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ANTRÄGE ZUM ZUM ORDENTLICHEN<br />

Bundesparteitag 2013 2013<br />

14. BIS 14. 16. BIS NOVEMBER 16. NOVEMBER 2013 2013 IN LEIPZIG IN LEIPZIG<br />

www.spd.de


Anträge zum<br />

ordentlichen<br />

Bundesparteitag<br />

der <strong>SPD</strong><br />

Leipzig<br />

14.-16. November 2013


<strong>Inhalt</strong>sverzeichnis<br />

Antragsbereiche Anträge Seite<br />

Arbeitsmarktpolitik........................................................................................................... Ar 1 - Ar 59 7 - 44<br />

Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik................................................................. A 1 - A 17 45 - 64<br />

Bildungs-, Wissenschafts- und Jugendpolitik................................................................... B 1 - B 15 65 - 76<br />

Europapolitik..................................................................................................................... EU 1 - EU 13 77 - 90<br />

Familien-, Frauen- und Gleichstellungspolitik, Generations- und Seniorenpolitik.......... F 1 - F 17 91 - 99<br />

Gesundheitspolitik............................................................................................................ G 1 - G 33 101 - 128<br />

Innen- und Rechtspolitik................................................................................................... I 1 - I 51 129 - 160<br />

Medien- und Kulturpolitik................................................................................................ M 1 - M 13 161 - 168<br />

Organisationspolitik.......................................................................................................... O 1- O 52 169 - 188<br />

Sozialpolitik...................................................................................................................... S 1 - S 23 189 - 211<br />

Stadtentwicklung, Wohnen, Kommunalpolitik................................................................. K 1- K 4 213- 215<br />

Steuer-, Finanz- und Wirtschaftspolitik............................................................................ StW 1 - StW 23 217 - 231<br />

Umwelt-, Energie-, Verbraucher- und Verkehrspolitik..................................................... U 1 - U 52 233 - 273<br />

Sonstige............................................................................................................................. So 1 275 - 276<br />

Wahlvorschläge (Parteivorstand, Bundesschiedskommission,<br />

Kontrollkommission, SPE-Delegierte)............................................................................. 277 - 282<br />

Bedienungshinweis elektronisches Wahlsystem der <strong>SPD</strong> ............................................... 283 - 284


Mitglieder der Antragskommission für den<br />

ordentlichen Bundesparteitag<br />

vom 14. – 16. November 2013 in Leipzig<br />

Vom Parteivorstand am 10. Juni 2013 benannte Mitglieder:<br />

Vorsitzender:........................................................................................... Olaf Scholz<br />

(stimmberechtigte) Mitglieder:.............................................................Doris Ahnen<br />

................................................................................................. Peter Friedrich<br />

...................................................................................................Hubertus Heil<br />

...........................................................................................Barbara Hendricks<br />

................................................................................................. Andrea Nahles<br />

................................................................................................Florian Pronold<br />

...........................................................................................Manuela Schwesig<br />

(beratende) Mitglieder:.......................................................................Klaus Barthel<br />

...................................................................................................... Elke Ferner<br />

.................................................................................................. Angelika Graf<br />

................................................................................................. Hilde Mattheis<br />

.....................................................................................................Joachim Poß<br />

.................................................................................................. Martin Schulz<br />

.....................................................................................................Ralf Stegner<br />

......................................................................................................Sascha Vogt<br />

Von den Bezirken/Landesverbänden benannte Mitglieder:<br />

LV Schleswig-Holstein............................................................................Ralf Stegner<br />

LV Mecklenburg-Vorpommern................................................................Brigitte Pleß<br />

LO Hamburg..........................................................................................Frank Richter<br />

LO Bremen...............................................................................Andreas Bovenschulte<br />

BZ Nord-Niedersachsen....................................................................... Christina Jantz<br />

BZ Weser-Ems.................................................................................... Susanne Mittag<br />

BZ Hannover.......................................................................................Stephan Klecha<br />

BZ Braunschweig......................................................................................Falk Hensel<br />

LV Sachsen-Anhalt..................................................................................Falko Grube<br />

LV Brandenburg.................................................................................. Christian Maaß<br />

LV Berlin.........................................................................................Monika Buttgereit<br />

LV Nordrhein-Westfalen.........................................................................André Stinka<br />

BZ Hessen-Nord..............................................................................Timon Gremmels<br />

BZ Hessen-Süd.................................................................................Dagmar Schmidt<br />

LV Thüringen............................................................................................ Iris Gleicke<br />

LV Sachsen......................................................................................Henning Homann<br />

LV Saar....................................................................................................... Petra Berg<br />

LV Rheinland-Pfalz...................................................................Alexander Schweitzer<br />

LV Baden-Württemberg............................................................ Dr. Martin Rosemann<br />

LV Bayern..............................................................................................Marietta Eder<br />

Der Antragsschluss für den ordentlichen Bundesparteitag in Leipzig vom 14.-16. November 2013 in Leipzig war satzungsgemäß<br />

am 13. September 2013.<br />

Nach § 19 des Organisationsstatuts besteht die Antragskommission aus je einer/m Delegierten der Bezirke bzw. Landesverbände<br />

(20) und acht vom Parteivorstand zu benennenden Mitgliedern.<br />

Die Antragskommission hat am 13.10.2013 getagt und legt ihre Stellungnahme gemäß § 18 (2) des Organisationsstatuts<br />

fristgemäß den Delegierten und antragstellenden Organisationsgliederungen vor.<br />

Für den <strong>Inhalt</strong> der Anträge sind die jeweiligen Antragstellenden verantwortlich.


Arbeitsmarktpolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 1<br />

Landesverband Bayern<br />

Leiharbeit überwinden<br />

Wir fordern die flächendeckende Einführung sozialer Mindeststandards<br />

in der Wirtschaftsförderung. Die Bundesländer und ihre Landesförderinstitute<br />

werden hiermit aufgefordert, in ihre Richtlinien<br />

zur Förderung von Investitionen von Unternehmen, für die Mittelstandsförderung<br />

und die Tourismusförderung folgende Punkte aufzunehmen:<br />

• Unternehmen, in denen der Anteil der Leiharbeiter 20 Prozent<br />

der Gesamtbelegschaft überschreitet, werden künftig von der<br />

Wirtschaftsförderung ausgeschlossen,<br />

• Kleinst, kleine und mittlere Unternehmen mit einem Anteil von<br />

Leiharbeitern zwischen 10 und 20 Prozent aller Beschäftigten<br />

erhalten reduzierte Fördersätze (10 Prozent der Investitionssumme).<br />

Großunternehmen mit einer Leiharbeitsquote zwischen<br />

10 und 20 Prozent aller Beschäftigten werden künftig von der<br />

Förderung ausgeschlossen. Maßgeblich für die Einstufung als<br />

Kleinst-, kleines oder mittleres Unternehmen ist die Empfehlung<br />

der EU- Kommission.<br />

• Dabei werden künftig nur die mit einer Investition neu geschaffenen<br />

Arbeitsplätze für die Förderung zugrunde gelegt.<br />

• Dabei gilt: Die der Förderung zugrunde gelegten neuen Arbeitsplätze<br />

müssen ebenfalls mit festen, betriebsangehörigen Beschäftigten<br />

und nicht mit Leiharbeitern besetzt werden.<br />

Das Ergebnisziel „Gleiche Arbeit – Gleiches Geld“ und Flexibilitätszuschüsse<br />

für betroffene Leiharbeitskräfte wird darüber hinaus<br />

weiterhin nachdrücklich verfolgt, um möglichst kurzfristig<br />

Lohndumping auf dem Rücken der Leiharbeitnehmer/-innen zu<br />

stoppen.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 2<br />

Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />

Missbrauch von Leiharbeit wirksam<br />

bekämpfen-sichere und faire Arbeit<br />

schaffen<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, zeitnah und mit<br />

aller Kraft auf eine Reform der Leiharbeit hinzuwirken, mit deren<br />

Hilfe der Missbrauch von Leiharbeit endlich (!) wirksam bekämpft<br />

und sichere und faire Arbeit geschaffen wird! Zu diesem Zweck ist<br />

das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) an mehreren Stellen<br />

zu ändern und neu zu justieren. Die Neuregelungen sollen:<br />

• den Grundsatz der allgemeinen Gleichbehandlung ab dem ersten<br />

Tag der Arbeitnehmerüberlassung zur Anwendung bringen.<br />

• sicherstellen, dass Leiharbeitnehmer und –nehmerinnen bereits<br />

ab der ersten Einsatzstunde einen Anspruch auf „gleichen Lohn<br />

für gleiche Arbeit“ haben. Außerdem sollen die Neuregelungen<br />

den Leiharbeitnehmern und –nehmerinnen einen angemessenen<br />

„Risikozuschlag“ gewähren, der ihrem flexibilitätsbedingt höheren<br />

Entlassungsrisiko hinreichend Rechnung trägt.<br />

• einen Mindestlohn nicht nur in der Leiharbeitsbranche einführen.<br />

• verhindern, dass Stammarbeitskräfte „schleichend“ durch Leiharbeitnehmer<br />

und –nehmerinnen ersetzt werden.<br />

• den Einsatz von Leiharbeitskräften in den Entleihunternehmen<br />

durch eine (nach Größe der Unternehmen gestaffelte) Höchstquote<br />

nach oben hin begrenzen.<br />

Ar1<br />

Leiharbeit überwinden<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

Ar2<br />

Missbrauch von Leiharbeit wirksam<br />

bekämpfen-sichere und faire Arbeit<br />

schaffen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm und die Anträge der <strong>SPD</strong>-<br />

Bundestagsfraktion, Drucksachen 17/4189 und 17/13476<br />

8


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

• die Entleihunternehmen verpflichten, ihre Angebote zur Weiterbildung<br />

auch für Leiharbeitnehmer zu öffnen, damit sie ihre<br />

Chancen auf eine Festanstellung erhöhen können.<br />

• den Leiharbeitnehmer und –nehmerinnen ab dem ersten Tag ihrer<br />

Beschäftigung ein aktives Wahlrecht für die Betriebsratswahlen<br />

im Entleihunternehmen einräumen.<br />

• die (Neu-)Regelungen durch Strafbestimmungen ergänzen, die<br />

wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen vorsehen<br />

und auf diese Weise den Schutz der Leiharbeitnehmer und<br />

–nehmerinnen flankieren.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 3<br />

Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />

Keine Vermittlungsprovision für<br />

Zeitarbeitsfirmen<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert die <strong>SPD</strong> –Fraktion im Bundestag auf, sich dafür<br />

einzusetzen, dass eine Vermittlungsprovision nicht mehr erhoben<br />

werden darf und zusätzlich verweisen wir auf unsere Beschlüsse<br />

zur Zeitarbeit.<br />

Ar3<br />

Keine Vermittlungsprovision für<br />

Zeitarbeitsfirmen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 4<br />

Unterbezirk Duisburg (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Mindestlöhne und Werkverträge /<br />

Leiharbeit<br />

1. Ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 - 10,- € muss eingeführt<br />

werden auf Vorschlag einer neu zu gründenden unabhängigen<br />

Sachverständigenkommission - der sich in den darauffolgenden<br />

Jahren dann dem Prozentsatz der durchschnittlichen Lohnund<br />

Gehaltserhöhungen entsprechend erhöhen soll.<br />

2. Bei Einsätzen in Betrieben mit Tarifbindung unterliegen die über<br />

Werk- oder Dienstleistungsvertrag Beschäftigten mindestens den<br />

dort geltenden tariflichen Regelungen.<br />

3. Falls keine eigenen Mitbestimmungsorgane vorhanden sind,<br />

werden die Arbeiter/innen von dem ansässigen Betriebsrat mit<br />

allen Rechten und Pflichten vertreten und gelten bei der Zusammensetzung<br />

der Betriebsräte als eigenes Personal.<br />

4. Die Weitergabe von Dienstleistungs- und Werkverträge an andere<br />

Unternehmen ist nicht zulässig.<br />

5. Für Minijobs gilt eine wöchentliche Arbeitszeit von höchstens<br />

12 Stunden.<br />

Ar4<br />

Mindestlöhne und Werkverträge /<br />

Leiharbeit<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 5<br />

Ortsverein Marienburger Höhe/Itzum (Bezirk Hannover)<br />

Keine Personalverlagerung in<br />

unternehmenseigene<br />

Beschäftigungsfirmen<br />

Das Unterlaufen von tariflich geregelten Beschäftigungsverhältnissen<br />

durch die Einrichtung von unternehmenseigenen Arbeitsüberlassungsgesellschaften<br />

und die Schaffung künstlicher Leiharbeitsverhältnisse<br />

ist gesetzlich zu untersagen.<br />

Ar5<br />

Keine Personalverlagerung in<br />

unternehmenseigene<br />

Beschäftigungsfirmen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

55<br />

60<br />

65<br />

9


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 6<br />

Ortsverein Ostheide (Bezirk Hannover)<br />

Regeln zur Leiharbeit<br />

Eigentlich müsste Leiharbeit wieder völlig verboten werden. Inzwischen<br />

ist diese Beschäftigungsform jedoch so weit verbreitet,<br />

dass dies nicht mehr ohne weiteres möglich zu sein scheint. Deshalb<br />

wenden wir uns den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern<br />

zu und wollen deren Lage verbessern. Das könnte<br />

auch dazu führen, dass das Interesse der Arbeitgeber an Leiharbeit<br />

als Mittel zur Senkung der Personalkosten und zum Unterlaufen<br />

von Arbeitnehmerschutzrechten sinkt. Um dies zu erreichen fordern<br />

wir:<br />

1. Die Beschäftigung von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern in<br />

tarifgebundenen Betrieben ist nur dann zulässig, wenn die für<br />

diesen Betrieb geltenden Tarifregelungen auch für sie angewandt<br />

werden. Bei deren Eingruppierung sind Ausbildung und<br />

einschlägige Vorbeschäftigungszeiten zu berücksichtigen. In<br />

nicht-tarifgebundenen Betrieben ist für die Leiharbeiterinnen<br />

und Leiharbeiter ein gesetzlicher Mindestlohn von 10,00 Euro<br />

festzulegen.<br />

2. Das Betriebsverfassungsgesetz und die Personalvertretungsgesetze<br />

des Bundes und der Länder sind so zu ändern, dass Betriebsräte<br />

und Personalräte ein uneingeschränktes Mitbestimmungsrecht<br />

bei der Entscheidung haben, ob und unter welchen<br />

Bedingungen Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter im Betrieb<br />

oder der Dienststelle beschäftigt werden.<br />

3. Die Übernahme von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern darf<br />

nicht mit finanziellen Belastungen für die übernehmenden Betriebe<br />

verbunden sein. Leiharbeitsfirmen haben Leih-arbeiterinnen<br />

und Leiharbeiter zu dem vom übernehmenden Betrieb gewünschten<br />

Termin aus dem Leiharbeitsverhältnis frei zu geben.<br />

Nach sechs Monaten Beschäftigung beim Entleiher ist die Übernahme<br />

umzusetzen.<br />

4. Der Bundesagentur für Arbeit wird untersagt Arbeitsvermittler<br />

einzuschalten, die gleichzei¬tig Leiharbeitsfirmen sind oder im<br />

engen Verbund mit Leiharbeitsfirmen stehen oder auch auf andere<br />

Art finanziell oder durch Personen mit Leiharbeitsfirmen<br />

verbunden sind. Der Bundesagentur für Arbeit wird untersagt,<br />

arbeitslose Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Leiharbeitsfirmen<br />

zu vermitteln oder zu zwingen, sich bei Leiharbeitsfirmen<br />

zu bewerben. Der Bundesagentur für Arbeit wird untersagt, Anfragen<br />

von Arbeitgebern an Leiharbeitsfirmen weiterzureichen.<br />

Die Bundesagentur für Arbeit darf nicht in Leiharbeitsverhältnisse<br />

vermitteln.<br />

5. In der amtlichen Statistik wird Leiharbeit nicht mehr als eigenständige<br />

Branche bezeichnet. In den regionalen Statistiken muss<br />

der Anteil an Leiharbeitsverhältnissen deutlich werden.<br />

Ar6<br />

Regeln zur Leiharbeit<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 7<br />

Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />

Schrittweiser Abbau der Leiharbeit<br />

Wir fordern, die Leiharbeit innerhalb von Betrieben, Einrichtungen<br />

und Firmen schrittweise abzubauen und Leiharbeiter bis zum<br />

vollständigen Abbau konsequent sowohl in der Bezahlung als auch<br />

bei den übrigen Arbeitsbedingungen wie regulär Beschäftigte zu<br />

behandeln.<br />

Ar7<br />

Schrittweiser Abbau der Leiharbeit<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

10


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 8<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Leiharbeit bekämpfen!<br />

Einleitung<br />

Nachdem wir uns schon seit einiger Zeit für „equal pay“ und „equal<br />

treatment“ einsetzen, zeigt uns jedoch die aktuelle Entwicklung,<br />

dass das dadurch erhoffte Umdenken - allgemein in der Gesellschaft<br />

und speziell in der Wirtschaft - leider nicht stattgefunden hat.<br />

Die Verschiebung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital ist<br />

allgegenwärtig. Dies spiegelt sich in der Wirtschaftspolitik aber<br />

vor allem auch in der Arbeitsmarktpolitik wider. Der immer weiter<br />

zunehmende Machtüberhang des Faktors Kapital hat dabei unmittelbare<br />

Auswirkungen auf die soziale Polarisierung in unserer Gesellschaft.<br />

Kurzanalyse der sozialen Realität auf dem Arbeitsmarkt<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in der Vergangenheit<br />

massiv unter Druck geraten. Es hat sich in den letzten Jahrzehnten<br />

eine Sockelarbeitslosigkeit entwickelt, die sich scheinbar zunehmend<br />

auf ein Überangebot an Arbeitskräften in unserer Volkswirtschaft<br />

eingependelt hat. Dadurch hat die Wirtschaft einen Vorteil<br />

bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen bekommen.<br />

Schwächelnde Gewerkschaften<br />

Dabei spielt die Schwäche der Gewerkschaften ebenfalls eine tragende<br />

Rolle: Der Organisationsgrad der Gewerkschaften des DGB<br />

hat seit der Wiedervereinigung vor 20 Jahren stetig abgenommen.<br />

So hat sich die Zahl der im DGB organisierten Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer von fast 12 Millionen auf jetzt knapp 6,16 Millionen<br />

Mitglieder (Stand: 2011) fast halbiert. Zugleich nahm die<br />

Zahl von „Scheingewerkschaften“ vor allem in den letzten Jahren<br />

massiv zu. Diese setzen in den so genannten Gehaltstarifverträge<br />

Löhne von zum Teil unter 5 Euro pro Stunde durch.<br />

Verfehlungen in der Arbeitsmarktpolitik<br />

Es muss jedoch auch deutlich auf die Fehlentwicklung in der Arbeitsmarktpolitik<br />

hingewiesen werden. Die Flexibilisierung des<br />

Arbeitsmarktes ist hierbei wesentlich auch unter der rot-grünen<br />

Bundesregierung vorangeschritten. So wurde in der Zeit eine Politik<br />

betrieben, die überwiegend dem angebotsorientierten, neoliberalen<br />

Mainstream angepasst war. Neben der Lockerung des Kündigungsschutzes,<br />

sind vor allem die Arbeitsmarktreformen unter der Leitung<br />

von Peter Hartz zu nennen: Der Slogan „Fördern und Fordern“<br />

hat hierbei einen hohen Druck auf Beschäftigungslose ausgeübt. So<br />

wurde in der 2. Legislaturperiode des Kabinetts Schröder der Ausbau<br />

von prekären Beschäftigungsverhältnissen in Form von 1-Euro-<br />

(Hartz IV), Mini- und Midi-Jobs (Hartz II) beschlossen sowie die<br />

Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (Hartz I) gelockert,<br />

welches die Leiharbeitsverhältnisse bis dato stärker eingeschränkt<br />

hatte. Wir lehnen es strikt ab, dass die Annahme von nicht<br />

versicherungspflichtigen Arbeitsplätzen als zumutbar erklärt wird.<br />

Wo liegen die Probleme der Leiharbeit?<br />

Neben schlechteren Arbeitsbedingung belastet die LeiharbeiterInnen<br />

auch die schlechte Bezahlung. Für die Stammbelegschaft<br />

gelten LeiharbeiterInnen als Job-Klauer und so finden diese auch<br />

keine Akzeptanz in den Betrieben. Beschäftigte in der Leiharbeit<br />

werden zu Menschen zweiter Klasse. Sie haben nur eine geringe<br />

Chance, im Betrieb soziale Kontakte aufzubauen.<br />

Resultat der neoliberalen Reformen - Beschäftigung ohne<br />

Perspektive<br />

Das Ergebnis dieser Verfehlungen ist verheerend. Die Schere zwischen<br />

arm und reich geht seit Jahren immer weiter auseinander.<br />

Ar8<br />

Leiharbeit bekämpfen!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

11


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Menschen, die in Leiharbeitsverhältnissen stehen, sind in die Perspektivlosigkeit<br />

geschickt worden. Sie werden auf dem Arbeitsmarkt<br />

wie Waren hin und her geschoben und verfügen über keinen<br />

Kündigungsschutz im ausgeliehenen Unternehmen. Menschen<br />

müssen sich zunehmend immer mehr der Wirtschaft anpassen.<br />

Die Wirtschaft dient nicht länger den Menschen, vielmehr dienen<br />

die Menschen der Wirtschaft. Die dadurch verbundene Machtverschiebung<br />

der Faktoren Arbeit und Kapital auf die Kapitalseite,<br />

die man auch als Diktatur des Kapitals beschreiben könnte, gilt es<br />

zu korrigieren.<br />

Ein Leiarbeitender kann selten mehrere Jahre in die Zukunft planen.<br />

Gerade auch im Hinblick auf den demographischen Wandel<br />

muss darauf verwiesen werden, dass es wenig verwunderlich ist,<br />

wenn ein junges Paar es sich aufgrund fehlender langfristiger sozialen<br />

Absicherung mehr als einmal überlegt, Nachwuchs zu kriegen.<br />

Bezahlung unter Tarif<br />

Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer werden grundsätzlich<br />

schlechter bezahlt als die restliche Stammbelegschaft im Unternehmen.<br />

Dies kommt dadurch zustande, weil LeiharbeiterInnen<br />

keinen Anspruch auf tarifliche Bezahlung haben, die durch Gewerkschaften<br />

erkämpft worden sind. Sie sind letztlich im Betrieb,<br />

in dem sie ihre Arbeitsleistung erbringen, nur „ausgeliehen“. Bei<br />

Protest gegen die unzumutbaren Arbeitsbedingungen droht die sofortige<br />

Versetzung oder Entlassung. So wird der Leiharbeiter an der<br />

kurzen Leine gehalten und ist gezwungen, seine Arbeitsbedingungen<br />

zu akzeptieren.<br />

Dies trägt letztlich auch zu der Reallohnentwicklung in Deutschland<br />

bei. In der Bundesrepublik sind die Reallöhne vom Jahr<br />

2000 bis 2008 um 0,8 Prozent zurückgegangen, wohingegen sie<br />

in allen anderen EU-Staaten in den letzten Jahren preisbereinigt<br />

gestiegen sind.<br />

Auch wenn die Reallöhne im letzten Jahr durch die geringe Inflation<br />

leicht gestiegen sind, nimmt Deutschland europaweit in dieser<br />

Statistik den letzten Platz ein, was auch auf die Entwicklung der<br />

Renten einen negativen Einfluss hat.<br />

Letztlich bleibt es für uns untragbar, dass ArbeiterInnen faktisch<br />

in Klassen eingeteilt werden! Wir sehen es nicht ein, warum LeiharbeiterInnen<br />

schlechter bezahlt werden sollen, obwohl sie die<br />

gleiche Arbeit leisten wie die fest Angestellten. Deshalb sagen wir:<br />

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit!<br />

Aushebelung der Mitbestimmung<br />

Viele Betriebe nutzen die Leiharbeit auch, um die betriebliche Mitbestimmung<br />

bei sich auszuhebeln. Dazu muss man wissen, dass<br />

für die Bestimmung der Größe von Betriebsräten die Anzahl der<br />

abhängig Beschäftigten herangezogen wird. Nun gibt es die Möglichkeit<br />

diese Anzahl künstlich zu drücken, in dem man zu einer<br />

festen Anzahl der Stammbelegschaft, die knapp unter der Schwellengrenze<br />

zu einer höheren Anzahl der Betriebsratsplätze liegt, die<br />

restlichen ArbeitnehmerInnen aus der Leiharbeit generiert. Damit<br />

geraten Betriebsräte unter einem immensen Druck, da sie nicht<br />

mehr im Stande sind, die anfallenden Arbeitsprozesse fristgerecht<br />

und ordentlich zu erledigen.<br />

Uns ist diese Möglichkeit der Aushebelung der demokratischen<br />

Mitbestimmung ein Dorn im Auge. Schließlich stehen wir für die<br />

Demokratisierung in allen Lebensbereichen – vor allem in der Arbeitswelt.<br />

Wir wollen nicht, dass Demokratie am Werkstor endet!<br />

Fehlende Argumente der Wirtschaft<br />

Die Argumentation seitens der Wirtschaft, die sich deutlich für eine<br />

Beibehaltung von Leiharbeit ausspricht, ist nicht haltbar. Leider<br />

müssen wir erkennen, dass die überwiegende Mehrheit der Medien<br />

jedoch auf diese Argumentationslinie eingeht und sie mit verteidigt,<br />

ohne sie einmal grundlegend in Frage zu stellen. Damit wird<br />

eine Meinung in der Gesellschaft vorgegeben, die jedweder Logik<br />

widerspricht. Hierbei sollen vor allem typische Argumente widerlegt<br />

werden, die angeblich für Leiharbeitsverhältnisse stehen.<br />

12


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Es steht die Aussage im Raum, dass Leiharbeit zum Abfang von<br />

Produktionsspitzen nötig sei. Ohne sie könnten Unternehmen die<br />

kurzfristig benötigten Arbeitskräfte nicht schnell genug einstellen<br />

bzw. könnten sich nach der Zeit der starken Auftragseingänge ihrer<br />

nicht wieder schnell erledigen. Das heißt mit anderen Worten,<br />

dass die Leiharbeit einen entscheidenden Anteil daran habe, die<br />

Arbeitslosenquote (zumindest kurzfristig) zu senken. Diese These<br />

trifft natürlich nicht zu, da einserseits Unternehmungen den Faktor<br />

Arbeit verstärkt einsetzen müssen, um ihre Rendite durch die<br />

neu anfallenden Aufgaben zu maximieren. Dies ist auch ohne der<br />

Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Leiharbeit möglich. Andererseits<br />

sieht das so genannte „Kündigungsschutzgesetz“ keine<br />

Schranken vor, ArbeiterInnen, die kein halbes Jahr beschäftigt worden<br />

sind, fristlos zu entlassen. Es ist letztlich nur eine bequemere<br />

Lösung für Unternehmen billige Arbeitskräfte zu organisieren. Die<br />

Verfehlung der reinen Angebotsorientierung auf dem Arbeitsmarkt<br />

gilt es grundsätzlich - aus dem sozialdemokratischen Grundverständnis<br />

heraus – zu hinterfragen.<br />

Diktatur des Kapitals verursacht Krankheiten<br />

Es wird deutlich, dass aus dem Machtüberhang des Kapitals zu einer<br />

Unmündigkeit der arbeitenden Bevölkerung hervorgeht. Dieser<br />

zunehmenden Druck auf die ArbeiterInnenschaft hat auch unmittelbare<br />

Folgen auf den physischen und mentalen Gesundheitszustand<br />

vieler Menschen. So ist auch im vergangenen Jahr trotz<br />

Wirtschaftskrise die Anzahl der Krankheitstage wieder einmal angestiegen<br />

und befindet sich auf dem höchsten Stand seit 2003. Davon<br />

sind jedoch nicht nur LeiharbeiterInnen sondern auch andere<br />

unbefristet Beschäftigte bisweilen sogar auch Manager betroffen.<br />

Vor allem hervorzuheben ist die steigende Anzahl an psychischen<br />

Erkrankungen, bei denen die höchste Wachstumsrate zu vermelden<br />

ist. Man sieht also, dass das System, welches von einem enormen<br />

Leistungsanspruch geprägt ist, die Menschen in allen Berufsgruppen<br />

krank macht.<br />

Konsequentes Handeln<br />

• Eine Höchstquote für Leiharbeiter_innen in Betrieben in Höhe<br />

von 8% der festangestellten Arbeiter_innen. Leiharbeit dient der<br />

Abfederung von Produktionsspitzen. Höheren Produktionszuwächsen<br />

als 8% muss Festanstellung folgen.<br />

• Leiharbeiter_innen müssen wie Festangestellte zur Bestimmung<br />

der Größe des Betriebsrates mitgezählt werden. Ihnen steht<br />

ebenso das aktive und passive Wahlrecht zu.<br />

• Wir fordern ein Synchronisationsverbot. Wir fordern einen Flexibilitätszuschlag<br />

für Leiharbeiter_innen in Höhe von 10% des<br />

Bruttolohnes.<br />

Durch ein Verbot von Leiharbeit würde vielen Menschen eine Perspektive<br />

gegeben, was historisch bedingt schon immer das Ziel sozialdemokratischer<br />

Politik gewesen ist. Auch wenn dadurch der Mensch<br />

nicht von den Fesseln des Kapitalismus befreit wird, so macht es<br />

doch das Leben in der Gemeinschaft lebenswerter und sorgt so für<br />

einen stärkeren solidarischen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 9<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

Keine unternehmenseigene Leih- und<br />

Zeitarbeitsfirmen. Wer Bedarf hat, muss<br />

einstellen!<br />

Die BT-Fraktion der <strong>SPD</strong> wird gebeten sich für folgende politische<br />

Ziele einzusetzen:<br />

1. Unternehmen und Kommunen dürfen sich nicht mehr an Leihund<br />

Zeitarbeitsfirmen in jeglicher Art beteiligen dürfen.<br />

Ar9<br />

Keine unternehmenseigene Leih- und<br />

Zeitarbeitsfirmen. Wer Bedarf hat, muss<br />

einstellen!<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

55<br />

60<br />

65<br />

13


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

2. Leih- und Zeitarbeitsfirmen dürfen keine Exklusivrechte an Unternehmen<br />

vergeben.<br />

3. Unternehmen und Kommunen dürfen ihre MitarbeiterInnen<br />

(inkl. Azubis, die auslernen) nicht an Leih- und Zeitarbeitsfirmen<br />

auslagern und wieder einstellen (1 Jahr Frist).<br />

4. Betriebsräte und Personalräte dürfen bei Einstellung von Leihund<br />

Zeitarbeit ablehnen, wenn keine „Spitzenabdeckung“ benötigt<br />

wird.<br />

5. Der Anteil von Leih- und ZeitarbeiterInnen darf in einer Belegschaft<br />

15% nicht überschreiten.<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 10<br />

Ortsverein Marienburger Höhe/Itzum (Bezirk Hannover)<br />

Lohndumping durch Werkverträge<br />

Das Unterlaufen von gesetzlichen Mindestlöhnen, Mitbestimmungsrechten<br />

und Arbeitnehmerschutzrechten durch Werkverträge<br />

muss durch geeignete Maßnahmen ausgeschlossen werden. Die<br />

Vorschriften sind entsprechend zu ändern. Öffentliche Auftraggeber<br />

achten bei ihren Ausschreibungen darauf, dass Werkverträge<br />

nicht zum Lohndumping und zur Entrechtung missbraucht werden.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 11<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Missbrauch von Werkverträgen<br />

bekämpfen<br />

Der <strong>SPD</strong>-Parteitag fordert, den Missbrauch von Werkverträgen zu<br />

bekämpfen. Hierzu sind<br />

1. Kriterien gesetzlich festzuschreiben, die eine Abgrenzung von<br />

echten Werkverträgen zu verdeckter Leiharbeit ermöglichen.<br />

2. die Anforderung zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen<br />

nach § 5 Arbeitnehmerentsendegesetz abzusenken<br />

und Tarifverträge in den besonders betroffenen Branchen (z.B.<br />

Einzelhandel, Schlachthöfe) für allgemeinverbindlich zu erklären.<br />

3. in §§ 92 und 92b BetrVG Regelungen zur Mitbestimmung der<br />

Betriebsräte bei der Vergabe von Aufgaben an Fremdfirmen einzufügen.<br />

4. die Kontrollen zu verbessern.<br />

Ar10<br />

Lohndumping durch Werkverträge<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

Ar11<br />

Missbrauch von Werkverträgen<br />

bekämpfen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm und Antrag der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion,<br />

Drucksache 17/12378<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 12<br />

Kreisverband Saarbrücken-Stadt (Landesverband Saar)<br />

Missbrauch von Werkverträgen<br />

verhindern<br />

Werkverträge werden zunehmend eingesetzt, um die verschärften<br />

Regelungen der Leiharbeit zu umgehen. Sie werden zu einem Instrument<br />

zur Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft. Der systematische<br />

Missbrauch dieses Instruments kann insbesondere in den Bereichen<br />

Bau und Fleischwarenindustrie beobachtet werden.<br />

Der Bundesparteitag fordert die Bundesregierung auf, dem Missbrauch<br />

von Werkverträgen entschieden entgegen zu treten durch<br />

folgende Regelungen:<br />

Ar12<br />

Missbrauch von Werkverträgen<br />

verhindern<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm und Antrag der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion,<br />

Drucksache 17/12378<br />

14


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

• Unternehmer, die andere Unternehmer mit der Erbringung von<br />

Werk- oder Dienstleistungen beauftragen, haben, wenn diese ihren<br />

Verpflichtungen aus dem Arbeitsverträgen nicht oder nicht<br />

vollständig nachkommen, für deren Verpflichtungen so zu haften,<br />

als wären sie ihre eigenen. Die beauftragenden Unternehmer<br />

stehen auch in der Verantwortung für eine ordnungsgemäße Unterbringung<br />

der Arbeitnehmer<br />

• die Bestimmungen über Werksverträge sind zu überarbeiten und<br />

so eng zu fassen, dass Schlupflöcher gestopft und Scheinwerkverträge<br />

früher aufgedeckt und geahndet werden können<br />

• die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte sind so zu verbessern,<br />

dass sie auch bei Abschluss und Ausgestaltung der Werkverträge<br />

gelten. Die §§ 87, 92,99,111 und 112 BetrVG sind in<br />

diesem Sinne entsprechend zu verändern<br />

• ein gesetzlicher branchenübergreifender Mindestlohn von mindestens<br />

8,50 Euro ist einzuführen, der ohne Unterschied für alle<br />

abhängig Beschäftigten gilt, die auf dem Boden der Bundesrepublik<br />

arbeiten.<br />

• die Kontrollen sind auszudehnen und die Strafen bei Missbrauch<br />

zu verschärfen, zu Unrecht erzielter Gewinn ist abzuschöpfen<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 13<br />

Landesverband Baden-Württemberg<br />

Kein Lohndumping und<br />

Verschlechterung von<br />

Arbeitsbedingungen durch Werkverträge<br />

Die <strong>SPD</strong> sieht mit großer Sorge den zunehmenden Trend zu Werkverträgen<br />

mit den Folgen: Lohndumping und Verschlechterung<br />

von Arbeitsbedingungen. Werkverträge werden immer mehr benützt,<br />

um Mitbestimmungsrechte von Betriebs- und Personalräten<br />

zu umgehen und schon schlechte Arbeitsbedingungen noch weiter<br />

abzusenken. Leider wurden in der Vergangenheit die minimalen<br />

Schutzeinrichtungen nochmals verwässert. Mit unserer Forderung<br />

nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn hat die<br />

<strong>SPD</strong> einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Die<br />

schwarz-gelbe Bundesregierung hat diesen Ansatz bekanntlich abgelehnt,<br />

sie zeigt damit allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern,<br />

was sie von Mindestlöhnen und der Würde des arbeitenden<br />

Menschen hält.<br />

Deshalb fordert die <strong>SPD</strong> als erste Schritte:<br />

1. Die Kampagne zum flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn<br />

nochmals zu verstärken.<br />

2. Scheinselbstständigkeit durch klare und einfach überprüfbare<br />

Regeln zu verhindern und dies durch ein Kontrollsystem sicherzustellen.<br />

3. Die Werkverträge im Rahmen des Schutzes der im Unternehmen<br />

beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 99<br />

des Betriebsverfassungsgesetzes unter die Mitwirkung des Betriebsrates<br />

zu stellen.<br />

4. Werkvertragsfirmen müssen ausgewiesene Fachfirmen der übernommenen<br />

Gewerke sein. Sie müssen eigen- und vollständig das<br />

übernommene Gewerk fertigstellen können. Dies betrifft auch<br />

den Bereich der Qualitätssicherung und der eigenständigen Gewährleistung.<br />

Ar13<br />

Kein Lohndumping und<br />

Verschlechterung von<br />

Arbeitsbedingungen durch Werkverträge<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm und Antrag der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion,<br />

Drucksache 17/12378<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

15


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 14<br />

Landesverband Mecklenburg-Vorpommern<br />

Gleichbehandlung aller<br />

Arbeitsverhältnisse - grundsätzliche<br />

Reform der Minijobs erforderlich<br />

Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, sich konsequent auf Bundesebene für die<br />

Gleichbehandlung aller Arbeitsverhältnisse einzusetzen. Dazu zählt,<br />

dass sich ein gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50 € auch auf<br />

Minijobs beziehen muss. Die tarifliche Entgeltgleichheit im Sinne<br />

der Anwendung geltender Tarifverträge bzw. Branchenmindestlöhne<br />

muss auf alle Beschäftigten(korrekte Eingruppierung auf betrieblicher<br />

Ebene nach der Maßgabe „gleiches Geld für gleiche Arbeit“) angewendet<br />

werden. Alle Arbeitsverhältnisse müssen ab dem ersten Euro<br />

der vollen Sozialversicherungspflicht unterliegen. Die heute schon<br />

bestehende Gleitzone zwischen 400 und 800 €, in der die Beiträge<br />

mit zunehmenden Einkommen ansteigen, müssen ab dem ersten Euro<br />

beginnen. Zudem muss die pauschale Besteuerung verändert werden.<br />

Es darf keine steuerlichen Anreize für Arbeitgeber zum Lohndumping<br />

geben. Deshalb sollen auch geringfügige Beschäftigungsverhältnisse<br />

in die allgemeine Steuersystematik integriert werden.<br />

Ar14<br />

Gleichbehandlung aller<br />

Arbeitsverhältnisse - grundsätzliche<br />

Reform der Minijobs erforderlich<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 15<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Gleichbehandlung der<br />

Arbeitsverhältnisse - auch bei den<br />

Minijobs<br />

Alle Arbeitsverhältnisse müssen ab dem ersten Euro der vollen Sozialversicherungspflicht<br />

unterliegen. Dies muss auch für Mini- und<br />

Midijobs gelten. Pauschale Besteuerung der Einkommen aus diesen<br />

Beschäftigungsverhältnissen wird abgeschafft. In der Gleitzone von<br />

0 bis 800 Euro, die so bestehen bleiben, sollen die Beiträge zunächst<br />

voll vom Arbeitgeber übernommen werden und dann bis zur paritätischen<br />

Finanzierung steigen. Zur Anpassung der Beschäftigten und der<br />

Arbeitgeber sind angemessene Übergangsfristen für die bestehenden<br />

Arbeitsverhältnisse notwendig. Für SchülerInnen, Studierende und<br />

RentnerInnen soll es weiter Sonderregelungen geben. Für Tätigkeiten,<br />

für die ein besonderes öffentliches Interesse besteht, gibt es bereits<br />

steuerliche Ausnahmen; bei diesen soll es auch bleiben. Diese<br />

Tätigkeiten müssen aber konkret und abschließend definiert werden,<br />

z.B. Jugendarbeit, soziales Engagement in karitativen Organisationen,<br />

Sport, Mitwirkung in Chören und Orchestern, usw.) Um Missbräuche<br />

zu verhindern müssen sie klar und eindeutig von gewerblichen Arbeitsverhältnissen<br />

abgrenzt werden. Eine Kombination der ehrenamtlichen<br />

Tätigkeit mit dem Hauptberuf muss ausgeschlossen werden.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 16<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Minijobs abschaffen<br />

Die <strong>SPD</strong> setzt sich dafür ein, dass Minijobs auf 450-Euro-Basis<br />

abgeschafft werden. Dies hätte zur Folge, dass ArbeitnehmerInnen<br />

wieder sozialversicherungspflichtig angestellt werden, um bei Arbeitslosigkeit<br />

und/oder im Alter finanziell abgesichert zu sein.<br />

Ar15<br />

Gleichbehandlung der<br />

Arbeitsverhältnisse - auch bei den<br />

Minijobs<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm und Beschluss des <strong>SPD</strong>-Parteivorstandes<br />

Ar16<br />

Minijobs abschaffen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

16


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 17<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

Minijobs: Niedriglohnfalle und<br />

Rentenrisiko für Frauen<br />

Die <strong>SPD</strong> Hessen-Süd sieht in den sog. Minijobs eine zentrale Niedriglohnfalle<br />

und ein Rentenrisiko insbesondere für Frauen. Daher<br />

fordert die <strong>SPD</strong> Hessen-Süd den <strong>SPD</strong>-Bundesvorstand und die<br />

Bundestagsfraktion auf, sich der Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes<br />

anzuschließen und die Abschaffung der Minijobs<br />

zu fordern und diese Forderung umzusetzen.<br />

Ar17<br />

Minijobs: Niedriglohnfalle und<br />

Rentenrisiko für Frauen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 18<br />

Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Abschaffung Minijobs<br />

Der <strong>SPD</strong>-Bundesparteitag fordert die Abschaffung der Minijobs<br />

auf 450-Euro-Basis. Hiervon ausgenommen sind Schüler/innen,<br />

Studierende sowie Rentnerinnen und Rentner. Dies hätte zur Folge,<br />

dass Arbeitnehmer/innen wieder sozialversicherungspflichtig angestellt<br />

werden, um bei Arbeitslosigkeit und/oder im Alter finanziell<br />

abgesichert zu sein.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 19<br />

Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Einschränkung der Möglichkeit von<br />

Befristungen der Arbeitsverhältnisse<br />

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ermöglicht die Befristung<br />

von Arbeitsverhältnissen, wenn sie aufgrund eines Gesetzes<br />

zulässig ist. Diese Regelung, die zum 1.1.2001 eingeführt wurde,<br />

änderte die Regelung des vorher gültigen Beschäftigungsförderungsgesetzes.<br />

Bis 2000 konnten Befristungen nur bei Vorliegen<br />

eines sachlichen Grundes wirksam vereinbart werden. Die <strong>SPD</strong><br />

fordert, das TzBfG dahingehend zu ändern, dass Befristungen von<br />

Arbeitsverhältnissen nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes<br />

zulässig sind.<br />

Ar18<br />

Abschaffung Minijobs<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

Ar19<br />

Einschränkung der Möglichkeit von<br />

Befristungen der Arbeitsverhältnisse<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 20<br />

Unterbezirk Kassel-Land (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />

Wir fordern die Streichung von §14 Absatz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes<br />

und damit die Abschaffung der sachgrundlosen<br />

Befristung von Arbeitsverträgen.<br />

Ar20<br />

Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

55<br />

60<br />

65<br />

17


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 21<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Befristete Beschäftigung<br />

1. Wir fordern die Streichung von §14 Absatz 2 des Teilzeit- und<br />

Befristungsgesetz und damit die Abschaffung der sachgrundlosen<br />

Befristung von Arbeitsverträgen.<br />

2. Des Weiteren setzen wir uns dafür ein, dass die in §14 Abs. 1<br />

TzBfG formulierten Gründe für eine Befristung mit Sachgrund<br />

konkret und eindeutig formuliert werden und eine sachlich begründete<br />

Befristung nur dann zulässig ist, wenn einer der im Gesetz<br />

aufgeführten Gründe vorliegt.<br />

3. Für Arbeitgeber müssen Anreize geschaffen werden, befristete<br />

Verträge in unbefristete Verträge umzuwandeln oder Arbeitnehmer<br />

unbefristet einzustellen.<br />

4. Arbeitgeber verpflichtet werden, rechtzeitig vor Ablauf der Befristung<br />

(z.B. zwei Monate vorher) über eine geplante Verlängerung<br />

bzw. unbefristete Einstellung zu informieren.<br />

5. Die Dauer der Befristung an Hochschulen und in der Forschung<br />

muss an die Dauer des Forschungsprojekts angepasst werden.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 22<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Gleichberechtigung der Arbeitnehmer in<br />

Betrieben der Religionsgemeinschaften<br />

Den Beschäftigten in Betrieben der Religionsgemeinschaften müssen<br />

dieselben Rechte aus Tarifverträgen, der Betriebsverfassung<br />

und des allgemeinen individuellen Arbeitsrechts zustehen.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 23<br />

Landesverband Berlin<br />

Tarifliche Gleichstellung für kirchliche<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

Die <strong>SPD</strong>-Abgeordneten im Bundestag und in den Landesparlamenten<br />

sowie die sozialdemokratischen Vertreterinnen und Vertreter<br />

in den Landesregierungen werden deshalb aufgefordert, sich dafür<br />

einzusetzen, dass die Sonderbestimmungen für das ArbeitnehmerInnenrecht<br />

in kirchlichen Einrichtungen, die zum Beispiel die<br />

Zulässigkeit des „Dritten Weges“ in der ArbeitnehmerInnenvertretung<br />

regeln, aufgehoben werden. Der “Dritte Weg“ darf Tarifverträge<br />

nicht verhindern.<br />

Für alle Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen muss das Betriebsverfassungsgesetz<br />

in vollem Umfang gültig sein. Für alle<br />

nicht direkt glaubensbezogenen Tätigkeiten von kirchlichen Beamtinnen<br />

und Beamten muss das Personalvertretungsgesetz gelten.<br />

Ar21<br />

Befristete Beschäftigung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

Ar22<br />

Gleichberechtigung der Arbeitnehmer in<br />

Betrieben der Religionsgemeinschaften<br />

Erledigt durch Beschluss des Parteikonvents vom November 2012<br />

Ar23<br />

Tarifliche Gleichstellung für kirchliche<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

Erledigt durch Beschluss des Parteikonvents vom November 2012<br />

65<br />

18


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 24<br />

Unterbezirk Rheinisch-Bergischer-Kreis (Landesverband<br />

Nordrhein-Westfalen)<br />

Gleiche Rechte für alle Arbeitnehmer<br />

und Arbeitnehmerinnen in der BRD<br />

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die entsprechenden Gesetze<br />

– insbesondere das Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG § 118,<br />

Abs. 2: „Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften<br />

und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen<br />

..“) so weit zu ändern bzw. aufzuheben, dass Beschäftigte in<br />

Einrichtungen, die unter religiöser Trägerschaft stehen, die gleichen<br />

Rechte haben wie Beschäftigte in jedem anderen Unternehmen.<br />

Ar24<br />

Gleiche Rechte für alle Arbeitnehmer<br />

und Arbeitnehmerinnen in der BRD<br />

Erledigt durch Beschluss des Parteikonvents vom November 2012<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 25<br />

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />

Neuordnung und Stärkung der<br />

Arbeitnehmerrechte von Beschäftigten<br />

in den kirchlichen Einrichtungen -<br />

Abschaffung von kirchlichen Privilegien<br />

Der Bundesparteitag der <strong>SPD</strong> fordert eine Neuordnung und Stärkung<br />

der Arbeitnehmerrechte von Beschäftigten in den kirchlichen Einrichtungen.<br />

Weiter fordert selbige eine Abschaffung/Neuordnung der<br />

durch Gesetz basierenden kirchlichen Privilegien gem. den Artikeln<br />

137 Abs. 3 WRV u. Artikel 140 GG, welche ferner durch entsprechenden<br />

Gesetzeserlass neuzuordnen bzw. abzuschaffen sind.<br />

Es müssen die gleichen Rechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

der kirchlichen Organisationen wie für die in den weltlichen<br />

Beschäftigungsverhältnissen gelten.<br />

Das als „Dritter Weg“ bezeichnete Arbeitsrecht ist abzuschaffen,<br />

den kirchlichen Beschäftigten sind die vollen gewerkschaftlichen<br />

Rechte, wie in weltlichen Betrieben zuzugestehen.<br />

Für alle Beschäftigten der kirchlichen Einrichtungen ist ein Streikrecht<br />

als ein Teil der Tarifautonomie zu gewährleisten. Nur durch<br />

die näher vorbezeichnete Vorgehensweise könne die Löhne und die<br />

Arbeitsbedingungen gleichgewichtig ausgehandelt werden.<br />

Wir fordern die Anerkennung des Betriebsverfassungsgesetz und<br />

der Gesetze der Unternehmensmitbestimmung in allen kirchlichen<br />

Einrichtungen.<br />

Der Ausschluss von 1,3 Millionen Menschen in Deutschland von<br />

grundlegenden Arbeitnehmerrechten ist kein „zivilisatorischer<br />

Fortschritt“, wie der Diakonie – Arbeitgeberverband VdDD propagiert,<br />

sondern vielmehr ein unserer Demokratie und den Sozialstaat<br />

maßgeblich beeinträchtigter Missstand!<br />

Ar25<br />

Neuordnung und Stärkung der<br />

Arbeitnehmerrechte von Beschäftigten<br />

in den kirchlichen Einrichtungen -<br />

Abschaffung von kirchlichen Privilegien<br />

Erledigt durch Beschluss des Parteikonvents vom November 2012<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 26<br />

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />

Arbeitnehmerrechte in kirchlichen<br />

Einrichtungen<br />

Die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland sind mit ihren<br />

Einrichtungen eine tragende Säule im Sozial- und Gesundheits-<br />

Ar26<br />

Arbeitnehmerrechte in kirchlichen<br />

Einrichtungen<br />

Erledigt durch Beschluss des Parteikonvents November 2012<br />

60<br />

65<br />

19


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

wesen. Insgesamt arbeiten rund 1,3 Millionen Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer in diesem Bereich, darunter rund 900.000 bei<br />

Caritas und Diakonie.<br />

Die Kirchen und ihre Einrichtungen haben ein vom Grundgesetz geschütztes<br />

Recht, die überbetrieblichen Arbeitsbedingungen auf eine<br />

besondere Weise zu gestalten. Die Kirchenautonomie ist innerhalb<br />

der Schranken der allgemein geltenden Gesetze garantiert. Die Kirchen<br />

hatten es zwar bei der Gründung der Bundesrepublik Deutschland<br />

abgelehnt, den Weg der freien Ausgestaltung arbeitsrechtlicher<br />

Bedingungen in Tarifverträgen zwischen gleichberechtigten und<br />

voneinander unabhängigen Vertragsparteien mitzugehen (Zweiter<br />

Weg). Auf der Grundlage ihres vom Grundgesetz geschützten Selbstbestimmungsrechts<br />

entschieden sie sich für einen Dritten Weg. Auf<br />

die Zusage hin, vorbildliche Arbeitsverhältnisse einrichten zu wollen,<br />

wurde ihnen eine eigene Regelungskompetenz zugesichert. Die<br />

im Dritten Weg für die Lohn- und Arbeitsbedingungen zuständigen<br />

Arbeitsrechtlichen Kommissionen verzichteten allerdings für lange<br />

Zeit auf eine eigene Regelungskompetenz, sondern übernahmen regelmäßig<br />

den Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT).<br />

Wettbewerb und Kostendruck im Bereich sozialer Arbeit<br />

Der Sozial- und Gesundheitsbereich in Deutschland wurde ab Mitte<br />

der 1990er Jahre grundlegend umgestaltet. Bis dahin war er ein<br />

Teil der politisch gewollten Daseinsvorsorge, die von gemeinnützigen<br />

und öffentlichen Trägern umgesetzt wurde. Die Kosten wurden<br />

innerhalb bestimmter Grenzen, so wie sie anfielen, refinanziert.<br />

Maßgebliches Instrument für die Bezahlung der Personalkosten<br />

war der Bundesangestelltentarif (BAT). Dieser regelte meist über<br />

genehmigte Stellenpläne auch die Finanzierung staatlicher Institutionen<br />

oder von Sozialkassen. Auf diese Weise wurde der gesellschaftliche<br />

Preis der sozialen Dienstleistungen bestimmt. Der BAT<br />

galt zwar unmittelbar nur für den öffentlichen Bereich; von einigen<br />

Besonderheiten abgesehen, wurde er im Ergebnis vom gesamten<br />

organisierten Wohlfahrtssektor übernommen. Das galt namentlich<br />

auch für die Caritas und die Diakonie, die vor allem bis Ende der<br />

1990er Jahre enorm expandierten.<br />

Im Kern der politischen Neugestaltung der sozialen Dienste stand die<br />

Refinanzierung der Dienstleistungen. Nunmehr wurden nicht mehr<br />

die effektiv anfallenden Kosten der Träger erstattet, sondern u.a. Leistungs-<br />

und Fallpauschalen eingeführt. Zudem soll bei der öffentlichen<br />

Vergabe von Aufträgen nur noch der preisgünstigste Anbieter zum<br />

Zuge kommen. Das Kostendeckungsprinzip wurde vom Wettbewerbsprinzip<br />

abgelöst. Es war absehbar, dass im stark personalintensiven<br />

Sozialsektor der Konkurrenzdruck zwischen den Wohlfahrtsverbänden<br />

sowie den neu hinzugekommenen privaten Trägern zu bislang<br />

nicht gekannten Belastungen bei den Patienten und Hilfebedürftigen,<br />

aber auch bei den Beschäftigten führen musste.<br />

Auf die Neuausrichtung der Finanzierung, die Einführung von Wettbewerb<br />

und Kostenkonkurrenz, haben viele kirchliche Einrichtungen<br />

damit reagiert, wie gewöhnliche, betriebswirtschaftlich gesteuerte<br />

Wirtschaftsunternehmen zu agieren. Der Kostendruck wurde, wie<br />

bei anderen Arbeitgebern auch, an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

weitergegeben. Ausgründungen, Leiharbeit, Flucht aus<br />

den – kircheneigenen – Lohnregelungswerken (Arbeitsvertragsrichtlinien)<br />

haben Einzug gehalten. Das Management setzt auf Unternehmenswachstum<br />

und Fusionen. In den vergangenen fünfzehn Jahren<br />

sind viele kirchliche Großeinrichtungen mit tausenden Beschäftigten<br />

entstanden, häufig in der Form von Kapitalgesellschaften bis hin zur<br />

ersten kirchlichen Aktiengesellschaft (Agaplesion gAG).<br />

Der Sonderstatus der Arbeitnehmerrechte bei Kirchen hat mit dieser<br />

Entwicklung nicht Schritt gehalten. Angesichts der Wettbewerbsorientierung<br />

führt dies zu wachsenden Spannungen in der<br />

kirchlichen Arbeitswelt und Nachteilen für kirchliche Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer.<br />

Zerklüftung der Tariflandschaft<br />

Ein verbindlicher und allseits akzeptierter Flächentarifvertrag<br />

für den Wohlfahrtsbereich existiert schon lange nicht mehr. Als<br />

20


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Nachfolger für den BAT gibt es zwar den Tarifvertrag öffentlicher<br />

Dienst (TVöD). In der Anwendungsbreite aber reicht er bei weitem<br />

nicht an den BAT heran. Viele Kommunen haben sich in den letzten<br />

Jahren aus dem Wohlfahrtssektor zurückgezogen. Das gilt insbesondere<br />

für Pflegeheime und Krankenhäuser. Hinzu kommt, dass<br />

bei den gewinnorientierten privaten Trägern kaum kollektive Regelungen<br />

vorhanden sind. Zwar orientieren sich viele Träger der Caritas<br />

immer noch in erheblichem Maße am Regelwerk des TVöD.<br />

Umso unübersichtlicher und chaotischer ist die Lage im Bereich<br />

von EKD und besonders der Diakonie. Hier stehen in einem stark<br />

zerklüfteten System höchst verschiedene Regelungen nebeneinander.<br />

So vergüten einige Landeskirchen und Diakonische Werke<br />

nach wie vor auf dem Niveau des TVöD, andere haben eigenständige<br />

Regelungen eingerichtet, wiederum andere die Entgelte abgesenkt<br />

oder Beliebigkeitsklauseln eingeführt, um ggf. das jeweils<br />

kostengünstigste Arbeitsrecht anwenden zu können. Schließlich<br />

existieren, wie zum Beispiel in der Evangelischen Kirche Berlin-<br />

Brandenburg-Schlesische Oberlausitz (EKBO) und in Nordelbien<br />

seit langem und erfolgreich Tarifverträge mit Gewerkschaften.<br />

Die katholische Seite reagierte im Juni 2011 auf das Ausgründen<br />

von Einrichtungen und die Flucht aus den kollektiven Regelungswerken<br />

der Caritas und der Diözesen mit einem neuen Grundsatz,<br />

der ab 2014 gilt: „entweder ganz kirchlich oder ganz weltlich“.<br />

Katholische Einrichtungen, die kein kirchliches kollektives Regelungswerk<br />

anwenden, nehmen nicht mehr am Selbstverwaltungsrecht<br />

der Kirchen nach Art. 140 GG teil.<br />

Strukturelle Benachteiligung der Arbeitnehmerseite<br />

In den kirchlichen Arbeitsrechtlichen Kommissionen, in denen die<br />

Arbeitsbedingungen beschlossen werden, sind die Vertreter/innen<br />

der Arbeitnehmerseite nur formal paritätisch vertreten. Strukturell<br />

sind sie unterlegen. Die soziale Mächtigkeit der kirchlichen Arbeitgeber<br />

geht über die anderer Arbeitgeber noch hinaus, denn die<br />

Leitungsgremien von Caritas und Diakonie legen selbst die Verhandlungs-<br />

und Zutrittsbedingungen fest, unter denen die Vertreter/<br />

innen der Arbeitnehmerseite Lohnverhandlungen führen. Sie können<br />

sogar festlegen, wer an diesen Verhandlungen teilnehmen kann<br />

und wer nicht.<br />

Das Landesarbeitsgericht Hamm bewertet die Festlegung von Arbeitsbedingungen<br />

in Arbeitsrechtlichen Kommissionen als nicht<br />

gleichwertig zu der Regelung von Arbeitsbedingungen nach Artikel<br />

9 Abs. 3 Grundgesetz (Tarifvertragssystem/Tarifautonomie). Im<br />

Übrigen schließe die Regelung in den arbeitsrechtlichen Kommissionen,<br />

wonach zwei Drittel der Arbeitnehmervertreter in kirchlichen<br />

Einrichtungen tätig sein müssen, eine gewerkschaftliche Verhandlungsführung<br />

aus und beschränke diese auf Beratungsfunktionen,<br />

ohne dass hierfür die Eigenheiten des kirchlichen Dienstes<br />

eine Rechtfertigung bieten.<br />

Arbeitnehmerrechte sind nicht teilbar<br />

Die <strong>SPD</strong> respektiert das Selbstverwaltungsrecht der Religionsgesellschaften<br />

und weltanschaulichen Vereinigungen ein, das sich aus<br />

Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 3 der Weimarer<br />

Reichsverfassung ergibt.<br />

Die politisch gewollte Wettbewerbsorientierung im Bereich der sozialen<br />

Dienstleistungen hat aber dazu geführt, dass sich kirchliche<br />

Unternehmen wie gewöhnliche Unternehmen im Markt verhalten.<br />

Die Aushandlung von Arbeitsbedingungen und Entlohnung muss<br />

daher auch bei Diakonie und Caritas auf gleicher Augenhöhe zwischen<br />

Arbeitgeberseite und Arbeitnehmerseite erfolgen. Aus dem<br />

Sonderstatus der Arbeitnehmerrechte im kirchlichen Bereich darf<br />

keine Wettbewerbsverzerrung entstehen.<br />

Das Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht der Religionsgesellschaften<br />

und damit auch der Kirchen und ihrer Einrichtungen in<br />

Caritas und Diakonie findet seine Schranken in den Grundrechten.<br />

Soweit die Kirchen und ihre Einrichtungen in Caritas und Diakonie<br />

Arbeitgeber sind, muss die Grenze ihres Selbstordnungs- und<br />

Selbstverwaltungsrechts als Arbeitgeber deshalb von den Grund-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

21


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

rechten ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer her bestimmt<br />

werden und nicht umgekehrt.<br />

Gleiche Arbeitnehmerrechte für Beschäftigte bei Kirchen sind vereinbar<br />

mit dem kirchlichen Selbstverwaltungsrecht. Gleiche Arbeitnehmerrechte<br />

sind ein Gebot der Demokratie in der Arbeitswelt.<br />

Das Streikrecht ist elementares Grundrecht aller Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer und muss auch im kirchlichen Bereich gelten.<br />

Tarifverträge zu verhandeln und frei in der Wahl der Mittel zu ihrer<br />

Durchsetzung zu sein, sind also mit dem so genannten Selbstordnungs-<br />

und Selbstverwaltungsrecht vereinbar. Gute Arbeit ist immer<br />

auch mitbestimmte Arbeit. Auch für die Beschäftigten in kirchlichen<br />

Einrichtungen muss das Betriebsverfassungsgesetz gelten.<br />

Gute Arbeitsbedingungen im Bereich sozialer Arbeit herstellen<br />

Es ist eine zentrale Aufgabe der Politik, die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

für die Schaffung von guten Arbeitsbedingungen und<br />

Lohngerechtigkeit im Bereich sozialer Arbeit zu schaffen.<br />

Gute Arbeit verdient guten Lohn. Lohndumping in Krankenhäusern<br />

und Pflegeheimen darf sich nicht lohnen. Im Vordergrund müssen<br />

die Qualität und die Versorgung der Patienten stehen. Wettbewerb,<br />

der über die schlechtesten Arbeitsbedingungen und die niedrigsten<br />

Löhne ausgetragen wird, gefährdet die gute Versorgung und Sicherheit<br />

der Menschen.<br />

Deshalb ist es eine politische Aufgabe, Fehlanreize in Richtung eines<br />

Lohnsenkungswettbewerbs im Bereich der sozialen Arbeit zu<br />

beseitigen. Die Fallpauschalen und Pflegesätze müssen so bemessen<br />

sein, dass gute Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne bei der<br />

Refinanzierung berücksichtigt werden.<br />

Die Flächentarife sind ein elementarer Eckpfeiler des deutschen<br />

Sozialgefüges. Seit vielen Jahren geht jedoch die Tarifbindung<br />

zurück und das bewährte Tarifvertragssystem droht zu erodieren.<br />

Das Instrument der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen<br />

wird kaum noch genutzt, die Blockadehaltung der BDA<br />

im Tarifausschuss des BMAS hat dazu geführt, dass nur noch 1,5<br />

Prozent aller Tarifverträge allgemeinverbindlich sind. Deswegen<br />

setzen wir uns für eine Vereinfachung der Möglichkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung<br />

von Tarifverträgen ein.<br />

Für den Tarifbereich der sozialen Arbeit sollten die geltenden Tarifabschlüsse<br />

des öffentlichen Dienstes allgemeinverbindlich werden.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 27<br />

Landesverband Mecklenburg-Vorpommern<br />

Verbandsklagerecht für Gewerkschaften<br />

Die <strong>SPD</strong> spricht sich für ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften<br />

aus.<br />

Ar27<br />

Verbandsklagerecht für Gewerkschaften<br />

Erledigt durch Beschluss des ordentlichen Bundesparteitages 2011<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 28<br />

Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Keine außerbetriebliche<br />

Ausbildungsvergütung unter dem SGB-<br />

II-Regelsatz<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert eine deutliche Erhöhung der außerbetrieblichen<br />

Ausbildungsvergütung ab dem 1.Ausbildungsjahr. Diese muss<br />

immer 10% über den im § 20 II SGB II normierten Regelbedarfssatz<br />

(374 €) liegen und steigt jährlich mit der durchschnittlichen<br />

betrieblichen Brutto-Ausbildungsvergütung.<br />

Ar28<br />

Keine außerbetriebliche<br />

Ausbildungsvergütung unter dem SGB-<br />

II-Regelsatz<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

22


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 29<br />

Landesverband Berlin<br />

HIV-Positiv ein Kündigungsgrund?<br />

Alle Gliederungen der <strong>SPD</strong> werden aufgefordert sich dafür einzusetzen,<br />

dass das AGG dahingehend überprüft und geändert wird,<br />

dass es nicht aufgrund eines HIV-positiven Status zu weiteren Umgehungen<br />

der bestehenden Rechtsgrundlagen kommen kann. Dazu<br />

sollen in §1 des AGG die Diskriminierungstatbestände um das<br />

Merkmal der chronischen Krankheit HIV/AIDS erweitert werden.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 30<br />

Kreisverband Mannheim (Landesverband Baden-Württemberg)<br />

Reform des Gründungszuschusses<br />

zurücknehmen -<br />

Unternehmensgründungen als Weg aus<br />

der Arbeitslosigkeit wieder unterstützen!<br />

1. Wir fordern die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion dazu auf, im Falle einer<br />

Regierungsbeteiligung dafür zu sorgen, die Reform des Gründungszuschusses<br />

von 2011 zurückzunehmen.<br />

2. Die Forderung nach der Rücknahme der Reform des Gründungszuschusses<br />

soll Teil des <strong>SPD</strong>-Regierungsprogramms zur Bundestagswahl<br />

2013 werden.<br />

Ar29<br />

HIV-Positiv ein Kündigungsgrund?<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

Ar30<br />

Reform des Gründungszuschusses<br />

zurücknehmen -<br />

Unternehmensgründungen als Weg aus<br />

der Arbeitslosigkeit wieder unterstützen!<br />

Erledigt durch Antrag der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion, Drucksache<br />

17/6454<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 31<br />

Unterbezirk Köln (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Rücknahme der Instrumentenreform 2012<br />

Der Beschluss soll in das Wahlprogramm zur Bundestagswahl am<br />

22.09. eingearbeitet werden.<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen<br />

1. Die Landesregierungen bringen kurzfristig im Bundesrat einen<br />

Antrag ein, mit dem die Bundesregierung aufgefordert<br />

wird:<br />

1.1 Das Vergabeverfahren bei der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />

für Projekte im Übergang Schule – Beruf sowie für Qualifizierungs-<br />

und Beschäftigungsmaßnahmen mit sog. „arbeitsmarktfernen“<br />

oder langzeitarbeitslosen Menschen – vor allem<br />

im Bereich der Jugendlichen - so zu ändern, dass sich auch<br />

erfahrene und qualifizierte örtliche Träger, die ihre Mitarbeiter<br />

nach branchenüblichen Tarifen bezahlen, wettbewerbsfähig<br />

beteiligen können.<br />

Außerdem müssen die Beauftragungszeiten so verlängert werden,<br />

dass die Maßnahmeneine nachhaltige Wirkung erzielen<br />

und die Maßnahmenträger qualifiziertes Personal binden und<br />

ihre Infrastruktur (z.B. Werkstätten) besser planen können.<br />

1.2 Die Instrumentenreform 2012 und die damit verbundenen drastischen<br />

Kürzungen in den Eingliederungstiteln in diesen Bereichen<br />

sind zurückzunehmen. Die Finanzierung dieser Maßnahmen<br />

erfolgt im Rahmen des jeweiligen Haushaltes der BA.<br />

2. Die Bundestagsfraktion der <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, diese<br />

Ziele auch über die Arbeit im Deutschen Bundestag weiter zu<br />

unterstützen.<br />

Ar31<br />

Rücknahme der Instrumentenreform 2012<br />

Punkt 1: Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

Punkt 2 und 3: Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

(Überwiesen vom a.o. BPT 14.April 2013, II.A33)<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

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60<br />

65<br />

23


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

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60<br />

65<br />

Einarbeitung ins Wahlprogramm<br />

3. Die Abschaffung der Instrumentenreform 2012 und die Schaffung<br />

eines sozialen Arbeitsmarktes sollen auch zum Gegenstand<br />

des Bundestagswahlprogramms gemacht werden.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 32<br />

Unterbezirk Duisburg (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Vorsorgende Arbeitsmarktpolitik<br />

- Wege aus der Arbeitslosigkeit<br />

Die zentrale Aufgabe sozialdemokratischer Arbeitsmarktpolitik hat<br />

es zu sein, Arbeitslosigkeit auch vorsorgend und präventiv zu verhindern<br />

und zugleich Wege aus der Arbeitslosigkeit aufzuzeigen.<br />

• Regelungen beim ALG I sind so zu gestalten, dass eine Reintegration<br />

in reguläre Arbeitsmärkte erleichtert und gefördert, ein<br />

„Absturz“ in das ALG II jedoch möglichst vermieden wird.<br />

• Umgekehrt ist v.a. über zielgerichtete Qualifizierungsmaßnahmen<br />

auch in konkreter Zusammenarbeit mit Wirtschafts- und<br />

Dienstleistungsunternehmen eine Durchlässigkeit aus dem ALG<br />

II in das ALG I zu ermöglichen. Hierdurch lassen sich Chancen<br />

für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf<br />

regulären Arbeitsmärkten ganz erheblich verbessern. Eine Qualifizierung<br />

heraus aus dem ALG II zumindest hinein in einen<br />

erneuten, zeitweiligen Bezug eines ALG I muss für zuvor sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigte möglich gemacht werden.<br />

Insbesondere gilt dies für Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit<br />

und einem hohen Anteil an bisherigen Beziehern des ALG II.<br />

Als weitere, konkrete Maßnahmen fordern wir im Anschluss an<br />

neuere Beschlüsse des <strong>SPD</strong>-Bundesvorstandes, der <strong>SPD</strong>-Bundesparteitage<br />

und der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion zudem:<br />

• Ein Mindestarbeitslosengeld I von 750 Euro für zuvor vollzeitbeschäftigte<br />

Alleinstehende und eine Gewährung des Kinderzuschlages<br />

auch für Kurzzeitarbeitslose, um für diese zumindest<br />

ein ALG I in Höhe von ALG II-Sätzen von Langzeitarbeitslosen<br />

sicherzustellen.<br />

• Eine Verlängerung der für den ALG I Bezug geforderten Rahmenfrist<br />

von 24 auf 36 Monate und eine Senkung der für diesen<br />

Zeitraum notwendigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung<br />

von zwölf auf nunmehr nur sechs Monate - um so auch<br />

zahlreichen, zuvor eher prekär Beschäftigten im Falle von Arbeitslosigkeit<br />

einen Bezug von ALG I möglich zu machen.<br />

• Die Einrichtung von sozialen Arbeitsmärkten in Zusammenarbeit<br />

von Kommunen, Ländern und dem Bund mit Möglichkeiten<br />

auch einer mittel- und längerfristigen Beschäftigung, die ebenfalls<br />

aus dem alleinigen Bezug von ALG II herausführen kann.<br />

Hierbei sind zugleich Fördermittel aus den EU-Sozialfonds in<br />

Anspruch zu nehmen und vermehrt bereit zu stellen.<br />

• Dem Trend zur weiteren Prekarisierung ist entschieden entgegenzuwirken,<br />

prekäre Arbeit hat als Dauerzustand inakzeptabel<br />

zu bleiben. Zugleich und vermehrt sind „Brücken in reguläre<br />

Erwerbstätigkeit“ (vgl. Hubertus Heil, Progressive Wirtschaftspolitik)<br />

und „Gute Arbeit“ zu bauen und sind Mindestlöhne und<br />

angemessene Löhne zu zahlen. Regulierte Beschäftigungsverhältnisse<br />

und Normalarbeitszeitverhältnisse sind um flexible<br />

Elemente wie Arbeitszeitkonten lediglich zu ergänzen.<br />

• Eine verstärkte regionale Wirtschaftsförderung in Zusammenarbeit<br />

der kommunalen Körperschaften, der Länder, dem Bund und<br />

der EU, um die auch in Deutschland erheblichen regionalen Disparitäten<br />

in der Wirtschaftsentwicklung abzubauen. Die Chancen<br />

von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ihre Arbeitsplätze zu<br />

sichern und ihre Chancen auf Arbeitsmärkten durch neu zu schaffende<br />

und bereitzustellende Arbeitsplätze sind so zu verbessern.<br />

Ar32<br />

Vorsorgende Arbeitsmarktpolitik - Wege<br />

aus der Arbeitslosigkeit<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

24


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 33<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Neuregelungen zur Bekämpfung<br />

prekärer Beschäftigungsformen<br />

Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert sich mit den herrschenden und stetig<br />

zunehmenden Verwerfungen des Arbeitsmarktes auseinanderzusetzen<br />

und eine Neuregelung gesetzlich zu verankern. Dazu gehören<br />

klare Regeln für die Lohnfindung und die Arbeitsorganisation<br />

– sichere Arbeit, gerechter Lohn für gleiche und gute Arbeit, die<br />

Stärkung einer neuen Arbeitsqualität.<br />

Wir fordern einen gesetzlichen Mindestlohn von 9,50€. Das ist ein<br />

wichtiger Schritt zum Schutz vor Ausbeutung.<br />

Dem Mißbrauch unstetiger Arbeitsverhältnisse - geringfügige Beschäftigungsformen,<br />

sachgrundlose befristete Beschäftigungen,<br />

Lohndumping bei Leiharbeit, Zeitarbeit, Werkverträgen - muß Einhalt<br />

geboten bzw. abgeschafft werden. Die Tarifbindung muß wieder gestärkt<br />

werden, um dem Lohndumping Einhalt zu gebieten. Der Grundsatz<br />

„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ muß endlich umgesetzt werden.<br />

Die Möglichkeiten der Sozialversicherungsträger, Scheinwerkverträge<br />

festzustellen und zu sanktionieren müssen verbessert werden.<br />

Auch der Problematik „unfreiwillige Teilzeit (TZ) und sachgrundlose<br />

Befristung“ muss entgegengetreten werden. Wir fordern daher:<br />

• Rückkehr zu mehr dauerhaften Beschäftigungsverhältnissen<br />

– „Dauerstellen für Daueraufgaben“<br />

• Abschaffung des WissZeitVG, ersatzlose Streichung der sachgrundlosen<br />

Befristung aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />

dessen § 14 II das Kündigungsschutzgesetz faktisch außer Kraft<br />

setzt und unstetigen Arbeitsverhältnissen Tür und Tor öffnet!<br />

• Neue faire Befristungsregeln (keine „Kettenbefristungen“ wie<br />

sie z.B. der EuGH am 26.01.2012 – C-586/10 befürwortet)<br />

• Mindeststandards bei Vertragslaufzeiten und TZ<br />

• Die Wiedereinführung eines Synchronisationsverbots, das verhindert,<br />

dass Beschäftigte nur für die Dauer eines Auftrages bei<br />

der Leiharbeitsfirmen eingestellt werden.<br />

• Die Einführung von Prüfungs- und Mitbestimmungsrechten des<br />

Betriebsrats bei Abschluss von Werkverträgen.<br />

Ar33<br />

Neuregelungen zur Bekämpfung<br />

prekärer Beschäftigungsformen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 34<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Verbesserungen beim Teilzeitgesetz (TzBfG)<br />

