahlbeteiligung bei der Bürgerschaftswahl<br />

(ZUKUNFTSRAT HAMBURG 1999, vgl. Abb. 6).<br />

Zeugnis für eine<br />

Zukunftsfähige<br />

Hansestadt<br />

145


4 Lokale Agenda 21<br />

Abb. 6:<br />

Zeugnis für eine Zukunftsfähige Hansestadt (ZUKUNFTSRAT HAM-<br />

BURG; nach einem Foto von Klaus Willke)<br />

Diese Indikatoren wurden ausgewählt, weil sie<br />

• „leicht verständlich und als Zukunftsfähigkeitsmaßstab<br />

plausibel sind,<br />

• die Nachhaltigkeitsdimensionen Wirtschaft, Soziales, Ökologie<br />

und Bürgerbeteiligung ansprechen und<br />

• mit Hamburger Daten aus mehreren Jahren „gefüllt“ werden<br />

konnten.“ (GOMM/WILLKE 2000, S.34)<br />

Das „Zeugnis für eine Zukunftsfähige Hansestadt“ wurde mit großem<br />

Aufwand publik gemacht, so wurde die Broschüre an alle relevanten öffentlichen<br />

Entscheidungsträger verschickt; das Zeugnis wurde zudem<br />

z.B. in vielen U-Bahnhöfen plakatiert (ebd., S. 40).<br />

HEINZ<br />

Inzwischen wurde das Indikatorenset zu HEINZ (Hamburger Entwicklungs-INdikatoren<br />

Zukunftsfähigkeit) umbenannt, die Datenbasis wurde<br />

mehrfach fortgeschrieben, und dabei wurde auch das<br />

Instrumentarium weiterentwickelt. HEINZ enthält 30 Nachhaltigkeitsziele,<br />

32 Indikatoren und 32 Zielwerte. (ZUKUNFTSRAT HAMBURG<br />

2006, 2007, 2010a und b)<br />

146


4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse<br />

Die Nachhaltigkeitsziele beschreiben konkret, wie ein nachhaltiges<br />

Hamburg aussehen sollte. Dafür kommen sicherlich potenziell sehr viele<br />

Ziele infrage. Der Zukunftsrat wollte mit einer begrenzten Anzahl<br />

von Zielen die ganze Spannbreite aller möglichen Nachhaltigkeitsthemen<br />

möglichst gut abdecken. Dazu hat er sich an dem bereits in den Kapiteln<br />

2.3.4 bzw. 2.4 beschriebenen Drei-Säulen-Modell orientiert. Für<br />

jede der drei Säulen (Ökonomie – Ökologie – Soziales) hat er 10 Ziele<br />

aufgestellt; zusätzlich hat er die Partizipation als ein zentrales Mittel zur<br />

Umsetzung von Nachhaltigkeit mit einbezogen, so dass es insgesamt 31<br />

Ziele gibt. Viele dieser Ziele sind nicht eindimensional nur einer Säule<br />

der Nachhaltigkeit zuzuordnen. Sowohl die Auswahl der Ziele als auch<br />

deren Zuordnung zu den drei Säulen beinhalten subjektive Einschätzungen,<br />

was den Autoren auch bewusst ist. (ZUKUNFTSRAT HAMBURG<br />

2006, S. 2-4)<br />

Jedem Ziel wird (in der Regel) ein Indikator zugeordnet, der zumindest<br />

beispielhaft einen wesentlichen Aspekt des Ziels abbildet.<br />

Nachhaltigkeitsziele<br />

Indikatoren<br />

Bei vielen Indikatoren kann der Zukunftsrat auf belastbarere Daten zurückgreifen.<br />

So wurde als Ziel postuliert, dass die Struktur der öffentlichen<br />

Haushalte gesund sein möge. Das wird mit den Indikatoren<br />

• Finanzierungsdefizit im öffentlichen Haushalt in Prozent<br />

sowie<br />

• Zins / Steuer-Quote in Prozent<br />

unterlegt. Hier nutzt der Zukunftsrat Daten der Finanzbehörde Hamburg.<br />

(ZUKUNFTSRAT HAMBURG 2006 und 2010a)<br />

Andere Indikatoren stehen auf einer weniger soliden Datenbasis. So<br />

enthält HEINZ beispielsweise das Ziel, die Herstellung nachhaltiger<br />

Produkte zu fördern. Im Jahr 2006 wurde dazu der Indikator „Anteil des<br />

solar erzeugten Warmwassers am gesamten Warmwasserbedarf der<br />

Haushalte in Prozent“ 30 erhoben; im Jahr 2010 wurde auf die Erhebung<br />

eines solchen Indikators verzichtet. (ebd.)<br />

147


4 Lokale Agenda 21<br />

Zielwerte<br />

Bewertung und<br />

Schlussfolgerungen<br />

Nachhaltigkeits-<br />

Ampel<br />

Mit den Indikatoren wird zunächst die aktuelle Situation in der Hansestadt<br />

(IST) bzw. die Entwicklung über mehrere Jahre abgebildet (in offensichtlicher<br />

Anlehnung an die Indikatorenberichte des Statistischen<br />

Bundesamtes zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie enthält<br />

HEINZ 2010 auch entsprechende Zeitreihen in Diagrammform). Um diese<br />

Daten bewerten zu können, sind Zielwerte (SOLL) vonnöten. Der<br />

Zukunftsrat geht dabei davon aus, dass Nachhaltigkeit noch von den<br />

heute lebenden Generationen – also spätestens bis zum Jahr 2050 – erreicht<br />

werden muss. Aus diesen Zielvorstellungen werden pragmatische<br />

Etappenziele für den Zeithorizont 2020 abgeleitet, d.h. hiermit wird den<br />

Menschen, die heute in beruflicher, politischer oder privater Verantwortung<br />

stehen, eine Perspektive aufgezeigt, die sie selbst mit gestalten<br />

können und mit verantworten müssen (ZUKUNFTSRAT HAMBURG 2006,<br />

S. 6-7).<br />

Vergleicht man nun die Entwicklungen der vergangenen Jahre bzw. den<br />

aktuell erreichten Stand mit den Zielwerten, so wird eine Bewertung<br />

möglich, und es können entsprechende Schlussfolgerungen für das politische<br />

Handeln abgeleitet werden.<br />

Sämtliche Bewertungen werden in Kurzform zu einer sogenannten<br />

Nachhaltigkeits-Ampel zusammengefasst. Somit kann der Zukunftsrat<br />

übersichtlich darstellen, in welchen Bereichen Hamburg von den Zielwerten<br />

noch weit entfernt ist (rot), wo eine unklare Entwicklung besondere<br />

Aufmerksamkeit verdient (gelb) und wo absehbar ist, dass die<br />

Zielwerte erreicht werden können (grün).<br />

Die somit getroffene Gesamtbewertung soll nachfolgend in Form einer<br />

Presseerklärung des Zukunftsrats wiedergegeben werden.<br />

30. Solarthermie (= Wärmeerzeugung mit Sonnenenergie) kann in Haushalten im<br />

Wesentlichen für die Erwärmung von Trinkwasser oder zur Unterstützung der<br />

Raumheizung genutzt werden; nur die erstgenannte Option wird hier betrachtet. Die<br />

Datenbasis bilden (begründete) Schätzwerte: Bekannt ist, in welchem Umfang die<br />

Installation von Solarthermieanlagen zur Trinkwassererwärmung auf Wohngebäuden von<br />

der Stadt finanziell gefördert worden ist. Es wird abgeschätzt, dass zusätzlich eine gleiche<br />

Anzahl von Anlagen ohne staatliche Förderung installiert worden ist. Der aktuelle<br />

Bestand wird somit auf 17.000 MWh Solarthermie geschätzt. Das sind ca. 5% des<br />

Warmwasserbedarfs aller Haushalte der Hansestadt. Auf welcher Basis dieser Prozentsatz<br />

ermittelt wurde, wird nicht angegeben. Denkbar wäre z.B., die Anzahl der Haushalte mit<br />

Solaranlagen ins Verhältnis zur Zahl aller Haushalte zu setzen (was implizieren würde,<br />

dass alle Haushalte etwa gleich viel Warmwasser verbrauchen und dass die Haushalte mit<br />

Solaranlagen ihren gesamten Warmwasserbedarf solar erzeugen). Denkbar wäre auch,<br />

dass der Warmwasserbedarf aller Haushalte bzw. der Teilmenge mit Solaranlage zugrunde<br />

gelegt wird (was voraussetzen würde, dass dazu Datenmaterial beschafft werden kann).<br />

(ZUKUNFTSRAT HAMBURG 2006, S. 22-23)<br />

148


4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse<br />

Umwelthauptstadt <strong>2011</strong> im Nachhaltigkeits-Check (Auszüge)<br />

„Mit HEINZ 2010 hat der Zukunftsrat Hamburg seine „Hamburger<br />

Entwicklungs-Indikatoren Zukunftsfähigkeit (HEINZ)“ erneut aktualisiert.<br />

Die ökologischen Kriterien haben sich durchschnittlich<br />

besser entwickelt als die sozialen. Die Neuverschuldung (Haushaltsdefizit)<br />

hat sich von 2008 zu 2009 vervielfacht. Die Nachhaltigkeits-<br />

Ampeln zeigen überwiegend rot, weil sich die Bewertung an konkreten<br />

Nachhaltigkeits-Zielzahlen für 2050 und abgeleiteten Etappenzielen<br />

für 2020 orientiert.<br />

Die Aktualisierung der Nachhaltigkeits-Indikatoren mit Werten von<br />

2009 zeigt, dass die Umwelthauptstadt <strong>2011</strong> in vielen ökologischen<br />

Bereichen auf dem richtigen Weg, aber vielfach noch nicht weit genug<br />

gegangen ist: Die CO 2 -Emissionen haben weiter abgenommen.<br />

Mit erheblichen Anstrengungen könnten sie die Zielzahlen für 2020<br />

noch erreichen: unter 6,5 Tonnen insgesamt und im Verkehr unter 2,3<br />

Tonnen pro Einwohner und Jahr...<br />

Die Entwicklungskurve der Siedlungs- und Verkehrsfläche hat sich<br />

seit 2006 zwar stark abgeflacht, 2009 sind im Saldo aber wieder 42 ha<br />

(mehr als zweimal die Binnenalster) neu hinzu gekommen. Die Beispiels-Indikatoren<br />

für regionale und fair gehandelte Produkte (deutsche<br />

Äpfel und Transfair-Kaffee) haben sich weiter zum Positiven<br />

entwickelt. Die auf über 600 gestiegene Mitgliederzahl der Umwelt-<br />

Partnerschaft zwischen Staat und Wirtschaft bleibt immer noch deutlich<br />

unter 1 % der Hamburger Betriebe. Das Abfallaufkommen sinkt<br />

nur langsam und bleibt mit 459 Tonnen pro Einwohner immer noch<br />

auf zu hohem Niveau...<br />

Bei den sozialen Indikatoren zeichnet sich noch nicht einmal durchgängig<br />

der Weg in die richtige Richtung ab: Wegen der Wirtschaftskrise<br />

sind 2009 die Arbeitslosenquote (10 %) und mit 133 pro 1000<br />

Einwohner auch die Anzahl der Sozialleistungsempfänger wieder angestiegen.<br />

Der Vergleich der 10 reichsten mit den 10 ärmsten Stadtteilen<br />

Hamburgs nach der durchschnittlichen Arbeitslosen- und<br />

Hartz IV-Empfänger-Quote zeigt eine weitere Vergrößerung des Abstands<br />

zwischen Arm und Reich bei der Quote der Empfänger staatlicher<br />

Transferleistungen... Positiv entwickelte sich dagegen der<br />

Bildungsbereich:<br />

149


4 Lokale Agenda 21<br />

Die Schulabbrecherquote sank für alle Schülerinnen und Schüler<br />

2009 auf 7,8 % und für ausländische Jugendliche auf 14,4 % - ein Erfolg,<br />

der jedoch noch erheblich gesteigert werden muss, soll Integration<br />

wirklich gelingen. Verbessert, wenn auch noch nicht<br />

ausgeglichen, hat sich auch das Verhältnis der Bruttoverdienste zwischen<br />

Männern und Frauen.<br />

Bei den eher strukturellen Indikatoren, die als Bedingungen für eine<br />

nachhaltige Entwicklung gelten können, tritt vor allem das stark gestiegene<br />

Finanzierungsdefizit des Hamburger Haushalts hervor: Wegen<br />

der Finanz- und Wirtschaftskrise lagen die Staatsausgaben 2009<br />

um 8,8 % über den Einnahmen und mussten durch eine entsprechende<br />

Kreditaufnahme finanziert werden. 2008 war fast ein ausgeglichener<br />

Haushalt erreicht worden. Dagegen blieb die Inflationsrate im<br />

Jahre 2009 eher moderat...“ (ZUKUNFTSRAT HAMBURG 2010b)<br />

Diskussion des<br />

Instruments<br />

Mit HEINZ hat der Zukunftsrat ein Indikatorenset geschaffen, das es erlaubt,<br />

den Stand einer nachhaltigen Entwicklung zu erfassen, zu bewerten<br />

und die Ergebnisse auch öffentlich zu kommunizieren.<br />

Besonders lobenswert ist es, dass der Zukunftsrat die Hintergründe des<br />

Indikatorensets transparent darlegt. So werden die zugrunde liegenden<br />

Einzeldaten veröffentlicht, Probleme der Datenerfassung oder Bewertung,<br />

Auslassungen und blinde Flecken des Instrumentariums werden<br />

offengelegt. Einige dieser Probleme sollen hier skizziert werden:<br />

Richtungssicherheit von Indikatoren: Will man einen Indikator zur<br />

Messung von Nachhaltigkeit verwenden, so ist es erforderlich, dass<br />

Veränderungen in der entsprechenden Größe Veränderungen in Hinsicht<br />

auf Nachhaltigkeit eindeutig abbilden. Besonders problematisch<br />

werden vom Zukunftsrat die wirtschaftlichen Indikatoren angesehen;<br />

hier wurde das Indikatorenset in seiner dritten Ausgabe (2006) noch<br />

einmal erheblich modifiziert. Ein Ziel ist es beispielsweise, die Leistungsfähigkeit<br />

von sozial- und umweltverträglichem Wirtschaften in<br />

Hamburg zu fördern. Der zuvor eingesetzte (und auch in der Nachhaltigkeitsstrategie<br />

der Bundesregierung verwendete) Indikator „Bruttoinlandsprodukt<br />

(BIP) je Erwerbstätigem“ wurde vom Zukunftsrat als<br />

nicht haltbar fallen gelassen, da das BIP auch durch nicht nachhaltige<br />

Entwicklungen wie Ressourcenverschwendung oder Rüstungsindustrie<br />

wächst. In der Konsequenz enthalten HEINZ 2006 und HEINZ 2010 keinen<br />

Indikator und auch folglich keine Zielwerte und Bewertungen für<br />

dieses Ziel. Das gleiche gilt für das Ziel, die Innovationsfähigkeit für eine<br />

nachhaltige Entwicklung zu stärken. Die bisherigen Indikatoren –<br />

die Zahl der Patentanmeldungen und der Anteil der Mittel für For-<br />

150


4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse<br />

schung und Entwicklung am BIP – werden vom Zukunftsrat inzwischen<br />

ebenfalls als nicht richtungssicher eingestuft und wurden ersatzlos gestrichen<br />

(ZUKUNFTSRAT HAMBURG 2006, S. 27 und 2010).<br />

Status von Zielwerten: Mit den strategischen Zielen für 2050 und in<br />

den Zielwerten für 2020 setzt der Zukunftsrat bewusst hohe Maßstäbe,<br />

er geht z.B. beim Flächenverbrauch deutlich über die Nachhaltigkeitsziele<br />

der Bundesregierung hinaus. 31 Diese Zielwerte sind normative<br />

Setzungen; ähnlich wie für das Leitbild der Nachhaltigkeit gibt es hierfür<br />

keine „objektiven“ Begründungen. Die Vorgabe von Zielwerten ist<br />

dennoch für eine Bewertung der Situation bzw. der Entwicklung wesentlich,<br />

denn alleine ein positiver Trend gibt noch keinen Anlass zur<br />

Beruhigung, wenn der Zustand sehr weit vom Ziel entfernt und dessen<br />

Erreichen fraglich ist. (ZUKUNFTSRAT HAMBURG 2006).<br />

Systemgrenzen: Für jeden betrachteten Nachhaltigkeitsaspekt ist im<br />

Einzelfall zu klären, welcher Bezugsrahmen zur Formulierung von Zielen<br />

oder zur Bewertung verwendet werden soll. Bei dem Ziel, das Klima<br />

zu schützen, orientiert sich der Zukunftsrat an globalen Problemlagen –<br />

an der Zielvorstellung, dass langfristig jeder Mensch auf der Welt das<br />

gleiche „Emissionsrecht“ haben solle und dass dabei die globale bodennahe<br />

Mitteltemperatur maximal 2°C gegenüber dem vorindustriellen<br />

Niveau ansteigen dürfe. Der Zukunftsrat stellt daher für Hamburg folgende<br />

Zielwerte auf (maximale CO 2 -Emissionen pro Kopf und Jahr):<br />

6,5 t im Jahr 2020 und 1 t im Jahr 2050. Bei dem Ziel, die Armut zu bekämpfen,<br />

wäre das nicht angemessen. So ist z.B. der Schwellenwert der<br />

Weltbank für extreme Armut (1,00 US$ Einkommen pro Kopf und Tag)<br />

für Hamburg wenig hilfreich. Stattdessen wird der Anteil der Sozialleistungsempfänger<br />

an der Bevölkerung als Indikator verwendet.<br />

Die Datenerfassung für HEINZ wird aus Gründen des Aufwand durchweg<br />

auf das Land Hamburg beschränkt, auch wenn die Autoren einräumen,<br />

dass es für einige Indikatoren sinnvoller gewesen wäre, die<br />

gesamte Metropolregion einzubeziehen (ZUKUNFTSRAT HAMBURG<br />

2006, S.5).<br />

Wechselwirkungen zwischen Zielen: Nachhaltigkeit versteht der Zukunftsrat<br />

als „Gesamtbalance zwischen allen Teilzielen“ (ebd., S. 7).<br />

Dennoch gibt es Ziele, die zumindest in der kurzfristigen Perspektive in<br />

Konflikt zueinander stehen können. So erfordert eine gesunde Struktur<br />

der öffentlichen Haushalte, dass mit öffentlichen Mitteln möglichst<br />

31. In der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung wird gefordert, die<br />

Flächeninanspruchnahme für Siedlung und Verkehr bis 2020 auf ¼ des Wertes der frühen<br />

90er Jahre (also auf 30 ha pro Tag) zu reduzieren. In HEINZ 2006 ist hingegen (für den<br />

Stadtstaat Hamburg) als Ziel festgeschrieben, ab sofort keinen neuen unversiegelten<br />

Boden für Siedlung und Verkehr zu verbrauchen.<br />

151


4 Lokale Agenda 21<br />

sparsam umgegangen wird; andererseits erfordert die Förderung von<br />

Bildung oder von Krippenplätzen, dass die Stadt Geld ausgibt. Im täglichen<br />

politischen Geschäft kommt es daher darauf an, solche öffentlichen<br />

Ausgaben zu identifizieren und zu reduzieren, die der<br />

Nachhaltigkeit nicht dienen bzw. ihr sogar zuwiderlaufen.<br />

Übertragbarkeit<br />

Implikationen für die<br />

<strong>BNE</strong><br />

Das Instrument – kommunale Nachhaltigkeitsindikatoren – ist grundsätzlich<br />

auf andere Kommunen übertragbar. Kleinere Kommunen können<br />

sicher nicht so viele Ressourcen in die Entwicklung eines eigenen<br />

Indikatorensets investieren als die Metropole Hamburg, aber das ist<br />

auch nicht unbedingt erforderlich, denn es liegen brauchbare – und oftmals<br />

auch individuell anpassbare – Indikatorensets für Kommunen vor<br />

(z.B. LUBW LANDESANSTALT FÜR UMWELT, MESSUNGEN UND NA-<br />

TURSCHUTZ BADEN-WÜRTTEMBERG 2009). Qualitäten des Hamburger<br />

Prozesses – so die diskursive Weiterentwicklung der Indikatoren oder<br />

die Information der Öffentlichkeit – sollten dabei mit übernommen werden.<br />

Wenn die <strong>BNE</strong> antritt, um Schlüsselthemen der Nachhaltigkeit zu vermitteln,<br />

Nachhaltigkeitsdefizite aufzuzeigen, Wertevorstellungen und<br />

Leitbilder zu entwickeln bzw. zu kommunizieren oder die Fähigkeit<br />

zum interdisziplinären Wissenserwerb und zu einem in die Zukunft gerichteten<br />

Denken zu vermitteln, dann bieten kommunale Nachhaltigkeitsindikatoren<br />

hervorragende Lernanlässe und thematische bzw. auch<br />

methodologische Grundlagen.<br />

4.1.2 Düsseldorf: Rahmenbedingungen für <strong>BNE</strong><br />

Düsseldorf ist die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen. Die prosperierende<br />

Großstadt hat knapp 590.000 Einwohner.<br />

Im Juni 1996 hat der Stadtrat der Landeshauptstadt Düsseldorf die Erarbeitung<br />

einer Lokalen Agenda 21 für Düsseldorf beschlossen und die<br />

Charta von Aalborg unterzeichnet (LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF<br />

o.J. a).<br />

152


4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse<br />

Für die Lokale Agenda 21 wurde folgende Struktur geschaffen (LAN-<br />

DESHAUPTSTADT DÜSSELDORF o.J. b):<br />

Struktur der Lokalen<br />

Agenda 21<br />

Abb. 7:<br />

Struktur der Lokalen Agenda 21 in der Landeshauptstadt Düsseldorf<br />

(LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF o.J. b)<br />

• Stadtrat und Verwaltung tragen die oberste Verantwortung<br />

für die Lokale Agenda 21. Die Stadtverwaltung soll nachhaltig<br />

handeln, z.B. beim Beschaffungswesen oder bei planerischen<br />

Aufgaben. Verschiedene Ämter der Stadt sind<br />

dafür zuständig, einzelne Agenda-Projekte umzusetzen bzw.<br />

die vier Fachforen zu betreuen. Schließlich ist eine städtische<br />

Mitarbeiterin – die beim Umweltamt angesiedelte<br />

Agenda-Koordinatorin – für die Gesamtkoordination der<br />

Lokalen Agenda 21 zuständig.<br />

• Eine Lenkungsgruppe beschließt Agenda-Projekte und<br />

entscheidet über die Verwendung von Haushaltsmitteln. Sie<br />

besteht aus Mitgliedern aller Fraktionen des Stadtrats, dem<br />

Umweltdezernenten sowie den Leitern von acht städtischen<br />

Ämtern. (ebd.)<br />

• Im Agenda Beirat tauschen sich die verschiedenen an der<br />

Lokalen Agenda 21 beteiligten Gruppen aus. Hier werden 8-<br />

10 x im Jahr Aktivitäten und Projekte beraten und aufeinander<br />

abgestimmt. Zum Beirat gehören die Sprecher der Fachforen,<br />

einzelne Vertreter der Netzwerke und ad-hoc-<br />

Gruppen sowie – ohne Stimmberechtigung – die Mitglieder<br />

der Lenkungsgruppe.<br />

• Des weiteren wurden vier Fachforen eingesetzt (Arbeit und<br />

Wirtschaft, Lebensraum Stadt, Ressourcenschonung sowie<br />

Lebensqualität / Lebensstile). Ihre Mitglieder sind Bürger<br />

und Vertreter von Gruppen, Institutionen und Firmen. In den<br />

Fachforen werden die Agenda Projekte entwickelt und (in<br />

153


4 Lokale Agenda 21<br />

Abstimmung mit der Lenkungsgruppe) umgesetzt, bzw. hier<br />

wird die Umsetzung durch Dritte organisiert. Die Fachforen<br />

realisieren Aktionen und betreiben Öffentlichkeitsarbeit.<br />

• Die Bürger der Stadt können in Fachforen mitwirken und<br />

sich in einzelnen Projekten engagieren, bzw. sie kommen<br />

mit vielen der Agenda-Projekte unmittelbar in Berührung<br />

und können dabei die nachhaltige Entwicklung ihrer Stadt<br />

mit befördern.<br />

In dieser Struktur sind bislang 39 Agenda-Projekte ins Leben gerufen<br />

worden, darunter der Firmenpreis für Düsseldorfer Hauptschulen, ein<br />

Second-Hand-Kaufhaus, drei Nord-Süd-Agenda-Partnerschaften, der<br />

(fair gehandelte) Düsseldorf Café, die SAGA Serviceagentur für Altbausanierung,<br />

