Arzt Kind - prometus.at
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<strong>Arzt</strong><br />
<strong>Kind</strong><br />
Prometus Verlag: Novartis h<strong>at</strong> einen neuen<br />
Impfstoff gegen Meningokokken B entwickelt<br />
und auf den Markt gebracht – Bexsero.<br />
Inwiefern h<strong>at</strong> die von Ihnen durchgeführte<br />
Studie EUCLIDS zu der Entwicklung<br />
des Impfstoffes beigetragen?<br />
W Zenz: Im Jahre 2000 h<strong>at</strong> man bereits<br />
begonnen Blutproben von <strong>Kind</strong>ern, die<br />
von einer Meningokokkenerkrankung<br />
betroffen waren, zu sammeln und zu<br />
untersuchen. In der Pubertät h<strong>at</strong> jeder<br />
Vierte Meningokokken im Rachen, welche<br />
meist unbekapselt sind aber auch<br />
bekapselt sein können. Im Gegens<strong>at</strong>z<br />
dazu bricht die Erkrankung nur bei<br />
jedem hunderttausendsten <strong>Kind</strong> oder<br />
Jugendlichen aus. Daraus folgt, dass<br />
die Gene des Menschen in irgendeiner<br />
Form der Grund für das Auftreten der<br />
Erkrankung sein müssen. Im Zuge einer<br />
Kooper<strong>at</strong>ion mit Michael Levin aus England<br />
sowie Kollegen aus Holland, Spanien<br />
und Singapur wurde das Blut von<br />
Meningokokken P<strong>at</strong>ienten mit dem Blut<br />
von gesunden P<strong>at</strong>ienten verglichen und<br />
untersucht. Bei diesen Untersuchungen<br />
wurde herausgefunden, dass das das<br />
Gen des Faktor H des Komplements und<br />
des Komplement assoziierten Protein 3<br />
die bedeutendsten für den Ausbruch der<br />
Erkrankung sind.<br />
Das Ziel der Studie ist einerseits noch<br />
detailliertere Untersuchungen im<br />
Genom der Betroffen machen zu können<br />
und dadurch P<strong>at</strong>ienten mit hohem<br />
Risiko an dieser Krankheit zu erkranken<br />
identifizieren zu können. Ein weiteres<br />
Ziel sind Messenger RNA Analysen, die<br />
zeigen können, welche Gene genau im<br />
Blut aktiviert werden wenn es zu einem<br />
Ausbruch der Erkrankung gekommen ist.<br />
Durch diese Methode ist es möglich sich<br />
zehntausende Gene gleichzeitig anzuschauen<br />
und man sieht welche p<strong>at</strong>hophysiologischen<br />
Mechanismen beim<br />
Auftreten dieser Erkrankung ablaufen.<br />
Prometus Verlag: Welche Erfahrungen<br />
h<strong>at</strong> man mit Bexsero bereits gemacht?<br />
Könnten schon Erfolge verzeichnet werden?<br />
W. Zenz: Für die Wirkung des Impfstoffs<br />
Bexsero von der Firma Novartis gibt es<br />
eine perfekte Beweiskette aus dem Labor.<br />
Aufgrund der Zulassung des Impfstoffes<br />
durch die EMA wird jetzt ein großer Feldversuch<br />
in Ländern mit generellen Impfempfehlungen<br />
st<strong>at</strong>tfinden. Obwohl es<br />
noch keinen klinischen Wirkbeweis gibt,<br />
vermitteln unsere Ergebnisse mit dem<br />
Faktor H den Eindruck, dass die Impfung<br />
am zentralen p<strong>at</strong>hophysiologischen<br />
Mechanismus betreffend Suszeptibilität<br />
dieser Erkrankung angreift, da das Faktor<br />
H bindende Protein der Meningokokken<br />
ein zentrales Impfantigen im Impfstoff<br />
darstellt.<br />
Der Impfstoff ist etwas reaktogener<br />
jedoch ist es der erste Impfstoff gegen<br />