Das Teilzeitgesetz im Teilzeit- und Befristungsgesetz soll weiterentwickelt<br />

werden, insbesondere soll die Verringerung der Arbeitszeit<br />

mit der Möglichkeit diese zu befristen, unabhängig von<br />

der Zahl der Beschäftigten möglich sein und die Aufstockung auf<br />

vollzeitnahe oder Vollzeitbeschäftigung erleichtert werden.<br />

Ar34<br />

Verbesserungen beim Teilzeitgesetz (TzBfG)<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

45<br />

50<br />

55<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 35<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Mehr Demokratie in der Wirtschaft wagen<br />

Arbeit ist für die meisten Menschen in unserer Gesellschaft von<br />

zentraler Bedeutung. Daher gehört es auch zum Markenkern sozialdemokratischer<br />

Politik, dass die Wirtschaft kein demokratiefreier<br />

Ar35<br />

Mehr Demokratie in der Wirtschaft wagen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm und Antrag der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion,<br />

Drucksache 17/13476<br />

60<br />

65<br />

25


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Ort ist, sondern die Beschäftigten an den Entscheidungen beteiligt<br />

werden und mitbestimmen können.<br />

Die betriebliche Mitbestimmung ist in den letzten Jahren aber<br />

durch wirtschaftliche Entwicklungen und politische Entscheidungen<br />

stärker unter Druck geraten. Die Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse,<br />

die Deregulierung im Arbeitsrecht und die<br />

Zunahme der Aufgaben stellen Betriebsräte vor neue Herausforderungen.<br />

Um dieses Stück Demokratie in der Wirtschaft aber zu bewahren<br />

müssen die Mitbestimmungsrechte an die Entwicklungen<br />

angepasst und ausgebaut werden.<br />

Wir fordern daher:<br />

• Ausweitung der Zustimmungsverweigerungsrechte des Betriebsrats<br />

bzw. Personalrats beim Einsatz von Leiharbeit<br />

• Betriebsräte und Personalräte brauchen ein Informationsrecht<br />

gegenüber dem Arbeitgeber zum Stand der vorhandenen und geplanten<br />

Werkverträge im Betrieb; bei Verdacht des Missbrauchs<br />

von Werkverträgen als getarnte Arbeitsverhältnisse brauchen Betriebsräte<br />

und Personalräte ein Zustimmungsverweigerungsrecht.<br />

• mehr Mitbestimmung bei der Personalplanung einschließlich<br />

dem Initiativrecht für Betriebs- und Personalräte<br />

• regelmäßig im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer müssen bei<br />

der Ermittlung von Schwellenwerten für Betriebsrats- und Personalratsmandate<br />

und Freistellungen mit herangezogen werden.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 36<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Alters- und alternsgerechtes Arbeiten<br />

Eine alters- und alternsgerechte Gestaltung des Arbeitsumfelds<br />

wird immer wichtiger.<br />

Zum einen sollen nach dem Willen der Mainstreamökonomie die<br />

Menschen immer länger im Arbeitsprozess bleiben. Zum anderen<br />

sind aber nur noch 15 % bis 65 Jahre erwerbstätig.<br />

Grund dafür ist zum einen der Trend in den meisten Unternehmen nur<br />

junge „olympiareife“ Arbeitnehmer/-innen einzustellen. Nur in den<br />

seltensten Fällen wird bewusst auf die Erfahrung und das erworbene<br />

Können der älteren Generation zurückgegriffen. Vielmehr wird oftmals<br />

versucht, sich von älteren Arbeitnehmer/-innen zu trennen.<br />

Die zunehmende Verdichtung und Beschleunigung erhöht den<br />

Druck auf ältere Arbeitnehmer/-innen im Arbeitsleben. Eine Vielzahl<br />

von Untersuchungen zeigt, dass sich die Arbeitsbelastungen<br />

- sowohl physischer als auch psychischer Natur - in den letzten<br />

Jahren erhöht haben. In der Industrie scheidet ein Drittel der Beschäftigten<br />

frühzeitig aufgrund von gesundheitlichen Problemen<br />

aus dem Erwerbsleben aus.<br />

Die gesundheitlichen Auswirkungen der Arbeit zeigen sich mit zunehmenden<br />

Alter immer stärker. Alternsgerechtes Arbeiten beginnt<br />

daher nicht erst kurz vor der Rente, sondern bedeutet auch gesundes<br />

Arbeiten von Anfang an.<br />

Wir fordern daher:<br />

• die zwingende Einführung eines betrieblichen Gesundheitsund<br />

Wiedereingliederungsmanagements für größere Betriebe<br />

unter Einbeziehung des Betriebsrats bzw. Personalrats und der<br />

Schwerbehindertenvertretung<br />

• eine umfänglichere Gefährdungsanalyse von Arbeitsplätzen, die<br />

alle Aspekte der Gesundheitsgefährdung mit einbezieht und eine<br />

zwingende Mitbestimmung des Betriebsrats bzw. Personalrats<br />

bei der Umsetzung von Gegenmaßnahmen.<br />

• Ausweitung der Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten bzw.<br />

Personalräten bei der alters- und alternsgerechten Ausgestaltung<br />

von Arbeitsplätzen<br />

• flexible Ausstiegsmodelle aus dem Arbeitsleben, die es besonders<br />

belasteten Arbeitnehmer/-innen auch finanziell ermöglicht<br />

früher aus dem Arbeitsleben auszuscheiden.<br />

Ar36<br />

Alters- und alternsgerechtes Arbeiten<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

26


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

• die Abschaffung der Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente<br />

und die Wiedereinführung der Berufsunfähigkeitsrente<br />

• staatliche Förderung von betrieblichen Präventionsmaßnahmen<br />

im Bereich Gesundheit<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 37<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Ausbildungs- und Übernahmesituation<br />

verbessern<br />

• Bei öffentlichen Aufträgen soll als ein Vergabekriterium gelten,<br />

ob das Unternehmen ausbildet und nach der Ausbildung die Ausgebildeten<br />

übernimmt.<br />

• Nur noch knapp 25% der Betriebe bildet aus. Um dies zu ändern<br />

müssen Betriebe die ausbilden entlastet und Betriebe, die nicht<br />

ausbilden sich finanziell an der Schaffung neuer Ausbildungsplätze<br />

beteiligt werden. Daher fordern wir eine Ausbildungsumlagefinanzierung.<br />

• Im öffentlichen Dienst müssen alle Auszubildenden nach erfolgreich<br />

absolvierter Berufsausbildung in ein Arbeitsverhältnis<br />

übernommen werden und eine Ausbildungsquote entsprechend<br />

des Eigenbedarfs muss mindestens erfüllt werden.<br />

• Angemessene Vergütung von Hochschul- und Ausbildungs-AbsolventInnen,<br />

egal ob sie Trainee, Praktikant, Volontär, Hospitant<br />

oder anders genannt werden, die sich an den realen Lebenshaltungskosten<br />

orientiert. Der Ausbildungscharakter dieser Lernverhältnisse<br />

muss deutlich sein, der Ersatz von Arbeitsplätzen<br />

durch Praktikumsstellen muss verhindert werden.<br />

• Die Aufsichtsbehörden sollen die gültigen Arbeitsgesetze wie<br />

Bundesurlaubsgesetz, Arbeitszeitschutzgesetz überprüfen können.<br />

• Das Jugendarbeitsschutzgesetz muss vor Aufweichungen<br />

geschützt werden.<br />

Ar37<br />

Ausbildungs- und Übernahmesituation<br />

verbessern<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 38<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Kurze Vollzeit<br />

Eine Diskussion über eine deutliche Arbeitszeitverkürzung bzw.<br />

kurze Vollzeit muss innerhalb der Partei erneut geführt werden.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 39<br />

Landesverband Berlin<br />

Tarifautonomie gegen Pläne der EU<br />

verteidigen<br />

Der <strong>SPD</strong> Bundesparteitag fordert den <strong>SPD</strong> Parteivorstand, die Mitglieder<br />

im Deutschen Bundestag und im Europaparlament auf, die Tarifautonomie<br />

gegen die Pläne der EU zu verteidigen und alle Leitlinien und<br />

Vorgaben unter dem Etikett der „Lohnangleichung“ und „Koordinierung“<br />

unter dem Vorwand „Unausweichlichkeit des Schuldenabbaus“<br />

und des Diktats der „leeren Kassen“, sei es auf nationaler oder europäischer<br />

Ebene, abzulehnen. Das gilt auch für mögliche Vorgaben der<br />

EU-Kommission und von dieser geplanten „tripartiten Lohnbeobachtungsgruppe“<br />

aus EU-Kommission, Arbeitgebern und Gewerkschaften.<br />

Ar38<br />

Kurze Vollzeit<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

Ar39<br />

Tarifautonomie gegen Pläne der EU<br />

verteidigen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand, <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und<br />

an Gruppe der <strong>SPD</strong>-Abgeordneten im Europäischen Parlament<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

27


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 40<br />

Unterbezirk Aschaffenburg (Landesverband Bayern)<br />

Zurücksetzung der Kleinbetriebsklausel<br />

auf einen Arbeitnehmer<br />

Wir fordern eine Zurücksetzung der Kleinbetriebsklausel des § 23<br />

Abs. 1 KSchG auf fünf Arbeitnehmer und somit eine Abkehr von<br />

den seit dem 31.12.2003 geltenden 10 Arbeitnehmern. Langfristig<br />

streben wir die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ab<br />

dem ersten Arbeitnehmer an.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 41<br />

Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />

Scheingewerkschaften dürfen echte<br />

Tarifabschlüsse nicht gefährden!<br />

Immer häufiger sucht die Arbeitgeberseite in Tarifverhandlungen<br />

das Gespräch mit mehr oder weniger christlichen oder sonstigen<br />

„Gewerkschaften“ um das Ergebnis der Verhandlungen zu ihren<br />

Gunsten zu beeinflussen. Umso dramatischer wird dieser Umstand,<br />

bedenkt man, dass die Gewerkschaften mit denen hier Tarifabschlüsse<br />

erzielt werden, meist nicht mal Mitglieder in dem betreffenden<br />

Betrieb haben. Das Ergebnis dessen ist ein für die Arbeitnehmer_Innen<br />

mehr als dürftiger Tarifabschluss.<br />

Um den Arbeitnehmer_Innen ihren verdienten Anteil an der Leistung<br />

und -fähigkeit ihres Unternehmens zu sichern brauchen sie<br />

Tarifabschlüsse die diesen Namen auch verdienen verhandelt durch<br />

starke Gewerkschaften, wie der IGM oder der verdi. Diese Gewerkschaften<br />

können nur die sein die durch einen Großteil der organisierten<br />

ArbeitnehmerInnen eine Rechtfertigung dazu erhalten ihre<br />

Interessen gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten.<br />

Die <strong>SPD</strong> und ihre Bundestagsfraktion soll deshalb darauf hinwirken,<br />

dass künftig vor Tarifverhandlungen die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften<br />

aus den betroffenen Branchen offen gelegt werden müssen.<br />

Um tariffähig zu sein und Tarifverträge abschließen zu können, ist<br />

laut ständiger Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts eine ausreichende<br />

„Sozialmächtigkeit“ der Gewerkschaften notwendig. Das<br />

heißt, sie müssen ausreichend schlagkräftig und durchsetzungsfähig<br />

sein, um der Arbeitgeberseite ein wirkliches Gegengewicht (viele<br />

Mitglieder_Innen) bieten zu können. Dies würde durch eine Offenlegung<br />

der Branchenmitgliederzahlen gewährleistet werden.<br />

Ar40<br />

Zurücksetzung der Kleinbetriebsklausel<br />

auf einen Arbeitnehmer<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

Ar41<br />

Scheingewerkschaften dürfen echte<br />

Tarifabschlüsse nicht gefährden!<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 42<br />

Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />

Einführung eines Mindestlohnes in Höhe<br />

von 10 Euro pro Stunde<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert die Einführung eines gesetzlich garantierten Mindestlohns<br />

in Höhe von 10 Euro je Arbeitsstunde für alle Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer. Die Höhe des Mindestlohnes sollte<br />

sich an dem Rentenanspruch orientieren, der nach einem langjährigen<br />

Erwerbsleben erworben wird und der den Höchstbetrag der<br />

Grundsicherung übersteigen muss.<br />

Ar42<br />

Einführung eines Mindestlohnes in Höhe<br />

von 10 Euro pro Stunde<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

28


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 43<br />

Unterbezirk Hochtaunus (Bezirk Hessen-Süd)<br />

Rechtsbehelfsbelehrung auch bei<br />

Kündigung von Arbeitsverhältnissen<br />

Durch Änderung des Kündigungsschutzgesetzes bzw. des Arbeitsgerichtsgesetzes<br />

sollen Arbeitgeber dazu verpflichtet werden, bei<br />

Kündigung von Arbeitsverhältnissen die betroffenen Beschäftigten<br />

schriftlich darüber zu belehren, dass innerhalb von drei Wochen<br />

beim zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben<br />

werden kann.<br />

Unterbleibt eine solche Belehrung, soll sich die Klagefrist auf ein<br />

Jahr verlängern.<br />

Ar43<br />

Rechtsbehelfsbelehrung auch bei<br />

Kündigung von Arbeitsverhältnissen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 44<br />

Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />

HIV-Positiv ein Kündigungsgrund? II<br />

Alle Gliederungen der <strong>SPD</strong> werden aufgefordert sich dafür einzusetzen,<br />

dass das AGG dahingehend überprüft und geändert wird,<br />

dass es nicht aufgrund eines HIV-positiven Status zu weiteren Umgehungen<br />

der bestehenden Rechtsgrundlagen kommen kann. Dazu<br />

soll §2 Abs. 4 des AGG gestrichen werden.<br />

Ar44<br />

HIV-Positiv ein Kündigungsgrund? II<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 45<br />

Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />

Schutz ausländischer Beschäftigter in der<br />

häuslichen Pflege<br />

Besonders die in Privathaushalten beschäftigten Pflege- und Betreuungskräfte<br />

aus Osteuropa sind häufig Arbeitsbedingungen<br />

ausgesetzt, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen: Sie<br />

müssen rund um die Uhr zur Verfügung stehen und besitzen keine<br />

in Deutschland gültige Krankenversicherung. Von rund 120.000<br />

osteuropäischen Betreuungskräften in Deutschland sind nur etwa<br />

1000 über die Zentrale Vermittlungsstelle der Agentur für Arbeit<br />

(ZAV) angemeldet und damit zu vollkommen legalen Bedingungen<br />

hier. Die Freizügigkeit seit dem 01.05.2011 erleichtert die legale<br />

Beschäftigung, verhindert jedoch nicht illegale Arbeitsverhältnisse.<br />

Legale Arbeitsverhältnisse für die Betroffenen gibt es auch durch<br />

private „Betreuungsagenturen“.<br />

Daher fordern wir Kontrollmechanismen, die die gesetzlichen Vorgaben<br />

bei der Vermittlung von ausländischen Pflege- und Betreuungskräften<br />

sicherstellen. Darüber hinaus fordern wir Maßnahmen<br />

zu ergreifen, um der fortschreitenden Absenkung der Standards im<br />

Arbeit- und Sozialschutz von Pflege- und Betreuungskräften Einhalt<br />

zu gebieten.<br />

Ar45<br />

Schutz ausländischer Beschäftigter in der<br />

häuslichen Pflege<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

29


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 46<br />

Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />

Neubewertung der sozialen Berufe<br />

Der geschlechtsspezifisch aufgeteilte Arbeitsmarkt, in dem Frauen<br />

oft in gering entlohnten Berufen und in Branchen mit niedrigem<br />

Entgeltniveau tätig sind sowie die Unterbewertung von Berufen, in<br />

denen hauptsächlich Frauen beschäftigt sind, werden unter anderem<br />

als Ursachen für die Entgeltungleichheit bei Frauen und Männern<br />

(Gender Pay Gap) benannt.<br />

Zu den Berufen, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden,<br />

gehören insbesondere soziale Berufe im Bereich der Erziehung,<br />

Jugendarbeit, Gesundheit und Pflege, in denen für die gesamte Gesellschaft<br />

unentbehrliche Tätigkeiten durchgeführt werden. Dieser<br />

Aspekt wird weder bei der Entlohnung und Bewertung dieser vor<br />

allem von Frauen ausgeübten Berufe berücksichtigt noch bei der<br />

gesellschaftlichen Wertschätzung. Durch Verdienste, die der geforderten<br />

Leistung entsprechen, würden bestehende Entgeltbenachteiligungen<br />

von Frauen beseitigt und zusätzlich die Attraktivität<br />

dieser gesellschaftlich wichtigen Berufe gesteigert, was auch den<br />

Fachkräftemangel in diesem Bereich reduzieren könnte.<br />

Die ASF fordert die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion auf, dafür Sorge zu<br />

tragen, dass auf der Grundlage entsprechender Studien die Bewertung<br />

vom Tätigkeiten im Sozial- und Erziehungsdienst, in Gesundheitsfachberufen<br />

(z.B. pädagogische Fachkräfte, Alten- und Krankenpflege,<br />

Erzieherin in der Kita, medizinische Fachangestellte)<br />

überprüft und konkrete Vorschläge zur Einführung von objektiven<br />

Bewertungskriterien erarbeitet, mit dem Ziel, dass gleichwertige<br />

Tätigkeiten in Zukunft auch gleich bezahlt werden. Es soll der<br />

Grundsatz „gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ gelten. Hierbei<br />

ist der eg-check (Entgeltgleichheits-Check) als ein bereits weit entwickeltes<br />

Bewertungsverfahren mit einzubeziehen.<br />

Ar46<br />

Neubewertung der sozialen Berufe<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 47<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Personalräte stärken<br />

Um die rechtliche Stellung der hessischen Personalräte endlich zu<br />

stärken und ihre Rechte denen der Betriebsräte wieder anzupassen,<br />

werden vielfältige Änderungen im Hessischen Personalvertretungsgesetz<br />

notwendig. Es müssen deshalb sowohl die Kollektivrechte<br />

der Personalvertretung, als auch die Individualrechte der<br />

einzelnen Arbeitnehmer gestärkt werden.<br />

Hierunter fallen insbesondere:<br />

• Ein Initiativrecht der Personalvertretung im Bereich von personellen<br />

Einzelmaßnahmen wird eingeräumt.<br />

• Der Aufgabenbereich der Personalvertretung wird um das Aufgabengebiet<br />

der Förderung der Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf erweitert.<br />

• Die Wiederherstellung von Mitbestimmungstatbeständen im Bereich<br />

von organisatorischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten.<br />

• Die Arbeitnehmer erhalten ein Anhörungsrecht in sie betreffenden<br />

Entscheidungen (besonders im Bezug auf Höhergruppierungen<br />

und Beförderungen). Für die Betroffenen soll so vor allem<br />

auch eine höhere Transparenz erreicht werden.<br />

• Die Arbeitnehmer verfügen über einen Rechtsanspruch auf Zuziehung<br />

eines Personalratsmitgliedes oder Gewerkschaftsbeauftragten<br />

zu Gesprächen mit dem Arbeitgeber.<br />

Die konkrete Ausgestaltung des neuen HPVG soll in enger Zusammenarbeit<br />

mit den Gewerkschaften und den Personalvertretungen erfolgen.<br />

Ar47<br />

Personalräte stärken<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-LandtagsfraktionHessen<br />

30


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 48<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

Gesetzliche Mindestvergütung für<br />

Auszubildende<br />

Die BT-Fraktion der <strong>SPD</strong> wird gebeten sich dafür einzusetzen, die<br />

Forderung nach<br />

1. einem gesetzlichen Mindestlohn wird um die Komponente<br />

„Mindestvergütung für Auszubildende“ erweitert und es wird<br />

darauf hingewirkt, die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung<br />

durchzusetzen.<br />

Die Höhe dieser Mindestvergütung wird wie folgt festgesetzt:<br />

EUR 600,00 Brutto im 1. Lehrjahr<br />

EUR 625,00 Brutto im 2. Lehrjahr<br />

EUR 650,00 Brutto im 3. Lehrjahr<br />

EUR 675,00 Brutto im 4. Lehrjahr<br />

2. Die Erhöhung der Mindestausbildungsvergütung wird ebenfalls<br />

in der Mindestlohnkommission jedes Jahr mitverhandelt.<br />

Ar48<br />

Gesetzliche Mindestvergütung für<br />

Auszubildende<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 49<br />

Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Unbeschränkter Kündigungsschutz<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert sich dafür einzusetzen,<br />

dass bundesweit ein unbeschränkter Kündigungsschutz für<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingeführt wird, die länger<br />

als 20 Jahre einem Betrieb zugehörig sind.<br />

Ar49<br />

Unbeschränkter Kündigungsschutz<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 50<br />

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />

Tarifliche Regelungen und<br />

Mit bestimmung für Abgeordnetenmitarbeiterinnen<br />

und -mitarbeiter.<br />

Beschlüsse umsetzen.<br />

Der Bundesparteitag erinnert alle Europa-, Bundestags- und Landtagsabgeordneten<br />

der <strong>SPD</strong> und den Vorstand der Sozialdemokratischen<br />

Partei Deutschlands an die Beschlüsse des Bundesparteitages<br />

1988 in Münster, des Bundesparteitages 2005 in Karlsruhe<br />

und des Bundesparteitages 2011 in Berlin. Um sicherzustellen,<br />

dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Europa-, Bundestags-<br />

und Landtagsabgeordneten zukünftig sowohl tarifvertraglich<br />

geregelte Arbeitsbedingungen als auch Mitbestimmungsrechte über<br />

ihre Arbeitsverhältnisse erhalten, werden die sozialdemokratischen<br />

Abgeordneten der entsprechenden Parlamente aufgefordert, die<br />

organisatorischen und formellen Voraussetzungen zu schaffen, um<br />

die Arbeitsverträge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf eine<br />

kollektive Basis zu stellen und eine rechtlich abgesicherte Interessenvertretung<br />

mit verankerten Mitbestimmungsrechten institutionalisieren<br />

zu können.<br />

Der Bundesparteitag unterstreicht ausdrücklich die sozialdemokratischen<br />

Vorstellungen von fairen Arbeitsbedingungen und Rechten<br />

von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Sozialdemokratische<br />

Abgeordnete tragen in ihrer Funktion als Arbeitgeberinnen und Ar-<br />

Ar50<br />

Tarifliche Regelungen und<br />

Mitbestimmung für<br />

Abgeordnetenmitarbeiterinnen und<br />

-mitarbeiter. Beschlüsse umsetzen.<br />

Erledigt durch Beschluss des Bundesparteitags 2011<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

31


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

beitgeber die Verantwortung, diesen Vorstellungen Glaubwürdigkeit<br />

zu verleihen.<br />

Der Bundesparteitag begrüßt, dass für die Bundestagsabgeordneten<br />

mit der Tarifgemeinschaft der Abgeordneten des Deutschen<br />

Bundestages 1991 ein Arbeitgeberverband gegründet wurde. Er begrüßt<br />

auch, dass durch einen Tarifvertrag zwischen dieser Tarifgemeinschaft<br />

und der Gewerkschaft ver.di ein Tarifvertrag geschlossen<br />

wurde, der sozialdemokratischen Vorstellungen von „Guter<br />

Arbeit“ entspricht:<br />

• Verpflichtung, die Vorgaben des Gehaltsrahmens nicht zu unterschreiten.<br />

• Automatische Weitergabe von Tarifanpassungen im öffentlichen<br />

Dienst.<br />

• Weiterbeschäftigungsanspruch bei Wiederwahl von Abgeordneten.<br />

• Verbot willkürlicher Kündigungen; Überprüfung von Kündigungen<br />

durch eine paritätisch besetzte Konfliktkommission.<br />

Der Bundesparteitag sieht jedoch mit Sorge, dass ein großer Teil<br />

(in der Fraktion des 17. Bundestages mehr als ein Drittel) der Bundestagsabgeordneten<br />

der <strong>SPD</strong> nicht Mitglied dieser Tarifgemeinschaft<br />

ist und dass ähnliche Regelungen in Landesparlamenten und<br />

im Europaparlament gar nicht existieren.<br />

Der Beschluss des Bundesparteitages aus dem Jahr 2011 (Beschluss<br />

- Nr. 51, Ordentlicher <strong>SPD</strong>-Parteitag, Berlin vom 4.-6. Dezember<br />

2011) zum Thema „Tarifliche Regelungen und Mitbestimmung<br />

für Abgeordnetenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter“, muss<br />

daher endlich umgesetzt werden.<br />

Der Bundesparteitag fordert den Parteivorstand auf, diese Umsetzung<br />

voranzutreiben und den Prozess hin zu mehr Mitbestimmung<br />

und Arbeitnehmerrechten zu begleiten.<br />

Der Bundesparteitag fordert alle Bundestagsabgeordneten der <strong>SPD</strong><br />

auf, zur Umsetzung dieses Beschlusses der Tarifgemeinschaft der<br />

Abgeordneten des Deutschen Bundestages beizutreten, soweit<br />

noch nicht geschehen.<br />

Der Bundesparteitag fordert die Europa- und Landtagsabgeordneten<br />

der <strong>SPD</strong> auf, sich in den jeweiligen Parlamenten dafür einzusetzen,<br />

dass auch dort Bedingungen entsprechend des Parteitagsbeschlusses<br />

geschaffen werden.<br />

Der Bundesparteitag fordert alle Europa-, Bundestags- und Landtagsabgeordneten<br />

der <strong>SPD</strong> auf, sich für institutionalisierte Mitbestimmungs-<br />

und Mitwirkungsrechte der Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter und ihren gewählten Interessenvertretungen auf allen<br />

Ebenen, auf denen über die Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

entschieden wird (z. B. auf der Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes<br />

oder des Bundespersonalvertretungsgesetzes),<br />

einzusetzen.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 51<br />

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />

Eine gerechte Ordnung auf dem<br />

Arbeitsmarkt<br />

Es ist das Verdienst der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,<br />

die hart dafür gearbeitet haben, dass die Konjunktur in den letzten<br />

beiden Jahren wieder angezogen ist. Es ist auch das Verdienst<br />

sozialdemokratischer Politik, die in der Krise mit aktiver Konjunkturpolitik<br />

gegengesteuert hatte und mit dem flexiblen Einsatz der<br />

Kurzarbeit in der Rezession die Voraussetzungen geschaffen hat,<br />

dass die Menschen in Beschäftigung und Fachkräfte in den Unternehmen<br />

geblieben sind. Und es ist das Verdienst der Tarifparteien,<br />

die alle verfügbaren Möglichkeiten genutzt haben, das Beschäftigungsniveau<br />

hoch zu halten.<br />

Die hohen Wachstumsraten der letzten beiden Jahre dürfen nicht<br />

darüber hinwegtäuschen, dass die Konjunktur labil ist. Die in der<br />

Ar51<br />

Eine gerechte Ordnung auf dem<br />

Arbeitsmarkt<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

32


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Verantwortung stehenden Regierungen der Europäischen Union<br />

haben es bislang versäumt, die Konsequenzen aus der Finanzkrise<br />

zu ziehen und die Finanzmärkte wirksam zu regulieren.<br />

Die Unternehmen haben im wirtschaftlichen Aufschwung gute<br />

Gewinne gemacht. Jetzt müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

ihren gerechten Anteil am wirtschaftlichen Erfolg bekommen.<br />

Das ist nicht nur gerecht, sondern auch eine Frage der<br />

ökonomischen Vernunft. Es wäre verfehlt, jetzt wieder ausschließlich<br />

auf die Exportstärke der deutschen Wirtschaft zu setzen. Ein<br />

dauerhafter und selbsttragender Aufschwung ist nur dann möglich,<br />

wenn auch die Binnennachfrage gestärkt wird und sich die Wirtschaft<br />

insgesamt stark aufstellt. Eine zentrale Voraussetzung ist<br />

dafür, dass auf dem Arbeitsmarkt wieder eine gerechte Ordnung<br />

hergestellt wird. Dazu gehören klare Regeln für die Lohnfindung<br />

und die Arbeitsorganisation, die Stärkung des bewährten Tarifvertragssystems<br />

und der Tarifbindung und die Bekämpfung von<br />

Lohndumping.<br />

Der wachsende Niedriglohnsektor, die zunehmende Zahl von befristeten<br />

Arbeitsverhältnissen, Lohndumping über Leiharbeit und<br />

Werkverträge unterhöhlen immer mehr das Normalarbeitsverhältnis.<br />

Dies alles ist Ausdruck einer Entwertung der Arbeit, die nicht<br />

von Himmel gefallen ist. Es waren bewusste politische Entscheidungen,<br />

geprägt von einer Ideologie, in der Rendite mehr zählt als<br />

der Mensch und geleitet von dem Irrglauben, dass sich Wettbewerbsfähigkeit<br />

erhöht, wenn sich die Arbeitsbedingungen der Menschen<br />

verschlechtern.<br />

Arbeit ist mehr als Broterwerb. Sie ist mit Selbstachtung, Teilhabechancen<br />

und Selbstbestimmung verbunden. Der Ausschluss von<br />

Erwerbsarbeit und Arbeit zu prekären Bedingungen verletzt den<br />

emanzipatorischen Anspruch der Sozialdemokratie fundamental:<br />

die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern<br />

und ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Der Arbeit<br />

ihren Wert zurückzugeben ist deshalb Kern der Daseinsberechtigung<br />

der <strong>SPD</strong>.<br />

Es muss die zentrale politische Aufgabe der nächsten Jahre sein,<br />

die Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt zu korrigieren. Das Normalarbeitsverhältnis<br />

muss wieder zur Norm werden.<br />

Verteidigung der Flächentarifverträge - Tarifflucht verhindern<br />

Nur noch 60 % aller Beschäftigten in Deutschland arbeiten unter<br />

einem Tarifvertrag. In den letzen Jahren ging die Zahl der allgemeinverbindlich<br />

erklärten Tarifverträge von 408 in 1991 auf 239<br />

in 2011 zurück.<br />

Diese Entwicklung geht mit der Flucht vieler Betriebe aus den Tarifverträgen,<br />

Lohndumping, Verlängerung der Wochenarbeitszeit<br />

und dem Rückgang der Löhne und Gehälter Hand in Hand.<br />

Durch die gesetzlich verankerten Regelungen, sind die Arbeitgeber<br />

im Tarifausschuss immer in der Lage, die Anträge zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung<br />

zu blockieren.<br />

Deutschland wird, was den Anteil an allgemeinverbindlichen Tarifverträgen<br />

in europäischen Industriestaaten angeht, lediglich<br />

vom Vereinigten Königreich unterschritten (Deutschland 62%, VK<br />

33%). Zum Vergleich: in Österreich sind 99% der Tarifverträge allgemeinverbindlich<br />

erklärt, in Frankreich 90%.<br />

Die von den Kolleginnen und Kollegen und ihren Gewerkschaften<br />

erkämpften Tarifverträge, mit Lohntabellen, Manteltarifverträgen<br />

und Verträgen zur betrieblichen Altersvorsorge, sind die Basis für<br />

die Sicherung der Sozialversicherungssyteme und erbringen im Alter<br />

für die meisten von uns eine existenzsichernde Rente.<br />

Die Forderungen müssen heißen:<br />

• Wiederherstellung und Neukonstituierung (in tariflosen Branchen)<br />

des allgemeinverbindlichen, gewerkschaftlich garantierten<br />

Flächentarifvertrages, der den Beschäftigten einer Branche bundesweit<br />

die gleichen Löhne/Gehälter und Arbeitsbedingungen<br />

garantiert.<br />

• Wegfall des Quorums und Ersetzung durch die Repräsentativität<br />

des von einer DGB-Gewerkschaft abgeschlossenen Tarifvertrages.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

33


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

• Annahme der kompletten Lohn- und Gehaltstabelle in das Arbeitnehmerentsendegesetz,<br />

nicht ein Mindestentgelt und Ausdehnung<br />

auf alle Branchen.<br />

• Unterstützung des Kampfes der Gewerkschaften gegen Beschäftigung<br />

und die Rückeroberung von Tarifverträgen bzw. Flächentarifverträge,<br />

Lohndumping, prekarisierte Arbeit, Spartenabtrennung<br />

und Ausgliederung. Tarifvertragsfreie Zonen müssen überwunden<br />

werden.<br />

• Gesetzliches Verbot der Tarifflucht<br />

Gesetzlicher Mindestlohn<br />

23 Prozent der Beschäftigten arbeiten im Niedriglohnsektor. Deutlich<br />

mehr als sechs Millionen Menschen arbeiten für weniger als<br />

8,50 Euro brutto pro Stunde. Rund 11 Milliarden Euro werden pro<br />

Jahr aufgewendet, weil Menschen trotz Arbeit arm sind und ergänzende<br />

Unterstützungsleistungen brauchen um einigermaßen menschenwürdig<br />

leben zu können. Das ist ein Skandal in einem reichen<br />

Land wie der Bundesrepublik; es ist ein grundlegender Verstoß<br />

gegen ein wesentliches Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft,<br />

dass über Jahrzehnte galt: „Allen arbeitenden Menschen soll nach<br />

Maßgabe der steigenden Produktivität ein ständig wachsender<br />

Lohn zukommen“ formulierte Ludwig Erhard in „Wohlstand für<br />

alle“. Die Realität heute zeigt: Niedriglöhne sind nicht mehr ein<br />

Problem von Geringqualifizierten. 80 Prozent der Niedriglöhner<br />

haben eine abgeschlossene Ausbildung. Die Chancen auf Aufstieg<br />

durch eigene Anstrengung werden immer geringer.<br />

Ein gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 10 Euro, der jährlich<br />

an die allgemeine Lohnentwicklung und das Wirtschaftswachstum<br />

anzupassen ist, ist deshalb überfällig. Arbeit ist die Quelle gesellschaftlichen<br />

Reichtums. Und weil das so ist, müssen die Menschen,<br />

die den Reichtum dieser Gesellschaft erarbeiten, geachtet werden.<br />

Bei der Diskussion um den Mindestlohn geht es zuallererst um die<br />

Würde der Menschen und ihrer Arbeit.<br />

Missbrauch der Leiharbeit beenden<br />

Die Deregulierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes hat zu<br />

einem sprunghaften Anstieg der Leiharbeit seit 2003 geführt. Die<br />

offiziellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit weisen für Juni<br />

2011 einen vorläufigen Höchststand von über 900.000 Leiharbeitsverhältnissen<br />

aus. Leiharbeit dient in den meisten Fällen nicht<br />

mehr als Mittel zur Abdeckung von Auftragsspitzen in den Unternehmen.<br />

Tatsächlich wird Leiharbeit zur Implementierung einer<br />

zweiten Tarifstruktur in den Betrieben genutzt. Lohndumping, die<br />

Aufweichung des Kündigungsschutzes und die Umgehung von Tarifverträgen<br />

ist das Ziel.<br />

Deshalb ist es notwendig, den Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche<br />

Arbeit“ endlich ohne Ausnahme durchzusetzen. Das Synchronisationsverbot<br />

und das besondere Befristungsverbot müssen wieder<br />

eingeführt werden. Der Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher<br />

muss verboten werden. Die Betriebsräte in den Einsatzbetrieben<br />

brauchen endlich echte Mitbestimmungsrechte hinsichtlich<br />

Einsatz, Dauer und Umfang von Leiharbeitern im Betrieb.<br />

Wirksame Maßnahmet n gegen Schein-Werkverträge<br />

Unternehmen gehen zunehmend dazu über, durch Scheinwerkverträge<br />

Beschäftigte anzuheuern, die Arbeiten verrichten, bei denen<br />

es sich tatsächlich um abhängige und weisungsgebundene Beschäftigung<br />

handelt. Im Baugewerbe und insbesondere auf Schlachthöfen<br />

sind die Praktiken schon länger bekannt. Dadurch wird reguläre<br />

Beschäftigung verdrängt. Ziel ist, Tarifverträge und Mindestlöhne<br />

zu umgehen und sich um die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen<br />

zu drücken. Mit diesem Lohndumping verschaffen sich diese<br />

Unternehmen Wettbewerbsvorteile gegenüber Unternehmen, die<br />

sich an Tarifverträge und das Arbeitsrecht halten. Offensichtlich ist<br />

die Beschäftigung über Werkverträge die neue Masche mancher<br />

Arbeitgeber, um der langsam begonnenen Regulierung der Leiharbeit<br />

(Lohnuntergrenze) auszuweichen.<br />

34


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Notwendig ist eine klarere gesetzliche Regelung, um Werkverträge,<br />

Leiharbeit und reguläre Beschäftigung gegeneinander abzugrenzen<br />

und Missbrauch auszuschließen. Es muss unterbunden werden,<br />

dass reguläre Beschäftigung durch Schein-Werkverträge zu Dumpinglöhnen<br />

ersetzt wird. Die Betriebsräte brauchen mehr Mitbestimmungsrechte.<br />

Heute müssen sie bei Abschluss eines Werkvertrages<br />

nicht gefragt werden. Arbeitnehmervertretungen in den<br />

Betrieben und Verwaltungen, das heißt den Betriebs- und Personalräten,<br />

brauchen ein Instrument zur Zustimmungsverweigerung (Ergänzung<br />

der §§99 und 92 BetrVG und analoger Regelungen) bei<br />

der Vergabe von Werkverträgen bzw. Dienstleistungsverträgen die<br />

zur Deckung von originären Personalbedarfen geschlossen werden.<br />

Vor allem lehnen wir solche Verträge zum Zwecke des Lohndumpings<br />

ab. Es darf nicht sein, dass damit tarifliche oder arbeitsrechtliche<br />

Standards unterschritten werden. Die Kontrollen müssen<br />

verstärkt werden. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit braucht eine<br />

bessere personelle Ausstattung.<br />

Befristete Beschäftigung zurückdrängen<br />

Jedes zweite neue Arbeitsverhältnis wird nur noch befristet abgeschlossen.<br />

Betroffen sind insbesondere junge Menschen. Den gleichen<br />

jungen Menschen wird aber nahe gelegt, eine Familie zu gründen,<br />

für das Alter zusätzlich vorzusorgen und sich ehrenamtlich zu<br />

engagieren. Diesen Ansprüchen können sie nicht gerecht werden,<br />

wenn sich befristete Arbeitsverträge oft über Jahre aneinanderreihen.<br />

Die 1985 gesetzlich eingeführte Möglichkeit, Arbeitsverträge<br />

ohne Sachgrund zu befristen hat nicht zu mehr Beschäftigung<br />

geführt, sondern zu mehr atypischer und prekärer Beschäftigung.<br />

In vielen Fällen werden sogar auf Dauer angelegte „Standardtätigkeiten“<br />

sachgrundlos befristet. Die Möglichkeit sachgrundloser<br />

Befristung muss deshalb endlich wieder abgeschafft werden.<br />

Den Missbrauch geringfügiger Beschäftigung beenden<br />

Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse haben seit der Neuregelung,<br />

die auf Druck der Union im Rahmen der Hartz-Gesetzgebung<br />

im Vermittlungsausschuss erfolgte, rasant zugenommen.<br />

Derzeit gibt es rund 7,4 Millionen geringfügige Beschäftigungsverhältnisse.<br />

Davon entfallen auf ausschließlich geringfügige Beschäftigungsverhältnisse<br />

rund 4,8 Millionen und auf geringfügige<br />

Nebenerwerbstätigkeiten rund 2,6 Millionen. Insbesondere geringfügige<br />

Nebenerwerbstätigkeiten neben einer Hauptbeschäftigung<br />

haben seit ihrer erneuten Privilegierung im Jahre 2003 massiv<br />

zugenommen.<br />

Geringfügige Beschäftigung ist in mehrfacher Hinsicht oftmals<br />

prekäre Beschäftigung. Die Stundenlöhne liegen seit dem Wegfall<br />

der Stundenbegrenzung bei Mini-Jobs überproportional im Niedrigstlohnbereich.<br />

Obwohl auch für geringfügige Arbeitsverhältnisse<br />

das Arbeitsrecht gilt, werden den Beschäftigten häufig arbeitsund<br />

sozialrechtliche Ansprüche wie Urlaub und Entgeltfortzahlung<br />

im Krankheitsfall vorenthalten. Mini-Jobs sind in der Regel nicht<br />

der erste Schritt in eine reguläre Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung,<br />

tatsächlich bleiben die Betroffenen in dieser Beschäftigungsform<br />

gefangen.<br />

Die Bundesratsinitiative des Landes NRW ist deshalb zu begrüßen,<br />

für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse wieder eine Stundenbegrenzung<br />

von 12 Stunden/Woche einzuführen und Regelungen<br />

zu schaffen, die eine Durchsetzung der gleichen Arbeitsbedingungen<br />

fördern.<br />

Darüber hinaus sehen wir aber Handlungsbedarf, um dem zunehmenden<br />

Missbrauch geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse<br />

durch Arbeitgeber zu begegnen. Ein zentrales Problem ist neben<br />

der Umgehung von Arbeitsrecht und Tarifverträgen die Umwandlung<br />

regulärer in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse. Die<br />

AfA wird im engen Dialog mit den Gewerkschaften nach Lösungen<br />

suchen, die diesen arbeitgeberseitigen Missbrauch abstellen<br />

und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fördern.<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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Die Segmentierung des Arbeitsmarktes überwinden – Aktive<br />

Arbeitsförderung stärken<br />

Die sinkenden Arbeitslosenzahlen täuschen darüber hinweg, dass<br />

der Arbeitsmarkt tatsächlich tief gespalten ist. Zum einen werden<br />

immer mehr Menschen in atypische und prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />

gedrängt. Zum anderen sind Langzeitarbeitslose und<br />

ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Verlierer auf dem<br />

scheinbar erholten Arbeitsmarkt. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen<br />

sinkt deutlich langsamer als die Zahl aller Arbeitslosen, dadurch ist<br />

ihr Anteil an der Arbeitslosigkeit mittlerweile auf 34 Prozent gestiegen.<br />

Besonders ältere Arbeitslose sind die Verlierer. Der Anteil<br />

der 55-65-jährigen Arbeitslosen im Rechtskreis des SGB II geht<br />

nicht zurück, sondern steigt.<br />

Die massive Kürzung der finanziellen Mittel für die aktive Arbeitsförderung<br />

durch die Bundesregierung ist unverantwortlich. Die<br />

Teilnehmer an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik gehen<br />

derzeit im Vorjahresvergleich um mehr als 20 Prozent zurück. Der<br />

umgekehrte Weg ist notwendig: in einem vergleichsweise günstigen<br />

Umfeld auf dem Arbeitsmarkt müssen besondere Anstrengungen<br />

unternommen werden, verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit aufzubrechen<br />

und den Menschen wieder eine Perspektive zu eröffnen.<br />

Die Ehrlichkeit in der Arbeitslosenstatistik muss wieder hergestellt<br />

werden. Wer keine Erwerbsarbeit hat, muss auch als Arbeitsloser<br />

aufgeführt werden. Die Menschen, die aus dem Leistungsbezug<br />

herausgefallen sind, müssen erfasst werden. Das gilt auch für die<br />

Arbeitnehmerinnen, die sich in Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung<br />

befinden.<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 52<br />

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />

Gesund arbeiten - Gesund in Rente<br />

Arbeits- und Gesundheitsschutz - Herausforderung für die Zukunft<br />

Ein Arbeits- und Gesundheitsschutz auf hohem Niveau ist entscheidend<br />

für gute Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmern. Arbeitswelt ist Lebenswelt. Die<br />

Verwirklichung humaner Arbeitsbedingungen gehört zu den Kernanliegen<br />

der <strong>SPD</strong> –früher wie heute.<br />

Der steigende Arbeits- und Leistungsdruck in den Betrieben durch<br />

Umstrukturierungen (Outsourcing), Leistungsverdichtungen und<br />

rigidere Kontrollmechanismen gefährdet gute Arbeits- und Lebensbedingungen.<br />

Die Zunahme prekärer und unsicherer Beschäftigungsverhältnisse<br />

durch Deregulierungen der Arbeitsmärkte<br />

schwächt betriebliche und außerbetriebliche Akteure bei der<br />

Durchsetzung guter Arbeitsbedingungen.<br />

Die wachsenden Ängste von Beschäftigten vor Erwerbsunfähigkeit<br />

und vor einem Nichterreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters<br />

fördern ihre Anpassung und Resignation.<br />

Die zunehmende Abwälzung des unternehmerischen Risikos auf<br />

abhängig Beschäftigte (Abteilungen als autonome Profitcenter)<br />

fördert ihre Selbstausbeutungstendenzen. Die Zunahme psychischer<br />

Belastungen hat ihre Ursache auch in der Einführung ergebnisorientierter<br />

Arbeits- und Steuerungsformen in den Unternehmen<br />

(Projektarbeit, Zielvereinbarungen usw.).<br />

In der zweiten Periode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutz-<br />

Strategie (2012 – 2018) soll anhand ausgewählter Ziele und Handlungsschwerpunkte,<br />

durch abgestimmte Kooperation der staatlichen<br />

Arbeitsschutzbehörden und der Unfallversicherungsträger bei<br />

der Aufsicht, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei<br />

der Arbeit wirkungsvoller und effizienter gestaltet werden.<br />

1. Aktuelle Situation<br />

Angebote des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes sind<br />

nur in etwa 17 Prozent aller Betriebe vorhanden. Es gibt Fortschrit-<br />

Ar52<br />

Gesund arbeiten - Gesund in Rente<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand und <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

36


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

te beim Ausbau des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes<br />

in mittelgroßen Betrieben - weiterhin haben aber Beschäftigte<br />

in Kleinbetrieben kaum Zugang dazu.<br />

Wichtigste Themen, die von der <strong>SPD</strong> aufgegriffen werden müssen,<br />

sind aus Sicht der Beschäftigten: Ermittlung psychischer Belastungen<br />

am Arbeitsplatz, Bewältigung von Mobbing, Suchtprävention,<br />

Entspannungsprogramme, Gefährdungsbeurteilungen und Bewegungsprogramme.<br />

Nachhaltigkeit ist hier wichtig, um therapeutische<br />

Erfolge abzusichern.<br />

Wichtigste Akteure, mit denen die <strong>SPD</strong> kooperieren kann, sind:<br />

Berufsgenossenschaften, Krankenkassen, Ämter für Arbeitsschutz<br />

und Sicherheitstechnik und Beratungsstellen der Gewerkschaften.<br />

Folgende Dimensionen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes<br />

sind integraler Bestandteil des DGB-Indexes „Gute<br />

Arbeit“: „Arbeitsintensität“, „Gestaltung der körperlichen Anforderungen“,<br />

„Gestaltung der emotionalen Anforderungen“, „Führungsstil“<br />

und Betriebskultur“. Hier knüpft unsere Politik an.<br />

2. Grundsätzlich gilt:<br />

Arbeits- und Gesundheitsschutz ist als Voraussetzung für „gute Arbeit“<br />

ein Menschenrecht.<br />

Betriebe, die im Arbeits- und Gesundheitsschutz aktiv sind und<br />

„gute Arbeit“ befördern, tragen damit auch zu ihrem eigenen wirtschaftlichen<br />

Erfolg bei.<br />

Die Verbesserung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes<br />

und „gute Arbeit“ reduziert die Belastungen der sozialen Sicherungssysteme.<br />

Die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit<br />

liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers – er muss für eine geeignete<br />

betriebliche Organisation sorgen.<br />

Angesichts der mit der Deregulierung im Arbeitsschutzrecht verbundenen<br />

Handlungsspielräume ist Beratung und Unterstützung,<br />

aber auch Aufsicht erforderlich.<br />

3. Politische Forderungen<br />

Arbeitsschutz ist ein Querschnittsthema über viele Bereiche der<br />

Arbeitswelt.<br />

Deshalb fordern wir eine politische Gesamtstrategie für den Arbeits-<br />

und Gesundheitsschutz, die unter anderem folgende Kernpunkte<br />

enthält:<br />

Die Kontrolle, ob gesetzliche oder tarifliche Arbeitsschutzbedingungen<br />

eingehalten werden, müssen verstärkt werden. Die <strong>SPD</strong>-<br />

Landtagsfraktionen werden aufgefordert, Kontrollquoten bei der<br />

öffentlichen Auftragsvergabe festzulegen. Die Aufsichtsorgane<br />

müssen personell gestärkt werden. Auf 10.000 Beschäftigte müssen<br />

mindestens 3 Stellen in den Arbeitsschutzverwaltungen kommen<br />

(Istzustand zwischen 0,66 Bayern und 1,55 Mecklenburg-Vorpommern).<br />

Das erzeugt Druck um zu Gefährdungsbeurteilungen zu<br />

kommen.<br />

Durch Bundes- und/oder Landesgesetzgebung müssen die Strafen<br />

bei Verstößen deutlich verschärft werden. Betriebs- und Personalräte<br />

brauchen wirksame Initiativ-, Durchsetzungs- und Kontrollrechte<br />

beim Arbeitsschutz.<br />

Das Thema Arbeitsschutz ist deutlich stärker in den Fokus der politischen<br />

Akteure kommen. Das ist auch Aufgabe der AfA. Der AfA-<br />

Bundesvorstand und die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion ergreifen dazu<br />

Initiativen. Ziel ist, gerade Beschäftigte in kleinen und mittleren<br />

Betriebe zu ermutigen, sich dem Arbeitsschutzthema anzunehmen.<br />

Weiteres Ziel ist konkrete Forderungen zu entwickeln. Die Arbeitgeber<br />

und Betriebs- und Personalräte werden aufgerufen und ermutigt,<br />

ihre Rolle im Arbeitsschutz wahrzunehmen. Besonders die<br />

Gefährdungsbeurteilung ist hierzu das wichtigste Instrument. Dazu<br />

brauchen wir in möglichst allen Betrieben Interessenvertretungen,<br />

um den Arbeitsschutz zum Thema zu machen und entsprechend zu<br />

bearbeiten.<br />

Die Einhaltung von Arbeitsschutznormen, besonders die Frage ob<br />

Gefährdungsbeurteilung ( § 5 Arb.sch.G) vorgenommen worden<br />

sind oder nicht, wird als Zuverlässigkeitskriterium bei der öffent-<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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lichen Auftragsvergabe oder Förderung aufgenommen. D. h., keine<br />

öffentlichen Aufträge oder weniger Förderung wenn z. B. 30 % aller<br />

Arbeitsplätze im geförderten/beauftragten Betrieb keine Gefährdungsbeurteilung<br />

haben. Wir bitten, unsere Landtagsfraktionen und<br />

die Bundestagsfraktion hierzu tätig zu werden.<br />

Alle Beteiligten sind aufgerufen, ihre Tätigkeit im Arbeitsschutz<br />

zu verstärken. Wir brauchen Mut machende Kampagnen, z. B.<br />

durch die Träger der Sozialversicherung. Hier gibt es schon viele<br />

gute Ansätze, die wir begrüßen. Die Selbstverwaltungsorgane dieser<br />

Institutionen sind für uns wichtige Multiplikatoren, die dafür<br />

sorgen können, dass eine aufsuchende Beratung der betrieblichen<br />

Aktiven stattfindet. Es gibt viele gute Beispiele, wie das Thema Arbeitsschutz<br />

in den Betrieben und Verwaltungen angegangen wird.<br />

Darüber müssen wir berichten.<br />

Es gibt aber auch gravierende Defizite. Auch darüber muss berichtet<br />

werden. Dazu bedarf es auch eines deutlichen Ausbaus der Arbeitsforschung<br />

und der Förderung von Projekten und betrieblichen<br />

Strategien für gute Arbeit und Gesundheitsschutz.<br />

Die <strong>SPD</strong> schafft ein Klima des Mutes und der Verantwortung für<br />

alle Beteiligten.<br />

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Antragsbereich Ar<br />

Antrag 53<br />

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />

Mitbestimmung stärken und ausbauen<br />

Für die <strong>SPD</strong> ist es selbstverständlich, dass Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer ein Mitwirkungsrecht bei der Gestaltung ihrer<br />

Arbeitswelt haben. Mitbestimmung ist ein wesentliches Element<br />

unserer Vorstellung von Wirtschaftsdemokratie und hat sich bewährt.<br />

Die Wirtschaft ist für den Menschen da, nicht die Menschen<br />

für die Wirtschaft. Die Würde des Menschen und seiner Arbeit<br />

verlangt die Demokratisierung der Wirtschaft. Die Interessen der<br />

Menschen müssen im Vordergrund sozial verantwortbaren Wirtschaftens<br />

stehen, nicht kurzfristige Gewinninteressen. Gerade die<br />

letzte Krise und das anschließende „German-Job-Wunder“ zeigen,<br />

wie gut eine funktionierende Mitbestimmung ist. Gerade bei vielen<br />

weltweit tätigen Unternehmen sind die Früchte der Mitbestimmung<br />

deutlich sichtbar: Klasse Produkte, sehr gute Gewinne, gerechte<br />

Löhne, Erhalt der Arbeitsplätze und dadurch Kaufkraftsicherung<br />

in der Region sind Musterbeispiele einer starken Mitbestimmung.<br />

Die Logik des „shareholder value“ mag kurzfristig zu noch höheren<br />

Gewinnen für wenige führen. Langfristig aber werden alle Beteiligten<br />

verlieren, wenn die Interessen der Beschäftigten wichtige<br />

Zukunftsinvestitionen und Innovationen vernachlässigt werden.<br />

Unternehmensmitbestimmung<br />

Die Unternehmensmitbestimmung hat in unserem Land eine lange<br />

und wichtige Tradition.<br />

Das Montan-Mitbestimmungsgesetz von 1951 regelt die Mitbestimmung<br />

in den Unternehmen des Bergbaus und der Eisen- und<br />

Stahlindustrie mit mehr als 1000 Beschäftigten. Der Aufsichtsrat<br />

ist paritätisch mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzt,<br />

bei Patt entscheidet ein neutrales Mitglied.<br />

Das Mitbestimmungsgesetz von 1976 gilt für Kapitalgesellschaften<br />

mit mehr als 2.000 Beschäftigten. Zwar gilt auch hier eine Parität<br />

zwischen Anteilseignern und Arbeitnehmervertretern. Beim Patt<br />

entscheidet jedoch der Aufsichtsratsvorsitzende, der von der Anteilseignerseite<br />

gestellt wird.<br />

Das Drittelbeteiligungsgesetz von 2004 gilt für die Aufsichtsräte<br />

kleiner Kapitalgesellschaften mit 500 bis 2.000 Beschäftigten sowie<br />

Aktiengesellschaften mit weniger als 500 Beschäftigten, die<br />

vor dem 10.08.1994 gegründet wurden. Nach diesem Gesetz entfallen<br />

zwei Drittel der Aufsichtsratssitze auf die Anteilseigner und<br />

nur ein Drittel auf die Arbeitnehmerseite.<br />

Ar53<br />

Mitbestimmung stärken und ausbauen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm und Antrag der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion,<br />

Drucksache 17/13476<br />

38


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Die Mitbestimmung ist immer wieder massiven Angriffen der<br />

Arbeitgeberverbände und wirtschaftsliberaler Kräfte ausgesetzt.<br />

Zuletzt haben die Arbeitgeberverbände BDA und BDI Vorschläge<br />

zur „Reform“ der Mitbestimmung gemacht. Im Kern wollen sie<br />

die paritätische Mitbestimmung abschaffen und die Vertreter der<br />

Gewerkschaften aus den Aufsichtsräten drängen. Sie verlassen damit<br />

ein Grundprinzip unserer sozialen und demokratischen Wirtschaftsordnung,<br />

sie verlassen das Prinzip der gleichen Augenhöhe.<br />

Mit dem Gesetzentwurf der <strong>SPD</strong> im Deutschen Bundestag vom<br />

16.06.2010 (Demokratische Teilhabe von Belegschaften und ihren<br />

Vertretern an unternehmerischen Entscheidungen stärken) wurde<br />

der richtige Weg beschritten.<br />

Es gibt einen dringenden Handlungsbedarf. Die <strong>SPD</strong> unterstreicht<br />

die Wichtigkeit der im Antrag genannten Verbesserungsansätze:<br />

1. Die deutsche Mitbestimmung gesetzlich auf Unternehmen ausländischer<br />

Rechtsform mit Verwaltungssitz oder Zweigniederlassung<br />

in Deutschland bzw. deutsche Personengesellschaften mit<br />

ausländischem Komplementär erstrecken.<br />

2. Einen gesetzlichen Mindestkatalog zustimmungsbedürftiger<br />

Geschäfte für zentrale unternehmerische Entscheidungen – insbesondere<br />

Betriebsschließungen, Standortverlagerungen und<br />

Unternehmensverkäufe – im Aufsichtsrat einführen. Eine qualifizierte<br />

Minderheit im Aufsichtsrat von einem Drittel seiner Mitglieder<br />

sollte berechtigt sein, den Katalog zustimmungsbedürftiger<br />

Geschäfte zu ergänzen.<br />

3. Die Schwellenwerte für das Mitbestimmungsgesetz auf 1 000<br />

Beschäftigte und für das Drittelbeteiligungsgesetz auf 250 Beschäftigte<br />

verringern.<br />

4. Die rechtliche und wirtschaftliche Gleichstellung zwischen Kapital<br />

und Arbeit über die „echte Parität“ durch eine neutrale Person<br />

im Aufsichtsrat und gleichzeitige Abschaffung des Doppelstimmrechts<br />

des Aufsichtsratsvorsitzenden für alle Kapitalgesellschaften,<br />

die unter das Mitbestimmungsgesetz von 1976 fallen,<br />

erzielen.<br />

Betriebliche Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz<br />

Auch nach diesen Verbesserungen wird ein großer Teil der Beschäftigten<br />

auf Grund der Betriebs- und Unternehmensgröße immer<br />

noch ohne Unternehmensmitbestimmung arbeiten. Und auch<br />

unternehmensmitbestimmte Unternehmen benötigen eine gute und<br />

qualifizierte betriebliche Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz.<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert eine umfangreiche Verbesserung der betrieblichen<br />

Mitbestimmung:<br />

1. Der Begriff Arbeitnehmer muss der heutigen Realität angepasst<br />

werden. Im Bereich Personal: Bei Soloselbständigen, Werkverträgen,<br />

Leiharbeit, Befristungen sowie bei Übernahmen von<br />

Auslernern und Befristeten benötigen die Betriebsräte funktionierende<br />

Mitbestimmungswerkzeuge. Hier müssen endlich Möglichkeiten<br />

geschaffen werden, dass der Betriebsrat der Erosion<br />

von sogenannten Normalarbeitsverhältnissen qualifiziert entgegen<br />

treten kann.<br />

2. Der § 106 (Wirtschaftliche Angelegenheiten) muss in seiner<br />

Rechtswirkung von einem reinen Unterrichtungs- und Beratungsrecht<br />

zu einem Mitbestimmungsrecht ausgebaut werden.<br />

Viele Firmen, die durch ihre Größe unterhalb der Unternehmensmitbestimmung<br />

liegen, haben nicht mehr eine Hausbank,<br />

sondern einen Investor mit einem Fonds als Kapitaleigner. Das<br />

Betriebsverfassungsgesetz gibt der Interessenvertretung der Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer keine wirksamen Werkzeuge,<br />

um ggf. die Zukunft der Belegschaft und meist einer ganzen<br />

Region zu sichern.<br />

3. Ausweitung der mitbestimmungspflichtigen Tatbestände und<br />

Initiativrechte insbesondere in den Bereichen Gesundheits- und<br />

Arbeitsschutz sowie Qualifizierung.<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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Einrichtung und Schutz der Betriebsräte<br />

Leider vergeht oft eine lange Zeit, bis sich in einem neu gegründeten<br />

Unternehmen ein Betriebsrat bildet.<br />

Die Behinderung der Arbeit von Wahlvorständen, Kandidaten und<br />

Interessensvertretern der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist<br />

heute leider weit verbreitet. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

haben Angst, durch diese Tätigkeiten Nachteile in Kauf<br />

nehmen zu müssen, gar entwürdigt oder mit Kündigung bedroht zu<br />

werden. Viele erleiden durch den Druck gesundheitliche Schäden<br />

oder sie lehnen so eine Arbeit für andere aus Sorge vor Repressalien<br />

ab. Für uns sind Behinderung, Benachteiligung oder Bedrohung<br />

kein Kavaliersdelikt. Verstöße dürfen nicht mehr aus der Portokasse<br />

bezahlbar sein.<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert dringend die Sicherstellung von Betriebsratsgründungen,<br />

deren Wahlen und der Schutz vor Nachteilen der handelnden<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer:<br />

1. Es bedarf verbesserter Wahlmöglichkeiten die eine Wahl schnell<br />

und ohne großen Aufwand ermöglichen, ferner aber auch nicht<br />

dem Arbeitgeber und seinen Handlangern Tür und Tor öffnen.<br />

2. Bei Unternehmen, die öffentliche Gelder oder Bürgschaften zum<br />

Start oder in besonderen Situationen erhalten, muss spätestens<br />

nach einer Frist von einem Jahr ein Betriebsrat im Amt sein, der<br />

die demokratischen Grundrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

sichert. Dies muss wie die ordentliche Buchführung<br />

zu den Vergabekriterien gehören.<br />

3. Die Strafen für die Behinderung von Betriebsratswahlen, der<br />

Betriebsratsarbeit und der Arbeit der Gewerkschaften in den<br />

Betrieben und Unternehmen muss deutlich verschärft werden.<br />

Gleichzeitig sind die Möglichkeiten der Strafverfolgung gem. §<br />

119 Abs. 2 BetrVG zu erweitert. Hierzu ist bei den zuständigen<br />

Arbeitsministerien der Länder oder deren nachgeordneten Behörden<br />

eine Zuständigkeit für die Stellung von Strafanträgen zu<br />

schaffen. Des weiteren sind im Rahmen des § 20 BetrVG ist bei<br />

den zuständigen Arbeitsministerien oder deren nachgeordneten<br />

Behörden eine Zuständigkeit für die Überwachung eingeleiteter<br />

Betriebsratswahlen zu schaffen.<br />

4. Die <strong>SPD</strong> fordert die Bundestagsfraktion und die Landtagsfraktionen<br />

der <strong>SPD</strong> auf, die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretungen<br />

im obigen Sinne im Bundespersonalvertretungsgesetz<br />

und in den Personalvertretungsgesetzen der Länder auszubauen.<br />

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Antragsbereich Ar<br />

Antrag 54<br />

Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />

Frauen - Arbeit - Zukunft<br />

Arbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigung sind ein Massenphänomen<br />

geworden. Betroffen hiervon sind vor allem gering Qualifizierte,<br />

Frauen, gesundheitlich eingeschränkte, ältere sowie behinderte<br />

Menschen. Für sie bedeutet dies harte finanzielle Einschnitte,<br />

die sich vielfach in der Altersrente fortsetzen. Infolge erheblicher<br />

Ausfälle bei den Beiträgen zur Rentenversicherung während der<br />

Arbeitslosigkeit bzw. einer prekären Beschäftigung erwerben sie<br />

erheblich niedrigere Rentenanwartschaften und damit später geringere<br />

Rentenleistungen. Die zunehmenden Lücken in der Erwerbsbiographien<br />

einerseits und der permanente Wertverfall bei den<br />

Renten andererseits werden wesentlich dazu beitragen, dass die<br />

Altersarmut ansteigen wird.<br />

Mit den Reformen der Sozialgesetzbücher SGB II und III erfolgte<br />

ein gravierender Paradigmenwechsel in der Arbeitsmarktpolitik,<br />

der dringend zu berichtigen ist.<br />

Die Umsetzung der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe<br />

hat zu einem substantiellen Verlust an materieller und<br />

sozialer Sicherheit geführt. Die Deregulierung der Leiharbeit und<br />

Ar54<br />

Frauen - Arbeit - Zukunft<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

geringfügigen Beschäftigung hat zu einer skandalösen Ausweitung<br />

des Niedriglohnsektors und der prekären Beschäftigung geführt.<br />

In der Arbeitsmarktpolitik wurde kurzfristigen Vermittlungserfolge<br />

ohne nachhaltige Wirkung Priorität eingeräumt. Diese besorgniserregende<br />

Entwicklung benachteiligt vor allem Frauen.<br />

1. Die Verhinderung und Bekämpfung von Arbeitslosigkeit ist die<br />

wichtigste arbeitsmarktpolitische Aufgabe.<br />

• Wir fordern daher vom Gesetzgeber, jede Maßnahme zu unterlassen,<br />

die zu einer direkten oder indirekten Aufweichung des<br />

Kündigungsschutzes führt. Es muss wieder einen effektiven<br />

Kündigungsschutz geben, damit mehr Beschäftigungsstabilität<br />

für diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreicht<br />

wird, die besonderen Benachteiligungen am Arbeitsmarkt ausgesetzt<br />

sind.<br />

• Die Ausweitung der Befristungsmöglichkeiten von Arbeitsverhältnissen<br />

ist daher abzulehnen. Erforderlich ist eine Abschaffung<br />

der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen.<br />

Die erfolgte Ausweitung der Befristungsmöglichkeiten für Arbeitsverhältnisse<br />

ist eine indirekte Form der Aushöhlung des<br />

Kündigungsschutzes. Sie hat nachweislich nicht zu einer Verbesserung<br />

der Arbeitsmarktchancen geführt. Das gleiche gilt für den<br />

Ersatz von Arbeitsverträgen durch Werkverträge (Scheinselbstständigkeit).<br />

• Mit dem Auslaufen der Förderung der Alterteilzeit besteht die<br />

Gefahr, dass die Altersteilzeit verstärkt als Instrument zum Stellenabbau<br />

missbraucht wird. Damit die Altersteilzeit wieder stärker<br />

als Beschäftigungsbrücke genutzt und vor allem Ausbildungund<br />

Arbeitsuchende Beschäftigungsperspektiven eröffnet werden<br />

können, muss mit einer neuen Förderung ein Anreiz dafür<br />

geschaffen werden, dass freiwerdende (Teilzeit-)Arbeitsplätze<br />

mit Ausbildung- oder Arbeitssuchenden wiederbesetzt werden.<br />

• Neben der Altersteilzeit bedarf es mittel- und langfristig einer<br />

zielgerichteten Förderung des gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben<br />

in den Ruhestand. Hierzu müssen die im Rentenrecht<br />

bereits vorgesehenen Teilrenten zu einem Alternativmodell für<br />

den gleitenden Ausstieg aus dem Erwerbsleben fortentwickelt<br />

werden.<br />

2. Als Folge der Reformen der Sozialgesetzbücher SGB II und III<br />

hat der Niedriglohnsektor in besorgniserregendem Maß zugenommen.<br />

Nahezu ein Viertel der abhängig Beschäftigten ist im<br />

Niedriglohnsektor tätig. Ein besonders hohes Niedriglohnrisiko<br />

tragen Frauen. Der ausufernde Niedriglohnsektor ist nicht mehr<br />

länger zu verantworten.<br />

• Die Einführung eines bundeseinheitlichen gesetzlichen Mindestlohns<br />

mindestens in der von Deutschen Gewerkschaftsbund<br />

geforderten Höhe als unterste Lohngrenze ist dringend erforderlich.<br />

• Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ hat auch bei<br />

der Leiharbeit ausnahmslos zu gelten.<br />

• Darüber hinaus muss durch die Wiedereinführung des Synchronisationsverbots<br />

bei der Leiharbeit sichergestellt werden, dass<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht nur für die Verleihdauer<br />

eingestellt werden. Es kann nicht hingenommen werden,<br />

dass das Beschäftigungsrisiko der Verleihbetriebe vollumfänglich<br />

auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgewälzt<br />

wird. Das Synchronisationsverbot muss wieder eingeführt werden.<br />

Verleihagenturen müssen gesetzlich verpflichtet werden,<br />

ihre Arbeitgeberpflichten zu erfüllen.<br />

• Die Umgehung der strengeren Regelungen für Leiharbeit durch<br />

die Vergabe von „Werkverträgen“ muß verhindert werden.<br />

• Die Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro Einkommen<br />

muss eingeführt werden. Die Liberalisierung der Mini- und Midijobs<br />

durch die Reformen der Sozialgesetzbücher SGB II und<br />

III hat die Ausdehnung des Niedriglohnsektors erheblich beschleunigt.<br />

Zwei Drittel der geringfügig beschäftigten sind Frauen.<br />

Daher ist sowohl aus arbeitsmarktpolitischen als auch aus<br />

alterssicherungs- und frauenpolitischen Gründen geboten. Der<br />

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der Antragskommission<br />

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fortschreitenden Prekarisierung der Arbeit ist Einhalt zu gebieten<br />

um so die Beschäftigungsnachteile von Frauen zu verringern.<br />

3. Es bedarf einer besseren sozialen Sicherung bei Arbeitslosigkeit.<br />

• Eine Verlängerung der Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld I<br />

(ALG) I kann für eine intensivierte Qualifizierung der Arbeitsuchenden<br />

genutzt werden. Überdies muss die materielle Sicherheit<br />

beim Arbeitslosengeld II verbessert werden. Hierzu bedarf<br />

es insbesondere einer transparenten, bedarfs- und realitätsgerechten<br />

Neubemessung der Regelsätze bei Hartz IV, einer umfassenden<br />

Berücksichtigung der kinderspezifischen Bedarfe sowie<br />

einer auf der Preisentwicklung basierenden Fortschreibung der<br />

Regelsätze. Die weitgehende Pauschalierung der SGB II-Leistungen<br />

muss auf den Prüfstand gestellt werden.<br />

• Die Hinzuverdienstgrenze ist an einen Mindestlohn zu koppeln,<br />

damit der Niedriglohnsektor nicht länger einseitig gefördert wird.<br />

• Auch die Absicherung von Arbeitslosen in der Kranken- und<br />

Rentenversicherung ist vor allem durch höhere Beiträge für ALG<br />

II-Beziehende einzuführen bzw. auszubauen. Für ALG-II-Beziehende<br />

müssen sachgerechte Renten- und Krankenversicherungsbeiträge<br />

entrichtet werden, deren Bemessungsgrundlage sich an<br />

50 % des Durchschnittsverdienstes orientieren sollte. Zusätzlich<br />

ist ein Rentenfreibetrag bei der Grundsicherung notwendig, damit<br />

künftig jeder Beitrag zur Rentenversicherung zu einem Gesamtalterseinkommen<br />

oberhalb des Grundsicherungsniveaus<br />

führt. Auch der Krankenversicherungsbeitrag für den Bezug von<br />

Arbeitslosengeld II muss deutlich angehoben werden. Zurzeit<br />

entlastet sich der Bund auf Kosten der Solidargemeinschaft der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung, die mit ihren Beiträgen die<br />

Krankenversicherungsbeiträge der ALG-II-Beziehenden subventioniert.<br />

Die Finanzierung der Krankenversicherung für ALG-<br />

II-Bezieherinnen und -Bezieher ist eine gesamtgesellschaftliche<br />

Aufgabe und muss daher in vollem Umfang aus Steuermitteln<br />

erfolgen.<br />

4. Um eine erfolgreiche Eingliederung zu gewährleisten, ist es unverzichtbar,<br />

die Bundesagentur für Arbeit als zentrale Behörde<br />

mit dezentralen Einrichtungen zu erhalten. Die Betreuung der<br />

Ausbildung- und Arbeitsuchenden darf nicht betriebswirtschaftlichen<br />

Grundsätzen unterworfen werden.<br />

5. Die Finanzierung der Bundesagentur für Arbeit ist sicherzustellen.<br />

• Für die Zukunft der Bundesagentur für Arbeit (BA) und für eine<br />

wirkungsvolle Arbeitsmarktpolitik sind Ausgaben der BA außerhalb<br />

der beitragsfinanzierten Aufgaben der Arbeitsförderung,<br />

wie z.B. der Eingliederungsbeitrag, zurückzunehmen.<br />

Rund 5 Mrd. Euro zahlt die Bundesagentur derzeit jährlich an den<br />

Bund als Kostenbeteiligung an Aufwendungen für Eingliederungsleistungen<br />

und Verwaltungskosten. Die Finanzierung dieser Fürsorgemaßnahmen<br />

nach dem SGB II obliegen jedoch dem Staat und sind<br />

nicht aus den beitragsfinanzierten Mitteln der BA zu begleichen.<br />

6. Die Gleichstellung von erwerbstätigen Frauen ist endlich umzusetzen.<br />

• Um dies zu erreichen, ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz<br />

(AGG) weiterzuentwickeln und durch die Schaffung eines<br />

Gesetzes zur Entgelt- und Chancengleichheit in der Privatwirtschaft<br />

und im öffentlichen Dienst zu ergänzen. Ein ausdrückliches<br />

Verbot der Entgeltdiskriminierung ist notwendig, ebenso<br />

die gesetzliche Verpflichtung der Tarifvertragsparteien zu diskriminierungsfreien<br />

Arbeitsplatzbewertungen. Für Aufsichtsräte<br />

und andere Aufsichtsgremien im privaten wie im öffentlichen<br />

Bereich ist eine Quotierung von 50% vorzuschreiben. Eine gesetzlich<br />

festgelegte Quote von 50% für alle Führungsebenen<br />

deutscher Unternehmen ist einzuführen und damit auch die Privatwirtschaft<br />

gesetzlich an die Gleichstellungspolitik zu binden.<br />

// Bislang sind Diskriminierungen rechtlich gesehen individuelle<br />

Probleme der Betroffenen. Deshalb ist ein Verbandsklagerecht<br />

zwingend erforderlich.<br />

• Die gleichstellungsspezifischen Belange des Arbeitsmarktgeschehens<br />

innerhalb einer Kommune oder Gebietskörperschaft<br />

sind aufeinander abzustimmen. Eine enge Zusammenarbeit und<br />

42


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Vernetzung der Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt<br />

bei den gemeinsamen Einrichtungen von BA und Kommunen<br />

mit den kommunalen Frauen-/Gleichstellungsbeauftragten<br />

ist erforderlich, um so die Arbeitsmarktpolitik in der gesamten<br />

Kommune, also auch für Frauen, die nicht Leistungen nach dem<br />

SGB beziehen, Existenzgründung, Berufswahlorientierung usw.<br />

ins Blickfeld zu ziehen.<br />

Um dies zu gewährleisten, ist die Stellung der Beauftragten für<br />

Chancengleichheit in den gemeinsamen Einrichtungen zu stärken,<br />

d. h. die Funktion ist fachlich weisungsunabhängig in Sinne einer<br />

üblichen Beauftragung auszugestalten. Zudem sind ihnen stärkere<br />

Beteiligungs-, Anhörungs-, Informations- und Widerspruchsrechte<br />

einzuräumen, vor allem ein gesetzliches Beteiligungsrecht in den<br />

Trägerversammlungen und in den örtlichen Beiräten.<br />

• Die Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege und<br />

Beruf innerhalb und außerhalb der Betriebe müssen deutlich<br />

verbessert werden. Es bedarf eines ausreichenden Angebots an<br />

flexiblen, familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen und Qualifizierungsangeboten.<br />