Nachhaltigkeit im Sportverein sowie die partizipative<br />

Stadtplanung mit sogenannten Werkstattverfahren (LANDESHAUPT-<br />

STADT DÜSSELDORF o.J. c). Dass Düsseldorf im Jahr 2007 zur Bundeshauptstadt<br />

des fairen Handels gekürt wurde, ist u.a. mehreren<br />

erfolgreichen Agenda-Projekten zu verdanken (LANDESHAUPTSTADT<br />

DÜSSELDORF o.J. h).<br />

Die Liste der Projekte zeigt, in welchen Themenfeldern Politik und Verwaltung<br />

Handlungsspielräume für Partizipation der Bürger sehen bzw.<br />

in welchen nicht. So gibt es z.B. ein Agendaprojekt zum Ausbau des<br />

Radwegenetzes (LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF o.J. c), die Gesamtverkehrsplanung<br />

wird hingegen im Rahmen der Lokalen Agenda<br />

21 nicht verhandelt.<br />

Netzwerk Bildung für<br />

nachhaltige<br />

Entwicklung<br />

Das im Kapitel 3.4.1 vorgestellte Nachhaltigkeitsaudit ist auf der lokalen<br />

Ebene als Agenda-Projekt Nr. 16 verankert (ebd.), zudem war es in<br />

die <strong>BNE</strong>-Modellprogramme des Landes NRW sowie des Bundes eingebunden.<br />

Diese Verankerung auf drei Ebenen machte es möglich, dass<br />

das Düsseldorfer Netzwerk „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ gegründet<br />

werden konnte.<br />

Die wichtigsten Akteure in diesem Netzwerk sind ca. 20 Schulen, die<br />

Öko-bzw. Nachhaltigkeitsaudits durchgeführt haben bzw. sich anderweitig<br />

in der <strong>BNE</strong> engagieren. Sie informieren, beraten und motivieren<br />

sich gegenseitig auf den 4-5 Arbeitssitzungen, die pro Jahr durchgeführt<br />

werden. Sie nutzen das Netzwerk, um bilaterale Kooperationen anzubahnen<br />

oder gemeinsame Standpunkte zu entwickeln und diese gegenüber<br />

Politik und Verwaltung zu vertreten.<br />

Die Stadt Düsseldorf ist durch das Umweltamt, die Agenda-Koordinatorin<br />

und das Schulverwaltungsamt in dem Netzwerk vertreten. Das hat<br />

sich als sehr effizient erwiesen, weil die Schulen dadurch verlässliche<br />

154


4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse<br />

Ansprechpartner haben, mit denen sie Aufgaben, Fragen und Probleme<br />

auf kurzem Wege klären können.<br />

Ferner arbeiten Unternehmen im Netzwerk mit, z.B. die Stadtwerke<br />

Düsseldorf bzw. die AWISTA GmbH (welche als Ver- bzw. Entsorger<br />

wichtige Partner der Schulen in Umweltfragen sind) oder Henkel<br />

KGaA, Vodafone AG und Xenotec Technik und Licht KG (welche selber<br />

Öko-/Nachhaltigkeits-Audits absolviert haben und daher Synergien<br />

mit den Schulen sehen). Besonders in den ersten Jahren der Arbeit haben<br />

diese Unternehmen den Schulen geholfen, die Logik des Umweltmanagements<br />

zu verstehen, schulinterne Managementsysteme<br />

aufzubauen und Einblicke in das betriebliche Umweltmanagement zu<br />

erhalten.<br />

Für die Koordination des Netzwerkes wurde seit 1999 ein Lehrer mit<br />

50% seiner Arbeitszeit eingesetzt; seinen Arbeitsplatz für diese Aufgaben<br />

hat er im Umweltamt. Der Koordinator leitet die Sitzungen und berät<br />

einzelne Schulen. Er bindet die vielfältigen Partner ein, vertritt die<br />

Interessen des Netzwerkes in der Kommune sowie auf Landes- und<br />

Bundesebene und trägt so dazu bei, dass die Schulen gute Rahmenbedingungen<br />

für ihre <strong>BNE</strong>-Aktivitäten haben. Die Landeshauptstadt hält<br />

diese Arbeit für so erfolgreich, dass sie nach Auslaufen der Modellprogramme<br />

„BLK 21“ bzw. „Transfer 21“ die Finanzierung des Netzwerkkoordinators<br />

übernommen hat.<br />

Staatliche Schulen in Deutschland werden in der Regel von den Kommunen<br />

bewirtschaftet; d.h. die Stadt Düsseldorf bezahlt z.B. die Wasser-,<br />

Energie- und Abfallrechnungen ihrer Schulen. Rein ökonomisch<br />

betrachtet, kann es daher den Schülern und Lehrern gleichgültig sein,<br />

wie viel Ressourcen ihre Schule verbraucht. Hier setzt das seit 1994 in<br />

Deutschland bekannte Modell Fifty/fifty 32 an: Kommune und Schule<br />

schließen eine Vereinbarung, nach der die Schule einen bestimmten<br />

Prozentsatz (z.B. 50%) des Geldes zur Verfügung gestellt bekommt,<br />

das sie durch intelligentes Verhalten der Schulgemeinschaft einspart.<br />

Die Schule kann dieses Geld nutzen, um die Lern- und Lebensqualität<br />

zu erhöhen, also z.B. die Schulbibliothek besser auszustatten, das<br />

Schulgelände zu begrünen bzw. dort ein Klettergerüst aufzustellen oder<br />

Umweltprojekte durchzuführen. Das kann die Motivation zu einem<br />

sparsamen Umgang mit Ressourcen erheblich erhöhen (LANGNER<br />

<strong>2011</strong>i).<br />

50:50<br />

50:50 Düsseldorf wurde 1996 vom städtischen Umweltamt zusammen<br />

mit dem Schulverwaltungsamt und dem Immobilienmanagement eingerichtet<br />

(LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF o.J. d). Das städtische Um-<br />

32. In vielen Kommunen heißt das Modell „Fifty/fifty“. In Düsseldorf wurde es 50:50<br />

genannt, da es hier bereits eine Obdachlosenzeitung mit dem Namen Fifty fifty gibt.<br />

155


4 Lokale Agenda 21<br />

weltamt unterstützt Schulen, indem es Messgeräte bzw. Arbeitskoffer<br />

für den Physikunterricht verleiht, Hausmeister fortbildet oder eine Mitarbeiterin<br />

zu Vorträgen in die Schulen entsendet.<br />

Ca. 50 Schulen sind bei 50:50 Düsseldorf registriert (LANDESHAUPT-<br />

STADT DÜSSELDORF o.J. e). Sie haben innerhalb von 10 Jahren zusammen<br />

1,2 Mio. € eingespart (LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF o.J. i).<br />

Daneben beteiligen sich auch Kindertagesstätten an 50:50.<br />

Kommunale<br />

Beschaffung<br />

Eine-Welt-Tage<br />

Klimaschutz in<br />

Schulen<br />

Auch um die Beschaffung von Material oder die Bewirtschaftung der<br />

Freiflächen kümmern sich in Deutschland meistens nicht die Schulen<br />

selber sondern die Kommunen. Die in diesem Zusammenhang für<br />

Schulen relevante Papierbeschaffung wurde bereits im Kap. 3.4.1 thematisiert.<br />

Die jedes Jahr im Herbst stattfindenden Eine-Welt-Tage in Düsseldorf<br />

sind ein ganzes Bündel an Kultur-, Informations- und Bildungsangeboten<br />

für jedermann mit weit über 100 Veranstaltungen. Die Landeshauptstadt<br />

unterstützt die Arbeit des Trägers – des Eine-Welt-Forums – und<br />

der angeschlossenen Gruppen (LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF o.J.<br />

f).<br />

Aufgrund eines Ratsbeschlusses von 2007 erstellte die Landeshauptstadt<br />

Düsseldorf ein Klimaschutzkonzept. Unter anderem angeregt<br />

durch 50:50, sind einige Schulen schon seit Jahren in diesem Themenfeld<br />

aktiv; um diese Ansätze zu verbreiten, gab die LANDESHAUPT-<br />

STADT DÜSSELDORF (2008) die Broschüre „Klassenziel Klimaschutz“<br />

heraus.<br />

2008-2009 führte das Junge Schauspielhaus Düsseldorf das Theaterstück<br />

zum Klimawandel "Was macht der Eisbär im Kühlschrank?" auf.<br />

Das Umweltamt stellte den Schulen begleitend ein umfangreiches Paket<br />

von Unterrichtsmaterialien und weiteren Unterstützungsangeboten zum<br />

Thema Klimaschutz zur Verfügung. (DÜSSELDORFER NETZWERK BIL-<br />

DUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG 2008)<br />

Für den 13.-24. 9. 2010 organisierte das Umweltamt die „Düsseldorfer<br />

Klimawochen für Schulen“. Die Schulen konnten dabei 25 verschiedene<br />

Bildungsangebote kostenlos buchen, es wurden Kinofilme zum Klimaschutz<br />

gezeigt, kostenlose Lehrmaterialien bereitgestellt und ein<br />

kleines Förderprogramm für selbst organisierte Klimaprojekte aufgelegt.<br />

(UMWELTAMT DER LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF 2010)<br />

Kommunikation /<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Die Landeshauptstadt Düsseldorf verbreitet selber Informationen zur<br />

Lokalen Agenda 21, bzw. sie unterstützt die Öffentlichkeitsarbeit zur<br />

<strong>BNE</strong> personell und finanziell.<br />

156


4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse<br />

Dem Lokale Agenda 21-Prozess sind die Website http://www.duesseldorf.de/agenda21/index.shtml<br />

sowie eine zweimal im Jahr in 15.000<br />

Exemplaren erscheinende kostenlose Zeitschrift gewidmet. Hier wird<br />

regelmäßig auch über die <strong>BNE</strong>-Aktivitäten von Schulen berichtet. Das<br />

50:50-Programm sowie das Düsseldorfer Netzwerk „Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung“ haben zusätzlich eigene Online-Auftritte.<br />

Aus städtischen Mitteln wurden schulische Umwelterklärungen bzw.<br />

Nachhaltigkeitsberichte finanziert.<br />

Die Stadtverwaltung versteht solche Aktivitäten einerseits als Unterstützung<br />

der Lokalen Agenda 21 bzw. der <strong>BNE</strong> in den Schulen, andererseits<br />

aber auch als Teil des Stadtmarketings – die aktive und<br />

erfolgreiche Pressearbeit der beteiligten Schulen oder die positive nationale<br />

und internationale Resonanz auf das Online-Portal des Netzwerks<br />

haben erheblich mit dazu beigetragen, den schulischen <strong>BNE</strong>-<br />

Aktivitäten einen breiten Rückhalt in Politik und Verwaltung zu geben.<br />

Verbindungen zwischen Stadtmarketing und <strong>BNE</strong> können auch bei der<br />

Entente Florale gefunden werden. Die Stadt Düsseldorf hat 2007 den<br />

Bundeswettbewerb grüner Städte gewonnen (LANDESHAUPTSTADT<br />

DÜSSELDORF o.J. g). Im Rahmen der Bewerbung hat die Stadt mit großem<br />

(auch finanziellen) Engagement daran gearbeitet, das städtische<br />

Grün zu pflegen, zu vermehren und ansprechend zu präsentieren. Im<br />

Zuge dieser Aktivitäten wurden auch einige Schulgelände verbessert.<br />

So engagiert sich z.B. die Hulda-Pankok-Gesamtschule sehr für ihr<br />

Schulgelände; hier gibt es einen Schülergarten (mit Garten-AG), Obstbäume,<br />

viele grüne Rückzugsräume, die sich positiv (entspannend) auf<br />

das Verhalten der Schüler in den Pausen auswirken sowie ein sehr sehenswertes<br />

zwei Stockwerke großes Wandgemälde zur Eine-Welt-Thematik,<br />

das Schüler unter externer fachlicher Anleitung selbst geschaffen<br />

haben. Die Schule hat im April 2007 an einem Samstag einen Arbeitseinsatz<br />

zur Pflege des Schulgeländes veranstaltet, zu dem 300 Menschen<br />

(Schüler, Eltern, Lehrer) kamen. Im Rahmen der Entente Florale<br />

hat die Stadt Düsseldorf gleichzeitig Erd-, Pflanz- und Bauarbeiten auf<br />

dem Gelände der Gesamtschule durchführen lassen und somit den<br />

Grundstock dafür gelegt, dass ein weiteres großes Teilstück des Schulgeländes<br />

belebt werden kann. (HULDA-PANKOK-GESAMTSCHULE <strong>2011</strong>)<br />

Grenzen werden dem Engagement der Schulen durch die Schulpolitik<br />

gesetzt. Die Schulen stehen – wie auch bundesweit – unter dem Druck,<br />

sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Anforderungen wie die<br />

Qualitätsanalyse haben für die Schulen verständlicherweise eine höhere<br />

Priorität als (scheinbar) zusätzliche Nachhaltigkeitsaktivitäten; allerdings<br />

berichten Schulen, die bereits ein Nachhaltigkeitsaudit absolviert<br />

haben, dass sie dadurch auf die Qualitätsanalyse gut vorbereitet waren.<br />

Entente Florale<br />

Grenzen<br />

157


4 Lokale Agenda 21<br />

(DÜSSELDORFER NETZWERK BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICK-<br />

LUNG)<br />

Schwierig wird es auch, wenn Schulen den ihnen zugewiesenen Rahmen<br />

der Bildung und Partizipation überschreiten. Bereits 1997 hatten<br />

Schüler und Lehrer eines Berufskollegs die Situation „ihrer“ Straßenbahnhaltestelle,<br />

die zu Stoßzeiten sehr stark frequentiert wird, als unbefriedigend<br />

und gefährlich kritisiert und öffentlich Abhilfe gefordert.<br />

Diese Forderung wurde in den folgenden Jahren mehrfach wiederholt,<br />

zudem erarbeitete die Schule konkrete Verbesserungsvorschläge.<br />

(MAX-WEBER BERUFSKOLLEG UND WALTER-EUCKEN-BERUFSKOLLEG<br />

2001 und 2006) Erst Ende 2009 wurde die Haltestelle umgebaut, immerhin<br />

wurden dabei die Kritikpunkte der Schule teilweise berücksichtigt<br />

(DÜSSELDORFER NETZWERK BILDUNG FÜR NACHHALTIGE<br />

ENTWICKLUNG 2009).<br />

Übertragbarkeit<br />

Implikationen für die<br />

<strong>BNE</strong><br />

In der Gesamtheit aller Faktoren haben Schulen in Düsseldorf außerordentlich<br />

positive Rahmenbedingungen für die <strong>BNE</strong>. Das ist zum Teil<br />

dem glücklichen Zusammentreffen der Modellprogramme „BLK 21“ /<br />

„Transfer 21“ mit einer wirtschaftlich potenten Großstadt zu verdanken<br />

– diese Faktoren sind auf viele andere Städte und Gemeinden nicht<br />

übertragbar. Das tragende Prinzip, dass Schulen und Verwaltung wertschätzend<br />

und konstruktiv zusammenarbeiten, ist jedoch nicht an Modellprogramme<br />

oder die Kassenlage gebunden. Lokale bzw. regionale<br />

Netzwerke der Umweltbildung bzw. <strong>BNE</strong> gibt es auch in anderen Städten,<br />

so z.B. in Rostock oder Stralsund. Die Kampagne Fifty/fifty kann<br />

von jedem Schulträger angeboten werden. Synergien zwischen <strong>BNE</strong><br />

und Lokaler Agenda 21 können in vielen Kommunen gesucht und gefunden<br />

werden.<br />

Die Förderung der <strong>BNE</strong> ist erklärtes Ziel der hier vorgestellten Aktivitäten.<br />

Diese Aktivitäten, wie auch das Nachhaltigkeitsaudit als Lernarrangement<br />

der <strong>BNE</strong> und die hier entwickelten Materialien können auch<br />

anderenorts als Anregung dienen.<br />

4.1.3 Stralsund: Kommunaler Klimaschutz als Lernfeld der<br />

<strong>BNE</strong><br />

Die Hansestadt Stralsund liegt im Norden von Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Die Stadt hat ca. 58.000 Einwohner; die Einwohnerzahl hat sich<br />

von 1990 bis 2005 um gut 20% verringert und sich dann auf dem heutigen<br />

Niveau stabilisiert.<br />

Mandat<br />

Im Jahr 2007 beschloss die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund, dass<br />

die Stadtverwaltung ein Klimaschutzkonzept aufstellen solle. Nach internen<br />

Planungen zum Vorgehen berief der Oberbürgermeister im März<br />

158


4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse<br />

2009 den Klimarat der Hansestadt Stralsund ein. Dieser soll Politik und<br />

Verwaltung beraten und den Klimaschutzprozess begleiten. (HANSE-<br />

STADT STRALSUND 2009a)<br />

Die Stadtverwaltung bewarb sich um Fördermittel des Bundes 33 . Nach<br />

Eintreffen der Förderzusage konnte eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE)<br />

aus einem Ingenieurbüro 34 , einer wissenschaftlichen Einrichtung 35 und<br />

einem Umweltverein 36 mit der Erstellung des Klimaschutzkonzeptes<br />

beauftragt werden. Dieser Auftrag schloss die Einbeziehung des Klimarates<br />

in die Konzepterarbeitung ausdrücklich mit ein.<br />

Die ARGE hat das Klimaschutzkonzept im Herbst 2010 an die Hansestadt<br />

übergeben. (HANSESTADT STRALSUND 2010) Die Bürgerschaft hat<br />

das Konzept im März <strong>2011</strong> mit großer Mehrheit angenommen und damit<br />

den Weg für die Vorbereitung und Umsetzung von Maßnahmen<br />

freigemacht.<br />

Mit der Einberufung des Klimarats wurden Akteure aus verschiedenen<br />

Bereichen der Gesellschaft in den Klimaschutzprozess eingebunden,<br />

darunter Unternehmen (wichtige Energieverbraucher bzw. Energieerzeuger),<br />

Bildung und Forschung sowie Stadtverwaltung.<br />

Partizipation<br />

Der Klimarat hat in den ersten zwei Jahren seines Bestehens dreimal getagt.<br />

Er hat dabei grundlegende Fragen zum Vorgehen erörtert bzw. die<br />

Energie- und CO 2 -Bilanz sowie die im Konzept vorgeschlagenen Maßnahmen<br />

als Zwischenergebnisse zur Kenntnis genommen.<br />

Die meiste Arbeit wurde bzw. wird in den drei Arbeitskreisen des Klimarats<br />

geleistet (ebd. S. 14-17):<br />

• Im Arbeitskreis Energie (AKE) wurde die Energie- und<br />

CO 2 -Bilanz aufgestellt; hier wurde das Vorgehen abgestimmt,<br />

und die Mitglieder haben aus ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich<br />

Daten bereitgestellt. Zudem wurden im<br />

AKE Maßnahmen für den Sektor Energie und Gebäude<br />

erarbeitet und Potenziale zur Reduzierung von Energieverbrauch<br />

und CO 2 -Emissionen analysiert.<br />

• Der Arbeitskreis Verkehr (AKV) hat den Verkehrsakteuren<br />

konkrete Handlungsmöglichkeiten in Handlungsfeldern<br />

33. Siehe http://www.bmu-klimaschutzinitiative.de/de/kommunen<br />

34. UmweltPlan GmbH Stralsund, Projektleitung und zuständig für den Bereich Verkehr<br />

35. Fachhochschule Stralsund, zuständig für die Energie- und CO 2 -Bilanz sowie den Bereich<br />

Energie<br />

36. Umweltbüro Nord e.V., zuständig für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit<br />

159


4 Lokale Agenda 21<br />

wie der kommunalen Planung, dem motorisierten Individualverkehr,<br />

dem öffentlichen Personennahverkehr und dem<br />

Fußgänger- sowie Radverkehr aufgezeigt. Hier wurden<br />

Zuarbeiten zur Energie- und CO 2 -Bilanz geleistet und Maßnahmen<br />

für den Verkehrssektor erarbeitet.<br />

• Der Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit (AKÖ) 37 hat konzeptionell<br />

und operativ gearbeitet, d.h. auch hier wurden<br />

Maßnahmen für das Klimaschutzkonzept erarbeitet, zudem<br />

hat der AKÖ mit ersten Aktionen öffentlich für den Klimaschutz<br />

geworben.<br />

Die Ergebnisse der Arbeitskreise sind unmittelbar in das Klimaschutzkonzept<br />

eingeflossen.<br />

Die Arbeitskreise rekrutieren sich einerseits aus dem Klimarat – jedes<br />

Klimaratsmitglied ist in der Regel in einem Arbeitskreis aktiv. Zudem<br />

arbeiten hier interessierte Bürger oder Vertreter weiterer Organisationen<br />

mit. Schließlich haben sich mehrere Studenten der Fachhochschule<br />

Stralsund im Rahmen von Fach- oder Diplomarbeiten am Klimaschutzkonzept<br />

beteiligt. Somit waren an der Erstellung des Konzepts insgesamt<br />

ca. 40 Personen einbezogen, die über 20 Organisationen<br />

repräsentieren.<br />

Energie- und CO 2 -<br />

Bilanz<br />

Als erstes Zwischenergebnis wurde von der FH Stralsund im Frühjahr<br />

2010 die Energie- und CO 2 -Bilanz vorgelegt (ebd., S. 31-42). Die Bilanz<br />

wurde nach der Methodik des Klimabündnis erstellt. Dabei wurde<br />

nach dem „Käseglockenprinzip“ vorgegangen, d.h. es wurden die dem<br />

Stadtgebiet zuzurechnenden klimarelevanten Sachverhalte erfasst 38 .<br />

Zudem wurde das LCA-Prinzip (Life Cycle Assessment) angewendet,<br />

d.h. die energiebedingten CO 2 -Emissionen werden „von der Wiege bis<br />

zur Bahre“ ermittelt 39 . Zur Bilanzierung wurde die Software EcoRegio<br />

verwendet.<br />

Auf dieser Grundlage wurde ermittelt, dass die Hansestadt Stralsund im<br />

Jahr 2007 ca. 381.000 t CO 2 erzeugt hat, das sind 6,56 t pro Kopf und<br />

Jahr.<br />

37. Der Arbeitskreis bzw. das Arbeitspaket bei der Konzepterstellung wurden<br />

„Öffentlichkeitsarbeit“ benannt, das schließt aber Bildung grundsätzlich mit ein.<br />