Meningokokken B. Für Österreich ist die<br />
Abdeckr<strong>at</strong>e von dieser Impfung noch<br />
nicht genau bekannt, ich glaube, dass<br />
diese bei 70–80% liegen wird. Da, aufgrund<br />
der Zulassung, jeder <strong>Kind</strong>erarzt<br />
diese Impfung in seiner Praxis verwenden<br />
darf, sind wir auf die Ergebnisse und<br />
Rückmeldungen sehr gespannt.<br />
Prometus Verlag: Könnten Sie sich vorstellen<br />
den Impfstoff Bexsero als verpflichtende<br />
Impfung in den Mutter-<strong>Kind</strong>-<br />
Pass aufzunehmen?<br />
W. Zenz: Ich bin gegen jegliche verpflichtende<br />
Impfung. Wenn es sich zeigt, dass<br />
diese Impfung gut wirksam und verträglich<br />
ist, ist es sicherlich die Impfung, die<br />
die letzte tödliche klassische <strong>Kind</strong>erinfektionserkrankung,<br />
die es bei uns noch<br />
gibt, verhindern kann. Da der Impfstoff<br />
etwas reaktogener ist und auch Fieberkrämpfe<br />
auftreten können, bin ich der<br />
Meinung, dass wir noch mehr D<strong>at</strong>en<br />
benötigen um jetzt schon eine generelle<br />
öffentlichen Impfempfehlung auszusprechen.<br />
Ich möchte aber betonen,<br />
dass ich mir einen positiven Effekt von<br />
Bexsero erwarte und ich erwarte für die<br />
Zukunft eine Empfehlung für alle <strong>Kind</strong>er<br />
und Jugendlichen.<br />
Prometus Verlag: Gerade in der Winterzeit<br />
wird die Impfmüdigkeit der Österreicher<br />
in allen Medien angesprochen.<br />
Sehen Sie diese als Problem bei der<br />
Behandlung von Krankheiten?<br />
W. Zenz: Die sogenannte Impfmüdigkeit<br />
ist nicht nur in Österreich ein Problem.<br />
Sie ist ein generelles Problem, das<br />
viele Länder betrifft. Das Schwierige ist<br />
den Menschen zu erklären, dass Sie sich<br />
weiter impfen lassen müssen, auch wenn<br />
die Infektionen weg sind, da sie immer<br />
wieder auftreten können und man sie<br />
durch eine hohe Durchimpfungsr<strong>at</strong>e eindämmen<br />
kann. Jedoch h<strong>at</strong> die Bevölkerung,<br />
wenn eine Infektion weg ist, nicht<br />
mehr vor der Erkrankung an sich Angst,<br />
sondern vor den Nebenwirkungen der<br />
Impfung. Meiner Meinung nach ist jeder<br />
schlecht ber<strong>at</strong>en, der sich nicht nach<br />
den Empfehlungen des österreichischen<br />
Impfplanes impfen lässt.<br />
Prometus Verlag: Können Sie bitte erläutern,<br />
was EUCLIDS für die Zukunft bedeutet?<br />
W . Zenz: Ziel der Studie Euclids ist die<br />
Aufklärung der Abläufe warum schwere<br />
Infektionserkrankungen (wie Meningokokkeninfektionen,<br />
Sepsis, eitrige<br />
Meningitis, Pneumonie, Osteomyelitis<br />
etc.) auftreten bzw. warum sie tödlich<br />
verlaufen. Dadurch wird die Grundlage<br />
für die Entwicklung neuer Impfstoffe<br />
zur Prävention sowie neuer Therapien<br />
geschaffen. Um dies zu erreichen wären<br />
wir dankbar, wenn wir von <strong>Kind</strong>ern und<br />
Jugendlichen mit den besagten Erkrankungen<br />
Speichel- oder Blutproben zugesandt<br />
bekommen. Da sich die Gene<br />
des Menschen nicht ändern kann dies<br />
auch viele Jahre nach Durchmachen der<br />
Erkrankung sein.<br />
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