• Der Rechtsanspruch auf Freistellung, finanzielle und soziale Absicherung<br />

während einer häuslichen Pflegetätigkeit ist im Pflegezeitgesetz<br />

zu verankern.<br />

• Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung der Kinder ist endlich<br />

umzusetzen und muss – beitragsfrei – an die Arbeitszeiten<br />

der Eltern angepasst sein.<br />

• Die Partnermonate beim Elterngeld sind zu verdoppeln und auf<br />

partnerschaftliche Elternzeitmodelle auszudehnen.<br />

Dies alles sind Maßnahmen, die die <strong>SPD</strong> seit langem fordert und<br />

für dringend erforderlich hält. Eine Umsetzung dieser Forderungen<br />

und Vorschläge führt zu einer besseren Sicherung von Beschäftigung<br />

und mehr sozialem Schutz bei Arbeitslosigkeit. Es sind dringende<br />

Maßnahmen, die vorrangig und unerlässlich sind, um die Arbeitsmarktsituation<br />

und Beschäftigungsperspektiven insbesondere<br />

von Frauen zu verbessern und eine drohende massenhafte Altersarmut<br />

zu verhindern.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 55<br />

Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />

Modernisierung des<br />

Betriebsverfassungsgesetzes<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />

Das Betriebsverfassungsgesetz besteht seit über 60 Jahren und beweist,<br />

dass die Mitbestimmung ein wirtschaftlicher Erfolg ist. Zuletzt<br />

wurde es 2001 reformiert und wird den wesentlichen Veränderungen<br />

in der Arbeitswelt nicht ausreichend gerecht. Dies betrifft<br />

im Besonderen mehr Rechte bei wirtschaftlichen Entscheidungen,<br />

Mitbestimmung beim Einsatz von Leiharbeitnehmern und Werkverträgen<br />

sowie mehr Mitbestimmung bei der Personalplanung<br />

insgesamt und der Weiterbildung der Beschäftigten, besonders der<br />

älteren Beschäftigten.<br />

Ar55<br />

Modernisierung des<br />

Betriebsverfassungsgesetzes<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

43


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 56<br />

Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />

Änderung Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />

Die <strong>SPD</strong> soll politisch Einfluss nehmen, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />

dahingehend geändert wird, dass befristete Arbeitsverträge<br />

mit Sachgrund maximal zweimal verlängert werden dürfen,<br />

wobei die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses insgesamt<br />

fünf Jahre nicht überschreiten darf.<br />

Ar56<br />

Änderung Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 57<br />

Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />

Ausbau und Stärkung des<br />

Kündigungsschutzgesetzes<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />

Die <strong>SPD</strong> soll sich dafür einsetzen, dass das Kündigungsschutzgesetz<br />

ausgebaut und gestärkt wird.<br />

Ar57<br />

Ausbau und Stärkung des<br />

Kündigungsschutzgesetzes<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 58<br />

Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />

Eingrenzung der Leiharbeit<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />

Die grundsätzliche Idee und Eigenschaft von Leiharbeit wurde in<br />

der zurückliegenden Zeit massiv ausgeweitet und überzogen. Deshalb<br />

fordern wir, die Leiharbeit wieder auf ihre ursprüngliche Form<br />

zurückzuführen und diese auf maximal 12 Monate zu begrenzen.<br />

Zusätzlich müssen vom Gesetzgeber die Einsatzkarten neu definiert<br />

und gerecht werden. Außerdem muss für Leiharbeitnehmer<br />

der gleiche Lohn gezahlt werden wie für das Stammpersonal.<br />

Ar58<br />

Eingrenzung der Leiharbeit<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

50<br />

55<br />

60<br />

Antragsbereich Ar<br />

Antrag 59<br />

Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />

Änderung Jugendarbeitsschutzgesetz<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />

Die <strong>SPD</strong> soll sich für eine Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes<br />

einsetzen, so dass alle Passagen des Gesetzes auch für Auszubildende<br />

Gültigkeit haben. Zusätzlich darf keine weitere Aufweichung<br />

des Gesetzes stattfinden.<br />

Ar59<br />

Änderung Jugendarbeitsschutzgesetz<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

65<br />

44


Außen-, Sicherheits- und<br />

Entwicklungspolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 1<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Für den Frieden und gegen Gewalt! -<br />

Waffenexporte aus Deutschland und der<br />

EU stoppen<br />

Die deutsche Volkswirtschaft ist traditionell eine exportorientierte.<br />

In vielen Bereichen sind deutsche Produkte weltweit stark nachgefragt.<br />

Mittlerweile gehören zu einer solchen Gruppe auch Waffen<br />

und Rüstungsgüter. Deutschland ist zum weltweit drittgrößten Exporteur<br />

von Rüstungs- und Kriegsgütern geworden. Für uns Sozialdemokratinnen<br />

und Sozialdemokraten ein alarmierendes Zeichen,<br />

auch für den Wandel des außenpolitischen Selbstverständnisses der<br />

Bundesrepublik Deutschland.<br />

War dieses Selbstverständnis nach den schrecklichen Erfahrungen<br />

des 20. Jahrhunderts von einer Zurückhaltung geprägt, hat es sich<br />

nach dem Ende des Ost-West-Konflikts und der Teilung Deutschlands<br />

einem immer stärkeren Wandel unterzogen. Der Politikwissenschaftlicher<br />

Herfried Münkler spricht dabei auch von Deutschland<br />

als mittlerweile „selbstbewusster Mittelmacht“. Zwar mag<br />

Münklers Grundthese, nach der Deutschland seine Außenpolitik<br />

vor allem an den Prämissen eines soft-power-Ansatzes orientiert,<br />

trotz vieler internationaler militärischer Einsätze in den letzten<br />

Jahren und Jahrzehnten, immer noch zutreffend sein, doch zeigen<br />

gerade solche Einsätze auch, dass auch hier die deutsche Außenpolitik<br />

einen fortwährenden Wandel vollzieht.<br />

Ausdruck dieses Wandels ist auch die zunehmende Zahl an Exporten<br />

von Waffen- und Kriegsgütern. Mischt Deutschland insofern<br />

zwar nicht immer als Akteur unmittelbar in (z.T. bewaffneten)<br />

Konflikten mit, so bezieht es durch das Exportieren von Waffen<br />

dennoch Positionen.<br />

Wir als <strong>SPD</strong> sind zudem sehr empört darüber, dass der neue bundesrepublikanische<br />

Ansatz in der Außenpolitik nicht mehr nur<br />

auf rein politischen Erwägungen beruht, sondern zunehmend vor<br />

allem auch wirtschaftliche Ziele im Mittelpunkt stehen. Die deutsche<br />

Volkswirtschaft im Gesamten profitiert von dem Export von<br />

Waffen und Kriegsgütern über Maßen. Wir als Sozialdemokratinnen<br />

und Sozialdemokraten sehen es sehr kritisch, dass wir unseren<br />

Wohlstand zunehmend auch durch den Verkauf totbringender Waren<br />

erwirtschaften.<br />

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen zu einer<br />

friedensicherenden und antimilitaristischen Außenpolitik. Unser<br />

außenpolitisches Mittel ist die Diplomatie und die Förderung von<br />

Frieden weltweit. Die Verschärfung von manifesten, oder auch latenten<br />

Konflikten durch die Lieferungen von Waffen in Krisenregionen<br />

ist daher aufs Schärfste zu verurteilen. Wir fordern daher<br />

als Sofortmaßnahme endlich mehr Transparenz und Kontrolle bei<br />

Waffenexporte. Diese müssen wir über eine ausgeweitete parlamentarische<br />

Beteiligung in der Frage von Exportentscheidungen<br />

sicherstellen. Der Deutsche Bundestag muss über die Entscheidung<br />

über die Auslieferung von Waffen stimmberechtigt eingebunden<br />

werden. Die Überwachung der deutschen Ausfuhrregelungen erachten<br />

wir zudem als unzureichend und fordern daher die Bundesregierung<br />

auf, die bisherigen Regelungen und den Endverbleib insbesondere<br />

von Kleinwaffen stärker zu überwachen.<br />

Darüber hinaus fordern wir als <strong>SPD</strong> die Mitgliedstaaten der Europäischen<br />

Union dazu auf, sich gemeinsam auf striktere Exportregelungen<br />

zu einigen. Die EU muss ihrem Friedensversprechen nach<br />

Innen auch endlich sichtbar nach Außen gerecht werden!<br />

Den Schlüssel zu einer erfolgreichen und durchsetzungsfähigen exportbeschränkenden<br />

Politik im Bereich der Waffenexporte, sehen<br />

wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der Schaffung<br />

von Anreizen zur Konversion bestehender Rüstungsproduktion auf<br />

zivile Güter. Hierzu sollten von staatlicher und europäischer Seite<br />

A1<br />

Für den Frieden und gegen Gewalt! -<br />

Waffenexporte aus Deutschland und der<br />

EU stoppen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

46


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Anreizprogramme für die Wirtschaft initiiert werden, die sich zum<br />

Ziel setzen die in diesem Wirtschaftsbereich bestehenden Beschäftigungsverhältnisse<br />

auch nach der Einführung von Exportbeschränkungen<br />

zu sichern.<br />

Frieden ist ein Wert, der uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

besonders verpflichtet. Wir dürfen deshalb nicht länger<br />

zusehen, wie sich reiche Industrienationen, wie Deutschland, mit<br />

dem Export von Kriegsgütern zu Lasten vieler krisenbehafteter Regionen<br />

und deren Menschen, die nicht in Frieden leben, bereichern.<br />

Internationale Solidarität heißt, sich offensiv für den Frieden stark<br />

zu machen und entsprechend den Entwicklungen, die diesem Ziel<br />

entgegenstehen, entschieden entgegen zu treten!<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 2<br />

Unterbezirk Kassel-Stadt (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Rüstungsexport - Änderung des<br />

Grundgesetzes<br />

Die <strong>SPD</strong> begrüßt die einhellige inhaltliche Ablehnung des Exports<br />

von Leopard Panzern nach Saudi-Arabien durch die <strong>SPD</strong> – Bundestagsfraktion.<br />

Die <strong>SPD</strong> kritisiert die Lieferung von Fuchs- Panzern nach Algerien.<br />

Die Einwände, die gegen eine Lieferung von Leopard Panzern<br />

nach Saudi Arabien sprechen, sprechen auch gegen eine Lieferung<br />

nach Algerien. Algerien ist ein Land des latenten Bürgerkriegs.<br />

Die <strong>SPD</strong> ruft ihre Mitglieder und alle Bürgerinnen und Bürger auf,<br />

ihren Protest gegen die Lieferung von Panzern friedlich zum Ausdruck<br />

zu bringen und an friedlichen Protestaktionen teilzunehmen.<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert, ein Verbot des Rüstungsexports durch Änderung<br />

des Art 26.2 GG in der festgelegt wird, das Kriegswaffen und Rüstungsgüter<br />

nicht exportiert werden mit Ausnahme in die Staaten<br />

der NATO.<br />

Solange eine grundgesetzliche Regelung nicht möglich, sollte eine<br />

einzelgesetzliche Regelung geschaffen werden, die ebenfalls nur<br />

den Rüstungsexport in NATO-Staaten zulässt.<br />

Als Zwischenlösungen sind möglich:<br />

• Übernahme der Normen des Außenwirtschaftsgesetzes und der<br />

Politischen Grundsätze der Bundesregierung in das Kriegswaffenkontrollgesetz<br />

• Verbot des Exports von Kleinwaffen (Pistolen, Gewehre, Maschinenwaffen)<br />

• Keine Lizenzvergabe und kein Export von Waffenfabriken<br />

• keine Hermesbürgschaften für Rüstungsexporte<br />

• Bei Rüstungsexporten in NATO Staaten vertraglich vereinbarte<br />

Inspektionen, um den Endverbleib der exportierten Rüstungsgüter<br />

sicherzustellen<br />

• Vierteljährlicher Rüstungsexportbericht<br />

• Parlamentsbeschluss für jeden Rüstungsexport statt Geheimbeschluss<br />

im Bundessicherheitsrat<br />

A2<br />

Rüstungsexport - Änderung des<br />

Grundgesetzes<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

47


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 3<br />

Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />

Die Umsetzung der UN-Sicherheitsrats-<br />

Resolution 1325 in Deutschland zum<br />

Schutz von Frauen in Kriegen<br />

Die UN-Resolution 1325 ist ein wichtiger Meilenstein für die feministische<br />

Friedenspolitik. Zum ersten Mal in der Geschichte der<br />

Vereinten Nationen hat der UN-Sicherheitsrat einen völkerrechtlich<br />

bindenden Beschluss gefasst, der Frauen an Entscheidungen über<br />

Krieg und Frieden beteiligt und die Geschlechterperspektive berücksichtigt.<br />

Die UN-Resolution 1325 wurde am 31. Oktober 2000<br />

einstimmig vom UN-Sicherheitsrat verabschiedet.<br />

Unter anderem fordert die Resolution 1325:<br />

• diejenigen zu verfolgen, die Kriegsverbrechen an Frauen begehen,<br />

• Frauen und Mädchen in Kriegsgebieten besonders zu schützen,<br />

• mehr Frauen bei friedensschaffenden Missionen einzusetzen,<br />

• Frauen verstärkt an Friedensverhandlungen, Mediation und Wiederaufbau<br />

zu beteiligen.<br />

In der von Männern dominierten Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

werden die Perspektiven von Frauen auf Konfliktprävention,<br />

Konfliktlösung und Friedensbildung häufig nicht berücksichtigt,<br />

obwohl Frauen und Mädchen als Teil der Zivilbevölkerung überproportional<br />

stark von Kriegen und bewaffneten Konflikten betroffen<br />

sind. Frauenorganisationen arbeiten seit langer Zeit daran, die Perspektiven<br />

von Frauen in die internationale Sicherheitspolitik einzubringen.<br />

Bereits im Jahre 1915 versammelten sich die Mitglieder<br />

der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF) in<br />

Den Haag, um gegen den Ersten Weltkrieg zu protestieren.<br />

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts steht die herausragende Bedeutung<br />

von Frauen in der Befriedung und dem Wiederaufbau von Konfliktregionen<br />

sowie die Notwendigkeit eines besonderen Schutzes<br />

von Frauen in Krisenzeiten nicht mehr zur Diskussion: Mehrere<br />

internationale Dokumente und Abkommen zur Rolle von Frauen<br />

in bewaffneten Konflikten und Postkonfliktphasen wurden verabschiedet.<br />

In der europäischen Politik spielen der Schutz sowie die<br />

Teilhabe von Frauen nicht nur im Sicherheits- und Verteidigungssektor,<br />

sondern auch in diversen anderen Bereichen der EU-Außenpolitik<br />

eine Rolle – so z.B. in der humanitären Hilfe, der Entwicklungszusammenarbeit<br />

oder im Menschenrechtsschutz.<br />

Die UN SC Res 1325 wird insofern als „roter Faden“ für ein Gesamtkonzept<br />

dringend benötigt“<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für ein Gesamtkonzept<br />

zur Umsetzung der UN-Sicherheitsrats-Resolution<br />

1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit einzusetzen, das folgenden<br />

Anforderungen gerecht wird:<br />

• Sensibilisierungs-Trainings deutscher Soldaten über Zwangsprostitution<br />

als Menschenrechtsverletzung zu veranlassen und dabei<br />

das NATO-Trainings-Handbuch „Trafficking In Human Beings<br />

für das Militär“ zugrunde zu legen;<br />

• einen strikt zu befolgenden Verhaltenskodex und ein Beobachtungssystem,<br />

das an eine ranghohe Stelle innerhalb des Militärs<br />

angebunden ist, insbesondere für Auslandseinsätze einzuführen;<br />

• Soldaten, die in Auslands- und anderen Einsätzen gegen Menschen-<br />

bzw. Frauenrechte verstoßen, ausnahmslos auch strafrechtlich<br />

zu verfolgen und in keine weiteren Einsätze mehr zu<br />

entsenden;<br />

• einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN SC Res<br />

1325 mit nachhaltiger und verbindliche Umsetzungsvorgaben<br />

einzuführen, der intersektorale und aufeinander abgestimmte Konzepte<br />

zur Unterstützung von Frauen in bewaffneten Konflikten,<br />

vor allem für Überlebende von sexualisierter Gewalt, vorweist.<br />

A3<br />

Die Umsetzung der UN-Sicherheitsrats-<br />

Resolution 1325 in Deutschland zum<br />

Schutz von Frauen in Kriegen<br />

Annahme<br />

48


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 4<br />

Landesverband Berlin<br />

Die Umsetzung der UN-Sicherheits-<br />

Resolution 1325 in Deutschland zum<br />

Schutz von Frauen in bewaffneten<br />

Konflikten und Kriegen<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für ein Gesamtkonzept<br />

zur Umsetzung der UN-Sicherheitsrats-Resolution<br />

1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit einzusetzen, das folgenden<br />

Anforderungen gerecht wird:<br />

• Sensibilisierungs-Trainings deutscher Soldaten über Zwangsprostitution<br />

als Menschenrechtsverletzung zu veranlassen und dabei<br />

das NATO-Trainings-Handbuch „Trafficking In Human Beings<br />

für das Militär“ zugrunde zu legen;<br />

• einen strikt zu befolgenden Verhaltenskodex und ein Beobachtungssystem,<br />

das an eine ranghohe Stelle innerhalb des Militärs<br />

angebunden ist, insbesondere für Auslandseinsätze einzuführen;<br />

• Soldaten, die in Auslands- und anderen Einsätzen gegen Menschen-<br />

bzw. Frauenrechte verstoßen, ausnahmslos auch strafrechtlich<br />

zu verfolgen und in keine weiteren Einsätze mehr zu<br />

entsenden;<br />

• einen nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN SC Res<br />

1325 mit nachhaltiger und verbindliche Umsetzungsvorgaben<br />

einzuführen, der intersektorale und aufeinander abgestimmte<br />

Konzepte zur Unterstützung von Frauen in bewaffneten Konflikten,<br />

vor allem für Überlebende von sexualisierter Gewalt, vorweist.<br />

A4<br />

Die Umsetzung der UN-Sicherheits-<br />

Resolution 1325 in Deutschland zum<br />

Schutz von Frauen in bewaffneten<br />

Konflikten und Kriegen<br />

Erledigt durch A3<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 5<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt<br />

Bedingungen für die Verlängerung des<br />

ISAF-Mandats in Afghanistan<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion hat den substantiellen Beginn des<br />

Abzugs der Bundeswehrtruppen zur Voraussetzung für die Verlängerung<br />

des ISAF-Mandats am 13. Januar 2011 erklärt. Bundesaußenminister<br />

Guido Westerwelle hat dies Ende September ausgeschlossen<br />

und einen vorzeitigen Abzug der deutschen Truppen aus<br />

Afghanistan abgelehnt. Dies reiht sich in das bisherige Handeln der<br />

schwarz-gelben Bundesregierung ein, das eher einen Verbleib denn<br />

einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan vermuten lässt.<br />

Der verantwortliche Abzug der Bundeswehr ist ohne Alternative.<br />

Schließlich kann der Einsatz im Afghanistan keine Dauereinrichtung<br />

der Staatengemeinschaft sein. Dies ist eine Haltung, die von<br />

den ISAF-Partnern geteilt wird. Die Bundesrepublik kann keine<br />

Alleingänge in der Staatengemeinschaft unternehmen. Hier hat das<br />

dilettantische und verantwortungslose Agieren der schwarz-gelben<br />

Bundesregierung im Falle der Libyen-Intervention schon erheblichen<br />

Schaden angerichtet.<br />

Solche Handlungsweisen gefährden zum einen die Reputation und<br />

die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik als verlässlichem Partner<br />

auf dem internationalen Parkett und zum anderen die Legitimation<br />

von Bundeswehreinsätzen gegenüber der Bevölkerung in der Bundesrepublik.<br />

Eine solche Politik kann die <strong>SPD</strong> nicht mittragen und<br />

verständigt sich auf folgende Punkte:<br />

1. Die <strong>SPD</strong> spricht sich für einen schnellstmöglichen Rückzug der<br />

Bundeswehrtruppen aus Afghanistan aus. Der Rückzug soll 2014<br />

A5<br />

Bedingungen für die Verlängerung des<br />

ISAF-Mandats in Afghanistan<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und Kommission Internationale<br />

Politik beim <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

49


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

abgeschlossen sein. Die <strong>SPD</strong> anerkennt die Verantwortung der<br />

Bundesrepublik – sowohl gegenüber den zivilen Aufbauhelfern<br />

und den Angehörigen der Bundeswehr in Afghanistan, als auch<br />

gegenüber der afghanischen Zivilbevölkerung – für ein vernünftiges<br />

Abzugsszenario. Das schließt den übereilten Abzug des gesamten<br />

deutschen Truppenkontingents aus.<br />

2. Die <strong>SPD</strong> fordert die Bundesregierung auf, ihre Zusage für den<br />

Beginn des Abzugs deutscher Truppen im Jahr 2011 einzuhalten<br />

und einen konkreten Abzugsplan bis 2014 vorzulegen.<br />

3. Die <strong>SPD</strong> ist eine Partei, die für Menschenrechte und Frieden<br />

steht. Gerade deshalb muss sie ihr Verhältnis zu militärischen<br />

Interventionen im Rahmen von UN-Mandaten grundsätzlich<br />

klären. Dabei ist jenseits tagespolitisch-taktischer Erwägungen<br />

grundsätzlich zu klären, unter welchen konkreten Bedingungen<br />

die <strong>SPD</strong> Auslandseinsätze der Bundeswehr unterstützt werden.<br />

Der Parteivorstand wird beauftragt, diese Diskussion anzustoßen<br />

und zu strukturieren.<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 6<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Asyl für afghanische Dolmetscher<br />

Deutschland hat sich im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern<br />

des NATO und ISAF Einsatzes in Afghanistan nicht dazu<br />

entschlossen, afghanischen Dolmetschern die die Bundeswehr in<br />

Kampfeinsätzen vor Ort unterstützt haben, auf Wunsch Asyl zu<br />

gewähren. Dies ist besonders problematisch für Afghanen, die in<br />

Kampfeinsätze verwickelt waren. Diese Gruppe muss in den meisten<br />

Fällen um ihr Leben fürchten. Sie und ihre Familien werden<br />

von den Aufständischen und/oder den Taliban mit Gewalt bedroht.<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />

Dolmetscher, die die Bundeswehr in Afghanistan unter Einsatz ihres<br />

Lebens unterstützt haben, sollen in Deutschland zusammen mit<br />

ihren Familien Asyl erhalten. Es handelt sich dabei um eine Gruppe<br />

von 700- 900 Personen, deren Leben in Afghanistan konkret gefährdet<br />

ist.<br />

A6<br />

Aufnahme afghanischer Ortskräfte<br />

Annahme in geänderter Fassung<br />

Deutschland ist im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern des<br />

NATO-geführten ISAF-Einsatzes in Afghanistan sehr zögerlich, afghanischen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Wunsch die Aufnahme<br />

in Deutschland zu gewähren. Vor dem Hintergrund, dass<br />

besonders diese Gruppe nach Beendigung des ISAF-Einsatzes von<br />

Aufständischen und Taliban bedroht wird und um ihr Leben fürchten<br />

muss, muss die Bundesregierung die aktuelle Praxis zur Aufnahme<br />

von afghanischen Ortskräften und ihren Familien ändern.<br />

Der Bundesparteitag beschließt:<br />

Afghanische Ortskräfte, die für die Bundeswehr in Afghanistan<br />

arbeiteten und deren Sicherheit und Leben nach Beendigung des<br />

ISAF-Einsatzes bedroht sind, sollen zusammen mit ihren Familien<br />

in Deutschland eine Aufnahme angeboten bekommen.<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 7<br />

11/05 Friedrichsfelde (Landesverband Berlin)<br />

Aufnahme afghanischer Helfer/innen<br />

und ihrer Familien in Deutschland<br />

sichern<br />

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestages und im gegebenen<br />

Fall auch der kommenden Bundesregierung setzen sich<br />

dafür ein, in Vorbereitung des Abzuges der Bundeswehr aus Afghanistan<br />

eine Einreise- und Aufnahmeregelung für die einheimischen<br />

Helfer/innen der Polizei, Bundeswehr, deutscher Stiftungen und<br />

NGO’s zu schaffen, die ihnen und ihren Familien ohne Beweispflicht<br />

einer individuellen Bedrohungs- oder Verfolgungssituation<br />

Aufnahme und Schutz in Deutschland bietet.<br />

A7<br />

Aufnahme afghanischer Helfer/innen<br />

und ihrer Familien in Deutschland<br />

sichern<br />

Erledigt durch Annahme von A6 in der Fassung der Antragskommission<br />

65<br />

50


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 8<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Den Nahost-Friedensprozess unterstützen<br />

Aktuelle Friedensgespräche als Chance<br />

Nach fast vierjähriger Unterbrechung sind im Juli 2013 Friedensgespräche<br />

zwischen der israelischen und palästinensischen Regierung<br />

aufgenommen worden. Wir begrüßen diese Initiative der<br />

Verhandlungspartner und US-Präsidenten Barack Obama, unterstützt<br />

durch Außenminister John Kerry. Wir begrüßen die Wiederaufnahme<br />

von Verhandlungen und hoffen auf Ergebnisse für einen<br />

dauerhaften Frieden im Nahostkonflikt. Wichtig ist, dass politische<br />

Verhandlungen zu sichtbaren Verbesserungen der Lebensumstände<br />

der Menschen in der Region führen, um das Vertrauen in den Dialog<br />

zu stärken. Bringen die Verhandlungen keine Verbesserungen<br />

für Menschen, werden die Zweifel an Sinn von Verhandlungen auf<br />

beiden Seiten wachen, was eine Gefahr für die Zukunft darstellt.<br />

Die <strong>SPD</strong> wird den Nahost-Friedensprozess mit allen Kräften unterstützen.<br />

Unser zentrales Ziel ist und bleibt dabei eine Zwei-<br />

Staaten-Lösung. Wir wollen ein Israel, das in Frieden, Sicherheit<br />

und in von seinen Nachbarn anerkannten Grenzen lebt – und einem<br />

lebensfähigen palästinensischen Staat, in dem die Menschen eine<br />

lebenswerte Zukunft in Sicherheit und Frieden haben. Die Friedensgespräche<br />

eröffnen die Chance auf eine einvernehmliche und<br />

dauerhafte Lösung der Endstatusfragen des Nahostkonflikts. Für<br />

unerlässlich halten wir hierfür einen Stopp des Siedlungsbaus, der<br />

eine friedliche politische Lösung nachhaltig gefährdet.<br />

Politische Verhandlungen können eine Lösung für den Status von<br />

Jerusalem als künftige Hauptstadt beider Staaten entwickeln.<br />

Diplomatische Aufwertung als Konsequenz des Staatsaufbaus<br />

Die Aufwertung des diplomatischen Status Palästinas mit der Anerkennung<br />

als „non member state“ durch die Vereinten Nationen<br />

im Jahr 2012 war aus unserer Sicht ein wichtiges Bekenntnis der<br />

internationalen Gemeinschaft zur Zwei-Staaten-Lösung. Sie war<br />

ein Fortschritt auf dem Weg zu Staatlichkeit und Selbstbestimmung<br />

der Palästinenserinnen und Palästinenser und nicht zuletzt wichtig,<br />

um Palästina als gleichrangigen Verhandlungspartner in die Verantwortung<br />

zu nehmen. Dieser Schritt war eine Konsequenz aus dem<br />

mehrjährigen Staatsaufbauprozess in den palästinensischen Gebieten,<br />

der sich unter anderem auf die Bereiche von Regierungsinstitutionen,<br />

Infrastruktur, Sozialpolitik und Wirtschaftsförderung erstreckte<br />

und durch den die völkerrechtlichen Voraussetzungen zur<br />

Staatlichkeit erreicht wurden. Dieser Prozess muss von der Bundesrepublik<br />

weiter unterstützt werden, um die Lebensverhältnisse<br />

der Menschen in der Region zu verbessern und ihre Sicherheit zu<br />

gewährleisten.<br />

Einer Aufnahme eines palästinensischen Staates in die Staatengemeinschaft<br />

der Vereinten Nationen stehen wir ebenfalls positiv gegenüber.<br />

Sozialdemokratische Antworten auf den Konflikt<br />

Die außenpolitische Stärke der Sozialdemokratie liegt in internationaler<br />

Partnerschaft. Gemeinsam mit Schwesterparteien in Israel<br />

und Palästina teilen wir die Werte der Freiheit, Gerechtigkeit und<br />

Solidarität. Wir sind überzeugt von der wichtigen Rolle progressiver<br />

politischer Kräfte für Fortschritt im Friedensprozess. Deshalb<br />

befinden wir uns in intensivem Austausch und Dialog mit der israelischen<br />

Arbeitspartei, der Meretz-Partei und der Fatah.<br />

Gerade der Austausch mit Partnern vor Ort zeigt uns: einseitige<br />

Positionierungen in Fragen des Nahost-Konflikts sind der falsche<br />

Weg. Hiermit werden der Konflikt weiter geschürt, Realitäten falsch<br />

wahrgenommen sowie Diskussionen unterbunden. Vielmehr setzten<br />

wir uns mit den gesellschaftlichen Realitäten vor Ort auseinander.<br />

Die Frage der sozialen Gerechtigkeit spielt eine zentrale Rolle in<br />

Israel und Palästina. Dies hat unter anderem die international beach-<br />

A8<br />

Den Nahost-Friedensprozess unterstützen<br />

Überweisung an Kommission Internationale Politik beim <strong>SPD</strong>-<br />

Parteivorstand<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

51


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

tete soziale Protestbewegung in Israel unter Beweis gestellt. Doch<br />

auch in den palästinensischen Gebieten sind Menschen für soziale<br />

Gerechtigkeit auf die Straße gegangen. Sie demonstrierten gegen<br />

die Nichtauszahlung von Gehältern im öffentlichen Dienst und steigende<br />

Lebenshaltungskosten. Eine Besonderheit ist hier, dass die<br />

palästinensische Autonomiebehörde heute zur Verbesserung der Lebensverhältnisse<br />

in hohem Maße von Israel und der internationalen<br />

Gemeinschaft abhängig ist. Durch die seit bald 50 Jahre andauernde<br />

Besatzung ist die ökonomische und humanitäre Situation in den<br />

palästinensischen Gebieten nach wie vor ein großes Problem. Vor<br />

allem die Situation der sogenannten C-Gebiete im Westjordanland,<br />

die seit dem Oslo-Abkommen ausschließlich unter israelischer Verwaltung<br />

stehen, stellt eine Belastung für die wirtschaftliche Situation<br />

dar. Dadurch, dass der palästinensischen Autonomiebehörde 60<br />

Prozent des Gebietes des Westjordanlandes faktisch versperrt bleibt,<br />

ist die wirtschaftliche Entwicklung dort eingeschränkt. Dazu beizutragen,<br />

hier Verbesserungen zu erwirken, ist uns ein wichtiges Anliegen.<br />

Darüber hinaus darf jedoch nicht vergessen werden, dass ein<br />

Ziel der Friedensverhandlungen sein muss, die Besatzungssituation<br />

zu beenden und der palästinensischen Regierung die Verantwortung<br />

für ihr künftiges Staatsgebiet zu übertragen.<br />

Siedlungspolitik<br />

Die israelische Siedlungspolitik stellt ein dauerhaftes Risiko für<br />

den Nahost-Friedensprozess dar. Aufgabe internationaler Partner<br />

ist es, auf einen Siedlungs-Stopp zu drängen. Hierzu muss insbesondere<br />

auf Ebene der Europäischen Union eine Verständigung<br />

über politische Handlungsmöglichkeiten stattfinden. Klar ist für<br />

uns: Aufrufe zu Boykott und Isolation sind für die Sozialdemokratie<br />

kein Ansatz für politischen Fortschritt. Sie sind wirtschaftlich<br />

und politisch nicht wirksam und können geeignet sein, auch ungewollt,<br />

antisemitische Ressentiments in Europa zu schüren. Nicht<br />

zuletzt wirken derartige Bewegungen dem Kontakt zwischen Israelis<br />

und Palästinensern entgegen und schwächen damit progressive<br />

Kräfte auf beiden Seiten. Derartige Kampagnen sind mit unseren<br />

Überzeugungen unvereinbar.<br />

Vielmehr wird es darum gehen, in der bilateralen Zusammenarbeit<br />

zwischen der Europäischen Union und Israel geltende Handelsabkommen<br />

und europäisches Recht umzusetzen. Zollvergünstigungen<br />

für israelische Produkte können nicht auf Waren Anwendung<br />

finden, die in Siedlungen in den palästinensischen Gebieten produziert<br />

wurden. Derartige Produkte dürfen gegenüber Verbrauchern<br />

auch nicht als Produkte aus israelischer Produktion dargestellt<br />

werden. Entsprechende Bestrebungen der europäischen Union, europäisches<br />

Recht und zwischenstaatliche Vereinbarungen effektiv<br />

umzusetzen, unterstützen wir.<br />

Friedenspolitik im Sinne Willy Brandts<br />

Unsere Stärke ist der Dialog zwischen progressiven Kräften. Willy<br />

Brandt war der Überzeugung, dass Wandel durch Annäherung<br />

gelingt. Wir sind der Überzeugung, dass Frieden durch Annäherung<br />

gelingen kann. Frieden setzt Vertrauen voraus, Vertrauen setzt<br />

Verständnis voraus. Ein dauerhafter Frieden setzt nicht nur die<br />

Bereitschaft der Regierungen voraus, sondern viel mehr die Unterstützung<br />

der Gesellschaft. Konfrontation oder Gewalt stellen keine<br />

Wege zum Frieden dar.<br />

Deshalb treten wir für Friedensförderung und Konflikttransformation<br />

ein. Der Zivile Friedensdienst hat sich gerade in der Region<br />

des Nahen Ostens bewährt und soll wieder gestärkt werden.<br />

Wir setzen weiterhin auf die Partnerschaft mit den Genossinnen<br />

und Genossen unserer Schwesterparteien in Israel und den palästinensischen<br />

Gebieten.<br />

Besonders wichtig ist uns auch die Arbeit des Willy-Brandt-Centers<br />

in Jerusalem. Bereits seit 1996 arbeiten hier politisch aktive,<br />

junge Menschen aus Israel, Palästina und Deutschland zusammen,<br />

um gemeinsam für Fortschritt und gesellschaftliche Mehrheiten zu<br />

streiten. Diese Arbeit, die sich der Partnerschaft und internationalen<br />

Solidarität verpflichtet, wollen wir weiterhin unterstützten.<br />

52


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 9<br />

11/05 Friedrichsfelde (Landesverband Berlin)<br />

Auslandseinsätze der Bundeswehr<br />

- Parlamentsvorbehalt stärken,<br />

Zustimmungserfordernis im Grundgesetz<br />

verankern<br />

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Deutschen Bundestages<br />

werden zur Erarbeitung einer grundgesetzlichen Grundlage für<br />

den Einsatz von bewaffneten und unbewaffneten Streitkräften im<br />

Ausland aufgefordert. Eine vorherige Zustimmung zum Einsatz bewaffneter<br />

Streitkräfte im Ausland ist hierbei durch Beschluss des<br />

Deutschen Bundestages mit den Stimmen von 2/3 seiner Mitglieder,<br />

eine Zustimmung zum sonstigen Einsatz von Streitkräften im<br />

Ausland durch Beschluss des Deutschen Bundestages einzuholen.<br />

Das Parlamentsbeteiligungsgesetz (ParlBG) ist dementsprechend<br />

abzuändern. Eine Beschlussfassung des Deutschen Bundestages<br />

für den Einsatz von Streitkräften im Ausland soll hierbei – neben<br />

der Beantragung durch die Bundesregierung – auch auf Verlangen<br />

einer Fraktion oder von mindestens fünf von Hundert der Mitglieder<br />

des Deutschen Bundestages herbeigeführt werden können.<br />

A9<br />

Auslandseinsätze der Bundeswehr<br />

- Parlamentsvorbehalt stärken,<br />

Zustimmungserfordernis im Grundgesetz<br />

verankern<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 10<br />

Landesverband Sachsen<br />

Zukunft der Außen- und<br />

Sicherheitspolitik<br />

Der Parteivorstand wird aufgefordert, die Grundlagen dafür zu<br />

schaffen, dass ein breit angelegter Meinungsbildungsprozess innerhalb<br />

unserer Partei initiiert wird, um zum Thema Friedenssicherung<br />

eine Grundsatzposition zu erarbeiten, die auf die veränderten<br />

Rahmenbedingungen und Anforderungen an eine moderne Friedens-<br />

und Sicherheitspolitik ein Antwort gibt. Dabei sollte auch die<br />

interessierte Öffentlichkeit in den Diskurs mit einbezogen werden.<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 11<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Für eine solidarische<br />

Entwicklungszusammenarbeit auf<br />

Augenhöhe!<br />

Die deutsche Entwicklungspolitik in der Kritik<br />

Die deutsche entwicklungspolitische Zusammenarbeit wird durch<br />

eine große Anzahl von Akteuren beeinflusst. Zu diesen Akteuren<br />

zählen vor allem die internationalen Organisationen (Weltbank,<br />

IWF, die UN-Organisationen) aber auch die Entwicklungsorganisationen<br />

(z.B. Ministerien, Durchführungsorganisationen) und Forschungseinrichtungen.<br />

Diese Vielzahl an Akteuren bestimmt, was<br />

als Entwicklung anzusehen ist und wie sie zu erreichen ist und sie<br />

gilt es entsprechend bei unserem entwicklungspolitischen Vorgehen<br />

zu berücksichtigen.<br />

Das Signal und der Anspruch des Begriffswandels, von Entwicklungshilfe<br />

zu Entwicklungszusammenarbeit, sind, dass die Gleich-<br />

A10<br />

Zukunft der Außen- und<br />

Sicherheitspolitik<br />

Überweisung an die Kommission Internationale Politik beim <strong>SPD</strong>-<br />

Parteivorstand<br />

A11<br />

Für eine solidarische<br />

Entwicklungszusammenarbeit auf<br />

Augenhöhe!<br />

Überweisung an Forum Eine Welt<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

53


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

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50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

wertigkeit der Geber- und Nehmerländer gegeben sein muss. Die<br />

Zeiten der Almosen von Nord nach Süd sind damit vorbei. Dieser<br />

Paradigmenwechsel ist richtig und muss noch stärker in die Entwicklungszusammenarbeit<br />

und deren Wahrnehmung einbezogen<br />

werden.<br />

Der Strategiewechsel in der deutschen Entwicklungspolitik unter<br />

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), der dem Bundesministerium<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)<br />

als Fachminister vorsteht, wird von uns Sozialdemokratinnen und<br />

Sozialdemokraten hingegen stark kritisiert. Ein Hauptkritikpunkt<br />

an Niebels Entwicklungspolitik bezieht sich dabei auf die starke<br />

Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft. Hilfsorganisationen<br />

(Terre des Hommes, Welthungerhilfe etc.) fürchten zu Recht, dass<br />

es primär um Wirtschaftsinteressen im Rahmen der deutschen<br />

Entwicklungszusammenarbeit geht. Diese Besorgnis wird durch<br />

die Tatsache verschärft, dass nicht nur die seit den 1990er Jahren<br />

existierenden Privat-Public-Partnerships (PPP) verstärkt weitergeführt<br />

werden, sondern u.a. auch eine Servicestelle für die Zusammenarbeit<br />

mit der Wirtschaft eingerichtet wurde. Die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass Unternehmen nur dort Investitionen tätigen, wo eine<br />

ausgebaute Infrastruktur und Rechtssicherheit besteht, liegt auf der<br />

Hand. Dies bedeutet aber schlichtweg, dass insbesondere fragile<br />

Staaten in Afrika selbst von solch einer Kooperation ausgeschlossen<br />

bleiben. Diese Entwicklung sehen wir kritisch. Die Unternehmen<br />

wollen in erster Linie Geld verdienen und Ressourcen sowie<br />

die Arbeitskräfte vor Ort ausbeuten. Dementsprechend ist ihr Eigeninteresse<br />

kapitalistisch begründet und besteht nicht in der Förderung<br />

bzw. Verwirklichung einer gerechteren Gesellschaft. Perfide<br />

ist zudem die Begründung für vermehrte PPP-Förderung. So seien<br />

sie angeblich kostengünstiger und stärken den Wirtschaftsstandort<br />

Deutschland global. So brüstet sich der liberale Minister, dass auf<br />

jeden „investierten“ Euro 1,40€ nach Deutschland zurückfließen<br />

würde. Hier verkommt Entwicklungszusammenarbeit in bloßer<br />

Außenhandelsförderung. Ob die PPP-Förderung den Menschen vor<br />

Ort entsprechend wirklich hilft, bleibt dabei mehr als fraglich.<br />

Deutlich wird zudem, dass die deutsche Entwicklungspolitik unter<br />

Führung des FDP-Politikers Niebel sich vorwiegend auf einen<br />

Aspekt von nachhaltiger Entwicklung, nämlich der Wirtschaft, beschränkt<br />

und die anderen Dimensionen von nachhaltiger Entwicklung<br />

(Soziales, Ökologie) stark vernachlässigt. Folglich werden die<br />

Bereiche Soziales und Ökologie (Bildung, Gesundheits- und Wasserversorgung<br />

etc.) dem Wirtschaftsaspekt untergeordnet. Dementsprechend<br />

versagt Niebels Entwicklungspolitik vollkommen, wenn<br />

es darum geht, wirtschaftliche Entwicklung in Einklang mit Ressourcengerechtigkeit<br />

und sozialer Gerechtigkeit zu bringen. Vor<br />

allem unterschätz diese Art der Entwicklungspolitik, welche entscheidende<br />

Rolle die Erzielung von sozialer Gerechtigkeit in Bezug<br />

auf die Aufrechterhaltung des Friedens hat.<br />

Die Stärkung des Friedens durch Entwicklungszusammenarbeit<br />

wird zudem durch die stärkere Vernetzung von Militär und Entwicklungszusammenarbeit<br />

konterkariert. So fördert das Haus<br />

Niebel in einer seiner Förderlinien in Afghanistan nur NGOs, die<br />

auch zu einer Kooperation mit dem Militär bereit sind. Ein weiteres<br />

Beispiel ist die Unterstützung der kolumbianischen Regierung<br />

in der Region Macarena, die durch militärische Einsätze wieder<br />

das Gewaltmonopol über die Region erlangen möchte. Wir Sozialdemokratinnen<br />

und Sozialdemokraten lehnen die Einmischung<br />

der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in innerstaatliche<br />

Konflikte sowie die Unterstützung des Militärs durch die Entwicklungszusammenarbeit<br />

ab. Entwicklungszusammenarbeit hat den<br />

Anspruch die Welt gerechter zu machen und keine vermeintliche<br />

Entwicklung durch Waffengewalt herzustellen.<br />

Die internationale Staatengemeinschaft hat sich darauf verständigt,<br />

dass die Industrieländer 0,7% des BIPs für die Entwicklungszusammenarbeit<br />

jährlich zur Verfügung stellen sollen. Dieses Ziel<br />

soll bis 2015 erreicht werden. Doch sind wir hiervon derzeit weit<br />

entfernt. Momentan wendet Deutschland gerade einmal 0,4% des<br />

BIPs für die Entwicklungszusammenarbeit auf. Wir fordern daher<br />

54


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

zudem schnellstmöglich die schrittweise Anhebung des Budgets,<br />

um das 0,7%-Ziel 2015 tatsächlich erreichen zu können. Diese<br />

Zielsetzung wird durch die kürzlich getroffenen Entscheidungen<br />

ad absurdum geführt. Statt einer graduellen Anhebung des BMZ-<br />

Etats wurde dieser weiter gekürzt. Der Bundestag beschloss Ende<br />

letzten Jahres gegen die Stimmen der <strong>SPD</strong> sowie anderer Oppositionsparteien<br />

die Kürzung des BMZ-Etats. Für das Haushaltsjahr<br />

2013 verfügt das BMZ nun über knapp 6,3 Milliarden Euro. Im<br />

Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Kürzung des Etats um 87<br />

Millionen Euro. Es ist für uns schlichtweg inakzeptabel, dass die<br />

Bundesregierung nicht bereit ist einen so geringen Anteil unseres<br />

jährlich erwirtschafteten Vermögens zur Verfügung zu stellen, um<br />

den Menschen in weniger entwickelten Ländern eine bessere Perspektive<br />

zu verschaffen. Die Erreichung des 0,7%-Ziels verkommt<br />

unter der schwarz-gelben Koalition somit zur Utopie. Unser Wohlstand<br />

bildet eine Pflicht zur Umverteilung, sowohl national, wie<br />

auch international.<br />

Unser Ansatz für eine gute Entwicklungszusammenarbeit muss<br />

eine Weltgesellschaft sein, in der Hunger, Elend und Armut zur<br />

Geschichtserzählung und nicht zur Gegenwartsbeschreibung gehört.<br />

Den Wohlstand, den wenige Millionen Menschen auf der<br />

Welt genießen und das Elend (Unterernährung & Hunger, Krieg &<br />

Verfolgung, Krankheit oder Analphabetismus) in dem Milliarden<br />

Menschen leben, verpflichtet uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

zu einem klaren Bekenntnis zur globalen Umverteilung<br />

und zu einer nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Unser Ziel ist eine gerechtere Welt, in der sich alle auf Augenhöhe<br />

begegnen und jeder Mensch die elementarsten Dinge zum Leben<br />

vorfindet. In der Tradition unserer internationalistischen Ausrichtung<br />

fühlen wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

zur Solidarität mit den Schwachen und Benachteiligten weltweit<br />

verpflichtet und kämpfen hierfür auch bei uns vor Ort!<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 12<br />

Unterbezirk Kassel-Stadt (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Für eine solidarische<br />

Entwicklungszusammenarbeit auf<br />

Augenhöhe!<br />

Ausgangslage:<br />

Von Entwicklungshilfe zu Entwicklungszusammenarbeit<br />

Der Entwicklungsbegriff befand bzw. befindet sich im Wandel, da<br />

es sich hierbei nicht um einen allgemeingültigen Begriff handelt.<br />

Vielmehr ist der Begriff Entwicklung abhängig von individuellen<br />

und kollektiven Wertvorstellungen. In den 1950er und 1960er<br />

Jahren basierten entwicklungspolitische Maßnahmen auf modernisierungstheoretischen<br />

Annahmen. Alle unter der Modernisierungstheorie<br />

subsumierten Theorien gehen von einer nachholenden<br />

Entwicklung der Entwicklungsländer aus. Für die Vertreterinnen<br />

und Vertreter der Modernisierungstheorien liegen die Ursachen für<br />

Unterentwicklung in den endogenen Faktoren, d.h. in den soziokulturellen<br />

Faktoren. Demzufolge kann Unterentwicklung durch die<br />

Übernahme westlicher Wertemuster und die Weltmarktintegration<br />

überwunden werden. Das Konzept Entwicklung durch Wachstum<br />

war geprägt von der modernisierungstheoretischen Prämisse, dass<br />

das erzielte Wachstum auch die ärmsten Bevölkerungsteile eines<br />

Landes erreichen bzw. zu ihnen durchsickern würde (Trickle-<br />

Down-Effekt). Im Laufe der 1960er Jahre zeichnete sich ab, dass<br />

sich der erstrebte Trickle-Down-Effekt nicht herausstellen würde.<br />

In den 1960er Jahren und 1970er Jahren erhielten die Dependenztheorien<br />

Einzug in die entwicklungspolitischen Debatten. Die Vertreterinnen<br />

und Vertreter der Dependenztheorien sahen den Grund<br />

für Unterentwicklung erstrangig in den externen Faktoren. Der<br />

A12<br />

Für eine solidarische<br />

Entwicklungszusammenarbeit auf<br />

Augenhöhe!<br />

Überweisung an Forum Eine Welt<br />

35<br />

40<br />

45<br />

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55


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

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55<br />

60<br />

65<br />

Grund für die Unterentwicklung, lag für sie somit nicht in den gesellschaftlichen<br />

Strukturen der Entwicklungsländer, sondern vielmehr<br />

in der Integration der Entwicklungsländer (Peripherie) in<br />

den von den Industrieländern (Zentrum) dominierten Weltmarkt.<br />

Jedoch vermochten die Dependenztheorien nicht, einen fundamentalen<br />

Wandel des Entwicklungsdiskurses herbeizuführen. Auch<br />

wirtschaftliche Erfolge der ostasiatischen Länder, die den Weg<br />

einer nachholenden Entwicklung durch eine weltmarktintegrative<br />

Entwicklungsstrategie realisierten, riefen das Scheitern der Dependenztheorien<br />

hervor.<br />

Mit Beginn der Schuldenkrise Anfang der 1980er Jahre wurden die<br />

Strukturanpassungsprogramme (SAPs) zum Leitbild der Weltbank-<br />

Politik gegenüber ihren Kreditnehmerländern aus Afrika, Asien<br />

und Lateinamerika. Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds<br />

(IWF) vollzogen mit den Strukturanpassungsprogrammen<br />

(SAPs) einen neoliberalen Kurswechsel. Die internationalen<br />

Finanzinstitutionen (Weltbank und IWF) verbanden mit den SAPs<br />

das Ziel die Zahlungsfähigkeit und die Kreditwürdigkeit der Entwicklungsländer<br />

wiederherzustellen. Die Maßnahmen im Rahmen<br />

der SAPs waren vor allem die Entstaatlichung der Wirtschaft, Handelsliberalisierung,<br />

Währungsabwertung sowie die Stabilisierung<br />

der Staatsfinanzen durch Entlassungen im öffentlichen Dienst,<br />

Streichungen von Subventionen bei Grundnahrungsmitteln und<br />

Einschnitte bei den Ausgaben für Bildung und Gesundheit.<br />

Die in den Folgejahren zunehmende Ressourcenknappheit, der augenscheinliche<br />

Klimawandel, die Zunahme der Naturkatastrophen<br />

aber auch die Ausbreitung der globalen Armut, ließen eine verbesserte<br />

Kooperation der Industrie- und Entwicklungsländern als<br />

Notwendigkeit erscheinen. Im Laufe der Zeit hat eine Hinwendung<br />

zu einem ganzheitlicheren Entwicklungsbegriff stattgefunden. Seit<br />

Ende der 1980er Jahren ist das Konzept der nachhaltigen Entwicklung<br />

das Entwicklungsparadigma der UN. Bei der nachhaltigen<br />

Entwicklung handelt es sich um ein mehrdimensionales Entwicklungskonzept.<br />

Dementsprechend werden nicht nur ökonomische<br />

Belange, sondern auch ökologische (verantwortungsvolles Ressourcenmanagement)<br />

und soziale Belange (Armutsbekämpfung)<br />

als bedeutend für die Förderung von Entwicklungsprozessen gesehen.<br />

Darüber hinaus entwickelte des Entwicklungsprogramm der<br />

UN (United Nations Development Program, UNDP) in den 1990er<br />

Jahren den Human Development Index (HDI). Anhand von den Indikatoren<br />

Lebenserwartung, Alphabetisierungs- und Einschulungsrate<br />

und der realen Kaufkraft, wird Entwicklung definiert. Mit dem<br />

Nachhaltigkeitskonzept als auch dem Konzept der menschlichen<br />

Entwicklung findet prinzipiell eine Abwendung von der einseitigen<br />

Orientierung auf die Wirtschaftsleistungen statt. Mit den Konzepten<br />

der nachhaltigen Entwicklung und der menschlichen Entwicklung<br />

ist ebenfalls die Armutsbekämpfung in den Mittelpunkt<br />

entwicklungspolitischer Debatten gerückt. Insbesondere die Verabschiedung<br />

der Millenniumsentwicklungsziele (Millennium Development<br />

Goals, MDGs) im Jahr 2000 zeigen die Fokussierung auf<br />

die Lösung globaler Problemlagen, insbesondere der Reduzierung<br />

der Armut weltweit, welche die Kooperation zwischen Industrieund<br />

Entwicklungsländern notwendig macht.<br />

Die Hinwendung zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit,<br />

d.h. zu einem Partnerschaftsdiskurs, zwischen den Ländern des<br />

globalen Nordens und des globalen Südens, wird vor allem durch<br />

die Verabschiedung der Paris-Deklaration deutlich. Im Jahr 2005<br />

verabschiedeten die Entwicklungsministerinnen und -minister der<br />

Länder des globalen Nordens und des globalen Südens sowie die<br />

Vertreterinnen und Vertreter der internationalen Entwicklungsorganisationen<br />

in Paris die Pariser Erklärung über die Wirksamkeit<br />

der Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Eine zentrale Forderung<br />

der Paris-Deklaration ist, dass sich die sogenannten Industrie- und<br />

Entwicklungsländer auf gemeinsame Prinzipien und Regeln der internationalen<br />

Entwicklungskooperation einigen, die der Effektivität<br />

der internationalen Entwicklungszusammenarbeit zuträglich sein<br />

sollen. Im Jahr 2008 fand erneut eine Konferenz zur Wirksamkeit<br />

der Entwicklungszusammenarbeit in Accra statt, auf der die Bedeu-<br />

56


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

tung der Menschenrechte, der Geschlechtergerechtigkeit und des<br />

Umweltschutzes für eine erfolgreiche EZ hingewiesen wurde. Im<br />

Jahr 2011 wurde auf einer weiteren Konferenz zur Wirksamkeit der<br />

Entwicklungszusammenarbeit in Busan (Südkorea) die Notwendigkeit,<br />

eine globale Partnerschaft für Entwicklung zu schaffen,<br />

betont.<br />

Deutlich wird hieran, dass im Bereich der Entwicklungspolitik offiziell<br />

die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Ländern<br />

des globalen Nordens und Südens eine prominente Rolle einnimmt.<br />

Mittlerweile ist auch der Begriff der Entwicklungshilfe im<br />

amtlichen Sprachgebraucht durch den Begriff der Entwicklungszusammenarbeit<br />

ersetzt worden. Unter Entwicklungshilfe wurden<br />

alle entwicklungsbezogene Leistungen im Sinne von finanzieller<br />

Hilfe (z.B. Kredite) oder technischer Hilfe (Entsendung von Experten<br />

und Beratern) und Warenhilfe aus den Industrieländern für<br />

die Entwicklungsländer von Seiten staatlicher Akteure und nichtstaatlicher<br />

Akteure (z.B. Wirtschaft, Kirchen) verstanden. Heute<br />

wird von Seiten entwicklungspolitischer Akteure, wie dem BMZ,<br />

darauf hingewiesen, dass die Länder, mit denen man sich in entwicklungspolitischer<br />

Zusammenarbeite befindet, nicht als Empfänger<br />

von Hilfsleistungen, sondern vielmehr als gleichberechtigte<br />

Partner betrachtet werden, mit denen man gemeinsam die Ziele der<br />

entwicklungspolitischen Zusammenarbeit festlegt. Mit dem Begriff<br />

der Entwicklungszusammenarbeit soll somit die partnerschaftliche<br />

Zusammenarbeit betont werden.<br />

Die deutsche Entwicklungspolitik in der Kritik<br />

Die deutsche entwicklungspolitische Zusammenarbeit wird durch<br />

eine große Anzahl von Akteuren beeinflusst. Zu diesen Akteuren<br />

zählen vor allem die internationalen Organisationen (Weltbank,<br />

IWF, die UN-Organisationen) aber auch die Entwicklungsorganisationen<br />

(z.B. Ministerien, Durchführungsorganisationen) und Forschungseinrichtungen.<br />

Diese Vielzahl an Akteuren bestimmt, was<br />

als Entwicklung anzusehen ist und wie sie zu erreichen ist und sie<br />

gilt es entsprechend bei unserem entwicklungspolitischen Vorgehen<br />

zu berücksichtigen.<br />

Das Signal und der Anspruch des Begriffswandels, von Entwicklungshilfe<br />

zu Entwicklungszusammenarbeit, ist, dass die Gleichwertigkeit<br />

der Geber- und Nehmerländer gegeben sein muss. Die<br />

Zeiten der Almosen von Nord nach Süd sind damit vorbei. Dieser<br />

Paradigmenwechsel ist richtig und muss noch stärker in die Entwicklungszusammenarbeit<br />

und deren Wahrnehmung einbezogen<br />

werden.<br />

Der Strategiewechsel in der deutschen Entwicklungspolitik unter<br />

dem Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), der dem Bundesministerium<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

(BMZ) als Fachminister vorsteht, wird von uns Sozialdemokratinnen<br />

und Sozialdemokraten hingegen stark kritisiert. Ein Hauptkritikpunkt<br />

an Niebels Entwicklungspolitik bezieht sich dabei auf die<br />

starke Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft. Hilfsorganisationen<br />

(Terre des Hommes, Welthungerhilfe etc.) fürchten zu Recht,<br />

dass es primär um Wirtschaftsinteressen im Rahmen der deutschen<br />

Entwicklungszusammenarbeit geht. Diese Besorgnis wird durch<br />

die Tatsache verschärft, dass nicht nur die seit den 1990er Jahren<br />

existierenden Privat-Public-Partnerships (PPP) verstärkt weitergeführt<br />

werden, sondern u.a. auch eine Servicestelle für die Zusammenarbeit<br />

mit der Wirtschaft eingerichtet wurde. Die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass Unternehmen nur dort Investitionen tätigen, wo eine<br />

ausgebaute Infrastruktur und Rechtssicherheit besteht, liegt auf der<br />

Hand. Dies bedeutet aber schlichtweg, dass insbesondere fragile<br />

Staaten in Afrika selbst von solch einer Kooperation ausgeschlossen<br />

bleiben. Diese Entwicklung sehen wir kritisch. Die Unternehmen<br />

wollen in erster Linie Geld verdienen und Ressourcen sowie<br />

die Arbeitskräfte vor Ort ausbeuten. Dementsprechend ist ihr Eigeninteresse<br />

kapitalistisch begründet und besteht nicht in der Förderung<br />

bzw. Verwirklichung einer gerechteren Gesellschaft. Perfide<br />

ist zudem die Begründung für vermehrte PPP-Förderung. So seien<br />

sie angeblich kostengünstiger und stärken den Wirtschaftsstandort<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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Deutschland global. So brüstet sich der liberale Minister, dass auf<br />

jeden „investierten“ Euro 1,40€ nach Deutschland zurückfließen<br />

würde. Hier verkommt Entwicklungszusammenarbeit in bloßer<br />

Außenhandelsförderung. Ob die PPP-Förderung den Menschen vor<br />

Ort entsprechend wirklich hilft, bleibt dabei mehr als fraglich.<br />

Deutlich wird zudem, dass die deutsche Entwicklungspolitik unter<br />

Führung des FDP-Politikers Niebel sich vorwiegend auf einen<br />

Aspekt von nachhaltiger Entwicklung, nämlich der Wirtschaft, beschränkt<br />

und die anderen Dimensionen von nachhaltiger Entwicklung<br />

(Soziales, Ökologie) stark vernachlässigt. Folglich werden die<br />

Bereiche Soziales und Ökologie (Bildung, Gesundheits- und Wasserversorgung<br />

etc.) dem Wirtschaftsaspekt untergeordnet. Dementsprechend<br />

versagt Niebels Entwicklungspolitik vollkommen, wenn<br />

es darum geht, wirtschaftliche Entwicklung in Einklang mit Ressourcengerechtigkeit<br />

und sozialer Gerechtigkeit zu bringen. Vor<br />

allem unterschätz diese Art der Entwicklungspolitik, welche entscheidende<br />

Rolle die Erzielung von sozialer Gerechtigkeit in Bezug<br />

auf die Aufrechterhaltung des Friedens hat.<br />

Die Stärkung des Friedens durch Entwicklungszusammenarbeit<br />

wird zudem durch die stärkere Vernetzung von Militär und Entwicklungszusammenarbeit<br />

konterkariert. So fördert das Haus<br />

Niebel in einer seiner Förderlinien in Afghanistan nur NGOs, die<br />

auch zu einer Kooperation mit dem Militär bereit sind. Ein weiteres<br />

Beispiel ist die Unterstützung der kolumbianischen Regierung<br />

in der Region Macarena, die durch militärische Einsätze wieder<br />

das Gewaltmonopol über die Region erlangen möchte. Wir Sozialdemokratinnen<br />

und Sozialdemokraten lehnen die Einmischung<br />

der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in innerstaatliche<br />

Konflikte sowie die Unterstützung des Militärs durch die Entwicklungszusammenarbeit<br />

ab. Entwicklungszusammenarbeit hat den<br />

Anspruch die Welt gerechter zu machen und keine vermeindliche<br />

Entwicklung durch Waffengewalt herzustellen.<br />

Die internationale Staatengemeinschaft hat sich darauf verständigt,<br />

dass die Industrieländer 0,7% des BIPs für die Entwicklungszusammenarbeit<br />

jährlich zur Verfügung stellen sollen. Dieses Ziel<br />

soll bis 2015 erreicht werden. Doch sind wir hiervon derzeit weit<br />

entfernt. Momentan wendet Deutschland gerade einmal 0,4% des<br />

BIPs für die Entwicklungszusammenarbeit auf. Wir fordern daher<br />

zudem schnellstmöglich die schrittweise Anhebung des Budgets,<br />

um das 0,7%-Ziel 2015 tatsächlich erreichen zu können. Diese<br />

Zielsetzung wird durch die kürzlich getroffenen Entscheidungen<br />

ad absurdum geführt. Statt einer graduellen Anhebung des BMZ-<br />

Etats wurde dieser weiter gekürzt. Der Bundestag beschloss Ende<br />

letzten Jahres gegen die Stimmen der <strong>SPD</strong> sowie anderer Oppositionsparteien<br />

die Kürzung des BMZ-Etats. Für das Haushaltsjahr<br />

2013 verfügt das BMZ nun über knapp 6,3 Milliarden Euro. Im<br />

Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Kürzung des Etats um 87<br />

Millionen Euro. Es ist für uns schlichtweg inakzeptabel, dass die<br />

Bundesregierung nicht bereit ist einen so geringen Anteil unseres<br />

jährlich erwirtschafteten Vermögens zur Verfügung zu stellen, um<br />

den Menschen in weniger entwickelten Ländern eine bessere Perspektive<br />

zu verschaffen. Die Erreichung des 0,7%-Ziels verkommt<br />

unter der schwarz-gelben Koalition somit zur Utopie. Unser Wohlstand<br />

bildet eine Pflicht zur Umverteilung, sowohl national, wie<br />

auch international.<br />

Unser Ansatz für eine gute Entwicklungszusammenarbeit muss<br />

eine Weltgesellschaft sein, in der Hunger, Elend und Armut zur<br />

Geschichtserzählung und nicht zur Gegenwartsbeschreibung gehört.<br />

Den Wohlstand, den wenige Millionen Menschen auf der<br />

Welt genießen und das Elend (Unterernährung & Hunger, Krieg &<br />

Verfolgung, Krankheit oder Analphabetismus) in dem Milliarden<br />

Menschen leben, verpflichtet uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

zu einem klaren Bekenntnis zur globalen Umverteilung<br />

und zu einer nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Unser Ziel ist eine gerechtere Welt, in der sich alle auf Augenhöhe<br />

begegnen und jeder Mensch die elementarsten Dinge zum Leben<br />

vorfindet. In der Tradition unserer internationalistischen Ausrichtung<br />

fühlen wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokra-<br />

58


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

ten zur Solidarität mit den Schwachen und Benachteiligten weltweit<br />

verpflichtet und kämpfen hierfür auch bei uns vor Ort!<br />

1<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 13<br />

Ortsverein Duisburg-Hochemmerich (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Resolution zur Entwicklungspolitik<br />

der EU und zur Fortschreibung der<br />

Millenium-Entwicklungsziele der UN<br />

(MDG)<br />

I.<br />

• Eine erfolgreiche europäische Entwicklungspolitik darf nicht<br />

einen Handlungsansatz über alle Entwicklungsländer bzw.<br />

Schwellenländer stülpen wollen. Vielmehr ist sehr konkret mit<br />

der jeweils bestehenden Landessituation zu arbeiten. Es kann<br />

nicht das Ziel sein, Partnerländern deutsche bzw. europäische<br />

Strukturen etwa aufzuoktroyieren. Bestehende demokratische<br />

Strukturen sind jedoch stets, wenn auch behutsam zu unterstützen,<br />

zu stärken und mit auszubauen.<br />

• Sofortige globale Verbesserungen und grundlegende Veränderungen<br />

sind auch von einer stärker europäisierten Entwicklungspolitik<br />

nicht zu erwarten. Realistischer ist es, erste, weiterführende<br />

Schritte mit zu unterstützen und zumindest graduelle Verbesserungen<br />

über wirtschaftliche Zusammenarbeit anzustreben.<br />

Formen regionaler Kooperation nach dem Vorbild der EU sind<br />

mit zu fördern.<br />

• Die Europäisierung der Entwicklungspolitik steht im globalen<br />

Kontext von Politikkonzepten für Eine Welt. Einherzugehen hat<br />

sie mit einer Demokratisierung von Entscheidungsgremien der<br />

EU und von mehr Mitsprachemöglichkeiten des Europäischen<br />

Parlaments in der Entwicklungspolitik. Eine Kürzung von Mitteln<br />

für die europäische Entwicklungspolitik ist entschieden abzulehnen.<br />

II.<br />

Die Millenium-Entwicklungsziele der UN sind weiterzuentwickeln<br />

und zu ergänzen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind aufgefordert,<br />

dies in UN-Gremien mit ein- und voranzubringen:<br />

• Vorrangig bleibt weiterhin die Bekämpfung des weltweiten Hungers.<br />

Die weitgehend ungeregelte Spekulation mit Lebensmitteln,<br />

deren Verarbeitung zu Treibstoffen und die verbreitete Verschwendung<br />

von Lebensmitteln sind als eine der Ursachen von<br />

Hunger und Mangelernährung soweit möglich zu unterbinden<br />

und international zu ächten.<br />

• Extreme Arm-Reich-Schichtungen sind abzubauen und soziale<br />

Gerechtigkeit hat weltweit ein vorrangiges Ziel von Entwicklungspolitik<br />

und -zusammen-arbei¬t zu sein. Hierfür ist der<br />

Aufbau und Ausbau von Sozialstaatlichkeit durch staatlich-gesetzliche<br />

Sozialversicherungs- und Gesundheits- sowie armutsfeste<br />

Grundsicherungssysteme mit zu unterstützen. Zudem sind<br />

Mindeststandards für menschenwürdige Wohnverhältnisse zu<br />

entwickeln und durchzusetzen.<br />

• Arbeitnehmerrechte sind in Entwicklungs- und Schwellenländern<br />

besonders für Frauen wie für Männer mit einzufordern<br />

und zu gewährleisten. Hierzu gehören der Aufbau unabhängiger<br />

gewerkschaftlicher Organisationsformen und Tarifverträge,<br />

angemessene Mindestlöhne und der Ausbau von Arbeitsschutzbestimmungen,<br />

die qualifizierte Mitbestimmung von Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmern sowie freie Genossenschaften. Für<br />

alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind zudem eine be-<br />

A13<br />

Resolution zur Entwicklungspolitik<br />

der EU und zur Fortschreibung der<br />

Millenium-Entwicklungsziele der UN<br />

(MDG)<br />

Überweisung an Forum Eine Welt<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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30<br />

rufliche Grundqualifizierung und ein Recht auf berufliche Weiterbildung<br />

anzustreben.<br />

• Nachhaltigkeit und eine Green Economy mit alternativen, regenerativen<br />

Energien sowie Energieeffizienz und Speichertechniken<br />

sind weltweit zu fördern. Dies hat in Zukunft eine zentrale<br />

Aufgaben deutscher und europäischer Entwicklungspolitik auch<br />

über Bürgschaften zu sein und die europäische Zusammenarbeit<br />

ist hierbei zu verstärken. Vorrangig ist es zugleich, das Recht auf<br />

Zugang zu sauberem Trinkwasser zu gewährleisten und eine vielerorts<br />

gravierende Luftverschmutzung zu bekämpfen.<br />

• Von Seiten der EU und der UN sind weltweite gradualistische<br />

Abrüstungsstrategien auch für Schwellen- und Entwicklungsländer<br />

zu entwerfen und in die Diskussion zu bringen. Der internationale<br />

Waffenhandel ist besser zu kontrollieren, einzuschränken<br />

und zurückzufahren, illegaler Waffenhandel v.a. in Krisengebiete<br />

ist verstärkt zu unterbinden. Hingegen ist Rüstungskonversion<br />

mit voranzubringen. Vielerorts in der Einen Welt verhindert<br />

unnötige Rüstung reale und zukunftsweisende wirtschaftliche<br />

Entwicklung. Zu fördern sind stattdessen Methoden ziviler Konfliktbearbeitung.<br />

• Eine Vorraussetzung von Entwicklung und damit unabdingbar<br />

für eine weiterführende wirtschaftliche Zusammenarbeit sind ein<br />

fairer Handel und entsprechende Handelsabkommen. Umweltund<br />

Sozialstandards sowie Klauseln zur sozialen Verantwortung<br />

von Unternehmen sind in Verträge mit aufzunehmen.<br />

• Korruption untergräbt und gefährdet demokratische Strukturen<br />

und Institutionen wie fairen Wettbewerb und wirtschaftlich-soziale<br />

Fortschritte. Sie ist weltweit entschieden zu bekämpfen und<br />

zu unterbinden. Hingegen sind Konzeptionen von ‚good governance’<br />

mit zu unterstützen.<br />

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Antragsbereich A<br />

Antrag 14<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Progressive Allianz zu einem Akteur der<br />

internationalen Politik machen!<br />

Am 22. Mai diesen Jahres wurde in Leipzig die Progressive Alliance<br />

(PA) gegründet. Zweck des neuen Netzwerkes sozialdemokratischer,<br />

sozialistischer, progressiver und Arbeitsparteien ist laut<br />

Gründungsdokument die gemeinsame Verantwortung für Frieden,<br />

Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte in internationaler<br />

Solidarität. Darüber hinaus sollen mithilfe der PA notwendige<br />

Debatten, für die in der Sozialistischen Internationalen (SI) derzeit<br />

kein Raum zu sein scheint, geführt und öffentlich gemacht werden.<br />

Allgemeine Einigkeit besteht in der <strong>SPD</strong>, wie auch bei vielen unserer<br />

internationalen Partnerorganisationen, über den weiterhin sehr<br />

großen Reformbedarf der SI und den gleichzeitig nur sehr schleppend<br />

bis gar nicht stattfindenden Schritten in diese Richtung. Die<br />

SI muss einen ernsthaften und raschen Weg der weiteren Demokratisierung<br />

einschlagen. Nicht nur um ihre Legitimation im 21.<br />

Jahrhundert aufrecht zu erhalten, sondern auch, um in der Lage zu<br />

sein die Arbeit ihrer Mitgliedsorganisationen stärker zu koordinieren<br />

und gemeinsame Positionen und Strategien zu globalen Fragen<br />

zu entwickeln.<br />

Bislang sind die vorhandenen Entscheidungsprozesse in Komitees<br />

sowie in der Generalversammlung noch nicht geprägt von einem<br />

Geist des Aufbruchs und der Erneuerung. Erst wenn dies gegeben<br />

ist, kann die SI auch wieder substantiell zu globalen Debatten beitragen<br />

und ihre mediale Schlagkräftigkeit erhöhen. Andernfalls<br />

fehlt für diese dringend benötigte Stimme die notwendige Legitimation.<br />

Dies sind die Hauptgründe aus denen sich die <strong>SPD</strong> gemeinsam<br />

mit vielen anderen SI-Mitgliedsorganisationen und weiteren Partnern<br />

dazu entschlossen hat, die Progressive Alliance zu gründen.<br />

60<br />

A14<br />

Progressive Allianz zu einem Akteur der<br />

internationalen Politik machen!<br />

Überweisung an Kommission Internationale Politik beim <strong>SPD</strong>-<br />

Parteivorstand


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Gleichzeitig soll die PA einen expliziten Netzwerkcharakter haben<br />

und nicht wie die SI strukturell, finanziell und personell formalisiert<br />

sein. Die Gründungsveranstaltung fand nun am 22. Mai<br />

2013 in Leipzig – symbolträchtig unmittelbar vor dem Festakt zum<br />

150-jährigen Bestehen der Sozialdemokratie in Deutschland – statt.<br />

Nach der Gründung fiel die PA aber in einem kläglichen Dämmerzustand.<br />

Zu keinem weltpolitischem Thema ist sie bisher als vernehmbarer<br />

Akteur aufgetreten. Zu aktuellen Themen mit dringendem<br />

internationalem Koordinierungsbedarf wie dem Krieg in Syrien<br />

oder der Bekämpfung des Steuerbetrugs konnte die PA nichts<br />

beitragen.<br />

Zudem fehlt auch innerhalb der deutschen Sozialdemokratie ein<br />

substanziellerer Diskurs darüber, was die PA eigentlich genau sein<br />

soll. Ein Netzwerk neben der SI, um der ArbeiterInnenbewegung<br />

mehr oder minder nahe stehende Organisationen einzubinden? Ein<br />

Netzwerk, um Reformdruck auf die SI auszuüben? Oder ein Ersatz<br />

für die SI? Oder eine Mischung aus mehreren Punkten?<br />

Die PA kann potentiell ein gutes Vehikel für moderne, sozialistische<br />

Politik auf internationaler Ebene sein. Hierfür muss jedoch<br />

der sozialdemokratische und sozialistische Markenkern der Progressive<br />

Alliance deutlich werden und in verbindliche Absprachen<br />

münden. Ein bloßer Debattierklub zu internationalen Mainstream-<br />

Themen hilft keinem weiter. Vielmehr brauchen wir eine enge Anbindung<br />

der PA an die Foren, in denen internationale Politik tatsächlich<br />

gestaltet wird. Zu einem solchen Bedeutungsgewinn der<br />

PA muss die <strong>SPD</strong> als wichtige Initiatorin des PA-Prozesses einen<br />

zentralen Beitrag liefern.<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />

• Die <strong>SPD</strong> setzt sich in der PA dafür ein, dass es ab sofort vor jedem<br />

Internationalen Gipfel von weltpolitischer Bedeutung, mindestens<br />

jedoch vor G20-Gipfeln und Weltklimakonferenzen, ein<br />

Spitzentreffen der in der PA organisierten Partei- und Regierungschefs<br />

zur Abstimmung einer gemeinsamen Position gibt.<br />

• Die <strong>SPD</strong> setzt sich für die Durchführung einer Friedenskonferenz<br />

der PA-Mitgliedsparteien bis spätestens Mitte 2014 ein.<br />

• Die <strong>SPD</strong> setzt sich in der PA für eine gemeinsame Unterstützung<br />

der PA-Mitgliedsparteien für die Kampagne zur Einrichtung einer<br />

Parlamentarischen Versammlung bei den Vereinten Nationen<br />

ein.<br />

• Der Parteivorstand der <strong>SPD</strong> wird – unter Einbeziehung interessierter<br />