38. Das Bilanzgebiet schließt ein verwaltungsrechtlich nicht zu Stralsund gehörendes aber für<br />

die Stralsunder wichtiges Einkaufgebiet mit ein. Das „Käseglockenprinzip“ lässt sich am<br />

besten anhand eines Urlaubers illustrieren, der mit dem Auto, vom Festland kommend,<br />

nach Rügen will und dabei das Stadtgebiet durchquert: Die CO 2 -Emissionen aus der<br />

durch Stralsund führenden Teilstrecke werden in diesem Falle mit bilanziert.<br />

39. Auch dazu ein Beispiel: Für jede Kilowattstunde Elektroenergie, die in Stralsund<br />

„verbraucht“ wird, werden die anteiligen CO 2 -Emissionen mit bilanziert – auch wenn die<br />

Elektroenergie ganz überwiegend nicht in Stralsund „produziert“ wurde.<br />

160


4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse<br />

Abb. 8: CO 2 -Emissionen nach Sektoren. Hansestadt Stralsund, 2007<br />

(Eigene Darstellung nach: HANSESTADT STRALSUND 2010)<br />

Die Bilanz ist fortschreibbar, sie eignet sich daher auch als Monitoring-<br />

Instrument für den weiteren Klimaschutzprozess.<br />

Mit dem Konzept wird das Ziel aufgestellt, „die CO 2 -Emissionen im<br />

Stadtgebiet alle fünf Jahre um 10 % beginnend 2010 zu verringern.“<br />

(ebd., S. 71) Dieses Ziel orientiert sich an dem Ziel des Klimabündnis,<br />

und mit dem Beitritt zum Klimabündnis hat die Stadt dieses Ziel bereits<br />

2009 bekräftigt (HANSESTADT STRALSUND 2009b).<br />

Das Klimaschutzkonzept beinhaltet insgesamt 36 Maßnahmen, mit denen<br />

das Klimaschutzziel erreicht werden soll (HANSESTADT STRAL-<br />

SUND 2010, S. 72-148). Zur Auswahl dieser Maßnahmen wurden<br />

Klimaschutzkonzepte anderer Kommunen gesichtet, die dort enthaltenen<br />

Maßnahmen wurden auf ihre Übertragbarkeit nach Stralsund hinterfragt,<br />

und die am besten geeigneten Maßnahmen wurden dann für die<br />

Stralsunder Verhältnisse detaillierter ausgearbeitet. Im Ergebnis werden<br />

für jede der 36 Maßnahmen Ziele genannt, das Energieverbrauchsund<br />

CO 2 -Minderungspotenzial abgeschätzt, wirtschaftliche Aspekte<br />

beleuchtet und Akteure sowie Handlungsschritte benannt. Dabei werden<br />

folgende Sektoren berücksichtigt:<br />

Klimaschutzziel<br />

Maßnahmen<br />

• Energie und Gebäude: 15 Maßnahmen, z.B.: Sanierung<br />

von Gebäudehüllen, Heizungsanlagenmodernisierung,<br />

161


4 Lokale Agenda 21<br />

Solarkollektoren und Photovoltaik sowie Ausbau der Fernwärme.<br />

• Verkehr: 8 Maßnahmen, z.B. fahrradfreundliche Stadt,<br />

Attraktivitätssteigerung des Busverkehrs, Ertüchtigung der<br />

Park+Ride-Parkplätze und Integration von Nahverkehrsinformationen<br />

in die Tourismusinformation.<br />

• Öffentlichkeitsarbeit: 13 Maßnahmen, z.B.: Klimaschutz-<br />

Website, Energiesparen in Schulen, Ökostrom für kommunale<br />

Liegenschaften, Solarflächenbörse. Zudem wurde hier<br />

auch die Maßnahme eines Klimaschutzmanagers eingeordnet.<br />

Szenarien und<br />

Modellrechnungen<br />

Die Fachhochschute Stralsund hat für den Zeithorizont 2050 fünf umweltpolitische<br />

Szenarien erstellt und dazu, basierend auf der Energieund<br />

CO 2 -Bilanz, Modellrechnungen durchgeführt. Damit konnte gezeigt<br />

werden, dass eine sehr weitgehende Reduzierung der CO 2 -Emissionen<br />

in Stralsund möglich ist. Es wurde aber auch deutlich, dass dafür<br />

nicht nur die im Klimaschutzkonzept vorgeschlagenen Maßnahmen<br />

umgesetzt, sondern auch Stadt-extern günstige Rahmenbedingungen<br />

geschaffen werden müssen.<br />

162


4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse<br />

Abb. 9:<br />

Verringerung der CO 2 -Emissionen der Hansestadt Stralsund. Szenarienvergleich<br />

– Zeithorizont: 2050 (Eigene Darstellung nach: HANSE-<br />

STADT STRALSUND 2010)<br />

Szenario 1:<br />

Wärme: 50 % Heizbedarfsenkung; 10 % Effizienzsteigerung in allen<br />

Bereichen; solare Warmwasser-Bereitung; Mini-BHKW mit Biogas<br />

betrieben; Wärmepumpen mit Strom aus Mini-BHKW betrieben;<br />

Fernwärme aus Bio-HKW und Erdgaskesseln gespeist.<br />

Strom: Installation von Photovoltaikanlagen (14 MW) und Windkraftanlagen<br />

(2 MW); Reststrombedarf durch Strom-Mix von 2007<br />

gedeckt<br />

Verkehr: 25 % flüssige Biokraftstoffe; 50 % Strom (Mix 2007); 25 %<br />

Erdgas<br />

Szenario 2: Annahmen wie in Szenario 1, aber zusätzlich 100 % Bioerdgas<br />

im Wärmebereich<br />

Szenario 3: Annahmen wie in Szenario 2, aber zusätzlich 100 %<br />

CO 2 -neutrale Energiequellen im Strombereich<br />

Szenario 4: Annahmen wie in Szenario 3, aber zusätzlich 100 % Bioerdgas<br />

im Verkehrsbereich<br />

Szenario 5: Annahmen wie in Szenario 4, aber zusätzlich 100 %<br />

CO 2 -neutrale Energiequellen im Verkehrsbereich<br />

163


4 Lokale Agenda 21<br />

Konzeptionelle und<br />

operative<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Maßnahmen zur<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

im<br />

Klimaschutzkonzept<br />

Öffentlichkeitsarbeit wurde auf zwei unterschiedlichen Ebenen realisiert:<br />

• Auf der konzeptionellen Ebene wurden – wie auch für die<br />

anderen Sektoren – Maßnahmen für das Klimaschutzkonzept<br />

erarbeitet, die künftig umgesetzt werden sollen.<br />

• Zusätzlich wurde jedoch auch operativ gearbeitet, d.h.<br />

bereits im laufenden Klimaschutzprozess wurde die Öffentlichkeit<br />

informiert.<br />

Ca. 50% der CO 2 -Emissionen der Stadtverwaltung (und somit – in ganz<br />

grober Näherung – auch 50% der städtischen Energiekosten) entfallen<br />

auf Schulen. Daher wurde das Energiesparen in Schulen als Maßnahme<br />

in das Konzept aufgenommen. Andererseits haben die Schulen nur<br />

einen Anteil von ca. 1% an den insgesamt in Stralsund erzeugten CO 2 -<br />

Emissionen, d.h. ca. 99% werden an anderer Stelle erzeugt. Daher sollen<br />

mit anderen Maßnahmen auch vielfältige weitere Zielgruppen angesprochen<br />

werden, so z.B. Unternehmen, Hauseigentümer/Bauherren,<br />

private Haushalte und Hausmeister kommunaler Liegenschaften.<br />

Im Klimaschutzkonzept wird vorgeschlagen, auf der städtischen Website<br />

eine Klimaschutzwebsite einzurichten. Dabei ist zu berücksichtigen,<br />

dass das Internet eher von den gesellschaftlichen Leitmilieus und<br />

den hedonistischen Milieus genutzt wird (vgl. weiter unten den Exkurs:<br />

Die Lernenden im Fokus). Auch wenn diese Website eingerichtet ist,<br />

müssen daher weiterhin andere Medien bzw. Aktionsformate genutzt<br />

werden, so lassen sich z.B. traditionelle Milieus besser über lokale<br />

Printmedien wie Tageszeitungen oder (kommunale bzw. kirchliche)<br />

Gemeindeblätter erreichen (vgl. WIPPERMANN et. al 2009).<br />

Auch wenn die Maßnahmen im Bereich Öffentlichkeitsarbeit überwiegend<br />

auf die Aufklärung der Bevölkerung zielen, ist doch die Schaffung<br />

von Ermöglichungsstrukturen mit gedacht. Mit der<br />

Solarflächenbörse soll eine Voraussetzung dafür geschaffen werden,<br />

dass Bürger, die über keine eigenen Flächen verfügen, dennoch (einzeln<br />

oder z.B. als Bürgersolarverein) in die Solarenergie investieren können.<br />

Und unter dem Titel „Energiesparen an Schulen“ versammeln sich<br />

mehrere Teilmaßnahmen, die darauf zielen, dass Schulen – über die reine<br />

Bildung hinaus – starke Akteure im Klimaschutz werden können.<br />

Operative<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Bereits seit Gründung des Klimarats hat der AKÖ öffentlich für den<br />

Klimaschutz geworben. Da der AKÖ ganz überwiegend ehrenamtlich<br />

und ohne eigenes Budget arbeitet, war das Spektrum der Handlungsmöglichkeiten<br />

eingeschränkt. Dennoch konnten u.a. folgende Aktivitäten<br />

realisiert werden (vgl. auch LANGNER <strong>2011</strong>j):<br />

164


4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse<br />

Der alljährliche Stralsunder Umwelt- und Gesundheitsmarkt wurde<br />

2009 unter das Motto „Prima Klima für Stralsund!“ gestellt. Gemeinsam<br />

mit vielen weiteren Akteuren konnte ein vielfältiges Informationsangebot<br />

zu Themen wie Energieeffizienz im Haushalt, energiesparende<br />

Gebäude, Nutzung erneuerbarer Energien aufgestellt werden. Ca. 1000<br />

Besucher wurden erreicht.<br />

Beim Umwelt- und Gesundheitsmarkt 2010 präsentierte der AKÖ die<br />

Begehbare CO 2 -Bilanz, welche die wichtigsten Ergebnisse der Energie-<br />

und CO 2 -Bilanz als dreidimensionale Installation darbietet.<br />

Werner wurden Aktionen zum Tag der Erneuerbaren Energien 40 2010<br />

und <strong>2011</strong> organisiert, Presseinformationen herausgegeben und ein Bürgerinformationsblatt<br />

zum Klimaschutzkonzept erstellt.<br />

Diese Aktivitäten zielten darauf, möglichst viele Bürger über den Klimaschutzprozess<br />

zu informieren, für diesen Prozess zu werben und informelle<br />

Lernprozesse anzustoßen.<br />

Exkurs: <strong>BNE</strong> und informelles Lernen<br />

„Informelles Lernen“ kann unter verschiedenen Blickwinkeln definiert<br />

werden. Nimmt man die Organisationsform des Lernens als Ansatzpunkt,<br />

so sind „die Lernprozesse … informell, die ihren Platz<br />

außerhalb formaler Institutionen oder nonformaler Kursangebote haben<br />

und auch nicht von dieser Seite finanziert werden.“ (OVERWIEN<br />

2009, S. 24) Eine differenziertere Definition stammt von LIVINGSTO-<br />

NE (1999, S. 68f). Demnach ist informelles Lernen „...jede mit dem<br />

Streben nach Erkenntnissen, Wissen oder Fähigkeiten verbundene<br />

Aktivität außerhalb der Lehrangebote von Einrichtungen, Bildungsmaßnahmen,<br />

Lehrgänge oder Workshops“. Dabei legt der Lernende<br />

(einzeln oder gemeinsam mit anderen) die Ziele, Inhalte, Mittel etc.<br />

selber fest. Informelles Lernen ist mehr als die bloße Alltagswahrnehmung;<br />

es beginnt für Livingstone erst, wenn „die Lernenden<br />

selbst ihre Aktivitäten bewusst als signifikanten Wissenserwerb einstufen.“<br />

(ebd.)<br />

40. Vgl. www.energietag.de<br />

165


4 Lokale Agenda 21<br />

Zum Umfang des informellen Lernens (zu seinem Anteil an den<br />

Lernprozessen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens absolviert)<br />

gibt es unterschiedliche Angaben, was angesichts der begrifflichen<br />

Unschärfe nicht verwundern kann. FAURE (1973), der z.B. auch Bildungsmöglichkeiten<br />

wie Bibliotheken, Museen, Radio und Fernsehen<br />

mit einbezog, kam zu einem Anteil von 70%. „Tendenziell“ wird<br />

der Umfang des informellen Lernens in nordamerikanischen Untersuchungen<br />

zwischen 70% und 80% angegeben, in deutschen Studien<br />

liegen die Angaben teilweise deutlich darunter. (OVERWIEN 2009, S.<br />

36-37)<br />

Die Frage, inwieweit informelles Lernen zur <strong>BNE</strong> beitragen kann, ist<br />

wissenschaftlich noch kaum untersucht. GÖLL (2009) identifiziert informelle<br />

Lernprozesse in der Lokalen Agenda 21. RODEMANN (2009)<br />

hat Hinweise darauf gefunden, dass ein ehrenamtliches Engagement<br />

bei Greenpeace die Gestaltungskompetenz fördert. DÜX/SASS (2009)<br />

beschreiben den Kompetenzerwerb Jugendlicher durch freiwilliges<br />

Engagement in verschiedenen Kontexten.<br />

Weiter geht die Position von BRODOWSKI (2009, S. 70-71), die sich<br />

letztlich damit auf den Punkt bringen lässt, dass <strong>BNE</strong> ohne informelles<br />

Lernen undenkbar ist. Er betont, in der <strong>BNE</strong> gehe es weniger darum,<br />

fertige Nachhaltigkeits-Lösungen zu lehren, sondern „in erster<br />

Linie um die Veränderung mentaler Modelle und Aufmerksamkeitsregeln<br />

sowie um das Erlernen von inter- und transdisziplinären Lösungsstrategien<br />

aller gesellschaftlicher Akteure (Stakeholder).“<br />

Solches Lernen endet und manifestiert sich nicht in Bildungszertifikaten,<br />

sondern in den „tatsächlich ausgeübten Handlungs-, Kommunikations-<br />

und Lernmustern der Akteure“. Dabei muss geklärt<br />

werden, „welche Lernprozesse und Bildungsformen zu welchen Ergebnissen<br />

führen“ und wie formelles und informelles Lernen sinnvoll<br />

aufeinander bezogen werden können. Wenn informelle Lernprozesse<br />

im Sinne der <strong>BNE</strong> genutzt werden sollen, müssen dafür geeignete<br />

„Rahmenbedingungen und Implementierungsmöglichkeiten“ bereitgestellt<br />

werden, und es ist „Offenheit für strukturelle Veränderungen<br />

und Formen, diese gemeinsam zu vollziehen“, nötig.<br />

Übertragbarkeit<br />

Der kommunale Klimaschutz hat bereits jetzt eine hohe Dynamik, u.a.<br />

aufgrund der Stimulation durch Akteure wie das Klima-Bündnis und<br />

aufgrund der finanziellen Förderung durch die Bundesregierung. Für eine<br />

Übertragbarkeit in andere Kommunen bestehen daher gute Voraussetzungen,<br />

viele deutsche Kommunen sind bereits weiter als Stralsund,<br />

und in Stralsund wurde Know-How aus anderen kommunalen Klimaschutzprozessen<br />

gezielt genutzt.<br />

166


4.1 Einblicke in Lokale Agenda 21-Prozesse<br />

Die im Klimaschutzkonzept der Hansestadt Stralsund vorgeschlagenen<br />

Maßnahmen sind derzeit (Sommer <strong>2011</strong>) noch nicht umgesetzt, und zu<br />

den bisherigen Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit wurde aus Gründen<br />

mangelnder Ressourcen keinerlei Wirkungsforschung durchgeführt.<br />

Die Hansestadt Stralsund kann daher hier „nur“ als Beispiel dienen, an<br />

dem generelle Verbindungen zwischen kommunalem Klimaschutz und<br />

<strong>BNE</strong> herausgearbeitet werden.<br />

Die Hansestadt Stralsund kann ferner als Beispiel dafür dienen, wie<br />

Vorgehensweisen aus der Lokalen Agenda 21 (Indikatoren aufstellen,<br />

Ist-Stand ermitteln, Ziele und Pläne formulieren, Partizipation, Einrichtung<br />

von Gremien...) im kommunalen Klimaschutz weiter genutzt werden.<br />

Die <strong>BNE</strong> sollte „Schlüsselthemen“ einer nachhaltigen Entwicklung<br />

aufgreifen (vgl. Kap. 3.3). Der Klimawandel ist zweifelsohne ein solches<br />

Schlüsselthema – aber er ist in seiner Komplexität und in seiner<br />

räumlichen bzw. zeitlichen Dimension (global und über Jahrzehnte) nur<br />

schwer vermittelbar. Kommunale Klimaschutzprozesse bieten die<br />

Chance, das Thema auf menschliche Dimensionen „herunter zu brechen“.<br />

Das sollte aber auch nicht zu einer Simplifizierung führen – wie<br />

also können Merkmale des Klimawandels wie Zeitverzögerung und<br />

Selbstverstärkung (BROT FÜR DIE WELT/EED/BUND 2008, S.37-41),<br />

die diesen so schwer beherrschbar machen, in der <strong>BNE</strong> angemessen thematisiert<br />

werden?<br />

Implikationen für die<br />

<strong>BNE</strong><br />

Kommunale Klimaschutzprozesse bieten die Chance, dass Bildungsakteure<br />

und Lernende eine aktive Rolle als Mitgestalter einer klimafreundlichen<br />

Gesellschaft einnehmen, anstatt nur einer drohenden<br />

Gefahr hilflos ausgesetzt zu sein. Sie bieten die Chance, dass Optionen<br />

für umweltfreundliches / verantwortliches Handeln geschaffen werden,<br />

anstatt die Bevölkerung nur von oben herab zu belehren. Sie bieten ferner<br />

die Chance, am konkreten Beispiel zu vermitteln, wie Wissen um eine<br />

nachhaltige Entwicklung geschaffen wird.<br />

Der Klimaschutz als umweltpolitischer Kontext bietet langfristige Entwicklungsziele.<br />

Das ist eine Chance für eine auf Gestaltung der Zukunft<br />

ausgerichtete Pädagogik. Es ist aber auch eine Herausforderung, und<br />

Lernarrangements bzw. Bildungsprojekte, die „vom Ende her” denken<br />

und z.B. das Leben in einer Gesellschaft thematisieren, in der künftig<br />

jeder Mensch weltweit nur noch 1 bis 2,5 t CO 2 pro Jahr produziert 41 –<br />

oder die die für dieses Leben notwendigen Werte suchen, Kompetenzen<br />

vermitteln etc. – sind bislang Mangelware.<br />

41. Bei HEINZ 2010 wird der Zielwert 1 t pro Kopf und Jahr genannt (ZUKUNFTSRAT<br />

HAMBURG 2010a), die im Klima-Bündnis vereinten Kommunen streben einen Zielwert<br />

von 2,5 t pro Kopf und Jahr an (KLIMA-BÜNDNIS <strong>2011</strong>)<br />

167


4 Lokale Agenda 21<br />

Auch wenn der Klimaschutz in der Bevölkerung eine relativ hohe Zustimmung<br />

genießt (WIPPERMANN et. al 2009), steht er doch in engem<br />

Zusammenhang zu anderen konfliktträchtigen Themenfeldern wie z.B.<br />

Kernenergie, Windkraft oder Bioenergie. Bildungsakteure sollten darauf<br />

vorbereitet sein, bzw. in ihren Lernarrangements solche Konflikte<br />

aktiv mit aufgreifen.<br />

Exkurs: Die Lernenden im Fokus<br />

Adressaten von umweltpolitischer Bildungs- bzw. Öffentlichkeitsarbeit<br />

sind letztlich konkrete Menschen. Nun können entsprechende<br />

Maßnahmen nicht für jeden einzelnen Menschen spezifisch zugeschnitten<br />

werden, aber eine globale Zielgruppe wie „die Verbraucher“<br />

ist ebenso wenig praktikabel, weil die darunter versammelten<br />

Individuen z.B. ganz unterschiedliche Lebensauffassungen und Lebensweisen<br />

haben können.<br />

In der kommerziellen Werbung werden Zielgruppen seit langem in<br />

soziale Milieus eingeteilt. Milieus bilden die soziale Lage, Werteorientierungen<br />

und Lebensstile der Menschen ab. Das in Deutschland<br />

bekannteste Modell der Sinus-Milieus ® gibt es seit Beginn der 80er<br />

Jahre; das aktuelle Modell für das gesamte Deutschland gibt es seit<br />

2001. Dieses Modell unterscheidet:<br />

• gesellschaftliche Leitmilieus (Etablierte, Postmaterielle<br />

und moderne Performer)<br />

• traditionelle Milieus (Konservative, Traditionsverwurzelte<br />

und DDR-Nostalgische)<br />

• Mainstream-Milieus (Bürgerliche Mitte und Konsum-<br />

Materialisten)<br />

• hedonistische Milieus (Experimentalisten und Hedonisten)<br />

(WIPPERMANN et. al 2009).<br />

168


4.2 Methoden zur Bürgerbeteiligung<br />

Sinus-Milieus ® als Zielgruppen<br />

WIPPERMANN et. al (2009) haben die milieuspezifischen Umwelteinstellungen<br />

der Deutschen in einer repräsentativen Umfrage untersucht<br />

und daraus Schlussfolgerungen für die Umweltkommunikation<br />

abgeleitet. Sie halten es für „dringend notwendig, dass sich die Umweltkommunikation<br />

zukünftig stärker an den konkreten Bedingungen<br />

der milieuspezifischen Lebenswelten der Menschen ausrichtet.<br />

Die Milieus der „Etablierten“, „Postmateriellen“, „Modernen Performer“<br />

sowie der „Bürgerlichen Mitte“ schlagen wir als Kernzielgruppen<br />

einer künftig verbesserten Umweltkommunikation vor, da diese<br />

Milieus vor allem eine sehr starke Leit- und Multiplikatorenfunktion<br />

für die Gesellschaft insgesamt ausüben. Dabei haben aber bislang nur<br />

die „Postmateriellen“ eine stark ausgeprägte Umweltaffinität in ihren<br />

Einstellungen.<br />

Die drei anderen Leitmilieus gilt es daher erst einmal intensiver davon<br />

zu überzeugen, dass tatsächlich mittels Umweltschutz eine verbesserte<br />

Lebensqualität zu erreichen ist. In Bezug auf die übrigen<br />

Milieus ist eine stark fokussierte, mit möglichst einfachen Botschaften<br />

und öffentlichen Vorbildern arbeitende Umweltkommunikation<br />

zu empfehlen.“ (ebd., S. 9)<br />

Die Lernenden unterscheiden sich aber nicht nur nach soziologischen,<br />

sondern auch nach lernpsychologischen Merkmalen. Das wird<br />

u.a. mit dem Begriff Lerntypen gefasst, auf den hier aber nicht näher<br />

eingegangen werden soll.<br />

4.2 Methoden zur Bürgerbeteiligung<br />

Die Agenda 21 richtet sich überwiegend an die Regierungen dieser Erde.<br />

Dennoch kann eine nachhaltige Entwicklung nur gelingen, wenn<br />

daraus eine Bürgerbewegung wird. Partizipation ist ein tragendes Element<br />

einer nachhaltigen Entwicklung, und der gesamte Teil III der<br />

Agenda 21 widmet sich der Beteiligung wichtiger Gruppen. Hier wird<br />

nicht nur die Rolle der Kommunen erörtert (Kapitel 28), sondern auch<br />

z.B. die der Frauen (Kapitel 24), der Kinder und Jugendlichen (Kapitel<br />

25), der nichtstaatlichen Organisationen (Kapitel 27) und der Privatwirtschaft<br />

