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Glashütten des Spätmittelalters im Isergebirge - Nemo

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den Erzeugern jede Bedingung diktieren können. Daneben wird die Benutzung einer zu kurzen<br />

Weife, das schlechte Garn und die vielfach ungerechten Strafen der Schaumeister beanstandet.<br />

Die Weber mussten ihre Ware auf den Leinwandmärkten in den größeren Gebirgsstädten um<br />

jeden Preis losschlagen, solange sie nicht wohlhabend waren, um dem Händler gleichberechtigt<br />

entgegentreten zu können. Unter den Ring umgebenden offenen Laubenhellen saßen auf hohen<br />

Stühlen die Kaufleute; vor ihnen drängten sich die Weber und boten schockweise ihre<br />

Leinwand an. Der Kaufmann prüfte flüchtig die Ware, bot einen Preis, um dann mit Kreide den<br />

Namen <strong>des</strong> Webers auf die Leinwand zu schreiben, falls sich etwa ein Fehler darin fände. Diese<br />

Schrift war nur mit Mühe auswaschbar, wozu dem Weber die Zeit fehlte. Wenn die Händler<br />

nur je<strong>des</strong> brauchbare Stück mit Kreide zeichneten und untereinander jede Konkurrenz<br />

ausschlossen, waren die Weber völlig in ihren Händen. Die Leinwandordnung hatte dieses<br />

Verfahren zwar verboten, aber umsonst. Dieses Vorgehen der Händler findet die stärkste<br />

Kritik der rechtlosen Weber. Der Abschlußbericht der Kommission vom 27. September 1740<br />

kommt zu der Feststellung: Das Leinengewerbe sei eine so verzwickte Sache und örtlich so<br />

verschiedenartig gelagert, dass eine gleichmäßige Behandlung unmöglich und lediglich eine<br />

Abstellung einzelner Beschwerden möglich sei. Es ergeht eine Verordnung, die das<br />

Beschreiben der Leinwand und ähnliche Missbräuche verbietet und die Behörden anhält, auf<br />

richtiges Garn zu achten.<br />

Der Weber erhält für <strong>des</strong> Weben eines Schocks Leinen fünfzehn bis zwanzig Groschen. Da<br />

diese Arbeit fünf und mehr Tage in Anspruch n<strong>im</strong>mt, beläuft sich sein Tagelohn auf kaum fünf<br />

Groschen, das entspricht etwa einer Mark heute. Nur die Schleier- und Creasweberei wirft<br />

besseren Lohn ab. Das Spinnen bringt täglich überhaupt nur Pfennige ein und kann daher nur<br />

als Nebenverdienst betrieben werden, zumal das Spinnrad damals <strong>im</strong> Volke so gut wie<br />

unbekannt ist. Wo die Weberfamilie ausschließlich vom Leinengewerbe leben muss, ist die Not<br />

als Folge geringfügiger Schicksalsschläge sehr groß. Jede Möglichkeit, ein anderes Gewerbe zu<br />

ergreifen, sich wieder hochzuarbeiten, ist ihnen genommen: Die Kinder spulen und spinnen,<br />

sobald sie nur dazu <strong>im</strong>stande sind; kaum sind ihre Arme kräftig genug, müssen sie weben<br />

lernen und mitverdienen. Nur besondere Glücksumstände oder Energien und Talente können<br />

diesen Bann durchbrechen. Die Kaufleute verfolgen mit blindem Hass jeden, der euch nur<br />

versucht, ihre Monopolstellung zu erschüttern und ohne ihre Vermittlung Waren <strong>im</strong> Auslande<br />

abzusetzen. So werden die Kaufleute, von denen nicht wenige Adelsgeschlechtern Schlesiens<br />

abstammen, <strong>im</strong>mer reicher. 1741 gibt es allein in Hirschberg, Schmiedeberg, Lan<strong>des</strong>hut und<br />

Greifenberg 110 sehr wohlhabende Leinwand- und Garnherren. Die Ausfuhr aus Hirschberg<br />

beträgt <strong>im</strong> Jahre 1740 an gebleichter Leinwand 1,5 Millionen Taler, an Rohleinwand rund 170<br />

000 Taler. Die Holländer bezahlen nur zum Teil bar und liefern oft Kolonialwaren <strong>im</strong><br />

Austausch, so dass die schlesischen Exporteure meist noch ein Kolonialwarengeschäft nebenbei<br />

besitzen, wenn sie nicht vorziehen, diese Waren weiter nach Polen und Ungarn zu verkaufen.<br />

Je mehr Holland und England <strong>im</strong> 17. Jahrhundert ihre Zölle erhöhen, <strong>des</strong>to stärker wird<br />

Hamburg zum eigentlichen Hafenplatz Schlesiens. Ja, die Hamburger Kaufleute veranlassen die<br />

Schlesier zur Nachahmung französischer Leinensorten um in Afrika bessere Geschäfte zu<br />

machen. In der Auseinandersetzung zwischen Hamburg und König Christian IV. v. Dänemark<br />

um den Elbzoll von 1629 bis 1645 tritt Kaiser Ferdinand II. <strong>im</strong> Westfälischen Frieden für<br />

Hamburg ein, um seinen schlesischen Leinenhändlern den wichtigsten Ausfuhrhefen offen zu<br />

halten. Von Hamburg aus geht das Leinen vor allem nach Holland, England und Spanien, bis<br />

gegen 1720 und 1738 die irische Leinenindustrie stark genug ist, sich abzuschließen und ab<br />

1725 die französische Konkurrenz die Ausfuhr schlesischen Leinens über spanische Häfen, vor<br />

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