Arbeitsgemeinschaften und Foren – eine kurz- und mittelfristige<br />

Strategie zu den Aktivitäten der deutschen Sozialdemokratie<br />

in der Progressive Alliance erarbeiten. Diese Strategie<br />

soll dann auf einem kommenden Parteikonvent oder Parteitag<br />

im Jahr 2014 diskutiert und verabschiedet werden. Die zentralen<br />

Fragen die mithilfe der Progressive Alliance Strategie beantwortet<br />

werden sollen sind mindestens:<br />

• Wie kann die PA über die vorgenannten Punkte hinaus eine wirkungsvolle<br />

und entscheidungsrelevante internationale Kooperation<br />

ihrer Mitgliedsparteien und deren Regierungsmitglieder<br />

bewirken?<br />

• Welche Schwerpunkte zu fortschrittlichen Themen auf internationaler<br />

Ebene, wie z. B. globale ökonomische Ungleichheit, Bekämpfung<br />

von Armut, Sicherung von Frieden, Bekämpfung des<br />

Klimawandels sollen gesetzt werden?<br />

• Welche Partizipationsmöglichkeiten für unterschiedliche interessierte<br />

Parteigliederungen (Arbeitsgemeinschaften, Landesverbände,<br />

etc.) können realisiert werden und wie?<br />

• Wie laufen Meinungsbildungsprozesse in einem solchen „losen“<br />

Netzwerk ab?<br />

• Wie soll der Reformprozess der SI weitergehen und wie bringt<br />

sich die <strong>SPD</strong> ein?<br />

• Wie stellt sich die <strong>SPD</strong> zukünftig das Verhältnis zwischen SI und<br />

PA vor?<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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Antragsbereich A<br />

Antrag 15<br />

Landesverband Berlin<br />

Die Sozialistische Internationale wieder<br />

zur globalen Vorkämpferin internationale<br />

Solidarität machen!<br />

Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, auf die offenkundigen Struktur- und<br />

Führungsprobleme der SI und die Krisenerscheinungen in ihrer Arbeit<br />

nicht mit kurzsichtigen Sanktionen wie einer Einstellung der<br />

Beitragszahlungen und Austrittsdrohungen zu reagieren, sondern<br />

ein Höchstmaß an Beiträgen dazu zu leisten, die SI wieder in die<br />

Lage zu versetzen, ihre Aufgabe als Motor einer Politik der internationalen<br />

Solidarität und einer glaubwürdigen Förderung der Rezeption<br />

und Umsetzung der Ziele des Demokratischen Sozialismus im<br />

globalen Rahmen vollgültig zu erfüllen. Die Wiederherstellung der<br />

Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der SI ist nicht nur aufgrund<br />

ihrer geschichtlichen Rolle in der Entwicklung der internationalen<br />

Arbeiterbewegung, Friedensbewegung und den mit ihrem<br />

langjährigen Vorsitzenden Willy Brandt verbundenen globalen Anstrengungen<br />

zur Lösung des Nord-Süd-Konflikts und der Erfolge<br />

bei der Umwandlung der südeuropäischen Staaten Griechenland,<br />

Spanien und Portugal sowie eine Reihe von Staaten Lateinamerikas<br />

in moderne Demokratien geboten. Eine erneuerte SI wird vielmehr<br />

gerade heute gebraucht, um der neoliberalen Entsolidarisierung<br />

eine globale Bewegung für Demokratie und soziale Gerechtigkeit<br />

entgegen setzen zu können und überall in der Welt alle Menschen<br />

zu unterstützen, die sich von entwürdigenden politischen und sozialen<br />

Abhängigkeiten zu befreien versuchen.<br />

Initiativen zur Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit der SI<br />

Die SI muss in die Lage versetzt werden, z.B. den Aufbau demokratischer<br />

Strukturen in den Transformationsländern des Arabischen<br />

Frühlings wirksam und glaubwürdig zu unterstützen.<br />

Angesichts der langjährigen Mitgliedschaft undemokratischer<br />

Staatsparteien aus dem arabischen Raum wie der Nationaldemokratischen<br />

Partei Ägyptens (NDP), die Hosni Mubarak stützte oder<br />

des tunesischen Rassemblement Constitutionel Demémocratique<br />

(RCD), die den tunesischen Diktator Zine el-Abidine Ben Ali an<br />

der Macht hielt, muss die SI Verfahren für die Aufnahme und den<br />

Ausschluss von potentiellen Mitgliedsparteien entwickeln, die einerseits<br />

den Anforderungen von Rechtsstaatlichkeit, Transparenz<br />

und Überprüfbarkeit genügen, andererseits aber genügend Flexibilität<br />

und Handlungsfähigkeit bieten, um auf Fehlentwicklungen<br />

und Strukturprobleme in einzelnen Mitgliedsparteien und politische<br />

Veränderungen in einzelnen Regionen rechtzeitig und angemessen<br />

reagieren zu können.<br />

Die SI muss dafür keineswegs das Prinzip aufgeben, zur Wahrung<br />

eines Höchstmaßes an Möglichkeiten zur Konfliktlösung mit friedlichen<br />

und diplomatischen Mitteln mit allen gesprächsbereiten Konfliktpartnern<br />

zu reden und sich für gute Dienste zur Friedenssicherung<br />

fähig und bereit zu halten. Die Grenze der Zusammenarbeit<br />

und der Mitgliedschaft für politische Gruppierungen, die der Familie<br />

der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien angehören<br />

wollen, muss aber dort gezogen werden, wo eine derartige Gruppierung<br />

über längere Zeit im Kernbereich ihres politischen Auftretens,<br />

in ihrem Staatsverständnis und im Verhalten gegenüber der Bevölkerung<br />

des eigenen Landes und im Umgang mit konkurrierenden<br />

politischen Gruppierungen eklatant gegen Grundsätze von Rechtsstaatlichkeit,<br />

Demokratie und sozialer Gerechtigkeit verstößt. Es<br />

müssen in der Praxis anwendbare Verfahren gefunden werden, um<br />

die hier entwickelten Grundsätze in konkreten Konfliktfällen mit<br />

einzelnen aktuellen oder potentiellen Mitgliedsparteien zum Tragen<br />

zu bringen. Um die Problematik einer Mitgliedschaft von Gruppierungen<br />

zu vermeiden, die als gesprächs- und verhandlungsbereite<br />

A15<br />

Die Sozialistische Internationale wieder<br />

zur globalen Vorkämpferin internationale<br />

Solidarität machen!<br />

Überweisung an Kommission Internationale Politik beim <strong>SPD</strong>-<br />

Parteivorstand<br />

62


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Konfliktpartner in Prozesse der Friedenssicherung einbezogen werden<br />

sollen, kann der Status eines Beobachters genutzt werden.<br />

Regeln zur Sicherung der Grundwerte<br />

Der PV schlägt den Entscheidungsgremien der SI eine unabhängige<br />

Kommission vor, welche als eine Art Frühwarnsystem jede Mitgliedsorganisation<br />

alle drei Jahre überprüft.<br />

Es wird überprüft, ob die Partei inhaltlich den Grundsätzen Freiheit,<br />

Gleichheit und Solidarität folgt und sich dabei für Demokratie,<br />

Menschenrechte und den weltweiten Frieden einsetzt. Die<br />

Kommission besteht aus unabhängigen Beobachterinnen und Beobachtern,<br />

wobei auf die Ausgewogenheit bei Nationalität, Geschlecht<br />

und Alter geachtet wird.<br />

Die Kommission erstellt am Ende ihrer Untersuchungen einen Bericht,<br />

der dann dem Kongress vorgelegt wird. Der Kongress entscheidet<br />

aufgrund dieses Berichts über einen Ausschluss eines Mitglieds<br />

oder die Suspendierung seiner Mitgliedschaft. Der Vorstand der SI hat<br />

das Recht, in einer Stellungnahme zu dem Kommissionsbericht die<br />

Folgen derartiger Entscheidungen des Kongresses abzuschätzen und<br />

zu bewerten und Empfehlungen für die Abstimmung abzugeben.<br />

Die unabhängige Kommission könnte im Falle konkurrierender<br />

Ansprüche von sich als sozialistisch oder sozialdemokratisch definierender<br />

Parteien auf Zugehörigkeit zur sozialistisch/sozialdemokratischen<br />

Parteienfamilie und auf Teilhabe an den Grundwerten<br />

des Demokratischen Sozialismus in einzelnen Ländern und Regionen<br />

im Zusammenwirken mit dem Vorstand der SI Empfehlungen<br />

an den Kongress der SI geben, welche Parteien zu einem Antrag<br />

auf Mitgliedschaft in der SI ermuntert bzw. welche bereits vorliegenden<br />

Aufnahmeanträge von dem jeweiligen Kongress behandelt<br />

werden sollen. Ein solches Vorprüfungsverfahren empfiehlt sich<br />

etwa für die Balkanregion, in der etwa 30 miteinander konkurrierende<br />

sozialdemokratische oder sozialistische Parteien und Gruppierungen<br />

bestehen. Es muss in jedem Fall vermieden werden, dass<br />

SI-Kongresse in öffentlicher Debatte über derartige konkurrierende<br />

Anträge auf Mitgliedschaft in der SI zu entscheiden haben. Abstimmungen<br />

über die Aufnahme neuer Mitglieder und die Beendigung<br />

oder Suspendierung von bestehenden Mitgliedschaften entscheidet<br />

in der Regel der alle drei Jahre tagende turnusmäßige Kongress der<br />

SI. Für dringende Fälle muss ein demokratisches Urgent-Action-<br />

Verfahren etabliert werden, in dem etwa die Vorstände der Mitgliedsorganisationen<br />

innerhalb einer bestimmten Frist dem Antrag<br />

des Vorstands oder einer bestimmten Zahl von Mitgliedsorganisationen<br />

auf Ausschluss oder Suspendierung der Mitgliedschaft<br />

schriftlich mit qualifizierter Mehrheit zustimmen.<br />

Eine solche Entscheidung kann auf dem nächsten Kongress durch<br />

einen satzungsgemäßen Kongressbeschluss bestätigt, aufgehoben<br />

oder verändert werden.<br />

Für eine zeit- und aufgabengemäße Führungsstruktur der SI<br />

Um die Führung der SI in die Lage zu versetzen, ihrer Arbeit unabhängig<br />

von den Bedingungen der Machtsicherung der Mitgliedsorganisationen<br />

im eigenen Land die nötigen Impulse zu geben, sollte<br />

das Präsidium in Zukunft nicht mehr von Parteivorsitzenden einzelner<br />

Mitgliedsorganisationen besetzt werden, sondern von Personen,<br />

die kein leitendes Amt in ihrer Partei oder in der Regierung inne<br />

haben. Vor allem sollte der/die Vorsitzende der SI nicht zugleich<br />

Regierungschef/Regierungschefin in seinem/ihrem Land sein. Präsidiumsmitglieder<br />

sollen nur einmal wiedergewählt werden können.<br />

Das Präsidium sollte quotiert sein, was nicht nur institutionell zu<br />

einer Stärkung der internationalen Frauenbewegung führt, sondern<br />

auch ein klares politisches Signal nach außen für die internationale<br />

Durchsetzung von Geschlechterdemokratie ist. In jedem Fall müssen<br />

die Präsidiumsmitglieder über die zeitlichen und inhaltlichen<br />

Kapazitäten für eine regelmäßige Gremienarbeit verfügen um sicher<br />

zu stellen, dass die Positionen der einzelnen Mitgliedsorganisationen<br />

und der SI als ganzer eine globale Öffentlichkeit erreichen.<br />

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Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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Sicherung der Zukunft der SI durch einen starken Jugendverband<br />

Der PV setzt sich in den Gremien der SI dafür ein, dass die International<br />

Union of Socialist Youth (IUSY) als Jugendorganisation der<br />

SI anerkannt wird. Über die bestehende formale Kooptation des/<br />

der Präsidenten/in in das Präsidium hinaus ist ein aktives Mitsprache-<br />

und Stimmrecht für die IUSY in den einzelnen Kommissionen<br />

und Gremien herzustellen – so wie es die Socialist International<br />

Women (SIW) schon erreicht haben.<br />

Für mehr innerorganisatorische Demokratie und Partizipation<br />

in der SI<br />

Der PV tritt für eine Ergänzung der bisherigen Diskussions- und<br />

Beteiligungsmöglichkeiten in regionalen und thematischen Komitees<br />

der SI um Diskussionsforen und Partizipationsformen ein, in<br />

denen auch Nichtmitglieder und NGO ihre Vorschläge, Ideen und<br />

Visionen einbringen können.<br />

Reformschritte kontinuierlich und zeitnah evaluieren!<br />

Internationale Solidaritätsarbeit in der <strong>SPD</strong> stärken!<br />

Der PV begleitet und gestaltet den Reformprozess der SI aktiv und<br />

konstruktiv und tritt dafür ein, dass die einzelnen Reformschritte kontinuierlich<br />

und zeitnah auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Er sorgt<br />

auch durch innerparteiliche Aufklärungs- und Bildungsarbeit zu seinem<br />

Teil dafür, dass die <strong>SPD</strong> die Arbeit und Entwicklung der SI nicht weiter<br />

nur als außen stehende Beobachterin kritisch beleuchtet, sondern zu ihrer<br />

ureigenen Angelegenheit macht.<br />

Die Parteigremien auf allen Ebenen bleiben aufgefordert, die SI und<br />

die internationale Solidaritätsarbeit der <strong>SPD</strong> in Organisationen wie der<br />

IUSY und den SPE-Aktiv-Gruppen zum ständigen und wiederkehrenden<br />

Thema der Parteiarbeit zu machen.<br />

Die Stärkung der internationalen Dimension des demokratischen Sozialismus<br />

und die Ausgestaltung der internationalen Solidarität zu einer<br />

im Alltag erfahrbaren und erlebbaren Dimension sozialdemokratischen<br />

Handelns und Lebens bleibt dauerhafte Aufgabe der gesamten Partei.<br />

Antragsbereich A<br />

Antrag 16<br />

Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />

Änderung Art 12 A GG-für eine<br />

sozialdemokratische und moderne<br />

Regelung<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />

Der Art. 12 a GG wird geändert. Art. 12 a Abs. 1, 2 GG werden<br />

gestrichen. Es wird ein neuer Absatz 1 eingefügt, der folgenden<br />

Wortlaut hat:<br />

(1) Der Wehrdienst ist abgeschafft.<br />

Ferner – durch den Wegfall des Absatzes 2 – ändert sich die Nummerierung<br />

der bisherigen Absätze 3 bis 6 um je eine Zahl davor.<br />

Außerdem wird der neue Absatz 2 (bisher Absatz 3) umformuliert:<br />

(2) Im Verteidigungsfall können Männer im wehrfähigen Alter<br />

durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu zivilen<br />

Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung einschließlich<br />

des Schutzes der Zivilbevölkerung in Arbeitsverhältnisse verpflichtet<br />

werden. Im wehrfähigen Alter befinden sich Männer<br />

ab dem vollendeten achtzehnten Lebensjahr. [...]<br />

A16<br />

Änderung Art 12 A GG-für eine<br />

sozialdemokratische und moderne<br />

Regelung<br />

Ablehnung<br />

65<br />

64


Bildungs-, Wissenschaftsund<br />

Jugendpolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 1<br />

Unterbezirk Groß-Gerau (Bezirk Hessen-Süd)<br />

Einführung gebührenfreier<br />

Kindertagesplätze in den Kommunen<br />

und Städten sowie Ausweitung der<br />

Kostenbeteiligung<br />

Die Bundesregierung wird aufgefordert, durch gesetzliche Maßnahmen<br />

sicher zu stellen, dass die Kosten für den Besuch von<br />

Kindertagesstätten flächendeckend und vollständig übernommen<br />

werden.<br />

B1<br />

Einführung gebührenfreier<br />

Kindertagesplätze in den Kommunen<br />

und Städten sowie Ausweitung der<br />

Kostenbeteiligung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 2<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Kinderbetreuungskosten<br />

Kinderbetreuungskosten für U 3-Kinder, Ü 3-Kinder und Hortbetreuung<br />

(1. bis 4. Klasse) werden zukünftig zu je 1/3 von Bund,<br />

Land und Städten/Gemeinden getragen. Bestehende bessere Regelungen<br />

für die Eltern bleiben bestehen.<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 3<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Unsere Schule: Bildung, Demokratie und<br />

Lebenskompetenz<br />

Analyse<br />

Während gerechte Bildungspolitik für benachteiligte Schülerinnen<br />

und Schüler keinerlei Aufschub verträgt, ist festzustellen, dass das<br />

aktuelle Bildungssystem grundsätzlich stark Reform- und verbesserungsbedürftig<br />

ist.<br />

Verschiedene Aspekte des aktuellen Bildungssystems laufen unseren<br />

Ansprüchen nach Gerechtigkeit und Chancengleichheit linear<br />

zuwider. Diese inakzeptablen Aspekte reichen von grundsätzlichen<br />

Ideen hinter bildungspolitischen Handlungen, die einer modernen<br />

Gesellschaft absolut unangemessen sind, bis hin zu konkreten bildungspolitischen<br />

Umsetzungen, die sowohl im Ansatz, als auch in<br />

der entsprechenden Art und Weise der Realisierung große Missstände<br />

aufweisen, die dringend ausgebessert gehören.<br />

Das Risiko von Armut und/oder Arbeitslosigkeit bedroht zu sein<br />

wird eindeutig vom Bildungsstand beeinflusst. Parallel zu dieser<br />

Tatsache erscheint es zynisch, dass Deutschland sich ganzheitlich<br />

noch immer nicht auf den Weg gemacht hat, um Missstände, die zu<br />

einer gefährlichen Kluft in Chancen und anschließend konkreten<br />

Abschlüssen führen, zu beseitigen.<br />

Seit der ersten PISA-Studie 2000 erscheinen jährlich neue Studien,<br />

die die schockierenden Befunde von PISA regelmäßig erneuern<br />

und bestätigen. Erst kürzlich stellte der sog. „Chancen-Spiegel“,<br />

der im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung vom Dortmunder Schulentwicklungs-<br />

und Forschungs-Institut verfasst wurde, fest, dass es<br />

kein einziges der 16 unterschiedlichen Schulsysteme in Deutschland<br />

schafft, gleichzeitig gerechte und qualitativ hochwertige staatliche<br />

Schulangebote zu realisieren.<br />

B2<br />

Kinderbetreuungskosten<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

B3<br />

Unsere Schule: Bildung, Demokratie und<br />

Lebenskompetenz<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

66


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Dieser Zustand ist eindeutig nicht akzeptabel. Ganz gleich, an welcher<br />

Stelle man bildungspolitisch ansetzen möchte – zu verbessern<br />

gibt es viel.<br />

Von der finanziellen Perspektive aus betrachtet sieht es gewohnt<br />

schlecht aus: Die Bundesrepublik Deutschland hat im Jahre 2008<br />

lediglich 4,55% des BIP für Bildung ausgegeben, während sich nur<br />

der EU-Durchschnitt auf 5,07% Bildungsausgaben belaufen und<br />

Schweden z.B. ganze 6,74% für Bildung ausgegeben hat, obwohl<br />

dieser Wert noch nicht einmal das Maximum an Bildungsausgaben<br />

darstellt.<br />

Durch die frühe Selektion in unserem mehrgliedrigen Schulsystem<br />

wird nach wie vor soziale Ungleichheit geschaffen. Zusätzlich führen<br />

die unterschiedlichen Ausführungen des Schulsystems in den<br />

16 Bundesländern zu Problemen bei Umzug und Vergleichbarkeit<br />

der Abschlüsse innerhalb Deutschlands.<br />

Im Folgenden beschreiben wir unsere Vorstellung von der offenen<br />

Architektur eines deutschen Schulsystems, das endlich Chancengleichheit,<br />

Gerechtigkeit und moderne Bildung ermöglicht.<br />

Wir fordern unsere Kommunal-, Landes- und BundespolitikerInnen,<br />

ihre jeweiligen Fraktionen, sowie den Parteivorstand der <strong>SPD</strong><br />

im Sinne des sozialdemokratischen Versprechens „Aufstieg durch<br />

Bildung“ eindringlich auf, sich wieder auf die traditionellen Werte<br />

unserer Partei zu besinnen und auf dem im Folgenden zu beschreibenden<br />

Weg mutig und entschlossen voranzuschreiten.<br />

Moderne Bildung<br />

Bildung ist für uns der Schlüssel zu Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung<br />

und eine gerechte Gesellschaft. Die Befähigung der<br />

Menschen zur verwertbaren Arbeitskraft darf niemals im Zentrum<br />

von Bildung stehen!<br />

Ethisches Grundgerüst<br />

Wir begreifen Schulpolitik als reelle Chance auf eine Gesellschaft,<br />

in der die Ideale der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Solidarität<br />

größtenteils wesentliche Grundpfeiler darstellen. Deshalb fordern<br />

wir eine Abkehr vom gegliederten Schulsystem, hin zu einer inklusiven<br />

Ganztags-Gemeinschaftsschule. Wir stehen für eine Pädagogik,<br />

in der nicht die stupide Reproduktion von <strong>Inhalt</strong>en im Zentrum<br />

liegt, sondern die inhaltlichen Interessen der SchülerInnen.<br />

Wir wollen eine Gesellschaft der Gemeinschaft erreichen und für<br />

die Schwächeren in der Gesellschaft eintreten. Wir wollen Schulen,<br />

die zeigen, wie gemeinsames, gemeinschaftliches, freies, gerechtes,<br />

solidarisches, spannendes – modernes Lernen funktionieren<br />

kann und funktionieren sollte. Schulen, die Bildungsgerechtigkeit<br />

und den Glauben an eine solidarische Gemeinschaft ausstrahlen.<br />

Unsere Schule: Bildung, Demokratie, Lebenskompetenz.<br />

Die Bundesrepublik Deutschland muss ihre Bildungsausgaben<br />

massiv erhöhen.<br />

Der deutsche Bildungsföderalismus ist ein nicht mehr praktikables<br />

Relikt aus vergangenen Zeiten und muss beseitigt werden. Kommunen<br />

sollen zwar weiterhin über Standorte, Ausstattung, Raumbedarf<br />

usw. ihrer Schulen vor Ort entscheiden, die Bildungskompetenz<br />

geben die Bundesländer aber an den Bund ab, der einen<br />

bundesweit einheitlichen gesetzlichen Rahmen festlegt, in dem eindeutig<br />

fixiert ist, welche Modifikationsoptionen für Bundesländer<br />

und Kommunen bestehen und welche Bedingungen alle staatlichen<br />

Schulen in Aufbau und Umsetzung unbedingt erfüllen müssen.<br />

• Es muss eine bundesweit zumindest grundgleiche Schulform<br />

festgelegt und die deutsche Schullandschaft entsprechend umgestaltet<br />

werden. Wir sprechen uns für inklusiv arbeitende Ganztags-Gemeinschaftsschulen<br />

aus. Zum weiteren Auf- und Ausbau<br />

von Ganztagsschulen soll das Investitionsprogramm Zukunft,<br />

Bildung und Betreuung (IZBB) wiederholt aufgelegt werden.<br />

Die Gemeinschaftsschule soll alle SchülerInnen bis zur Stufe<br />

Zehn gemeinsam unterrichten und anschließend allen Interessierten<br />

den Wechsel in die Oberstufe ermöglichen, in der in Interessensgruppen<br />

unterrichtet wird.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

67


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

• Das Abitur soll bundesweit nach dreizehn Jahren erreicht werden,<br />

um Leistungsstress und Leistungsdruck effektiv zu verhindern.<br />

• Es müssen weitaus mehr Lehrkräfte eingestellt werden, um einen<br />

Betreuungsschlüssel zu ermöglichen, der individuelle Förderung<br />

in kleinen Klassen zulässt.<br />

• Das gesamte Schulsystem, vielmehr das gesamte Bildungssystem<br />

der Bundesrepublik Deutschland muss gänzlich kostenfrei<br />

gestaltet sein.<br />

• Es müssen ausreichend PsychologInnen und SozialarbeiterInnen<br />

in Schulen nach Bedarf zur Verfügung stehen.<br />

• Allen SchülerInnen muss mindestens eine kostenlose, nach gesundheitlichen<br />

Aspekten vollwertige Mahlzeit zur Verfügung gestellt<br />

werden.<br />

• Die Ausbildung von LehrerInnen muss nach bundeseinheitlichen<br />

Standards und mit Fokus auf die pädagogischen Lehrinhalte reformiert<br />

werden. Einen weiteren besonderen Stellenwert soll interkulturelles<br />

Hintergrundwissen einnehmen, das generell in die<br />

LehrerInnenausbildung einfließt.<br />

• Muttersprachlicher Unterricht muss gefördert werden aber auf<br />

freiwilliger Basis erfolgen. Die Schulen sollen dazu angehalten<br />

werden, regelmäßige internationale Projektwochen durchzuführen.<br />

Die unterschiedlichen Kulturen sollen mit entsprechenden<br />

Modulen in die Lehrpläne verankert werden, um Unterschiede<br />

kennenzulernen, Hemmschwellen abzubauen und Gemeinsamkeiten<br />

zu entwickeln.<br />

• Asylsuchende sowie Flüchtlinge werden von Beginn ihres Aufenthaltes<br />

in Deutschland an regulär beschult und fallen unter die<br />

Schulpflicht.<br />

• Ein gemeinsamer Ethikunterricht in dem die verschiedenen Religionen<br />

unter wissenschaftlichen Aspekten behandelt werden,<br />

soll die getrennten Religionsunterrichte generell ersetzen.<br />

• Es muss bereits ab dem Kindergarten eine lebendige Erziehung<br />

zur Demokratie stattfinden. Die SchülerInnenvertretungen müssen<br />

auf- und ausgebaut werden. Eine SchülerInnenvertretung<br />

im Bund muss organisiert werden. Schule muss demokratischer<br />

werden. Das bedeutet vor allem, die Stärkung der Stimme der<br />

SchülerInnen. Für eine starke Mitbestimmung von SchülerInnen<br />

in den Entscheidungsgremien der Schulorganisation muss gesorgt<br />

werden! Beispielsweise sollten Schulleitungen durch die<br />

Entscheidungsgremien der Schulen demokratisch gewählt werden<br />

und nicht einfach vom Schulträger eingesetzt werden.<br />

• Zusätzlich müssen den SchülerInnenvertretungen mehr Gestaltungs-<br />

und Mitbestimmungsmöglichkeiten gegeben werden.<br />

Hier ist ein allgemeinpolitisches Mandat und eine bessere Finanzierung<br />

unabdinglich!<br />

• Die subjektiven Zahlennoten sind durch individuelle Portfolios<br />

zu ersetzen, welche gemeinsam erarbeitete Lernentwicklung planen,<br />

in denen die individuelle Lernentwicklung betrachtet wird<br />

enthalten.<br />

• Deutschland trägt durch die eigene Schuld eine besondere Verantwortung,<br />

immer und überall gegen Faschismus und Rassismus<br />

aktiv zu sein. Schulen sollen ihre SchülerInnen aktiv zum Antifaschismus<br />

und zur Antidiskriminierung erziehen. Projekte, wie<br />

z.B. „Schule ohne Rassismus– Schule mit Courage“ oder „Schule<br />

gegen Homophobie“ sollen eingesetzt und gefördert werden.<br />

• Der Bundeswehr muss generell verboten werden, in Schulen für<br />

sich zu werben. Sämtliche Verträge zwischen Bundesländern<br />

und Bundeswehr diesbezüglich sind unverzüglich aufzulösen.<br />

• Ein Kreis aus Sachverständigen soll eine Richtlinie zur Medienkompetenz<br />

in Schulen entwickeln, um der voranschreitenden<br />

Entwicklung durch die Schule gerecht zu werden.<br />

• SchülerInnen müssen ein begrenztes Streikrecht erhalten. Kein/e<br />

SchulleiterIn und kein Ministerium darf SchülerInnen Meinungsbekundungen<br />

in Form von öffentlichen Protesten untersagen.<br />

• Die von der BRD unterzeichnete UN-Behindertenrechtskonvention<br />

muss im schulischen Bereich zügig umgesetzt werden.<br />

Daher soll ein bundesweites Programm, angelehnt an das IZBB,<br />

zum Ausbau inklusiver Schulen eingerichtet werden.<br />

68


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 4<br />

Ortsverein Remlingen (Bezirk Braunschweig)<br />

Schulen - Klassengrößen reduzieren<br />

Die Klassengrößen in der Grundschule, Hauptschule, Realschule,<br />

Gesamtschule und im Gymnasium sind zu reduzieren. Die Klassengröße<br />

soll bei der Grundschule und Hauptschule auf max. 20<br />

Schüler/innen reduziert werden. Bei der Realschule, Gesamtschule<br />

und Gymnasium soll die Klassengröße auf max. 25 Schüler/innen<br />

reduziert werden.<br />

B4<br />

Schulen - Klassengrößen reduzieren<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 5<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Privatschulen überwinden!<br />

(Juso-SchülerInnen über Bundesvorstand Jusos zur Weiterleitung<br />

an den Bundesparteitag)<br />

Wir Juso-Schülerinnen fordern schon lange die eine Schule für<br />

Alle. Dem jedoch steht seit Jahrzehnten eine stetig ansteigende<br />

Zahl von SchülerInnen, die eine Privatschule besuchen entgegen.<br />

Unser Ziel ist die beste Schule als reguläres, staatliches Angebot.<br />

Von 1992-1993 bei 445.609 PrivatschülerInnen stieg die Zahl bis<br />

2009/10 auf 704.632. Das zeigt zum einen, dass immer mehr Menschen<br />

Alternativen zum katastrophalen staatlichen Schulsystem suchen,<br />

und ist zum anderen ein Beleg für die zunehmende soziale<br />

Spaltung unserer Gesellschaft.<br />

Statistiken zeigen nämlich, dass an Privatschulen überdurchschnittlich<br />

Kinder aus AkademikerInnenfamilien, beziehungsweise<br />

bildungsnahen Haushalten und finanziell privilegierten Milieus<br />

vertreten sind. Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung besuchen<br />

11,6% Kinder aus einkommensstarken Haushalten (das sind<br />

laut der Studie 150% des Medians) eine Privatschule, während der<br />

Gesamtanteil der PrivatschülerInnen nur bei 7,8% liegt. Von allen<br />

SchülerInnen mit Migrationshintergrund sind nur 4% auf einer Privatschule,<br />

bei jenen ohne Migrationshintergrund liegt der Anteil<br />

bei 9%. Privatschulen stellen somit eine Gefahr für das Gelingen<br />

des Projektes Gemeinschaftsschule dar, weil sie als eine Art Exil<br />

für Bessergestellte fungieren.<br />

Besonders kritisch sehen wir Privatschulen in kirchlicher bzw. religiöser<br />

Trägerschaft. Es darf nicht sein, dass aufgrund des religiösen<br />

Glaubens der Eltern Kindern allgemeines Wissen vorenthalten wird<br />

und z.B. im Biologieunterricht die Evolutionslehre nicht gelehrt<br />

wird. Allgemein gültige und bewiesene wissenschaftliche Erkenntnisse<br />

müssen allgemeines Lehrgut werden und an allen Schulen<br />

zwingend zum Lehrplan gehören.<br />

Das Miteinander unterschiedlicher Milieus ist essentiell für die<br />

Chancengerechtigkeit im Bildungssystem. Nur wenn Kinder sowohl<br />

aus bildungsfernen, als auch bildungsnahen, sowohl mit, als<br />

auch ohne Migrationshintergrund, sowohl aus einkommensschwachen,<br />

als auch einkommensstarken Haushalten gemeinsam in einer<br />

Schule lernen, kann sich die Idee der Gemeinschaftsschule entfalten,<br />

bei der Schwächere von Stärkeren, und Stärkere von Schwächeren<br />

profitieren.<br />

Für mehr Vielfalt an unseren Schulen!<br />

Privatschulen verletzen oftmals den Grundsatz der Gebührenfreiheit,<br />

der für den gesamten Bildungsbereich gelten sollte, weil Bildung unserer<br />

Auffassung nach keine Frage des Geldbeutels sein darf, sondern<br />

ein Menschenrecht ist. Wer im Bildungsbereich nach sozialen<br />

Faktoren selektiert, schwächt den Zusammenhalt in der Gesellschaft,<br />

B5<br />

Privatschulen überwinden!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

69


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

indem er den Aufstiegsglauben vieler Milieus zerstört und eine freie<br />

und selbstbestimmte Zukunft dieser Menschen konterkariert.<br />

Unser Bildungssystem weist eine Fülle von Defiziten auf, und das<br />

nicht erst seit gestern. Deshalb erscheinen Privatschulen aktuell<br />

für viele Eltern noch als eine pädagogische Alternative im Sinne<br />

besserer Bildung ihrer Kinder. Um Privatschulen überflüssig zu<br />

machen, müssen wir das staatliche System erheblich verbessern.<br />

Dafür wäre es notwendig, bewährte alternative pädagogische Konzepte<br />

von Privatschulen in staatliche Schulen zu integrieren, die<br />

zur Verbesserung des Bildungsangebots an staatlichen Schulen<br />

beitragen könnten, und von ihnen zu lernen. Außerdem muss die<br />

dauerhafte Unterfinanzierung des öffentlichen Bildungssektors beendet<br />

werden. Das bedeutet für uns eine deutliche Erhöhung des<br />

Bildungsetats!<br />

Sprich: Privatschulen weg, gutes staatliches Schulsystem her!<br />

Kurz: Damit die Privatschulen langfristig überflüssig werden,<br />

brauchen wir höhere Investitionen in Bildung –Investition in Schule<br />

ist immer auch Investition in Zukunft!<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 6<br />

Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />

Die Reformierung der zweigleisigen<br />

betrieblichen Ausbildung<br />

Ausgangslage - Warum muss der Mensch arbeiten? Der Mensch<br />

ist, ganz besonders in der heutigen Zeit, auf Arbeit angewiesen. Er<br />

ist auf Arbeit angewiesen um für sich oder gar seine Familie zu sorgen,<br />

seinen gerechten Beitrag zur Solidargemeinschaft zu leisten<br />

und sein Wissen bzw. seine Fähigkeiten an andere weiterzugeben.<br />

Arbeit, egal welcher Art, ist oft der Dreh- und Angelpunkt unseres<br />

Lebens in einer globalisierten Welt. Und Grundlage für eine solche<br />

Arbeit ist eine gute, fundierte und fair entlohnte Ausbildung. Leider<br />

ist diese hierzulande oft immer noch Mangelware. Auszubildende<br />

werden als schlecht bezahlte Aushilfskräfte angesehen oder<br />

verrichten mitunter ausbildungsfremde Tätigkeiten. Oft zieht diese<br />

mangelhafte Behandlung während der betrieblichen Ausbildung<br />

eine enorme Demotivierung nach sich, die auch nach der Ausbildung<br />

im eigentlichen Berufsleben immer noch anhält.<br />

Die Reformierung der zweigleisigen Betrieblichen Ausbildung<br />

In Deutschland findet eine solche betriebliche, nicht akademische<br />

Ausbildung, zweigleisig statt. Neben der betrieblichen Ausbildung<br />

muss der / die Auszubildende auch eine Ausbildung in einer Berufsschule<br />

bzw. Berufsakademie absolvieren. Leider ist hier in letzterer<br />

oftmals nur eine sehr durchwachsene Verzahnung zwischen<br />

Lehranstalt und Ausbildungsbetrieb gegeben und Auszubildende<br />

werden zu sehr auf die Abschlussprüfung der jeweiligen Handelsoder<br />

Handwerkskammer fixiert und die berufliche Praxis bleibt auf<br />

der Strecke.<br />

In diesem Zusammenhang ist es nicht unser Ziel die Einrichtung<br />

der „Berufsschule“ an sich abzuschaffen. Eine duale, zweigleisige<br />

Ausbildung in Form von Ausbildung im Betrieb und Ausbildung<br />

in einer Bildungseinrichtung muss erhalten bleiben, jedoch spricht<br />

sich die <strong>SPD</strong> für eine engere Verzahnung zwischen dieser Bildungseinrichtung<br />

und dem Ausbildungsbetrieb aus. Durch ein Mehr an<br />

Mitarbeit und Teilhabe der ausbildenden Betriebe bei der theoretischen<br />

Ausbildung durch beispielsweise Workshops, Seminare oder<br />

überbetrieblichen Austausch bei der praktischen Berufsausbildung<br />

können den Auszubildenden auch Fähigkeiten im Bezug auf ihre<br />

Ausbildung näher gebracht werden, auf die der ausbildende Betrieb<br />

intern eventuell weniger wert legt. Ferner wird dadurch auch dem<br />

oft bemängelten fehlenden Praxisbezug bei der theoretischen Berufsausbildung,<br />

der durch die reine Fixierung auf den Ausbildungs-<br />

B6<br />

Die Reformierung der zweigleisigen<br />

betrieblichen Ausbildung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

70


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

plan der jeweiligen Handels- oder Handwerkskammer hervorgerufen<br />

wird, mit Hilfe dieser Mittel entgegengetreten und die theoretische<br />

Berufsausbildung attraktiver gestaltet.<br />

Diese angesprochene Mitarbeit bzw. Teilhabe der ausbildenden<br />

Betriebe soll aber nur als Ergänzung oder Bereicherung der theoretischen<br />

Ausbildung angesehen werden. Eine gänzliche „Privatisierung“<br />

der theoretischen Berufsausbildung durch deren völlige Übernahme<br />

durch die ausbildenden Betriebe lehnen wir hingegen ab.<br />

Wie schon in den Jahren zuvor fordern wir: Allerdings ersetzt eine<br />

noch so gute zweigleisige Ausbildung nicht eine fundierte, qualitativ<br />

hochwertige Ausbildung. Diese ist jedoch sehr kostenintensiv.<br />

Jene Unternehmen die Aufgrund der hohen Kosten nicht zur<br />

Ausbildung der nächsten Generation beitragen, müssen dies finanziell<br />

durch eine Ausbildungsplatzabgabe zu spüren bekommen.<br />

Wir halten daher immer noch die Forderung der letzten Jahre nach<br />

einer solidarischen Ausbildungsplatzumlage aufrecht, mit denen<br />

auch kleineren, finanzschwachen Unternehmen oder Personen die<br />

Möglichkeit gegeben wird, sein Wissen an die nächste Generation<br />

weiterzugeben.<br />

Auch wenn Arbeit wie eingangs erwähnt einen wichtigen Punkt<br />

darstellt, widersprechen wir der lapidar – konservativen These „Sozial<br />

ist was Arbeit schafft“. Wir wollen Arbeit nicht um jeden, sondern<br />

für einen gerechten Preis! Wir fordern weiterhin neben einem<br />

generellen branchenübergreifenden Mindestlohn für ArbeitnehmerInnen<br />

auch eine Lohnuntergrenze für Menschen in Ausbildung,<br />

denn auch diese haben das Recht für ihre Arbeit fair entlohnt zu<br />

werden.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 7<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt<br />

Modularisierung ablehnen<br />

Das Modell der dualen Berufsausbildung ist zu erhalten. Eine Zusammenstreichung<br />

der Ausbildung im Zuge der sogenannten „Modularisierung“<br />

wird abgelehnt.<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 8<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Weiterbildung<br />

Wir brauchen in Bayern einen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub<br />

wie in anderen Bundesländern.<br />

Ferner ist darauf hinzuwirken, dass Fortbildungen wie Meister,<br />

Techniker und MBA nicht mehr durch den/die AbsolventIn zu bezahlen<br />

sind, sondern die Kosten durch einen Fonds gedeckt werden,<br />

in den die jeweiligen Firmen der Branche entsprechend ihrer<br />

Beschäftigtenzahl verpflichtend einzahlen müssen. Dadurch werden<br />

die Firmen zur Fortbildung ihrer MitarbeiterInnen animiert, da<br />

die Kosten durch die Allgemeinheit der jeweiligen Branche aufgebracht<br />

werden. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz ist um die Möglichkeit<br />

von Teilzeit (3- oder 4 Tage/Woche) bei einem Studium<br />

bzw. einer externen staatlich anerkannten<br />

Fort-/Weiterbildung zu erweitern.<br />

B7<br />

Modularisierung ablehnen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

B8<br />

Weiterbildung<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktion Bayern und <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

71


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 9<br />

Landesverband Berlin<br />

Berufsqualifikationen<br />

Erfolgreiche und soziale Umsetzung des Bundesgesetzes zur Verbesserung<br />

der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener<br />

Berufsqualifikationen<br />

Die <strong>SPD</strong> setzt sich für die erfolgreiche Umsetzung des neuen Bundesgesetzes<br />

„Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung<br />

im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ ein und<br />

schafft die dafür erforderlichen Voraussetzungen:<br />

1. Einrichtung von kompetenten Beratungsstellen<br />

2. Festlegung von einheitlichen Gebühren, die nicht zu einer sozialen<br />

Hürde werden<br />

3. Schaffung eines von den Herkunftsländern unabhängigen und<br />

transparenten Anerkennungsverfahren<br />

4. Kostenfreies und finanziell gefördertes Angebot der für eine volle<br />

Gleichstellung erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen an<br />

alle Betroffenen<br />

B9<br />

Berufsqualifikationen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 10<br />

11/05 Friedrichsfelde (Landesverband Berlin)<br />

Kosten für Anerkennungsverfahren<br />

gering halten<br />

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Landtage, der Landesregierungen<br />

sowie des Deutschen Bundestages werden aufgefordert,<br />

sich dafür einzusetzen, dass im Rahmen des Vollzugs des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes<br />

(„Anerkennungsgesetz“) für<br />

die auf Bundesebene geregelten Berufe die zuständigen Stellen die<br />

Kosten für ein Anerkennungsverfahren moderat ausgestalten bzw.<br />

Bezuschussungsmodelle für die Antragsteller entwickelt werden.<br />

Für die anstehende Änderung berufsrechtlicher Regelungen in dem<br />

Zuständigkeitsbereich der Länder (Lehrer/innen, Erzieher/innen<br />

etc.) soll ebenfalls eine geringe Kostenbelastung gewährleisten<br />

werden. Die Neuregelung der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen<br />

im Rahmen des Anerkennungsgesetzes ist derzeit<br />

mit hohen Gebühren und zusätzlichen Kosten, zum Beispiel für<br />

Übersetzungen, verbunden. Dies werden sich Menschen mit geringen<br />

Einkommen nicht leisten können.<br />

B10<br />

Kosten für Anerkennungsverfahren<br />

gering halten<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 11<br />

Landesverband Berlin<br />

klare und einheitliche Regelungen<br />

zur Anerkennung ausländischer<br />

Berufsabschlüsse<br />

Das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz der Bundesregierung ist<br />

nicht weitreichend genug. In der vorliegenden Form werden keine<br />

neue Kultur der Anerkennung und kein Anspruch auf Beratung geschaffen<br />

und es werden keine ausreichenden Brücken ins Berufsleben<br />

für MigrantInnen gebaut. Eine wirkliche Anerkennung der<br />

Berufsabschlüsse von Menschen mit anderer Staatsangehörigkeit ist<br />

ein wichtiger Schritt für eine funktionierende und erfolgreiche Integration<br />

und bekämpft den (künftigen) Fachkräftemangel. Die sozial-<br />

B11<br />

klare und einheitliche Regelungen<br />

zur Anerkennung ausländischer<br />

Berufsabschlüsse<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

72


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

demokratischen Mitglieder des Berliner Senates und des Deutschen<br />

Bundestages werden dazu aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass<br />

• es künftig in Deutschland eine kompetente zentrale Anlaufstelle<br />

für alle Fragen zu ausländischen Berufsabschlüssen gibt.<br />

• es künftig pro Bundesland mehrere Beratungsbüros gibt, die Migranten<br />

und Migrantinnen zeitnah und unbürokratisch über die<br />

Möglichkeiten der Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse informieren.<br />

• es künftig einen gesetzlich verankerten Beratungsanspruch für<br />

die Betroffenen gibt.<br />

• die Betroffenen aller Berufe (nicht nur der reglementierten) einen<br />

Anspruch auf sogenannte Anpassungsmaßnahmen haben, die zu<br />

einer Anerkennung ihres Berufsabschlusses bzw. einer Gleichwertigkeitsbescheinigung<br />

führen. Diese Anpassungsmaßnahmen<br />

müssen finanziell gefördert werden.<br />

• zur Anerkennung eines Abschlusses künftig nicht mehr das Land,<br />

wo die Qualifikation erworben wurde, sondern lediglich die Qualifikation<br />

ausschlaggebend ist und es daher keine pauschale Unterteilung<br />

in EU-Mitgliedsstaat/Nicht-EU-Mitgliedsstaat mehr<br />

gibt, die über die Anerkennung entscheidet.<br />

• die Gebühren des Anerkennungsverfahrens, die der/die Antragsteller/in<br />

tragen muss, so gering wie möglich gehalten werden<br />

und bundesweit einheitlich sind, damit diese nicht zu sozialen<br />

Hürden werden.<br />

• es für die Berufe in Landeshoheit (wie z.B. Lehrer/in) bundesweit<br />

künftig einheitliche Verfahren und Standards zur Anerkennung<br />

gibt.<br />

• es eine zentrale Stelle gibt, die die Qualität, Einheitlichkeit und<br />

Gerechtigkeit der Berufsanerkennungsverfahren überprüft und<br />

für Beschwerden und Wiedersprüche zuständig ist.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 12<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Die Gedanken sind frei-Einfluss der<br />

Wirtschaft auf die Hochschulen Einhalt<br />

gebieten und die Grundfinanzierung<br />

ausbauen!<br />

(Antrag der Juso-Hochschulgruppen über Bundesvorstand der Jusos)<br />

Die Freiheit der Wissenschaft ist in Gefahr – denn der Einfluss der<br />

privaten Wirtschaft auf <strong>Inhalt</strong> und Ausrichtung der Forschung und<br />

Lehre hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Immer wieder<br />

werden Details über Kooperationen von Wirtschaft und Wissenschaft<br />

bekannt, die den Grundsatz der Wissenschaftsfreiheit eindeutig<br />

verletzen. Ein prominentes Beispiel dafür war zuletzt ein Kooperationsvertrag<br />

zwischen Deutscher Bank und Humboldt sowie<br />

Technischer Universität in Berlin: Die Deutsche Bank finanzierte<br />

zwei Professuren, in einem geheimen Vertrag wurden im Gegenzug<br />

Einflussmöglichkeiten festgeschrieben, die in einem Platz in der Berufungskommission<br />

sowie der Ansiedlung des Instituts in räumlicher<br />

Nähe zur Deutschen Bank in Berlin gipfelte.<br />

Die Finanzierung der Hochschulen ist die Aufgabe des Staates und<br />

darf nicht durch private Geldgeber ersetzt werden. Die Grundfinanzierung<br />

der Hochschulen muss deutlich angehoben werden – öffentliche<br />

Bildungseinrichtungen müssen auch öffentlich ausfinanziert<br />

werden! Wir stehen für eine unabhängige Wissenschaft im Dienste<br />

der Gesellschaft und fordern daher ein Verbot privater Drittmittel und<br />

von An-Instituten, also Forschungsinstituten, die rechtlich und organisatorisch<br />

eigenständig sind und eine private Rechtsform haben,<br />

aber an eine Universität angegliedert sind durch deren Anerkennung<br />

und Zusammenarbeit. Sie unterliegen also nicht der Aufsicht der Lan-<br />

B12<br />

Die Gedanken sind frei-Einfluss der<br />

Wirtschaft auf die Hochschulen Einhalt<br />

gebieten und die Grundfinanzierung<br />

ausbauen!<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

73


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

desregierungen und sind meist durch Drittmittel finanziert. Wo Kooperationen<br />

von öffentlichen Wissenschaftsinstitutionen mit privaten<br />

Wirtschaftsunternehmen stattfinden, müssen alle Verträge, Daten und<br />

Forschungsergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden.<br />

Verantwortlich dafür, dass die Abhängigkeit der Hochschulen von<br />

Geldern aus der privaten Wirtschaft immer größer und damit auch<br />

der Beeinflussung von Wissenschaft Tür und Tor geöffnet wurde, ist<br />

auch die unzureichende Grundfinanzierung der Hochschulen: Die<br />

Ausgaben für Bildung und Forschung entsprechen nicht dem Bedarf;<br />

die öffentliche Hand hat nach Berechnungen des Bildungsforsches<br />

Dieter Timmermanns im Auftrag für die Hans-Böckler-Stiftung die<br />

realen Ausgaben pro Kopf nicht adäquat an die steigende Nachfrage<br />

nach formalen Bildungsangeboten angepasst. In der Folge stieg der<br />

Anteil der Drittmittel an der gesamten Hochschulfinanzierung laut<br />

Statistischem Bundesamt von 11 Prozent Mitte der 90er Jahre auf 20<br />

Prozent im Jahr 2011. Die öffentliche Grundfinanzierung hat demnach<br />

als Finanzierungsquelle an Bedeutung verloren.<br />

Dadurch entstand eine chronische Unterfinanzierung der Hochschulen,<br />

die Hochschulleitungen, Dozierende und Forschende in den<br />

Sachzwang bringt, Gelder aus der Privatwirtschaft anzunehmen, um<br />

ihren Forschungs- und Lehrbetrieb überhaupt noch aufrecht erhalten<br />

zu können. Im Saarland beispielsweise lag der Anteil der von Unternehmen<br />

gezahlten Drittmittel laut Stifterverband der deutschen<br />

Wissenschaft im Jahr 2010 bei fast 8 Prozent in Relation zu den<br />

Grundmitteln insgesamt. Den größten Anteil an Drittmitteln machen<br />

öffentliche Drittmittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft aus,<br />

die nur als ergänzende Finanzierung zu einer ausreichenden Grundfinanzierung<br />

und zur Finanzierung besonderer Forschungsvorhaben<br />

im Interesse der Gesellschaft dienen können. Die Finanzierung der<br />

Hochschulen reduziert sich nicht nur auf Drittmittel aus der Privatwirtschaft;<br />

vielerorts beteiligen sich private Unternehmen am Hochschulbau,<br />

sponsern Hörsäle oder aber auch ganze Institute. Der „Saal<br />

der starken Marken“ an der Uni Mannheim ist ein Beispiel dafür.<br />

Dort prangen Firmenlogos an jedem Stuhl, die kennzeichnen, wer<br />

für die Renovierung des Hörsaals gezahlt hat. Die Beispiele dafür<br />

sind zahlreich, vom „Aldi-Süd-Hörsaal“ an der FH Würzburg bis<br />

zum „Aachener-und-Münchener-Halle“ an der RWTH Aachen. An<br />

der Universität Köln geht das wirtschaftliche Sponsoring sogar so<br />

weit, dass Energiekonzerne wie RWE und E.ON ein ganzes „Energiewirtschaftliches<br />

Institut“ in Form eines An-Instituts finanzieren.<br />

Hinzu kommen Stiftungsprofessuren, Auftragsforschung und -studien,<br />

deren inhaltliche Ausrichtung durch nicht-öffentliche Verträge,<br />

durch Absprachen oder Vereinbarungen in vielen Fällen schon<br />

vorher feststeht. Ein erster Schritt ist daher die Transparenz darüber<br />

herzustellen, wo potentiell Beeinflussung stattfindet. Die Initiative<br />

hochschulwatch.de vom freien zusammenschluss von studentInnenschaften,<br />

transparency international und der taz trägt dazu bei, Wirtschaftskooperationen<br />

offen zu legen und ist daher zu unterstützen.<br />

Der zunehmende Anteil der Drittmittelfinanzierung hat auch Auswirkungen<br />

auf die Personalstruktur an Hochschulen. Wir stehen für<br />

sichere und langfristige Arbeitsverhältnisse, eine angemessene Entlohnung<br />

und soziale Sicherheit müssen zur Regel werden. Befristungen<br />

dürfen nur in begründeten Ausnahmefällen zugelassen werden.<br />

Dafür muss sichergestellt werden, dass die Beschäftigten der Hochschule<br />

aus öffentlichen Grundmitteln und nicht aus Drittmitteln bezahlt<br />

werden.<br />

Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2011 26 Prozent des<br />

wissenschaftlichen Personals an Hochschulen und sogar 38 Prozent<br />

der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Drittmitteln<br />

bezahlt. Der größte Anteil der wissenschaftlich Beschäftigten<br />

an der Hochschule, laut Bundesbericht wissenschaftlicher Nachwuchs<br />

2013 sogar 90 Prozent, haben befristete Verträge. Das sind<br />

mehr als diejenigen, die über Drittmittel beschäftigt werden. Dennoch<br />

ist vor allem die Finanzierung von Stellen über langfristig nicht<br />

einzuplanende Drittmittel besonders anfällig für kurze Vertragslaufzeiten<br />

bei Anstellungsverhältnissen.<br />

Die Abhängigkeit dieser Beschäftigten von Drittmitteln, die zum<br />

Großteil aus öffentlichen Mitteln der Deutschen Forschungsgemein-<br />

74


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

schaft kommen, aber auch von privaten Geldgebern schürt die Prekarisierung<br />

des Wissenschaftsbetriebs. Die finanzielle Unsicherheit<br />

und fehlende Planungssicherheit vieler Wissenschaftlerinnen und<br />

Wissenschaftler ist keine gute Grundlage für gute Lehre und Forschung.<br />

Verträge über wenige Monate, schlechte Bezahlung und<br />

Überstunden sind nicht die Rahmenbedingungen, unter denen innovative<br />

Forschung und gute Lehre stattfinden können.<br />

Wir müssen Wissenschaft wieder als gesamtgesellschaftliche Aufgabe<br />

betrachten: Die Wissenschaft ist Keimzelle gesellschaftlichen<br />

Fortschritts und muss im Interesse der Gesellschaft handeln – nicht<br />

im Interesse derer, die das Geld bereitstellen. Deshalb muss die Wissenschaftsfreiheit<br />

als hohes Gut geschützt und öffentlich ausfinanziert<br />

werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass Ergebnisse<br />

unabhängig vom Auftraggeber in wissenschaftlichen Verfahren ermittelt<br />

und kritische Wissenschaft stattfinden kann.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 13<br />

Landesverband Baden-Württemberg<br />

Zukunftsfähige Finanzierung unserer<br />

Hochschulen<br />

Die Hochschulfinanzierung in Deutschland muss auf eine kontinuierliche<br />

und solide Basis gestellt werden. Dabei müssen alle<br />

Aufgaben der Hochschulen gleichermaßen berücksichtigt werden,<br />

insbesondere Lehre & Forschung. Dafür fordern wir die Grundfinanzierung<br />

der Hochschulen zu stärken. Um dies zu gewährleisten<br />

fordern wir die Landesregierung auf folgende Maßnahmen umzusetzen<br />

bzw. zu unterstützen.<br />

Hochschulpakt2020<br />

Der Hochschulpakt 2020 muss nachverhandelt und an die gestiegene<br />

Prognose der Studienanfängerzahlen der Kultusministerkonferenz<br />

vom 24.01.2012 angepasst werden. Es muss geprüft werden,<br />

ob in Zukunft eine dynamische Anpassung der Vereinbarung umgesetzt<br />

werden kann.<br />

Kooperationsverbot<br />

Wir unterstützen die Initiative der <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion vom<br />

24.01.2012, die mit einem neuen Grundgesetzartikel 104c Vereinbarungen<br />

über dauerhafte Finanzhilfen zwischen Bund und Ländern<br />

im Bildungsbereich ermöglicht. Die viel zu kurz greifende<br />

Änderung des Artikel 98b, wie sie die schwarz-gelbe Bundesregierung<br />

vorschlägt lehnen wir als ungenügend ab.<br />

B13<br />

Zukunftsfähige Finanzierung unserer<br />

Hochschulen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 14<br />

Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />

Bezirk Hannover<br />

Netzwerk an Schulen<br />

Förderung eines Netzwerkes gegen Homo- und Transphobie<br />

und für Vielfalt an Schulen<br />

Aufklärungsarbeit gegen Homo- und Transphobie wird als Bildungsaufgabe<br />

an Schulen kaum wahrgenommen, deshalb wollen<br />

wir ehrenamtlich arbeitende Schulaufklärungsprojekte, welche dieses<br />

Defizit an unseren Schulen durch Aufklärungs- und Informationsveranstaltungen<br />

ausgleichen, fördern. Wir werden ein bundesweites<br />

Netzwerk dieser lokalen Aufklärungsprojekte finanziell und<br />

ideell unterstützen, um so einen nachhaltigen Austausch, gemeinsame<br />

Fortbildungen und daraus resultierende Qualitätsstandards<br />

zu ermöglichen, den Aufbau neuer Projekte zu fördern und so die<br />

Reichweite dieser Arbeit zu erhöhen.<br />

B14<br />

Netzwerk an Schulen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

(Überwiesen vom a.o. BPT 14.April 2013, III.A15)<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

75


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich B<br />

Antrag 15<br />

Rad-und Kraftfahrerbund Solidarität Deutschland 1896 e.V.<br />

Überprüfung und Neuausrichtung<br />

des Kinder- und Jugendplanes für die<br />

Jugendverbandsarbeit<br />

Die Evaluation des Förderprogramms „Jugendverbandsarbeit“ in<br />

den Jahren 2010/2011 durch das Deutsche Jugendinstitut hat eindrucksvoll<br />

nachgewiesen, dass die durch den Kinder- und Jugendplan<br />

des Bundes ermöglichte bundeszentrale Infrastruktur der Jugendverbände<br />

das Rückgrat der außerschulischen Jugendarbeit und<br />

Jugendhilfe in Deutschland darstellt. Für eine eigenständige und<br />

erfolgreiche Jugendpolitik ist dieses starke Rückgrat unverzichtbar!<br />

Wir, die „Solidaritätsjugend Deutschlands“ als bundesweit organisierte,<br />

eigenständige Jugendorganisation des Rad- und Kraftfahrerbundes<br />

„Solidarität“ Deutschland 1896 e.V., sind Teil dieses Rückgrats.<br />

Seit fast 60 Jahren schaffen wir im Rahmen der ehrenamtlichen<br />

Jugendverbandsarbeit non-formale Bildungs- und Freizeitangebote<br />

für Kinder und Jugendliche. Ein Schwerpunkt der Arbeit<br />

liegt dabei im internationalen Austausch zur kulturübergreifenden<br />

Bereicherung dieser Maßnahmen. Als parteipolitisch ungebundene<br />

und nichtkirchliche Organisation spiegelt unser jugendkulturelles<br />

und jugendpolitisches Engagement die Lebenswirklichkeit vieler<br />

Kinder und Jugendlicher wider. Die Solidaritätsjugend Deutschlands<br />

steht hierbei für eine sozial gerechte, demokratische und<br />

nachhaltige Weltanschauung.<br />

Die gegenwärtigen finanziellen Rahmenbedingungen der bundesweiten<br />

Infrastruktur der Jugendverbandsarbeit gefährden allerdings<br />

eine weitere erfolgreiche und nachhaltige Jugendarbeit! Das Fördervolumen<br />

im KJP-Programm 10.01/10.2 „Jugendverbände“ aus<br />

dem Jahr 2001 hat in den letzten Jahren nur marginal zugenommen.<br />

Berücksichtigt man zudem die allgemeine Preisentwicklung<br />

und eine Inflationsrate von +17,9 Prozent für den Zeitraum 2001<br />

bis 2013, so kann man die derzeitige finanzielle Ausstattung der Jugendverbände<br />

nur als mangelhaft charakterisieren. Zudem hat das<br />

Deutsche Jugendinstitut bei der Eruierung der Förderprogramme<br />

10.01/10.02 „Jugendverbandsarbeit“ deutlich festgestellt, dass vor<br />

allem die für die Aufgabenerfüllung notwendige und bedarfsgerechte<br />

Förderung von Personal im Zentrum stehen sollte. Aufgrund<br />

dieser negativen Entwicklungen in den letzten Jahren erachten wir,<br />

die Solidaritätsjugend Deutschlands, es als unabdingbar, eine Anpassung<br />

und Weiterentwicklung des Kinder- und Jungendplanes<br />

vorzunehmen.<br />

Möchten wir auch in der Zukunft ein gelingendes Aufwachsen in<br />

unserer demokratischen Gesellschaft gewährleisten, müssen die<br />

rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Jugendverbände<br />

gesichert werden. Nur wenn der Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit<br />

eine bedarfsgerechte und angemessene finanzielle<br />

Ausstattung zukommt, wird auch eine eigenständige Jugendpolitik<br />

erfolgreich sein, die in unserer Gesellschaft nachhaltig wirkt.<br />

Wir fordern den <strong>SPD</strong>-Bundesvorstand auf, sich dafür einzusetzen,<br />

dass im KJP-Programm 10.01/10.2 „Jugendverbände“:<br />

• die Förderhöhen zukünftig regelmäßig automatisch an die Preissteigerungsraten<br />

angepasst werden!<br />

• eine Vereinfachung und Verbesserung des Verwaltungsaufwandes<br />

stattfindet, um für ein Mehr an Rechtssicherheit und Gestaltungsfreiheit<br />

der Jugendverbände zu sorgen!<br />

• für die Zuwendungsempfänger das Verbot der Rücklagenbildung<br />

gelockert wird!<br />

• eine Evaluierung der bisher ausgeschlossenen Verwendungszwecke<br />

bei internationalen Maßnahmen hinsichtlich ihrer Aktualität<br />

durchgeführt wird, mit dem Ziel einer weiteren Flexibilisierung<br />

und Vereinfachung!<br />

B15<br />

Überprüfung und Neuausrichtung<br />

des Kinder- und Jugendplanes für die<br />

Jugendverbandsarbeit<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand und <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

76


Europapolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 1<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Gebt uns unsere Zukunft zurück!<br />

Europa droht eine verlorene Generation<br />

Die Krisen in Europa treffen die Menschen, nicht nur in den am<br />

schlimmsten betroffenen Ländern, aber dort eben besonders, hart.<br />

Seit dem Beginn der Krisen 2008 haben Politik und Wirtschaft versagt.<br />

Es ist keine Entwicklung in Sicht, die Europa in eine bessere<br />

Zukunft weist. Die Interessen der der großen Eigentümer und Kapitalbesitzer<br />

wurden gewahrt, dafür aber viele Arbeitsplätze, Zukunftsperspektiven<br />

und auch demokratische Grundprinzipien geopfert.<br />

In vielen Ländern der Europäischen Union ist die Wirtschaft<br />

massiv eingebrochen und alles was den Regierungen bisher eingefallen<br />

ist, war den Druck zum Sparen immerweiter zu erhöhen. Damit<br />

wurde die Situation aber überall nur noch verschlimmert.<br />

Eine ganz besonders schwere Bürde lastet auf den Schultern der<br />

jungen Generation. Die Jugendarbeitslosigkeit hat in vielen Ländern<br />

ein Ausmaß erreicht, wie es nie zuvor bestand. Die Jugendarbeitslosigkeit<br />

ist mehr als doppelt so hoch, wie in der Gesamtbevölkerung.<br />

In den Ländern der EU herrscht eine Jugendarbeitslosigkeit<br />

von 22,6 Prozent. Dies bedeutet, dass derzeit über 5,5<br />

Millionen junge Menschen vergebliche versuchen eine Ausbildung<br />

zu finden oder in ihr Berufsleben zu starten. Und dies sind nur diejenigen,<br />

die überhaupt nichts finden, viele mehr stecken in Praktika,<br />

Werkverträgen und anderen Warteschleifen fest. Besonders<br />

bedrückend ist die Situation in Spanien und Griechenland mit über<br />

50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Aber auch in Bulgarien, Irland,<br />

Italien, Litauen, Portugal und der Slowakei liegt die Jugendarbeitslosigkeit<br />

bei über 30 Prozent und in 10 weiteren Ländern noch bei<br />

über 20 Prozent. Lediglich in Deutschland, Österreich und den Niederlanden<br />

liegt die Quote bei unter 10 Prozent.<br />

Damit fehlt einem Großteil unserer Generation eine Perspektive<br />

für ihre Zukunft. Oft sind die jungen Arbeitssuchenden gut Ausgebildet,<br />

hoch motiviert und wollen mit viel Engagement in ihr<br />

Berufsleben starten, doch sie bekommen keine Chance dazu. Viele<br />

100.000 von ihnen sind in den vergangenen Monaten für ihre Zukunft<br />

auf die Straße gegangen. Doch dies ist nicht nur ein Problem<br />

für einzelne Jugendliche, sondern auch für die europäische Gesellschaft<br />

und Wirtschaft als ganzes. Umso länger sie in der Arbeitslosigkeit<br />

verweilen, umso mehr wird ihre Qualifikation entwertet.<br />

Wenn ihnen in ihrem Schicksal nicht schnell geholfen wird, droht<br />

aus ihnen eine verlorene Generation zu werden und damit droht<br />

auch das Ende einer positiven Integration Europas.<br />

Das Hauptproblem in den stark von Jugendarbeitslosigkeit betroffenen<br />

Ländern ist der Wirtschaftseinbruch der vergangenen Jahre<br />

durch Finanz- und Eurokrise. Aber anstatt dagegen zu steuern<br />

wurde Europa durch Merkel ein erbittertes Spardiktat auferlegt. Je<br />

größer die Krise zuschlägt, umso mehr wird gespart. Dies bedeutet<br />

Sozialkürzungen, Investitionsstopp und Abbau von öffentlicher<br />

Beschäftigung. Dies reißt die Wirtschaft noch mehr nach unten und<br />

trifft zu aller erst die Jugend.<br />

Die Zahlen alleine sind schon erschreckend genug, wenn man<br />

die Situation noch genauer betrachtet wird es noch schlimmer.<br />

Selbst beim Musterbeispiel Deutschland gibt es viel Schatten. Mit<br />

551.000 Ausbildungsverträgen wurden zum 30. September 2012<br />

3,2 Prozent weniger neue Verträge abgeschlossen als noch im Vorjahr.<br />

Ein Tiefstand seit 1999. Mehr als 76.000 junge Menschen haben<br />

keinen Ausbildungsplatz gefunden und das bei mehr als 33.000<br />

offenen Plätzen. Auch stecken fast 270.000 junge Menschen in<br />

Übergangsmaßnahmen fest – ohne die Aussicht, eine qualifizierende<br />

Ausbildung zu erreichen. 1,5 Millionen junge Erwachsene haben<br />

überhaupt keinen Berufsabschluss.<br />

Eu1<br />

Gebt uns unsere Zukunft zurück!<br />

Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />

vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

78


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Merkels hohle Phrasen<br />

Über die EU soll nun geholfen werden. Bereits seit Ende 2011 gibt<br />

es die Initiative „Chancen für junge Menschen“, mit der durch Umschichtung<br />

im Sozialfonds der EU mittel mit einem Volumen von<br />

4,5 Mrd. Euro für Programme gegen Jugendarbeitslosigkeit bereitgestellt<br />

wurden. Doch dies ist im Sande verlaufen, weil die Gelder,<br />

wegen der damit verbunden Bedingungen für ausführende Länder,<br />

nicht abgerufen wurden, oder kaum Wirkung erzielten. In der jetzigen<br />

Situation hat sich auch Merkel dieses Problems angenommen<br />

und verkündet 60 Milliarden Euro für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit<br />

zur Verfügung zu stellen. Doch dahinter verbirgt<br />

sich keine Aussicht auf Verbesserung der Lage, sondern nur das<br />

Vortäuschen von Aktionismus. Ihr plan beinhaltet drei Ansätze:<br />

• Verstärkte Förderung von KMU (8-12 Mrd. durch Kredite der<br />

Aufbaubank um Faktor fünf gehebelt. Damit ist nichts anderes<br />

gemeint, als die Ausweitung der Programme, die bisher gescheitert<br />

sind. Insbesondere die damit suggerierte hohe Summe der<br />

Hilfen ist Fadenscheinig, weil das Geld die Jugendlichen kaum<br />

erreicht. Mit einer solchen reinen Angebotsorientierung, wird die<br />

Situation nicht verbessert, solange die Nachfrage in den betroffenen<br />

Ländern weiter sinkt.<br />

• Verbreiterung des Dualen Ausbildungssystems<br />

In vielen Ländern besteht der Wunsch, das deutsche Ausbildungsmodell<br />

als Vorbild zu nehmen, um ihr eigenes System<br />

umzugestalten. Dies wird aber nur langfristig etwas bewirken<br />

können und auch hier ist ein Erfolg abhängig von der Konjunktur.<br />

Die vermeintliche Entspannung auf dem Deutschen Ausbildungsmarkt<br />

ist das Ergebnis des Wachstums der vergangenen<br />

Jahre und des Rückgangs der Neusuchenden.<br />

• Unterstützung für europäische Mobilität<br />

Es spricht nichts dagegen, den innereuropäischen Austausch zu<br />

fördern, aber in der derzeitigen Situation geht es eben für die vielen<br />

jugendlichen Arbeitslosen nicht darum, neue Erfahrungen zu<br />

sammeln, sondern darum vor der wirtschaftlichen Not zu flüchten.<br />

Solche Programme sind aber auch immer nur ein kleiner<br />

Tropfen auf den heißen Stein und versprechen nicht unbedingt<br />

für die Betroffenen etwas zu bringen. Momentan geht es dabei<br />

mehr um einen Wettbewerb um die besten Köpfe.<br />

Wir brauchen umgehend ein Programm für Wachstum<br />

Die europäische Ausbildungsgarantie ist der Richtige Ansatz, jedem<br />

Jugendlichen soll ein Angebot für Arbeit oder Qualifizierung<br />

gemacht werden. Aber bisher blieb sie mehr ein Schlagwort. Die<br />

Umsetzung bleibt den einzelnen Nationalstaaten überlassen, die<br />

aber gezwungen sind, ihre Leistungen zu kürzen müssen und Unterstützung<br />

von der EU nur erhalten, wenn sie noch weitere Sparauflagen<br />

akzeptieren.<br />

Das Grundsätzliche Problem ist der wirtschaftliche Einbruch in den<br />

Krisenstaaten, der durch Spardiktat noch verstärkt wird. Wir brauchen<br />

eine Strategie für nachhaltigen Beschäftigungsaufbau in Europa.<br />

Dazu bedarf es nachhaltiger Wachstumsimpulse, durch europaweite<br />

Investitionsprogramme. Dabei reichen kurzfristige Strohfeuer<br />

nicht aus. Vielmehr müssen die Staaten ihre Ausgaben auf hohem<br />

Niveau angleichen, etwa um damit Investitionen in Bildung, soziale<br />

Sicherung oder im Bereich nachhaltiger Energie sicherstellen<br />

zu können. Dies ist aber gerade in den Krisenstaaten derzeit nicht<br />

möglich, deswegen müssen Wachstumsimpulse auch von der europäischen<br />

Ebene gemeinschaftlich organisiert werden.<br />

Wir setzen uns für einen Europäischen Zukunftsfonds ein, der unabhängig<br />

von nationalstaatlichen Quoten und Interessen der einzelnen<br />

Regierungen Projekte und Maßnahmen in Europa fördert und selber<br />

anschiebt. Dieser Zukunftsfonds soll dem europäischen Parlament<br />

unterstellt werden und die zu beschließenden Ziele Verteilungskriterien<br />

und Organisation selbstständig umsetzen. Vordringlich sind<br />

dabei Investitionen in die energetische Gebäudesanierung, erneuerbare<br />

Energien, energiesparende Maschinen und Anlagen, Grenzüberschreitende<br />

Infrastrukturprojekte sowie moderne und die Umwelt<br />

schonende Mobilitätskonzepte. In gleichem Maße sind auch<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

79


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

flächendeckende soziale Dienstleistungen, der Ausbau von Kindergärten,<br />

Schulen, Hochschulen und Forschungsinstituten ebenso wie<br />

Integrationsprojekte als Zukunftsaufgaben zu begreifen.<br />

So können Millionen neue, sinnvolle und innovative Arbeitsplätze<br />

entstehen. Damit dieser Fonds und eigene Investitionen der Mitgliedsstaaten<br />

funktionieren kann, müssen die aktuellen Subventionsvorschriften<br />

geändert werden. Wir fordern eine Auflockerung<br />

Subventionsverbots, eine Aufhebung aller Privatisierungsverpflichtungen<br />

und eine flexiblere Eigenbeteiligungsregelung. Für diesen<br />

Fonds soll es eine schnelle und große Anschubfinanzierung durch<br />

eine europaweite Vermögensabgabe von 3 Prozent (DGB-Modell)<br />

geben. Langfristig soll er sich aus zwei Quellen speisen, zum einen<br />

sollen Mittel für „Nachhaltiges Wachstum“ und der Agrarförderung<br />

umgeschichtet werden. Zum zweiten soll die Hälfte der Einnahmen<br />

aus der Finanztransaktionssteuer in den Fonds fließen.<br />

Konkrete Vorschläge gegen die Jugendarbeitslosigkeit:<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Erweiterung der europäischen Ausbildungsgarantie<br />

Wir fordern, dass die Ausbildungsgarantie zukünftig schon nach<br />

zwei und nicht erst nach vier Monaten vergeblicher Suche greift.<br />

Darüber hinaus sollte sie nicht nur den jungen Menschen bis 24<br />

Jahren, sondern allen bis zum dreißigsten Lebensjahr offen stehen.<br />

Die Unterstützung durch die EU für die zuständigen Mitgliedsstaaten<br />

darf nicht durch weitere Sparauflagen bedingt sein. Ziel der<br />

Programme muss es sein Jugendliche direkt in Arbeit und qualifizierende<br />

Ausbildung zu bringen. Wenn dafür kein ausreichendes<br />

Angebot geschaffen werden kann muss es darum gehen, ihre Qualifikation<br />

zu erhalten und Weiterbildung anzubieten, dabei darf es<br />

aber nicht um bloße Beschäftigung gehen, um sie aus den Statistiken<br />

Streichen zu können. Jedes Angebot muss eine neue berufliche<br />

Perspektive eröffnen. Des Weiteren bedarf es einer direkten Finanzierung<br />

von Programmen für Schul-/AusbildungsabbrecherInnen.<br />

EU-Mobilität<br />

In normalen Zeiten profitieren einzelne, aber auch die EU als Ganzes<br />

von der EU-internen Freizügigkeit. Im Moment aber nehmen<br />

viele junge Menschen die Freizügigkeit als Notausgang, um nicht<br />

Teil einer arbeitslosen Generation zu werden. Damit leistet die<br />

Freizügigkeit in der EU zwar volkswirtschaftliche einen kleinen<br />

Beitrag um die Krise abzumildern, persönlich ist dies aber oft mit<br />

großen Härten verbunden. Wenn Menschen regelrecht flüchten um<br />

einer darniederliegenden Ökonomie entkommen zu können, empfinden<br />

die Mobilität als Bürde und profitieren zudem in geringerem<br />

Maße von ihrer Auslandserfahrung. Wir wollen wieder erreichen,<br />

dass sich junge Menschen freiwillig, geplant und zielgerichtet zum<br />

Lernen und Arbeiten in einem anderen Land niederlassen können.<br />

• Wir begrüßen die Ausweitung des Austauschprogramms ERAS-<br />

MUS zu „ERASMUS für alle“. Wir fordern eine signifikante Erhöhung<br />

auf 20 Milliarden Euro im Zuge der Neuverhandlungen<br />

des Mehrjährigen Finanzrahmens; einen Umstieg auf Kreditfinanzierung<br />

bei „ERASMUS“ lehnen wir ab.<br />

• Wer in einem anderen EU-Staat seine Arbeit verliert darf nicht<br />

ausgewiesen werden. Wir fordern die Abschaffung der Befristung<br />

der Freizügigkeit, wenn Menschen nach weniger als ein<br />

Jahr Erwerbstätigkeit arbeitslos werden. Diese Regel ist mit der<br />

heutigen Erwerbsrealität vieler junger Menschen nicht vereinbar.<br />

• Alle jungen Menschen sind willkommen. Wir wenden uns gegen<br />

von der Leyens gezielte Anwerbeabkommen, die lediglich Hochqualifizierte<br />

aus Ländern mit einer hohen Jugendarbeitslosigkeit<br />

abziehen wollen. Die dafür eingeplanten Mittel sind zugunsten<br />

von Beschäftigungsprogrammen umzuschichten.<br />

„Gebt der Jugend ihre Chance in die eigenen Hände“:<br />

Die bisherige Förderpolitik setzt bloß darauf, Unternehmen dafür<br />

zu belohnen, jüngere und nicht ältere Erwerblose einzustellen. Dies<br />

ist aus unserer Sicht der falsche Weg. Überall in Europa gibt es<br />

nicht nur Arbeitslose, die ihr Engagement und ihre Arbeitskraft<br />

80


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

nicht einbringen können, weil ihnen niemand eine Chance gibt,<br />

sondern auch große Aufgaben und Herausforderungen die liegen<br />

bleiben. Das Ziel unserer Initiative gegen die Jugendarbeitslosigkeit<br />

ist es nicht, dass dafür gesorgt wird, die Menschen einfach zu<br />

beschäftigen. Sondern unser Ziel ist es, die Unterstützung dafür zu<br />

organisieren, dass die junge Generation ihre Zukunft selber gestalten<br />

kann. Dafür sollen 100 Mrd. in den nächsten drei Jahren zur<br />

Verfügung gestellt werden:<br />

• Stopp des Abbaus in der öffentliche Beschäftigung<br />

• Öffentliche Regionalagenturen zur Entwicklung neuer Wirtschaftsförderkonzepte<br />