(Kapitel 30). So heißt es z.B. im Kapitel 25: „Es ist zwingend<br />

erforderlich, daß Jugendliche aus allen Teilen der Welt auf allen für sie<br />

relevanten Ebenen aktiv an den Entscheidungsprozessen beteiligt werden...“<br />

(BUNDESUMWELTMINISTERIUM 1992, S. 222). Sehr erhellend<br />

169


4 Lokale Agenda 21<br />

werden verschiedene Aspekte und Begründungen der Bürgerbeteiligung<br />

von REINERT (2003) und RENN (2003) herausgearbeitet.<br />

Partizipation wird in der Agenda 21 gleichermaßen als ein Recht der<br />

Bürger und eine Chance für eine nachhaltige Entwicklung verstanden.<br />

36% der Bundesbürger könnte es sich nach eigener Aussage vorstellen,<br />

sich im Umwelt-/Naturbereich zu engagieren, aber nur 4% engagieren<br />

sich bereits (BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG<br />

2009, S. 68). Es besteht somit eine gewaltige Lücke zwischen Bereitschaft<br />

und tatsächlichem Engagement. Diese Lücke kann einerseits damit<br />

erklärt werden, dass es wesentlich leichter ist, sich verbal zu äußern<br />

als sich praktisch zu engagieren. Für unsere Zwecke im Fernstudium<br />

Umwelt&Bildung ist es aber wesentlich fruchtbarer, diese Lücke als<br />

Potenzial zu verstehen und zu fragen, wie das Potenzial für eine nachhaltige<br />

Entwicklung geweckt werden kann.<br />

Wie kann eine – über die repräsentative Demokratie hinausgehende –<br />

Partizipation auf kommunaler Ebene sinnvoll arrangiert werden? Welche<br />

Methoden sind dafür geeignet und welche Verbindungen zur <strong>BNE</strong><br />

können wir ziehen? Welche Rolle spielen überhaupt Methoden in der<br />

Bildungsarbeit und wie können sie eingesetzt werden? Nachfolgend<br />

werden konkrete Methoden der Bürgerbeteiligung vorgestellt, um die<br />

beiden ersten Fragen zu beantworten und um Sie darauf einzustimmen,<br />

dass Sie sich im Modul 3: Didaktik der Umweltbildung sowie Didaktische<br />

Modelle tiefer mit der dritten Frage auseinandersetzen werden. Zur<br />

Vertiefung seien die Handbücher von APEL ET.AL. (1998) sowie von<br />

LEY/WEITZ (2003) empfohlen.<br />

Die unten vorgestellten Methoden eint, dass sie nicht im Sinne des klassischen<br />

Unterrichts auf die Vermittlung von Wissen setzen; vielmehr<br />

dienen sie dazu, dass alle Teilnehmer gemeinsam Wissen erarbeiten,<br />

welches für Entscheidungen oder deren Umsetzung benötigt wird. Derartige<br />

Methoden wurden bereits lange vor der Konferenz von Rio entwickelt;<br />

nichtsdestoweniger können sie auch heute fruchtbringend in<br />

Lokale-Agenda-Prozessen oder der <strong>BNE</strong> eingesetzt werden.<br />

Gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren im Umwelt- und<br />

Planungsrecht werden hingegen nicht thematisiert.<br />

4.2.1 Open Space<br />

Die Methode wurde von dem US-amerikanischen Organisationsberater<br />

OWEN (2001) entwickelt. Ausgangspunkt war die – für ihn leidvolle –<br />

Erfahrung, dass bei Kongressen mitunter die Pausengespräche ergiebiger<br />

sind als das Vortragsprogramm. Dieses Potenzial will Open Space<br />

170


4.2 Methoden zur Bürgerbeteiligung<br />

aktivieren. Die Methode wird nachfolgend in Anlehnung an PETRI<br />

(2003) vorgestellt.<br />

Open Space will viele Menschen auf freiwilliger Basis in einen Diskussionsprozess<br />

einbinden. Die Teilnehmer sollen aktiviert werden, sie sollen<br />

Freiraum für einen kreativen Austausch zu den Aspekten des<br />

Themas, die ihnen besonders wichtig sind, erhalten.<br />

Ziele<br />

Als Fallbeispiel für einen Open Space kann die ANU Bundestagung<br />

„Umweltbildung und Globales Lernen – Die Kooperation der Zukunft!“<br />

gelten, die im November 2006 in Hannover stattfand. Die ANU (Arbeitsgemeinschaft<br />

Natur- und Umweltbildung e.V.) ist der Dachverband<br />

der außerschulischen Umweltbildungseinrichtungen und freien<br />

Umweltpädagogen. Die Open Space Konferenz diente dem Anliegen<br />

der Organisationsentwicklung, d.h. die ANU wollte die verschiedenen<br />

Akteure zusammenbringen, im Austausch mit Vertretern des Globalen<br />

Lernens die eigenen Konzepte reflektieren, die eigene Umweltbildungsarbeit<br />

im Sinne der <strong>BNE</strong> weiterentwickeln und neue Partnerschaften<br />

vorbereiten. (ANU o.J. a)<br />

Open Space ist eine Großgruppenmethode. Sie zeigt ihre Stärken bei<br />

Teilnehmerzahlen von mehreren Dutzend bis zu mehreren Hundert. Die<br />

als Fallbeispiel vorgestellte ANU Bundestagung hatte ca. 130 Teilnehmer<br />

(ANU o.J. a). Eine heterogene Teilnehmerstruktur (verschiedene<br />

Altersstufen, Kompetenzen oder kulturelle Hintergründe) ist förderlich.<br />

Teilnehmer<br />

Open space stellt relativ hohe Anforderungen an die Teilnehmer. Es ist<br />

ein gewisses Maß an Selbstvertrauen, Fach- und Methodenkompetenz<br />

erforderlich, um ohne Vorbereitung eine kleine Arbeitsgruppe erfolgreich<br />

zu leiten und die Arbeit dann auch noch für Außenstehende nachvollziehbar<br />

zu protokollieren.<br />

Bei Open Space wird weitestgehend auf eine zentrale Steuerung verzichtet;<br />

entsprechend gering sind die Anforderungen hinsichtlich Diskussionsleitern<br />

bzw. Moderatoren.<br />

Voraussetzungen<br />

Ein Rahmenthema, ein Ort und eine Zeitstruktur werden jedoch bereits<br />

in der Planungsphase vom Veranstalter festgelegt und den Teilnehmern<br />

mit der Einladung bzw. zu Beginn des Arbeitsprozesses vorgegeben.<br />

Das Thema sollte ausreichend komplex und ggf. auch konfliktbeladen<br />

sein, für die Teilnehmer eine hohe Relevanz besitzen und ausreichend<br />

offen für die partizipative Mitwirkung sein.<br />

Zudem werden ausreichend Raum, Zeit und Material benötigt:<br />

Als Raumausstattung werden ein Plenarsaal (für alle Teilnehmer) sowie<br />

ausreichend viele Arbeiträume für Kleingruppen benötigt. Bei gutem<br />

171


4 Lokale Agenda 21<br />

Wetter können Kleingruppen auch in ruhigen Eckem im Freien arbeiten.<br />

Der Zeitbedarf beträgt anderthalb bis maximal drei Tage. Pro Tag können<br />

vier Kleingruppenphasen zu je anderthalb Stunden durchgeführt<br />

werden, hinzu kommen die Plenumsphasen.<br />

Alle Arbeitsräume sollten mit gängigem Moderationsmaterial wie Papier,<br />

Stiften und Pinnwänden ausgestattet sein.<br />

Im Fallbeispiel der ANU Bundestagung war das Thema „Umweltbildung<br />

und Globales Lernen – Die Kooperation der Zukunft!“ vorgegeben.<br />

1,5 Tage waren für den Open Space reserviert. In diesem Zeitraum<br />

bildeten sich insgesamt 40 Arbeitsgruppen, z.B. zu folgenden Aspekten:<br />

• Wassertropfen spiegeln die Vielfalt der Welt<br />

• Wie kann <strong>BNE</strong> in Freiwilligendienste (FÖJ, FSJ) integriert<br />

werden?<br />

• Umweltbildung in und mit Osteuropa<br />

• Freiberufler – nachhaltig? Fördermöglichkeiten<br />

• Infoaustausch zum Film „We feed the world“<br />

• Netzwerke und internationale Kooperationen an Schulen,<br />

Unis, Medien<br />

• Welche Themen sind besonders geeignet für die Arbeit mit<br />

Gruppen mit Migrationshintergrund?<br />

• Jugendbildung zum Thema „Konsum und Globalisierung“.<br />

(ANU o.J. b)<br />

Ablauf<br />

Eine Open Space Konferenz beginnt mit einer Plenumsphase. Hier werden<br />

Thematik und Spielregeln vorgestellt. Die Teilnehmer werden eingeladen,<br />

eigene Aspekte oder Fragestellungen zum Konferenzthema<br />

vorzustellen und dazu jeweils einen Workshop anzubieten. Die Workshops<br />

werden auf die vorhandenen Räume und in das vorgegegebe<br />

Zeitraster eingepasst, so dass das Konferenzprogramm letztlich von den<br />

Teilnehmern selbst geschrieben wird.<br />

Die Kleingruppenphasen schließen sich an. In jeweils etwa anderthalb<br />

Stunden finden parallele Workshops statt, die von den Teilnehmern geleitet<br />

werden, welche das entsprechende Thema vorgeschlagen haben.<br />

Zur Arbeitsweise innerhalb der Workshops gibt es keine Vorgaben, von<br />

einer mehr oder weniger strukturierten Diskussion bis hin zu kreativen<br />

Arbeitstechniken ist alles erlaubt.<br />

172


4.2 Methoden zur Bürgerbeteiligung<br />

Am Ende eines Tages, am Beginn eines neuen Tages bzw. am Ende der<br />

Konferenz finden wieder Plenarsitzungen statt, wo bisheriges resümiert<br />

oder die Tagesordnung aktualisiert wird.<br />

Die Konferenzleitung sammelt am Ende bzw. im Nachgang die Protokolle<br />

der Workshopleiter ein und wertet diese aus, um ein Gesamtbild<br />

zu erstellen und dieses dem Veranstalter sowie allen Teilnehmern zur<br />

Verfügung zu stellen.<br />

Die ANU (o.J. a) hat die Tagungsdokumentation veröffentlicht. Sie umfasst<br />

die Protokolle der 40 Arbeitsgruppen sowie eine Dokumentation<br />

von 15 konkreten nächsten Schritten (Projektinitiativen etc.), die auf der<br />

Tagung verabredet wurden. Einen aktuellen Stand der Umsetzung hat<br />

die ANU leider nicht dokumentiert, so dass das hier auch nicht ausgewertet<br />

werden kann. Den in der Dokumentation enthaltenen Vorschlag<br />

„Biodiversität – als Thema für die nächste ANU Bundestagung“ hat die<br />

ANU offenbar umgesetzt – diese Tagung fand am 29.11. - 1.12. 2007 in<br />

Witzenhausen statt.<br />

Open Space kann eingesetzt werden, wenn ein Diskussions- und Entscheidungsprozess<br />

noch am Anfang steht oder eine grundlegende Neuorientierung<br />

fällig ist und die Gedanken vieler Menschen einbezogen<br />

werden sollen.<br />

Potenzial für die<br />

Bürgerbeteiligung<br />

PRILL (2003) skizziert, wie Open Space im Rostocker Stadtteil Groß<br />

Klein eingesetzt wurde, um über die Frage zu diskutieren, wie nach der<br />

Deutschen „Wende“ das Leben in dem Stadtteil wieder attraktiver gestaltet<br />

werden könnte. Die HANSESTADT LÜBECK hat Open Space zu<br />

Beginn ihres Lokale Agenda 21 Prozesses eingesetzt, um erste Themen<br />

zu sammeln, insgesamt waren hier ca. 1.000 Menschen beteiligt.<br />

Eine grundlegende Neuorientierung partizipativ zu gestalten, war auch<br />

Anliegen der ANU Bundestagung. Für die in der ANU vereinten Umweltpädagogen<br />

erfordert das Leitbild der Nachhaltigkeit eine deutliche<br />

Erweiterung des Horizonts und eine Neuorientierung der pädagogischen<br />

Konzepte. Auch wenn die ANU sich bereits 1998 ein erstes Mal<br />

zur <strong>BNE</strong> positioniert hatte (vgl. Kap. 3.1.3), herrscht an der Basis des<br />

Verbands noch immer ein erheblicher Orientierungsbedarf. Die Methode<br />

wurde hier also sinnvoll eingesetzt. Die Methode ist für die <strong>BNE</strong> interessant,<br />

denn sie aktiviert Teilnehmer und spricht ihre Kreativität an.<br />

Sie fördert ein in hohem Maße selbstbestimmtes Lernen; die Teilnehmer<br />

können nicht nur selber auswählen, welche Workshops sie besuchen,<br />

sondern sie können selber Workshops vorschlagen und leiten und<br />

dabei Erfahrungen machen, die ihnen andere Lernformen kaum ermöglichen.<br />

Potenzial für die <strong>BNE</strong><br />

173


4 Lokale Agenda 21<br />

4.2.2 Zukunftswerkstatt<br />

Die Methode Zukunftswerkstatt wurde von JUNGK/MÜLLERT (1985)<br />

entwickelt, sie fand in der Umwelt- und Friedensbewegung eine weite<br />

Verbreitung (als Online-Ressource siehe STIFTUNG MITARBEIT o.J.). In<br />

der nachfolgenden Darstellung der Methode orientiere ich mich an eigenen<br />

Erfahrungen beim Einsatz der Methode in Schulen 42 , die auf der<br />

Darstellung von JUNGK/MÜLLERT aufbauen.<br />

Ziele<br />

Mit einer Zukunftswerkstatt sollen konkrete Entscheidungen und konkretes<br />

Handeln partizipativ vorbereitet werden. Die Interessen der Betroffenen<br />

sollen mit einfließen, ihr Wissen und ihr Engagement sollen<br />

als Ressource für notwendige Veränderungen gewonnen werden.<br />

Ein passendes Fallbeispiel könnte sein, dass eine Schule ihr Schulgelände<br />

umgestalten will und dass dabei die Lehrer, Eltern und Schüler mit<br />

einbezogen werden sollen.<br />

Teilnehmer<br />

An einer Zukunftswerkstatt sollten Menschen teilnehmen, die von den<br />

Entscheidungen bzw. dem Handeln betroffen sind bzw. die die Verantwortung<br />

dafür tragen. Gruppengrößen von ca. 20 Teilnehmern sind ideal.<br />

Bei größeren Gruppen muss die Methode angepasst oder auf eine<br />

Teilmenge der Betroffenen begrenzt werden. Auch für jüngere Teilnehmer<br />

kann die Methode adaptiert werden; schon Kinder können z.B. mit<br />

Zeichnungen oder dem Bau von Modellen ihre Vorstellungen von ihrem<br />

Schulgelände zum Ausdruck bringen.<br />

Zudem wird ein Moderator benötigt, der die Werkstatt leitet; er (oder<br />

sie) sollte möglichst neutral (nicht in die zu verhandelnden Fragen und<br />

Probleme involviert) und neugierig (an den Fragen interessiert) sein.<br />

Der Moderator steuert den Diskussionsprozess, stellt Fragen, gibt aber<br />

nicht die Antworten. Er achtet darauf, dass die Teilnehmer wichtige<br />

Fragen konsequent zu Ende denken und sich nicht verzetteln. Er achtet<br />

darauf, dass die „Spielregeln“ und der Zeitplan eingehalten werden.<br />

Voraussetzungen<br />

Eine grundlegende Voraussetzung ist, dass die Teilnehmenden innerhalb<br />

der gewählten Themenstellung überhaupt Gestaltungsspielraum<br />

haben. Es wäre vermutlich weniger sinnvoll, wenn wir im Rahmen des<br />

Fernstudiums Umwelt&Bildung eine Zukunftswerkstatt zur Lösung der<br />

42. Die Gesamtschule Schwerte und das Berufskolleg Neuss Weingartstraße haben die<br />

Methode erfolgreich im Rahmen des Nachhaltigkeitsaudits eingesetzt. Die Schulen hatten<br />

bereits eine erste gründliche Bestandsaufnahme durchgeführt und haben dann in einer<br />

Zukunftswerkstatt Leitbilder entworfen, konkrete Entwicklungsziele festgelegt und<br />

Maßnahmen vorbereitet. In beiden Fällen wurden die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt<br />

anschließend formell legitimiert, z.B. durch einen Beschluss der Schulkonferenz.<br />

(GESAMTSCHULE SCHWERTE 1997b und BERUFSKOLLEG NEUSS WEINGARTSTRAßE 2000,<br />

S. 9)<br />

174


4.2 Methoden zur Bürgerbeteiligung<br />

Konflikte in Nah- und Mittel-Ost veranstalten würden – so nahe diese<br />

uns auch eventuell gehen und so sehr wir auch (z.B. über den Ölpreis)<br />

mit betroffen sind. Allerdings ist es eine Stärke der Methode, dass sie<br />

das Potenzial hat, Gestaltungsspielräume zu erweitern: Im Falle der<br />

Schulgeländegestaltung könnte man zunächst davon ausgehen, dass alleine<br />

der Schulträger zuständig ist, dass dieser kein Geld hat und somit<br />

keine Spielräume bestehen. Bei genauerer Betrachtung könnte sich<br />

dann herausstellen, dass es eine Vielzahl von Ideen gibt, die (fast) ohne<br />

Kosten umgesetzt werden können oder dass es über den Schulförderverein<br />

möglich ist, Fördermittel, Sach- und Zeitspenden oder Sponsorengelder<br />

einzuwerben und dass schließlich die Teilentsiegelung des<br />

Geländes zu erheblichen Kosteneinsparungen führt, weil dann die Gebühr<br />

für die Einleitung des Regenwassers in die öffentliche Kanalisation<br />

entfällt.<br />

Alle Teilnehmer sind in der Werkstatt gleichberechtigt, unabhängig von<br />

Position, Qualifikation und Alter. Jeder Teilnehmer ist auf seine Weise<br />

Experte für die zu verhandelnden Fragen. Zudem ist diese Grundhaltung<br />

die Basis dafür, dass auch eher zurückhaltende Menschen den Mut<br />

finden, ihre Gedanken einzubringen. Entsprechend fair und konstruktiv<br />

sollte diskutiert werden.<br />

Erforderlich sind weiterhin: ein ausreichend großer Raum mit beweglichem<br />

Mobiliar (ggf. auch zwei oder drei Räume, für Kleingruppenarbeit)<br />

sowie Moderationsmaterialien wie Stellwände, Packpapier,<br />

Kärtchen und Stifte.<br />

Für eine Zukunftswerkstatt sollten ein bis zwei Tage eingeplant werden.<br />

Eine Zukunftswerkstatt ist ein strukturierter Diskussionsprozess, der im<br />

Wesentlichen drei Phasen umfasst:<br />

Ablauf<br />

1. In der Kritikphase skizzieren die Teilnehmer den IST-Zustand.<br />

Dabei stehen die zu verändernden kritischen Aspekte im Mittelpunkt;<br />

positive Aspekte sollen aber keinesfalls verschwiegen werden.<br />

In dem Fallbeispiel Schulgeländegestaltung könnten die<br />

Teilnehmer das Schulgelände begehen, eine von Schülern vorbereitete<br />

Fotoausstellung besichtigen und ihre eigenen Meinungen<br />

zusammentragen. Dafür können Methoden wie Kärtchenabfrage<br />

oder stummes Schreibgespräch genutzt werden.<br />

2. In der Utopie- oder Perspektivphase entwirft die Gruppe Bilder<br />

von wünschenswerten Zukünften. Die Teilnehmer dürfen und sollen<br />

dabei die Realität weit verlassen und sich in Utopien verlieren.<br />

Jegliche Kritik („das ist ja unmöglich zu realisieren“) ist strikt verboten.<br />

Wenn sich (erwachsene) Teilnehmer darauf nicht recht einlassen<br />

mögen, kann es als Einstieg sinnvoll sein, kritische<br />

175


4 Lokale Agenda 21<br />

Aussagen aus der ersten Phase in ihr positives Gegenteil zu kehren<br />

und die Teilnehmer dann aufzufordern, diese nun positiven Vorstellungen<br />

weiter auszumalen. In der Regel arbeiten die Teilnehmer<br />

hier in Kleingruppen. Sie können ihre Visionen kreativ<br />

erarbeiten und z.B. eine Reportage zur Situation in 10 Jahren<br />

schreiben. Für das Beispiel der Schulgeländeumgestaltung bietet<br />

es sich z.B. an, aus geeigneten Materialien Modelle zu bauen oder<br />

aus Fotos und anderen Materialien Collagen herzustellen. Die<br />

Ergebnisse werden abschließend im Plenum präsentiert.<br />

3. In der Realisierungsphase werden konkrete Schritte erarbeitet,<br />

um die Utopien in die Realität umzusetzen (operative Ziele, Maßnahmen,<br />

Zeitpläne, Zuständigkeiten). Das ist eine sehr schwierige<br />

Phase, denn manche Visionen werden Visionen bleiben. Es kann<br />

daher hilfreich sein, die Utopien auf ihren „harten Kern“ zu hinterfragen.<br />

Wenn sich z.B. Schüler eine Eisbahn und ein Schwimmbad<br />

für ihre Schule gewünscht haben, dann drückt das vielleicht<br />

ganz generell den Wunsch nach Sport- und Bewegungsangeboten<br />

für die Pausen und Nachmittage aus; und für diesen Wunsch gibt<br />

es vielfältige praktikable Lösungen. Auch in dieser Phase können<br />

sich Kleingruppen- und Plenumsarbeit abwechseln.<br />

Anschließend wird der Moderator die Ergebnisse in einem Bericht zusammenfassen<br />

und somit die Umsetzung möglichst optimal vorbereiten.<br />

Während der drei Phasen werden Gedanken und Ergebnisse für alle<br />

sichtbar festgehalten, z.B. mit schriftlich auf Moderationskärtchen und<br />

Pinnwänden, mit Zeichnungen, Modellen oder Fotos. Dadurch können<br />

alle Teilnehmer nachvollziehen, welchen Weg sie bereits beschritten<br />

haben. Sie können es vermeiden, dass sie wichtige Gedanken unterwegs<br />

fallen lassen. Und sie schaffen für die Auswertungen eine ideale Arbeitsgrundlage.<br />

Es ist wichtig, klar zu strukturieren; die einzelnen Phasen müssen nacheinander<br />

abgearbeitet werden. Dafür muss jede Phase zu ihrer Zeit<br />

wirklich zu Ende gebracht werden. Der Prozess gerät durcheinander,<br />

wenn die Gruppe anfängt, die Ergebnisse früherer Phasen zu überarbeiten.<br />

Zudem sollte darauf geachtet werden, dass die Gruppe wirklich konkret<br />

wird. Sie kann nicht jedes Detail festlegen, sie sollte aber klar und verbindlich<br />

erarbeiten, wer nachfolgend welche Aufgaben übernimmt. Für<br />

die Realisierungsphase muss daher genügend Zeit eingeplant werden.<br />

Potenzial für die<br />

Bürgerbeteiligung<br />

Die Zukunftswerkstatt kann überall dort eingesetzt werden, wo Betroffene<br />

zu Mitwirkenden gemacht werden sollen und wo gesellschaftlich<br />

176


4.3 Lokale Agenda 21 – 20 Jahre nach Rio<br />

relevante Praxis konkret vorbereitet werden soll. BEER (2003) beschreibt<br />

z.B. eine jugendpolitische Zukunftswerkstatt „Kids im Kietz“.<br />

SEMMELMANN (2003) hat die Methode angewendet, um Perspektiven<br />

für ein vom Auslaufen bedrohtes Agendprojekt zu schaffen.<br />

Die Methode ist hervorragend dafür geeignet, Teilnehmer zu aktivieren,<br />

ihre Kreativität anzusprechen und sie zur Mitgestaltung zu motivieren.<br />

Sie fordert vielfältige Kompetenzen heraus, die im Rahmen der <strong>BNE</strong> eine<br />

Rolle spielen, so z.B. ein zukunftsgerichtetes Denken, Planungskompetenz,<br />

Kooperation und Teamfähigkeit. Wenn es gelingt, Ergebnisse<br />

einer Zukunftswerkstatt sichtbar in die Praxis umzusetzen, dann haben<br />

die Teilnehmer eine gute Erfahrung mit Partizipation gemacht.<br />

Potenzial für die <strong>BNE</strong><br />

Die Methode kann dafür genutzt werden, dass sich Bildungseinrichtungen<br />

in Richtung Nachhaltigkeit weiterentwickeln.<br />

4.3 Lokale Agenda 21 – 20 Jahre nach Rio<br />

Wie im Kapitel 4.1 gezeigt wurde, gibt es gute Beispiele dafür, dass<br />

Kommunen im Rahmen der Lokalen Agenda eine nachhaltige Entwicklung<br />

unterstützen. AGENDA-TRANSFER/INWENT (2007, S.10) bezeichnen<br />

die Lokale Agenda 21 als einen der „quantitativ bedeutsamsten<br />

Partizipationsprozesse in Deutschland.“<br />

Dennoch sind auch kritische Einschätzungen angebracht, diese sollen<br />

hier auf die quantitative Ebene beschränkt bleiben.<br />

Ende 1996 arbeiteten über 1.800 Kommunen in 64 Ländern an einer Lokalen<br />

Agenda 21 (ICLEI 1998, S.21). In einer aktuellen Publikation liefert<br />

ICLEI (<strong>2011</strong>, S.4) nur eine Angabe für das Jahr 2001 – demnach<br />

waren damals über 6.000 Kommunen in 113 Ländern involviert. ICLEI<br />

schätzt ein, dass seitdem mehrere tausend weitere Kommunen eine Lokale<br />

Agenda 21 begonnen haben; zuverlässige Zahlen liegen dazu aber<br />

offenbar nicht vor.<br />

Keine breite weltweite<br />

Bewegung von<br />

Kommunen<br />

Wenn man bedenkt, dass es alleine in Deutschland ca. 14.000 Kommunen<br />

gibt, dann wird deutlich, dass die nach der Konferenz von Rio erhoffte<br />

weltweite Bewegung von Kommunen für eine nachhaltige<br />

Entwicklung kaum in Gang gekommen ist.<br />

Nach GÖLL (2009, S. 75) haben in Deutschland 2.610 Kommunen einen<br />

Beschluss zur Lokalen Agenda 21 gefasst.<br />

177


4 Lokale Agenda 21<br />

„Sichtbarkeit“ der<br />

Lokalen Agenda 21 in<br />

Deutschland lässt<br />

nach<br />

Nimmt man die mediale Präsenz der Lokalen Agenda 21 in Deutschland<br />

als ein Indiz für ihre Dynamik, so drängt sich der Eindruck auf,<br />

dass die Lokale Agenda 21 hierzulande im Rückgang begriffen ist:<br />

• Die Lokale Agenda 21 wurde im <strong>BNE</strong>-Bericht 2002 der<br />

Bundesregierung noch mit einem eigenständigen Kapitel<br />

gewürdigt, in den Berichten 2005 und 2009 spielt sie nur<br />

noch eine marginale Rolle, z.B. als Teil von Maßnahmen<br />

einzelner Bundesländer (BUNDESMINISTERIUM FÜR BIL-<br />

DUNG UND FORSCHUNG 2002 und 2009 sowie DEUTSCHER<br />

BUNDESTAG 2005).<br />

• In den Fortschrittsberichten der Bundesregierung zur Nationalen<br />

Nachhaltigkeitsstrategie spielt die Lokale Agenda 21<br />

nahezu keine Rolle. Im Beitrag der kommunalen Spitzenverbände<br />

zum Fortschrittsbericht 2008 heißt es zwar „Nachhaltigkeit<br />

wird mehr und mehr zum zentralen Leitbild<br />

kommunaler Politik.“ (DIE BUNDESREGIERUNG 2008, S.<br />

196) Nachfolgend wird dann aber auf Handlungsfelder wie<br />

Klimaschutz und Flächenverbrauch eingegangen, aktuelle<br />

Angaben zum Stand der Lokalen Agenda 21 gibt es nicht.<br />

• Die Präsenz Lokaler Agenda-Initiativen im Internet hat<br />

deutlich nachgelassen. Der ehemals renommierte Informationsdienst<br />

www.agendaservice.de ist abgeschaltet. Eine im<br />

Jahr 2007 noch ca. 150 kommunale Websites zur Lokalen<br />

Agenda 21 aus Deutschland umfassende Linkliste 43 musste<br />

bis 2010 auf 60 Einträge gekürzt werden, weil die Mehrzahl<br />

der Websites inzwischen abgeschaltet worden waren.<br />

Für <strong>BNE</strong>-Akteure in Deutschland gibt es dennoch potenzielle Anknüpfungspunkte<br />

an die Lokale Agenda 21: Sie können – mit oder ohne formellen<br />

Lokale Agenda 21-Prozess – Ihr methodisches Know-How für<br />

die Moderation von Prozessen und die Einbeziehung der Bürger zur<br />

Verfügung stellen. Sie können Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen<br />

Kompetenzen für die Mitgestaltung vermitteln. Sie können mit erfolgreichen<br />

Bildungsprojekten Bürger für die Lokale Agenda 21 oder<br />

für andere Nachhaltigkeitsprozesse wie z.B. den kommunalen Klimaschutz<br />

begeistern. Sie können den Blick über den kommunalen Horizont<br />

erheben, gute Beispiele entdecken und die Übertragung guter<br />

Praxis auf Ihre Kommune einfordern.<br />

43. auf www.umweltschulen.de<br />

178


4.4 Zusammenfassung<br />

4.4 Zusammenfassung<br />

Das Kapitel 4 sollte Ihnen Einblicke in die Lokale Agenda 21 geben.<br />

Dabei war nicht vorgesehen, das Thema erschöpfend zu behandeln.<br />

Vielmehr sollten ausgewählte Themen und Fragestellungen aus den Kapiteln<br />

2 und 3 vertieft werden, bzw. ich wollte Ihnen Anknüpfungspunkte<br />

für weitere Lehrabschnitte im Rahmen Ihres Fernstudiums<br />

anbieten.<br />

Im Kapitel 4.1 wurden drei entsprechende kommunale Prozesse vorgestellt.<br />

Bewusst wurden dabei ganz unterschiedliche Kommunen und<br />

auch unterschiedliche Aspekte ausgewählt.<br />

Ein konstituierendes Merkmal einer nachhaltigen Entwicklung ist die<br />

Partizipation der Bürgerinnen und Bürger. Im Kapitel 4.2 wurden daher<br />

Methoden vorgestellt, mit denen die Partizipation – und vor allem die<br />

aktive Mitwirkung von Bürgern an der Konstruktion von Wissen über<br />

zukünftige Entwicklungen – arrangiert werden kann.<br />

Weder die Breite noch die Tiefe, in der Lokale Agenda 21-Prozesse bislang<br />

in den Kommunen der Welt verankert sind, sind befriedigend.<br />

Nach der Lektüre dieses Abschnitts sollten Sie eine Vorstellung davon<br />

haben, wie Sie auf kommunaler Ebene bzw. im Rahmen Ihrer Bildungsarbeit<br />

zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen können.<br />

179


5 Abkürzungsverzeichnis<br />

5 Abkürzungsverzeichnis<br />

ABM Arbeitsbeschaffungsmaßnahme<br />

ACUPCC American College & University President's Climate Commitment<br />

AI Appreciative Inquriy / Wertschätzende Erkundung<br />

AIDS Acquired Immune Deficiency Syndrome (erworbenes<br />

Immundefektsyndrom)<br />

ANU Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung e.V.<br />

BBU Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V.<br />

BIP Bruttoinlandsprodukt<br />

BLK Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und<br />

Forschungsförderung<br />

BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und<br />

Reaktorsicherheit<br />

BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />

Entwicklung<br />

<strong>BNE</strong> Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.<br />

CNCR Constant Nature Capital Rule (Regel vom konstanten Naturkapital)<br />

CO 2 Kohlendioxid<br />

CSD Commission for Sustainable Development / UN-<br />

Kommission für nachhaltige Entwicklung<br />

DAC Development Assistance Committee (eine Abteilung der<br />

OECD)<br />

DDR Deutsche Demokratische Republik<br />

DeSeCo Definition and Selection of Competencies / Studie der<br />

OECD zur Definition und Auswahl von Kompetenzen<br />

DGU Deutsche Gesellschaft für Umwelterziehung e.V.<br />

DUK Deutsche UNESCO-Kommission<br />

ECOSOC Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen<br />

EG Europäische Gemeinschaft<br />

EMAS Environmental Management and Audit Scheme (Verfahren<br />

für ein Umweltmanagement und eine<br />

Umweltbetriebsprüfung)<br />

EU European Union<br />

GATT General Agreement on Tariffs and Trade<br />

GbU Gesellschaft für berufliche Umweltbildung e.V.<br />

GNU Gesellschaft für Natur und Umwelt im Kulturbund der DDR<br />

GÖS Gestaltung und Öffnung von Schule (ehemaliges<br />

schulpolitisches Förderprogramm in Nordrhein-Westfalen)<br />

HDI Human Development Index / Index der menschlichen<br />

Entwicklung<br />

HEINZ Hamburger Entwicklungs-INdikatoren Zukunftsfähigkeit<br />

181


5 Abkürzungsverzeichnis<br />

HIV Human Immunodeficiency Virus<br />

ICLEI Local Governments for Sustainability (Founded as the<br />

International Council for Local Environmental Initiatives<br />

(ICLEI) / Internationaler Rat für Kommunale<br />

Umweltinitiativen<br />

IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change<br />

(IZwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen)<br />

KMK Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

LCA Life Cycle Assessment<br />

LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz<br />

Baden-Württemberg<br />

MAB Man and the Biosphere / UNESCO-Programm Der Mensch<br />

und die Biosphäre<br />

MDG Millenium Development Goals /<br />

Milleniumsentwicklungsziele (der Vereinten Nationen)<br />

MIPS Material Input pro Serviceeinheit<br />

MOST Management of Social Transformations / UNESCO-<br />

Programm Gestaltung des sozialen Wandels<br />

M-V Mecklenburg-Vorpommern<br />

NGO non-governmental organization / nichtstaatliche<br />

Organisation<br />

NH 3 Ammoniak<br />

NDR Norddeutscher Rundfunk<br />

NOx Stickoxide<br />

NRW Nordrhein-Westfalen<br />

OECD Organisation for Economic Co-operation and Development<br />

/ Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />

Entwicklung<br />

PISA Programme for International Student Assessment /<br />

Internationale Lernstandserhebung bei Schülern<br />

REACH Registration, Evaluation, Authorisation of CHemicals (EG-<br />

Verordnung zur Registrierung, Bewertung und Zulassung<br />

von Chemikalien)<br />

SIPRI Stockholm International Peace Research Institute<br />

SO 2 Schwefeldioxid<br />

SRU Sachverständigenrat für Umweltfragen<br />

UBA Umweltbundesamt<br />

UfU Unabhängiges Institut für Umweltfragen e.V.<br />

ULSF Association Of University Leaders For A Sustainable Future<br />

UN United Nations (Vereinte Nationen)<br />

UNCED United Nations Conference on Environments and<br />

Development / UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung<br />

UNDP United Nations Development Programme /<br />

Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen<br />

182


5 Abkürzungsverzeichnis<br />

UNECE United Nations Economic Commission for Europe /<br />

Ökonomische Kommisssion der Vereinten Nationen für<br />

Europa<br />

UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural<br />

Organization / Organisation der Vereinten Nationen für<br />

Erziehung, Wissenschaft und Kultur<br />

UNICEF United Nations Children's Fund / Kindrhilfswerk der<br />

Vereinten Nationen<br />

VENRO Verband Entwicklungspolitik Deutscher<br />

Nichtregierungsorganisationen e.V.<br />

VOC Volatile Organic Compounds / leichtflüchtige organische<br />

Verbindungen<br />

WGBU <strong>Wissenschaftliche</strong>r Beirat Globale Umweltveränderungen<br />

WTO World Trade Union / Welthandelsorganisation<br />

183


6 Quellenverzeichnis<br />

6 Quellenverzeichnis<br />

ACUPCC (o.J.): American College & University President's Climate Commitment.<br />

Online-Dokument; URL: http://www.presidentsclimatecommitment.org/, zuletzt<br />

überprüft: 19.7.<strong>2011</strong><br />

ADLER, FRANK/SCHACHTSCHNEIDER, ULRICH (2010): Green New Deal, Suffizienz<br />

oder Ökosozialismus? Konzepte für gesellschaftliche Wege aus der Ökokrise.<br />

München: oekom<br />

AGENDA-TRANSFER/INWENT (2007): Nachhaltigkeit: Das Plus vor Ort. Bonn. Zitiert<br />

nach GÖLL, EDGAR (2009): Lokale Agenda 21 und informelles Lernen. In:<br />

BRODOWSKI, MICHAEL et. al. (Hrsg.): Informelles Lernen und Bildung für eine<br />

nachhaltige Entwicklung. Opladen & Farmington Hills, MI: Verlag Barbara<br />

Budrich. S. 75<br />

AGNES-MIEGEL-REALSCHULE (2005): Togo-AG, Sponsorenlauf. Online-Dokument;<br />

URL: www.umweltschulen.de/audit/ami/togo_1.htm, zuletzt überprüft:<br />

10.8.<strong>2011</strong><br />

ALEXANDER-VON-HUMBOLDT-SCHULE VIERNHEIM (o.J.): EnergieAgentur Alexander-von-Humboldt-Schule<br />

Viernheim. Online-Dokument; URL: http://<br />

www.energieagentur-avh.de, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

ANU (o.J.) a: Umweltbildung und Globales Lernen – Die Kooperation der Zukunft!<br />

Online-Dokument; URL: http://www.umweltbildung.de/global.html, zuletzt<br />

überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

ANU (o.J.) b: Umweltbildung und Globales Lernen – Die Kooperation der Zukunft!<br />

Dokumentation. Online-Dokument; URL: http://www.umweltbildung.de/<br />

uploads/media/Doku_Anliegen_Teil1.pdf, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

ANU/DGU/GBU (1998): Bildungsprogramm für nachhaltige Entwicklung in der<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

APEL, HEINO (2005): <strong>BNE</strong>: Motor oder Service? Anmerkungen zum NAP. Diskussionsbeitrag<br />

auf der Mailingliste Umweltbildung 15.11.2005, umweltbildung@mlist.uni-frankfurt.de<br />

(Liste nicht mehr aktiv)<br />

APEL, HEINO/DERNBACH, DOROTHEE/KÖDELPETER, THOMAS/WEINBRENNER, PETER<br />

(Hrsg.; 1998): Wege zur Zukunftsfähigkeit – ein Methodenbuch. Bonn: Stiftung<br />

Mitarbeit<br />

ARNDT, ERNST-MORITZ (1815): in der Zeitschrift „Der Wächter“. Zitiert nach BOL-<br />

SCHO, DIETMAR/SEYBOLD, HANSJÖRG (1996): Umweltbildung und ökologisches<br />

Lernen: Ein Studien- und Praxisbuch. Berlin: Cornelsen Scriptor. S. 22<br />

ASSADOURIAN, ERIK (2010): Aufstieg und Fall unserer Konsumkultur. In: Worldwatch<br />

Institute (Hrsg.): Zur Lage der Welt 2010. Einfach besser leben. Nachhaltigkeit<br />

als neuer Lebensstil. München: oekom. S. 35-57<br />

BAHRO, RUDOLF (1977): Die Alternative. Zur Kritik des real existierenden Sozialismus.<br />

Köln, Frankfurt. 2. erw. Auflage<br />

185


6 Quellenverzeichnis<br />

BECK, ULRICH (1986): Risikogesellschaft – Auf dem Weg in eine andere Moderne.<br />

Frankfurt am Main: Suhrkamp<br />

BEER, INGEBORG (2003): Zukunftswerkstatt – Kids im Kietz. In: LEY, ASTRID /<br />

WEITZ, LUDWIG (Hrsg.): Praxis Bürgerbeteiligung. Ein Methodenhandbuch.<br />

Bonn: Verlag Stiftung Mitarbeit / Agenda Transfer. S. 287<br />

BEER, WOLFGANG/DE HAAN, GERHARD (Hrsg., 1984): Ökopädagogik, Aufstehen gegen<br />

den Untergang der Natur. Weinheim: Beltz<br />

Behrens, Hermann/Hoffmann, Jens (Hrsg., 2007): Umweltschutz in der DDR. Analysen<br />

und Zeitzeugenberichte. München: oekom<br />

BERG, WIELAND (1999): Das Phantom. Die Aktivitäten der ÖAG Halle gegen die Asphaltierung<br />

der Heidewege 1988 und die Reaktionen des MfS. Halle: druckzuck<br />

BERUFSKOLLEG NEUSS WEINGARTSTRAßE (2000): Umwelterklärung 2000 Berufskolleg<br />

Neuss Weingartstraße. Online-Dokument; URL: http://www.umweltschulen.de/audit/neuss/ue/UE_2000.pdf,<br />

zuletzt überprüft: 27.7.<strong>2011</strong><br />

BERUFSKOLLEG NEUSS WEINGARTSTRAßE (<strong>2011</strong>): Öko-Audit Berufskolleg Neuss.<br />

Online-Dokument; URL: http://www.umweltschulen.de/audit/neuss/, zuletzt<br />

überprüft: 1.8.<strong>2011</strong><br />

BLK (1998): Bildung für nachhaltige Entwicklung – Orientierungsrahmen. Bonn<br />

BLK (2005): Bildung für nachhaltige Entwicklung („21“). Abschlussbericht des Programmträgers<br />

zum BLK-Programm. Bonn<br />

BOLSCHO, DIETMAR (1997): Umweltbewußtseinsforschung. In: MICHELSEN, GERD<br />

(Hrsg., 1997): Umweltberatung. Grundlagen und Praxis. Bonn: Economica<br />

Verlag GmbH. S. 23-33<br />

BOLSCHO, DIETMAR/EULEFELD, GÜNTER/SEYBOLD, HANSJÖRG (1980): Umwelterziehung.<br />

Neue Aufgaben für die Schule. München: Urban & Schwarzenberg<br />

BOLSCHO, DIETMAR/SEYBOLD, HANSJÖRG (1996): Umweltbildung und ökologisches<br />

Lernen: Ein Studien- und Praxisbuch. Berlin: Cornelsen Scriptor<br />

BRÄMER, RAINER (2006a): Natur obskur. München: oekom<br />

BRÄMER, RAINER (2006b): Jugendreport Natur ´06: Natur obskur. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.staff.uni-marburg.de/~braemer/report06.htm, zuletzt überprüft:<br />

10.8.<strong>2011</strong><br />

BRAUNGART, MICHAEL/MCDONOUGH, WILLIAM (2008): Cradle to Cradle. Jonathan<br />

Cape Ltd<br />

BRODOWSKI, MICHAEL (2009): Kompetenzerwerb durch informelles – kooperativ/<br />

kollektives Lernene – Aspekte zum Zusammenhang beider Lernformen im<br />

Rahmen der UN Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung. In: BRODOW-<br />

SKI, MICHAEL et.al (Hrsg.): Informelles Lernen und Bildung für eine nachhal-<br />

186


6 Quellenverzeichnis<br />

tige Entwicklung. Opladen & Farmington Hills, MI: Verlag Barbara Budrich.<br />

S. 62-72<br />

BROT FÜR DIE WELT/EED/BUND (Hrsg., 2008): Zukunftsfähiges Deutschland in einer<br />

globalisierten Welt. Eine Studie des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt,<br />

Energie. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag<br />

BUDDENSIEK, WOLFGANG (1991): Wege zur Öko-Schule. Lichtenau und Göttingen:<br />

AOL & Die Werkstatt<br />

BUND/MISEREOR (1995): Zukunftsfähiges Deutschland. Ein Beitrag zu einer global<br />

nachhaltigen Entwicklung. Kurzfassung. Bonn.<br />

BUND/MISEREOR (1996): Zukunftsfähiges Deutschland. Ein Beitrag zu einer global<br />

nachhaltigen Entwicklung. Basel: Birkhäuser.<br />

BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG (2002): Bericht der Bundesregierung<br />

zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Bonn<br />

BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG (2009): Bericht der Bundesregierung<br />

zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Berlin. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.bmbf.de/pub/<br />

bericht_fuer_nachhaltige_entwicklung_2009.pdf, zuletzt überprüft 6.12.2010<br />

BUNDESUMWELTMINISTERIUM (1992): Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt<br />

und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro – Dokumente – Agenda 21.<br />

Bonn<br />

BUNDESUMWELTMINISTERIUM (1997): Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung<br />

in Deutschland, Bonn 1997<br />

BUNDESUMWELTMINISTERIUM (1998): Nachhaltige Entwicklung in Deutschland. Entwurf<br />

eines umweltpolitischen Schwerpunktprogramms. Bonn<br />

BUNDESUMWELTMINISTERIUM (2010): Nationale Nachhaltigkeitsstrategie "Perspektiven<br />

für Deutschland". Online-Dokument; URL: http://www.bmu.de/<br />

nachhaltige_entwicklung/stategie_und_umsetzung/nachhaltigkeitsstrategie/<br />

doc/38935.php, zuletzt überprüft: 10.7.<strong>2011</strong><br />

BURCHARDT, ULLA (1996): Lernen für die Zukunft – nachhaltige Entwicklung und<br />

Umweltbildung. In: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Umweltbildung: Wegweiser<br />

zu einer nachhaltigen Entwicklung. Bonn, S. 31 – 37<br />

CARSON, RACHEL (1962): Silent Spring. Boston: Houghton Mifflin<br />

CLUB OF ROME (1979): Bericht für die achtziger Jahre – Zukunftschance Lernen.<br />

Hrsg. Aurelio Pecci. Wien/Zürich/Innsbruck<br />

COMENIUS-GYMNASIUM DÜSSELDORF (2006): Papierverbrauch am Comenius-Gymnasium.<br />