/ Energieberatung / Soziale Stadt (zur<br />

Umsetzung der Entwickelten Projekte sollen 50 Mrd. aufgebracht<br />

werden)<br />

• Unterstützung für Unternehmensneugründungen<br />

• Modernisierung der Bildungsinfrastruktur<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 2<br />

Ortsverein Bremen-Gartenstadt-Vahr (Landesorganisation Bremen)<br />

Hilfen für krisengeschüttelte EU-Länder<br />

Angesichts der Beschäftigungskrisen einer Reihe von Mitgliedstaaten<br />

der Europäischen Union bittet der Bundesparteitag die<br />

<strong>SPD</strong>-Fraktionen im Deutschen Bundestag und im Europäischen<br />

Parlament, beschäftigungs- und wachstumsfördernde Programme<br />

zugunsten dieser Länder zu erarbeiten und in geeigneter Weise zu<br />

initiieren, um die Arbeitslosigkeit in diesen Ländern zu bekämpfen.<br />

Diese Programme sind nicht durch die öffentlichen Haushalte dieser<br />

Länder zu finanzieren. Vielmehr sind Instrumente wie z.B. die<br />

Europäische Investitionsbank zu nutzen. Finanzielle Konditionen,<br />

wie sie bei Entwicklungshilfe-krediten international üblich sind,<br />

können als Muster derartiger Verträge dienen.<br />

Eu2<br />

Hilfen für krisengeschüttelte EU-Länder<br />

Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />

vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 3<br />

Landesverband Berlin<br />

Soziale Ausgewogenheit, Beschäftigung<br />

und Infrastrukturaufbau für<br />

Griechenland<br />

Die <strong>SPD</strong> bestärkt die <strong>SPD</strong>-Bundestags- und EU-Parlamentsfraktion<br />

in ihrem Kampf um soziale Ausgewogenheit, Beschäftigungsförderung<br />

und Infrastrukturaufbau in den Europäischen Haushaltsreform-<br />

und Stabilisierungsmaßnahmen in und für Griechenland.<br />

Bei allem berechtigten Engagement für einen arbeitsfähigen Staat<br />

und Haushaltsdisziplin auch in Griechenland, sind Bundesregierung,<br />

Europäische Kommission und Europäischer Rat aufgefordert<br />

statt einseitiger Einkommenskürzungen und drastischer Abgabenerhöhungen<br />

zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,<br />

Rentnerinnen und Rentner und den damit verschärften sozialen Ungerechtigkeiten<br />

sowie der zusätzlichen Zerstörung von Kaufkraft<br />

und Steueraufkommen, endlich den Fokus auf gerechte, soziale<br />

und wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen zu legen.<br />

Hierzu gehören:<br />

• die sofortige tatsächliche Besteuerung der faktisch steuerfrei gestellten<br />

Höchst-Einkommensbesitzer Griechenlands (incl. ihrer<br />

aufgelaufener Steuerschulden),<br />

• die Förderung funktionierender Wirtschaftsbereiche (wie z.B.<br />

die schon entstehende und perspektivisch exportfähige Solarstromspeicherung)<br />

sowie<br />

• Programme für zukunftsorientierte Beschäftigungsförderung.<br />

Eu3<br />

Soziale Ausgewogenheit, Beschäftigung<br />

und Infrastrukturaufbau für<br />

Griechenland<br />

Annahme in Fassung der Antragskommission<br />

Hierzu gehören:<br />

• Die Ertüchtigung des Steuervollzugs und die sofortige tatsächliche<br />

Besteuerung der faktisch steuerfrei gestellten Höchst-<br />

Einkommensbesitzer Griechenlands (incl. ihrer aufgelaufener<br />

Steuerschulden),<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

81


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

Finanzierbar sind solche Maßnahmen z.T. schon dadurch, wenn die<br />

griechische Verwaltung in die Lage versetzt wird, die - Griechenland,<br />

wie jedem anderen EU- Mitglied zustehenden - EU-Fördergelder<br />

abzurufen. Nicht nur im Interesse Griechenlands, sondern<br />

im Interesse des sozialen Friedens in der EU und dem Ansehen<br />

Deutschlands ist es höchste Zeit für tatsächliche Hilfe zur Selbsthilfe<br />

in Respekt und Wertschätzung statt Demütigung, Feindbildund<br />

Konfliktsaat zwischen Staaten Europas.<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 4<br />

Unterbezirk Hochtaunus (Bezirk Hessen-Süd)<br />

Beschäftigungsgarantie für junge<br />

Menschen innerhalb der EU<br />

Die Fraktion der <strong>SPD</strong> im Europäischen Parlament wird aufgefordert,<br />

sich für eine Europaweite Regelung einzusetzen, die Auszubildenden<br />

und Hochschulabsolventen nach erfolgreichem Abschluss<br />

eine ihrer Ausbildung angemessene und unbefristete Arbeitsstelle<br />

zu einem Mindestlohn von 8,50 € zu garantieren.<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 5<br />

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />

Für einen grundlegenden Kurswechsel<br />

in der europäischen Politik: Gute Arbeit<br />

und Gerechtigkeit statt Kaputtsparen und<br />

Banken - Transferunion!<br />

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und<br />

Rentner sowie die Jugendlichen tragen allein die Lasten der Krisenbewältigung.<br />

Schon der verschärfte, weitgehend ungeregelte<br />

Standortwettbewerb hatte in Europa - und in weiten Teilen der Welt<br />

- zu einer massiven Umverteilung von Einkommen und Vermögen<br />

zulasten der Arbeitnehmerschaft geführt. Dank sinkender Lohnquoten<br />

und realer Nettoeinkommensverluste, dank eines besonders<br />

flexiblen Arbeitsmarktes und einer massiven Ausweitung prekärer<br />

Beschäftigungsverhältnisse hat sich die deutsche Volkswirtschaft<br />

kurzfristig Wettbewerbsvorteile verschafft. Ständig wachsende<br />

Ungleichgewichte zwischen den Euro-Mitgliedsstaaten und in der<br />

gesamten Weltwirtschaft führen zwangsläufig zu wachsender Verschuldung<br />

und Aufblähung der Finanzmärkte.<br />

Die „Staatsschuldenkrise“ ist Folge der Weltfinanzkrise auf der<br />

Grundlage weltwirtschaftlicher Ungleichgewichte, mit einer immer<br />

ungleicheren Verteilung zulasten des Faktors Arbeit und in der<br />

Folge immer gigantischeren Kapitalmassen, die auf unregulierten<br />

Finanzmärkten auf immer riskantere und schädlichere Weise Anlagemöglichkeiten<br />

suchen.<br />

Mit ihrer Umdeutung zur „Staatsschuldenkrise“ versuchen konservative<br />

und neoliberale Kräfte die Krise zu benutzen, um ihr<br />

Programm des schwachen Staates, der Privatisierung, des Sozialabbaus<br />

und der Verschiebung der gesellschaftlichen Machtverhältnisse<br />

zulasten der Gewerkschaften und sozialen Bewegungen europaweit<br />

durchzusetzen. Dies wird derzeit in den „Krisenländern“<br />

als Vorbedingung für die „Rettungsmaßnahmen“ vorexerziert, wird<br />

aber auf dem Weg der wirtschaftlichen Rezession und der Standort-<br />

(=Lohn-)Konkurrenz auch auf Deutschland zurückwirken.<br />

Die Sozialdemokratie muss dieser Politik viel entschiedener als<br />

bisher entgegentreten.<br />

Eu4<br />

Beschäftigungsgarantie für junge<br />

Menschen innerhalb der EU<br />

Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />

vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

Eu5<br />

Für einen grundlegenden Kurswechsel<br />

in der europäischen Politik: Gute Arbeit<br />

und Gerechtigkeit statt Kaputtsparen und<br />

Banken - Transferunion!<br />

Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />

vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

82


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Um den sogenannten Fiskalpakt durchzusetzen - sollte dieser überhaupt<br />

mit dem Grundgesetz vereinbar sein -, braucht die Bundesregierung<br />

eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, und<br />

damit die Zustimmung der Sozialdemokratie.<br />

Wir lehnen den Europäischen Fiskalpakt in seiner gegenwärtigen<br />

Fassung ab. Die strikten Schuldenregeln nehmen den nationalen<br />

Finanzpolitiken die Luft zum Atmen. Sie zwingen die Finanzminister<br />

im Abschwung die Staatsausgaben zu kürzen. Dadurch<br />

schrumpft das Wachstum und die Arbeitslosigkeit steigt. Öffentliche<br />

Zukunftsinvestitionen in Bildung, Gesundheit und Forschung<br />

sind nicht mehr finanzierbar. Der Fiskalpakt baut den Sozialstaat<br />

ab, ohne dass die Verschuldung sinkt. Darüber hinaus wird mit dem<br />

Fiskalpakt das nationale Budgetrecht ausgehebelt. Diesbezüglich<br />

bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel. Demokratie<br />

und parlamentarische Budgethoheit drohen auf nationaler Ebene<br />

ausgehebelt zu werden, ohne dass das Europäische Parlament mehr<br />

Rechte erhält. Solange die Rechte des Europäischen Parlaments<br />

noch immer hinter den Rechten der Französischen Nationalversammlung<br />

von 1789 zurückbleiben, ist das nicht akzeptabel.<br />

Wir unterstützen in diesem Zusammenhang die Haltung der französischen<br />

Sozialisten und den Aufruf deutscher Intellektueller und<br />

GewerkschafterInnen unter dem Motto: „Europa neu begründen!<br />

Den Marsch in den Ruin stoppen! Die Krise durch Solidarität und<br />

Demokratie bewältigen!“ (sh. Anlage).<br />

Wir streiten für ein demokratisches Europa der Vollbeschäftigung<br />

und sozialen Sicherheit. Deswegen brauchen wir einen sofortigen<br />

politischen Kurswechsel in Europa.<br />

1. Die Staatsfinanzierung muss von den Finanzmärkten entkoppelt<br />

werden. Dazu brauchen wir eine Banklizenz für den ESM und<br />

die Einführung gemeinsamer europäischer Staatsanleihen (Eurobonds).<br />

Dies erfordert nicht mehr, sondern weniger Mittel, da<br />

sich derzeit die Banken zum Zentralbanksatz von 1% jene Milliardensummen<br />

leihen, die sie anschließend mit hohen Risikoaufschlägen<br />

und mit europäischen Garantien versehen beispielsweise<br />

in Anleihen für Krisenstaaten anlegen. Die EZB muss in<br />

eine neu konzipierte Stabilitäts- und Wachstumspolitik für die<br />

gesamte Eurozone einbezogen werden. Die skandalöse Umwegfinanzierung<br />

aus den Kassen der EZB über die privaten Banken<br />

mit satten, leistungs- und risikolosen Zinsaufschlägen muss umgehend<br />

beendet werden;<br />

2. Europaweit muss ein Programm für Bildung, Investitionen und<br />

Beschäftigung aufgelegt werden, das groß genug ist, ganz Europa<br />

auf einen Pfad qualitativen Wachstums und ausgeglichener<br />

Leistungsbilanzen mit Vollbeschäftigung und guter Arbeit zu<br />

führen und damit das Kaputtsparen beendet;<br />

3. Ein gerechter Finanzierungsplan für den Abbau der Staatsschulden<br />

und die Gewährleistung des Beschäftigungsprogramms<br />

muss vorgelegt werden, der eine Finanztransaktionssteuer ebenso<br />

vorsieht wie die konsequente Bekämpfung von Kapitalflucht,<br />

Steuerhinterziehung und Steuerdumping. Dazu brauchen wir insbesondere<br />

ausreichend hohe Mindeststeuerquoten für Unternehmens-<br />

und Kapitalerträge und eine gleichmäßige Besteuerung<br />

von großen Vermögen;<br />

4. Soziale Mindeststandards bei Löhnen und sozialen Sicherungssystemen<br />

müssen europaweit ebenso garantiert werden wie die<br />

zentralen Arbeitnehmerrechte, Tarifautonomie und Mitbestimmung.<br />

Diese Forderungen sind deutschland- und europaweit mehrheitsfähig.<br />

Sie sind zeitnah in die Gespräche mit der Bundesregierung<br />

und auf europäischer Ebene einzubringen. Ob sie in ausreichender<br />

Weise berücksichtigt sind, hat für die <strong>SPD</strong> der Parteikonvent oder<br />

ein Bundesparteitag abschließend zu beurteilen. Ohne eine Zustimmung<br />

unserer höchsten Entscheidungsgremien darf es keine parlamentarische<br />

Zustimmung zu diesen tiefgreifenden europäischen<br />

Weichenstellungen geben.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

83


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 6<br />

Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />

Europakonvent für Solidarität und<br />

Demokratie<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert von den europäischen Institutionen unter Mitwirkung<br />

von Bundestag und Bundesregierung die Einrichtung eines<br />

Europakonvents, der:<br />

• Abgeordnete der verschiedenen parlamentarischen Ebenen einschließt<br />

• geschlechterparitätisch zusammengesetzt ist<br />

• die EU-Mitgliedstaaten angemessen repräsentiert<br />

• BürgerInneninitiativen und NGOs sowie Gewerkschaften an der<br />

Meinungsbildung beteiligt<br />

• und der sich mit der Überarbeitung der Europäischen Verträge<br />

mit folgenden Zielen zu befassen hat:<br />

• Festschreibung einer Sozialklausel in den Verträgen, die die europäischen<br />

Institutionen verpflichtet, soziale Gerechtigkeit in<br />

Europa zu verwirklichen<br />

• Herstellung vollständiger demokratischer Legitimität innerhalb<br />

der EU und aller ihrer Einrichtungen<br />

• Schaffung einer handlungsfähigen politischen Union aus allen<br />

derzeitigen Mitgliedstaaten, mit einer klaren Perspektive für in<br />

Beitrittsverhandlungen stehende Staaten, jedoch mit dem Augenmerk<br />

auf der Vertiefung der Integration und nicht der Erweiterung<br />

des Territoriums<br />

• Begründung dieser Union in einer europäischen Wertegemeinschaft,<br />

welche Gerechtigkeit und Solidarität nicht nur unter Staaten,<br />

sondern zwischen allen EU-Bürgerinnen und Bürger einschließt.<br />

Ein solcher Konvent soll in den Verträgen festlegen, dass das Europäische<br />

Parlament und die Europäische Kommission wirksame<br />

Mittel in die Hand bekommen um:<br />

1. die Regierungen der Mitgliedsstaaten dazu zu verpflichten, demokratische<br />

Mindeststandards konsequent zu befolgen, das<br />

heißt:<br />

• die volle Gewaltenteilung zu garantieren<br />

• den politischen Wettbewerb rechtsstaatlich zu ordnen und freie<br />

Wahlen zu garantieren<br />

• den parlamentarischen Prozess zu respektieren und zu schützen<br />

• die Freiheit der Medien gleichfalls zu respektieren und zu<br />

schützen<br />

• die EU-Grundrechtecharta als Grundlage staatlichen Handelns<br />

umzusetzen.<br />

2. Eine gemeinsame europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik auf<br />

der Grundlage von Solidari-tät und gegenseitiger Verantwortung,<br />

unter den Bedingungen von Transparenz und Legitimität zu<br />

schaffen. Die Gleichstellung der Geschlechter zu verwirklichen,<br />

soziale Gerechtigkeit herzustellen, einen europäischen Mindestlohn<br />

einzuführen, europaweite ArbeitnehmerIn-nenrechte zu<br />

schaffen und ökologische Nachhaltigkeit zu garantieren<br />

Ein solcher Konvent soll weiterhin in den Verträgen festlegen,<br />

dass eine wirksame gemeinsame Wirtschaftspolitik entwickelt<br />

wird, in der nicht ein paar Regierungschefs das letzte Wort haben,<br />

sondern demokratisch legitimierte Entscheidungen die<br />

Grundlage stellen, dazu gehört insbesondere, dass in Zukunft in<br />

der Fiskalpolitik das Prinzip der Einstimmigkeit im Ministerrat<br />

aufgegeben wird. Es ist nicht akzeptabel, dass einzelne Staaten<br />

sinnvolle Entscheidungen wie die Einführung einer Finanztransaktionssteuer<br />

oder Eurobonds verhindern können. Dazu gehört<br />

auch, dass die de facto bereits bestehende „Transfer-Union“ in<br />

die Mitentscheidung des Europäischen Parlamentes eingegliedert<br />

wird. dazu gehört zudem, dass das Europäische Parlament<br />

sowie alle nationalen Parlamente an Entscheidungen über „Ret-<br />

Eu6<br />

Europakonvent für Solidarität und<br />

Demokratie<br />

Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />

vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

84


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

tungsschirme“ und andere weitreichende Finanzhilfen für einzelne<br />

EU-Länder – de facto ihre systemrelevanten Banken – beteiligt<br />

werden müssen.<br />

• Maßnahmen der ESZB (z.B. Target 2) sind nach Umfang und<br />

Risiko dringend zu begrenzen: Keinesfalls darf ihnen ein höheres<br />

Gewicht zukommen als den auf parlamentarischem Weg<br />

bewilligten Finanzhilfen.<br />

• Finanzhilfen der europäischen Gemeinschaft und ihrer Einzelstaaten<br />

müssen mit engen Auflagen verbunden bleiben<br />

(Begrenzung von Spitzengehältern in Unternehmen und Institutionen,<br />

welche aus öffentlichen Mitteln unterstützt worden<br />

sind; keine Honorierung oder auch nachträgliche Entlastung<br />

unangemessen spekulativer Geschäfte).<br />

Ein Konvent der eine Zukunftsperspektiven schafft reicht aber keinesfalls<br />

aus. Deshalb fordern wir, dass folgende Schritte so schnell<br />

wie möglich in Angriff genommen werden:<br />

Das im Vertrag von Lissabon enthaltene EU-Bürgerbegehren muss<br />

bekannter und praktikabler gemacht werden – außerdem müssen<br />

weitere Instrumente einer echten gesamteuropäischen politischen<br />

Identität geschaffen und vertraglich verankert werden: Zur Europawahl<br />

antretende Parteien müssen dies mit europapolitischen Programmen<br />

und transnationalen Listen tun.<br />

Bereits zur Europawahl 2014 sind transnationale und geschlechterparitätisch<br />

nach dem „Reißverschlussprinzip“ zusam¬mengesetzte<br />

Listen vorzulegen.<br />

Das mit den Beschlüssen des Bundesparteitags der <strong>SPD</strong> von Dezember<br />

2011 angestrebte „europäische Grundsatzprogramm“ der<br />

PES ist in einem transparenten und gegenderten Verfah-ren zu erarbeiten.<br />

Der „Europakonvent“ der Sozialdemokratie, von dem seit<br />

Ende 2010 die Rede ist, muss ein solches Verfahren garantieren.<br />

Insbesondere wird die <strong>SPD</strong> aufgefordert, Europapolitik konstant<br />

zu thematisieren – und nicht nur unter dem Vorzeichen nationaler<br />

Betroffenheit wie bei „Rettungsschirmen“¬ und Fördergeldern abzuhandeln.<br />

Die Sozialdemokratische Partei Europas (PES) muss sich als europaweite<br />

Partei präsentieren und dementsprechend auch europaweite<br />

politische Diskussionen führen und Entscheidungsprozesse<br />

initiieren.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 7<br />

Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />

Europa-aber demokratisch<br />

Wir fordern eine Änderung der Europäischen Verträge dahingehend,<br />

dass das Europäische Parlament ein grundsätzliches Initiativrecht für<br />

Rechtssetzungsvorhaben innerhalb der Europäischen Union erhält.<br />

Eu7<br />

Europa-aber demokratisch<br />

Annahme<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 8<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Mehr direktdemokratische Elemente in<br />

der EU<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion, der <strong>SPD</strong>-Parteivorstand und die<br />

Fraktion der Sozialdemokraten im Europaparlament werden aufgefordert,<br />

sich für mehr direktdemokratische (plebiszitäre) Elemente<br />

in der Europäischen Union einzusetzen. Ziel muss die Verbesserung<br />

der Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger sein, sich inhaltlich<br />

stärker beteiligen zu können.<br />

Eu8<br />

Mehr direktdemokratische Elemente in<br />

der EU<br />

Annahme in geänderter Fassung der Antragskommission<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion, der <strong>SPD</strong>-Parteivorstand und die Fraktion<br />

der Sozialdemokraten im Europaparlament werden aufgefordert,<br />

sich für eine weitere Stärkung und verbesserte Nutzung direktdemokratischer<br />

(plebiszitärer) Elemente in der Europäischen Union<br />

einzusetzen. Ziel muss die Verbesserung der Möglichkeiten für Bürgerinnen<br />

und Bürger sein, sich inhaltlich stärker beteiligen zu können.<br />

55<br />

60<br />

65<br />

85


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 9<br />

Kreisverband Heilbronn-Land<br />

Kreisverband Heilbronn-Stadt<br />

(Landesverband Baden-Württemberg)<br />

Stärkung der parlamentarischen<br />

Demokratie in einer neuen Architektur<br />

Europas als bürgernahe politische Union<br />

Wir fordern die Einrichtung eines <strong>SPD</strong>-Arbeitskreises EPU (Europäische<br />

Politische Union) auf Landes- und Bundesebene zur Erarbeitung<br />

einer <strong>SPD</strong>-Roadmap Europäische Politische Union.<br />

2012-2013<br />

Beginn einer offenen Diskussion in der <strong>SPD</strong> (offen für alle Bürger)<br />

im Rahmen des „Europeen Year of Citizens“über das „Wie<br />

und Was“ eines zukünftigen Europa mit Verabschiedung einer<br />

<strong>SPD</strong>-Europastrategie mit Abstimmung im Rahmen der SPE.<br />

2014<br />

<strong>SPD</strong>-Veranstaltungen zur Wahl zum Europäischen Parlament auf<br />

der Grundlage der <strong>SPD</strong>/SPE Europastrategie als Gelegenheit einer<br />

Deutschland-/Europaweiten Debatte über Ziel/Weg zur „Politischen<br />

Integration“<br />

2015<br />

Bürgernahe Erarbeitung eines Forderungskatalogs zum Entwurf<br />

eines Vertrages zur EPU<br />

Eu9<br />

Stärkung der parlamentarischen<br />

Demokratie in einer neuen Architektur<br />

Europas als bürgernahe politische Union<br />

Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />

vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 10<br />

Landesverband Berlin<br />

Für eine neue demokratisch legitimierte<br />

Europäische Grundordnung!<br />

Die <strong>SPD</strong> setzt sich dafür ein, dass der Geltende „Vertrag über die<br />

Arbeitsweise der Europäischen Union“ und der Vertrag zur Gründung<br />

der Europäischen Union unter Einbeziehung der Grundrechtscharta<br />

durch einen neuen Grundlagenvertrag zur Gründung einer<br />

„Europäischen Politischen Union“ (EPU) ersetzt wird. Dieser ist<br />

mit größtmöglicher Transparenz durch einen „Konvent zur Zukunft<br />

Europas“ und unter Beteiligung der Zivilgesellschaft zu erarbeiten.<br />

Es werden innerstaatlich die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen,<br />

dass über die Annahme dieses neuen Grundlagenvertrags im<br />

Rahmen eines Volksentscheids entschieden werden kann. Sobald<br />

ein neuer Grundlagenvertrag verhandelt ist, wird über diesen in<br />

Deutschland per Volksentscheid abgestimmt.<br />

Eu10<br />

Für eine neue demokratisch legitimierte<br />

Europäische Grundordnung!<br />

(Überwiesen vom Parteikonvent 16.6.2013, So1)<br />

Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />

vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 11<br />

Unterbezirk Münster (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Europapartei: Mehr als eine Worthülse?<br />

- Eine Wiedervorlage<br />

Die Partei hat sich in den vergangenen Jahren für die Europapolitik<br />

und für die Selbstorganisation zu einer Europapartei viel vorgenommen,<br />

doch bislang ist wenig davon zu spüren. Die Ernsthaftigkeit<br />

der eigenen Beschlusslage ist in Vergessenheit geraten.<br />

Das Hamburger Grundsatzprogramm gab schon 2007 die Richtung<br />

vor: „Europäische Demokratie braucht europäische Öffentlichkeit.<br />

Eu11<br />

Europapartei: Mehr als eine Worthülse?<br />

- Eine Wiedervorlage<br />

Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />

vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

86


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Europäische Medien, zivilgesellschaftliche Organisationen, Sozialpartner,<br />

aber auch starke europäische Parteien sind dafür unabdingbar.<br />

Unser Ziel ist es, die Sozialdemokratische Partei Europas<br />

(SPE) zu einer handlungsfähigen Mitglieder- und Programmpartei<br />

weiterzuentwickeln. Wir setzen uns für die Erarbeitung eines sozialdemokratischen<br />

Grundsatzprogramms für Europa ein und wollen<br />

bei den Wahlen zum Europäischen Parlament mit einem gesamteuropäischen<br />

Spitzenkandidaten antreten.<br />

Einzig die im Leitantrag „Neuer Fortschritt für ein starkes Europa“<br />

vom Bundesparteitag 2011 wiederholte Forderung danach, dass zur<br />

nächsten Europawahl 2014 „ein/e sozialdemokratische/r Spitzenkandidat/in<br />

aller SPE-Mitgliedsparteien für das Amt des/der Kommissionspräsidenten/in<br />

antreten“ müsse, steht kurz vor der Erfüllung.<br />

Dass sich die Partei eventuell auch organisatorisch auf neues<br />

europäisches Terrain bewegt, zeigt sich im Moment leider einzig<br />

in der Tatsache, dass Martin Schulz nach der Erstellung der Bundesliste<br />

für die Europawahl möglicherweise zu eben jenem europäischen<br />

Spitzenkandidaten gewählt werden könnte. Groß bewegen<br />

musste man sich dafür nicht, schließlich ist er der eigene Kandidat.<br />

Die Marke „Europapartei“ steckt sich die <strong>SPD</strong> gerne ans Revers,<br />

muss sie aber erst noch pflegen, auch wenn laut Beschlusslage<br />

„Schwerpunkt unserer Politik auf europäischer Ebene die Stärkung<br />

der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE)“ ist. Man wolle<br />

die Entwicklung der SPE hin zu einer echten Mitgliederpartei als<br />

Kern einer europäischen Öffentlichkeit weiter vorantreiben und die<br />

Möglichkeit für Individualmitgliedschaften schaffen, hieß es im<br />

Leitantrag 2011 weiter. Noch einmal wurden die bereits 2007 gesteckten<br />

Ziele aufgezählt: „Zugleich müssen europäische Parteien<br />

so weiterentwickelt werden, dass sie europaweit kampagnen- und<br />

politikfähig werden. Nur so können Parteien einen Beitrag zur Herausbildung<br />

einer europäischen Öffentlichkeit leisten.“<br />

Weiter stellte man heraus, dass die von der <strong>SPD</strong> initiierte Erarbeitung<br />

eines Grundsatzprogramms der europäischen Sozialdemokratie<br />

weiter vorangetrieben werden wird und das neu geschaffene Instrument<br />

der Europäischen Bürgerinitiative „mit unseren Schwesterparteien,<br />

der SPE und Nichtregierungsorganisationen aktiv“<br />

genutzt werden solle, um die direkte Demokratie auf europäischer<br />

Ebene erlebbar zu machen. Nur leider ist das SPE-Grundsatzprogramm<br />

in der Öffentlichkeit und in der Partei kaum ein Thema und<br />

die Europäische BürgerInneninitiative fristet seit ihrer Einrichtung<br />

ein Nischendasein. Wohl kennen 26 Prozent der Bürgerinnen und<br />

Bürger der Europäischen Union die ECI, aber noch nicht einmal<br />

5 Prozent wissen, wie sie funktioniert. Die <strong>SPD</strong> hat bisher einen<br />

einzigen Versuch unternommen, das Instrument in den öffentlichen<br />

Fokus zu bringen, als sie gemeinsam mit der österreichischen SPÖ<br />

ein Referendum über die Finanztransaktionssteuer anstieß. Das war<br />

vor 2011, also noch vor dem Bundesparteitagsbeschluss, und ist<br />

anschließend im Gipfelmarathon versickert.<br />

Auf dem gleichen Bundesparteitag von 2011 überwies man einen<br />

Antrag der Jusos, der bereits 2010 mit dem Titel „Mehr europäische<br />

Sozialdemokratie wagen“ dem Bundeskongress vorgelegt<br />

wurde. Gelandet ist der Antrag beim Europabeauftragten des Parteivorstandes.<br />

Es wurde betont, dass die automatische Mitgliedschaft<br />

in der SPE für jedes Mitglied der nationalen SPE-Parteien<br />

sichtbarer gemacht werden müsse. Da es ähnlich zu sehen sei, wie<br />

der gleichzeitige Erwerb der Mitgliedschaft im Bundesverband und<br />

im Ortsverein der Partei und jeweilig politische Mitwirkungsmöglichkeiten<br />

damit verbunden seien, müssten die „Beteiligungsmöglichkeiten<br />

für Mitglieder der nationalen Parteien auf europäischer<br />

Ebene [...] noch weiter gestärkt werden.“<br />

Will man sich aber im Internet über das Wahlverfahren der Delegierten<br />

zum SPE-Kongress informieren ist man schnell am Ende<br />

der Suche – ohne klares Ergebnis. Auch die Kandidatinnen und<br />

Kandidaten für die Liste der <strong>SPD</strong> zur Europawahl werden irgendwo<br />

zwischen Regionalverbund und Bundesebene ausgehandelt.<br />

<strong>SPD</strong>-Mitglieder können sich allenfalls als SPE-AktivistInnen eintragen<br />

lassen.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

87


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Dass es immer mehr Europa-Arbeitskreise gibt und es im Parteivorstand<br />

eine/n Europabeauftragte/n gibt, ist ein langsam fortschreitender,<br />

aber zu begrüßender Prozess. Die <strong>SPD</strong> ist aus ihrer<br />

Selbstorganisation in diesem Sinne nicht schon immer „europäisch“<br />

gewesen. Und deshalb darf die Selbstbetrachtung als „Europapartei“<br />

keinesfalls selbstzufrieden sein. Die <strong>SPD</strong> muss sich fortentwickeln<br />

und ihre eigenen Beschlüsse umsetzen:<br />

Bestehende Regularien sind intransparent und nicht geeignet, wenigstens<br />

die eigene Parteibasis so recht zum Europawahlkampf zu<br />

motivieren. „Es muss sichergestellt werden, dass den europapolitisch<br />

Interessierten eine entscheidungsrelevante Beteiligung über<br />

die Strukturen der jeweiligen Mitgliedspartei (leichter Zugang zu<br />

lokaler Ebene) möglich gemacht werden“, hieß es dazu 2011. Erfüllen<br />

alle Ebenen dann diese Aufgabe, so ist es die logische Konsequenz,<br />

„einen Anteil der Mitgliedsbeiträge an die SPE abzuführen,<br />

um diese zu stärken und ihre eigenständige Kampagnenfähigkeit<br />

so zu verbessern.“<br />

Die Kampagnenfähigkeit steht vor allem vor dem Hintergrund des<br />

Wahldebakels von 2009, als europaweit und ganz besonders in<br />

Deutschland die Ergebnisse für sozialdemokratische und sozialistische<br />

Parteien einbrachen. Die Negativkampagne der <strong>SPD</strong> unterschied<br />

sich damals nur in wenigen Punkten von denen von CDU<br />

und FDP, die wahlweise mit einem schwarz-rot-golden hinterlegten<br />

„Wir in Europa“ den Akzent darauf legten, deutsche Interessen auf<br />

europäischer Ebene vertreten zu wollen, oder die Wahl zu einer nationalen<br />

Wahl erklärten, indem sie „Stark für Deutschland in Europa“<br />

zu ihrem Leitspruch erhoben. Deshalb muss die Ausrichtung<br />

der Wahlkampagne auf nationale Themen und die Orientierung am<br />

Zeitplan einer Bundestagswahl ein Ende haben. Eine Partei, die für<br />

sich in Anspruch nimmt, eine europäische Partei zu sein, muss das<br />

auch zum Ausdruck bringen können. Damit zollt man der Europawahl<br />

die Aufmerksamkeit, die ihr gebührt.<br />

Die SPE bereitet im Moment genau die Elemente für einen gemeinsamen<br />

europäischen Wahlkampf vor und hat beschlossen, dass<br />

auch die Mitgliedsparteien modernisiert werden sollen. Darunter<br />

fallen neben allgemeinen Zielen wie einer wiedererstarkenden<br />

Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, eben auch Punkte wie<br />

innerparteiliche Demokratie in Bezug auf die Wahl von Führungspersönlichkeiten<br />

sowie von Kandidatinnen und Kandidaten.<br />

Zur Strategie der SPE gehört daneben, die nationale Parteiebene<br />

enger mit der Europaebene zu verknüpfen. Dazu gehören länderübergreifende<br />

Kampagnen und Plattformen. Noch vor der Nominierung<br />

eines europäischen Spitzenkandidaten 2014 will die SPE<br />

damit beginnen ein gemeinsames Manifest zu entwickeln und eine<br />

gemeinsame europäische Kampagnenstrategie aufzustellen. Es ist<br />

eine der wichtigsten Aufgaben der <strong>SPD</strong>, sich dort stark einzubringen<br />

und in den eigenen Wahlkampf auch ernsthaft zu übertragen.<br />

Findet man gemeinsame europapolitische Themen, ist „die Voraussetzung<br />

dafür [geschaffen], dass den Europawahlen endlich der<br />

Charakter einer nationalen Nebenwahl genommen wird.“<br />

Dazu gehört einerseits eine bessere Vernetzung, ein engerer Austausch<br />

mit den Europabgeordneten, die im Parteialltag kaum Platz<br />

einnehmen. Dies hängt nicht zuletzt mit den vorgenannten Wahlverfahren<br />

zusammen. Weder für die Bürgerinnen und Bürger, noch<br />

für unsere Mitglieder ist das vielversprechend. Eine Identifikation<br />

wird unnötig erschwert, wo doch schon das Europawahlrecht<br />

schlechte Rahmenbedingungen liefert: Eine Wahl, die innerhalb<br />

der Europäischen Union auf mehrere Tage verteilt ist, mit Wahllisten<br />

die ihren länderübergreifenden Anspruch noch immer nicht<br />

erfüllen. Um die Identifikation mit den Abgeordneten vor Ort und<br />

zugleich den europäischen Gedanken der Wahl zu stärken, scheint<br />

eine Diskussion über eine Reform des Wahlverfahrens zum Europäischen<br />

Parlament notwendig. Eine Reform, bei der eine gute<br />

Balance zwischen Elementen einer Direktwahl in Wahlkreisen und<br />

einer länderübergreifenden Listenwahl zu finden ist.<br />

Andererseits braucht es auch eine bessere Verständlichkeit des<br />

Wahlprogramms zur Europawahl. 2009 hatte die <strong>SPD</strong> die zweifelhafte<br />

Ehre in den Medien für das unverständlichste Wahlprogramm<br />

88


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

gerügt zu werden. Das sollte angegangen werden, indem man beispielsweise<br />

Fachbegriffe und Wortkreationen eindämmt, in Klammern<br />

erklärt oder Info-Boxen einführt, damit sie sinnig sind und<br />

sich von den LeserInnen erschließen lassen und so nicht den Anschein<br />

von rein symbolischen Begrifflichkeiten machen. Die regelmäßige<br />

Einteilung der Verständlichkeit von Wahlprogrammen der<br />

Universität Hohenheim wird anhand eines Punktespektrums vorgenommen.<br />

Dass die Artikel aus dem Politikteil der Bild-Zeitung<br />

dabei als Positivvergleich genommen werden, kann aus unserer<br />

Sicht zwar nicht als Leitlinie für bestens verständliche Texte gelten.<br />

Einen Sinn verkürzen heißt nicht gleich, dass etwas verständlicher<br />

gemacht würde, denn man muss das Niveau nicht senken, um verständlicher<br />

zu machen, was man sagen will. Nichtsdestotrotz ist die<br />

Einstufung als Anzeichen dafür zu werten, dass Sätze wie die folgenden<br />

aus dem Wahlprogramm überarbeitet werden sollten:<br />

„Der unter deutscher Regie eingeführte Makroökonomische Dialog<br />

(MED) zwischen den EU-Finanzministern, der Europäischen<br />

Zentralbank und den Sozialpartnern ist zu stärken und insbesondere<br />

für die Eurozone weiterzuentwickeln. [...] Wir wollen den Internationalen<br />

Währungsfonds (IWF) demokratisch reformieren und<br />

zur zentralen Kontroll- und Koordinationsinstanz für die internationale<br />

Finanzwirtschaft ausbauen. Seine Zusammenarbeit mit dem<br />

Forum für Finanzstabilität (FSF) ist weiter zu verbessern. Gemeinsam<br />

sollen beide Institutionen ein Frühwarnsystem und politische<br />

Handlungsempfehlungen für stabile Finanzmärkte entwickeln.“<br />

Das muss gemeinsam mit dem Schritt zu einem europäischen Programm<br />

unbedingt angegangen werden.<br />

Wenn 2014 die Europawahl anläuft, sind ganze sieben Jahre seit<br />

dem Grundsatzprogramm von Hamburg, fünf Jahre seit der letzten<br />

Europawahl und drei Jahre seit Beschluss des Leitantrages „Neuer<br />

Fortschritt für ein starkes Europa“ vergangen. Genug gewartet. Die<br />

beschworene Europapartei darf auch in ihrer Selbstorganisation<br />

keine Worthülse bleiben!<br />

• Die Europa-Beschlusslage mit Leben füllen<br />

• Die SPE-Grundsatzprogrammdebatte vorantreiben<br />

• Die Wahl der <strong>SPD</strong>-EuropakandidatInnen demokratisieren<br />

• Eine wirklich europäische Wahlkampagne fahren<br />

• Europa in das Parteileben holen<br />

• Europa-Programm verständlicher machen<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 12<br />

Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />

Gleichstellung als zentrale<br />

Querschnittsaufgabe im<br />

Europawahlprogramm verankern<br />

Nur mit einer in sich konsistenten und alle Bereiche umfassenden,<br />

aktiven Frauen- und Gleichstellungspolitik gibt es soziale Gerechtigkeit.<br />

In Europa ist die Sozialdemokratie seit jeher die führende<br />

politische Kraft, wenn es um die Verbesserung der Chancengleichheit<br />

und die Gleichberechtigung von Frauen und Männern geht.<br />

Dank europäischer Richtlinien, Verordnungen und Rechtsprechung<br />

wurde auf der nationalen Ebene die Gleichstellung von Frauen und<br />

Männer vorangebracht.<br />

Um den Fortschritt auf diesem Gebiet weiter zu beschleunigen und<br />

die volle politische, wirtschaftliche und soziale Gleichstellung von<br />

Frauen zu erreichen, brauchen wir moderne Gleichstellungsstrategien<br />

mit konkreten Durchsetzungsmechanismen, die den gesamten<br />

Lebenslauf von Frauen und Männern berücksichtigen.<br />

Eu12<br />

Gleichstellung als zentrale<br />

Querschnittsaufgabe im<br />

Europawahlprogramm verankern<br />

Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />

vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

89


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Mit Blick auf die Erarbeitung und spätere Umsetzung des <strong>SPD</strong>/<br />

SPE-Wahlprogramms für die Europawahl 2014 fordern wir daher,<br />

dass<br />

• Frauen – und Gleichstellungspolitik im Europawahlprogramm<br />

der <strong>SPD</strong> als zentrale Querschnittsaufgabe verstanden und in allen<br />

Kapiteln entsprechend berücksichtigt wird<br />

• das Wahlprogramm klare, verbindliche und überprüfbare Zielvorgaben<br />

zum Erreichen tatsächlicher Gleichstellung sowie<br />

Maßnahmen zur konkreten Durchsetzung und ggf. Sanktionierung<br />

bei Nichteinhaltung enthält<br />

• die Sozialdemokratie mit einem modernen, an Partnerschaftlichkeit<br />

orientierten Leitbild auch weiterhin in Europa eine Vorreiterrolle<br />

im Bereich der Frauen- und Gleichstellungspolitik einnimmt<br />

und dafür Sorge trägt, dass gute Beispiele aus einzelnen<br />

Mitgliedsstaaten europaweit eingeführt und damit die gleichstellungspolitischen<br />

Standards auf hohem Niveau in der gesamten<br />

EU angeglichen werden<br />

• das Europawahlprogramm auch auf eine Intensivierung der<br />

gleichstellungspolitischen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten<br />

und die verstärkte Koordinierung im Bereich der<br />

Frauenpolitik setzt<br />

• alle Aussagen und Forderungen des Wahlprogramms vor dem<br />

Hintergrund des im Amsterdamer Vertrag verankerten Prinzips<br />

des Gender-Mainstreamings und –Budgetings gemacht werden<br />

• die Redaktionsgruppe zur Formulierung des Entwurfes für ein<br />

Europawahlprogramm paritätisch mit Frauen und Männern besetzt<br />

sein wird<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich Eu<br />

Antrag 13<br />

Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />

Europäische Förderprogramme<br />

Die sozialdemokratischen Abgeordneten im europäischen Parlament<br />

werden aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass Förderprogramme<br />

aus EU-Mitteln<br />

• bei Erstellung und Vergabe strikt dem Prinzip des „Gender Budgeting“<br />

unterliegen, also Geschlechtergerechtigkeit schon im<br />

Ansatz nachweisen müssen<br />

• stets proaktiv für Gleichstellung wirken – also den Anteil des<br />

bislang im geförderten Bereich unterrepräsentierten Geschlechts<br />

wirksam erhöhen. Förderprogramme, welche bestehende Geschlechterungleichheiten<br />

in Wirtschaft und Politik, Gesundheit<br />

und Sozialwesen, Wissenschaft und Kultur unverändert lassen<br />

oder sogar verfestigen, sind umgehend im Sinne von mehr Geschlechtergerechtigkeit<br />

zu reformieren oder einzustellen.<br />

Eu13<br />

Europäische Förderprogramme<br />

Annahme<br />

55<br />

60<br />

65<br />

90


Familien-, Frauen- und<br />

Gleichstellungspolitik,<br />

Generations- und Seniorenpolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 1<br />

Landesverband Berlin<br />

Unterhaltsvorschussgesetz<br />

Das Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender<br />

Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfalleistungen<br />

(Unterhaltsvorschussgesetz) wird dahingehend geändert,<br />

dass die maximale Bezugsdauer von heute 72 Monaten bis zum 12.<br />

Lebensjahr auf zunächst 96 Monate bis zum 18. Lebensjahr ausgedehnt<br />

wird. Die weitere Ausdehnung bis zum Ende der Ausbildung<br />

der Kinder wird angestrebt.<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 2<br />

Kreisverband Rhein-Neckar (Landesverband Baden-Württemberg)<br />

Ausgrenzung und Diskriminierung<br />

stoppen- Kindergeld reformieren<br />

Die Bundesregierung wird hiermit aufgefordert umgehend einen<br />

Gesetzesentwurf zur Reformierung des Bundeskindergeldgesetzes<br />

und des Einkommenssteuergesetzes vorzulegen, der unbedingt folgende<br />

drei Punkte enthält: Erwachsene Jugendliche sollen, wenn<br />

sie nicht mehr im elterlichen Haushalt leben, selbst das Kindergeld<br />

erhalten und auch die damit verbundene Korrespondenz mit der<br />

Familienkasse eigenständig verantworten. Die bisher erforderliche<br />

Zustimmung der Eltern entfällt ersatzlos.<br />

Dies beendet die bisherige Diskriminierung von jungen Erwachsenen,<br />

die bisher bei allen Kindergeldangelegenheiten auf die Zustimmung<br />

ihrer Eltern angewiesen sind.<br />

1. Ab dem 25. Lebensjahr wird im Falle eines weiteren Kindergeldbezugs<br />

das Kindergeld umbenannt. (z.B. in „Förderleistung“)<br />

Dies beendet die bisherige Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen,<br />

die ein Leben lang Anspruch auf Kindergeld haben,<br />

aber keine „Kinder“ mehr sind.<br />

2. Die in der Großen Koalition umgesetzte Herabsetzung der Kindergeldbezugsgrenze<br />

von 27 auf 25 Jahre wird rückgängig gemacht.<br />

Dies wird der Lebenswirklichkeit heutiger Jugendlicher gerecht,<br />

da die Ausbildungswege immer länger werden und ermöglicht<br />

gerade finanzschwachen Studierenden auch nach dem 25. Lebensjahr<br />

die Fortsetzung ihres Studiums.<br />

Die baden-württembergische Landesregierung wird zusätzlich<br />

aufgefordert einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Bundesrat<br />

vor 2013 zu bringen, da von einer Untätigkeit der Bundesregierung<br />

auszugehen ist.<br />

F1<br />

Unterhaltsvorschussgesetz<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand und an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

F2<br />

Ausgrenzung und Diskriminierung<br />

stoppen- Kindergeld reformieren<br />

Absatz 2 und 3: Ablehnung<br />

Punkt 1: Annahme<br />

Punkt 2: Ablehnung<br />

55<br />

60<br />

65<br />

92


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 3<br />

Landesverband Baden-Württemberg<br />

Ausgrenzung und Diskriminierung<br />

stoppen - Kindergeld reformieren<br />

Die Bundesregierung wird hiermit aufgefordert umgehend einen<br />

Gesetzesentwurf zur Reformierung des Bundeskindergeldgesetzes<br />

und des Einkommenssteuergesetzes vorzulegen, der unbedingt folgende<br />

drei Punkte enthält:<br />

Erwachsene Jugendliche sollen, wenn sie nicht mehr im elterlichen<br />

Haushalt leben, selbst das Kindergeld erhalten und auch die damit<br />

verbundene Korrespondenz mit der Familienkasse eigenständig<br />

verantworten. Die bisher erforderliche Zustimmung der Eltern entfällt<br />

ersatzlos.<br />

Dies beendet die bisherige Diskriminierung von jungen Erwachsenen,<br />

die bisher bei allen Kindergeldangelegenheiten auf die Zustimmung<br />

ihrer Eltern angewiesen sind.<br />

F3<br />

Ausgrenzung und Diskriminierung<br />

stoppen - Kindergeld reformieren<br />

Ablehnung<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 4<br />

Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />

Änderung des §2 Abs. 1 & §2b<br />

Abs. 1 BEEG zur Angleichung des<br />

Bemessungszeitraums<br />

Eine entsprechende Änderung des BEEG ist für die Bezieher von<br />

besonderer Bedeutung, die das Elterngeld zu einem deutlich späterem<br />

Zeitraum nach der Geburt des Kindes in Anspruch nehmen<br />

möchten. Entsprechend muss die Höhe des Elterngelds einen tatsächlichen<br />

Bezug zur aktuellen Gehaltsrealität haben.<br />

Stand jetzt:<br />

§2 (1)„Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens<br />

aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt.“<br />

§2b (1) „Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger<br />

Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die<br />

zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich.“<br />

Stand gem. Antrag:<br />

§2 (1) „Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens<br />

aus Erwerbstätigkeit zum Zeitpunkt der Antragsstellung gewährt.“<br />

§2b (1) „Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger<br />

Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die<br />

zwölf Kalendermonate vor Antragsstellung maßgeblich.“<br />

F4<br />

Änderung des §2 Abs. 1 & §2b<br />

Abs. 1 BEEG zur Angleichung des<br />

Bemessungszeitraums<br />

Ablehnung<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 5<br />

Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />

Schutz von Frauen vor Gewalt<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen,<br />

• einen Gesamtstraftatbestand „häusliche Gewalt“ einzuführen, in<br />

dem sich die Komplexität der Tathandlungen abbildet und die<br />

Erfahrungen mit den bisherigen Maßnahmen (z.B. Wegweisung)<br />

beachtetet werden;<br />

F5<br />

Schutz von Frauen vor Gewalt<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

55<br />

60<br />

65<br />

93


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

• ein umfassendes staatliches Handlungskonzept zum Schutz von<br />

Mädchen und Frauen – vor allem auch von Mädchen und Frauen<br />

mit Behinderungen – vor sexualisierter Gewalt vorzulegen und<br />

für dessen konsequente Umsetzung zu sorgen;<br />

• die polizeiliche oder zivilgerichtliche Wegweisung so auszugestalten,<br />

dass sie den Tatbestand eines Härtefalls nach § 31 Abs. 2<br />

AufenthG (Aufenthaltsgesetz) erfüllt;<br />

• die Umsetzung wenigstens durch Einführung einer Regelung in<br />

der Durchführungsverordnung zum Aufenthaltsgesetz, besser<br />

aber durch Einführung eines Regelbeispiels ins Gesetz durchzuführen;<br />

• sicherzustellen, dass ein koordiniertes und qualitativ abgestimmtes<br />

Vorgehen zur Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes unter<br />

Beteiligung aller relevanten Institutionen und Einrichtungen vor<br />

Ort sowie eine Finanzierung der dazu notwendigen Ressourcen<br />

gewährleistet sind;<br />

• für Sensibilisierung und Schulung aller relevanter Berufsgruppen<br />

(medizinisch-therapeutisches Personal, Polizei, Staatsanwaltschaft,<br />

Richter/innen, Lehrpersonal etc.) zur Lebenssituation<br />

behinderter Mädchen und Frauen sowie für die Schulung von<br />

Mitarbeiter/innen in Behinderteneinrichtungen zum Umgang mit<br />

(sexualisierter) Gewalt zu sorgen (CEDAW-Alternativbericht, S.<br />

41)<br />

Die Schwerpunktverschiebung der Bundesregierung von Frauenpolitik<br />

hin zu Familienpolitik lässt die Bedrohung für gewaltbetroffene<br />

Frauen – für die der gefährlichste Ort nicht selten die Familie<br />

ist – außer Blick geraten. Dies gilt vor allem dann, wenn bestehende<br />

dringend notwendige Unterstützungsangebote wie Frauenhäuser,<br />

ambulante Beratung und spezialisierte Fachberatungsstellen<br />

keine nachhaltige Finanzierung erhalten und allzu oft von Kürzungen<br />

oder Schließung bedroht sind.(CEDAW-Alternativbericht,<br />

S. 41) Außerdem kann Gewalt gegenüber Frauen in Einrichtungen<br />

(Behinderteneinrichtungen, Psychiatrien etc.) und in der Pflege<br />

übersehen werden.<br />

Die von der Bundesregierung eingesetzten Maßnahmen und Vorhaben<br />

wie die Aktionspläne I und II zur Bekämpfung von Gewalt<br />

gegen Frauen sind zu begrüßen, sie müssen aber auch umfassend<br />

und zeitnah umgesetzt werden. Notwendig wäre außerdem eine<br />

konsequente Evaluierung der einzelnen Maßnahmen.<br />

Im 6. Staatenbericht wird unter 5.5 eine positive Bilanz zur Einführung<br />

des Gewaltschutzgesetzes gezogen. Die Formel „Wer schlägt,<br />

der geht“ stimmt mit der Umsetzungspraxis jedoch häufig nicht<br />

überein (6. Staatenbericht, ebd.). Die Autorinnen des Alternativberichts<br />

zum 6. Staatenbericht sehen Hürden für die gewaltbetroffenen<br />

Frauen sowohl im materiellen als auch im Verfahrensrecht,<br />

weshalb viele Frauen entmutigt auf ihre Rechte verzichten. Die Anforderungen<br />

an die Verfahrensführung sind hoch aufgrund der verschiedenen<br />

„Stationen“ (polizeiliche Wegweisung, zivilrechtliches<br />

Erkenntnisverfahren, Zustellung der Beschlüsse, Vollstreckung bei<br />

Verstößen, Strafverfahren). Die Frauen kommen also in vielen Fällen<br />

nicht ohne Weiteres „schnell und einfach zu ihrem Recht“ (6.<br />

Staatenbericht, Kap. 5.9 „Verfahrensrecht“). Diese Gegebenheiten<br />

werden durch ein Motivbündel wie fehlendes Vertrauen in die Justiz,<br />

Ambivalenz und Furcht vor weiterer Gewalt begleitet. Hinzu<br />

kommt ein erheblicher Anteil der Frauen, denen Informationen<br />

über ihre Rechte und Unterstützungsmöglichkeiten fehlen.<br />

Außerdem fehlt eine Beweiserleichterung in Form des sogenannten<br />

prima-facies-Beweises, d.h. bei einem bestimmten Sachvortrag<br />

wird zunächst von dessen Wahrheitsgehalt ausgegangen.<br />

Stattdessen muss nach den Beweislastregeln des Zivilprozessrechts<br />

der Antrag abgewiesen werden, wenn sich Aussage gegen Aussage<br />

gegenüberstehen. Da diese Konstellation bei Gewalt, die sich<br />

hinter verschlossenen Türen abspielt, häufig gegeben ist, bedarf es<br />

hier einer Korrektur. Oft gelingt es den betroffenen Frauen zudem<br />

nicht, Beweismittel beizubringen, bzw. deren Qualität reicht nicht<br />

aus (z.B. ärztliche Atteste), oder sie setzen sich einem hohen Kostenrisiko<br />

aus. Die Beiziehung von Polizeiprotokollen durch die Zivilgerichte<br />

erfolgt oft nicht oder wird mit dem Hinweis auf laufen-<br />

94


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

de Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft nicht genehmigt. Zu<br />

prüfen wäre, ob eine Informationspflicht des Zivilgerichts bei der<br />

Polizei oder Staatsanwaltschaft analog der Anhörung des Jugendamts<br />

möglich wäre. Der gesetzgeberische Aktionsradius erfasst<br />

diese Kritikpunkte nicht.<br />

Der im Staatenbericht hervorgehobene Schutz vor Stalking zeigt<br />

auf, wie viele verschiedene Delikte bei häuslicher Gewalt und<br />

Stalking verwirklicht werden können. (6. Staatenbericht, Kap. 5.8)<br />

Diese Dichte und Komplexität würde sich in der Einführung eines<br />

Gesamtstraftatbestandes „häusliche Gewalt“ besser abbilden und<br />

in der Strafverfolgung zu einer anderen Handhabung führen. (CE-<br />

DAW-Alternativbericht, S. 42)“<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 6<br />

Landesverband Bayern<br />

Frauen und Mädchen mit<br />

Behinderungen vor Missbrauch schützen<br />

Bundestagsfraktion setzt sich für eine breit angelegte Kampagne<br />

des zuständigen Ministeriums für die Rechte von Frauen mit Behinderungen,<br />

insbesondere für Aufklärung und Hilfe bei sexuellem<br />

Missbrauch ein. Ferner muss für Frauen und Mädchen mit Behinderung<br />

Wahlfreiheit bestehen, ob sie von weiblichen oder männlichen<br />

Pflegenden betreut werden wollen.<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 7<br />

Landesverband Berlin<br />

Gewalt gegen Frauen<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen,<br />

• einen Gesamtstraftatbestand „häusliche Gewalt“ einzuführen, in<br />

dem sich die Komplexität der Tathandlungen abbildet und die<br />

Erfahrungen mit den bisherigen Maßnahmen (z.B. Wegweisung)<br />

beachtetet werden;<br />

• ein umfassendes staatliches Handlungskonzept zum Schutz von<br />

Mädchen und Frauen – vor allem auch von Mädchen und Frauen<br />

mit Behinderungen – vor sexualisierter Gewalt vorzulegen und<br />

für dessen konsequente Umsetzung zu sorgen;<br />

• die polizeiliche oder zivilgerichtliche Wegweisung so auszugestalten,<br />

dass sie den Tatbestand eines Härtefalls nach § 31 Abs. 2<br />

AufenthG (Aufenthaltsgesetz) erfüllt;<br />

• die Umsetzung wenigstens durch Einführung einer Regelung in<br />

der Durchführungsverordnung zum Aufenthaltsgesetz, besser<br />

aber durch Einführung eines Regelbeispiels ins Gesetz durchzuführen;<br />

• sicherzustellen, dass ein koordiniertes und qualitativ abgestimmtes<br />

Vorgehen zur Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes unter<br />

Beteiligung aller relevanten Institutionen und Einrichtungen vor<br />

Ort sowie eine Finanzierung der dazu notwendigen Ressourcen<br />

gewährleistet sind;<br />

• für Sensibilisierung und Schulung aller relevanter Berufsgruppen<br />

(medizinisch-therapeutisches Personal, Polizei, Staatsanwaltschaft,<br />

Richter/innen, Lehrpersonal etc.) zur Lebenssituation<br />

behinderter Mädchen und Frauen sowie für die Schulung von<br />

Mitarbeiter/innen in Behinderteneinrichtungen zum Umgang mit<br />

(sexualisierter) Gewalt zu sorgen.<br />

F6<br />

Frauen und Mädchen mit<br />

Behinderungen vor Missbrauch schützen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

F7<br />

Gewalt gegen Frauen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

95


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 8<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Gleichstellungsgesetz für die<br />

Privatwirtschaft<br />

Ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft ist erforderlich.<br />

Folgende Punkte sollte dieses Gesetz berücksichtigen:<br />

• eine Zielvereinbarungen zur Erhöhung der Frauenanteile in Bereichen,<br />

in denen Frauen unterrepräsentiert sind<br />

• die Aufnahme des Gender-Mainstreaming-Prinzips, d.h. die<br />

grundsätzliche Einbeziehung geschlechtsspezifischer Belange<br />

in alle Bereiche, als durchgängiges Leitprinzip im Unternehmen<br />

• Vorschläge zur betrieblichen Umsetzung des Lohngleichheitsgebotes<br />

• konkrete betriebliche Maßnahmen zum Schutz vor sexueller Belästigung<br />

am Arbeitsplatz.<br />

Über diesen Komplex hinaus sollen die Unternehmen weitere Maßnahmen<br />

- je nach Größe in der Anzahl unterschiedlich - zu den<br />

Bereichen „Gleichstellung von Frauen und Männern“ und „Vereinbarkeit<br />

von Familie und Erwerbstätigkeit“ einleiten und in die<br />

Vereinbarung aufnehmen. Durch die Auswahlmöglichkeiten soll<br />

sichergestellt werden, dass gerade auch kleinere und mittlere Betriebe<br />

unternehmens- und branchenspezifische Maßnahmen vereinbaren<br />

können.<br />

F8<br />

Gleichstellungsgesetz für die<br />

Privatwirtschaft<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

30<br />

35<br />

40<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 9<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Aufwertung frauentypischer Berufe<br />

Das Ansehen der Berufe, die zu den so genannten Frauenberufen<br />

zählen, muss eine gesellschaftliche und finanzielle Aufwertung erfahren.<br />

Auch über weitere Dualisierungen von Ausbildungsberufen<br />

statt schulischer Ausbildungssysteme sollte nachgedacht werden.<br />

F9<br />

Aufwertung frauentypischer Berufe<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 10<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt<br />

Erhöhung des Frauenanteils und<br />

gesetzliche Mindestquote für die<br />

Aufsichtsräte und Vorstände<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion möge sich dafür einsetzen, dass der<br />

Deutsche Bundestag der Aufforderung in Artikel 3 Abs. 2 des<br />

Grundgesetzes nachkommt und ein Gesetz beschließt, das – gegebenenfalls<br />

durch paritätische Nachbesetzung – eine nachhaltige<br />

Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten und Vorständen bewirkt,<br />

und insbesondere eine nach einer angemessenen und absehbaren<br />

Übergangsfrist zu erreichende gesetzliche Mindestquote für<br />

die Aufsichtsräte und Vorstände aller Unternehmen mit mehr als<br />

500 Mitarbeiter_innen vorsieht. Dabei gelte aber, dass jede Quote<br />

letztlich immer auf ihre Abschaffung hin arbeitet.<br />

F10<br />

Erhöhung des Frauenanteils und<br />

gesetzliche Mindestquote für die<br />

Aufsichtsräte und Vorstände<br />

Erledigt durch den Gesetzentwurf der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion zur<br />

„Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen in Wir<br />

tschaftsunternehmen(ChGlFöG)“ - Drucksache 17/8878<br />

65<br />

96


Anträge<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 11<br />

Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />

LSBTI-Rechte als unveräußerliche<br />

Menschenrechte<br />

Wir erkennen Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, transund<br />

intergeschlechtlichen Menschen als unveräußerliche Menschenrechte<br />

an und werden sie weltweit vertreten.<br />

F11<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

LSBTI-Rechte als universelle<br />

Menschenrechte<br />

Annahme in geänderter Fassung:<br />

Die <strong>SPD</strong> setzt sich weltweit für die Rechte von Lesben, Schwulen,<br />

Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen ein. Für<br />

uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind die Freiheit<br />

der sexuellen Orientierung, die geschlechtliche Selbstbestimmung<br />

und der Schutz vor Diskriminierung universelle Menschenrechte.<br />

(Überwiesen vom a.o. BPT 14.April 2013, III.A25)<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 12<br />

Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />

Neufassung der Rechte trans- und<br />

intergeschlechtlichen Menschen!<br />

Wir werden die Rechte von trans- und intergeschlechtlichen Menschen<br />

stärken und die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

durch Implementierung in das Personenstandsgesetz und die<br />

Sozialgesetzbücher nachhaltig gestalten.<br />

F12<br />

Neufassung der Rechte trans- und<br />

intergeschlechtlichen Menschen!<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

(Überwiesen vom a.o. BPT 14.April 2013, III.A26)<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 13<br />

Landesverband Berlin<br />

Adoptionsrecht<br />

Eingetragene Lebensgemeinschaften werden im Adoptionsrecht<br />

Ehepaaren gleich gestellt.<br />

F13<br />

Adoptionsrecht<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

35<br />

40<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 14<br />

Landesverband Berlin<br />

Anonymisierte Bewerbungsverfahren:<br />

Eigene Forderungen konsequent<br />

umsetzen!<br />

Seit mehreren Jahren fordern wir anonymisierte Bewerbungsverfahren<br />

sowohl für den Öffentlichen Dienst, als auch für die Privatwirtschaft.<br />

Das Pilotprojekt „Anonymisierte Bewerbungsverfahren“<br />

der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist mittlerweile<br />

abgeschlossen und hat klar aufgezeigt, dass Diskriminierungsfaktoren,<br />

die bei üblichen Bewerbungsverfahren greifen und zu Selektion<br />

führen, durch die Anonymisierung zwar nicht vollständig<br />

aufgehoben, aber in großem Maße abgefedert werden können.<br />

Was wir politisch seit Jahren fordern wird bislang noch nicht mal in<br />

der eigenen Partei umgesetzt. Wir fordern die <strong>SPD</strong> auf allen Ebenen<br />

dazu auf, selbst den Anfang zu bereiten: Ab sofort sollen alle<br />

Stellen der <strong>SPD</strong> und durch von ihren Mandatsträger_innen ausgeschriebenen<br />

Stellen mit einem anonymisierten Bewerbungsverfahren<br />

ausgeschrieben werden!<br />

F14<br />

Anonymisierte Bewerbungsverfahren:<br />

Eigene Forderungen konsequent<br />

umsetzen!<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

97


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 15<br />

Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />

Transidentität statt Transsexualität<br />

Die <strong>SPD</strong>-Fraktion im Deutschen Bundestag wird aufgefordert bei<br />

Änderung des Trans-sexuellen Gesetzes auf eine Änderung des<br />

Titels hinzuwirken. Der Titel des Gesetzes soll den politisch korrekten<br />

Titel „Transidentitätsgesetz“ erhalten. Des Weiteren ist der<br />

Begriff „Transsexualität“ gegen den Begriff „Transidentität“ im<br />

Gesetzestext zu erset-zen und das Gesetz zu überarbeiten.<br />

Die <strong>SPD</strong>-Fraktionen in den Landtagen werden darüber hinaus<br />

aufgefordert darauf hin-zuwirken, dass in sämtlichen Lehrmitteln<br />

der Begriff Transsexualität gegen Transiden-tität geändert wird.<br />

Ebenso ist darauf hinzuwirken, dass die Lehrkräfte an Schulen und<br />

Hochschulen den korrekten Begriff in Unterricht und Vorträgen<br />

verwenden.<br />

Die Änderung in den Lehrmitteln ist zwingend geboten, denn nach<br />

wie vor wird in Teilen von Fachkreisen mit völlig verqueren, veralteten<br />

Meinungen argumentiert. Aus diesem Grund ist auch in<br />

noch verwendeten Lehrmitteln in geeigneter Weise die alte Begrifflichkeit<br />

gegen die neue zu tauschen. Die begründete Hoffnung<br />

somit das Bild der Transidentität nicht nur dann in Fachkreisen auf<br />

einen aktuellen Stand zu bringen, sondern auch das Bild in der Öffentlichkeit<br />

wäre somit gegeben. Die Verpflichtung der Lehrkräfte<br />

dient der Vermittlung von Transidentität in der aktuellen wissenschaftlichen<br />

Auslegung.<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 16<br />

Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />

Respekt und Unterstützung für<br />

intersexuelle Menschen<br />

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands tritt für eine Anerkennung<br />

und den Schutz von intersexuellen Menschen als Teil<br />

unserer gesellschaftlichen Vielfalt ein. Daher lehnt die <strong>SPD</strong> geschlechtszuordnende<br />

Operationen im Kindesalter ab.<br />

Antragsbereich F<br />

Antrag 17<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Freiwilliges Engagement stärken!<br />

Freiwilliges Engagement bereichert unsere Gesellschaft und ist in<br />

Deutschland trotz Flexibilisierungen in den Arbeitsverhältnissen<br />

und erhöhtem Leistungsdruck in Schule und Universität immer<br />

noch stark ausgeprägt. So engagieren sich in Deutschland rund ein<br />

Drittel der Wohnbevölkerung ehrenamtlich in Vereinen, Verbänden<br />

oder Organisationen. Freiwilliges Engagement ist gesellschaftliche<br />

Partizipation, um unsere Gesellschaft an vielen Stellen gerechter,<br />

sozialer und vielfältiger zu gestalten. Leider gibt es allerdings in<br />

den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten Tendenzen, die wir als Sozialdemokraten<br />

so nicht mittragen können und wollen.<br />

Abnehmendes Engagement unter Jugendlichen<br />

Das freiwillige Engagement im Ehrenamt nimmt unter Jugendlichen<br />

ab! Dies ist sehr bedauerlich, die Gründe hierfür sind aller-<br />

F15<br />

Transidentität statt Transsexualität<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

F16<br />

Respekt und Unterstützung für<br />

intersexuelle Menschen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

F17<br />

Freiwilliges Engagement stärken!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

98


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

dings klar ausfindig zu machen. So führt die Schulzeitverkürzung<br />

des Gymnasiums und die Verschulung des Studiums dazu, dass<br />

viele Jugendliche unter einem erhöhten Leistungsdruck stehen,<br />

der direkt dazu führt, dass das ehrenamtliches Engagement unter<br />

Jugendlichen stetig abnimmt. Wir Sozialdemokraten fordern daher<br />

die Schulzeitverkürzung von G 9 auf G 8 rückgängig zu machen<br />

und die Studienorganisation soweit zu reformieren, dass es auch<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen wieder möglich wird sich<br />

stärker ehrenamtlich zu engagieren. Auch die inhaltliche Konzeption<br />

von Schulen, Ausbildung und Studium, muss wieder mehr die<br />

Gemeinschafts- und Gesellschaftsaspekte aufgreifen und nicht eine<br />

„Welt der Konkurrenz und des EinzelkämpferInnentums fördern.<br />

Auch für junge Erwerbstätige ist es schwieriger geworden sich ehrenamtlich<br />

zu engagieren. Gerade unter jungen ArbeitnehmerInnen<br />

ist prekäre Beschäftigung mittlerweile leider zum Normalfall geworden.<br />

Um auch hier die gesellschaftliche Teilhabe durch freiwilliges<br />

Engagement wieder zu erhöhen, braucht es Maßnahmen, die<br />

dafür Sorge tragen, dass reguläre Beschäftigung ohne ausufernde<br />

Befristungen und Flexibilitätsansprüchen wieder zum Normalfall<br />

in Deutschland wird!<br />

Grenzen von freiwilligem Engagement<br />

Wir Sozialdemokraten sehen es mit großen Bedenken, dass der<br />

Staat sich immer weiter aus seinen Verpflichtungen stiehlt. Für<br />

uns ist klar, dass freiwilliges Engagement immer als Ergänzung<br />

zur staatlichen Daseinsfürsorge zu sehen ist und nicht zum Ersatz<br />

hierfür werden darf. Dies zeigt sich vor allem auf der kommunalen<br />

Ebene. Für uns ist es untragbar, dass Bedürftige bspw. auf das<br />

freiwillige Engagement der Tafeln angewiesen sind. In einer der<br />

reichsten Volkswirtschaften der Welt müssen Menschen um Essen<br />

betteln. Ein unhaltbarerer Zustand und ein Versagen des Staates<br />

und der Kommunen. Auch wenn bspw. örtliche Fördervereine in<br />

die Pflicht genommen werden, um „öffentliche“ Einrichtungen<br />

weiter zu betreiben, damit sich der Staat oder die Kommune immer<br />

stärker zurückziehen kann, ist aus unserer Sicht unverständlich.<br />

Der Staat und die Kommunen müssen endlich wieder für die Daseinsfürsorge<br />

einstehen und diese nicht privaten Initiativen überlassen.<br />

Deshalb ist es umso wichtiger vor allem die Kommunen<br />

finanziell stärker zu unterstützen, damit sie dieser Aufgabe nachkommen<br />

können.<br />

Gender und freiwilliges Engagement<br />

Auch im Ehrenamt gibt es geschlechterspezifische Unterschiede.<br />

So engagieren sich Frauen hauptsächlich in Schulen, der Kirche<br />

oder im Sozialbereich. Dass gerade freiwilliges Engagement im<br />

Sozialbereich mit starken Belastungen korreliert und häufig auch<br />

zu Überforderungen führt, trifft somit stärker Frauen als Männer.<br />

Wer freiwilliges Engagement fördern will, muss daher die Rahmenbedingungen<br />

auch von staatlicher oder kommunaler Seite soweit<br />

verändern, dass dieses Engagement stärker wertgeschätzt und<br />

die Arbeitsbedingungen verbessert werden, damit sie eben nicht zur<br />

Überforderung oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.<br />

Für uns Sozialdemokraten ist klar, dass freiwilliges Engagement<br />

ein wichtiger Bestandteil einer demokratischen und lebendigen Gesellschaft<br />

ist. Gerade deshalb müssen wir uns dafür stark machen,<br />

dass das Ehrenamt nicht zur Überforderung der Freiwilligen führt<br />

und nicht durch den Staat oder die Kommune für ureigene Aufgaben<br />

vereinnahmt wird!<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

99


Gesundheitspolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 1<br />

Landesverband Bayern<br />

Bausteine für eine sozialdemokratische<br />

Gestaltung des Pflegegeldgesetzes<br />

Pflege ist wie Kindererziehung gesellschaftlich notwendige Arbeit.<br />

Pflegezeiten dürfen kein privates Risiko sein. Sie müssen gesellschaftlich<br />

anerkannt und entsprechend honoriert werden. Dabei<br />

stehen die Bedürfnisse und Interessen der Pflegenden und Pflegebedürftigen<br />

im Mittelpunkt. Der Pflegebegriff muss neu definiert<br />

werden: Gesellschaftliche Teilhabe muss ermöglicht werden. Dabei<br />

sind die Rahmenbedingungen für eine älter werdende Gesellschaft<br />

unter den Gesichtspunkten Mobilität (Baurecht, Stadtplanung, ....)<br />

zu berücksichtigen.<br />

Fürsorgepflicht für pflegende Angehörige ist gesellschaftliche<br />

Aufgabe<br />

Pflege ist eine Anforderung an die Vereinbarkeit von Beruf und<br />

Familie. Sie muss in unserer Gesellschaft so sichergestellt und anerkannt<br />

werden, wie es beispielsweise die Kinderbetreuung (inzwischen)<br />

ist.<br />

Grundvoraussetzungen:<br />

• Pflegezeiten sind nicht planbar, anders als z.B. die Betreuung<br />

von Kindern.<br />

D.h. hohe Flexibiliät und Möglichkeiten für kurzfristiges Agieren<br />

muss ein Pflegegesetz leisten, will es den pflegenden Angehörigen<br />

wirklich helfen.<br />

• Dies bedeutet vor allem, dass ein Rechtsanspruch auf Pflegezeit<br />

sicherzustellen ist<br />

• Pflege ist gesellschaftlich notwendige Arbeit. Daher müssen<br />

Pflegezeiten – ähnlich wie das Elterngeld – mit einer Lohnersatzleistung<br />

ausgestattet werden<br />

• Pflege darf nicht auf dem Rücken der Angehörigen zum privaten<br />

Risiko werden: Lohneinbußen, berufliche Rückschläge der Pflegenden<br />

sind nicht zu akzeptieren.<br />

Um flexibel handeln zu können, ist die von der Arbeitsgruppe „Familienpolitik“<br />

unter Führung von Manuela Schwesig eingebrachte<br />

Initiative „1000-Stunden-Budget“ der richtige Vorschlag: „Arbeitnehmer<br />

erhalten einen rund 6-monatigen Freistellungsanspruch,<br />

der mit einer Lohnersatzleistung ausgestattet ist. Diese rund 1000<br />

Stunden kann man flexibel einsetzen: in verschiedene Zeitabschnitte<br />

einteilen oder auch über Jahre zeitlich strecken“<br />

• Die bereits geltende10-tägige Auszeit, wenn ein Pflegefall in der<br />

Familie eingetreten ist, um die neue Lebenssituation zu organisieren,<br />

muss mit einer Lohnersatzleistung ausgestattet werden<br />

• Wir wollen ein zusätzliches Zeitbudget mit Lohnersatz für die<br />

Sterbebegleitung einführen<br />

• Wir brauchen eine solidarische Bürgerversicherung auch für die<br />

Pflege. Aus diesem Einkommen sind Lohnersatzleistungen zu finanzieren.<br />

Darüber hinaus soll diskutiert werden, wie eine rentenmäßige Anerkennung<br />

von Pflegezeiten zu verbessern ist.<br />

G1<br />

Bausteine für eine sozialdemokratische<br />

Gestaltung des Pflegegeldgesetzes<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 2<br />