Können Schulhefte Bäume fällen? Online-Dokument; URL:<br />

www.umweltschulen.de/audit/comenius2006/projekt_papierverbrauch.htm,<br />

zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

187


6 Quellenverzeichnis<br />

CONRAD, JOBST (2000): Nachhaltige Entwicklung: einige begriffliche Präzisierungen<br />

oder der heroische Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln. FFU-report<br />

00-07. Online-Dokument; URL: http://www.polsoz.fu-berlin.de/polwiss/forschung/systeme/ffu/publikationen/2000/conrad_jobst_20004/rep_00-07.PDF,<br />

zuletzt überprüft 10.8.<strong>2011</strong><br />

CORNELL, JOSEPH (1991a): Mit Kindern die Natur erleben. Mülheim an der Ruhr:<br />

Verlag an der Ruhr<br />

CORNELL, JOSEPH (1991b): Mit Freude die Natur erleben: Naturerlebnisspiele für alle.<br />

Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr<br />

COSBEY, AARON (2006): Handel und nachhaltige Entwicklung – zwei unvereinbare<br />

Ziele? In: Worldwatch Institute (Hrsg.): Zur Lage der Welt 2006. China, Indien<br />

und unsere gemeinsame Zukunft. Münster: Westfälisches Dampfboot. S. 235-<br />

259<br />

DAHLBERG, GUNILLA (2010): Kinder und Pädagogen als Co-Konstrukteure von Wissen<br />

und Kultur: Frühpädagogik in postmoderner Perspektive. In: FTHENAKIS,<br />

WASSILIOS E./OBERHUEMER, PAMELA (Hrsg.): Frühpädagogik international.<br />

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. 2. Auflage. S. 13-30<br />

DE HAAN, GERHARD (2008): Gestaltungskompetenz als Kompetenzkonzept der Bildung<br />

für nachhaltige Entwicklung. In: BORMANN, INKA/DE HAAN, GERHARD<br />

(Hrsg.): Kompetenzen der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Wiesbaden:<br />

VS Verlag für Sozialwissenschaften. S. 23-43<br />

DE HAAN, GERHARD (2010): Schule, Nachhaltigkeit, Zukunft. In: Worldwatch Institute<br />

(Hrsg.): Zur Lage der Welt 2010. Einfach besser leben. Nachhaltigkeit als<br />

neuer Lebensstil. München: oekom. S. 26-32<br />

DE HAAN, GERHARD/GIESEL, KATHARINA D./RODE, HORST (2002): Umweltbildung<br />

in Deutschland. Stand und Trends im außerschulischen Bereich. Berlin: Springer<br />

DE HAAN, GERHARD/HARENBERG, DOROTHEE (1999): Bildung für eine nachhaltige<br />

Entwicklung. Bonn: Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung<br />

(BLK)<br />

DE HAAN, GERHARD/KAMP, GEORG/LERCH, ACHIM/MARTIGNON, LAURA/MÜLLER-<br />

CHRIST, GEORG/NUTZINGER, HANS-GEORG (Hrsg., 2008): Nachhaltigkeit und<br />

Gerechtigkeit. Grundlagen und schulpraktische Konsequenzen. Berlin, Heidelberg:<br />

Springer<br />

DEUTSCHE KINDER- UND JUGENDSTIFTUNG (o.J.): Unser Chef geht in die 9b.<br />

DEUTSCHE UNESCO-KOMMISSION (2003): Nachhaltigkeit lernen: Hamburger Erklärung<br />

der Deutschen UNESCO-Kommission zur Dekade der Vereinten Nationen<br />

„Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2005-2014). Online-Dokument;<br />

URL: http://www.unesco.de/hamburger_erklaerung.html, zuletzt überprüft:<br />

10.8.<strong>2011</strong><br />

DEUTSCHE UNESCO-KOMMISSION (2005): Nationaler Aktionsplan für Deutschland.<br />

UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Berlin<br />

188


6 Quellenverzeichnis<br />

DEUTSCHE UNESCO-KOMMISSION (2008): Nationaler Aktionsplan für Deutschland.<br />

UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Berlin<br />

DEUTSCHE UNESCO-KOMMISSION (o.J.a): Maßnahmenkatalog nach Bildungsbereichen.<br />

Online-Dokument; URL: http://www.bne-portal.de/coremedia/generator/unesco/de/02__UN-Dekade_20<strong>BNE</strong>/02__UN__Dekade__Deutschland/<br />

05__Dekade-Publikationen/<br />

Ma_C3_9Fnahmenkatalog_20nach_20Bildungsbereichen.html, zuletzt überprüft:<br />

18.7.<strong>2011</strong><br />

DEUTSCHE UNESCO-KOMMISSION (o.J.b): Ausgezeichnete Dekade-Projekte. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.bne-portal.de/coremedia/generator/unesco/<br />

de/02__UN-Dekade_20<strong>BNE</strong>/02__UN__Dekade__Deutschland/02__Dekade-<br />

Projekte/Ausgezeichnte_20Offizielle_20Dekade-Projekte.html, zuletzt überprüft:<br />

18.7.<strong>2011</strong><br />

DEUTSCHER BUNDESTAG (1972): Gesetz über die Beseitigung von Abfällen vom 10.<br />

Juni 1972, BGBl. 1972 I S. 873<br />

DEUTSCHER BUNDESTAG (1986): Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von<br />

Abfällen vom 27. August 1986, BGBl. 1986 I, S. 1410, ber. durch BGBl. 1986<br />

I, S. 1501<br />

DEUTSCHER BUNDESTAG (1994): Die Industriegesellschaft gestalten: Perspektiven für<br />

einen nachhaltigen Umgang mit Stoff- und Materialströmen. Bericht der<br />

Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“. Bonn: Economica<br />

DEUTSCHER BUNDESTAG (1998): Konzept Nachhaltigkeit – Abschlussbericht der<br />

Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des 13. Deutschen<br />

Bundestages. Bonn<br />

DEUTSCHER BUNDESTAG (2000): Beschluss „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“<br />

Bundestagsdrucksache 14/3319<br />

DEUTSCHER BUNDESTAG (2005): Bericht der Bundesregierung zur Bildung für eine<br />

nachhaltige Entwicklung für den Zeitraum 2002 bis 2005. Drucksache 15/6012<br />

DEUTSCHER TASCHENBUCH VERLAG: dtv-Lexikon: in 24 Bänden, Bd. 17. München<br />

DEWEY, JOHN (1993): Demokratie und Erziehung. Weinheim/Basel<br />

DIECKMANN, ANNETTE/PAULSEN, BIRGIT (2003): Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

in Umweltzentren – Projektbericht. Berlin: UNESCO-Verbindungsstelle<br />

im Umweltbundesamt<br />

DIDY, H.J./FAY, E./KLOFT, C./VOGT, H. (1993): Einschätzungen von Schlüsselqualifikationen<br />

aus psychologischer Perspektive. Unveröffentlichtes Gutachten im<br />

Auftrag des Bundesinstituts für Berufsbildung. Bonn: Institut für Bildungsforschung.<br />

Zitiert nach: GISBERT, KRISTIN (2004): Lernen lernen. Lernmethodische<br />

Kompetenzen von Kindern in Tageseinrichtungen fördern. Weinheim und<br />

Basel: Beltz. S. 35<br />

189


6 Quellenverzeichnis<br />

DIE BUNDESREGIERUNG (1971): Umweltprogramm der Bundesregierung. BT-Drs. 4/<br />

2710<br />

DIE BUNDESREGIERUNG (2002): Perspektiven für Deutschland. Unsere Strategie für<br />

eine nachhaltige Entwicklung. Online-Dokument; URL: http://www.bundesregierung.de/nsc_true/Content/DE/__Anlagen/2006-2007/perspektiven-fuerdeutschland-langfassung,property=publicationFile.pdf/perspektiven-fuerdeutschland-langfassung,<br />

zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

DIE BUNDESREGIERUNG (2004): Perspektiven für Deutschland – Fortschrittsbericht<br />

2004. Online-Dokument; URL: http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/fortschrittsbericht_2004.pdf,<br />

zuletzt überprüft: 10.7.<strong>2011</strong><br />

DIE BUNDESREGIERUNG (2005): Wegweiser Nachhaltigkeit – Bilanz und Perspektiven;<br />

Kabinettsbeschluss vom 10. August 2005. Online-Dokument; URL:<br />

www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/<br />

wegweiser_nachhaltigkeit.pdf, zuletzt überprüft: 10.7.<strong>2011</strong><br />

DIE BUNDESREGIERUNG (2008): Für ein nachhaltiges Deutschland – Fortschrittsbericht<br />

2008 zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie; Berlin, 2008. Online-Dokument;<br />

URL: www.bundesregierung.de/Content/DE/Publikation/<br />

Bestellservice/__Anlagen/2008-11-17-fortschrittsbericht-2008,property=publicationFile.pdf,<br />

zuletzt überprüft: 10.7.<strong>2011</strong><br />

DÖRFLER, MARIANNE/DÖRFLER, ERNST (1989): Zurück zur Natur? Leipzig, Jena,<br />

Berlin: Urania-Verlag. 2. Auflage<br />

DUDENVERLAG (Hrsg., 2006): Das Fremdwörterbuch. Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich<br />

DÜSSELDORFER NETZWERK BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG: Interne<br />

Mitteilungen und Protokolle der Netzwerktreffen<br />

DÜSSELDORFER NETZWERK BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG (2008): Archiv<br />

2008. Online-Dokument; URL: http://www.umweltschulen.de/audit/<br />

duesseldorf/archiv_2008.html, zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

DÜSSELDORFER NETZWERK BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG (2009): Archiv<br />

2009. Online-Dokument; URL: http://www.umweltschulen.de/audit/<br />

duesseldorf/archiv_2009.html, zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

DÜSSELDORFER NETZWERK BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG (2010): Papierwende<br />

- die Ausstellung von ARA in Düsseldorf. Online-Dokument; URL:<br />

http://www.umweltschulen.de/audit/duesseldorf/archiv_papierausstellung.html,<br />

zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

DÜSSELDORFER NETZWERK BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG (<strong>2011</strong>a):<br />

Nachhaltigkeit in Schulen – Kompetenzen. Online-Dokument; URL: http://<br />

www.umweltschulen.de/audit/duesseldorf/einf_kompetenzen.html, zuletzt<br />

überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

DÜSSELDORFER NETZWERK BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG (<strong>2011</strong>b):<br />

Nachhaltigkeit in Schulen – Themen. Online-Dokument; URL: http://<br />

190


6 Quellenverzeichnis<br />

www.umweltschulen.de/audit/duesseldorf/einf_themen.html, zuletzt überprüft:<br />

25.7.<strong>2011</strong><br />

DÜX, WIEBKEN/SASS, ERICH (2009): Kompetenzerwerb Jugendlicher durch ein freiwilliges<br />

Engagement. In: BRODOWSKI, MICHAEL et.al (Hrsg.): Informelles<br />

Lernen und Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Opladen & Farmington<br />

Hills, MI: Verlag Barbara Budrich. S. 169-180<br />

EBLINGHAUS, H./STICKLER, A. (1998): Nachhaltigkeit und Macht. Zur Kritik von Sustainable<br />

Development. Frankfurt: IKO-Verlag für Interkulturelle Kommunikation,<br />

3. Auflage<br />

EDUCATION GROUP GMBH (Hrsg., <strong>2011</strong>): Ökologischer Fußabdruck. Online-Dokument;<br />

URL: http://schule.at/index.php?url=themen&top_id=3591, zuletzt<br />

überprüft: 8.7.<strong>2011</strong><br />

EG (1993): Verordnung (EWG) Nr. 1836/93 des Rates vom 29. Juni 1993 über die<br />

freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem<br />

für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung. Abl. EG<br />

Nr. L 168 S. 1 ber. Abl. EG 1995 Nr. L 203 S. 17<br />

EG (2001): Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates<br />

vom 19. März 2001 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an<br />

einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung<br />

(EMAS). Abl. EG Nr. L 114/1 vom 24, 4, 2001<br />

EG (2009): Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des<br />

Rates vom 25. November 2009 über die freiwillige Teilnahme von Organisationen<br />

an einem Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung<br />

und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 761/2001, sowie<br />

der Beschlüsse der Kommission 2001/681/EG und 2006/193/EG<br />

EINE-WELT-LANDESNETZWERK MV E.V. (<strong>2011</strong>): Das Blatt wenden! Online-Dokument;<br />

URL: http://www.papierkoffer.de/, zuletzt überprüft: 9.8.<strong>2011</strong><br />

EINSTEIN, ALBERT (o.J.), zitiert nach: Human Culture Academy. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.hc-academy.com/HCA_DE/zitate.html, zuletzt überprüft:<br />

10.8.<strong>2011</strong><br />

ELSCHENBROICH, DONATA (2001): Weltwissen der Siebenjährigen. München: Verlag<br />

Antje Kunstmann<br />

FAIRTRADE DEUTSCHLAND (2009): 50 Prozent Plus für Fairtrade. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.fairtrade-deutschland.de/nc/top/presse/archiv-pressemitteilungen/detailseite-archiv-pressemeldungen/browse/9/article/50-prozent-plusfuer-fairtrade.html?tx_ttnews[pS]=1310580771&tx_ttnews[back-<br />

Pid]=139&cHash=a22e7aa331bbf61550f04deab76e949d , zuletzt überprüft:<br />

14.7.<strong>2011</strong><br />

FAIRTRADE DEUTSCHLAND (2010): Fairtrade wächst weltweit. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.fairtrade-deutschland.de/nc/top/presse/archiv-pressemitteilungen/detailseite-archiv-pressemeldungen/browse/2/article/fairtradewaechst-weltweit.html?tx_ttnews[pS]=1310580771&tx_ttnews[back-<br />

191


6 Quellenverzeichnis<br />

Pid]=139&cHash=f9e581d0d36b54b863e91f98d0aaa799 , zuletzt überprüft:<br />

14.7.<strong>2011</strong><br />

FAULSTICH-WIELAND, HANNELORE/FAULSTICH, PETER (Hrsg., 2008): Erziehungswissenschaft.<br />

Ein Grundkurs. Rowohlt.<br />

FAURE, EDGAR et.al. (1973): Wie wir leben lernen. Der UNESCO-Bericht über Ziele<br />

und Zukunft unserer Erziehungsprogramme. Reinbek. Zitiert nach: OVER-<br />

WIEN, BERND (2009): Informelles Lernen. Definitionen und Forschungsansätze.<br />

In: BRODOWSKI, MICHAEL et.al (Hrsg.): Informelles Lernen und Bildung<br />

für eine nachhaltige Entwicklung. Opladen & Farmington Hills, MI: Verlag<br />

Barbara Budrich. S. 23-34<br />

FISCHER, ANDREAS (1997): Bildung für nachhaltige Entwicklung. Rostock: Universität<br />

Rostock<br />

FISCHER, ANDREAS (2000): Bildung für eine nachhaltige Entwicklung im sozial- und<br />

wirtschaftswissenschaftlichen Unterrricht (Einleitung). In: sowi-onlinejournal<br />

1 (2000). Online-Dokument; URL: http://www.sowi-onlinejournal.de/nachhaltigkeit/einl.htm,<br />

zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

FREIE UND HANSESTADT HAMBURG – Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt –<br />

Projektstelle Nachhaltige Entwicklung (Hrsg., 2005): Hamburger Aktionsplan<br />

(HHAP) 2005/2006 der Initiative Hamburg lernt Nachhaltigkeit zur Unterstützung<br />

der UN-Dekade Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (2005-2014).<br />

Online-Dokument; URL: http://www.bne-portal.de/coremedia/generator/<br />

unesco/de/Downloads/Dekade__Publikationen__national/<br />

Hamburger_20Aktionsplan_202005.pdf, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

FREIE UNIVERSITÄT BERLIN, ARBEITSBEREICH ERZIEHUNGSWISSENSCHAFTLICHE ZU-<br />

KUNFTSFORSCHUNG,<br />

PROGRAMM TRANSFER-21 (2007): Orientierungshilfe Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung in der Sekundarstufe I. Begründungen, Kompetenzen, Lernangebote.<br />

Berlin<br />

FREIE UNIVERSITÄT BERLIN, ARBEITSBEREICH ERZIEHUNGSWISSENSCHAFTLICHE ZU-<br />

KUNFTSFORSCHUNG,<br />

PROGRAMM TRANSFER-21 (o.J.): Gestaltungskompetenz. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.transfer-21.de/index.php?p=222, zuletzt überprüft:<br />

10.8.<strong>2011</strong><br />

FTHENAKIS, WASSILIOS E. (2010): Implikationen und Impulse für die Weiterentwicklung<br />

von Bildungsqualität in Deutschland. In: FTHENAKIS, WASSILIOS E./<br />

OBERHUEMER, PAMELA (Hrsg.): Frühpädagogik international. Wiesbaden: VS<br />

Verlag für Sozialwissenschaften. 2. Auflage. S. 13-30<br />

GARDNER,GARY (2010a): Religionen im Dienste der Nachhaltigkeit. In: Worldwatch<br />

Institute (Hrsg.): Zur Lage der Welt 2010. Einfach besser leben. München:<br />

oekom. S. 60-69<br />

GARDNER,GARY (2010b): Ritual und Tabu als Schutzengel der Ökologie. In: Worldwatch<br />

Institute (Hrsg.): Zur Lage der Welt 2010. Einfach besser leben. München:<br />

oekom. S. 70-77<br />

192


6 Quellenverzeichnis<br />

GERMANWATCH REGIONALGRUPPE HAMBURG (1996): Lokal handeln – global denken.<br />

Zukunftsfähige City? Hamburg und die Agenda 21. Hamburg: Konkret<br />

Literatur Verlag.<br />

GESAMTSCHULE SCHWERTE (1997a): Gesamtschule Schwerte – Öko-Audit 1997. Online-Dokument;<br />

URL: www.umweltschulen.de/audit/schwerte/1997.html, zuletzt<br />

überprüft: 1.8.<strong>2011</strong><br />

GESAMTSCHULE SCHWERTE (1997b): Gesamtschule Schwerte – Öko-Audit-Prozess<br />

1997. Online-Dokument; URL: www.umweltschulen.de/audit/schwerte/<br />

1997_prozess.html, zuletzt überprüft: 1.8.<strong>2011</strong><br />

GESCHWISTER-SCHOLL-GYMNASIUM DÜSSELDORF (2004): Geschwister-Scholl-<br />

Gymnasium: Müll vermeiden oder trennen. Papier - Herstellung, Verbrauch,<br />

Recycling. Online-Dokument; URL: http://www.umweltschulen.de/audit/<br />

scholl/muell_papier.html, zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

GESCHWISTER-SCHOLL-GYMNASIUM DÜSSELDORF (<strong>2011</strong>): Eine Welt Projekt. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.umweltschulen.de/audit/scholl/einewelt.html,<br />

zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

GESCHWISTER-SCHOLL-GYMNASIUM DÜSSELDORF (o.J.): Geschwister-Scholl-Gymnasium:<br />

Wassermonat März in Jahrgangsstufe 8. Online-Dokument; URL: http://www.umweltschulen.de/audit/scholl/wasser_monat.html,<br />

zuletzt<br />

überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

GIESEL, KATHARINA D./DE HAAN, GERHARD/RODE, HORST (2001): Außerschulische<br />

Umweltbildung in Zahlen. Die Evaluationsstudie der Deutschen Bundesstiftung<br />

Umwelt. Berlin: Erich-Schmidt-Verlag<br />

GISBERT, KRISTIN (2004): Lernen lernen. Lernmethodische Kompetenzen von Kindern<br />

in Tageseinrichtungen fördern. Weinheim und Basel: Beltz<br />

GÖLL, EDGAR (2009): Lokale Agenda 21 und informelles Lernen. In: BRODOWSKI,<br />

MICHAEL et.al (Hrsg.): Informelles Lernen und Bildung für eine nachhaltige<br />

Entwicklung. Opladen & Farmington Hills, MI: Verlag Barbara Budrich. S.<br />

75-84<br />

GOMM, EKKEHARD/WILLKE, KLAUS (2000): Indikatoren für eine zukunftsfähige Hansestadt.<br />

In: GERMANWATCH REGIONALGRUPPE HAMBURG (Hrsg.): Agenda 21.<br />

Hamburgs mühsamer Weg ins 21. Jahrhundert. Dritter Nord-Süd WatchBericht.<br />

Hamburg. S. 30-53<br />

GÖPFERT, HANS (1987): Naturbezogene Pädagogik. Weinheim: Beltz. 2. Auflage<br />

GRABOLLE, ANDREAS/LOITZ, TANJA (2007): Pendos CO 2 -Zähler. co2online gGmbH<br />

(Hrsg.). Pendos: München und Zürich. 2. Auflage<br />

GRUHL, HERBERT (1975): Ein Planet wird geplündert. Die Schreckensbilanz unserer<br />

Politik. Frankfurt am Main: Fischer<br />

GRUNENBERG, HEIKO/KUCKARTZ, UDO (2005): Umweltbewusstsein. Empirische Erkenntnisse<br />

und Konsequenzen für die Nachhaltigkeitskommunikation. In: MI-<br />

193


6 Quellenverzeichnis<br />

CHELSEN, GERD/GODEMANN, JASMIN (Hrsg.): Handbuch<br />

Nachhaltigkeitskommunikation. München: oekom. S. 196-206<br />

GRUNWALD, ARMIN/KOPFMÜLLER, JÜRGEN (2006): Nachhaltigkeit. Frankfurt/Main:<br />

Campus<br />

HANSESTADT LÜBECK (2007): Agenda 21 Lübeck. Online-Dokument; URL: http://<br />

www.luebeck.de/stadt_politik/rathaus/agenda/luebeck/publikationen.html,<br />

zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

HANSESTADT STRALSUND (2009a): Hansestadt Stralsund beruft Klimarat. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.stralsund.de/hst01/content1.nsf/docname/<br />

832801562007C920C125758B00360EB3?OpenDocument, zuletzt überprüft:<br />

25.7.<strong>2011</strong><br />

HANSESTADT STRALSUND (2009b): Stralsund gehört zum Klima-Bündnis. Online-<br />

Dokument; URL: http://www.stralsund.de/hst01/content1.nsf/docname/<br />

0703449A018F7C9BC1257650005A99A1?OpenDocument, zuletzt überprüft:<br />

25.7.<strong>2011</strong><br />

HANSESTADT STRALSUND (2010): Klimaschutzkonzept der Hansestadt Stralsund. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.stralsund.de/hst01/ressourcen.nsf/docname/Ressourcen_0C950F3C34F47C0FC125789A005500D9/$File/<br />

Klimaschutzkonzept.pdf?OpenElement, zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

HAUFF, VOLKER (Hrsg., 1987): Unsere Gemeinsame Zukunft: Der Brundtlandbericht<br />

der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Greven.<br />

HÄUSLER, RICHARD (2004): Erfundene Umwelt. Das Konstruktivismus-Buch für<br />

Öko- und andere Pädagogen. München: oekom<br />

HEINRICH-BÖLL-STIFTUNG (2002): Das Jo´burg Memo. Ökologie – die neue Farbe der<br />

Gerechtigkeit. Memorandum zum Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung.<br />

Berlin. 2. Auflage der deutschen Ausgabe<br />

HEITMEYER, WILHELM (1997): Was treibt die Gesellschaft auseinander? Bundesrepublik<br />