Bezirk Braunschweig<br />

Gut versorgt in Stadt und Land.<br />

Wir stehen sowohl im Gesundheitsbereich als auch bei der Pflege<br />

vor großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Insbesondere<br />

die Folgen einer immer älter werdenden Gesellschaft erfordern<br />

G2<br />

Gut versorgt in Stadt und Land.<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

102


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen.<br />

Leider waren die vergangenen Jahre schwarz-gelben Regierungshandelns<br />

im Bund und Niedersachsen geprägt von Tatenlosigkeit<br />

und Rückschritten. Hierfür finden sich zahlreiche Beispiele: Im<br />

Bund wurde eine ungerechte Finanzierungsreform mit unbegrenzten<br />

Zusatzbeiträgen durchgedrückt, während die groß angekündigte<br />

Stärkung der Versorgung insbesondere in ländlichen Räumen<br />

weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Auch auf Landesebene<br />

hat Schwarz-Gelb zum einen die Versorgungsprobleme insbesondere<br />

auf dem Land sträflich vernachlässigt und gleichzeitig folgenschwere<br />

Fehler gemacht (zum Beispiel die Privatisierung der<br />

Landeskrankenhäuser). Nun gilt es, den schwarz-gelben Versäumnissen<br />

und Fehlern eine entschiedene und an den Bedürfnissen der<br />

Patientinnen und Patienten orientierte Gesundheits- und Pflegepolitik<br />

im Bund entgegen zu stellen.<br />

Ein wichtiger Schritt sind die bundespolitischen Maßnahmen im<br />

Regierungsprogramm der <strong>SPD</strong>. Wir fordern daher:<br />

1. Einführung einer Bürgerversicherung<br />

Mit der Bürgerversicherung soll ein einheitlicher Wettbewerbsrahmen<br />

geschaffen werden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen wieder<br />

den gleichen Beitrag leisten, die tatsächliche Parität muss wiederhergestellt<br />

und Zusatzbeiträge abgeschafft werden. Ziel muss es<br />

sein, für alle einen gleich guten Zugang zu medizinischer Versorgung<br />

zu schaffen und die schwarz-gelbe Zwei-Klassen-Versorgung<br />

zu beenden. Deshalb brauchen wir eine einheitliche Honorarordnung<br />

für Ärzte.<br />

2. Eine gute Versorgung für alle<br />

Um eine gute Versorgung auch in strukturschwachen Regionen sicherstellen<br />

zu können, brauchen wir ein ganzes Bündel an Maßnahmen.<br />

Dazu gehören die Erprobung neuer Versorgungformen<br />

wie zum Beispiel neue mobile Versorgungkonzepte, aber auch neue<br />

Kooperations- und Vernetzungsformen zwischen den Leistungserbringern<br />

der verschiedenen Gesundheitsberufe. Zudem müssen wir<br />

für eine bessere Verzahnung des ambulanten und stationären Sektors<br />

sorgen. Nicht zuletzt sind zahlreiche Maßnahmen im Bereich<br />

der medizinischen Ausbildung zur Stärkung der Allgemeinmedizin<br />

und der Versorgung in ländlichen Räumen erforderlich (u.a. weitere<br />

Lehrstühle für Allgemeinmedizin, bessere Weiterbildungsmöglichkeiten,<br />

Anreizsysteme wie „Harz- und Heide-Stipendien“).<br />

3. Eine gute Infrastruktur für die Pflege<br />

Nirgendwo sind die Folgen einer älterwerdenden Gesellschaft so<br />

spürbar wie in der Pflege. Wir müssen die Leistungen der Pflegeversicherung<br />

besser auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen<br />

ausrichten (neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff). Unsere ältere Generation<br />

soll selbstbestimmt in ihrer gewohnten Umgebung alt<br />

werden. Hierzu müssen Wohnungen altersgerecht gestaltet und die<br />

entsprechende Infrastruktur aufgebaut werden – eine Aufgabe, die<br />

Bund, Land und Kommune nur gemeinsam bewältigen können.<br />

Und wir müssen die Attraktivität des Pflegeberufs steigern. Die<br />

Voraussetzungen hierfür sind eine gute Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen<br />

und Entwicklungsperspektiven (konkret heißt dies<br />

u.a.: Einführung eines Mindestlohns, gemeinsame Ausbildung von<br />

Kranken- und Altenpflege).<br />

4. Eine wirkungsvolle Präventionsstrategie<br />

Eine wirkungsvolle Präventionsstrategie muss die Menschen in<br />

ihrem gewohnten Lebensumfeld erreichen (z.B. Schulen, Kindergärten,<br />

Arbeitsplatz). Es müssen diejenigen erreicht werden, die<br />

eben nicht regelmäßig den Arzt aufsuchen und keine Präventionsprogramme<br />

der Krankenkassen nutzen. Ein konsequenter Ausbau<br />

der Prävention zu einer eigenständigen Säule im Gesundheitswesen<br />

geht nur über zusätzliche Mittel und ein verbindliches Präventionsgesetz.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

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45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

103


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 3<br />

Landesorganisation Hamburg<br />

Aufteilung der Pflegezeit ermöglichen<br />

Der Bundesparteitag möge die Bundestagsfraktion beauftragen,<br />

sich dafür einzusetzen, das Pflegezeitgesetz insoweit zu ändern,<br />

dass eine mehrmalige Inanspruchnahme der Pflegezeit möglich ist,<br />

solange die Gesamtdauer von sechs Monaten in der Summe nicht<br />

überschritten wird.<br />

G3<br />

Aufteilung der Pflegezeit ermöglichen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 4<br />

Landesverband Sachsen<br />

Pflege und gepflegt werden - eine<br />

Herausforderung für die menschliche<br />

Gesellschaft<br />

Die Pflegeversicherung ist die jüngste Säule im Sozialversicherungssystem<br />

in Deutschland. Seit 1995 werden hierfür Beiträge<br />

erhoben, es ist jedoch absehbar, dass das derzeitige System ohne<br />

notwendige Anpassungen nicht dauerhaft für die Zukunft gerüstet<br />

ist. Angesichts einer steigenden Zahl von Pflegefällen, aber auch<br />

einem insgesamt ausbaufähigen Image der Pflege und des Pflegeberufes<br />

besteht dringender politischer Handlungsbedarf, um den<br />

Bedürfnissen von zu Pflegenden, Angehörigen aber auch den in der<br />

Pflege berufstätigen Menschen gerecht zu werden. Der vorliegende<br />

Antrag soll dabei einige Punkte aufgreifen, stellt jedoch kein allumfassendes<br />

Konzept dar. Wir fordern:<br />

Die Finanzierung<br />

Analog zum Konzept der BürgerInnenversicherung in der Krankenversicherung<br />

soll dieses Konzept auch in der Pflegeversicherung<br />

eingeführt werden. Dabei sollen keine Beitragsbemessungsgrenzen<br />

gelten und alle Arten von Einkommen, also auch aus Kapitaleinkommen<br />

o.ä., herangezogen werden.<br />

Die Pflege<br />

1. Die Einrichtung von Pflegestützpunkten und die Gewährleistung<br />

einer unabhängigen Beratung für Pflegende und deren Angehörige<br />

soll bundesweit eingeführt werden. Trägerinnen dieser Stützpunkte<br />

sollten die Kommunen, sein, denen eine ausreichende Finanzausstattung<br />

zur Erfüllung dieser Aufgabe bereitgestellt wird.<br />

Dafür sind die rechtlichen Bedingungen zu schaffen. Des Weiteren<br />

wird die Schaffung eines Case- und Care-Managements<br />

veranlasst, welches jeden Pflegefall intensiv und individuell bearbeitet<br />

und eine auf die spezifischen Bedürfnisse ausgerichtete<br />

Betreuung sicherstellt. Die Pflegestützpunkte haben dabei auch<br />

den Auftrag, bestehende Angebote für Seniorinnen und Senioren<br />

zu vernetzen und anzubieten. Auch Fragen wie etwa eine PatientInnenverfügung,<br />

Wohnraumberatung oder eine Kontovollmacht<br />

sollten in diese Beratung einfließen, die bestenfalls vor Eintreten<br />

des Pflegefalls erstmalig stattfindet. Eine geeignete Kommunikation<br />

zum Renteneintritt, bei der diese Informationsangebote<br />

dargestellt werden, ist erforderlich. Diese sind barrierefrei und<br />

angepasst an die jeweiligen Fähigkeiten auch zu späteren Zeitpunkten<br />

bereitzustellen.<br />

2. Die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit und Bewilligung von<br />

Pflegestufen muss transparenter und in einer vereinfachten Form<br />

erfolgen. Hierbei soll in der Pflegeberatung auch auf die speziellen<br />

Anforderungen der Prüfung eingegangen werden und ärztliche<br />

Atteste hinzugezogen werden. Eine Verknüpfung mit den<br />

G4<br />

Pflege und gepflegt werden - eine<br />

Herausforderung für die menschliche<br />

Gesellschaft<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

104


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Pflegestützpunkten ist anzustreben. Eine besondere Beratung hat<br />

bei PatientInnen mit Demenzerkrankungen zu erfolgen. Für all<br />

das ist eine unabhängiges Begutachtungssystem zu etablieren.<br />

3. Die Möglichkeit der stundenweisen Verhinderungspflege wird<br />

ausgebaut und kann statt bisher 8 Stunden am Tag bis zu 12<br />

Stunden in Anspruch genommen werden. Dies kann auch über<br />

Nacht erfolgen. Diese stundenweise Verhinderungspflege kann<br />

weiterhin in der häuslichen Umgebung stattzufinden.<br />

Außerdem wird die Zahl der Tage, an denen tageweise Verhinderungspflege<br />

bereitgestellt wird, ausgebaut: es soll weiterhin<br />

28 Tage Urlaub geben. Zusätzlich soll die Verhinderungspflege<br />

aus Gründen wie z.B. Krankheit, Reha-Maßnahmen oder Weiterbildung<br />

ohne zeitliche Befristung möglich sein. Diese tageweise<br />

Verhinderungspflege muss jedoch aufgrund der Belastungen in<br />

einer stationären Einrichtung erfolgen.<br />

4. Das System der Pflegezeit wird überarbeitet und es gibt einen<br />

Rechtsanspruch auf diese 1-jährige Pflegezeit. Die Pflegezeit<br />

wird darüber hinaus staatlich gefördert, so dass die finanziellen<br />

Einbußen für die pflegenden Angehörigen überschaubarer sind.<br />

Eine staatliche Zuzahlung erfolgt analog zum Elterngeld bis zu<br />

einem Niveau von 67% des Nettogehaltes (bis zu einer Grenze<br />

von 1.800 €) wird angestrebt. Anschließend muss es für pflegende<br />

Angehörige einen Rechtsanspruch auf Teilzeitregelung sowie<br />

einen geeigneten Betreuungsplatz für den Pflegebedürftigen geben.<br />

5. Pflege-Selbsthilfegruppen sind im Idealfall mit den Pflegestützpunkten<br />

vernetzt. Sie werden unabhängig von der Mitarbeit von<br />

Pflegefachkräften finanziell und strukturell in ihrer Arbeit unterstützt<br />

und sollen unter anderem Freizeitangebote, aber auch<br />

den Austausch über die Pflege und Beratung ermöglichen. Bei<br />

Bedarf können Pflegefachkräfte durch die Pflegestützpunkte zur<br />

Verfügung gestellt werden, um kompetente Hilfe zu ermöglichen<br />

und Fragen zu beantworten.<br />

6. Die Überwachung und Prüfung von Pflegeheimen und deren<br />

Standards muss konsequenter erfolgen. Es muss deshalb eine<br />

Aufstockung (mindestens Verdopplung) der bei der Heimaufsicht<br />

tätigen PrüferInnen erfolgen, um eine unabhängige, flächendeckende<br />

staatliche Überprüfung gewährleisten zu können, die unangekündigt<br />

erfolgt. Diese Prüfberichte sind der Öffentlichkeit<br />

zugänglich zu machen. Darüber hinaus sollten die Pflege-TÜVs<br />

dahingehend reformiert werden, dass Einzelnoten in den vier<br />

Teilbereichen statt Gesamtnoten vergeben werden. Darüber hinaus<br />

sollen jährliche anonyme Befragungen von ÄrztInnen, PatientInnen,<br />

Angehörigen und Beschäftigten gesetzliche Pflicht<br />

werden. Ziel muss es sein, nicht die dokumentierte, sondern die<br />

tatsächlich erbrachte Leistung am Patienten zu evaluieren.<br />

7. Pflegeeinrichtungen haben grundsätzlich auf die Wünsche ihrer<br />

BewohnerInnen einzugehen und die Privatsphäre zu respektieren.<br />

Darüber hinaus sollen Freizeitangebote, sinnvolle Beschäftigung<br />

und weitere gesundheitsfördernde präventive Maßnahmen<br />

für geistige und körperliche Gesundheit bereit gestellt werden.<br />

Pflegeeinrichtungen sind idealerweise in öffentlicher oder gemeinnütziger<br />

TrägerInnenschaft zu verwalten.<br />

Um besser auf die Bedürfnisse der BewohnerInnen eingehen zu<br />

können, fordern wir den Zusammenschluss des Heimbeirates mit<br />

einem Angehörigenbeirat.<br />

Die Arbeit des Heim-/ Angehörigenbeirates sollte sich dabei<br />

nicht auf die Interessenvertretung vor Ort beschränken. Heim-/<br />

Angehörigenbeiräte sollen mindestens auf Landesebene bestehen<br />

und dabei auch mit der Heimaufsicht zusammenarbeiten.<br />

Die Einrichtungen werden zur Durchführung eines niedrigschwelligen<br />

Beschwerdemanagements verpflichtet.<br />

Der Zusammenschluss der Räte ist sinnvoll, da die Angehörigen<br />

für die Heimbewohner eine wichtige Stütze im Alltag sind und<br />

sie gegenüber der Heimleitung häufig besser die Interessen zu<br />

Pflegenden vertreten können.<br />

8. Wir fordern einen deutlichen infrastrukturellen und finanziellen<br />

Ausbau der Hospizarbeit und der Palliativmedizin.<br />

1<br />

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105


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Der Pflegeberuf<br />

1. Um die Attraktivität und die gesellschaftliche Anerkennung des<br />

Pflegeberufes zu erhöhen soll eine angemessene Entlohnung eingeführt<br />

werden. Diese Fachkräfte sollen in den Einrichtungen<br />

der Altenpflege einen Anteil an der Belegschaft von mindestens<br />

50 % darstellen. Eine hinreichende Weiterbildungs- und Aufstiegsperspektive<br />

ist zu gewährleisten.<br />

Darüber hinaus sind die Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen<br />

der Pflegekräfte arbeitnehmerInnenfreundlich zu gestalten, getrennte<br />

Schichten zu verbieten und der Schichtbeginn familienfreundlich<br />

zu planen.<br />

Um in der ambulanten Pflege den übermäßigen Zeitdruck zu<br />

verhindern, muss pro Arbeitstag eine Pufferzeit von 30 Minuten<br />

eingeplant werden.<br />

2. In der Pflegewirtschaft soll eine Ausbildungsplatzumlage wieder<br />

eingeführt werden, die diejenigen Einrichtungen bzw. TrägerInnen<br />

von Pflegeheimen belohnt und finanziell fördert, die<br />

ausbilden und jeneN TrägerInnen eine Umlage auferlegt, die in<br />

nicht-ausreichendem Maße ausbilden. Der derzeit bestehende<br />

Aufschlag in Heimen, die ausbilden, wird abgeschafft.<br />

3. Um den MitarbeiterInnen in den Pflegeberufen ist eine hinreichende<br />

vertikale und horizontale Aufstiegs- und Wechselperspektive<br />

zu gewährleisten. Das heißt einerseits, dass ein umfassendes<br />

Weiterbildungsangebot den Aufstieg innerhalb eines Zweigs der<br />

Pflege ermöglicht. Andererseits sollte die Ausbildung der Pflegeberufe<br />

dahingehend modularisiert werden, dass alle Auszubildenden<br />

die gleiche Grundausbildung erhalten und sich erst im<br />

zweiten oder dritten Lehrjahr auf einen bestimmten Zweig spezialisieren.<br />

Dies ermöglicht z.B. einer Altenpflegerin einen späteren<br />

Wechsel zu einer Tätigkeit als Kinderkrankenschwester wenn<br />

eine entsprechende Zusatzqualifikation erworben wird.<br />

4. Wir fordern die Bündelung und die Zusammenarbeit der bestehenden<br />

Pflege-verbände, welche gemeinschaftlich als Lobby für<br />

stationäre Pflegeheime und ambulante Dienste auftreten sollen.<br />

Weiterhin fordern wir, dass die Pflegesätze durch ein pauschales<br />

Verfahren insgesamt deutlich angehoben werden. Die Interessenvertretung<br />

der Pflegewirtschaft ist idealerweise durch die Gründung<br />

einer Pflegekammer sicherzustellen.<br />

40<br />

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50<br />

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65<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 5<br />

Landesverband Berlin<br />

Pflege aufwerten<br />

- mehr Gehalt für Pflegepersonal!<br />

Seit Jahren wird postuliert, wie wichtig qualitätssichernde und patientenorientierte<br />

Pflege sei und dass diese aufgewertet werden solle.<br />

Tatsächlich bilden die Einkommen der Pflegerinnen und Pfleger<br />

deren hohe gesellschaftliche Bedeutung in keiner Weise ab. Daher<br />

werden wir dafür sorgen, dass die Ausbildungsvergütung und die<br />

Gehälter in der Kranken- und Altenpflege erheblich angehoben<br />

werden:<br />

1. In der nächsten Regierungsverantwortung im Bund wird sich die<br />

<strong>SPD</strong> dafür einsetzen, dass ein zielgenaues Programm zur dauerhaften<br />

Anhebung der Ausbildungsvergütungen und der Gehälter<br />

der Pflegenden um 30 % führt.<br />

2. Die <strong>SPD</strong> wird sich darüber hinaus dafür einsetzen, dass Schülerinnen<br />

und Schüler in der Pflegeausbildung kein Schulgeld bezahlen<br />

müssen.<br />

3. Zur Finanzierung werden die Beitragssätze in der sozialen Pflegeversicherung<br />

und in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

angepasst.<br />

4. Es wird dafür Sorge getragen, dass die Mehrmittel ausschließlich<br />

in höhere Gehälter der Pflegenden fließen.<br />

G5<br />

Pflege aufwerten- mehr Gehalt für<br />

Pflegepersonal!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

106


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 6<br />

Landesverband Berlin<br />

Pflege menschlicher machen<br />

-Bundeseinheitlicher Personalschlüssel<br />

in der stationären Pflege<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion dazu auf, sich für einen<br />

bundeseinheitlichen Personalschlüssel zur Personalbemessung<br />

in der stationären Pflege einzusetzen. Dabei darf der Personalschlüssel<br />

sich in keinem Bundesland verschlechtern. Mehrkosten<br />

sind durch die Pflegeversicherung zu tragen.<br />

G6<br />

Pflege menschlicher machen<br />

-Bundeseinheitlicher Personalschlüssel<br />

in der stationären Pflege<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 7<br />

Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />

Für den Ausbau von Alten-Service-<br />

Zentren bundesweit!<br />

In Deutschland nimmt die Zahl der allein lebenden älteren Menschen<br />

jedweder Art stetig zu. Der demographische Wandel zeigt<br />

deutliche Spuren und stellt uns vor neue, große Herausforderungen.<br />

Die bisherigen Maßnahmen können den Bedürfnissen der<br />

wachsenden Zahl an Senioren nicht gerecht werden. Gerade der<br />

Übergang in diese Lebensphase ist turbulent. Er ist geprägt von<br />

Abschieden und Neuorientierungen; Vereinsamung der Senioren<br />

ist dabei oft eine Folge. Auch kumulieren im höheren Alter soziale<br />

Benachteiligungen; Altersarmut ist nicht selten. Um diesen Bedürfnissen<br />

nachzukommen, gab es schon viele Modellprojekte von<br />

Bund und Ländern. Sie alle fördern ehrenamtliches Engagement<br />

im Alter, verschiedene Beratungen und Bildungsangebote. Jedoch<br />

werden die meisten Versuche nach der Modellphase nicht in die<br />

kommunale Finanzierung übernommen.<br />

Die Alten- und Service-Zentren (ASZ) in München sind ein solches<br />

Projekt, die sich schon seit vielen Jahren bewährt haben. Hier hat<br />

sich die Stadt München mit großen Wohlfahrtsverbänden zusammen<br />

getan und ein flächendeckendes Netz von ASZ gebildet, das<br />

auf die individuellen Bedürfnisse jedes Stadtteils eingehen kann.<br />

Die Arbeit eines ASZ kann grob in zwei Bereiche unterteilt werden:<br />

Es finden hier vielseitige Kultur und Bildungsangebote in Form<br />

von Kursen oder Veranstaltungen statt. Sie haben zum einen das<br />

Ziel, das ASZ zum Treffpunkt zu machen, in dem man Kontakte<br />

knüpfen kann, die auch nach den Kursen weitergeführt werden<br />

können. Damit wirkt es Altersvereinsamung entgegen. Zum anderen<br />

wirken die Kursangebote präventiv gegen eventuellen Gedächtnisverlust.<br />

Hierunter fallen Sprachkurse, Gedächtnistrainings,<br />

Computerkurse usw. sowie Ausflüge, im speziellen Fall etwa zum<br />

Herrenchiemsee und Informationsveranstaltungen zum Thema<br />

‚Wohnen im Alter‘, oder anderen kulturellen Themen. Fitnessangebote<br />

können ebenfalls wahrgenommen werden. Kurse wie z.B.<br />

Tai Chi, Aerobic oder Wirbelsäulengymnastik können sowohl körperlichen<br />

Leiden vorbeugen, als auch vorhandene Leiden mildern.<br />

Auch Beratungsarbeit nimmt einen großen Teil der Arbeit ein.<br />

Sowohl Betroffene als auch Angehörige können hier gezielt Hilfe<br />

erfahren, um mit den verschiedenen Problemen, die im Alter auftauchen<br />

können, wie z.B. Pflegebedürftigkeit, Armut und Demenz,<br />

nicht allein fertig werden zu müssen. Ziel ist es, dass die Betroffenen<br />

möglichst lange ein unabhängiges, würdiges Leben daheim<br />

führen können. Alle Senioren, egal welchen Geschlechts, welcher<br />

Herkunft, Sexualität oder sozialen Situation, können an den Kur-<br />

G7<br />

Für den Ausbau von Alten-Service-<br />

Zentren bundesweit!<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

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107


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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15<br />

sen, Veranstaltungen und Beratungsangeboten teilnehmen. Die<br />

durchweg positive Rückmeldung der Senioren und die wachsende<br />

Nachfrage nach den Angeboten der Alten-Service Zentren, zeigen<br />

die existentielle Lücke, die die ASZ in der ambulanten Altenhilfe<br />

schließen.<br />

Vielerorts erfährt die Altenpolitik einen Zuwachs an Aufmerksamkeit.<br />

Der wachsende Anteil an Senioren in der Bevölkerung, mit<br />

den unterschiedlichsten Lebenslagen und Lebensstilen, fordert<br />

neue Ideen und Antworten, um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken.<br />

Die ASZ in München sind ein Erfolgsprojekt, an denen<br />

man sich orientieren kann und die beispielgebend übertragbar<br />

sind für andere Städte, Kommunen und Gemeinden. Wir fordern<br />

die <strong>SPD</strong> Bundestags Fraktion auf, sich für den Ausbau von Alten-<br />

Service-Zentren bundesweit einzusetzen und die Kommunen beim<br />

Ausbau – auch finanziell – zu unterstützen. Altenplanung darf nicht<br />

länger aus leeren Absichtserklärungen bestehen, sondern muss sich<br />

an Taten messen lassen.<br />

20<br />

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Antragsbereich G<br />

Antrag 8<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Kuranspruch zur Wiederaufarbeitung<br />

eventueller psychischer Traumata nach<br />

Vollzeitpflege<br />

Es wird ein Kuranspruch zur Aufarbeitung von eventueller psychischer<br />

Traumata nach mindestens einjähriger Vollzeitpflege eines<br />

Familienangehörigen eingeführt.<br />

G8<br />

Kuranspruch zur Wiederaufarbeitung<br />

eventueller psychischer Traumata nach<br />

Vollzeitpflege<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

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Antragsbereich G<br />

Antrag 9<br />

Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

im Gesundheitswesen<br />

Gesundheit neu denken: Wo stehen wir -<br />

wo wollen wir hin?<br />

Gesundheit ist keine Ware: Steuerung im Gesundheitswesen<br />

weiterentwickeln<br />

Im Zentrum sozialdemokratischer Gesundheitspolitik stehen die<br />

gute, flächendeckende Versorgung aller Patientinnen und Patienten,<br />

gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und die Gewissheit<br />

der Bevölkerung, in einem solidarisch finanzierten System<br />

jederzeit bedarfsgerecht versorgt zu werden.<br />

Im Zentrum steht insbesondere der betroffene, durch Krankheit,<br />

drohende Krankheit oder Rekonvaleszenz eingeschränkte Mensch.<br />

Er oder sie soll alle Unterstützung zur Vermeidung von Krankheit<br />

erhalten. Im Krankheitsfall soll er oder sie eine hochwertige medizinische<br />

Versorgung erfahren. Dazu gehören alle erforderlichen diagnostischen<br />

und therapeutischen Maßnahmen, Medikamente und<br />

Hilfsmittel. Dazu gehört auch die menschliche Zuwendung und<br />

Empathie, die unsere Gesellschaft von den Heilberufen erwartet,<br />

die unserer Wertordnung entspricht und die für Heilung genauso<br />

unerlässlich ist wie körperliche und pharmakologische Therapie.<br />

Dazu gehört auch die Gewissheit, den Akteuren und Einrichtungen<br />

des Gesundheitswesens, ihrer Kompetenz und ihrem menschlichen<br />

Engagement vertrauen zu können.<br />

Gesundheitswesen ist öffentliche Aufgabe<br />

Das Gesundheitswesen und die gesundheitliche Versorgung gehören<br />

zu den wichtigsten Staatsaufgaben und sind für uns unveräu-<br />

G9<br />

Gesundheit neu denken: Wo stehen wir -<br />

wo wollen wir hin?<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

108


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

ßerlicher Bestandteil der Daseinsvorsorge. Ihre Organisation wird<br />

von Körperschaften öffentlichen Rechts (Krankenkassen, Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen und Heilberufekammern) als mittelbare<br />

staatliche Aufgabenwahrnehmung oder in der Krankenhausplanung<br />

und –Versorgung öffentlich gewährleistet. Neue Steuerungen haben<br />

diesen öffentlichen Auftrag weniger erkennbar werden lassen.<br />

Gesundheitspolitik zwischen Versorgung und Effizienz<br />

Gesundheitspolitik befindet sich immer im Spannungsfeld zwischen<br />

Versorgungsoptimierung und Kostenentwicklung. Die Nachfragedefinition<br />

durch die Anbieter führt in einem marktlichen System<br />

notwendig zu Überversorgung und resultierenden hohen Kontroll-<br />

und Regulierungsaufwand. Gleichzeitig entsteht Unter- und<br />

Fehlversorgung, vor allem dort, wo Leistungen sich vordergründig<br />

nicht “rechnen“. Die Kostenfrage dominiert seit den achtziger Jahren<br />

die Gesundheitspolitik, während Versorgungs- und Strukturfragen<br />

lange zurückgetreten sind.<br />

Für uns gilt: der Pflichtbeitrag der Beschäftigten muss sparsam verwendet<br />

werden. Überversorgung, z. B. aus finanziellen Interessen<br />

von Leistungserbringern, bedeutet sowohl Verschwendung als auch<br />

einen Qualitätsmangel und eine unnötige Gefährdung. Die Solidarität<br />

der Beitragszahler kann nur durch rationale Mittelverwendung<br />

gesichert werden.<br />

Die mit dem Kompromiss von Lahnstein begonnene marktorientierte<br />

Wende der Gesundheitspolitik hat auch erhebliche Erfolge<br />

gezeigt: durch die Begrenzung der Honorarsteigerung auf die Lohnentwicklung<br />

konnten die ambulanten Ausgaben gedämpft werden.<br />

Durch den Wettbewerb der Krankenkassen kam es zu einer deutlichen<br />

Effizienzsteigerung und Neuaufstellung. Fallpauschen haben<br />

zu einer deutlichen Verkürzung von Liegezeiten im Krankenhaus<br />

und Stärkung ambulanter Versorgung geführt. Kosten-Nutzen Prüfungen<br />

und Arzneimittelrabattverträge konnten erhebliche Summen<br />

einsparen.<br />

Grenzen der Effizienzverbesserung in vielen Bereichen erreicht<br />

oder überschritten<br />

Inzwischen sind viele dieser Potentiale gehoben und die vorrangig<br />

kostenorientierten, am Produktionssektor orientierten Methoden<br />

stoßen zusehends an Grenzen. Die Stärkung der betriebswirtschaftlichen<br />

Steuerung führte notwendig zu einer Verbreiterung<br />

ökonomischer Kategorien und Denkmuster in der Alltagspraxis<br />

der Akteure. Was im makro-Maßstab wünschenswertes Konzept<br />

ist (Beitragssatzstabilität, sparsamer Ressourcenverbrauch, wettbewerbliche<br />

Allokation wie z. B. beim Arzneimittelhandel), kann<br />

auf der mikro-Ebene der therapeutischen Beziehung zu unerträglichen<br />

Ergebnissen führen: denn hier muss immer die Versorgung<br />

des konkreten Patienten vorgehen.<br />

Im ambulanten Bereich haben Kostensenkungsverfahren zu erheblichen<br />

Ausweichreaktionen bis hin zur regelmäßigen Verletzung<br />

elementarer Regeln der ärztlichen Ethik geführt. Behandlungs- und<br />

Verordnungsverweigerungen trotz Behandlungsbedarf scheinen an<br />

der Tagesordnung. Mit sog. IGeL Leistungen wird regelmäßig ärztliche<br />

Autorität zu gewerblichen Zwecken missbraucht. Die Versorgung<br />

in benachteiligten Regionen und auf dem Land wird zunehmend<br />

schwieriger, während Wohlstandsviertel überversorgt sind.<br />

Die marktmäßige Orientierung und der Versuch, das Handeln der<br />

Heilberufsangehörigen durch externe, monetäre Anreize zu steuern,<br />

verdrängt die unverzichtbare intrinsische Motivation der Heilberufe:<br />

wer ständig auf den eigenen Geldvorteil schauen soll, der<br />

passt sich an und verliert stückweise die Motivation aus dem „Helfersyndrom“<br />

– mit allen beschriebenen schädlichen Folgen von<br />

Qualitätsverlust und Kostensteigerung. Das Ende ökonomisierten<br />

Denkens ist „Missfeldertum“: Versorgung nur für die, bei denen es<br />

sich wirtschaftlich lohnt.<br />

Festbetragsregelungen im Heilmittelbereich führen offenbar zu regelmäßiger<br />

Übervorteilung der Betroffenen. Arzneimittelwechsel<br />

durch Rabattverträge werden teilweise als belasten erlebt und können<br />

zu Complianceproblemen führen. Im Wettbewerb der Kran-<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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kenkassen lässt sich eine wachsende und sachlich nicht begründete<br />

Restriktivität in der Gewährung von Genehmigungsleistungen beobachten.<br />

Im Krankenhausbereich führte die zunehmende Dominanz der<br />

Orientierung auf den Erlöß zu neuen Problemen. So wurden nur<br />

bedingt Krankenhausbetten abgebaut und stattdessen Leistungen<br />

ausgeweitet und im Wettbewerb der Krankenhäuser wettbewerblich<br />

bedingte Investitionen getätigt, die viele Krankenhäuser an<br />

wirtschaftliche Grenzen führen. Trotz Arbeitsverdichtung und Fallzahlsteigerung<br />

wurde insbesondere in der Pflege massiv Personal<br />

abgebaut. Die Folge sind wachsende Risiken durch Überlastung<br />

und Überforderung. Gerade im Gesundheitsbereich sind aber Sicherheitsmargen<br />

unverzichtbar, auch beim Personalbestand. Ein<br />

einheitlicher Preis macht Wettbewerb um Dumpinglöhne und gefährlichen<br />

Personalabbau attraktiv.<br />

Um unter Einsparungsbedingungen die Qualität zu sichern und<br />

einen vermeintlichen Wettbewerb um Qualität zu führen, wurden<br />

umfangreiche, externe Qualitätssicherungsmaßnahmen eingeführt,<br />

die von den Beschäftigten einen hohen dokumentarischen Aufwand<br />

erfordern. Dieser wird in der Regel als der heilberuflichen Aufgabe<br />

wesensfremd, übermäßig und ausufernd empfunden, ohne dass der<br />

Nutzen für die eigene Arbeit und den eigenen Wunsch, Patienten<br />

bestens zu behandeln, erkennbar wäre. Dennoch sind viele Patienten<br />

(und oft sogar Angehörige der Heilberufe) mit der Beurteilung<br />

und Interpretation differenzierter Qualitätsdaten überfordert.<br />

Die Herausforderungen der Zukunft meistern<br />

Heute steht das Gesundheitswesen vor großen und neuen Herausforderungen.<br />

So hat sich die gesundheitliche Lage und Versorgung<br />

sozial benachteiligter Menschen in den letzten Jahren weiter verschlechtert.<br />

Während Ärztemangel auf dem Land nur droht, so ist<br />

er in den sozialen Brennpunkten längst Realität. Der demographische<br />

Wandel führt zwar nur zu marginal höheren Kosten, dafür<br />

aber umso mehr zu einer Umorientierung zu chronischen Krankheiten,<br />

sprechender Medizin und einer stärker personalisierten, am<br />

individuellen Bedarf orientierten Versorgung. Während noch vor<br />

wenigen Jahren die ambulante Bedarfsplanung vor allem Überversorgung<br />

abgewehrt hat, stehen wir heute vor einer völlig neuen<br />

Herausforderung der Versorgungssicherung. Die bedenklichen<br />

Auswirkungen der Ökonomisierung auf die medizinische Ethik<br />

müssen dringend beendet werden. Es gilt, das Primat des öffentlichen<br />

Auftrags und des Vorrang von Versorgung vor Profit neu zu<br />

installieren und Auswüchse wie wirtschaftliche motivierte Leistungsausweitung<br />

und unnötige Behandlungen, Behandlungs- und<br />

Verordnungsverweigerungen, Igel-Leistungen, Unterversorgung<br />

durch Praxisschließungen am Quartalsende zu beseitigen.<br />

Gesundheit ist keine Ware – so muss auch das Gesundheitswesen<br />

gesteuert werden<br />

Notwendig ist eine Umorientierung in der Gesundheitspolitik, die<br />

marktliche und wettbewerbliche Instrumente wieder als Instrumente<br />

begreift, die ihre Tauglichkeit für anstehende Aufgaben beweisen<br />

müssen und zur Wahrnehmung des öffentlichen Sicherstellungsauftrags<br />

nur so weit eingesetzt werden, wie dies schadlos möglich ist<br />

und zu einer besseren Versorgung beiträgt.<br />

Steuerungsidee und Akteure zusammenbringen<br />

Was Makroskopisch sinnvoll klingt, muss in der konkreten Ausführung<br />

noch nicht erfolgreich sein. Maßstab der Gesundheitspolitik<br />

muss nicht nur Effizienz, sondern die konkrete Situation im<br />

Behandlungszimmer sein. Hier, in der unmittelbaren Versorgung,<br />

misst sich der Erfolg gesundheitspolitischer Maßnahmen. Deshalb<br />

wollen wir auch die Wirkung gesundheitspolitischer Initiativen<br />

systematisch mit Methoden der Versorgungsforschung überprüfen.<br />

Effizienz und Qualität sind kein Widerspruch, aber sie haben eine<br />

hierarchische Ordnung: Verbesserung der Effizienz kann zu mehr<br />

Qualität, z. B. durch Vermeidung von Überversorgung führen.<br />

Dennoch hat für uns die gute Versorgung Vorrang vor Wirtschaftlichkeitserwägungen.<br />

110


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Steuerung muss die Leitmotive der Betroffenen beachten, wenn<br />

sie erfolgreich sein will. Eine durch Kostenerwägungen und zunehmend<br />

von (Gesundheits-)ökonomen geprägte Debatte hat die<br />

intrinsischen Motivationselemente in den Heil- und Sozialberufen<br />

zunehmend verkannt. Das Bedürfnis, zu helfen, von empathischen<br />

Motiven getragen und als Beziehungsgestaltung verstanden, ist<br />

kennzeichnend und unverzichtbar für die Heilberufe und die Qualität<br />

ihrer Arbeit. Vor allem Pflege und andere nicht-ärztliche Heilberufe<br />

sind anstrengend, körperlich fordernd, meist im Schichtbetrieb<br />

und schlecht bezahlt. Dies wird für viele durch den sozialen und<br />

ethischen Wert ihrer Arbeit aufgewogen.<br />

Gesundheitspolitik muss die intrinsische Motivation der Akteure<br />

berücksichtigen und wertschätzen. Sie muss ihre Verfahren an die<br />

Mentalität der Betroffenen anpassen. Erforderlich ist deshalb eine<br />

deutlich stärke Ausrichtung der politischen Steuerungsmethoden<br />

weg von marktwirtschaftlichen Instrumenten und hin zu solchen,<br />

die der intrinsischen Motivation entsprechen. Dazu ist vor allem<br />

eine stärkere Einbeziehung sozial- und gesundheitswissenschaftlicher<br />

Expertise erforderlich. Wir wollen Fürsorgemotivation und<br />

Verantwortung stärken. Die Organisation muss stärker diesen Motiven<br />

angepasst werden:<br />

• So hat für viele Heilberufsangehörige die persönliche therapeutische<br />

Beziehung einen hohen Stellenwert. Wachsender Arbeitsdruck,<br />

bürokratische Erfordernisse oder die jahrelang geübte<br />

Drei-Minuten-Medizin haben die Beziehungszeit als zentralen<br />

Wert der Arbeitsmotivation minimiert und gefährden massiv die<br />

Motivation. Persönliche, empathische Beziehungen laufen Gefahr,<br />

durch Distanz, Abgrenzung und zunehmenden Zynismus<br />

ersetzt zu werden.<br />

• So wünschen sich Angehörige aller Heilberufe in ihrem täglichen<br />

Handeln eine Entlastung von kurzsichtigen Ertragserwägungen<br />

im Umgang mit den Patienten und eine Stärkung der<br />

Möglichkeit, flexibler nach aktuellem, tatsächlich erkanntem Bedarf<br />

zu behandeln, ohne dabei Standards und Basiserfordernisse<br />

zu ignorieren.<br />

• Alle Heilberufe treten in eine therapeutische Beziehung zum Patienten,<br />

die nur individuell und autonom gestaltet werden kann.<br />

Regulierungen und wirtschaftlicher Druck werden hier zunehmend<br />

als Einschränkung dieser Aufgabe erlebt.<br />

• So ist der Wert von dokumentarischem Aufwand und externe<br />

Überprüfung, wenn sie nicht als Unterstützung und Arbeitserleichterung<br />

wahrgenommen, wenigen nachvollziehbar.<br />

• Häufig werden Qualität und Effizienz als Widerspruch wahrgenommen,<br />

weil Effizienzerwägungen nicht eindeutig als nachrangig<br />

gekennzeichnet sind – obwohl unzweifelhaft niemandem<br />

eine notwendige Versorgung aus Kostengründen verweigert werden<br />

soll und darf.<br />

• So muss Qualitätssicherung vor allem als Beratung und Hilfe zur<br />

Verbesserung der eigenen Arbeit und damit Unterstützung im eigenen<br />

Anspruch an die Qualität der Hilfe und nur in schweren<br />

Fällen als externe Kontrolle gestaltet sein, wenn sie akzeptiert<br />

und kooperativ gehandhabt werden soll.<br />

• So will eine nachwachsende Ärztegeneration keine Einzelpraxis<br />

als Kleinunternehmen betreiben, sondern in geregelten Arbeitsverhältnissen<br />

mit planbaren Arbeitszeiten die Vereinbarkeit von<br />

Familie und Beruf sicherstellen und eine andere work-life-balance<br />

leben.<br />

Politische, wirtschaftliche und verwaltungsorganisatorische Steuerung<br />

des Gesundheitswesens wurde zu sehr aus den Paradigmen<br />

der Steuernden entwickelt und zu wenig aus der Berufssicht der<br />

Heilberufe gedacht. Hier gilt es dringend umzusteuern.<br />

Gesundheit wieder zur öffentlichen Aufgabe machen<br />

Nötig ist eine deutliche Stärkung der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung<br />

im Gesundheitsbereich. Dazu bedarf es eine Stärkung der<br />

öffentlichen Verantwortung und der öffentlichen Möglichkeiten auf<br />

der jeweils angemessenen Ebene:<br />

• Die ambulante Bedarfsplanung ist als Verhinderungsplanung konzipiert,<br />

um übermäßige Versorgung zu verhindern. Die bisherigen<br />

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111


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Aufgabenträger und Planungsstrukturen sind aber für eine Sicherstellungsplanung<br />

wenig geeignet, während öffentliche Planungsverantwortliche,<br />

z. B. im Bereich des Rettungsdienstes, Versorgungsorganisation<br />

sehr erfolgreich bestreiten. Deshalb muss für die ambulante<br />

Versorgung die regionale Kompetenz gestärkt werden. Regionale<br />

Gesundheitskonferenzen unter Kommunalem Vorsitz und<br />

Letztentscheidung und unter Beteiligung aller relevanten Akteure<br />

(Leistungserbringer, Kostenträger, Patienten, Träger öffentlicher<br />

Belange) müssen, mit einem entscheidungsrelevanten Anteil des<br />

Budgets von bis zu fünfzig Prozent, die regionale bedarfsgerechte<br />

Versorgung konzipieren und vereinbaren. Insbesondere Standortentscheidungen<br />

und Notdienstversorgung sind hier zu klären.<br />

• Dazu ist – wie in allen Bereich der Daseinsvorsorge – eine<br />

deutliche Aufgabenverlagerung auf die Länder erforderlich mit<br />

einem umfassenden Aufsichts- und Weisungsrecht gegenüber<br />

Selbstverwaltungsorganen, wenn Zweifel an der angemessenen<br />

Aufgabenerfüllung bestehen. Auf Grundlage bundeseinheitlicher<br />

Versorgungsstandards regeln die Länder die Strukturen der Versorgungsplanung<br />

und Sicherstellung in eigener Zuständigkeit.<br />

• Wir wollen ein Stärkung der Krankenhausplanung. Vorrang hat<br />

die gute, bedarfsgerechte, flächendeckende Versorgung. Nachdem<br />

die wettbewerbliche Krankenhaussteuerung kaum Überkapazitäten<br />

abgebaut hat, müssen Krankenhausstrukturen in öffentlicher,<br />

überregionaler Organisation nach Bedarfs- und Qualitätsorientierten<br />

Standards organisiert werden. Bundeseinheitlich<br />

vereinbarte Vorgaben zum Beispiel zu Mindestgrößen und Mindestfallzahlen<br />

spezialisierter Abteilungen und regionale Strukturierung<br />

und Anpassung an regionale Besonderheiten schaffen<br />

eine hochwertige, flächendeckende und möglichst wohnortnahe<br />

Versorgung.<br />

• Öffentliche Verantwortung heißt auch Wahrnehmung der öffentlichen<br />

Pflichten. Die Länder müssen korrespondierend zur Planungsverantwortung<br />

auch ihre Finanzverantwortung zur Finanzierung<br />

der Investitionen wahrnehmen.<br />

• Kommunale MVZ, mit oder ohne Verbindung mit öffentlichen<br />

Krankenhäusern ermöglichen dort, wo es sinnvoll und erforderlich<br />

ist, die Zusammenführung von medizinischen, pflegerischen<br />

und anderen sozialen Einrichtungen. So können in ländlichen<br />

Räumen erhebliche Synergieeffekte erreicht werden, wenn<br />

die medizinische Versorgung gemeinsam mit der notwendigen<br />

Pflegeinfrastruktur und gegebenenfalls auch anderen Einrichtungen<br />

der sozialen Arbeit verbunden werden. Das gleiche gilt in<br />

den schon heute massiv unterversorgten sozialen Brennpunkten.<br />

• Wir wollen die Weiterentwicklung der allgemeinmedizinischen<br />

Versorgung zu einem Primärarztsystem, in dem Ärztinnen und<br />

Ärzte im Team zusammenarbeiten.<br />

• Durch die Stärkung der Kooperation im Bereich der fachärztlichen<br />

Versorgung durch Krankenhaus-MVZ, Belegärzte und andere<br />

Kooperationsformen wollen wir die doppelte Facharztschiene<br />

endlich überwinden.<br />

• Um eine sinnvolle, bedarfsorientierte Versorgung zu entwickeln,<br />

zu planen und zu sichern, ist entsprechend qualifiziertes Personal<br />

erforderlich Wir wollen die Ausbildung medizinisch versierter<br />

Regionalplaner, Gesundheitsgeographen, Medizinsoziologen<br />

etc. voranbringen und entsprechende Ausbildungskapazitäten<br />

schaffen, damit für alle Ebenen der Gesundheitsorganisation<br />

entsprechend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht. Damit<br />

wird insbesondere die kommunale Ebene in die Lage versetzt,<br />

die anstehenden Aufgaben erfolgreich zu meistern.<br />

Die Instrumente als Instrumente sehen<br />

Nötig ist eines neues Gleichgewicht zwischen öffentlicher Planung<br />

und marktwirtschaftlichen Instrumenten. Marktwirtschaftliche Instrumente<br />

und privatwirtschaftlich organisierte Strukturen müssen<br />

auf ihre Tauglichkeit überprüft und der damit verbundene Regulierungsaufwand<br />

ins Verhältnis gesetzt werden.<br />

• Deshalb wollen wir, dass Einrichtungen der medizinischen Versorgung<br />

wie Krankenhäuser und ambulante Versorgungsein-<br />

112


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

richtungen vorrangig als gemeinnützige Einrichtungen geführt<br />

werden und eine konsequente Entwicklung zum Rückbau von<br />

Privatisierung.<br />

• Wir wollen gute Arbeitsbedingungen im Krankenhaus und ambulantem<br />

Gesundheitswesen. Dazu gehören insbesondere gesetzliche<br />

Personalstandards in der Pflege, aber auch in allen anderen<br />

Patientenrelevanten Bereichen.<br />

• Lohndumping wird nicht mehr belohnt. Wettbewerb um schlechte<br />

Löhne nützt niemandem im Gesundheitswesen. Deshalb wollen<br />

wir allgemeinverbindliche Tarife für das Gesundheitswesen<br />

und bis dahin eine Anpassung der Erlöse an den Tarif und die<br />

Personalausstattung.<br />

• Das Modell der Fallpauschale hat seine Wirkungen entfaltet,<br />

zeigt aber inzwischen deutlich ihre Mängel. Alle bekannten Probleme<br />

der marktorientierten Honorierung, die seit langem aus<br />

dem ambulanten Sektor bekannt waren, finden sich in verschärfter<br />

Form. Deshalb muss die Krankenhausfinanzierung wieder am<br />

Leistungsbedarf orientiert werden. Erlöse dürfen nicht länger in<br />

Konflikt mit Versorgungsfragen geraten, sondern einen festgestellten<br />

und vereinbarten Bedarf abdecken.<br />

• In der Arzneimittelversorgung bedarf es eines weiteren Ausbaus<br />

der Nutzenbewertung zu einem effektiven Instrument der Preisund<br />

Qualitätssteuerung. Die erkannten Defizite der Rabattverträge<br />

müssen beachtet und angemessen weiterentwickelt werden.<br />

• Festbetragsregelungen im Bereich der Heil- und Hilfsmittelversorgung,<br />

beim Zahnersatz u. s. w. sind eine Einladung zum<br />

Missbrauch eines Wissengefälles zwischen Leistungsanbieter<br />

und Patient. Sie müssen abgeschafft werden und der Schutz aller<br />

Patienten vor Übervorteilung an erster Stelle stehen.<br />

• Mit der Einführung der Bürgerversicherung und der Schaffung<br />

eines einheitlichen, am Modell der GKV orientierten Krankenversicherungswesens<br />

muss auch die Honorierung medizinischer<br />

Leistungen nach einheitlichen Kriterien erfolgen und die bestehende<br />

Zwei Klassen Medizin überwinden.<br />

• Der Wettbewerb der Krankenkassen muss der Aufgabe angemessen<br />

als Wettbewerb um die Qualität von Versorgung und Versorgungskonzepten<br />

weiterentwickelt werden. Gleichzeitig sind<br />

auch die Krankenkassen einer strikten Kontrolle zu unterwerfen,<br />

um überrestriktive Genehmigungsentscheidungen zu verhindern.<br />

Die Rolle der Patienten in der Versorgungssteuerung stärken<br />

Die Lage und Rolle der Patientinnen und Patienten im Gesundheitswesen<br />

ist bestimmt vom Spannungsfeld zwischen Autonomie<br />

und Selbstbestimmung einerseits und berechtigtem Anspruch auf<br />

Fürsorge und Fürsorglichkeit andererseits. Empathie der Akteure<br />

und genügend Zeit für eine der Intimität körperlicher Untersuchung<br />

angemessene Vertrauensbasis ist ein elementares Patientenrecht!<br />

Patientenautonomie und Eigenverantwortung sind keine Ausrede<br />

zur Reduzierung von Fürsorgeansprüchen und zur Vermeidung<br />

von Fürsorgepflichten. Patienten sollen frei entscheiden dürfen und<br />

können, aber nicht müssen. Sie haben auch einen Anspruch darauf,<br />

sich leiten zu lassen, wenn sie es wünschen, und auf ein Versorgungssystem<br />

zu treffen, dass mit der Abhängigkeit der Patienten<br />

verantwortlich umgeht.<br />

Wir wollen eine deutliche Stärkung der Rolle der Patienten durch<br />

Einbindung in die Steuerungsfunktion regionaler Gesundheitskonferenz,<br />

wie es auch in allen anderen Planungsverfahren geboten ist.<br />

Es geht um einen strategischen Ansatz der Aktivierung der Bürgerinnen<br />

und Bürger vor Ort auch für ihre gesundheitliche Interessenwahrnehmung.<br />

Patientenberatungsstellen müssen ein verlässliches, seriöses, umfassendes<br />

und flächendeckendes Angebot werden, um die Entscheidungsmöglichkeiten<br />

der Patienten zu stärken. Die Beratungsqualität<br />

muss Parameter Qualitätssicherung sein. Ombuds-Leute<br />

oder Patientenvertreter auf Kommunal- und Landesebene müssen<br />

für jeden erreichbar sein und Klärungskompetenzen in Streitfragen<br />

um Verordnungen und Behandlungsverweigerungen erhalten.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

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55<br />

60<br />

65<br />

113


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Die Rolle der Selbsthilfe muss ausgebaut werden zu einer autonomen,<br />

von wirtschaftlichen Interessen der Gesundheitswirtschaft<br />

unabhängigen Interessenvertretung.<br />

Wir wollen die Qualität medizinischer Beratungen in Medien und<br />

Internet verbessern, um Patienten vor gefährlicher Falschinformation<br />

zu schützen. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass medizinische<br />

und heilkundliche Beratung sowie jede professionelle oder<br />

in professioneller oder gewerblicher Absicht erbrachte Beratung in<br />

medizinischen und heilberuflichen Fragen eine staatliche Zulassung<br />

in einem Heilberuf oder eine spezielle Zulassung voraussetzt.<br />

Der Beratungsverantwortliche muss eindeutig erkennbar sein.<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 10<br />

Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

im Gesundheitswesen<br />

Sicherstellung der Versorgung<br />

der Bevölkerung mit medizinisch<br />

notwendigen Krankenhausleistungen<br />

durch Änderung der Paragraphen 17b<br />

und 17d des KHG<br />

Forderungen an die Bundespartei und die Bundestagsfraktion: die<br />

Paragraphen 17b und 17d des Krankenhausfinanzierungsgesetzes<br />

zu ändern um die Versorgung der Bevölkerung mit medizinisch<br />

notwendigen Krankenhausleistungen sicherzustellen.<br />

G10<br />

Sicherstellung der Versorgung<br />

der Bevölkerung mit medizinisch<br />

notwendigen Krankenhausleistungen<br />

durch Änderung der Paragraphen 17b<br />

und 17d des KHG<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 11<br />

Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

im Gesundheitswesen<br />

Übergang des Sicherstellungsauftrags für<br />

die ärztliche Versorgung auf die jeweilige<br />

Gebietskörperschaft<br />

Wir fordern die Bundespartei und die Bundestagsfraktion auf im<br />

Sozialgesetzbuch V - Fünftes Buch Gesetzliche Krankenversicherung<br />

– den Sicherstellungsauftrag für die ärztliche Versorgung<br />

ersatzweise den Kommunen zu übertragen durch Einfügung des §<br />

72b SGBV „Übergang des Sicherstellungsauftrags auf die jeweilige<br />

Gebietskörperschaft“<br />

Der neu zu fassende § 72b SGB V muss folgende Grundsätze regeln:<br />

Die jeweilige Gebietskörperschaft hat die ärztliche Versorgung<br />

durch die Einrichtung von Medizinischen Versorgungszentren sicherzustellen.<br />

Die Gebietskörperschaft tritt als Betreiber, bzw.<br />

mehrheitlicher Gesellschafter auf und hat im Rahmen des Sicherstellungsauftrages<br />

ein Vorkaufsrecht für freigewordene oder freiwerdende<br />

Arztpraxen.<br />

G11<br />

Übergang des Sicherstellungsauftrags für<br />

die ärztliche Versorgung auf die jeweilige<br />

Gebietskörperschaft<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

60<br />

65<br />

114


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 12<br />

Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

im Gesundheitswesen<br />

Aufgaben des öffentlichen<br />

Gesundheitsdienstes neu fassen und<br />

Mindeststandards auf Bundesebene<br />

einzuführen<br />

Wir fordern die Bundespartei und die Bundestagsfraktion auf, die Rahmenbedingungen<br />

für die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes<br />

neu zu fassen und Mindeststandards auf Bundesebene einzuführen.<br />

G12<br />

Aufgaben des öffentlichen<br />

Gesundheitsdienstes neu fassen und<br />

Mindeststandards auf Bundesebene<br />

einzuführen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 13<br />

Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

im Gesundheitswesen<br />

Einführung einer Positivliste für<br />

Arzneimittel<br />

Wir fordern die Bundespartei und die Bundestagsfraktion auf sich<br />

für die Einführung einer Positivliste für Arzneimittel einzusetzen.<br />

Die Arzneimittelpositivliste soll durch unabhängige Forschungsinstitute<br />

entwickelt und durch einen Forschungsfond finanziert werden.<br />

G13<br />

Einführung einer Positivliste für<br />

Arzneimittel<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 14<br />

Ortsverein Marienburger Höhe/Itzum (Bezirk Hannover)<br />

Medizinprodukte vor Einführung<br />

eingehend prüfen und verantwortlich<br />

zulassen<br />

Medizinprodukte, die als Implantate in den menschlichen Körper<br />

eingesetzt werden, müssen wie Arzneimittel einem gründlichen<br />

staatlichen Zulassungsverfahren unterzogen werden. Entsprechende<br />

gesetzliche Regelungen sind zu beschließen.<br />

G14<br />

Medizinprodukte vor Einführung<br />

eingehend prüfen und verantwortlich<br />

zulassen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 15<br />

Landesverband Berlin<br />

Patientenquittung für Alle:<br />

Patientenrechte stärken, Transparenz<br />

erhöhen!<br />

Seit bald 10 Jahren haben gesetzlich versicherte Patientinnen und<br />

Patienten in der Arztpraxis und im Krankenhaus das Recht, eine<br />

Patientenquittung zu verlangen. In der Praxis bestehen ganz erhebliche<br />

Hürden, dieses wichtige Instrument zur Erhöhung der Transparenz<br />

zu nutzen. Daher setzt sich die <strong>SPD</strong> in Regierungsverantwortung<br />

dafür ein, die Aushändigung einer Patientenquittung nach<br />

ambulanten und stationären Behandlungen für Leistungserbringer<br />

gesetzlich verpflichtend zu machen.<br />

G15<br />

Patientenquittung für Alle:<br />

Patientenrechte stärken, Transparenz<br />

erhöhen!<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

115


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 16<br />

Landesverband Berlin<br />

Transparenz für Patientinnen und<br />

Patienten: Qualitätsdaten von<br />

Krankenhäusern und Ärzten endlich<br />

veröffentlichen<br />

Die Qualität medizinischer Leistungen variiert erheblich zwischen<br />

verschiedenen Krankenhäusern sowie zwischen niedergelassenen<br />

Ärztinnen und Ärzten. Dennoch haben Patientinnen und Patienten<br />

bisher kaum eine Chance, selbstbestimmt anhand von Qualitätsdaten<br />

ihre Entscheidung für oder gegen einen Leistungserbringer zu<br />

treffen, da diese Daten bisher nur in geringem Maße veröffentlicht<br />

werden.<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion daher auf, sich für<br />

eine einrichtungsbezogene Veröffentlichung von Qualitäts- und<br />

Referenzdaten einzusetzen und damit Patientinnen und Patienten<br />

die Transparenz zu gewährleisten, die ihnen zusteht. Qualitätsberichte<br />

müssen daher für Patienten und Patienten besser lesbar, besser<br />

zugänglich und verständlicher sein.<br />

G16<br />

Transparenz für Patientinnen und<br />

Patienten: Qualitätsdaten von<br />

Krankenhäusern und Ärzten endlich<br />

veröffentlichen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 17<br />

Bezirk Hannover<br />

Beseitigung des generellen<br />

Blutspendeverbots von homo- und<br />

bisexuellen Männern<br />

Wir fordern die Beseitigung des grundsätzlichen Ausschlusses von<br />

homo- oder bisexuellen Männern bei der Blutspende. Die im Fragebogen<br />

für Blutspenden vorhandene Frage zur Sexualität und der<br />

daraufhin folgende Ausschluss sind nicht mehr zeitgemäß und stellen<br />

eine Diskriminierung von Homosexuellen Männern dar.<br />

Wir erachten zudem eine allgemeine Fragestellung auf die sexuelle<br />

Aktivität der Blut spendenden Person ohne eine Geschlechterspezifikation<br />

als sinnvoll. Die Bundesärztekammer ist aufzufordern, ihre<br />

Richtlinien bezüglich der Blutspende dahingehend zu verändern.<br />

G17<br />

Beseitigung des generellen<br />

Blutspendeverbots von homo- und<br />

bisexuellen Männern<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

50<br />

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65<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 18<br />

Unterbezirk Lüneburg (Bezirk Hannover)<br />

Beseitigung des generellen<br />

Blutspendeverbots von homo- und<br />

bisexuellen Männern<br />

Wir fordern die Beseitigung des grundsätzlichen Ausschlusses<br />

von homo- oder bisexuellen Männern bei der Blutspende. Die im<br />

Fragebogen für Blutspenden vorhandene Frage zur Sexualität und<br />

der daraufhin folgende Ausschluss sind nicht mehr zeitgemäß und<br />

stellen eine Diskriminierung von Homosexuellen Männern dar. Wir<br />

erachten zudem eine allgemeine Fragestellung auf die sexuelle Aktivität<br />

der blutspendenden Person ohne eine Geschlechterspezifikation<br />

als sinnvoll.<br />

G18<br />

Beseitigung des generellen<br />

Blutspendeverbots von homo- und<br />

bisexuellen Männern<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

116


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 19<br />

Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

im Gesundheitswesen<br />

Kollektive und individuelle Rechte von<br />

Patientinnen und Patienten stärken<br />

In der sozialdemokratischen Gesundheitspolitik haben die Rechte<br />

von Patientinnen und Patienten große Bedeutung. Die <strong>SPD</strong> hat deshalb<br />

in ihrer Regierungszeit verstärkt Patientenrechte im Gesundheitssystem<br />

verankert, insbesondere die Einrichtung des Institutes<br />

für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG),<br />

die Einführung von qualitätsgesicherten Früherkennungsuntersuchungen,<br />

beginnend mit dem Mammografiescreening, Mitberatungs-<br />

und Antragsrechte für Patientenvertreter im gemeinsamen<br />

Bundesausschuss, die Installierung einer unabhängigen Patientenberatung,<br />

die rechtliche Verbindlichkeit von Patientenverfügungen,<br />

sowie die Schaffung des Amtes der oder des Patientenbeauftragten<br />

der Bundesregierung.<br />

Patientinnen und Patienten fühlen sich dennoch häufig als Bittsteller<br />

im Gesundheitssystem und sind im Konfliktfall gegenüber den<br />

Leistungserbringern und den Krankenkassen häufig unterlegen.<br />

Die Mitbestimmungsmöglichkeiten von Patienten auf individueller<br />

und kollektiver Ebene im Gesundheitssystem sind nicht ausreichend.<br />

Ein modernes Patientenrechtegesetz muss deswegen nicht nur das<br />

bisher bestehende Recht zusammenführen und auf Vollzugsdefizite<br />

reagieren. Die Patientenrechte sind weiter zu entwickeln. Es sind<br />

z.B. die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Rechtsanspruch<br />

der Patientinnen und Patienten auf zeitnahe, qualitativ gute<br />

und sichere Behandlung tatsächlich erfüllt wird.<br />

Patientinnen und Patienten sollen dabei von Betroffenen zu Beteiligten<br />

werden. Das setzt auf individueller Ebene eine umfassende<br />

Aufklärung der Patientinnen und Patienten durch die behandelnden<br />

Ärzte voraus, einschließlich diagnostischer und therapeutischer Alternativen.<br />

Partnerschaftliche Entscheidungen von Arzt und Patient<br />

über die durchzuführende Diagnostik und Therapie führen außerdem<br />

zu einer aktiven Krankheitsbewältigung und zu nachweislich<br />

besseren Behandlungsergebnissen. Das führt auch zu einer höheren<br />

Berufszufriedenheit für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte.<br />

Im Falle eines Behandlungsfehlers ist es notwendig, Patientinnen<br />

und Patienten besser zu unterstützen und ihre Rechtsposition zu<br />

stärken. Die Kompetenz und die Erfahrungen von Patientinnen und<br />

Patienten sind über ihre Vereine und Verbände für die Gestaltung<br />

und Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems stärker zu<br />

nutzen. Hierfür kann die Einrichtung einer „Nationalen Patientenstiftung“,<br />

die die Aufgaben der Patientenberatung, Interessenvertretung<br />

und Herstellung der Qualitätstransparenz bündelt, dienen.<br />

Wir wollen folgende konkreten Grundsätze und Vorhaben umsetzen:<br />

Verbesserung der Patientenberatung und der medizinischen<br />

Behandlung<br />

1. Patientinnen und Patienten haben ein Recht auf fachgerechte<br />

Behandlung nach dem wissenschaftlich anerkannten<br />

und gesicherten Qualitätsstandard für die jeweiligen Heilund<br />

Gesundheitsfachberufe.<br />

Diese Forderung setzen ein Qualitätsmanagement und Qualitätssicherungsinstrumente,<br />

die der Patientensicherheit dienen, bei<br />

allen Leistungserbringern voraus. Insbesondere bei chronischen<br />

und schweren Erkrankungen sollen Behandlungsziele vereinbart<br />

werden.<br />

Das Selbstbestimmungsrecht der Patientinnen und Patienten endet<br />

nicht an der Grenze der Einwilligungsfähigkeit. Der mutmaßliche<br />

Wille sowie sprachliche und nichtsprachliche Äußerungen,<br />

G19<br />

Kollektive und individuelle Rechte von<br />

Patientinnen und Patienten stärken<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

10<br />

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20<br />

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65<br />

117


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

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55<br />

60<br />

65<br />

die auf eine Verweigerung der Behandlung schließen lassen, sind<br />

zu berücksichtigen.<br />

Die Behandelnden sind zur Verschwiegenheit über das, was ihnen<br />

im Rahmen des Behandlungsverhältnisses anvertraut wurde<br />

oder bekannt geworden ist, verpflichtet. Es wird eine Regelung<br />

zu den Voraussetzungen geschaffen, unter denen sie nach dem<br />

Tod eines Patienten oder einer Patientin gegenüber deren Erben<br />

und/oder Angehörigen von der Schweigepflicht entbunden sind.<br />

2. Patientinnen und Patienten haben ein Recht auf eine rechtzeitige,<br />

umfassende und verständliche Aufklärung über alle<br />

für die Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechtes über ihre<br />

medizinische Behandlung wesentlichen Punkte einschließlich<br />

Behandlungsalternativen, auch wenn diese vom aufklärenden<br />

Arzt selbst nicht angeboten werden können. Patienten<br />

haben auch ein Recht auf Nichtwissen.<br />

Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sind bis auf ganz<br />

wenige Ausnahmen, wie z. B. Reiseimpfungen, keine notwendigen<br />

medizinischen Leistungen. Für die Beratungsgespräche<br />

zu IGeLn gilt daher eine ganz besondere Sorgfalt. Keinesfalls<br />

dürfen Patienten überrumpelt werden: Sie brauchen ausreichend<br />

Bedenkzeit. Bei IGeLn muss grundsätzlich ein schriftlicher Behandlungsvertrag<br />

geschlossen werden.<br />

In einem persönlichen Gespräch sind Patientinnen und Patienten<br />

umfassend über die Individuelle Gesundheitsleistung aufzuklären,<br />

u. a. auch darüber, warum diese nicht Leistung der Gesetzlichen<br />

Krankenkasse ist, bzw. in welchen Fällen sie es wäre. Diese<br />

Beratungsgespräche sind ausschließlich von den behandelnden<br />

Ärztinnen und Ärzten vorzunehmen, nicht an Dritte zu delegieren<br />

und kein Ersatz für eine schriftliche Aufklärung.<br />

Bei Formverstößen, z. B. fehlenden Informationen im Behandlungsvertrag<br />

oder fehlender schriftlicher Rechnung, sind die Patientinnen<br />

und Patienten nicht verpflichtet, für die Leistung zu<br />

zahlen.<br />

3. Patientinnen und Patienten haben ein Recht auf eine wahrheitsgemäße,<br />

fälschungssichere und vollständige Dokumentation.<br />

Ihnen ist auf Verlagen Einsicht in die Dokumentation zu gewähren<br />

und eine Kopie der Dokumentation auszuhändigen. Die Dokumentation<br />

ist kein Selbstzweck. Sie dient in gleichem Maße<br />

als Gedächtnisstütze für den Behandelnden, dem Informationsfluss<br />

unter verschiedenen Behandelnden und somit dem Behandlungserfolg,<br />

sowie dem Interesse des Patientinnen und Patienten.<br />

In den Patientenakten sind Änderungen und die Person, welche<br />

die Änderungen vorgenommen hat, kenntlich zu machen. Auf<br />

Wunsch sind den Patientinnen und Patienten unverzüglich Kopien<br />

und eine Erklärung über deren Vollständigkeit zur Verfügung<br />

zu stellen.<br />

Eine Einschränkung des Rechts auf Akteneinsicht kann in bestimmten<br />

Fällen, z. B. im Rahmen einer psychiatrischen Behandlung<br />

zur Wahrung medizinisch begründeter Patientenschutzinteressen,<br />

notwendig sein. Diese bedarf jedoch einer schriftlichen<br />

individuellen Begründung von Seiten des behandelnden Therapeuten.<br />

Behandelnde und Pflegende sind auch zur Dokumentation<br />

der von ihnen erbrachten Leistungen und verwendeter Medizinprodukte<br />

verpflichtet. Im Zweifelsfall sind so Patientinnen<br />

und Patienten identifizierbar, die ein bestimmtes mängelbehaftetes<br />

Produkt implantiert bekommen haben.<br />

Patientinnen und Patienten haben das Recht auf eine Gegendarstellung,<br />

wenn sie Fehler in ihren Behandlungsunterlagen bemerken,<br />

z.B. bei der dokumentierten Aufklärung.<br />

4. Patientinnen und Patienten erhalten nach jedem größeren<br />

Eingriff und beim Verlassen des Krankenhauses einen Patientenbrief.<br />

In diesem allgemeinverständlich formulierten Schreiben erhalten<br />

sie Informationen über den durchgeführten Eingriff die<br />

118


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

angewandten Methoden ggf. über verwendete Hilfsmittel und<br />

Implantate, den Verlauf und darüber, ob und zu welchen Komplikationen<br />

es gekommen ist. Der Patientenbrief dient der besseren<br />

Information der Patienten und soll auch die Zahl unnötiger Klagen<br />

senken, die auf der Grundlage von Intransparenz angestrengt<br />

werden. Gleichzeitig erhöht der Patientenbrief die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass die Patientinnen und Patienten bei einem tatsächlichen<br />

Fehler entschädigt werden.<br />

5. Die Sicherheit bei Medizinprodukten muss dringend verbessert<br />

werden.<br />

Es ist nicht nachvollziehbar, dass für Medizinprodukte höherer<br />

Risikoklassen geringerer Sicherheitsstandards gelten als für Medikamente.<br />

Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich auf europäischer<br />

Ebene dafür einzusetzen, dass für Medizinprodukte<br />

höherer Risikoklassen (z. B. alle Produkte, die im menschlichen<br />

Körper verbleiben) europaweit eine einheitliche amtliche Zulassung<br />

eingeführt wird. Um schnell einen besseren Schutz der Patientinnen<br />

und Patienten in Deutschland zu erreichen, soll die Erstattung<br />

durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nur<br />

für diejenigen Produkte übernommen werden, für die ein Patientennutzen<br />

im Verhältnis zu den Risiken nachgewiesen ist (analog<br />

der frühen Nutzenbewertung bei den Arzneimitteln).<br />

Die in Deutschland mit der technischen Prüfung der Medizinprodukte<br />

benannten Stellen, sollen diese Prüfung nicht mehr nur an<br />

Hand eingereichter Papiere vornehmen, sondern an Hand einer<br />

Baumusterprüfung. Die auf dem Markt befindlichen Medizinprodukte<br />

sind durch regelmäßige Stichprobenziehungen mit den<br />

Baumustern zu vergleichen. Im Rahmen unangekündigter Kontrollen<br />

in den Fertigungsbetrieben sollen ebenfalls Stichproben<br />

gezogen und geprüft werden.<br />

Die Hersteller von Medizinprodukten werden verpflichtet eine<br />

Haftpflichtversicherung abzuschließen, so dass sichergestellt ist,<br />

dass im Fall eines Schadens die betroffenen Patientinnen und Patienten<br />

entschädigt werden.<br />

Ein Implantatregister zur Versorgungsforschung und ein Verzeichnis<br />

zur Rückverfolgung bei bekannt gewordenen Problemen<br />

sollen eingerichtet werden.<br />

6. Case- und Care-Management<br />

Fallmanagement muss nicht nur in einzelnen Projekten der Integrierten<br />

Versorgung, sondern auch innerhalb der Regelversorgung<br />

breitere Anwendung finden. Gerade beim Übergang vom<br />

Krankenhaus in den ambulanten Bereich oder beim Vorliegen<br />

von chronischen Erkrankungen, die nicht durch Disease-Management-Programme<br />

erfasst sich, benötigen Patientinnen und<br />

Patienten oft Unterstützung.<br />

Stärkung der kollektiven Beteiligungsrechte der Patientinnen<br />

und Patienten<br />

7. Die unabhängige Patientenberatung Deutschlands (UPD)<br />

braucht ein flächendeckendes Netz von Beratungsstellen,<br />

eine deutlich bessere Personalausstattung als heute und eine<br />

verlässliche Finanzierung, damit sie ihre Aufgaben auch tatsächlich<br />

wahrnehmen kann.<br />

Der mangelnde Bekanntheitsgrad der heutigen UPDs liegt vor<br />

allem daran, dass auf Grund der zu geringen Personalausstattung<br />

die Beratungsstellen schon heute überlastet sind. Eine öffentlichkeitswirksame<br />

Werbung unterbleibt deswegen. Darüber hinaus<br />

ist auch eine stärkere Einbindung der Selbsthilfeorganisationen<br />

in die Arbeit der UPD notwendig.<br />

Die UPD sollte sich darüber hinaus mit bestehenden Institutionen<br />

in den Bereichen der Pflege- und Rehaberatung (z.B. Pflegestützpunkte)<br />

vernetzen.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

8. Die Leistungen der Selbsthilfe sollen evaluiert und entsprechend<br />

weitreichender unterstützt werden.<br />

119


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Ehrenamtliche Selbsthilfegruppen sparen dem Gesundheitssystem<br />

nicht nur Transaktions- und Bürokratiekosten, es gibt auch<br />

deutliche Hinweise, dass sie durch ihre Arbeit einen Beitrag zur<br />

Verbesserung der Gesundheit ihrer Mitglieder leisten. Eine wissenschaftliche<br />

Evaluation dieser positiven Effekte soll helfen,<br />

Selbsthilfegruppen zielgerichteter zu fördern und besser in das<br />

Gesundheitssystem zu integrieren (z.B. über Projekte der Integrierten<br />

Versorgung).<br />

9. Die kollektiven Beteiligungsrechte der Patienten und Patientinnen<br />

im Gesundheitswesen über Verbände und fachkundige<br />

Organisationen werden durch Gesetz auf Bundes- wie auf<br />

Landesebene gestärkt und die dafür notwendigen Ressourcen<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

Insbesondere an der Bedarfsplanung der medizinischen Versorgung<br />

sind die Patientenvertretungen zu beteiligen. Die Patientenvertreter<br />

im Gemeinsamen Bundesausschuss müssen ein Stimmrecht<br />

in Verfahrensfragen erhalten. Weiterhin wird ein unabhängiges<br />

„Institut für Patientenbelange“ eingerichtet, das die Patientenvertreter<br />

professionell unterstützt. Damit werden die Vorteile<br />

und der Wissensvorsprung, den die Bänke der Kostenträger und<br />

Leistungserbringer haben, besser ausgeglichen.<br />

10. Neben dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung<br />

sollten in allen Bundesländern Patientenbeauftragte ihre<br />

Arbeit aufnehmen.<br />

Die regionalen Kenntnisse sind hilfreich, sowohl konkrete<br />

Probleme im Einzelfall zu lösen als auch strukturelle Probleme<br />

der Gesundheitsversorgung in der Region zu identifizieren<br />

und zu Verbesserungen zu kommen.<br />

Besserer Umgang mit Behandlungsfehlern<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

11. Wir brauchen einen offenen Umgang mit Fehlern und „Beinahe<br />

Fehlern“ im Gesundheitssystem.<br />

Es ist nicht ehrenrührig einen Fehler zu machen, wohl aber,<br />

diesen zu vertuschen. Notwendig sind Verbesserungen im Bereich<br />

des Risikomanagements. Entsprechende Standards sind so<br />

verbindlich möglich zu festzulegen. Dabei sind alle beteiligten<br />

Berufsgruppen einzubeziehen. Arbeitsrechtliche Sanktionen für<br />

Meldungen eigener und fremder Fehler sind gesetzlich auszuschließen.<br />

12. Die gesetzlichen Krankenkassen und die privaten Krankenversicherungen<br />

müssen ihre Versicherten in Schadensfällen<br />

unterstützen.<br />

Das umfasst Schäden die aus Behandlungsfehlern, fehlerhaften<br />

Medizinprodukten und fehlerhaften Arzneimitteln entstanden<br />

sind. Eine weitergehende Unterstützung von Patientinnen und<br />

Patienten bei Gerichtsprozessen ist zu prüfen.<br />

13. Es soll ein besonderes Mediations- und Schiedsverfahren<br />

für Fälle der Arzt- bzw. Krankenhaushaftung eingeführt.<br />

Dieses Verfahren soll bei einzurichtenden Schlichtungsstellen<br />

durchgeführt werden, in denen Ärzte, Vertreter der Krankenkassen<br />

und der Patienten vertreten sind. Ein Mitglied der<br />

Schlichtungskommission muss die Befähigung zum Richteramt<br />

haben. Die Schlichtungsstelle betreibt zunächst die Sachverhaltsaufklärung<br />

bezüglich der Frage, ob ein für den Schaden<br />

ursächlicher Behandlungsfehler vorliegt und kann dann auf<br />

Antrag der Patientin bzw. des Patienten ein Vergleichsverfahren<br />

durchführen. Das Ergebnis dieses Schlichtungsverfahrens entspricht<br />

in der Wirkung einem gerichtlichen Vergleich und kann<br />

vollstreckt werden. Mit diesen neutralen Schlichtungsstelle<br />

kann eine Zahl von Arzthaftungsprozessen vermieden werden.<br />

Das liegt sowohl im Interesse der Patientinnen und Patienten<br />

als auch der Ärztinnen und Ärzte.<br />

120


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

14. Er wird ein Härtefallfonds aufgelegt, der Patientinnen und<br />

Patienten bei denen ein Behandlungsfehler vermutet wird<br />

und bei denen die Kriterien für einen Härtefall erfüllt sind,<br />

finanzielle Unterstützung gewährt.<br />

Der Fonds tritt zunächst für diejenigen Patientinnen und Patienten<br />

ein, die in einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus<br />

einen Schaden erleiden. Nach Evaluation soll er zu<br />

einem späteren Zeitpunkt alle Patientinnen und Patienten unterstützten,<br />

unabhängig davon, in welchen Einrichtungen oder<br />

von welchen Gesundheitsberufen sie behandelt wurden. Dieser<br />

Härtefallfond ist kein Ersatz für Schadensersatzansprüche, die<br />

durchaus eingeklagt werden sollen.<br />

Bei Durchsetzung eines Schadenersatzanspruches ist bis zur<br />

Höhe der dabei erhaltenen Entschädigung die seitens des Härtefallfonds<br />

erbrachte Zahlung an diesen zurückzuzahlen. Bei eindeutiger<br />

Beweislage und problemlos erscheinender Durchsetzbarkeit<br />

des Schadensersatzanspruches tritt der Härtefallfond<br />

nicht ein. Die Kosten für einen Härtefallfonds sind durch ein<br />

Mischmodell von den Haftpflichtversicherern der Leistungserbringer,<br />

aus den bereits zu erbringenden Zuzahlungen der gesetzlich<br />

Versicherten zum Krankenhausaufenthalt, durch eine<br />

analoge Abgabe der PKV-Versicherten sowie aus Steuermitteln<br />

zu erbringen. In Anlehnung an den Wiener Härtefallfonds und<br />

nach Hochrechnung auf Deutsche Verhältnisse werden die Gesamtkosten<br />

auf höchstens 60 Mio. Euro im Jahr geschätzt.<br />

Darüber hinaus ist zu prüfen, ob alternativ zum bestehenden<br />

Haftungsrecht, eine Überführbarkeit der Haftungsleistung in<br />

die gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), mit dem Leistungsrahmen<br />

des SGB VII möglich ist.<br />

15. Es soll weitergehende Beweiserleichterungen für die Betroffenen<br />

von Behandlungsfehlern und fehlerhaften Medizinprodukten<br />

geben.<br />

Als Ergänzung zum geltenden Recht, wonach eine Beweislastumkehr<br />

nur bei schweren Behandlungsfehlern eintritt, sollen<br />

diese Regelung auch in anderen Fällen greifen, beispielsweise<br />

wenn die Qualitätsberichte eines Krankenhauses vergleichsweise<br />

hohe Komplikationsraten bei bestimmten Eingriffen belegen.<br />

Auch bei unterlassenen Meldungen bei Vorfällen mit Medizinprodukten<br />

durch einen Arzt oder ein Krankenhaus soll eine Beweislastumkehr<br />

zur Anwendung kommen, so dass Patientinnen<br />

und Patienten bei späteren gerichtlichen Auseinandersetzungen<br />

bessergestellt werden. Bei fehlerhaften Serien von Medizinprodukten<br />

wird es den betroffenen Patientinnen und Patienten außerdem<br />

ermöglicht, auch vor Eintritt eines möglichen Schadens<br />

die Medizinprodukte der fehlerhaften Serie auf Kosten des Herstellers<br />

austauschen zu lassen.<br />

16. Die Bundesländer sollen eine gemeinsame Regelung treffen,<br />

mit der alle Ärztinnen und Ärzte verpflichtet werden, in<br />

regelmäßigen Abständen nachzuweisen, dass sie über eine<br />

Haftpflichtversicherung verfügen, die den gesamten Umfang<br />

ihrer Tätigkeit umfasst und in ausreichendem Maße<br />

abdeckt.<br />

Verstöße gegen diese Pflicht werden sanktioniert. Wir brauchen<br />

mehr Qualitätstransparenz für den Patienten. Damit Patientinnen<br />

und Patienten ihr Selbstbestimmungsrecht ausüben können,<br />

müssen sie auch Zugang zu Qualitätsdaten in der ambulanten<br />

und stationären Versorgung einrichtungsbezogen erhalten.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

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60<br />

65<br />

121


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

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60<br />

65<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 20<br />

Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Soziale Gerechtigkeit, gerechtere<br />

Sozialabgaben<br />

Wir fordern die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung<br />

der Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung. Zurzeit beträgt<br />

der Beitragssatz 15,5%. Wir fordern eine Beitragssenkung<br />

von 0,5% auf 15% des Bruttoeinkommens. (Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />

jeweils 7,5%).<br />

Darüber hinaus fordern wir die Einführung der Bürgerversicherung<br />

als Voraussetzung zu einer zukünftigen Regierungsbeteiligung! Die<br />

Beiträge zur Pflegeversicherung von derzeit 1,95% sollen sich verändern<br />

auf 2.20%, die ebenfalls paritätisch von Arbeitgebern und<br />

Arbeitnehmern zu zahlen sind.<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 21<br />

Ortsverein München Trudering (Landesverband Bayern)<br />

Aktion gegen MRSA (und anderer<br />

relevanten Krankenhauskeime) - jetzt<br />

Wir fordern von der <strong>SPD</strong>-Fraktion im Bundestag sich gegen die<br />

Zunahme der Verbreitung der Problemkeime, u.a. MRSA, einzusetzen<br />

und die Bundesregierung aufzufordern folgende Maßnahmen<br />

zu ergreifen:<br />

1. Einführung eines strikteren, gesetzlich verbindlichen Aufnahmescreenings<br />

in Krankenhäuser, Schaffung der hierzu nötigen<br />

personellen und baulichen Situation in unseren Krankenhäuser<br />

gemäß dem niederländischen System<br />

2. Einführung von „Hygiene-Kontrolleuren“ in den Krankenhäuser<br />

gemäß schwedischem Vorbildung, die mit der nötigen Kompetenz<br />

gegenüber Klinikleitungen, Verwaltung, Chefärzten und<br />

dem restlichen Klinikpersonal ausgestattet sind<br />

3. Einführung einer strikteren Kleiderordnung gemäß schwedischen<br />

Vorbild unter Einsatz von Einmalwäsche<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 22<br />

Unterbezirk Groß-Gerau (Bezirk Hessen-Süd)<br />

Kreiskrankenhaus muss in öffentlicher<br />

Trägerschaft bleiben<br />

Die <strong>SPD</strong> bekennt sich zum Erhalt der Kreiskliniken in öffentlicher<br />

Trägerschaft. Sie wendet sich entschieden gegen die Privatisierung<br />

öffentlicher Krankenhäuser, denn die Ökonomisierung des Gesundheitswesens<br />

führt zu einer Fehlversorgung der Bevölkerung.<br />

Die Interessen von Pharmaindustrie- und Geräteherstellen werden<br />

bedient, die Patienten werden mit immer mehr Zuzahlungen belastet.<br />

Die Sparzwänge des Bundesgesundheitsministeriums bedrohen<br />

auch die Kreisklinik Groß- Gerau in ihrer Existenz und gefährden<br />

damit die Sicherstellung einer optimalen, wohnortnahen medizinischen<br />

Versorgung.<br />

G20<br />

Soziale Gerechtigkeit, gerechtere<br />

Sozialabgaben<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

G21<br />

Aktion gegen MRSA (und anderer<br />

relevanten Krankenhauskeime) - jetzt<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

G22<br />

Kreiskrankenhaus muss in öffentlicher<br />

Trägerschaft bleiben<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

122


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Wir fordern:<br />

• den Erhalt der wohnortnahen Versorgung<br />

• den Erhalt des hohen medizinischen Standards<br />

• Sicherstellung einer der Verantwortung angemessenen Bezahlung<br />

des Personals<br />

Wir fordern die Akteure aus Bund, Land und den Krankenkassen<br />

auf, die Verantwortung anzunehmen und zu handeln indem die Investitionskostenförderung<br />

des Landes stärker an den tatsächlichen<br />

Investitionserfordernissen ausgerichtet wird. Wir kritisieren die<br />

vom Bund und vom Land auferlegten Sparzwänge beim Personal<br />

und bei den Investitionen, da diese zulasten der Behandlungs- und<br />

Betreuungsqualität in den Krankenhäusern - und damit zulasten der<br />

Patienten gehen. Wir kritisieren den Umgang der Bundesregierung<br />

mit den Milliardengewinnen der Krankenkassen. Wir fordern die<br />

Bundesregierung auf. diese zur Zukunftssicherung des Gesundheitswesens<br />

einzusetzen. Den öffentlichen Krankenhäusern müssen<br />

die zur Ausgabendeckung erforderlichen Einnahmen zur Verfügung<br />

stehen.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 23<br />

Landesverband Sachsen<br />

(Neugeborenen) Screening auf<br />

Mukoviszidose (Cystische Fibrose)<br />

als Leistung der gesetzlichen<br />

Krankenversicherungen.<br />

Frühzeitige Diagnose verbessert Therapiechancen. Die Bestrebungen<br />

zur Aufnahme des Screeningverfahrens auf Cystische Fibrose<br />

(Mukoviszidose) in die „Richtlinien des Bundesausschusses der<br />

Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten<br />

bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres“ (Kinder-<br />

Richtlinien) sind zu unterstützen und voranzutreiben.<br />

Das bisher kostenpflichtige Früherkennungsverfahren aus Bestimmung<br />

des Pankreasenzyms immunreaktives Trypsin (IRT) aus einem<br />

getrockneten Tropfen Vollblut soll kostenfrei sein. Auch die<br />

sich bei fortbestehendem Verdacht anschließende Mutationsanalyse<br />

des CFTR- Gens (Chlorid-Ionen-Transporter-Regulatorprotein)<br />

und Erfassung des Pankreatitis-assoziierten Proteins (PAP) oder<br />

erneute IRT-Bestimmung sollen im Leistungskatalog der gesetzlichen<br />

Krankenversicherungen verankert werden.<br />

G23<br />

(Neugeborenen) Screening auf<br />

Mukoviszidose (Cystische Fibrose)<br />

als Leistung der gesetzlichen<br />

Krankenversicherungen.<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 24<br />

Ortsverein Regensburg-Osten (Landesverband Bayern)<br />

Rezeptfreie Abgabe der Pille danach<br />

Auch in Deutschland muss es für Frauen endlich möglich sein,<br />

schnell und unkompliziert Zugang zu Notfallverhütung zu bekommen.<br />

Mit der sogenannten Pille danach (mit dem Wirkstoff Levonorgestrel)<br />

steht ein Medikament zur Verfügung, das insbesondere<br />

in den ersten 24 Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr<br />

wirksam vor einer ungewollten Schwangerschaft schützen<br />

kann. Derzeit darf die Pille danach nur auf Rezept abgegeben werden.<br />

Das bedeutet, dass bei Verhütungspannen, die ja nicht selten<br />

abends oder am Wochenende auftreten, ein Hindernislauf beginnt.<br />

Frauen müssen dann für die Pille danach ins Krankenhaus – aber<br />

es darf keines in kirchlicher Trägerschaft sein, denn dort ist den<br />

Ärztinnen und Ärzten die Verschreibung der Pille danach vom<br />

Dienstherren verboten[1]. In vielen Städten und Regionen sind die<br />

G24<br />

Rezeptfreie Abgabe der Pille danach<br />

Überweisung an Bundestagsfraktion<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

123


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

Krankenhäuser aber überwiegend oder ausschließlich in kirchlicher<br />

Hand.<br />

Medizinisch besteht keine Notwendigkeit, die Pille danach nur auf<br />

Rezept abzugeben. In 28 europäischen Ländern wird die Pille danach<br />

rezeptfrei abgegeben, die Erfahrungen damit sind positiv. Das<br />

zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte<br />

(BfArM) hat schon im Jahr 2003 die rezeptfreie Abgabe der Pille<br />

danach empfohlen. Auf diese Weise könnten Frauen die Pille danach<br />

in der Apotheke bekommen, zusammen mit der erforderlichen<br />

Beratung.<br />

Die Pille danach ist gut verträglich und wirkt umso besser, je<br />

schneller nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr sie eingenommen<br />

wird. Die Pille danach ist keine Abtreibungspille, sie<br />

wirkt nicht bei bestehender Schwangerschaft, sondern sie verhindert<br />

den Eisprung, ähnlich wie die Pille. Das Bundesgesundheitsministerium<br />

muss endlich eine Verordnung zur Aufhebung der Rezeptpflicht<br />

für die Pille danach erlassen. Wir schließen uns damit<br />

einer Kampagne des pro familia-Bundesverbands an. Frauen dürfen<br />

nicht aus ideologischen, medizinfremden Gründen am Zugang<br />

zu Notfallverhütung gehindert werden.<br />

[1] Außer es handelt sich um eine Vergewaltigung, für diesen Fall<br />

hat die Deutsche Bischofskonferenz im Februar 2013 eine Ausnahmeregelung<br />

beschlossen.<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 25<br />

Landesverband Berlin<br />

Verbesserung des <strong>SPD</strong>-Konzeptes zur<br />

Einführung einer Bürgerversicherung in<br />

der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

Die <strong>SPD</strong> hat als einzige Partei ein gangbares Konzept zur Einführung<br />

einer Bürgerversicherung in der Krankenversicherung entwickelt.<br />

Das Konzept kann durch wenige Änderungen hinsichtlich<br />

Klarheit, Akzeptanz und Gerechtigkeit ganz erheblich verbessert<br />

werden. Das Bürgerversicherungskonzept ist daher wie folgt zu<br />

modifizieren:<br />

1. (durchschnittlicher) Bürgerbeitrag und Arbeitgeberbeitrag sollen<br />

die selbe prozentuale Höhe haben,<br />

2. die bestehende unbürokratische Praxis der Verbeitragung aller<br />

Einkommen bei freiwillig Versicherten ist beizubehalten und auf<br />

alle Mitglieder der Bürgerversicherung zu erweitern,<br />

3. der Arbeitgeberbeitrag ist für alle Arbeitnehmer (einschließlich<br />

privat Versicherte) zu bezahlen. Die PKV erhält für ihre Versicherten<br />

(mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung) den<br />

Arbeitgeberanteil aus dem Gesundheitsfonds.<br />

Die Übertragung der individuellen Altersrückstellungen eines<br />

PKV-GKV-Wechslers an den Gesundheitsfonds ist sicherzustellen.<br />

Darüber hinaus ist in der Umsetzung des Bürgerversicherungskonzeptes<br />

zu prüfen,<br />

• wie möglichst schnell die gesamte Wohnbevölkerung in die Bürgerversicherung<br />

aufgenommen werden kann (auch Beamte, Abgeordnete<br />

und weitere Gruppen mit Sonderstatus),<br />

• wie eine individuelle Überforderung von Unternehmen und<br />

Selbstständigen in der Umstellungsphase auf den Lohnsummenbeitrag<br />

vermieden werden kann.<br />

• wie eine dauerhafte Finanzierung des dynamisierten Steuerzuschusses<br />

sichergestellt werden kann.<br />

G25<br />

Verbesserung des <strong>SPD</strong>-Konzeptes zur<br />

Einführung einer Bürgerversicherung in<br />

der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

65<br />

124


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 26<br />

Landesverband Berlin<br />

Angemessene Vergütung von<br />

Psychologischen Psychotherapeuten/-<br />

tinnen in Ausbildung (PiAs) im<br />

Psychotherapeutengesetz festschreiben<br />

Das Psychotherapeutengesetz zur Psychotherapeutenausbildung<br />

muss reformiert werden. Im Psychotherapeutengesetz muss eine<br />

angemessene einheitliche Vergütung des Praktischen Teils der dreijährigen<br />

Ausbildung einheitlich festgeschrieben werden. Denkbar<br />

wäre dabei zum Beispiel eine Orientierung an der „Tarifvertraglichen<br />

vereinbarten Vergütung über das Redaktionsvolontariat“.<br />

Zudem muss sichergestellt sein, dass der Ausbildungscharakter gewahrt<br />

bleibt und keine normalen Planstellen mit Psychotherapeuten<br />

in Ausbildung (PiAs) besetzt werden.<br />

G26<br />

Angemessene Vergütung von<br />

Psychologischen Psychotherapeuten/-<br />

tinnen in Ausbildung (PiAs) im<br />

Psychotherapeutengesetz festschreiben<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 27<br />

Kreisverband Rhein-Neckar (Landesverband Baden-Württemberg)<br />

Eingrenzung Tabakwerbung<br />

Die Bundesregierung wird hiermit aufgefordert umgehend einen<br />

Gesetzesentwurf zur Verbesserung des Jugendschutzes bei Tabakwerbung<br />

vorzulegen. Dieser Gesetzesentwurf muss ein Werbeverbot<br />

für Tabakwerbung in Kinos und für Außenwerbung (Plakate)<br />

beinhalten. Ergänzend soll die Bundesregierung die Umsetzung<br />

dieses Vorhabens auf europäischer Ebene vorantreiben.<br />

Die baden-württembergische Landesregierung wird zusätzlich aufgefordert<br />

einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Bundesrat<br />

vor 2013 zu bringen.<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 28<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Zukunft des Universitätsklinikums<br />

Gießen und Marburg<br />

1. Der Parteitag stellt fest, dass die Privatisierung des Universitätsklinikums<br />

Gießen und Marburg (UKGM) die falsche Entscheidung<br />

war und gescheitert ist. Alle Befürchtungen und Prognosen<br />

der Sozialdemokratie sind eingetreten, insbesondere<br />

• ein erheblicher und gefährlicher Personalabbau<br />

• eine Gefährdung von Forschung und Lehre, wie die Senate<br />

und medizinischen Fachbereiche festgestellt haben,<br />

• die drohende Gefährdung der medizinischen Versorgung, weil<br />

angesichts der Herausforderungen des demographischen Wandels<br />

und des drohenden Ärztemangels eine ausreichende Zahl<br />

von Medizinstudienplätzen unverzichtbar ist.<br />

• wesentliche, vergaberelevante Vertragsbestandteile, wie der<br />

Betrieb der Partikeltherapieanlage oder der dauerhafte Verzicht<br />

auf Investitionsmittel aus Steuergeldern nicht eingehalten<br />

wurden<br />

2. Der Parteitag stellt fest, dass die Landesregierung unter Roland<br />

Koch und Volker Bouffier außerordentlich schlechte Verträge<br />

ausgehandelt hat, die der Mitverantwortung des Landes für<br />

G27<br />

Eingrenzung Tabakwerbung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

G28<br />

Zukunft des Universitätsklinikums<br />

Gießen und Marburg<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktion Hessen<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

125


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Versorgung, Forschung und Lehre in keiner Weise gerecht werden.<br />

Das beschädigte Verhältnis zwischen Landesregierung und<br />

Rhön-AG ist auch ein Ergebnis der schlecht verhandelten Verträge.<br />

Selbst die unzureichenden Möglichkeiten des Vertrags u.a.<br />

zur Rechtsaufsicht wurden von der Landesregierung sträflich<br />

vernachlässigt. Die Landesregierung trägt damit die politische<br />

Verantwortung für die schwierige Lage am UKGM.<br />

3. Der Parteitag stellt fest: Der Ministerpräsident hat wiederholt<br />

sein Wort gebrochen. Alle Versprechungen von CDU und FDP,<br />

insbesondere das vom Ministerpräsidenten versprochene Moratorium<br />

beim Personalabbau, sind nicht eingehalten worden. Berichte<br />

zur Untersuchung durch die Unternehmensberatung Mc-<br />

Kinsey zeigen, dass das Konzept auch ökonomisch gescheitert<br />

ist. Weitere Verschlechterungen, Personalabbau und Arbeitsverdichtung<br />

sind zu erwarten. Wir haben kein Vertrauen in das erneut<br />

angekündigte Moratorium beim Stellenabbau bis kurz nach<br />

der Landtagswahl. Erneut läßt die Landesregierung Beschäftigte<br />

und Patienten im Stich.<br />

4. Der Parteitag stellt fest, dass mit der neuen Vereinbarung zwischen<br />

der Landesregierung und der Rhön Klinikum AG eine private<br />

Fehlkalkulation durch Steuergelder ohne substantielle Vertragsänderungen<br />

ausgeglichen werden sollen. Mit den geplanten<br />

öffentlichen Mitteln hätten die erforderlichen Investitionen von<br />

Anfang an öffentlich finanziert und das Klinikum in Landesbesitz<br />

bleiben können.<br />

5. Der Parteitag bedankt sich bei den zahlreichen Bürgerinnen<br />

und Bürgern, Initiativen sowie dem von Frau Scherer initiierten<br />

Bündnis „Rettet das Uniklinikum“ sowie den Initiatoren des<br />

Marburger Montagsgebets für ihr Engagement und ihren praktischen<br />

Bürgersinn in dieser Frage. Ohne die Aktivitäten der Bürgerinnen<br />

und Bürger wäre die Diskussion zur Zukunft des Uniklinikums<br />

nicht so weit, wie sie ist.<br />

6. Der Parteitag stellt fest: Die <strong>SPD</strong> hat sich von Anfang an um<br />

Alternativvorschläge gekümmert, um ein Gegenmodell zur Privatisierung<br />

anzubieten. Dazu wurden auch schon 2005 Finanzierungsalternativen<br />

für die notwendigen Investitionen vorgeschlagen,<br />

z. B. eine Finanzierung aus Landesmitteln, ein Bürgerfond,<br />

eine Public-Private-Partnership nur zur Baufinanzierung, ein Genossenschaftsmodell<br />

u. s. w. Zahlreiche entsprechende Gespräche<br />

wurden geführt, scheiterten aber am Fehlen jeglicher Diskussionsbereitschaft<br />

der CDU geführten Landesregierung, auch<br />

nur eine Bürgschaft für das Klinikum zu übernehmen. Wir stellen<br />

mit Interesse fest, dass einige unserer Vorschläge nach sieben<br />

Jahren auch von Einzelvertretern der CDU aufgegriffen wurden,<br />

allerdings ohne jede Wirkung auf CDU und FDP in Marburg-<br />

Biedenkopf oder Hessen.<br />

7. Oberstes Ziel muss sein, neben einer optimalen Patientenversorgung<br />

die Zukunftsfähigkeit der Universitätsmedizin in Mittelhessen<br />

weiter zu stärken und die zentrale Rolle, die die Hochschulmedizin<br />

auch für die gesundheitliche Versorgung in Hessen<br />

insgesamt einnehmen kann, auszubauen. Forschung, Lehre<br />

und Krankenversorgung sind nicht zu trennen. Wissenschaftliche<br />

Exzellenz, hochrangige klinische Kompetenz, erstklassige<br />

Ausbildung von Medizinstudentinnen und –studenten und die<br />

Zentralfunktion in der ärztlichen Weiterbildung bilden die Ankerpunkte<br />

dieses Anspruches. Die Vernetzung in der regionalen<br />

Gesundheitsversorgung ist ebenso zu beachten wie die nationale<br />

und internationale Reputation.<br />

8. Der Parteitag fordert alle Sozialdemokratischen Mandatsträger<br />

auf, sich für die Umsetzung der folgenden Forderungen einzusetzen:<br />

a. Die Einführung gesetzlicher Personalstandards für Krankenhäuser<br />

für alle patientenrelevanten Bereiche. Sie sollen so<br />

differenziert sein, dass sie auch den Besonderheiten der Universitätsmedizin<br />

angemessen sind. Sie sind regelmäßig weiterzuentwickeln.<br />

b. Eine auskömmliche Finanzierung dieser Personalstandards<br />

durch die Bürgerversicherung. Dabei soll zur Vermeidung von<br />

126


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Dumpinglöhnen die Krankenhausfinanzierung an den jeweils<br />

gültigen Tarifen der Krankenhäuser ausgerichtet sein.<br />

c. Eine deutliche Stärkung der Möglichkeiten der Krankenhausaufsicht<br />

zur Überprüfung von Versorgungsstandards und der<br />

Sicherung der Qualität, der Einhaltung von Arbeitsvorschriften<br />

u. s. w.<br />

d. Hochschulmedizin dient vorrangig den Erfordernissen von<br />

Forschung und Lehre. Deshalb muss die UKGM als gemeinnützige<br />

Gesellschaft geführt werden. Erwirtschaftete Überschüsse<br />

müssen vollständig im Betrieb reinvestiert werden.<br />

Erforderlich ist eine deutliche Stärkung des Einflusses des<br />

Landes auf die strategische Steuerung des UKGM.<br />

e. Die inzwischen gewachsene Zusammenarbeit der Standorte<br />

Gießen und Marburg mit Profilierung als eines der größten<br />

Universitätsklinika Deutschlands war ein Erfolg und soll weiterentwickelt<br />

und ausgebaut werden. Grundlage bleibt die sog.<br />

„Quertapete“.<br />

f. Wenn sich nach einem Regierungswechsel die realisierbare<br />

Möglichkeit einer Rückführung in Landeseigentum und/oder<br />

eine neue Gesellschaftsform ergibt, so erwarten wir von einer<br />

sozialdemokratisch geführten Landesregierung, dass sie Verhandlungen<br />

mit diesem Ziel aufnimmt. Der Parteitag fordert<br />

die sozialdemokratischen Mandatsträger in Stadt, Kreis und<br />

Land auf, für diesen Fall Vorbereitungen zu treffen durch eine<br />

schrittweise Rücklagenbildung im Landeshaushalt, die Vorbereitung<br />

eines von uns schon 2005 vorgeschlagenen Bürgerbeteiligungsfonds<br />

Universitätsklinikum sowie die Prüfung eines<br />

kommunalen Beteiligungsfonds mit dem Regierungspräsidenten.<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 29<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

Angemessene Vergütung für Medizin-<br />

Studierende im Praktischen Jahr<br />

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands tritt für eine bundesweit<br />

einheitliche, angemessene Vergütung und eine Aufhebung<br />

der Begrenzung auf 590 Euro für Medizin-Studierende, die sich im<br />

Praktischen Jahr befinden, ein.<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 30<br />

Unterbezirk Kassel-Stadt (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Aktuelle Finanznot der Krankenhäuser<br />

beenden; Rahmenbedingungen für<br />

Krankenpflegekräfte<br />

Die Bundestagsfraktion wird gebeten sich dafür einzusetzen, dass<br />

die Finanzierung der Krankenhäuser verbessert wird und somit Arbeitsbedingungen<br />

für die Pflege in den Krankenhäusern verbessert<br />

wird. Die Milliardenüberschüsse in der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />

müssen für eine verbesserte Versorgung der Patienten<br />

eingesetzt werden. - Die Finanzierung der Krankenhäuser muss für<br />

die Zukunft adäquat gesichert sein.<br />

G29<br />

Angemessene Vergütung für Medizin-<br />

Studierende im Praktischen Jahr<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

G30<br />

Aktuelle Finanznot der Krankenhäuser<br />

beenden; Rahmenbedingungen für<br />

Krankenpflegekräfte<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

127


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 31<br />

Landesverband Baden-Württemberg<br />

Verbesserung Jugendschutz bei<br />

Tabakwerbung<br />

Die Bundesregierung wird hiermit aufgefordert umgehend einen<br />

Gesetzesentwurf zur Verbesserung des Jugendschutzes bei Tabakwerbung<br />

vorzulegen. Dieser Gesetzesentwurf muss ein Werbeverbot<br />

für Tabakwerbung in Kinos und für Außenwerbung (Plakate)<br />

beinhalten. Ergänzend soll die Bundesregierung die Umsetzung<br />

dieses Vorhabens auf europäischer Ebene vorantreiben.<br />

Die baden-württembergische Landesregierung wird zusätzlich aufgefordert<br />

einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Bundesrat<br />

vor 2013 zu bringen.<br />

G31<br />

Verbesserung Jugendschutz bei<br />

Tabakwerbung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 32<br />

Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />

Einführung und flächendeckende<br />

Sicherstellung eines speziellen<br />

Leichenschaudienstes<br />

1. Alle Bundesländer werden aufgefordert, einen eigenen speziellen<br />

Leichenschaudienst durch Amtsärzte oder beliehene Ärzte<br />

mit besonderen rechtsmedizinischen Kenntnissen, die professionell<br />

und hauptberuflich Leichenschau betreiben, einzuführen<br />

und flächendeckend sicherzustellen.<br />

2. Die Regelung soll verbindlich u.a. in den Landesgesetzen über<br />

das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen erfolgen.<br />

3. Rechtsmedizin und Leichenschaudienst sind mit ausreichenden<br />

personellen und sachlichen Mitteln auszustatten.<br />

Antragsbereich G<br />

Antrag 33<br />

Landesverband Berlin<br />

Mitspracherecht der Länder bei<br />

Neuzulassungen von Arztsitzen stärken<br />

Die <strong>SPD</strong> spricht sich für eine Änderung des § 96 (2) SGB V hinsichtlich<br />

der Zusammensetzung der Zulassungsausschüsse aus. Die<br />

Zulassungsausschüsse, bisher paritätisch von Vertretern der Kassenärztlichen<br />

Vereinigung und der Krankenkassen besetzt, sollen<br />

durch einen Vertreter/ eine Vertreterin der jeweiligen Länder ergänzt<br />

werden.<br />

G32<br />

Einführung und flächendeckende<br />

Sicherstellung eines speziellen<br />

Leichenschaudienstes<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

G33<br />

Mitspracherecht der Länder bei<br />

Neuzulassungen von Arztsitzen stärken<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

60<br />

65<br />

128


Innen- und Rechtspolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 1<br />

110 Kreis Lichtenberg (Landesverband Berlin)<br />

Landesverband Berlin<br />

Keine Wiedereinführung nationaler<br />

Grenzkontrollen<br />

Wir lehnen es ab, dass die EU-Mitgliedsstaaten auf eigene Entscheidung<br />

hin im Schengen-Raum künftig wieder Grenzkontrollen<br />

einführen dürfen. Die Freizügigkeit über die Innengrenzen hinweg<br />

ist ein identitätsstiftendes Merkmal eines zusammenwachsenden<br />

Europas. Erneute Grenzkontrollen stellen einen massiven Rückschritt<br />

dar. Die Wiedereinführung der nationalen Grenzkotrollen,<br />

insbesondere um „illegale“ Einwanderer abzuhalten, empfinden<br />

wir eindeutig für den falschen Weg. Anstatt sowohl die eigenen<br />

Grenzen als auch die Außengrenzen der EU hermetisch abzuriegeln,<br />

brauchen wir in der EU einen humanitären Umgang mit<br />

Flüchtlingen. Statt den Menschen in Europa den Grenzübertritt zu<br />

erschweren, muss es Ziel sein, das Grundrecht der Freizügigkeit<br />

allen Menschen zu gewähren und Grenzen weiter abzubauen. Auch<br />

Deutschland und andere Länder, die keine Außengrenze zu den<br />

Ländern bilden aus welchen eine Vielzahl von Flüchtlingen in die<br />

EU kommt, dürfen sich ihrer Verantwortung in der Flüchtlingspolitik<br />

nicht entziehen. Die Flüchtlinge stellen keine Gefahr für die<br />

EU dar, sondern vielmehr eine Bereicherung. Zudem gehört es zu<br />

unserer Pflicht, uns den Nöten der Flüchtlinge anzunehmen, anstatt<br />

auf hoher See ihren Tod in Kauf zu nehmen und eine „Festung Europa“<br />

zu errichten.<br />

I1<br />

Keine Wiedereinführung nationaler<br />

Grenzkontrollen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und an Gruppe der <strong>SPD</strong>-<br />

Abgeordneten im Europäischen Parlament<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 2<br />

Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />

Für ein Verbot von Spielen mit<br />

simulierten Tötungshandlungen<br />

Die Bundesregierung wird aufge fordert, reale Spiele mit Tötungsoder<br />

Verletzungssimulationen zu verbieten.<br />

Reball gehört – zusammen mit Gotcha, Paintball und dem Lasergame<br />

(alias Laserdrome oder Quasar) – zu einer Gruppe von Mannschaftsspielen,<br />

bei deren unterschiedlichen Spielvarianten jeweils<br />

Gegner mit Hilfe von schusswaffenähnlichen Gerätschaften „ausgeschaltet“<br />

werden. Im Unterschied zum Paintball, bei dem mit<br />

Farbe gefüllte kleine Bälle verschossen werden, die beim Aufprall<br />

zerplatzen und einen Farbfleck hinterlassen, werden beim Reball<br />

wiederverwendbare Bälle ohne Farbwirkung benutzt, deren Trefferwirkung<br />

durch Schiedsrichter beurteilt wird. (vgl. OVG Lüneburg,<br />

Urteil vom 18.02.2010, Az.: 1 LC 244/07, Rn. 2). Beim Laserdrome<br />

wird mit Laserstrahlen auf die Mitspieler bzw. Gegner<br />

geschossen. „Gotcha“ ist eine nur in Deutschland übliche Bezeichnung<br />

für Paintball bzw. bestimmte Paintballvarianten wie z.B. das<br />

Woodland-Paintball (Spielen im Wald und in Tarnkleidung, was<br />

dann eine Nähe zu Wehrsport und Kriegsverherrlichung hat). Die<br />

Bewegungsenergie von Paintball-Kugeln ist ausreichend, um den<br />

Spielern gefährliche Verletzungen im Gesicht zuzufügen. Daher ist<br />

das Tragen einer Schutzmaske auf dem Spielfeld vorgeschrieben<br />

(vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Paintball).<br />

I2<br />

Für ein Verbot von Spielen mit<br />

simulierten Tötungshandlungen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

65<br />

130


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 3<br />

Bezirk Braunschweig<br />

Indect- Nein Danke!<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert keine weiteren EU-Mittel für das Forschungsprojekt<br />

Indect zu gewähren und das Projekt, das die Freiheit der<br />

Menschen unverhältnismäßig einschränkt, zu beenden und bereits<br />

entwickelte Programmteile nicht weiter zu nutzen.<br />

I3<br />

Indect- Nein Danke!<br />

Annahme<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 4<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Staatstrojaner abschaffen -<br />

Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen<br />

- Grundrecht auf digitale Privatsphäre<br />

gewährleisten<br />

Wir sprechen uns konsequent gegen den Einsatz von Software<br />

zur Überwachung und Kontrolle der Bürgerinnen und Bürger aus.<br />

Wir lehnen deshalb auch den Einsatz einer Software, die „nur“ zur<br />

Überwachung der informationstechnischen Kommunikation verwendet<br />

werden soll, ab. Zum Einen, weil unter Experten immer<br />

noch bezweifelt wird, ob es überhaupt technisch möglich ist eine<br />

Software zu programmieren, die den verfassungsmäßigen Anforderungen<br />

genügt. Zum Anderen, weil dieser vom CCC aufgedeckte<br />

Missbrauch eindeutig belegt, dass Behörden die Ihnen zur Verfügung<br />

gestellten Maßnahmen offensichtlich über den legalen Bereich<br />

hinaus ausreizen und dagegen keine wirksamen Kontrollmechanismen<br />

bestehen. Deshalb fordern wir ein sofortiges Ende der<br />

Nutzung und ein Bekenntnis zum Verzicht auf zukünftige Nutzung<br />

des Staatstrojaners durch sämtliche staatliche Behörden.<br />

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum und genau deshalb müssen<br />

die für den Trojaner-Skandal verantwortlichen zur Rechenschaft<br />

gezogen werden. Es kann und darf nicht sein, dass Behörden mehrere<br />

Jahre gegen eindeutige und absichtlich zum Schutz der Bürger_innen<br />

formulierte Grundrechte verstoßen und ohne Konsequenzen<br />

davon kommen.<br />

Es muss außerdem in Erwägung gezogen werden, ob nicht auch<br />

gegen die Herstellerfirma der Software „DigiTask“ ein Verfahren<br />

eingeleitet wird, da diese sich unter Umständen dem Verstoß gegen<br />

§202c StGB „Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von<br />

Daten“ schuldig gemacht hat. Dies muss geprüft werden und darf<br />

nicht unter den Tisch fallen!<br />

Kontrolle, Überwachung und Zensur stehen für ein grundsätzliches<br />

Misstrauen des Staates gegenüber seinen Bewohner_innen und vor<br />

allem im fundamentalen Gegensatz zur Freiheit des Menschen! Wir<br />

sind der festen Überzeugung, dass staatliche Bespitzelung mehr<br />

Schaden als Nutzen bringt! Wir setzen uns deshalb auch weiterhin<br />

für ein freies, selbstbestimmtes Leben und somit auch für ein zensur-<br />

und überwachungsfreies Internet ein!<br />

I4<br />

Staatstrojaner abschaffen -<br />

Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen<br />

- Grundrecht auf digitale Privatsphäre<br />

gewährleisten<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

131


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 5<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Abschaffung des Verfassungsschutzes<br />

Die <strong>SPD</strong> stellt fest, dass das Bundesamt- und ein Großteil der<br />

Landesämter für Verfassungsschutz, insbesondere in der Frage<br />

des Rechten-Terrors in Deutschland, versagt haben. Daher bedarf<br />

es einer umfassenden Neustrukturierung. Die parlamentarischen<br />

Kontrollrechte sind auszuweiten und es ist zu prüfen, ob operative<br />

Maßnahmen zukünftig einer richterlichen Genehmigung bedürfen.<br />

I5<br />

Abschaffung des Verfassungsschutzes<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 6<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Zeit für eine klare Zäsur -<br />

Inlandsgeheimdienste abschaffen<br />

Auch wenn fast eineinhalb Jahre nach der Selbstenttarnung des<br />

„Nationalsozialistischen Untergrunds“ noch viele Fragen offen<br />

sind, zeichnen die bisher bekanntgewordenen Fakten ein verheerendes<br />

Bild der Arbeit der deutschen Sicherheitsbehörden, insbesondere<br />

der Verfassungsschutzbehörden. Die Arbeit der Untersuchungsausschüsse<br />

und -kommissionen, Medienberichte und die<br />

Recherchen antifaschistischer Initiativen zeigen klar, dass es sich<br />

hierbei nicht um eine unglückliche Verkettung von Zufällen/individuellem<br />

Versagen Einzelner handelt, sondern dass die Probleme<br />

tiefer, in der Struktur und der ideologischen Grundausrichtung der<br />

Sicherheitsbehörden liegen.<br />

Ein „weiter so“ darf es nicht geben und eine Belohnung der Sicherheitsbehörden<br />

mit zusätzlichen Befugnissen und Zuständigkeiten<br />

wäre eine grundlegend falsche Antwort.<br />

Die Verfassungsschutzämter haben ihre Unfähigkeit bewiesen,<br />

den hohen und auch selbstgestellten Ansprüchen als „Frühwarnsystem“<br />

gerecht zu werden und sollten daher grundlegend zur<br />

Disposition gestellt werden. Bei der öffentlichen Aufarbeitung des<br />

„NSU-Komplexes“ haben sich die Verfassungsschutzbehörden und<br />

oft auch die sie kontrollierenden Innenministerien bislang wenig<br />

kooperativ verhalten. Die Untersuchungsausschüsse und die Justiz<br />

sind mit Aktenvernichtungen, Verweigerung von (umfassenden)<br />

Aussagegenehmigungen, systematischen Erinnerungslücken,<br />

Schwärzung selbst geheim eingestufter Akten und der insgesamt<br />

mangelnden Bereitstellung von Informationen konfrontiert. Unter<br />

Verweis auf das „Staatswohl“ behindern sie die Aufklärung durch<br />

die Parlamente. Wenn die Verfassungsschutzbehörden ihren Selbsterhaltungstrieb<br />

über die von der Öffentlichkeit und den Parlamenten<br />

eingeforderte schonungslose Aufarbeitung stellen, werden sie<br />

zu einer Gefährdung für unsere Demokratie, dann haben sie ihre<br />

Existenzberechtigung endgültig verspielt.<br />

Charakter eines Geheimdienstes<br />

Neben der Auswertung öffentlich zugänglicher Quellen, die nach<br />

eigenen Angaben den Großteil ihrer Arbeit ausmacht, steht diesen<br />

Inlandsgeheimdiensten ein breites Spektrum an nachrichtendienstlichen<br />

Instrumenten (z.B. Abhör- und Überwachungsmaßnahmen,<br />

V-Leute, etc.) zur Verfügung. Zudem sind Informationen über ihre<br />

personelle Ausstattung, ihre finanziellen Ressourcen, ihre Strukturen<br />

und die Richtlinien, die ihre Arbeit prägen, der Öffentlichkeit<br />

nicht zugänglich.<br />

Diese geheimen Methoden und Strukturen der Verfassungsschutzbehörden<br />

machen ihre demokratische Kontrolle praktisch unmöglich,<br />

da in der Praxis selbst den ParlamentarierInnen in den geheim<br />

I6<br />

Zeit für eine klare Zäsur -<br />

Inlandsgeheimdienste abschaffen<br />

Überweisung an Gesprächskreis Innenpolitik beim <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

132


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

tagenden Kontrollgremien Auskünfte und Akteneinsicht weitestgehend<br />

verwehrt bleiben. Eine Bewertung der Arbeit dieser Behörden<br />

ist daher praktisch nicht möglich.<br />

Die mangelnde Transparenz, die mangelhaften Kontrollmöglichkeiten<br />

und die stetige Wiederholung des Glaubenssatzes ihrer<br />

Notwendigkeit ermöglichte es diesen Behörden ein Eigenleben zu<br />

entwickeln, das oft sogar zu einer Konkurrenz mit anderen Sicherheitsbehörden<br />

führte. Daher wäre es auch nicht ausreichend, lediglich<br />

einzelne Beamte oder die Führungsriege auszutauschen, während<br />

die grundlegenden Strukturen unangetastet blieben. Auch für<br />

die Annahme, dass unter Aufsicht eines sozialdemokratisch geführten<br />

Innenministeriums die Situation grundlegend anders darstellen<br />

würde, sind keine Belege zu finden. Ebenso wenig überzeugend<br />

sind Überlegungen der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion zu einem Umzug<br />

der Geheimdienste nach Berlin, einem „Mentalitätswechsel“ mit<br />

besserer Öffentlichkeitsarbeit und die Verpflichtung zu einem verbesserten<br />

Informationsaustausch. Diese Schlussfolgerungen zeigen<br />

drastisch, dass die bisherige Analysetiefe nicht ausreichend ist.<br />

Diese minimalen Reformen wären lediglich Augenwischerei zur<br />

Beruhigung der Öffentlichkeit.<br />

„V-Leute“<br />

In den Untersuchungsausschüssen und den Medien, kommen immer<br />

wieder BeamtInnen der Inlandsgeheimdienste und konservative<br />

PolitikerInnen zu Wort, die, behaupten dass ein Verzicht<br />

auf V-Leute nicht möglich ist. Wirkliche Argumente für V-Leute<br />

bzw. Belege für den Wert ihrer Arbeit bleiben diese „Sicherheits-<br />

“politikerInnen und „VerfassungsschützerInnen“ schuldig, denn es<br />

handelt sich auch hierbei um einen Glaubensgrundsatz, der weder<br />

belegbar noch angreifbar ist .<br />

Die Hintergründe der zahlreichen bislang im Umfeld des NSU bekannt<br />

gewordenen V-Leute, die das „Trio“ und seine UnterstützerInnen<br />

quasi umzingelten, legen den Verdacht nahe, dass die Bezahlung<br />

aktiver Nazis als V-Leute in der rechten Szene dem Kampf<br />

gegen die extreme Rechte mehr schadet, als sie ihm nützt. Für<br />

Informationen zweifelhafter Qualität wurde erhielten V-Leute Finanzmittel,<br />

Ausrüstung und Informationen, die es ihnen ermöglichten<br />

die rechte Netzwerke und Organisationen mit staatlichen Mitteln<br />

auf- und auszubauen. In einigen Fällen besteht der begründete<br />

Verdacht, dass die V-Leute sogar vor Strafverfolgung geschützt<br />

wurden. Dies legt die Vermutung nahe, dass die V-Leute das Prinzip<br />

wohl teilweise besser durchschaut haben als so einige BeamtInnen<br />

in den Geheimdiensten.<br />

Der Einsatz von V-Leuten ist also grundsätzlich in Frage zu stellen<br />

und ebenso ist zu überprüfen, ob die Notwendigkeit und Erfolgsaussicht<br />

dieser Methode in anderen Sicherheitsbereichen nicht<br />

ebenfalls anzuzweifeln ist. Während der Einsatz von Abhörmaßnahmen<br />

eine richterliche Genehmigung erfordert ist, ist dies beim<br />

Einsatz von V-Leuten nicht der Fall. Eine umfassende unabhängige<br />

wissenschaftliche Evaluation der Instrumente der verdeckten Ermittlung<br />

ist dringend erforderlich.<br />

Extremismustheorie/Diffamierung und Diskreditierung<br />

Die sogenannte „Extremismustheorie“ ist das dogmatische Leitbild<br />

der Inlandsgeheimdienste. Sie wird über dem Verfassungsschutz<br />

nahestehende WissenschaftlerInnen und die eigene Öffentlichkeitsarbeit<br />

offensiv nach „außen“ getragen. Mit dieser Unterstützung<br />

hielt diese wissenschaftlich äußerst umstrittene Theorie Einzug in<br />

gesellschaftliche Debatten. Sie prägt die Arbeit des polizeilichen<br />

Staatsschutzes, der seine fachlichen Kenntnisse primär von den<br />

Inlandsgeheimdiensten bezieht, bestimmt die Förderrichtlinien<br />

staatlicher und staatlich-geförderter Programme gegen „Extremismus“<br />

und findet Verbreitung in der politischen Bildung und sogar<br />

in Schulen. Innerhalb der staatlichen Behörden findet bisher kein<br />

kritischer Diskurs über diese Theorie statt, obwohl bis heute keine<br />

juristische Definition von „Extremismus“ vorliegt. Lediglich<br />

einige engagierte WissenschaftlerInnen und Teile der Zivilgesellschaft<br />

versuchen mittlerweile vermehrt die Extremismustheorie zu<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

133


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

kritisieren und alternative theoretische Ansätze anzubieten. Gegen<br />

die staatliche Dominanz ist hier allerdings schwer anzukommen.<br />

Ein neueres Element des Kampfes um Deutungshoheit ist die sogenannte<br />

„Extremismus-Klausel“, oder auch euphemistisch „Demokratieerklärung“,<br />

die staatliche Förderung letztlich davon abhängig<br />

macht, ob die geförderten Organisationen/Institutionen die Extremismustheorie<br />

teilen. Zustimmung wird mit Förderung belohnt,<br />

Ablehnung führt zum Entzug von finanzieller Förderung und somit<br />

oftmals zum Ende des Projekts. Die Debatte um die Extremismus-<br />

Klausel führte allerdings erstmals seit langem wieder zu einer breit<br />

geführten gesellschaftlichen Debatte um die Extremismustheorie.<br />

Der Kampf um Deutungshoheit wird so weit geführt, dass zivilgesellschaftliche<br />

und antifaschistische Initiativen als „linksextrem“<br />

diffamiert werden und sich als Konsequenz im Verfassungsschutzbericht<br />

wieder finden. Der Inlandsgeheimdienst besitzt hierbei<br />

eine große Macht und nutzt sie auch entsprechend, um seine eigene<br />

Position zu verteidigen. Nimmt man diesen Kampf gegen eine<br />

derartige „hoheitliche Verufserklärung“ (Jürgen Seifert) auf sich,<br />

so steht man vor einer langwierigen und aufwändigen juristischen<br />

Auseinandersetzung. Dies zeigte sich in den letzten Jahren z.B. im<br />

Fall von a.i.d.a., der VVN/BdA, dem Publizisten Rolf Gössner, den<br />

JungdemokratInnen oder sogar der Partei Die Linke.<br />

Dabei muss gerade den zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen<br />

Initiativen zugestanden werden, dass sie trotz erheblich geringerer<br />

Ressourcen oftmals bessere Informationen und analytische<br />

Tiefe bei der Betrachtung neonazistischer Entwicklungen haben,<br />

als der Inlandsgeheimdienst. Sie tragen auch oft erheblich mehr zur<br />

Verteidigung demokratischer Grundwerte bei als die Sicherheitsbehörden,<br />

mit erheblich weniger Ressourcen und ohne den Rückgriff<br />

auf V-Leute oder nachrichtendienstliche Mittel. Dadurch wird die<br />

Deutungshoheit der Sicherheitsbehörden direkt angegriffen und somit<br />

kommt es zu den beschriebenen Verteidigungs- und Diffamierungskampagnen,<br />

die oft den politischen „Segen“ der jeweiligen<br />

Innenministerien haben.<br />

Auch „die anderen“ haben versagt – Zeit für eine grundlegende<br />

Debatte<br />

Gerade im Fall des NSU muss festgestellt werden, dass nicht nur<br />

der Verfassungsschutz, sondern auch der Militärische Abschirmdienst<br />

(MAD), der die Aufgaben des Verfassungsschutzes für den<br />

Bereich der Bundeswehr erfüllen soll, der polizeiliche Staatsschutz<br />

sowie die Staatsanwaltschaften versagt haben. Auch hier ist eine<br />

grundlegende Debatte über Aufgaben, Befugnisse, Zusammenarbeit<br />

erforderlich. An einer grundsätzlichen Debatte über die deutsche<br />

Sicherheitsarchitektur, auch im europäischen und internationalen<br />

Rahmen führt also eigentlich kein Weg vorbei. Dennoch ist<br />

bereits eines jetzt klar: Einem intransparenten und demokratisch<br />

nicht kontrollierbaren Geheimdienst darf der Schutz unserer Verfassung<br />

nicht länger anvertraut werden. Die Inlandsgeheimdienste<br />

und ihre politische Führung legen hier keinerlei Problembewusstsein<br />

an den Tag. Im Gegenzug für bestenfalls kosmetische Reformen<br />

wollen sie mit weitergehenden Zuständigkeiten, erweiterten<br />

Zugriffsmöglichkeiten auf Informationen und mehr Kompetenzen<br />

belohnt werden. Es ist Zeit für eine klare Zäsur – die Inlandsgeheimdienste<br />

müssen abgeschafft werden.<br />

Chance in der Katastrophe – Aufwertung der Zivilgesellschaft<br />

Obwohl es jetzt noch nicht möglich ist ein abschließendes Fazit<br />

über das Versagen und die Neuordnung der Sicherheitsarchitektur<br />

zu ziehen, obwohl sich dies derzeit zahlreiche PolitikerInnen und<br />

Beamte der betroffenen Behörden anmaßen, ist es doch von hoher<br />

Bedeutung einen entscheidenden Punkt herauszustellen. Obschon<br />

die Zukunft der Sicherheitsbehörden ungewiss ist und zu befürchten<br />

ist, dass sich aufgrund der aktuellen Möglichkeiten die Spirale<br />

von Überwachung, Repression und Ausweitung der Kompetenzen<br />

für nicht-kontrollierbare Institutionen fortsetzt, bleibt festzuhalten,<br />

dass die zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Initiativen<br />

und Vereine im Bereich der Beobachtung der neonazistischen Sze-<br />

134


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

ne kompetenter sind als die Behörden, die diese Kompetenz für<br />

sich beanspruchen. Die Auseinandersetzung mit der menschenverachtenden<br />

Ideologie der Neonazis und allgemein mit antidemokratischen<br />

und antipluralistischen Einstellungen kann durch die Zivilgesellschaft<br />

viel besser geleistet werden als durch geheime Beobachtung<br />

und Repression.<br />

Repression ist das Ende einer Eskalationskette von zur Verfügung<br />

stehenden Möglichkeiten und nicht deren Anfang. Der eigentliche<br />

Schutz der Demokratie geschieht also nicht in geheimen und nichtkontrollierbaren<br />

Kellern, sondern jeden Tag auf der Straße, an den<br />

Stammtischen und in der Auseinandersetzung mit Alltagsrassismus<br />

und Faschismus. Die demokratische Praxis der aktiven Bürgerinnen<br />

und Bürger schützt den Kern der Demokratie und sollte daher<br />

besonders gefördert und auch wertgeschätzt werden. Aus der<br />

oftmals verwendeten Floskel „Zivilgesellschaft stärken“ sollte nun<br />

aus der Notwendigkeit heraus eine Tugend gemacht werden. Die<br />

Zivilgesellschaft und auch die Wissenschaft sollte stärker in den<br />

Schutz der Demokratie eingezogen werden, beispielsweise in Form<br />

eines „Demokratie-Instituts“. Dies wäre die passende Antwort einer<br />

modernen und freiheitlichen Demokratie und nicht der Rückgriff<br />

auf mehr geheime und undemokratische Methoden. Auch an<br />

dieser Stelle ist die Rolle der derzeitigen Geheimdienste mindestens<br />

kontraproduktiv, wenn nicht sogar schädlich.<br />

Forderungen<br />

1. Der Verfassungsschutz muss in seiner jetzigen Form abgeschafft<br />

werden. Dies bedeutet die Abwicklung der Inlandsgeheimdienste<br />

in Bund und Ländern.<br />

2. Die Inlandsgeheimdienste stehen in einer Bringschuld: Sie müssen<br />

den Untersuchungsausschüssen und der Justiz umfassenden<br />

Zugang zu ihren Akten und Mitarbeitern einräumen, um eine<br />

Aufklärung des Staatsversagens im Fall NSU zuzulassen.<br />

3. Die Arbeit des polizeilichen Staatsschutzes muss auf den Bereich<br />

der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr beschränkt bleiben.<br />

Bei den jeweils zuständigen Parlamenten sollen unabhängige<br />

„Staatsschutzbeauftragte“ eingerichtet werden, die unabhängig<br />

von den internen Kontrollen der Polizei und Innenverwaltung<br />

die Arbeit des Staatsschutzes überwachen und Beschwerden von<br />

BürgerInnen untersuchen.<br />

4. Eine von den Sicherheitsbehörden unabhängige und international<br />

besetzte Kommission soll von Bund und Ländern zusammen<br />

einberufen werden, um die Erfordernisse an eine moderne und<br />

demokratische Sicherheitsarchitektur zu diskutieren. An der<br />

Arbeit der Kommission sollen auch VertreterInnen zivilgesellschaftlicher<br />

Organisationen, aus der Wissenschaft, DatenschützerInnen<br />

und BürgerrechtlerInnen einbezogen werden. In diesem<br />

Rahmen muss auch eine grundlegende Evaluation des Einsatzes<br />

nachrichtendienstlicher Mittel durch deutsche Sicherheitsbehörden<br />

erfolgen.<br />

5. Die Sicherheitsbehörden müssen sich aus dem Bereich politische<br />

Bildung und der wissenschaftlichen Forschung zurückziehen.<br />

6. Zur wissenschaftlichen Untersuchung autoritärer Einstellungen<br />

und Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in der<br />

deutschen Gesellschaft sowie der Entwicklung der extremen<br />

Rechten soll ein unabhängiges „Demokratie-Institut“ beauftragt<br />

werden. Es ist zu prüfen, dieses Institut an das „IDA - Informations-<br />

und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e.V.“<br />

anzudocken, das schon seit Jahren eine hervorragende Arbeit in<br />

diesem Bereich leistet.<br />

7. Zur Sicherstellung einer langfristigen und projektungebundenen<br />

Förderung und Beratung von zivilgesellschaftlichem Engagement<br />

gegen die extreme Rechte soll die Einrichtung einer unabhängigen<br />

Stiftung erfolgen.<br />

8. Die historischen Wurzeln der Landesämter und des Bundesamtes<br />

für Verfassungsschutz sowie ihre Tätigkeit in den ersten Jahrzehnten<br />

der Bundesrepublik müssen endlich aufgearbeitet werden. Dies<br />

hat durch eine unabhängige wissenschaftliche Kommission zu erfolgen,<br />

die umfassenden Zugang zu den Akten erhält, die im Anschluss<br />

an die zuständigen staatlichen Archive zu überführen sind.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

135


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 7<br />

Sozialistische Jugend Deutschlands-Die Falken<br />

Demokratie? Stärken!<br />

Verfassungsschutz? Abschaffen!<br />

Kaum 70 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus und etwa<br />

20 Jahre nachdem nicht nur in Rostock-Lichtenhagen Neo-Nazis<br />

Häuser anzündeten, Menschen jagten und ermordeten, rief das<br />

Bekanntwerden der heimtückischen Verbrechen des Nationalsozialistischen<br />

Untergrunds fassungsloses Entsetzen hervor. Die Tatsache,<br />

dass über mehrere Jahre eine Gruppe von mindestens drei<br />

rechtsradikalen Terroristinnen und Terroristen gezielt zehn Menschen<br />

auf Grund ihrer vermeintlichen Herkunft ermordeten, ohne<br />

dass ihnen die deutschen Behörden dabei auf die Spur gekommen<br />

wären, schien unvorstellbar. Stattdessen wurden die Ermittlungen<br />

ausschließlich auf den Bereich der sogenannten „Ausländerkriminalität“<br />

beschränkt. Aus den Opfern wurden Täter gemacht, die<br />

sich ihren Tod durch Beteiligung an kriminellen Aktivitäten quasi<br />

selbst zuzuschreiben hätten. Auf die Idee, dass diese Menschen aus<br />

rassistischen Motiven von Neonazis ermordet worden sein könnten,<br />

kam offensichtlich niemand.<br />

Neben der Polizei hat auch vor allem der für die Überwachung von<br />

Neo-Nazis zuständige Verfassungsschutz hat vollständig versagt.<br />

Zwei der Täter, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos waren den Geheimdiensten<br />

schon seit Jahren bekannt. Obwohl nach ihnen gefahndet<br />

wurde, konnten sie unbehelligt in den Untergrund gehen,<br />

aus dem sie mutmaßlich zusammen mit Beate Zschäpe ihre Anschläge<br />

vorbereiteten.<br />

Durch V-Leute rechte Strukturen finanziert<br />

Der Verfassungsschutz war offensichtlich nicht nur unfähig, seine<br />

Aufgabe zu erfüllen, den rechten Terrorismus frühzeitig im Keim<br />

zu ersticken und die Festnahme der Täter voranzutreiben. Vielmehr<br />

hat er über den Umweg der V-Leute den Aufbau rechtsradikaler<br />

Strukturen geradezu finanziell unterstützt. Beispielhaft dafür steht<br />

der Fall Carsten S., der wegen eines eindeutig rassistisch motivierten<br />

versuchten Mordes bereits im Gefängnis saß. Als V-Mann<br />

wurden für ihn durch den Verfassungsschutz Hafterleichterungen<br />

erwirkt, er konnte ein rechtes Szene-Magazin sogar weiter aus der<br />

JVA weiter betreuen. Besonders skandalös ist der Umstand, dass<br />

besagter V-Mann vom Verfassungsschutz in etwa die Summe erhielt,<br />

die er dem Opfer seiner Tat als Schmerzensgeld zahlen musste.<br />

So übernahm der Staat quasi die Geldstrafe eines rassistischen<br />

Gewalttäters. Dies gilt ebenso für den Thüringer Heimatschutz,<br />

die Kameradschaft, der der NSU nahe stand. Sie wurde aus den<br />

Geldern aufgebaut, die die V-Leute des Thüringer Landesamtes für<br />

Verfassungsschutz aus staatlichen Kassen erhalten hatten.<br />

Das Konzept der V-Leute ist auf so vielen Ebenen falsch, dass es<br />

auch mit strengeren Regeln und Gesetzen nicht mehr korrigierbar<br />

ist. Die Gelder an V-Leute fließen oft direkt in die eigentlich zu<br />

bekämpfenden rechten Strukturen. Der Wert der dadurch gewonnenen<br />

vermeintlichen Informationen ist nicht nur zweifelhaft, die<br />

Aussagen haben zudem vor keinem Gericht Bestand. Anstatt Neo-<br />

Nazis dafür zu bezahlen, Informationen zu liefern, ist das Geld in<br />

die Ausbildung von Undercover-Agenten zu investieren.<br />

Die Extremismustheorie liefert die ideologischen Grundlagen<br />

Oftmals werden die Relativierung und damit die Verharmlosung<br />

menschenverachtender Überzeugungen und neo-nazistischer Gewalt<br />

mit der sogenannten Extremismustheorie gerechtfertigt. Diese<br />

wissenschaftlich umstrittene Theorie beruht auf derGrundannahme,<br />

eine Gesellschaft bestünde aus einer „guten“ Mitte und zwei<br />

gleich gefährlichen Rändern. Besonders problematisch wird diese<br />

I7<br />

Demokratie? Stärken!<br />

Verfassungsschutz? Abschaffen!<br />

Überweisung an Gesprächskreis Innenpolitik beim <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

136


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Theorie, wenn ihre Prämissen zu Leitlinien politischen Handelns<br />

werden:<br />

So ist der Verfassungsschutz auf dem rechten Auge blind, während<br />

er gleichzeitig diejenigen kriminalisiert, die sich im Alltag für Demokratie<br />

und Menschlichkeit engagieren. Jeder, der es wagt, die<br />

herrschende Ordnung in Frage zu stellen, wird als Linksextremist<br />

bezeichnet und damit mit mordenden Nazi-Banden auf eine Stufe<br />

gestellt. Praktische Beispiele dafür finden sich viele. Ob die Ausgabe<br />

zum Linksextremismus der Andi-Comics des Verfassungsamts<br />

NRW oder der Fall der Punk Band „Feine Sahne Fischfilet“, der<br />

im VS-Bericht Mecklenburg Vorpommern zwei Seiten gewidmet<br />

wurden – viermal so viel, wie der NPD.<br />

Der Verfassungsschutz ist nicht refomierbar<br />

Der Verfassungsschutz hat bei seiner Aufgabe, Menschen vor rassistischer<br />

Gewalt zu schützen versagt und verfolgt stattdessen die<br />

Menschen, die sich jeden Tag für eine solidarische und offene Gesellschaft<br />

einsetzen. Eine demokratisch-parlamentarische Kontrolle<br />

ist unter diesen Strukturen nicht gegeben. Eine Behörde mit diesen<br />

Arbeitsergebnissen ist untragbar und gehört deshalb als solche aufgelöst.<br />

Wer links- und rechts verwechselt, hat offensichtlich nicht<br />

begriffen, dass es ein erheblicher Unterschied ist, ob man radikal<br />

für die Gleichheit der Menschen eintritt oder ihre Ungleichheit immer<br />

wieder behaupten und gesellschaftlich umsetzen will. Die fatale<br />

Gleichmacherei von „Links- und Rechtsextremen“ lehnen wir<br />

entschieden ab. Wir wissen: Antifaschismus ist kein Verbrechen,<br />

sondern eine Grundvoraussetzung für Demokratie!<br />

Wir brauchen keine Behörde, die die Verfassung beschützt, sondern<br />

eine, die dafür sorgt, dass jeder Mensch in diesem Land sicher<br />

leben kann und keine Angst haben muss, am nächsten Tag<br />

beschimpft, krankenhausreif geschlagen oder ermordet zu werden.<br />

Das sind Aufgaben, wie sie von einzelnen Behörden, wie etwa bestimmten<br />

Abteilungen der Polizei, schon in Teilen übernommen<br />

werden. Der Verfassungsschutz hingegen kann das nicht gewährleisten<br />

und ist in seiner Tiefe nicht mehr reformierbar. Die einzig<br />

konsequente Lehre aus dem NSU Desaster ist, dass die Ämter für<br />

Verfassungsschutz ohne Ausnahme aufgelöstwerden müssen. Dies<br />

ist auch ein notwendiger Schritt auf dem mühsamen Weg, das erschütterte<br />

Vertrauen – insbesondere bei unseren Mitbürgerinnen<br />

und Mitbürgern mit Migrationshintergrund – in die Offenheit und<br />

Solidarität in unserer Gesellschaft wiederherzustellen.<br />

Demokratie stärken!<br />

Dafür braucht es jedoch vor allem eine starke Zivilgesellschaft, die<br />

sich nicht nur den Neo-Nazis in den Weg stellt, sondern den ganz<br />

alltäglichen Rassismus in der Nachbarschaft, auf der Straße und in<br />

den Betrieben benennt und ihn offen kritisiert. Es kann nicht reichen,<br />

menschenverachtende Einstellungen mit Strafverfolgung zu<br />

belegen, stattdessen müssen die Ursachen bekämpft werden. Der<br />

Hass der Asylsuchenden und Roma an Orten wie Berlin-Hellersdorf<br />

oder Duisburg entgegenschlägt ist nur der deutlichste Ausdruck<br />

dafür, wie sehr Rassismus noch immer in der Mitte unserer<br />

Gesellschaft sitzt. Diesem Rassismus entschieden zu begegnen, ist<br />

nicht nur die Aufgabe des Staates. Doch muss der Staat die geeigneten<br />

Rahmenbedingungen dafür schaffen. Dazu gehört die politische<br />

Unterstützung und die dauerhafte finanzielle Förderung von<br />

antifaschistischen Initiativen, Projekten und Jugendverbänden als<br />

Werkstätten der Demokratie.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

137


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 8<br />

Landesverband Baden-Württemberg<br />

Daten der Meldeämter vor<br />

Zweckentfremdung schützen!<br />

Die Daten aller Bürgerinnen und Bürger bei den Meldeämtern sind<br />

vor einer Verwendung, die nicht zu den eigentlichen Erhebungszwecken<br />

gehört, zu schützen. Dies bedeutet insbesondere, dass die<br />

Daten grundsätzlich vor einer Nutzung für Werbung und Adresshandel<br />

geschützt werden müssen. Die derzeit laufende „Fortentwicklung<br />

des Meldewesens“, die eine entsprechende kommerzielle<br />

Nutzung der Daten vorantreibt und selbst die Widerspruchsmöglichkeiten<br />

gegen diese Verwendungen abschafft oder untergräbt,<br />

ist abzulehnen. Die <strong>SPD</strong> steht in der Verantwortung, die Daten der<br />

Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich zu schützen! Deshalb muss<br />

die <strong>SPD</strong> auf Landes- und Bundesebene und im Bundesrat alles tun,<br />

um die Daten gegen Unternehmensinteressen, und auch die finanziellen<br />

Interessen des Staates, zu schützen.<br />

I8<br />

Daten der Meldeämter vor<br />

Zweckentfremdung schützen!<br />

Erledigt durch Regierungshandeln (nach Vermittlungsausschuss)<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 9<br />

Ortsverein Marienburger Höhe/Itzum (Bezirk Hannover)<br />

Neuregelung des Gesetzes über<br />

die Ruhestandsbezüge des<br />

Bundespräsidenten<br />

Die Höhe der Ruhestandsbezüge des Bundespräsidenten ist durch<br />

eine Neufassung des Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten<br />

neu zu regeln. Hierbei sollen die Dauer der Amtszeit,<br />

die Gründe für das Ausscheiden aus dem Amt berücksichtigt werden.<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 10<br />

Unterbezirk Kassel-Land (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Neuregelung der Pensionsansprüche<br />

von Bundespräsidenten/<br />

Bundespräsidentinnen<br />

Der Unterbezirk Kassel-Land der <strong>SPD</strong> unterstützt die Bestrebungen<br />

innerhalb der Bundes-<strong>SPD</strong> zur Neuregelung der Pensionsansprüche<br />

von Bundespräsidenten/Bundespräsidentinnen und der<br />

damit verbundenen Abschaffung des sogenannten „Ehrensoldes“<br />

(Änderung der Beamtenversorgungszuständigkeitsanordnung).<br />

Eine Neuregelung sollte beinhalten, dass ein Rücktritt aus persönlichen<br />

Gründen nicht automatisch zum Bezug der Pension sowie<br />

Nebenleistungen führt. Für Zeiten, in denen staatsanwaltliche Ermittlungen<br />

stattfinden, soll jegliche Art von Leistungen ausgesetzt<br />

werden.<br />

I9<br />

Neuregelung des Gesetzes über<br />

die Ruhestandsbezüge des<br />

Bundespräsidenten<br />

Annahme<br />

I10<br />

Neuregelung der Pensionsansprüche<br />

von Bundespräsidenten/<br />

Bundespräsidentinnen<br />

Erledigt durch Annahme von I9<br />

65<br />

138


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 11<br />

Unterbezirk Schwabach (Landesverband Bayern)<br />

Ablehnung aller Einschränkungen von<br />

Bundestagsabgeordnetenrechten<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich zukünftig mit<br />

aller Kraft dafür einzusetzen, dass die parlamentarischen Rechte<br />

und Möglichkeiten einzelner Abgeordneter, insbesondere solcher<br />

mit von ihrer Fraktionsmeinung abweichenden Ansichten, in<br />

egal welcher Form nicht weiter eingeschränkt werden. Innerhalb<br />

der <strong>SPD</strong>-Fraktion ist künftig darauf zu achten, dass abweichende<br />

Meinungen parlamentarisch Gehör finden und nicht durch interne<br />

Absprachen die Rede eines unliebsamen Fraktionsmitglieds verhindert<br />

wird.<br />

I11<br />

Ablehnung aller Einschränkungen von<br />

Bundestagsabgeordnetenrechten<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 12<br />

Landesverband Bayern<br />

Kein Ende von Stasi-Aufarbeitung<br />

Anfang März 2011 trat nach Joachim Gauck (1990-2000) und Marianne<br />

Birthler (2000-2011) mit Roland Jahn der dritte vom Bundestag<br />

gewählte Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen seinen<br />

Dienst an. In seiner Antrittsrede stellte Roland Jahn klar, dass die<br />

Aufarbeitung der Stasi-Verbrechen und die staatliche Spionage der<br />

DDR noch lange nicht vorbei sei. Bis mindestens 2019 ist vorgesehen,<br />

diese Behörde beizubehalten. Danach sollen die Akten in das<br />

Bundesarchiv übernommen werden und sind dann erstmal nicht<br />

mehr einsehbar.<br />

Die Stasi-Akten sollen auch über das Jahr 2019 hinaus den Betroffenen<br />

sowie der Wissenschaft zugänglich bleiben. Eine geeignete<br />

Aufbewahrung ist dahingehend zu prüfen.<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 13<br />

Landesorganisation Hamburg<br />

Mehr Migrantinnen und Migranten in<br />

den Öffentlichen Dienst<br />

Als vorzuziehende und weniger einschneidende Alternative zum<br />

Zwangsmodell der Quote verlangen wir zunächst eine bundesweite<br />

freiwillige Selbstverpflichtung der Behörden entsprechend dem<br />

Berliner Modell (§ 4 Berliner Gesetz zur Regelung von Integration<br />

und Partizipation vom 9.12.2010). Danach sind alle Behörden verpflichtet<br />

– unter Verzicht auf eine starre Quote – konkrete Zielvorgaben<br />

zur sukzessiven Erhöhung des Migrantenanteils im öffentlichen<br />

Dienst unter Berücksichtigung von Eignung, Befähigung<br />

und Leistung aufzustellen, einzuhalten und regelmäßig im Wege<br />

des Benchmarking und der Berichterstattung über die Personalentwicklung<br />

zu überprüfen. Außerdem sind die Behörden gehalten,<br />

ein aktives Personalmanagement zu betreiben, in Ausschreibungen<br />

gezielt Migranten anzusprechen und im Bewerbungsverfahren<br />

die inter- kulturelle Kompetenz zu berücksichtigen. Diese Art der<br />

freiwilligen Selbstverpflichtung ermöglicht ein Abstellen auf den<br />

Einzelfall.<br />

Wie erfolgreich solche konkreten Zielvorgaben sind, hat die 2006<br />

in Hamburg eingeführte Initiative „Wir sind Hamburg. Bist Du<br />

I12<br />

Kein Ende von Stasi-Aufarbeitung<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

I13<br />

Mehr Migrantinnen und Migranten in<br />

den Öffentlichen Dienst<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

139


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

dabei?“ gezeigt, mit der der Ausbildungsanteil von Jugendlichen<br />

mit Migrations-hintergrund in der allgemeinen Verwaltung, Steuerverwaltung,<br />

Polizei und Feuerwehr von 5,2 % (2006) auf 15 %<br />

(2010) gesteigert wurde. Wir verlangen jedoch nicht nur für den<br />

Ausbildungsbereich, sondern für den gesamten öffentlichen Dienst<br />

(einschließlich Richter, Staatsanwälte, Ministerialbeamte etc.) eine<br />

deutliche Erhöhung des Migrantenanteils.<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 14<br />