Deutschland: Auf dem Weg von der Konsens- in die Konfliktgesellschaft.<br />

Frankfurt/Main: Suhrkamp. Zitiert nach: MAROTZKI, WINFRIED (2003): Bildungstheorie<br />

und neue Medien. Rostock: Universität Rostock<br />

HOFFMANN, LUTZ/MÜLLER, K.-P. (Hrsg., 1992): Öffentlichkeitsarbeit in der Abfallwirtschaft.<br />

Grundlagen / Umsetzungen / Wirkungen. Sehnde: Büro für Umwelt-Pädagogik<br />

HULDA-PANKOK-GESAMTSCHULE (2002): Schul-Check Nachhaltigkeit 2001. Düsseldorf<br />

HULDA-PANKOK-GESAMTSCHULE (<strong>2011</strong>): Schulgelände. Online-Dokument; URL:<br />

http://www.umweltschulen.de/audit/hpg/gelaende.html, zuletzt überprüft:<br />

25.7.<strong>2011</strong><br />

HUMBOLDT, WILHELM VON (1782/1980): Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der<br />

Wirksamkeit des Staates zu bestimmen. In: FLITNER, A. V./GIEL, K. (Hrsg.):<br />

Humboldt, Werke in fünf Bänden. Bd 1. Darmstadt 1980<br />

194


6 Quellenverzeichnis<br />

HUMM, HANSRUEDI (2003): Wie gesellschaftliches Lernen zur Lust wird... In: LEY,<br />

ASTRID/WEITZ, LUDWIG (Hrsg.): Praxis Bürgerbeteiligung. Ein Methodenhandbuch.<br />

Bonn: Verlag Stiftung Mitarbeit / Agenda Transfer. S. 207-211<br />

HÜTTERMANN, ALOYS: Nachhaltige Entwicklung im Alten Testament. In: Wir und<br />

unsere Umwelt 2/1997 S. 22-23<br />

ICLEI (1994): Charta der Europäischen Städte und Gemeinden auf dem Weg zur Zukunftsbeständigkeit<br />

(Charta von Aalborg). Online-Dokument; URL: http://<br />

www.apug.de/archiv/pdf/aalborg_charta.pdf, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

ICLEI (1998): Handbuch Lokale Agenda 21. Bonn: Bundesumweltministerium und<br />

Berlin: Umweltbundesamt<br />

ICLEI (<strong>2011</strong>): Rio+20: Towards the UN Conference on Sustainable Development<br />

2012. Online-Dokument; URL: http://iclei.org/fileadmin/user_upload/documents/Global/News_Items/Image_Documents_web_news_11/<br />

Rio_20_Briefing_Sheet_ICLEI.pdf, zuletzt überprüft: 1.11.2007<br />

JONASSEN, D. H. (1994): Learning with media: Restructuring the debate. In: Educational<br />

Tech-nology Research and Development, 42 (2) S. 31-39<br />

JUNGK, ROBERT/MÜLLERT, NORBERT (1985): Zukunftswerkstätten. Wege zur Wiederbelebung<br />

der Demokratie. München: Goldmann<br />

KATHOLISCHE GRUNDSCHULE ESSENER STRAßE (2005): Eine Welt im Religionsunterricht.<br />

Online-Dokument; URL: http://www.umweltschulen.de/audit/kgs/einewelt.htm,<br />

zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

KIBBEL, HANS ULRICH/MÜLLER, JOHANNES (2002): Lokale Agenda 21. Rostock:<br />

Universität Rostock<br />

KLAFKI, WOLFGANG (1985): Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Weinheim/Basel<br />

KLIMA-BÜNDNIS (<strong>2011</strong>): Unsere Ziele. Online-Dokument; URL: http://www.klimabuendnis.org/our-objectives0.html?&L=1,<br />

zuletzt überprüft: 27.7.<strong>2011</strong><br />

KMK/BMZ 2007: Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im<br />

Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung. Online-Dokument; URL:<br />

http://www.bne-portal.de/coremedia/generator/unesco/de/Downloads/<br />

Hintergrundmaterial__national/<br />

Orientierungsrahmen_20f_C3_BCr_20den_20Lernbereich_20Globale_20Ent<br />

wicklung.pdf, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

KMK/DUK (2007): Empfehlung der Ständigen Konferenz der Kultusminister der<br />

Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) und der Deutschen<br />

UNESCO-Kommission (DUK) vom 15.06.2007 zur „Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung in der Schule“.<br />

KREUZINGER, STEFFI/ UNGER, HARALD (1999): Agenda 21. Wir bauen unsere Zukunft.<br />

Eine Mitmach-, Ideen- und Werkzeugkiste für Kinder und Jugendliche.<br />

Mühlheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr<br />

195


6 Quellenverzeichnis<br />

KRÜGER, M./PRIEBE, G. (o.J.): Die Gesellschaft für Natur und Umwelt stellt sich vor.<br />

In: Natur und Umwelt in Halle. Informationsblatt 16<br />

KRUSE, LENELIS (2005): Nachhaltigkeitskommunikation und mehr: die Perspektive<br />

der Psychologie. In: MICHELSEN, GERD/GODEMANN, JASMIN (2005): Handbuch<br />

Nachhaltigkeitskommunikation. München, oekom. S. 109-120<br />

KUCKARTZ, UDO (2000): Umweltbewusstsein in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen<br />

Bevölkerungsumfrage. Berlin: Bundesumweltministerium<br />

KUHN, CHRISTOPH (1996): „Inoffiziell wurde bekannt...“. Maßnahmen des Ministeriums<br />

für Staatssicherheit gegen die Ökologische Arbeitsgruppe beim Kirchenkreis<br />

Halle. Gutachten zum Operativen Vorgang „Heide“. Magdeburg: Der<br />

Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen<br />

DDR in Sachsen-Anhalt (Hrsg.)<br />

KULTUSMINISTERKONFERENZ (1953): Beschluss der Kultusministerkonferenz vom<br />

30.9.1953 „Naturschutz und Landschaftspflege sowie Tierschutz“. Zitiert<br />

nach: BOLSCHO, DIETMA/SEYBOLD, HANSJÖRG (1996): Umweltbildung und<br />

ökologisches Lernen: Ein Studien- und Praxisbuch. Berlin: Cornelsen Scriptor.<br />

S. 80<br />

KULTUSMINISTERKONFERENZ (1980): Umwelt und Unterricht. Beschluss der Kultusministerkonferenz<br />

vom 17.10.1980. Online-Dokument; URL: http://<br />

www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/1980/<br />

1980_10_17_Umwelt_Unterricht.pdf, zuletzt überprüft: 8.8.<strong>2011</strong><br />

KULTUSMINISTERKONFERENZ (2002): Bewertung der bundesinternen Leistungsvergleiche<br />

- PISA-E. Berlin. Online-Dokument; URL: http://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2002/strateg.pdf,<br />

zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

KULTUSMINISTERKONFERENZ (2005a, Hrsg.): Bildungsstandards im Fach Biologie für<br />

den Mittleren Schulabschluss Beschluss vom 16.12.2004. München, Neuwied:<br />

Luchterhand<br />

KULTUSMINISTERKONFERENZ (2005b, Hrsg.): Bildungsstandards im Fach Chemie für<br />

den Mittleren Schulabschluss Beschluss vom 16.12.2004. München, Neuwied:<br />

Luchterhand<br />

KULTUSMINISTERKONFERENZ (2005c, Hrsg.): Bildungsstandards im Fach Physik für<br />

den Mittleren Schulabschluss Beschluss vom 16.12.2004. München, Neuwied:<br />

Luchterhand<br />

KURTZ, KLAUS (2005): Managementsystem „Nachhaltigkeits-Audit“. Vortrag auf der<br />

Informationsveranstaltung der Lokalen Agenda 21 in Düsseldorf und des<br />

NRW-Modellversuchs Agenda 21 in Schule und Jugendarbeit mit dem Titel<br />

Nachhaltig fit für die Zukunft Wege zur Verbesserung von Unterrichtsqualität,<br />

Schulkultur und Schulorganisation am 26. Januar 2005 in Düsseldorf. Online-<br />

Dokument; URL: www.umweltschulen.de/download/n_schulquali.pdf , zuletzt<br />

überprüft 10.8.<strong>2011</strong><br />

LAININEN, ERKKA (2010): Sustainable development criteria and certification system<br />

for educational establishments in Finland. Vortrag auf dem Internationalen Forum<br />

des Projekts EGS am 8.3.2010 in Järvenpää/Finnland. Online-Dokument;<br />

196


6 Quellenverzeichnis<br />

URL: www.umweltschulen.de/download/20100308_sd_certification.pdf, zuletzt<br />

überprüft: 17.7.<strong>2011</strong><br />

LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF (o.J. a): Lokale Agenda 21 – Chronik. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.duesseldorf.de/agenda21/infos/chronik.shtml, zuletzt<br />

überprüft 10.8.<strong>2011</strong><br />

LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF (o.J. b): Lokale Agenda 21 – Struktur. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.duesseldorf.de/agenda21/infos/struktur.shtml, zuletzt<br />

überprüft 10.8.<strong>2011</strong><br />

LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF (o.J. c): Lokale Agenda 21 – Projekte. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.duesseldorf.de/agenda21/projekte/index.shtml, zuletzt<br />

überprüft 10.8.<strong>2011</strong><br />

LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF (o.J. d): 50: 50. Online-Dokument; URL: http://<br />

www.duesseldorf.de/umweltamt/energie/energieprojekt50_50/index.shtml,<br />

zuletzt überprüft 10.8.<strong>2011</strong><br />

LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF (o.J. e): Schulliste. Online-Dokument; URL: http://www.duesseldorf.de/umweltamt/energie/energieprojekt50_50/<br />

adressen_schulen.shtml, zuletzt überprüft 10.8.<strong>2011</strong><br />

LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF (o.J. f): "Prima Klima": 23. Eine-Welt-Tage Düsseldorf.<br />

Online-Dokument; URL: http://www.duesseldorf.de/presse/pld/<br />

d2007/d2007_07/d2007_07_19/p22931.shtml. Zuletzt überprüft 10.8.<strong>2011</strong><br />

LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF (o.J. g): Entente Florale. Online-Dokument; URL:<br />

http://www.duesseldorf.de/entente_florale/index.shtml, zuletzt überprüft<br />

10.8.<strong>2011</strong><br />

LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF (o.J. h): Düsseldorf ist "Hauptstadt des Fairen<br />

Handels". Online-Dokument; URL: http://www.duesseldorf.de/agenda21/aktuell/hauptstadt_des_fairen_handels.shtml,<br />

zuletzt überprüft 10.8.<strong>2011</strong><br />

LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF (o.J. i): Energieeinsparung in Schulen. Online-<br />

Dokument; URL: http://www.duesseldorf.de/umweltamt/energie/schulprojekte/schulen2.shtml,<br />

zuletzt überprüft 10.8.<strong>2011</strong><br />

LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF (2008): Klassenziel Klimaschutz. Düsseldorf<br />

LANDESINSTITUT FÜR LEHRERBILDUNG UND SCHULENTWICKLUNG (<strong>2011</strong>): Klimaschutz<br />

an Schulen. Online-Dokument; URL: http://www.li-hamburg.de/klimaschutz/,<br />

zuletzt überprüft: 23.7.<strong>2011</strong><br />

LANGNER, TILMAN (1998): Umweltschutz in Schulen. Pöglitz: Umweltbüro Nord e.V.<br />

LANGNER, TILMAN (2005): Computerspiele und Simulationen in der Umweltbildung.<br />

In: APEL, HEINO/WOLF, GERTRUD: Multimedia in der Umweltbildung. Wiesbaden:<br />

VS Verlag für Sozialwissenschaften<br />

LANGNER, TILMAN (<strong>2011</strong>): Klimadetektive in der Schule. Stralsund: Umweltbüro<br />

Nord e.V. 2. Auflage<br />

197


6 Quellenverzeichnis<br />

LANGNER, TILMAN (<strong>2011</strong>a): Footprint- und Klimaschutzrechner im Internet. Online-<br />

Dokument; URL: http://www.umweltschulen.de/net/footprintrechner.html,<br />

zuletzt überprüft: 1.8.<strong>2011</strong><br />

LANGNER, TILMAN (<strong>2011</strong>b): Umwelt- und Nachhaltigkeitszertifizierung für Bildungseinrichtungen<br />

in Finnland. Online-Dokument; URL: www.umweltschulen.de/<br />

audit/nachhaltigkeitszertifizierung-finnland.html, zuletzt überprüft: 1.8.<strong>2011</strong><br />

LANGNER, TILMAN (<strong>2011</strong>c): Schulqualität und nachhaltige Entwicklung. Weitere Managementsysteme.<br />

Online-Dokument; URL: www.umweltschulen.de/audit/<br />

managementsysteme.html, zuletzt überprüft: 1.8.<strong>2011</strong><br />

LANGNER, TILMAN (<strong>2011</strong>d): Zehn Schritte zum Audit. Online-Dokument; URL:<br />

www.umweltschulen.de/audit/duesseldorf/ne_steps.html, zuletzt überprüft:<br />

1.8.<strong>2011</strong><br />

LANGNER, TILMAN (<strong>2011</strong>e): Fishbanks, Ltd. Online-Dokument; URL: www.umweltschulen.de/net/fishbanks.html,<br />

zuletzt überprüft: 1.8.<strong>2011</strong><br />

LANGNER, TILMAN (<strong>2011</strong>f): ecopolicy®. Online-Dokument; URL: www.umweltschulen.de/net/ecopolicy.html,<br />

zuletzt überprüft: 1.8.<strong>2011</strong><br />

LANGNER, TILMAN (<strong>2011</strong>g): triCO2lor. Online-Dokument; URL: www.umweltschulen.de/net/trico2lor.html,<br />

zuletzt überprüft: 1.8.<strong>2011</strong><br />

LANGNER, TILMAN (<strong>2011</strong>h): Klimaschutz im Fachunterricht. Online-Dokument;<br />

URL: www.umweltschulen.de/klima/fachunterricht.html, zuletzt überprüft:<br />

1.8.<strong>2011</strong><br />

LANGNER, TILMAN (<strong>2011</strong>i): Finanzielle Instrumente zum sparsamen Umgang mit<br />

Ressourcen. Online-Dokument; URL: www.umweltschulen.de/energie/<br />

negawatt2.html, zuletzt überprüft: 18.7.<strong>2011</strong><br />

LANGNER, TILMAN (<strong>2011</strong>j): Öffentlichkeitsarbeit zum Klimaschutz in der Hansestadt<br />

Stralsund. Online-Dokument; URL: http://www.umweltschulen.de/umweltbuero/klimaschutz_hansestadt_stralsund.html,<br />

zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

LEGGETT, JEREMY (2006): Peak Oil. Köln: Kiepheuer & Witsch<br />

LEMPERS, J.D./FLAVELL, E.R./FLAVELL, J.H. (1977): The development in very young<br />

children of tacit knowledge concerning visual perception. Genetic Psychology<br />

Monographs 95, S. 3-53<br />

LEUCHTPOL (o.J. a): Konzept und Ziele. Online-Dokument; URL: http://www.leuchtpol.de/ueber-leuchtpol/konzept-und-ziele/,<br />

zuletzt überprüft: 29.7.<strong>2011</strong><br />

LEUCHTPOL (o.J. b): Kitas geht raus – und macht was draus. Online-Dokument; URL:<br />

http://www.leuchtpol.de/aktionen-und-projekte/wettbewerb/, zuletzt überprüft:<br />

29.7.<strong>2011</strong><br />

LEUCHTPOL (o.J. c): Über Leuchtpol. Online-Dokument; URL: http://www.leuchtpol.de/ueber-leuchtpol/,<br />

zuletzt überprüft: 29.7.<strong>2011</strong><br />

198


6 Quellenverzeichnis<br />

LEY, ASTRID/WEITZ, LUDWIG (Hrsg., 2003): Praxis Bürgerbeteiligung. Ein Methodenhandbuch.<br />

Bonn: Verlag Stiftung Mitarbeit / Agenda Transfer<br />

LIVINGSTONE, DAVID W. (1999): Informelles Lernen in der Wissensgesellschaft. In:<br />

ARBEITSGEMEINSCHAFT<br />

QUALIFIKATIONS-ENTWICKLUNGS-MANAGEMENT<br />

(QUEM): Kompetenz für Europa – Wandel durch Lernen – Lernen im Wandel.<br />

Berlin, S. 65-92. Zitiert nach: OVERWIEN, BERND (2009): Informelles Lernen.<br />

Definitionen und Forschungsansätze. In: BRODOWSKI, MICHAEL et.al (Hrsg.):<br />

Informelles Lernen und Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Opladen &<br />

Farmington Hills, MI: Verlag Barbara Budrich. S. 23-34<br />

LUBW LANDESANSTALT FÜR UMWELT, MESSUNGEN UND NATURSCHUTZ BADEN-<br />

WÜRTTEMBERG (2009): Leitfaden Indikatoren im Rahmen einer Lokalen<br />

Agenda 21. Vierte, überarbeitete und erweiterte Auflage. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/57770/, zuletzt<br />

überprüft: 26.7.<strong>2011</strong><br />

MANIATES, MICHAEL (2010): Die gelenkte Wahl. Wie man nachhaltiges Verhalten<br />

steuern kann. In: Worldwatch Institute (Hrsg.): Zur Lage der Welt 2010. Einfach<br />

besser leben. Nachhaltigkeit als neuer Lebensstil. München: oekom. S.<br />

176-186<br />

MAROTZKI, WINFRIED (2003): Bildungstheorie und neue Medien. Rostock: Universität<br />

Rostock<br />

MAX-WEBER-BERUFSKOLLEG UND WALTER-EUCKEN-BERUFSKOLLEG (2001): Verkehr.<br />

Online-Dokument; URL: www.umweltschulen.de/audit/webeuck/2001/<br />

verkehr.htm, zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

MAX-WEBER-BERUFSKOLLEG UND WALTER-EUCKEN-BERUFSKOLLEG (2006): Verkehr.<br />

Online-Dokument; URL: www.umweltschulen.de/audit/webeuck/2006/<br />

verkehr.htm, zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

MEADOWS, DENNIS L./MEADOWS, DONELLA H./ZAHN, ERICH/MILLING, PETER<br />

(1972): Die Grenzen des Wachstums: Bericht des Club of Rome zur Lage der<br />

Menschheit. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt<br />

MEADOWS, DONELLA H./RANDERS, JØRGEN/MEADOWS, DENNIS L. (2007): Grenzen<br />

des Wachstums. Das 30-Jahre-Update. Stuttgart: S. Hirzel. 2., ergänzte Auflage<br />

MICHELSEN, GERD/KUNST, SABINE/MERTINEIT, KLAUS-DIETER/SCHULZ, THOMAS et.<br />

al. (1986): Öko-Werkstatt. Modell einer Mitarbeiterfortbildung für Erwachsenenbildner.<br />

Berlin: UNESCO-Verbdindungsstelle für Umwelterziehung im<br />

Umweltbundesamt<br />

MICHELSEN, GERD (2005): Nachhaltigkeitskommunikation: Verständnis – Entwicklung<br />

– Perspektiven. In: MICHELSEN, GERD/GODEMANN, JASMIN (Hrsg.):<br />

Handbuch Nachhaltigkeitskommunikation. München: oekom. S. 25-41<br />

MILANOVIC, BRANKO (2005): Worlds Apart: Global and International Inequality<br />

1950-2000. Princeton<br />

199


6 Quellenverzeichnis<br />

MILLENIUM-KAMPAGNE (<strong>2011</strong>): Die UN-Milleniumentwicklungsziele. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.un-kampagne.de/index.php?id=90, zuletzt überprüft:<br />

10.8.<strong>2011</strong><br />

MILKE, KLAUS/ROSTOCK, STEFAN 2010: Trotz Kopenhagen – auf vielen schnellen<br />

Wegen zu neuen Gewohnheiten. In: Worldwatch Institute (Hrsg.): Zur Lage<br />

der Welt 2010. Einfach besser leben. Nachhaltigkeit als neuer Lebensstil. München:<br />

oekom. S. 16-25<br />

MINISTERIUM FÜR MATERIALWIRTSCHAFT: (1986) Sekundärrohstoffwirtschaft. Berlin:<br />

Staatsverlag der DDR<br />

MINISTERIUM FÜR UMWELT, ENERGIE UND VERKEHR DES SAARLANDES (1996): Bericht<br />

zur Umweltprüfung für das Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr<br />

des Saarlandes. Saarbrücken<br />

MURSWIEK, DIETRICH (2002): „Nachhaltigkeit“ - Probleme der rechtlichen Umsetzung<br />

eines umweltpolitischen Leitbildes. In: NuR 2002, S. 641-648<br />

NUSSBAUM, MARTHA (2003): Frauen und Arbeit – der Fähigkeitenansatz. In: Zeitschrift<br />

für Wirtschafts- und Unternehmensethik, Jg. 4, S. 8-30<br />

NUTZINGER, H. G.; ZAHRNT, A. (Hrsg., 1989): Öko-Steuern. Umweltsteuern und -abgaben<br />

in der Diskussion. Karlsruhe: Verlag. C.F. Müller<br />

OECD (2005): Definition und Auswahl von Schlüsselkompetenzen. Zusammenfassung.<br />

Online-Dokument; URL: http://www.oecd.org/dataoecd/36/56/<br />

35693281.pdf, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

ÖKUMENISCHES INFORMATIONSZENTRUM E.V./DIAKONISCHES WERK DER EV.-LUTH.<br />

LANDESKIRCHE IN BRAUNSCHWEIG/UMWELTBÜRO NORD E. V. (o.J.): <strong>Weiterbildung</strong><br />

zur NaturkindergärtnerIn. Online-Dokument; URL: http://www.naturkindergarten.net/weiterbildung.htm,<br />

zuletzt überprüft: 1.8.<strong>2011</strong><br />

OPITZ, CHRISTIAN (1998): Ernährung für Mensch und Erde. Freiburg: Hans-Nietsch-<br />

Verlag. 4. Auflage<br />

ORR, DAVID W. (2010): Hochschulbildung – für die Zukunft. In: WORLDWATCH IN-<br />

STITUTE (Hrsg.): Zur Lage der Welt 2010. Einfach besser leben. Nachhaltigkeit<br />

als neuer Lebensstil. München: oekom. S. 127-134<br />

OTT, KONRAD/DÖRING, RALF (2008): Theorie und Praxis starker Nachhaltigkeit.<br />

Marburg: Metropolis-Verlag. 2. Auflage<br />

OTT, KONRAD/VOGET, LIESKE (2007): Ethische Dimensionen einer Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung. Online-Dokument; URL: http://www.bne-portal.de/coremedia/generator/pm/de/Ausgabe__001/Downloads/01__Beitr_C3_A4ge/<br />

Ott__Voget.pdf, zuletzt überprüft: 7.8.<strong>2011</strong><br />

OVERWIEN, BERND (2009): Informelles Lernen. Definitionen und Forschungsansätze.<br />

In: BRODOWSKI, MICHAEL et.al (Hrsg.): Informelles Lernen und Bildung für<br />

eine nachhaltige Entwicklung. Opladen & Farmington Hills, MI: Verlag Barbara<br />

Budrich. S. 23-34<br />

200


6 Quellenverzeichnis<br />

OWEN, HARRISON (2001): Open Space technology. Ein Leitfaden für die Praxis. Stuttgart:<br />

Klett-Cotta<br />

PACALA, STEPHEN (2007): Equitable Solutions to Greenhouse Warming: On the Distribution<br />

of Wealth, Emissions ans Responsibility Within and Between Nations.<br />

Beitrag zur Globalen Entwicklungskonferenz des International Institute<br />

for Applied Systems Analysis, Wien.<br />

PAULUSSCHULE DÜSSELDORF (2010): Papier. Online-Dokument; URL: www.umweltschulen.de/audit/paulusschule/papier.html,<br />

zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

PETRI, KATRINA (2003): Open Space – Raum für Bürgerengagement und Kaffeepausen.<br />

In: LEY, ASTRID/WEITZ, LUDWIG (Hrsg.): Praxis Bürgerbeteiligung. Ein<br />

Methodenhandbuch. Bonn: Verlag Stiftung Mitarbeit / Agenda Transfer. S.<br />

183-189. Online-Version unter http://www.buergergesellschaft.de/politischeteilhabe/modelle-und-methoden-der-buergerbeteiligung/ideen-sammeln-kommunikation-und-energie-buendeln/open-space/103429/,<br />

zuletzt überprüft:<br />

25.7.<strong>2011</strong><br />

PETSCHOW, ULRICH/MEYERHOFF, JÜRGEN/THOMASBERGER, CLAUS (1990): Umweltreport<br />

DDR. Frankfurt am Main: Fischer<br />

PIECHOCKI, REINHARD (2001): Altäre des Fortschritts und der Aufklärung im 21. Jahrhundert.<br />

München und Heidelberg: Verlag C.H.Beck und Günter-Altner-Stiftung<br />

PRAMLING, INGRID (1986): The origin of the child's idea of learning through practice.<br />

In: European Journal of Psychology in Education 1, No 3, S. 31-46. Zitiert<br />

nach: GISBERT, KRISTIN (2004): Lernen lernen. Lernmethodische Kompetenzen<br />

von Kindern in Tageseinrichtungen fördern. Weinheim und Basel: Beltz<br />

PRAMLING, INGRID (1996): Understandig and empowering the child as a learner. In:<br />

OLSON, D.R./TORRANCE, N. (Hrsg.): The handbook of education and human<br />

development. Malden MA: Blackwell. S. 565-592) Zitiert nach: GISBERT, KRI-<br />

STIN (2004): Lernen lernen. Lernmethodische Kompetenzen von Kindern in<br />

Tageseinrichtungen fördern. Weinheim und Basel: Beltz<br />

PRAMLING SAMUELSSON, INGRID/CARLSSON, MAJ ASPLUND (2007): Spielend lernen.<br />

Stärkung lernmethodischer Kompetenzen. Troisdorf: Bildungsverlag EINS<br />

PRAMLING SAMUELSSON, INGRID/KAGA, YOSHI (2010): Spielend in die neue Welt.<br />

Über frühkindliche Erziehung und Nachhaltigkeit. In: Worldwatch Institute<br />

(Hrsg.): Zur Lage der Welt 2010. Einfach besser leben. Nachhaltigkeit als neuer<br />

Lebensstil. München: oekom. S. 102-108<br />

PREUSS, S. (1997): Strategien zur Förderung des Umwelthandelns. In: MICHELSEN,<br />

GERD (Hrsg., 1997): Umweltberatung. Grundlagen und Praxis. Bonn: Economica<br />

Verlag GmbH, S. 63-72<br />

PRILL, SUSANNE (2003): Open Space – Rostocker Stadtteil Groß Klein. In: LEY,<br />

ASTRID/WEITZ, LUDWIG (Hrsg.): Praxis Bürgerbeteiligung. Ein Methodenhandbuch.<br />

Bonn: Verlag Stiftung Mitarbeit / Agenda Transfer. S. 191<br />

201


6 Quellenverzeichnis<br />

PROGRAMM TRANSFER-21 (Hrsg., o.J.): Abschlussbericht des Projektträgers. 1. August<br />

2004 bis 31. Juli 2008. Berlin.<br />

REICH, KERSTEN (Hrsg., 2003ff): Methodenpool. Online-Dokument; URL: http://<br />

www.uni-koeln.de/hf/konstrukt/didaktik/uebersicht.html, zuletzt überprüft:<br />

10.8.<strong>2011</strong><br />

REICH, KERSTEN (2004): Konstruktivistische Didaktik. Neuwied: Luchterhand.<br />

REIDELHUBER, ALMUT (2000): Umweltbildung. Ein Projektbuch für die sozialpädagogische<br />

Praxis mit Kindern von 3–10 Jahren. München.<br />

REINERT, ADRIAN (2003): Bürger(innen)beteiligung als Teil der lokalen Demokratie.<br />

In: LEY, ASTRID/WEITZ, LUDWIG (Hrsg.): Praxis Bürgerbeteiligung. Ein Methodenhandbuch.<br />

Bonn: Verlag Stiftung Mitarbeit / Agenda Transfer. S. 33-40<br />

RENN, ORTWIN (2003): Warum Beteiligung? Zur politischen Dimension des bürgerschaftlichen<br />

Engagements. In: LEY, ASTRID/WEITZ, LUDWIG (Hrsg.): Praxis<br />

Bürgerbeteiligung. Ein Methodenhandbuch. Bonn: Verlag Stiftung Mitarbeit /<br />

Agenda Transfer. S. 43-48<br />

RETTET DEN REGENWALD o.J.: Regenwald.org. Online-Dokument; URL: http://<br />

www.regenwald.org/, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

RIECKMANN, MARCO (2010): Die Globale Perspektive der Bildung für eine nachhaltige<br />

Entwicklung. Berlin: Berliner Wissenschafts-Verlag<br />

RODE, HORST: Motivation, Transfer und Gestaltungskompetenz. Ergebnisse der Abschlussevaluation<br />

des BLK-Programms “21” 1999-2004. Berlin: Verein zur<br />

Förderung der Ökologie im Bildungsbereich e.V. Online-Dokument; URL: http://www.transfer-21.de/daten/evaluation/Abschlusserhebung.pdf,<br />

zuletzt<br />

überprüft: 10. 8. <strong>2011</strong><br />

RODEMANN, SUSANNE (2009): Gestaltungskompetenz durch freiwilliges Engagement<br />

bei Greenpeace. In: BRODOWSKI, MICHAEL et.al (Hrsg.): Informelles Lernen<br />

und Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Opladen & Farmington Hills,<br />

MI: Verlag Barbara Budrich. S. 113-112<br />

RYCHEN, DOMINIQUE SIMONE (2001): Introduction. In: RYCHEN, DOMINIQUE SIMO-<br />

NE/SALGANIK, LAURA (Hrsg.): Defining and Selecting Key Competencies. Seattle,<br />

Toronto, Bern, Göttingen: Hogrefe & Huber Publishers, S. 1-15<br />

RYCHEN, DOMINIQUE SIMONE (2008): OECD Referenzrahmen für Schlüsselkompetenzen<br />

– ein Überblick. In: BORMANN, INKA/DE HAAN, GERHARD (Hrsg.):<br />

Kompetenzen der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Wiesbaden: VS Verlag<br />

für Sozialwissenschaften. S. 15-22<br />

SCHAHN, J. (1997) : Die Diskrepanz zwischen Wissen, Einstellungen und Handeln –<br />

Sozialwissenschaftliche Erkenntnisse. In: MICHELSEN, GERD (Hrsg.): Umweltberatung<br />

– Grundlagen und Praxis. Bonn<br />

SCHMIDT-BLEEK, FRIEDRICH (1993): Wieviel Umwelt braucht der Mensch? MIPS -<br />

das Maß für ökologisches Wirtschaften. Basel/Berlin: Birkhäuser<br />

202


6 Quellenverzeichnis<br />

SCHMIDT-BLEEK, FRIEDRICH (1998): Das MIPS-Konzept – Faktor 10. München:<br />

Droemer<br />

SCHMIDT-BLEEK, FRIEDRICH (2000): Faktor 10 Manifesto. Online-Dokument; URL:<br />

http://www.factor10-institute.org/files/F10_Manifesto_d.pdf, zuletzt überprüft:<br />

10.8.201<br />

SCHWALB, LILIAN/WALK, HEIKE (Hrsg., 2007): Local Governance – mehr Transparenz<br />

und Bürgernähe? Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften<br />

SEMMELMANN, THOMAS (2003): Zukunftswerkstatt – Ökologische Stadt Herne. In:<br />

LEY, ASTRID/WEITZ, LUDWIG (Hrsg.): Praxis Bürgerbeteiligung. Ein Methodenhandbuch.<br />

Bonn: Verlag Stiftung Mitarbeit / Agenda Transfer. S. 288<br />

SIEMER, STEFAN HERMANN/RAMMEL, CHRISTIAN/ELMER, SONYA (2006): Pilotstudie<br />

zu Indikatoren einer Bildung für nachhaltige Entwicklung. Wien: Forum Umweltbildung.<br />

Online-Dokument; URL: http://www.umweltbildung.at/cms/<br />

download/407.pdf, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

SIPRI (2007): SIPRI YEARBOOK 2007: Armaments, Disarmament and International<br />

Security. Online-Dokument; URL, http://www.sipri.org/yearbook/2007, zuletzt<br />

überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

S.O.F. (o.J. a): KITA21 – Die Zukunftsgestalter. Online-Dokument; URL: http://<br />

www.kita21.de/index.html, zuletzt überprüft: 1.8.<strong>2011</strong><br />

S.O.F. (o.J. b) Bildungsprojekte gestalten. Online-Dokument; URL: http://<br />

www.kita21.de/bildungsprojekte_gestalten0.html, zuletzt überprüft: 1.8.<strong>2011</strong><br />

SPEHR, CHRISTOPH (1996): Die Ökofalle. Nachhaltigkeit und Krise. Wien: Promedia<br />

SRU (1994): Umweltgutachten 1994. Für eine dauerhaft-umweltgerechte Entwicklung.<br />

Stuttgart: Verlag Metzler-Poeschel<br />

SRU (1996): Umweltgutachten 1996. Zur Umsetzung einer dauerhaft-umweltgerechten<br />

Entwicklung. Stuttgart: Verlag Metzler-Poeschel<br />

SRU (1998): Umweltgutachten 1998. Umweltschutz: Erreichtes sichern – neue Wege<br />

gehen. Stuttgart: Verlag Metzler-Poeschel<br />

SRU (2000): Umweltgutachten 2000. Schritte ins nächste Jahrtausend. Stuttgart: Verlag<br />

Metzler-Poeschel<br />

SRU (2002): Umweltgutachten 2002. Für eine neue Vorreiterrrolle. Stuttgart: Verlag<br />

Metzler-Poeschel<br />

STATISTISCHES BUNDESAMT (2007): Nachhaltige Entwicklung in Deutschland. Indikatorenbericht<br />

2006. Online-Dokument; URL: http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/<br />

Fachveroeffentlichungen/UmweltoekonomischeGesamtrechnungen/<br />

Indikatorenbericht2006,property=file.pdf, zuletzt überprüft: 10.7.<strong>2011</strong><br />

STATISTISCHES BUNDESAMT (2008): Nachhaltige Entwicklung in Deutschland. Indikatorenbericht<br />

2008. Online-Dokument; URL: http://www.destatis.de/jet-<br />

203


6 Quellenverzeichnis<br />

speed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/<br />

Fachveroeffentlichungen/UmweltoekonomischeGesamtrechnungen/<br />

Indikatorenbericht2008,property=file.pdf, zuletzt überprüft: 10.7.<strong>2011</strong><br />

STATISTISCHES BUNDESAMT (2010): Nachhaltige Entwicklung in Deutschland. Indikatorenbericht<br />

2006. Online-Dokument; URL: http://www.bundesregie-<br />

rung.de/nsc_true/Webs/Breg/nachhaltigkeit/Content/__Anlagen/2010-07-28-<br />

indikatorenbericht-2010,property=publicationFile.pdf/2010-07-28-indikatorenbericht-2010,<br />

zuletzt überprüft: 10.7.<strong>2011</strong><br />

STATISTISCHES LANDESAMT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG (2003): Fakten<br />

und Analysen zum Thema Bevölkerung Einwohner und Haushalte Familien<br />

und Erwerbstätigkeit. Statistik.Magazin.Hamburg 17. Hamburg.<br />

STIFTUNG MITARBEIT (o.J.): Zukunftswerkstatt. Online-Dokument; URL: http://<br />

www.buergergesellschaft.de/politische-teilhabe/modelle-und-methoden-derbuergerbeteiligung/visionen-entwickeln-zukunft-gestalten/zukunftswerkstatt/<br />

103425/, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

STOLTENBERG, U./SCHUBERT, S. (2000): Zukunftsfähige Umweltbildung in der Ausbildung<br />

von Erzieherinnen und Erziehern. Projektbericht. Berlin<br />

TEICHERT, VOLKER (2000): Umweltmanagement in Schulen. Heidelberg: FEST<br />

THIELE, PETER: Bürgerbeteiligung am Beispiel der Sonderabfalldeponie Münchehagen.<br />

In: LANGNER, TILMAN (Hrsg., 1992): Bürgerbeteiligung in der Abfallwirtschaft.<br />

Halle: Unabhängiges Institut für Umweltfragen e.V.<br />

TSCHEKAN, KERSTIN (<strong>2011</strong>): Kompetenzorientiert unterrichten. Belin: Cornelsen<br />

Scriptor<br />

ULSF (o.J.): Talloires Declaration. Online-Dokument; URL: http://www.ulsf.org/<br />

programs_talloires.html, zuletzt überprüft: 19.7.<strong>2011</strong><br />

UMWELTAMT DER LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF (2009): Recyclingpapier an<br />

Schulen – das Umweltamt informiert. Online-Dokument; URL: http://<br />

www.umweltschulen.de/download/papierinfo.pdf, zuletzt überprüft:<br />

25.7.<strong>2011</strong><br />

UMWELTAMT DER LANDESHAUPTSTADT DÜSSELDORF (2010): Düsseldorfer Klimawochen<br />

für Schulen. Online-Dokument; URL: http://www.umweltschulen.de/<br />

download/20100913_klimawochen.pdf, zuletzt überprüft: 27.7.<strong>2011</strong><br />

UMWELTBUNDESAMT (2002): Ökosteuer – sparen oder zahlen? Berlin<br />

UMWELTBUNDESAMT (2007): Klimaänderungen, deren Auswirkungen und was für<br />

den Klimaschutz zu tun ist. Berlin<br />

UNESCO (1978): Intergovernmental Conference on Environmental Education:<br />

Schlußbericht (Paris, UNESCO, 1978) Kapitel III<br />

UNESCO (2005): United Nations Decade of Education for Sustainable Development<br />

2005-2014. International Implementation Scheme (IIS). Paris. Zitiert nach:<br />

DEUTSCHE UNESCO-KOMMISSION/SEKRETARIAT UN-DEKADE (2005): Na-<br />

204


6 Quellenverzeichnis<br />

tionaler Aktionsplan für Deutschland. UN-Dekade „Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung“. Berlin. S. 3<br />

VAN DE SAND, KLEMENS (2005): Die MDG als Herausforderungen für die deutsche<br />

Entwicklungspolitik. In: dedBrief 2 (2005) 8-11<br />

VENRO (2000): Globales Lernen als Aufgabe und Handlungsfeld entwicklungspolitischer<br />

Nichtregierungsorganisationen. Online-Dokument; URL: http://<br />

www.venro.org/fileadmin/Publikationen/Einzelveroeffentlichungen/<br />

Globales_Lernen/arbeitspapier_10.pdf, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

VENRO (2005): Kurs auf eine nachhaltige Entwicklung – Lernen für eine zukunftsfähige<br />

Welt. Online-Dokument; URL: http://www.venro.org/fileadmin/Publikationen/Einzelveroeffentlichungen/Nachhaltige_Entwicklung/<br />

arbeitspapier15-dt.pdf, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

VEREINTE NATIONEN (Vollversammlung) (1990): Unsere gemeinsame Zukunft. Bericht<br />

der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Berlin: Staatsverlag<br />

der DDR<br />

VEREINTE NATIONEN (2000): Millenniums-Erklärung der Vereinten Nationen. Online-Dokument;<br />

URL: http://www.un-kampagne.de/fileadmin/downloads/erklaerung/millenniumerklaerung.pdf,<br />

zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

VEREINTE NATIONEN (2002): Bericht des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung Johannesburg<br />

(Südafrika), 26. August – 4. September 2002 (auszugsweise Übersetzung).<br />

Online-Dokument; URL: http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/<br />

application/pdf/johannesburg_declaration.pdf, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

VEREINTE NATIONEN, Wirtschafts- und Sozialrat, Wirtschaftskommission für Europa,<br />

Ausschuss für Umweltpolitik, Hochrangige Tagung der Umwelt- und Bildungsministerien<br />

(2005): UNECE-Strategie über die Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung. CEP/AC. 13/2005/3/Rev.1 vom 23.März 2005. Internetdokument;<br />

URL: http://www.are.admin.ch/themen/nachhaltig/03541/index.html?lang=de&download=NHzLpZeg7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZp<br />

nO2Yuq2Z6gpJCDfXt3hGym162epYbg2c_JjKbNoKSn6A-- , zuletzt überprüft<br />

15.7.<strong>2011</strong><br />

VERKEHRSVERBUND RHEIN-RUHR 2007: SchokoTicket. Online-Dokument; URL: http://www.vrr.de/imperia/md/content/broschueren/schokoticket.pdf,<br />

zuletzt<br />

überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

VIATKOV, SOFIA (2007): Die Effizienz der Lenkungsfunktion von Ökosteuern. Grin<br />

Verlag<br />

VOLKSKAMMER DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK (1970): Gesetz über<br />

die planmäßige Gestaltung der sozialistischen Landeskultur in der Deutschen<br />

Demokratischen Republik – Landeskulturgesetz – vom 14. Mai 1970. Gesetzblatt<br />

der Deutschen Demokratischen Republik Teil I Nr. 12 vom 28. Mai 1970<br />

WEINERT, FRANZ E. (2001): Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene<br />

Selbstverständlichkeit. In: WEINERT, F.E. (Hrsg.): Leistungsmessungen<br />

in Schulen. Weinheim und Basel: Beltz<br />

205


6 Quellenverzeichnis<br />

WEIZSÄCKER, ERNST ULRICH VON/LOVINS, AMORY B./LOVINS, L. HUNTER (1996):<br />

Faktor vier. München: Droemer Knaur. 9., korrigierte Auflage<br />

WENSIERSKI, PETER (1986): Von oben nach unten wächst gar nichts. Umweltzerstörung<br />

und Protest in der DDR. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag<br />

GmbH<br />

WBGU (1996): Welt im Wandel – Herausforderung für die deutsche Wissenschaft.<br />

Berlin-Heidelberg: Springer-Verlag<br />

WIPPERMANN, CARSTEN/FLAIG, BERTHOLD BODO/CALMBACH, MARC/KLEINHÜK-<br />

KELKOTTEN, SILKE (2009): Umweltbewusstsein und Umweltverhalten der sozialen<br />

Milieus in Deutschland. Berlin: Umweltbundesamt (Hrsg.). Online-<br />

Dokument; URL: http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3871.pdf,<br />

zuletzt überprüft: 26.7.<strong>2011</strong><br />

WOLF, GERTRUD (2005): Konstruktivistische Umweltbildung. Bielefeld: Bertelsmann<br />

WORLDWATCH INSTITUTE (Hrsg., <strong>2011</strong>): Zur Lage der Welt <strong>2011</strong>. Hunger im Überfluss.<br />

Neue Strategien gegen Unterernährung und Armut. München: oekom.<br />

WUPPERTAL-INSTITUT (2002): Mips für Kids. Umwelt und Lebenswelt - Wie Kinder<br />

gebrauchen und gestalten. Online-Dokument; URL: http://www.wupperinst.org/Projekte/mipskids/index.html,<br />

zuletzt überprüft: 8.8.<strong>2011</strong><br />

WWF/TRAFFIC DEUTSCHLAND (2001): Hintergrundinformation Ausgestorbene Arten.<br />

Online-Dokument; URL: www.wwf.de/imperia/md/content/pdf/arten/<br />

handel/ausgestorbene_arten.pdf, zuletzt überprüft: 10.8.<strong>2011</strong><br />

ZUKUNFTSRAT HAMBURG (1999): Indikatoren für eine zukunftsfähige Entwicklung<br />

Hamburgs. Hamburg<br />

ZUKUNFTSRAT HAMBURG (2006): HEINZ 2006. Hamburger Entwicklungs-INdikatoren<br />

Nachhaltigkeit. Online-Dokument; URL: http://www.zukunftsrat.de/<br />

download/HEINZ_2006-korrigierte%20Fassung.pdf, zuletzt überprüft:<br />

10.8.<strong>2011</strong><br />

ZUKUNFTSRAT HAMBURG (2007): Zukunftsrat zieht ernüchternde Bilanz: Hamburgs<br />

Entwicklung ist nicht zukunftsfähig. Online-Dokument; URL: http://www.zukunftsrat.de/download/Presse-Mitteilung%202007-01-01.pdf,<br />

zuletzt überprüft:<br />

10.8.<strong>2011</strong><br />

ZUKUNFTSRAT HAMBURG (2010a): HEINZ 2010. Hamburger Entwicklungs-INdikatoren<br />

Nachhaltigkeit. Online-Dokument; URL: http://www.zukunftsrat.de/<br />

download/heinz2010_ppp.pdf, zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

ZUKUNFTSRAT HAMBURG (2010b): Umwelthauptstadt <strong>2011</strong> im Nachhaltigkeits-<br />

Check. Online-Dokument; URL: http://www.zukunftsrat.de/download/<br />

heinz_pm2010.pdf, zuletzt überprüft: 25.7.<strong>2011</strong><br />

206


Anhang - Abbildungsverzeichnis<br />

7. Abbildungsverzeichnis<br />

Abb. 1 Rohstoffproduktivität und Wirtschaftswachstum in Deutschland ................. 42<br />

Abb. 2 Das Nachhaltigkeitsdreieck – ein brauchbares mentales Modell im Nachhaltigkeitsdiskurs?<br />

................................................................................................ 54<br />

Abb. 3 Ablauf des Nachhaltigkeitsaudits (vereinfacht) .......................................... 116<br />

Abb. 4 Stufen der Schülerpartizipation ................................................................. 118<br />

Abb. 5 Example: Energy theme in SD programme .............................................. 122<br />

Abb. 6 Zeugnis für eine Zukunftsfähige Hansestadt ............................................. 146<br />

Abb. 7 Struktur der Lokalen Agenda 21 in der Landeshauptstadt Düsseldorf ...... 153<br />

Abb. 8 CO2-Emissionen nach Sektoren. Hansestadt Stralsund, 2007 ................. 161<br />

Abb. 9 Verringerung der CO2-Emissionen der Hansestadt Stralsund. Szenarienvergleich<br />

– Zeithorizont: 2050 ......................................................................... 163<br />

207


Anhang - Tabellenverzeichnis<br />

8. Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1:<br />

Themenfelder und Schlüsselindikatoren der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie<br />

............................................................................................... 38<br />

Tabelle 2: Zukunftsfähigen Deutschland – Zwischenbilanz .................................. 43<br />

Tabelle 3: Lesarten des Bildungsauftrages der Agenda 21 .................................. 80<br />

Tabelle 4: Kompetenzkonzepte für die <strong>BNE</strong> ......................................................... 89<br />

Tabelle 5: Themen im Nachhaltigkeitsaudit (Beispiele) ...................................... 119<br />

Tabelle 6: Simulationsspiele als konstruktivistische Lernumgebungen .............. 131<br />

209


210<br />

8. Tabellenverzeichnis

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!