Landesverband Berlin<br />

Bleiberechtsregelung ausschließlich<br />

für gut integrierte Jugendliche<br />

und Heranwachsende beschlossen<br />

-Kettenduldung ganz abschaffen<br />

Wir fordern eine umfassende humanitäre Bleiberechtsregelung,<br />

die den gesamten Personenkreis der langjährig geduldeten Menschen<br />

in den Blick nimmt und das Problem der Kettenduldungen<br />

abschließend löst.<br />

I14<br />

Bleiberechtsregelung ausschließlich<br />

für gut integrierte Jugendliche<br />

und Heranwachsende beschlossen<br />

-Kettenduldung ganz abschaffen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 15<br />

Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />

Für ein menschenwürdiges Asylrecht<br />

Die <strong>SPD</strong> soll sich im Europäischen Parlament und im Bundestag<br />

verstärkt dafür einsetzen, die Rechte von flüchtigen Menschen zu<br />

stärken sowie für ein menschenwürdiges Asylrecht zu streiten, das<br />

neben politischer Verfolgung auch ökonomische Ausbeutung(z.B.<br />

Menschenhandel und insbesondere Kinderarbeit nach ILO-Konvention)<br />

im Blick hat und Schutz bietet. Damit einhergehend muss<br />

die Verhinderung der Flucht nach Europa durch FRONTEX und<br />

nationale Grenzschutzkräfte (wie Bundespolizei, Carabinieri, Guardia<br />

Civil u.a.) beendet und jeder/m Flüchtigen die Möglichkeit<br />

zur Asylantragstellung gegeben werden.<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 16<br />

Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />

Menschenwürdiger Umgang mit<br />

Flüchtlingen in den bayerischen<br />

Gemeinschaftsunterkünften<br />

Die Situation in den Gemeinschaftsunterkünften ist alarmierend.<br />

Menschenunwürdige Zustände werden bewusst erzeugt und toleriert,<br />

um eine Integration in die Gesellschaft bereits von der Erstaufnahme<br />

an zu verhindern. Mangelnde Selbstbestimmung, Isolation<br />

und ungewisse Aufenthaltsdauer bestimmen den Alltag von<br />

10.149 Flüchtlingen in 126 bayrischen GU (laut bayrischem Staatsministerium<br />

für Arbeit und Sozialordnung. Stand vom 29.02.2012).<br />

Dieser Umgang mit Menschen bedarf einer dringenden Änderung.<br />

Da sich die Zuständigkeitsbereiche oft überschneiden, sollte die<br />

Verantwortlichkeit gewisser Instanzen generell geklärt und von da<br />

ab eine Verweisung unmöglich gemacht werden. Wir fordern von<br />

den Kommunen:<br />

I15<br />

Für ein menschenwürdiges Asylrecht<br />

Zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag vom 14.-16.<br />

November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

I16<br />

Menschenwürdiger Umgang mit<br />

Flüchtlingen in den bayerischen<br />

Gemeinschaftsunterkünften<br />

Zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag vom 14.-16.<br />

November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

140


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Die kostenlose Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln für<br />

AsylbewerberInnen. Eine derartige Nutzung bleibt Flüchtlingen,<br />

die auf ein monatliches Budget von 40,90 Euro angewiesen sind,<br />

meist verwehrt. Hierfür bieten sich bereits bewährte Systeme, wie<br />

das „Semesterticket“ an, mit dem nicht nur Verkehrsmittel, sondern<br />

auch kulturelle Veranstaltungen besucht werden können. Für dieses<br />

Ticket wäre ein realistischer Grundbetrag fällig, der die Nutzung<br />

über eine bestimmte Frist gewährleistet.<br />

Es darf keine Gebühr für die Stellung eines Antrages auf Verlassen<br />

des Bezirkes erhoben werden. Auf Sachleistungen, wie vorbestimmte<br />

und immer gleiche „Essenspakete“ und Hygieneartikel,<br />

sollte generell verzichtet und stattdessen ein Bargeld- oder Gutscheinsystem<br />

eingeführt werden (hierfür besteht auch eine Zuständigkeit<br />

der Bezirks-, Staats- und Bundesregierung).<br />

Außerdem muss eine sowohl medizinische als auch psychologische<br />

Versorgung gewährleistet sein (Ebenfalls Zuständigkeitsbereich<br />

der Bezirks-, Staats-, und Bundesregierung).<br />

Die Zusammenarbeit und Unterstützung der haupt- und ehrenamtlichen<br />

Mitarbeiter seitens der Behörden sollte intensiviert werden,<br />

vor allem beim Aufbau eines „Patensystems“ (Auch hierfür kann<br />

die Bezirksregierung als mitverantwortlich genannt werden).<br />

von der bayrischen Staatsregierung: Ein verbindlicher Sprachunterricht<br />

muss bei Aufnahme in eine GU gewährleistet sein. Die maximale<br />

Aufenthaltsdauer in GU‘s darf drei Monate betragen. Danach<br />

müssen die Flüchtlinge in dezentralen, staatlichen Unterkünften<br />

untergebracht werden und ein Auszugsrecht in private Wohnungen<br />

besitzen.<br />

von der Bundesregierung: Die Flüchtlinge müssen beim Auszug<br />

aus einer GU eine Arbeitserlaubnis erhalten und dies unabhängig<br />

vom Anerkennungsstatus.<br />

Das bereits erwähnte Monatsbudget von 40,90 Euro muss auf eine<br />

Mindestsumme von 100 Euro angehoben werden, um den Flüchtlingen<br />

den Zugang zu grundlegenden Aktivitäten und Aktionen zu<br />

ermöglichen und ihnen somit die Integration in die Gesellschaft zu<br />

erleichtern.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 17<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Kostenlose Integrationskurse für<br />

ausländische Mitbürger<br />

Jeder Ausländer/Jede Ausländerin darf kostenlos an Integrationskursen<br />

teilnehmen. Dabei wird nicht zwischen EU-BürgerInnen<br />

und Nicht-EU-BürgerInnen unterschieden. Die Kosten sind nicht<br />

den Kommunen anzulasten, sondern vom Bund zu tragen.<br />

I17<br />

Kostenlose Integrationskurse für<br />

ausländische Mitbürger<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 18<br />

Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt<br />

Für eine neue Gesellschafts- und<br />

Teilhabepolitik<br />

Es geht um den Zusammenhalt<br />

Deutschland ist ein vielfältiges Land. Unsere Einwanderungsgesellschaft<br />

braucht eine moderne Politik, von der Kita bis ins Seniorenheim.<br />

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wissen,<br />

es geht vor allem um die soziale Frage. Wir wollen ein gleichberechtigtes<br />

gesellschaftliches Miteinander in Vielfalt. Daher wollen<br />

wir Integrationspolitik neu denken. Dass bedeutet letztlich auch,<br />

I18<br />

Für eine neue Gesellschafts- und<br />

Teilhabepolitik<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

55<br />

60<br />

65<br />

141


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

den Begriff der Integration zu überwinden und durch den selbstverständlichen<br />

gesellschaftlichen Anspruch auf Teilhabe zu ersetzen.<br />

Die soziale Frage in der Einwanderungsgesellschaft zu stellen,<br />

bedeutet für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die<br />

Chancengleichheit auf Bildung und Arbeit in den Fokus zu rücken.<br />

Eine sozialdemokratische Regierungsbeteiligung, die folgende Positionen<br />

nicht berücksichtigt, ist für uns nicht vorstellbar:<br />

1. Sofortige Abschaffung der Optionspflicht und Öffnung der<br />

Mehrstaatigkeit.<br />

2. Bildung und Förderung von Anfang an, d.h. Angebote frühkindlicher<br />

Bildung müssen bundesweit verbessert werden.<br />

3. Gute Ausbildung und Arbeit ist der Schlüssel für Teilhabe.<br />

Wir wollen neue Wege, um Aufstiege unabhängig von der Herkunft<br />

zu ermöglichen. Daher wollen wir eine Offensive für Antidiskriminierungsmaßnahmen:<br />

Die Einführung von anonymisierten<br />

Bewerbungsverfahren und verbindliche Zielvereinbarungen<br />

für den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber sind erste Schritte.<br />

Denn wir wissen: Insbesondere Menschen mit Migrationsbiographie<br />

sind auf dem deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt<br />

strukturell benachteiligt: Sie steigen weniger häufig in Führungspositionen<br />

auf; ihre Jobchancen sind bei gleicher Qualifikation<br />

geringer; sie sind überdurchschnittlich in unattraktiven Arbeitssegmenten<br />

beschäftigt; sie sind besonders häufig prekär beschäftigt<br />

und überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen. Für<br />

Menschen mit ausländischen Bildungsabschlüssen wollen wir<br />

das Anerkennungsgesetz weiterentwickeln und Qualifizierungsmöglichkeiten<br />

ausbauen, um echte Chancen auf eine Anerkennung<br />

zu schaffen.<br />

4. Integration vor Ort – das von Rot-Grün eingeführte und sehr<br />

erfolgreiche Programm „Soziale Stadt“ und die Städtebauforderung<br />

sollen wieder aufleben und gestärkt werden.<br />

Die politischen Kräfte sinnvoll bündeln und verankern<br />

Um die vielfältigen Aktivitäten auf der Bundesebene zu bündeln,<br />

muss ein schlüssiges Gesamtkonzept für Teilhabepolitik entwickelt<br />

werden.<br />

Die Gleichstellung von Bürgerinnen und Bürgern mit und ohne<br />

Migrationsbiographie braucht eine zeitgemäßige ministerielle Verankerung<br />

im Bund. Geschaffen werden muss eine Stelle, die den<br />

„ganzheitlichen“ Blick auf Teilhabepolitik hat und sowohl koordinierend<br />

als auch kontrollierend tätig ist. Eine Staatsministerin ohne<br />

„Unterbau“ ist nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen mehr als eine<br />

„Grußtanten“-Politik ohne exekutive Kompetenz.<br />

Die Landesregierungen unter sozialdemokratischer Beteiligung in<br />

Berlin, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg<br />

zeigen verschiedene Wege der ministeriellen Verankerung:<br />

In der Mehrheit ist das Politikfeld im Arbeitsressort angesiedelt.<br />

Nun ist es an der Zeit, dass wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

diesem Beispiel in einer Regierungsbeteiligung folgen.<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 19<br />

Unterbezirk Düsseldorf (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Menschenwürdige Unterbringung von<br />

Asylbewerber/innen<br />

Die <strong>SPD</strong> setzt sich für eine deutliche Verkürzung der Sperrfrist zur<br />

Arbeitsaufnahme für Asylbewerberinnen und Asylbewerbern ein.<br />

Die Frist soll enden, sobald die Asylsuchenden nicht mehr verpflichtet<br />

sind, in einer Aufnahmeeinrichtung des Landes zu wohnen.<br />

Gemäß § 47 AsylVerfG ist dies spätestens drei Monate nach Antragsstellung<br />

der Fall. Der bislang nach Ablauf der Sperrfrist geltende<br />

nachrangige Arbeitsmarktzugang soll vollständig entfallen.<br />

I19<br />

Menschenwürdige Unterbringung von<br />

Asylbewerber/innen<br />

Zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag vom 14.-16.<br />

November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

142


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 20<br />

Landesverband Bayern<br />

20 Jahre Asylkompromiss - 20 Jahre<br />

Abschaffung des Asylrechts<br />

Unter dem Beifall der AnwohnerInnen und ohne Eingreifen der<br />

Polizei brannten 1991 und ´92 Asylbewerberunterkünfte in Hünxe<br />

und Rostock-Lichtenhagen. Es folgten rechtsradikale Mord- und<br />

Gewaltanschläge auf MigrantInnen in Hoyerswerda, Solingen,<br />

und Mölln. 74% der Deutschen teilten damals Forderungen nach<br />

Einschränkungen des Asylrechts und die Hetzparole des „vollen<br />

Bootes“ war weit über die Stammtische hinaus zu hören. Um die<br />

angeblich bestehende „Überforderung“ der Menschen aufgrund des<br />

Zusammenlebens mit AsylbewerberInnen in Deutschland zu beenden,<br />

forderten CDU/CSU und FDP eine Einschränkung des Asylrechts.<br />

Die Rolle der Täter und der Opfer wurde so auf absurde<br />

Weise verdreht. Nach einigem, teils sehr engagierten Widerstand<br />

gegen die geplanten Asylrechtseinschränkungen knickte die <strong>SPD</strong><br />

aufgrund massiver öffentlicher Kampagnen ein. Die Zustimmung<br />

der <strong>SPD</strong> bescherte daraufhin am 26. Mai 1993 im Bundestag die<br />

verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit um das Grundrecht<br />

auf Asyl in Deutschland faktisch abzuschaffen. Diesen sogenannten<br />

„Asylkompromiss“ bezeichnete die Flüchtlingsorganisation<br />

ProAsyl deshalb zu Recht als “Sieg der Straße und Niederlage des<br />

Rechtsstaats”. Auch 20 Jahre später formieren sich vielerorts Bürgerinitiativen<br />

zur Verhinderung von Asylbewerberunterkünften.<br />

Gewalttätige Übergriffe und die systematische Diskriminierung<br />

von Asylsuchenden sind an der Tagesordnung. Asylsuchende werden<br />

auch 2013 seitens der konservativen Parteien noch unter Generalverdacht<br />

gestellt und müssen hierzulande unter teils menschenunwürdigen<br />

Bedingungen leben. Massive Hetze wird dabei insbesondere<br />

gegen Sinti, Roma und andere ethnische Minderheiten aus<br />

Südosteuropa betrieben. Diese Zustände sind für uns unhaltbar und<br />

müssen endlich beseitigt werden.<br />

Als rechtliche Grundlage jeglicher Verbesserungen fordern wir<br />

deshalb zunächst die längst überfällige Wiedereinführung des vorbehaltslosen<br />

Grundrechts auf Asyl, welches nicht durch einfaches<br />

Bundesgesetz einschränkbar ist und die gleichzeitige Streichung<br />

des Art. 16a Absätze II bis V Grundgesetz.<br />

Reißt die Festung Europa ein!<br />

Deutschland hat auf nationaler und europäischer Ebene darauf hinzuwirken,<br />

dass die Einreise über einen angeblich „sicheren Drittstaat“<br />

nicht mehr zum Ausschluss des Asylrechts führt. Ebenso<br />

bekräftigen wir unsere Forderung nach der Abschaffung der Flughafenschnellverfahren,<br />

in denen Asylanträge ohne hinreichende<br />

materielle Prüfung innerhalb weniger Stunden abgelehnt werden<br />

können. Die Neueinführung einer möglichen Abschiebehaft sogar<br />

während des Asylverfahrens, wie sie für die EU-Mitgliedstaaten im<br />

Entwurf der aktuellen europäischen Dublin-III-Verordnung (auch<br />

für Minderjährige) vorgesehen ist, lehnen wir strikt ab. Deutschland<br />

darf derartige Vorgehensweisen nicht zum Bestandteil seiner<br />

ohnehin schon restriktiven Asylpolitik machen. Die Erneuerung<br />

der Dublin-II Verordnung und der europäischen Aufnahmerichtlinie<br />

hat Deutschland die Chance eröffnet, eine Kehrtwende in der<br />

Asylpolitik zu vollziehen. Diese Chance wurde leider vergeben.<br />

Das ursprünglich geäußerte Ziel der Schaffung von „einheitlichen<br />

Bedingungen“ für Asylsuchende innerhalb der EU wurde weit verfehlt,<br />

da es den Staaten aufgrund von mehreren Ausnahmetatbeständen<br />

und unbestimmten Rechtsbegriffen weiterhin ermöglicht<br />

wird, das Grundrecht auf Asyl de facto auszuschalten.<br />

I20<br />

20 Jahre Asylkompromiss - 20 Jahre<br />

Abschaffung des Asylrechts<br />

Zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag vom 14.-16.<br />

November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

143


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

„Wir erwarten nicht den Himmel – wir fliehen nur vor der Hölle“<br />

Kein Mensch flüchtet freiwillig aus seiner Heimat. Asylsuchende<br />

sind politischer, religiöser und jedweder anderer Art von Verfolgung<br />

und Gewalt ausgesetzt. In der Hoffnung auf ein menschenwürdiges<br />

Leben frei von Angst kommen sie nach Deutschland,<br />

nur um sich weiteren Drangsalierungen durch das Ausländer- und<br />

Asylrecht ausgesetzt zu sehen. Hungerstreiks und Demonstrationen<br />

gegen die unwürdige Behandlung von AsylbewerberInnen gehören<br />

in Deutschland zur traurigen, fast alltäglichen Realität. Die systematische<br />

Diskriminierung von Asylsuchenden beschämt uns zutiefst<br />

und wird von uns nicht akzeptiert.<br />

In Deutschland gab es in den letzten Jahren europaweit nach Frankreich<br />

die zweitmeisten Asylanträge. Pro 1000 Einwohner kommen<br />

jährlich statistisch jedoch nur 0,7 Asylsuchende nach Deutschland,<br />

womit wir uns auf Platz 14 innerhalb der EU (unter Einbeziehung<br />

der Schweiz, Norwegen und Liechtenstein) befinden. Zudem hat<br />

sich die Anzahl der anerkannten Flüchtlinge und AsylbewerberInnen<br />

in Deutschland in der Zeit von 1997 bis 2011 vor allem<br />

durch Abschiebungen und Rückkehr in die Herkunftsländer, aber<br />

auch durch „amtlich bestätigte Integration“ von über 1.000.000<br />

auf 400.000 reduziert. Angesichts dieser Tendenz ist es umso bedauerlicher,<br />

dass Deutschland vermehrt Abschiebungen durchführt<br />

(2011: ca. 8000) und Menschen, die hierzulande geboren und aufgewachsen<br />

sind, völlig grundlos ihrem sozialen Umfeld entreißt.<br />

Die dabei angewandten überfallartigen Praktiken sind rechtsstaatlich<br />

nicht hinnehmbar und daher umgehend einzustellen. Wir fordern<br />

darüber hinaus einen sofortigen Abschiebestopp.<br />

Die Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes sind verfassungswidrig,<br />

weswegen dieses Gesetz umgehend abgeschafft<br />

werden muss. Ebenso ist der zynische Art. 7 Abs. V S. 3 der bayerischen<br />

Durchführungsverordnung Asyl, nach welchem die Unterbringung<br />

der Asylsuchenden ihre Rückkehr ins Herkunftsland fördern<br />

soll, ersatzlos zu streichen. In Bekräftigung dieser Forderungen<br />

und unserer bisherigen Beschlusslagen zum Asylrecht stehen<br />

wir weiterhin für:<br />

• die Abschaffung der Residenzpflicht für AsylbewerberInnen<br />

• die Auflösung der Gemeinschaftsunterkünfte zugunsten eines<br />

Rechts auf freie Wohnungswahl und die Bereitstellung von genug<br />

öffentlich gefördertem Wohnraum<br />

• Frauen, Kinder, Menschen mit Behinderung und Kranke sollen<br />

raus aus den Erstaufnahmeeinrichtungen<br />

• die Abschaffung des Sachleistungs- und Gutscheinprinzips<br />

• eine flächendeckende Gesundheitsversorgung für AsylbewerberInnen<br />

im System der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

• die psychologische Betreuung für traumatisierte Asylbewerber-<br />

Innen unter besonderer Berücksichtigung der Opfer von sexueller<br />

Gewalt<br />

• das Angebot flächendeckender staatlicher Sprachkurse<br />

• eine maximale Aufenthaltsdauer in Erstaufnahmestellen von 6<br />

Wochen<br />

• die Aufhebung des Arbeitsverbots für Asylsuchende und eine automatische<br />

Arbeitserlaubnis mit Verlassen der Erstaufnahmestelle<br />

• den Anspruch auf eine Gleichwertigkeitsprüfung für im Ausland<br />

erworbene Abschlüsse und Qualifikationen<br />

• einen Anspruch auf Teilnahme an staatlich organisierten<br />

Deutschkursen<br />

• einen Anspruch auf reguläre berufliche Weiterbildungsmaßnahmen<br />

• die Abschaffung der Gentests zu Abstammungsnachweiszwecken<br />

von Familienangehörigen der Asylsuchenden<br />

• Aufhebung der Unterscheidung von allgemeinen Gefahren und<br />

individuellen Bedrohungen bei Asylverfahren. Auch die Flucht<br />

von Kriegs- und Konfliktschauplätzen, von Hungernöten oder<br />

ökologischen Katastrophen stellt einen Grund dar<br />

• Schaffung einer Europäischen Asylbehörde und die Benennung<br />

eines/r Kommissar/in der Europäischen Kommission für Migration.<br />

144


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 21<br />

Unterbezirk Münster (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Europäische Asylpolitik umdenken -<br />

Schutz von und nicht vor Geflüchteten!<br />

Die Europäische Union betreibt seit Jahren eine Abschottungsund<br />

Ausgrenzungspolitik an ihren Außengrenzen. Die Mauern der<br />

„Festung Europa“ sind für viele Menschen auf der Flucht zu unüberwindbaren<br />

Hindernissen geworden. An diesen Außengrenzen<br />

sind alleine im Jahr 2007 etwa 2.000 Menschen ums Leben gekommen.<br />

Menschen, die aus Verzweiflung und aus Angst vor Tod, Folter,<br />

Hunger oder Verfolgung, ihre gesamte Existenz aufgaben und<br />

sich mit der Hoffnung auf ein besseres Leben auf den Weg nach<br />

Europa machten. Die Abschottungspolitik der EU hat zu viele Leben<br />

gefordert – wir fordern ein Umdenken! Die Europäische Asylpolitik<br />

muss den Schutz von und nicht vor Geflüchteten zum Ziel<br />

haben.<br />

Durch die sogenannte Dublin-II-Verordnung werden die Asylverfahren<br />

von Menschen in den Ländern behandelt, in denen sie die<br />

EU betreten. Dadurch werden Länder wie Italien oder Griechenland,<br />

die einen großen Teil der europäischen Außengrenzen abdecken,<br />

überfordert. Die Abschottungspolitik ist nur eine logische<br />

Konsequenz dieser Überforderung. Deshalb muss ein europäisches<br />

Umdenken mit der Abschaffung der Dublin-II-Verordnung und der<br />

Ersetzung durch eine neue Verordnung beginnen. Die Geflüchteten<br />

müssen gerecht auf die Staaten der EU verteilt werden, nach Möglichkeit<br />

unter der Berücksichtigung der Wünsche der Geflüchteten.<br />

Die Agentur Frontex operiert als militarisierte Grenzpolizei der<br />

Europäischen Union. Ein großer Teil der Menschenleben, die die<br />

europäische Abschottungspolitik bisher gekostet hat, sind auch auf<br />

den Einsatz von Frontex zurückzuführen. Daher kann eine sozialdemokratische<br />

Flüchtlingspolitik nur die Umstrukturierung von<br />

Frontex fordern.<br />

Unser Ziel ist eine solidarische, menschenwürdige und gerechte<br />

Politik für Geflüchtete. Wir wollen, dass Menschen als Menschen<br />

behandelt werden und eine wahre Chance auf ein neues Leben nach<br />

ihrer Flucht erhalten.<br />

Wir fordern daher:<br />

1. Die schnellstmögliche Ersetzung der Dublin-II-Verordnung<br />

durch eine EU-weite Verordnung über die Aufnahme von Geflüchteten,<br />

die eine gerechte Verteilung von Asylsuchenden unter<br />

der unbedingten Wahrung der Menschenrechte ermöglicht, ohne<br />

einzelne Länder übermäßig zu belasten. Dabei sollen die Wünsche<br />

der Geflüchteten – soweit möglich – berücksichtigt werden.<br />

2. Die sofortige Umstrukturierung von Frontex. Statt einer militärischen<br />

Agentur zur Abwehr von Geflüchteten, sollten Einheiten<br />

zur Verfügung stehen, die Geflüchtete auf hoher See vor dem<br />

Ertrinken bewahren und sie sicher auf das europäische Festland<br />

bringen, wo es ihnen möglich ist einen Antrag auf Asyl zu stellen.<br />

3. Eine neue, EU-weite Bleiberechtsregelung. Menschen, die sich<br />

über lange Zeit ohne Abschluss des Asylverfahrens in der EU<br />

aufhalten, müssen ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten. Familien<br />

dürfen nicht auseinandergerissen werden.<br />

4. Einen sofortigen, EU-weiten Abschiebestopp in alle Länder, in<br />

denen die UN- Menschenrechtskonventionen, sowie die Grundsätze<br />

der europäischen Menschenrechtskonvention verletz werden.<br />

5. Die Abschaffung der Drittstaatenregelung. Das Recht der Freizügigkeit<br />

muss allen Menschen gewährt werden.<br />

6. Die umgehende Abschaffung der zentralen EU-weiten Fingerabdruckspeicherung<br />

für Asylbewerber_innen.<br />

7. Eine effektive Bekämpfung der Menschenschlepperei, durch sichere<br />

Einreisemöglichkeiten für Asylsuchende.<br />

I21<br />

Europäische Asylpolitik umdenken -<br />

Schutz von und nicht vor Geflüchteten!<br />

Zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag vom 14.-16.<br />

November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />

des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

145


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

8. Die Gewährleistung der Rechte auf Freizügigkeit, freie Wohnungswahl,<br />

Arbeit, Bildung, gesundheitliche Versorgung und<br />

Zugang zu den Sozialsystemen für alle Menschen.<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 22<br />

Landesverband Berlin<br />

Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!<br />

Wir fordern die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die <strong>SPD</strong>-Landesregierungen<br />

auf, sich geschlossen für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes<br />

einzusetzen und in diesem Sinne die parlamentarischen<br />

Wege über Bundesrat und Bundestag auszuschöpfen.<br />

I22<br />

Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 23<br />

Bezirk Braunschweig<br />

Lockerung der Visabestimmungen<br />

Die Bundestagsfraktion wird beauftragt, sich für eine Lockerung<br />

der Visabestimmungen für türkische Staatsbürger, die in Deutschland<br />

Familienangehörige besuchen möchten, einzusetzen. Langfristig<br />

sollen die Bemühungen der EU, für eine Abschaffung der<br />

Visapflicht für türkische Staatsbürger, unterstützt werden.<br />

I23<br />

Lockerung der Visabestimmungen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 24<br />

Landesorganisation Hamburg<br />

Neubewertung des Aufenthaltsrechts<br />

1. Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion soll sich einsetzen für eine Reform<br />

des Aufenthaltsrechts auf Bundesebene in folgenden Punkten:<br />

Die Erleichterung der Erlangung einer Arbeitserlaubnis im Rahmen<br />

des §10BeschVerfV.<br />

Die Verbesserung der Möglichkeit für eine Aufenthaltserlaubnis<br />

bei Langzeitgeduldeten Menschen.<br />

2. Eine konsequente und gesetzliche Umsetzung des auf der Integrationsministerkonferenz<br />

beschlossenen Vorschlags zur „Nachhaltigen<br />

Integration“.<br />

3. Eine kritische Neubewertung der Dublin-II-Verordnung.<br />

4. Die <strong>SPD</strong> wird die öffentliche Debatte über das Aufenthaltsrecht<br />

und die damit verknüpften Themen aktiv führen. In dieser Debatte<br />

werden wir rassistische Ressentiments, Unwahrheiten und<br />

Verschleierungen entschieden zurück weisen.<br />

I24<br />

Neubewertung des Aufenthaltsrechts<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 25<br />

Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />

Keine Optionspflicht bei doppelter<br />

Staatsbürgerschaft!<br />

Wir fordern die Abschaffung der Optionspflicht für Bürgerinnen<br />

und Bürger mit doppelter Staatsangehörigkeit, da diese die Integration<br />

nicht fördert.<br />

I25<br />

Keine Optionspflicht bei doppelter<br />

Staatsbürgerschaft!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

146


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 26<br />

020 Kreis Friedrichshain-Kreuzberg (Landesverband Berlin)<br />

Antrag auf Gleichstellung aller<br />

deutschen Staatsbürger ungeachtet ihrer<br />

Herkunft bei allen Behörden im In- und<br />

Ausland<br />

Die Abgeordneten im Bundestag sollen sich dafür einsetzen, dass<br />

alle deutschen Staatsbürger – auch später Eingebürgerte und bei<br />

Geburt eingebürgerte Personen mit Migrationshintergrund –bei allen<br />

öffentlichen Institutionen im In- und Ausland gleich behandelt<br />

werden und nicht aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert werden.<br />

I26<br />

Antrag auf Gleichstellung aller<br />

deutschen Staatsbürger ungeachtet ihrer<br />

Herkunft bei allen Behörden im In- und<br />

Ausland<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 27<br />

Landesverband Berlin<br />

NPD Verbotsverfahren<br />

Ein neues NPD Verbotsverfahren ist einzuleiten. Die Verantwortlichen<br />

sind gehalten, dieses so vorzubereiten, dass das Verbot nicht<br />

nur vor dem Bundesverfassungsgericht, sondern gegebenenfalls<br />

auch vor europäischen Gerichten Bestand hat.<br />

I27<br />

NPD Verbotsverfahren<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 28<br />

Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Verbot der NPD<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, Gesetzesinitiativen<br />

zu ergreifen, um neonazistischen Aktivitäten in Deutschland<br />

dauerhaft den Boden zu entziehen. Hierzu gehören:<br />

• ein völliges Zurückziehen von V-Leuten des Verfassungsschutzes<br />

aus neonazistischen Organisationen,<br />

• ein Verbot der NPD.<br />

I28<br />

Verbot der NPD<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 29<br />

Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Rassismus und Rechtsextremismus<br />

bekämpfen<br />

Rassismus und Rechtsextremismus hat in einer demokratischen<br />

und weltoffenen Gesellschaft keinen Platz. Aus diesem Grund stellen<br />

wir folgende Forderungen:<br />

• Unterstützung der Initiativen gegen Rechts (z. B. Aufklärungsarbeit<br />

an Schulen) durch finanzielle Hilfen und Streichen der<br />

Extremismusklausel im Bundesprogramm „Toleranz fördern –<br />

Kompetenz stärken“<br />

• Abschalten der V-Leute aus der NPD<br />

• Verbot der NPD<br />

I29<br />

Rassismus und Rechtsextremismus<br />

bekämpfen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

147


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 30<br />

Arbeitskreis Jüdische Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

Projekte gegen Rassismus und<br />

Antisemitismus stärken<br />

Projekte gegen Rassismus und Antisemitismus stärken– Förderprogramme<br />

für Vielfalt, Toleranz und Demokratie verstetigen - Extremismusklausel<br />

abschaffen<br />

Der Erhalt einer demokratischen und offenen Gesellschaft und der<br />

Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen der<br />

Intoleranz erfordert nachhaltig geförderte zivilgesellschaftliche<br />

Initiativen. Die von einer Schwarz-Gelben Bundesregierung verantwortete,<br />

chaotische Förderpolitik hat jedoch über Jahre hinweg<br />

jegliche langfristige Arbeit verhindert und durch die einseitige<br />

Konzentration auf Modellprogramme und unrealistische Drittmittelvorgaben<br />

die Arbeit wichtiger Initiativen mehr gehemmt als unterstützt.<br />

Durch das Auslaufen der Bundesprogramme Ende 2013<br />

sehen sich etablierte und erfolgreiche Initiativen in ihrer Existenz<br />

gefährdet. Wertvolle Expertise droht verloren zu gehen. Hinzu<br />

kommt, dass der Einsatz um Demokratie und Toleranz auch durch<br />

ideologisierte Auflagen wie die so genannte „Extremismusklausel“<br />

massiv gestört wird. Diese stellt den Kampf gegen Rechtsextremismus<br />

unter den Generalverdacht der Verfassungsfeindlichkeit, was<br />

auch in Anbetracht der deutschen Geschichte nicht nur faktisch und<br />

historisch falsch, sondern auch moralisch bedenklich ist.<br />

Mit dem Ziel, Toleranz, Solidarität und demokratisches Bewusstsein<br />

zu fördern und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit effektiv<br />

zu bekämpfen, steht die <strong>SPD</strong> für eine staatliche Unterstützung,<br />

die langfristig und verantwortlich das Engagement in der Zivilgesellschaft<br />

staatlich unterstützt. Konkret bekennt sich die <strong>SPD</strong><br />

zu folgenden Zielen:<br />

a) Die Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und anderen<br />

Formen der Intoleranz ist eine Langzeitaufgabe, welche eine Verstetigung<br />

bisherig erfolgreicher Arbeit verlangt. Staatliche Förderstrukturen<br />

stehen in der Pflicht, die Arbeit zivilgesellschaftlicher<br />

Institutionen durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen.<br />

Das weitere Bestehen und die Ausweitung von Modellprojekten,<br />

die sich als erfolgreich erwiesen haben, muss gesichert sein. Um<br />

die institutionelle Kontinuität der bisherigen Initiativen und die<br />

Entwicklung neuartiger Projekte gleichermaßen zu fördern, sind<br />

die bisherigen Bundesmittel des auslaufenden Programmes „TO-<br />

LERANZ FÖRDERN - KOMPETENZ STÄRKEN“ von 24 Mio<br />

€ auf mindestens 48 Mio € zu verdoppeln und je zur Hälfte für<br />

Modellprojekte und institutionelle Förderung aufzuwenden.<br />

b) Notwendige Initiativen gegen Rassismus, Antisemitismus und<br />

andere Formen der Intoleranz dürfen nicht an unrealistischen<br />

Drittmittelvorgaben scheitern. Es ist für viele NGOs unzumutbar,<br />

wenn sie eine Kofinanzierungsquote von 50% erfüllen müsse.<br />

Dies bringt gerade für kleine Institutionen einen massiven<br />

Mehraufwand mit sich, wodurch effizientes Arbeiten sehr stark<br />

erschwert wird. Solch starre Vorgaben gehören durch ein flexibles<br />

Modell ersetzt oder möglichst ganz abgeschafft.<br />

c) Die Mordserie des NSU hat uns allen vor Augen geführt, dass der<br />

Rechtsextremismus in Deutschland eine tödliche Gefahr bleibt und<br />

niemals unterschätzt werden darf. Dessen Bekämpfung darf nicht<br />

aus ideologischen Gründen durch die „Extremismusklausel“ und<br />

die damit einhergehende Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus<br />

erschwert werden. In der <strong>SPD</strong> darf die Totalitarismustheorie<br />

niemals die Grundlage einer (Förder)politik darstellen.<br />

d) Der Bericht des vom Bundestag eingesetzten Expertengremiums<br />

zu Antisemitismus wie auch aktuelle Ansätze der Vorurteilsforschung<br />

belegen zweifelsfrei, dass Antisemitismus nicht nur ein<br />

Problem der Ränder, sondern auch der Mitte der Gesellschaft<br />

I30<br />

Projekte gegen Rassismus und<br />

Antisemitismus stärken<br />

Annahme in geänderter Fassung:<br />

Projekte gegen Rassismus und Antisemitismus stärken– Förderprogramme<br />

für Vielfalt, Toleranz und Demokratie verstetigen - Extremismusklausel<br />

abschaffen<br />

Der Erhalt einer demokratischen und offenen Gesellschaft und der<br />

Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen der<br />

Intoleranz erfordert nachhaltig geförderte zivilgesellschaftliche<br />

Initiativen. Die von einer Schwarz-Gelben Bundesregierung verantwortete,<br />

chaotische Förderpolitik hat jedoch über Jahre hinweg<br />

jegliche langfristige Arbeit verhindert und durch die einseitige<br />

Konzentration auf Modellprogramme und unrealistische Drittmittelvorgaben<br />

die Arbeit wichtiger Initiativen mehr gehemmt als unterstützt.<br />

Durch das Auslaufen der Bundesprogramme Ende 2013<br />

sehen sich etablierte und erfolgreiche Initiativen in ihrer Existenz<br />

gefährdet. Wertvolle Expertise droht verloren zu gehen. Hinzu<br />

kommt, dass der Einsatz um Demokratie und Toleranz auch durch<br />

ideologisierte Auflagen wie die so genannte „Extremismusklausel“<br />

massiv gestört wird. Diese stellt den Kampf gegen Rechtsextremismus<br />

unter den Generalverdacht der Verfassungsfeindlichkeit, was<br />

auch in Anbetracht der deutschen Geschichte nicht nur faktisch und<br />

historisch falsch, sondern auch moralisch bedenklich ist.<br />

Mit dem Ziel, Toleranz, Solidarität und demokratisches Bewusstsein<br />

zu fördern und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit effektiv<br />

zu bekämpfen, steht die <strong>SPD</strong> für eine staatliche Unterstützung,<br />

die langfristig und verantwortlich das Engagement in der Zivilgesellschaft<br />

staatlich unterstützt. Konkret bekennt sich die <strong>SPD</strong><br />

zu folgenden Zielen:<br />

a) Die Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und anderen<br />

Formen der Intoleranz ist eine Langzeitaufgabe, welche eine Verstetigung<br />

bisherig erfolgreicher Arbeit verlangt. Staatliche Förderstrukturen<br />

stehen in der Pflicht, die Arbeit zivilgesellschaftlicher<br />

Institutionen durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen. Das<br />

weitere Bestehen und die Ausweitung von Modellprojekten, die sich<br />

als erfolgreich erwiesen haben, muss gesichert sein. Um die institutionelle<br />

Kontinuität der bisherigen Initiativen und die Entwicklung<br />

neuartiger Projekte gleichermaßen zu fördern, sind die bisherigen<br />

Bundesmittel des auslaufenden Programmes „TOLERANZ FÖR-<br />

DERN - KOMPETENZ STÄRKEN“ (derzeit 24 Mio €), deutlich<br />

zu erhöhen auf mindestens 48 Mio € zu verdoppeln und je zur Hälfte<br />

für Modellprojekte und institutionelle Förderung aufzuwenden.<br />

b) Notwendige Initiativen gegen Rassismus, Antisemitismus und<br />

andere Formen der Intoleranz dürfen nicht an unrealistischen<br />

Drittmittelvorgaben scheitern. Es ist für viele NGOs unzumutbar,<br />

wenn sie eine Kofinanzierungsquote von 50% erfüllen müsse. Dies<br />

bringt gerade für kleine Institutionen einen massiven Mehraufwand<br />

mit sich, wodurch effizientes Arbeiten sehr stark erschwert wird.<br />

Solch starre Vorgaben gehören durch ein flexibles Modell ersetzt<br />

oder möglichst ganz abgeschafft.<br />

c) Die Mordserie des NSU hat uns allen vor Augen geführt, dass der<br />

Rechtsextremismus in Deutschland eine tödliche Gefahr bleibt und<br />

niemals unterschätzt werden darf. Dessen Bekämpfung darf nicht<br />

aus ideologischen Gründen durch die „Extremismusklausel“ und<br />

die damit einhergehende Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus<br />

erschwert werden. In der <strong>SPD</strong> darf die Totalitarismustheorie<br />

niemals die Grundlage einer (Förder)politik darstellen.<br />

d) Der Bericht des vom Bundestag eingesetzten Expertengremiums<br />

zu Antisemitismus wie auch aktuelle Ansätze der Vorurteilsforschung<br />

belegen zweifelsfrei, dass Antisemitismus nicht nur<br />

ein Problem der Ränder, sondern auch der Mitte der Gesellschaft<br />

148


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

darstellt. Ähnliches gilt auch für andere Formen gruppenbezogener<br />

Menschenfeindlichkeit, beispielsweise dem Rassismus. Der<br />

Bundesparteitag spricht sich dafür aus, dass gerade im Bereich<br />

der schulischen und außerschulischen Bildung auch der gesellschaftliche<br />

Mainstream in den Blick gerückt und hierbei Vorurteilsstrukturen<br />

angemessen bearbeitet werden.<br />

darstellt. Ähnliches gilt auch für andere Formen gruppenbezogener<br />

Menschenfeindlichkeit, beispielsweise dem Rassismus. Solche<br />

Vorurteilsstrukturen müssen auch im Bereich der schulischen<br />

und außerschulischen Bildung thematisiert werden.<br />

1<br />

5<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 31<br />

Landesverband Berlin<br />

Resolution zu rechtem Terror<br />

Gemeinsam gegen Verharmlosung und rechten Terror – für ein pluralistisches<br />

und tolerantes Deutschland<br />

Wir trauern um Theodoros Boulgarides; Michèle Kiesewetter; Habil<br />

Kılıç Mehmet Kubaşık, Abdurrahim Özüdoğru, Enver Şimşek,<br />

Süleyman Taşköprü, Yunus Turgut, İsmail Yaşar und Halit Yozgat.<br />

Sie mussten sterben, weil sie nicht in das Bild der Rechtsextremen<br />

passten.<br />

Die Berliner <strong>SPD</strong> ist schockiert darüber, dass eine solche Anzahl<br />

an Morden geschehen konnte, ohne dass die Ermittlungsbehörden<br />

den Zusammenhang zwischen diesen rassistischen Morden erkannt<br />

haben. Eine Analyse der Versäumnisse ist dringend geboten. Wir<br />

fordern, notwendige Konsequenzen zu ziehen, damit sich derartiges<br />

in Zukunft nicht wiederholen kann.<br />

Mehr als 150 Opfer rechtsextremistischer Gewalttaten sprechen für<br />

sich. Der Handlungsbedarf ist unübersehbar geworden. Wir müssen<br />

die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen – in finanzieller und<br />

organisatorischer Hinsicht. Wir benötigen aber auch einen Mentalitätswechsel.<br />

Die Berliner <strong>SPD</strong> steht für ein Deutschland, in dem Menschen<br />

ohne Angst verschieden sein können und sich sicher fühlen.<br />

Wir stehen ein für ein Land, in dem Freiheit und Respekt, Vielfalt<br />

und Weltoffenheit lebendig sind. Die Würde des Menschen ist unantastbar.<br />

Wir wenden uns entschieden gegen die andauernde Verharmlosung<br />

rechtsextremistischer Gewalt. Nicht nur wurden Bundesmittel zur<br />

Bekämpfung rechtsextremistischer Gewalt gekürzt und umgewidmet<br />

auch zur Bekämpfung angeblicher linksextremistischer Gefahren.<br />

Menschen, die in Ostdeutschland manchmal unter Gefahr für<br />

Leib und Leben gegen rechte Alltagsgewalt kämpfen, werden noch<br />

dazu via „Extremismusklausel“ unter den Generalverdacht linksextremistischer<br />

Gesinnung gestellt.<br />

Für der Berliner <strong>SPD</strong> ist auch klar: Wir brauchen endlich ein Verbot<br />

der menschenverachtenden NPD. Wir können rechtsextremistische<br />

Gesinnungen damit nicht verhindern. Wir können jedoch damit<br />

verhindern, dass rechter Terror mit staatlichen Mitteln unterstützt<br />

wird, und die NPD unter dem Schutz des Parteienprivilegs Raum<br />

für die öffentliche Darstellung bekommt.<br />

Wir müssen uns entschieden gegen Strukturen stellen, welche die<br />

Verbreitung rechtsextremistischen Gedankengutes fördern oder tolerieren.<br />

Wir müssen Gesicht zeigen gegen offene und verdeckte<br />

Diskriminierungen bestimmter Gruppen von Menschen. Gruppenbezogene<br />

Menschenfeindlichkeit richtet sich im Endeffekt gegen<br />

die pluralistische Demokratie an sich.<br />

Die Verharmlosung rechter Gewalt muss beendet werden. Nie wieder<br />

rechter Terror in Deutschland!<br />

I31<br />

Resolution zu rechtem Terror<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm und Annahme von I30<br />

10<br />

15<br />

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50<br />

55<br />

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65<br />

149


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 32<br />

Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />

Wider die Extremismustheorie - Nein zur<br />

Extremismusklausel!<br />

Das Extremismus-Schema, das seit ca. 1973 von den deutschen<br />

Behörden angewendet wird um die äußersten Ränder des politischen<br />

Spektrums zu kategorisieren, beherrscht den politischen Diskurs<br />

durch und durch. So legte das Bundesfamilienministerium unter<br />

Ministerin Kristina Schröder ein Programm gegen Extremismus<br />

auf. Dies bedeutet in der Realität nur, dass bestehende Gelder zum<br />

Kampf gegen Rechtsextremismus nun dem Kampf gegen alle sogenannten<br />

Extremismusformen dienen sollen. Sprich, die einfache<br />

Gleichsetzung von Linksextremismus mit dem Rechtextremismus.<br />

Hinzu kommt nun noch die Extremismusklausel, deren Unterzeichnung<br />

die Bedingung für Fördermittel vom Bund ist.<br />

Das angesprochene Extremismus-Schema, welches sich aus der in<br />

der Wissenschaft hoch umstritten Extremismustheorie ergibt, geht<br />

von einer konstruierten Normalverteilung politischer Ansichten<br />

aus. Es wird davon ausgegangen, dass die sogenannte politische<br />

Mitte demokratisch und rechtsstaatlich ist, die jeweiligen linken<br />

und rechten Ränder hingegen antidemokratisch sind. Dies wird vor<br />

allem an der bestehenden freiheitlichen Grundordnung und insbesondere<br />

auch am bestehenden Verfassungsstaat festgemacht. Allerdings<br />

verkennt dieses Schema massiv, dass es in der Gesellschaft<br />

keine Normalverteilung gibt. Vielmehr sind Rassismus, Antisemitismus,<br />

Homophobie, Sexismus und Sozialdarwinismus nicht nur<br />

an den Rändern der Gesellschaft zu finden, sondern vielmehr die<br />

traurige Realität der sogenannten demokratischen Mitte.<br />

Aufgrund der Historie hat man allen Grund von dieser Annahme<br />

auszugehen. Es waren die christlichen und liberalen Abgeordneten<br />

der Mitte, die Hitlers Ermächtigungsgesetz billigten. Ebenso der<br />

Terror der SA und der NationalsozialistInnen, der zu einem inszenierten<br />

Bürgerkrieg führte, wurde von der bürgerlichen Ordnung<br />

gestützt.<br />

So zeigt eine Studie der FES wie stark nationalsozialistisches Gedankengut<br />

noch in der Mitte der Gesellschaft verankert ist. So bejahten<br />

37 % der Befragten den Satz: „Die Ausländer kommen nur<br />

hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“ Ebenso ließ sich bei<br />

ca. 18 % der Befragten eine antisemitische Einstellung feststellen.<br />

11 % der Befragten gaben an, dass der Nationalsozialismus seine<br />

guten Seiten hatte. Aufgrund der Studie lässt sich bei ca. 9 % der<br />

Deutschen auf ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild schließen.<br />

Dies zeigt deutlich wie sehr menschfeindliches Gedankengut in<br />

der Mitte der Gesellschaft verwurzelt ist. Es ist daher nicht verwunderlich,<br />

dass auch die Politik diese Einstellungen immer mehr<br />

bedient. Das zeigt etwa Roland Koch in seinen Wahlkämpfen oder<br />

Thilo Sarrazin mit seinen sozialdarwinistischen Vorstellungen von<br />

der Wertigkeit von Menschen. Hierbei handelt es sich um den „Extremismus<br />

der Mitte“, einer beschreibenden Theorie über antidemokratische<br />

Tendenzen in der Gesellschaft, die international anerkannt<br />

ist, jedoch gerne von der bürgerlichen Mitte in der BRD<br />

ausgeblendet wird.<br />

Das Extremismus-Schema führt zu einer Gleichsetzung von Linksextremismus<br />

und Rechtsextremismus. Dieses Schema setzt voraus,<br />

dass es sich um ähnliche Formen handelt. Dabei ist weder historisch<br />

noch inhaltlich ein Indiz für eine Ähnlichkeit oder gar gedanklicher<br />

Zusammenhang zu finden. Vielmehr ist historisch nie<br />

von Linksextremismus gesprochen worden, nur der Begriff Rechtsextremismus<br />

ist historisch gebräuchlich gewesen.<br />

Diese Formen von Begrifflichkeit des Extremismus wurden in den<br />

1970ern vorangetrieben. Den Begriff, den heute Behörden, Verfassungsschutzämter<br />

und die Bundeszentrale für politische Bildung<br />

nutzen, stammt von Eckard Jesse. Jesse jedoch steht im äußerst<br />

I32<br />

Wider die Extremismustheorie - Nein zur<br />

Extremismusklausel!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm und Annahme von I30<br />

150


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

engen Kontakt zur Neuen Rechten, veröffentlichte ein Buch zusammen<br />

mit einem Holocaustleugner und arbeitet eng mit bekennenden<br />

Nazis zusammen. Hier lässt sich erkennen, wessen Kind<br />

in Deutschland die neue Einteilung in Extremismuskategorien ist.<br />

Dennoch wird Jesse weiterhin von den staatlichen Institutionen<br />

hofiert. Dieses Extremismus-Schema, mit dem Bild der guten demokratischen<br />

Mitte, verharmlost somit die Dimension der Rechten<br />

Gefahr. Linksextremismus und Rechtsextremismus werden auf die<br />

gleich Stufe gestellt, nämlich die gleiche Stufe der Verfassungsfeindlichkeit<br />

und die gleiche Stufe der Gewaltbereitschaft. Damit<br />

wird den qualitativen Unterschieden nicht ausreichend Rechnung<br />

getragen, zu wenig differenziert und es werden linke und antifaschistische<br />

Aktivitäten zu leicht kriminalisiert. Rechtsextremistische<br />

Gewalt richtet sich gegen unbeteiligte Menschen, deren<br />

Opferrolle sich aus folgendem ergibt: die nicht beeinflussbare<br />

Herkunft, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung. Rechtsextreme<br />

Gewalt richtet sich geschlossen und massiv gegen alle, die dem<br />

ideologischen Weltbild nicht entsprechen. Auch die schwere der<br />

Delikte der Rechtsextremen sprechen eine klare Sprache: 137 Morde<br />

an Menschen, die nicht in das rassistische Weltbild passten.<br />

Es ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, dass es auch Gewalt<br />

bei angeblich linken Gruppierungen gibt. Doch diese Gewalt<br />

ist nicht zielgerichtet und von ihrer Intensität weit unter der Vernichtungslogik<br />

des Rechtsextremismus. Diese verurteilt die Würzburg<strong>SPD</strong>,<br />

da sie sich für den gewaltlosen Widerstand in Form des<br />

zivilen Ungehorsams ausspricht.<br />

Die Gleichsetzung und die Verwendung des Begriffes Linksextremismus<br />

erfolgen in der öffentlichen Debatte oft bewusst mit<br />

Diffamierungsabsicht. Wo Linksextremismus beginnt und endet<br />

bleibt mehr als schwammig und dient somit leicht dazu alle linken<br />

Positionen zu diskreditieren. Denn nach dem jetzigen Maßstab fallen<br />

schnell linke Gruppierungen unter den Extremismusverdacht,<br />

da sie das kapitalistische System in Frage stellen. Schnell sind sie<br />

Verfassungsfeinde, obwohl das Grundgesetz sich nicht zum Kapitalismus<br />

oder einer Wirtschaftsform bekennt. Mit solcher Vorgehensweise<br />

wird der Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus<br />

gezielt geschwächt. Unter diesem Lichte ist die Extremismusklausel<br />

zu verstehen. Sie baut auf der Extremismustheorie auf.<br />

Sie ist höchst bedenklich. Denn ab jetzt bekommt nur noch diejenige<br />

Gruppierung eine Förderung, die im Verfassungsschutzbericht<br />

nicht als extremistisch bzw. kapitalismusfeindlich eingestuft wird.<br />

Mit Hilfe des Verfassungsschutzes findet eine Gesinnungsprüfung<br />

über die vermeintliche Verfassungstreue unter Rückgriff auf<br />

geheimdienstliche Methoden statt. Somit definiert die Regierung<br />

welche Gruppierung als verfassungsfeindlich gilt und welche nicht.<br />

Dieses Vorgehen ist klar antidemokratisch und schützt bestimmt<br />

nicht die Demokratie, sondern höhlt sie aus.<br />

Die alltägliche Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus<br />

wird von linken und antifaschistischen Gruppen geführt. Sie sind<br />

es die sich für unsere Demokratie einsetzen und dem Faschismus<br />

die Stirn bieten. Doch viele haben vom Verfassungsschutz den<br />

Stempel „linksextrem“ bekommen und verlieren nun ihre Grundlage<br />

für den Kampf gegen Rechtsextremismus aufgrund der Klausel.<br />

Viele Gerichtsverfahren zeigen, dass der Verfassungsschutz<br />

oft grundlos Gruppierung als linksextrem bezeichnet, da diese<br />

sich etwa kritisch mit dem Kapitalismus auseinandersetzen. Somit<br />

werden linke Gruppen kriminalisiert und mit Rechtextremen auf<br />

eine Stufe gestellt. Daher fordern wir, dass endlich das Schwarzweiß-Denken<br />

der Extremismustheorie beendet wird. Wir lehnen<br />

ein solches undifferenziertes Denken ab und wehren uns dagegen,<br />

dass linke Gruppierungen mit Rechtsextremen, RassistInnen, AntisemitInnen,<br />

StalinistInnen in einen Topf geworfen werden und somit<br />

deren Gewalt verharmlost wird. Die Extremismusklausel muss<br />

wieder zurückgenommen werden, da sie einen effektiven Kampf<br />

gegen Rechtsextremismus verhindert und für einen demokratischen<br />

Staat nicht tragbar ist.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

151


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 33<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt<br />

„Waffengleichheit“ beim Lobbyismus<br />

Die Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für die Umsetzung<br />

folgender Maßnahmen einzusetzen:<br />

Regulierung des Lobby-Betriebes auf Bundesebene:<br />

1. Schaffung eines verbindlichen Lobby-Registers, in dem sich alle<br />

Organisationen sowie deren Mitarbeiter/innen, die im Bereich<br />

der politischen Interessenvertretung aktiv sind, registrieren müssen.<br />

2. Schaffung von sinn- und maßvollen Transparenzregeln, denen<br />

im Rahmen eines Verhaltenskodex sowohl die Mandatsträger/<br />

innen als auch die Interessenvertreter/innen unterliegen.<br />

a) Über die Befolgung des Verhaltenskodex auf Seiten der Mandatsträger/innen<br />

wacht das Bundestagspräsidium. Verstöße<br />

können mit einem Ordnungsgeld belegt werden.<br />

b) Über die Befolgung des Verhaltenskodex auf Seiten der Interessenvertreter/innen<br />

wacht ein eigens dafür zu gründender<br />

Dachverband der im Lobby-Register aufgeführten Organisationen.<br />

Die Mitgliedschaft in diesem Verband ist verpflichtend.<br />

Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Belegung von<br />

Verstößen gegen den Verhaltenskodex mit Bußgeldern sind zu<br />

schaffen.<br />

3. Externe Mitarbeiter/innen in Bundeseinrichtungen sind als solche<br />

der Öffentlichkeit bekannt zu machen.<br />

4. Die Beteiligung von externen Mitarbeiter/innen und Organisationen<br />

an der Erarbeitung von Gesetzes- und sonstigen Beschlussvorlagen<br />

ist im Rahmen eines „Footprints“ kenntlich zu machen.<br />

Stärkung der Expertise der Mandatsträger/innen:<br />

1. Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages sind kontinuierlich<br />

auszubauen. Als Personalschlüssel ist anzustreben, dass<br />

auf eine/n Bundestagsabgeordnete/n mindestens ein/e Mitarbeiter/in<br />

in den Wissenschaftlichen Diensten kommt.<br />

2. Die finanziellen Zuwendungen für Bundestagsabgeordnete<br />

zweckgebunden zur Beschäftigung eigener wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter/innen sind auszuweiten.<br />

I33<br />

„Waffengleichheit“ beim Lobbyismus<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 34<br />

Landesverband Berlin<br />

Ein Mandat, eine Aufgabe, eine<br />

Verantwortung<br />

Die <strong>SPD</strong> begrüßt und unterstützt die Position der <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion<br />

für „Mehr Transparenz im Deutschen Bundestag“<br />

vom 16.10.2012. Da dieser Antrag in der 17. Wahlperiode an der<br />

Mehrheit der schwarz-gelben Regierungskoalition gescheitert ist,<br />

wird die <strong>SPD</strong> des 18. Bundestages aufgefordert, diese Position zu<br />

Beginn der Legislaturperiode wieder aufzugreifen und gesetzgeberisch<br />

umzusetzen. Im Einzelnen fordern wir,<br />

• dass alle etwaigen Nebenverdienste von Volksvertretern in voller<br />

Höhe, mit Angabe des Grundes der Zahlung bzw. der Tätigkeit,<br />

des Ortes der Tätigkeitausübung, sowie der Nennung des Auftraggebers<br />

(soweit rechtlich möglich) und des Zahlungsorgans,<br />

spätestens am darauffolgenden Monatsende nach Ausübung einer<br />

Nebentätigkeit beim Präsidenten der jeweiligen Gremien<br />

angezeigt werden und auf einer öffentlich zugänglichen Internet-Seite<br />

des jeweiligen Gremiums, sowie auf der persönlichen<br />

Internet-Seite des Mandatsträgers, publiziert werden.<br />

I34<br />

Ein Mandat, eine Aufgabe, eine<br />

Verantwortung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

152


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

• dass im Falle einer Doppelfunktion Abgeordneter (z.B. als Bundestagsabgeordneter<br />

und Vorsitzender oder Generalsekretär einer<br />

Partei) und Funktionsträger eine weitgehende Anrechnung<br />

der Abgeordnetenbezüge auf die Bezüge als Funktionsträger erfolgt<br />

• dass jedwede Form der Vorteilsgewährung unter Strafe gestellt<br />

wird, und dass Sanktionen im Falle der Verletzung des Transparenzgebots<br />

oder im Falle der Abgeordnetenbestechung oder<br />

im Falle der nachweislichen Vernachlässigung des Mandats zugunsten<br />

Dritter gegenüber heute spürbar verschärft werden bzw.<br />

beim wiederholten Verstoß bis hin zum sofortigen Verlust des<br />

Mandats führen können.<br />

• eine Karenzzeit von 18 Monaten bevor Regierungsvertreter nach<br />

Ihrem Ausscheiden aus dem Amt neu in einem Privatunternehmen<br />

tätig werden dürfen, wenn dieses Unternehmen von ihren<br />

Entscheidungen und Positionen als Volksvertreter berührt wurde<br />

(sog. „Drehtür“-Effekt, wie im Fall von Wolfgang Clement,<br />

2006).<br />

Ergänzend sind folgende Begleitmaßnahmen anzustreben:<br />

• Die sofortige Ratifizierung des „Übereinkommen der Vereinten<br />

Nationen gegen Korruption“ (UNCAC) von 2005, das die<br />

Bundesrepublik Deutschland wie 161 andere Länder zwar unterzeichnet,<br />

aber im Gegensatz zu 140 dieser Länder noch nicht<br />

ratifiziert hat (Stand 24.09.2012).<br />

• Die Gleichsetzung von gewählten Volksvertretern mit Beamten<br />

bei der Annahme von Geschenken und anderen Vorteilnahmen<br />

im Amt (Bestechlichkeit). Es ist in einer demokratischen Gesellschaft<br />

weder ethisch vertretbar, noch politisch zielführend, wenn<br />

Beamte (welche Staatsdiener sind) sich – zu Recht – strengen<br />

Antikorruptionsgesetzen unterwerfen müssen, während Volksvertreter<br />

(welche Staatsdiener auf Zeit sind) im Wesentlichen<br />

davon ausgenommen werden.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 35<br />

Landesverband Sachsen<br />

Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität<br />

Die Abgeordneten der <strong>SPD</strong> setzen sich, auch über die Grenzen der<br />

Legislaturperioden hinweg, dafür ein, die Abteilungen für Wirtschaftskriminalität<br />

in den Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden<br />

personell, finanziell und organisatorisch besser auszustatten.<br />

I35<br />

Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität<br />

Annahme<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 36<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt<br />

UN-Konvention gegen Korruption<br />

ratifizieren<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für die Ratifizierung<br />

des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption<br />

(UNCAD) umgehend einzusetzen. Das Übereinkommen<br />

der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAD) ist umgehend<br />

zu ratifizieren.<br />

I36<br />

UN-Konvention gegen Korruption<br />

ratifizieren<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

153


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 37<br />

Kreisverband Böblingen (Landesverband Baden-Württemberg)<br />

Abschaffung bzw. Verhinderung des<br />

„Warnschussarrestes“<br />

Die schwarz-gelbe Regierung im Bund arbeitet momentan einen<br />

Gesetzesentwurf zum so genannten „Warnschussarrest“ aus, unter<br />

dieser Art von Arrest versteht man die Möglichkeit jugendliche<br />

StraftäterInnen für bis zu 4 Wochen in eine Justizvollzugsanstalt<br />

einzuweisen um so eine Warnung auszusprechen und Abschreckung<br />

vor weiteren Straftaten zu erzielen.<br />

Wir fordern die <strong>SPD</strong> auf dieses Gesetzesvorhaben im Bundesrat<br />

zu blockieren, bzw. bei einem Wahlsieg 2013 im Bund dieses Gesetz<br />

rückgängig zu machen und Gewaltpräventionsmaßnahmen an<br />

Schulen zu fördern.<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 38<br />

Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Familie ist bunt: Die Ehe für Lesben und<br />

Schwule öffnen<br />

Die <strong>SPD</strong> unterstützt den Beschluss des Bundesparteitags, die Ehe<br />

auch für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Dazu soll § 1353<br />

des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dahingehend ergänzt werden,<br />

dass auch gleichgeschlechtliche Paare eine Ehe eingehen können.<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 39<br />

Landesverband Berlin<br />

Gerechtigkeit im Sorgerecht<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, das BGB dahingehend<br />

zu ändern, dass das kleine Sorgerecht (§1687b BGB sowie §9<br />

LPartG) auch für die EhepartnerInnen und LebenspartnerInnen von<br />

gemeinsam sorgeberechtigten Eltern offensteht. Dies soll im Einvernehmen<br />

mit beiden sorgeberechtigten Eltern geschehen.<br />

I37<br />

Abschaffung bzw. Verhinderung des<br />

„Warnschussarrestes“<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

I38<br />

Familie ist bunt: Die Ehe für Lesben und<br />

Schwule öffnen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

I39<br />

Gerechtigkeit im Sorgerecht<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 40<br />

Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />

Rehabilitierung und Entschädigung der<br />

nach 1945 nach § 175 StGB Verurteilten<br />

Wir werden die nach 1945 nach § 175 StGB Verurteilten rehabilitieren<br />

und entschädigen.<br />

I40<br />

Rehabilitierung und Entschädigung der<br />

nach 1945 nach § 175 StGB Verurteilten<br />

Annahme in Fassung der Antragskommission:<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, Maßnahmen zur<br />

Rehabilitierung und Unterstützung für die nach 1945 in beiden<br />

deutschen Staaten (ausschließlich) wegen einvernehmlicher homosexueller<br />

Handlungen Verurteilten zu erarbeiten.<br />

154


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 41<br />

Ortsverein Waldbröl (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Änderung des Prostitutionsgesetzes<br />

Die <strong>SPD</strong> setzt sich für die Änderung des Prostitutionsgesetzes ein,<br />

um Menschenhandel und Zwangsprostitution zu bekämpfen. Deshalb<br />

tritt die <strong>SPD</strong> für folgende gesetzlichen Änderungen ein:<br />

• Für die Bestrafung von Freiern von Zwangsprostituierten,<br />

• Für die Bestrafung von sexuellen Dienstleistungen, die gegen<br />

den Willen der Prostituierten ausgeübt werden,<br />

• Für die Meldepflicht von Prostituierten,<br />

• Für eine Erlaubnispflicht von Bordellen, vorbestrafte Personen<br />

dürfen keine solche Erlaubnis erhalten,<br />

• Für ein Mindestalter von Prostituierten von 21 Jahren.<br />

I41<br />

Änderung des Prostitutionsgesetzes<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 42<br />

Unterbezirk Kassel-Stadt (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Änderung des § 86 StGB: Verbreiten von<br />

Propagandamitteln verfassungswidriger<br />

Organisationen<br />

Der § 86 StGB soll so geändert werden, dass der Handel mit Propagandamitteln,<br />

die nach ihrem <strong>Inhalt</strong> dazu bestimmt sind, Bestrebungen<br />

einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation<br />

fortzusetzen, d.h. mit Gegenständen, die Nazi-Organisationen wie<br />

NSDAP, SS, SA, NSKK, zuzuordnen sind, bzw. deren Symbole<br />

tragen, wie Orden und Ehrenzeichen der Wehrmacht, verboten ist<br />

und ausschließt, dass diese Gegenstände gehandelt werden, in dem<br />

die eindeutigen NS-Symbole wie Hakenkreuz und SS-Runen abgedeckt<br />

werden.<br />

Im Handel mit NS-Symbolen ist nicht erkennbar, dass die Ausnahmetatbestände<br />

des ( 86 StGB ) abgedeckt werden: „(3) Absatz 1 gilt<br />

nicht, wenn das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen<br />

Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen,<br />

der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre,<br />

der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder<br />

der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.“<br />

I42<br />

Änderung des § 86 StGB: Verbreiten von<br />

Propagandamitteln verfassungswidriger<br />

Organisationen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 43<br />

Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Vorschlag zur Einschränkung der<br />

Strafaussetzung zur Bewährung bei<br />

rechtsradikalen Straftaten<br />

Im Zusammenhang mit den rechtsextremistischen Gewalttaten soll<br />

folgender Vorschlag dahingehend unterbreitet werden, die Straffaussetzung<br />

zur Bewährung bei rechtsextremen Gewalttaten einzuschränken.<br />

Die <strong>SPD</strong> schlägt vor, den bisherigen § 56 Strafgesetzbuch, wie<br />

folgt zu ergänzen (Änderungen unterstrichen):<br />

§ 56 Strafaussetzung<br />

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem<br />

Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung<br />

aus, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich<br />

I43<br />

Vorschlag zur Einschränkung der<br />

Strafaussetzung zur Bewährung bei<br />

rechtsradikalen Straftaten<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

155


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig<br />

auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten<br />

mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit<br />

des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein<br />

Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen<br />

zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu<br />

erwarten sind.<br />

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1<br />

auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei<br />

Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach<br />

der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten<br />

besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung<br />

ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch<br />

die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.<br />

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs<br />

Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die<br />

Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.<br />

Die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet in aller Regel<br />

die Vollstreckung der Freiheitsstrafe, wenn die Tat aus rassistischen<br />

Motiven oder gezielt aus Verachtung gegen eine<br />

bestimmte Bevölkerungsgruppe begangen wurde oder sich<br />

gezielt gegen die freiheitlich, demokratischen Grundordnung<br />

richtete oder dazu dienen sollte, die Bevölkerung einzuschüchtern<br />

und ihr Vertrauen in die Durchsetzbarkeit staatlichen<br />

Rechts zu erschüttern. Entgegen Satz 2 kann eine Strafaussetzung<br />

zur Bewährung dann erfolgen, wenn die Voraussetzungen<br />

des §46 b Abs. 1, Nr.1 oder Nr.2 mit der Maßgabe,<br />

dass es sich nicht um Straftat im Sinne des § 100 a Abs. 2 der<br />

Strafprozessordnung zu handeln braucht, in Verbindung mit §<br />

46 b Abs. 2 und Abs. 3 in entsprechender Anwendung gegeben<br />

sind.<br />

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt<br />

werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft<br />

oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht<br />

ausgeschlossen.<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 44<br />

Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />

Schaffung einer neuer Verfahrensart<br />

vor dem Bundesverfassungsgericht zur<br />

Überprüfung von Rechtsakten der EU<br />

1. Als neue Verfahrensart vor dem Bundesverfassungsgericht wird<br />

ein Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 d. Grundgesetz eingefügt, damit das<br />

Bundesverfassungsgericht entscheidet: „bei Meinungsverschiedenheiten<br />

oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit<br />

von Rechtsakten der Europäischen Union mit diesem<br />

Grundgesetze, insbesondere hinsichtlich des Umfangs der übertragenen<br />

Hoheitsrechte und der Wahrung der Verfassungsidentität,<br />

auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder<br />

eines Viertels der Mitglieder des Bundestages;“<br />

2. Nähere Verfahrensbestimmungen werden in das Bundesverfassungsgerichtsgesetz<br />

aufgenommen. Das Verfahren wird als Verfahren<br />

der objektiven Rechtskontrolle ausgestaltet, vergleichbar<br />

mit der abstrakten Normenkontrolle. Eine Klagefrist wird nicht<br />

vorgesehen. Klagegegenstand soll jeder Rechtsakt der Europäischen<br />

Union und ihrer Organe sein können, unabhängig davon,<br />

welchen Mitgliedstaat er konkret betrifft.<br />

3. Für den Fall, dass derartige Regelungen geschaffen sind, werden<br />

die <strong>SPD</strong>-Bundestagsabgeordneten und die Landesregierungen<br />

mit <strong>SPD</strong>-Beteiligung aufgefordert, gegen das Urteil des EuGH in<br />

der Rechtssache C-617/10 ein Verfahren anzustrengen, um eine<br />

I44<br />

Schaffung einer neuer Verfahrensart<br />

vor dem Bundesverfassungsgericht zur<br />

Überprüfung von Rechtsakten der EU<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

156


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

verbindliche Klärung bezüglich der Reichweite der Kompetenzen<br />

der EU herbeizuführen.<br />

4. Der Europäische Gerichtshof wird aufgefordert, seine Kompetenzen<br />

nicht zu überschreiten und die Hoheitsrechte der Mitgliedstaaten<br />

der EU zu wahren.<br />

1<br />

5<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 45<br />

Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Straftatbestand Mobbing einführen<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert sich dafür einsetzen,<br />

dass Mobbing als Straftatbestand anzuerkennen und auf Bundesebene<br />

ein entsprechendes Gesetz verabschiedet wird. Mobbing<br />

am Arbeitsplatz, aber auch im Alltag, ist ein zu bedeutendes gesellschaftliches<br />

Problem um mit dem Verweis auf bestehende Anlaufstellen<br />

dieses Vorhaben zu blockieren.<br />

I45<br />

Straftatbestand Mobbing einführen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

10<br />

15<br />

20<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 46<br />

Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />

Streichung des Art. 118 GG zur<br />

Neugliederung des Landesgebiets im<br />

Südwesten<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf<br />

in den Deutschen Bundestag einzubringen, der die ersatzlose<br />

Streichung des Art. 118 Grundgesetz vorsieht.<br />

Art. 118 des Grundgesetzes in der derzeit gültigen Fassung lautet:<br />

„Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden<br />

und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann<br />

abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung<br />

der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung<br />

nicht zustande, so wird die Neugliederung durch Bundesgesetz geregelt,<br />

das eine Volksbefragung vorsehen muß.“<br />

Art. 118 GG enthält eine Sonderregelung gegenüber Art. 29 GG.<br />

Sie erlaubt eine Neugliederung im südwestdeutschen Raum in einem<br />

einfacheren Verfahren, als es in Art. 29 GG geregelt ist (vgl.<br />

Jarass/Pieroth, GG, Art. 118 Rn. 1). In grundgesetzkonformer Weise<br />

wurde im Verfahren des Art. 118 Satz 2 GG durch die Gesetze<br />

vom 4.5.1951 das Land Baden-Württemberg geschaffen. Die<br />

Bildung des Südweststaates wurde danach wie vom Bundesgesetz<br />

vorgesehen in einer Volksabstimmung am 9.12.1951 bestätigt. In<br />

drei von vier Abstimmungsbezirken wurde eine Mehrheit erreicht,<br />

was nach dem Bundesgesetz für die Bildung des Landes Baden-<br />

Württemberg ausreichte. Art. 118 GG hat heute keine Bedeutung<br />

mehr und wurde – wohl nur aus „verfassungs¬historischen Gründen“<br />

– im Grundgesetz belassen. Es macht jedoch keinen Sinn,<br />

eine seit nunmehr über 61 Jahren völlig funktionslose Regelung<br />

beizubehalten. Auch der Passus zur Möglichkeit des Beitritts anderer<br />

Teile Deutschlands zum Bundesgebiet (Art. 23 Satz 2 GG alter<br />

Fassung) wurde nach der Wiedervereinigung, als sie ihren Zweck<br />

erfüllt hatte, aufgehoben.<br />

I46<br />

Streichung des Art. 118 GG zur<br />

Neugliederung des Landesgebiets im<br />

Südwesten<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

157


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 47<br />

Unterbezirk Diepholz (Bezirk Hannover)<br />

Weitere Maßnahmen zur Modernisierung<br />

des Urheberrechts<br />

Um folgende Punkte sollte das Thesenpapier der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

konkretisiert und ergänzt werden:<br />

1. Das Urheberrecht muss so ausgestaltet werden, dass insbesondere<br />

grundrechtlich geschützte Positionen wie die Allgemeine<br />

Handlungsfreiheit, Informationelle Selbstbestimmung, Eigentum<br />

und Arbeit möglichst angemessen und effektiv garantiert werden<br />

können. Nur unter dieser Prämisse kann ein neues Urheberrecht<br />

in der gegebenen Rechts- und Wirtschaftsordnung Bestand haben.<br />

2. Die exzessiv betriebene Abmahn-Industrie durch Anwälte und<br />

Inkasso-Unternehmen ist zu stoppen. Nach Vorbild des Gesetzes<br />

zum Unlauteren Wettbewerb sollten Einzelpersonen nicht mehr<br />

ohne Weiteres klagen dürfen. Vielmehr sollte dies nur staatlich<br />

autorisierten Verbänden möglich sein.<br />

3. In Fällen einer Abmahnung darf es nicht mehr per se zu astronomisch<br />

hohen Schadensersatzforderungen kommen. Die heute gesetzlich<br />

bestehende, aber undeutliche Unterscheidung zwischen<br />

erheblicher und unerheblicher Urheberrechtsverletzung muss<br />

vom Gesetzgeber präziser gefasst werden.<br />

4. Zum Schutze Minderjähriger im Umgang mit dem Urheberrecht<br />

im Internet muss von staatlicher Seite mehr Aufklärung betrieben<br />

werden. In Ansehung der großen Bedeutung des Internets im<br />

täglichen Leben ist auch die Möglichkeit bereits früh ansetzender<br />

schulischer Bildungsmaßnahmen allgemein zum Verhalten<br />

im Internet zumindest zu prüfen.<br />

5. Ebenfalls in Betracht gezogenen werden sollte ein nicht lediglich<br />

vom Schutzrecht des Urhebers, sondern vom Bildungsinteresse<br />

der Öffentlichkeit betrachtendes Urheberrecht. So könnten<br />

Werke, die etwa eine hohe Bedeutung für die öffentliche Bildung<br />

oder für die Wissenschaft haben, mit weniger restriktiven Gesetzen<br />

für Nutzer wie Schüler und Wissenschaftler zugänglich und<br />

verwendbar gemacht werden.<br />

6. Ein über die staatlichen Grenzen hinausgehendes einheitliches<br />

Urheberrecht ist notwendig, um der Globalität des Urheberrechts,<br />

insbesondere im Internet, Rechnung zu tragen. Daher<br />

müssen Anstrengungen unternommen werden, um ein internationales<br />

völkerrechtliches Abkommen zum Urheberrecht zu etablieren.<br />

Aufgrund der Komplexität dieses Verfahrens ist vorab bzw.<br />

parallel auch eine Verordnung oder Richtlinie innerhalb der EU<br />

zu erstreben.<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 48<br />

Landesverband Sachsen<br />

Sozialdemokratisches Standpunktepapier<br />

zum Urheberrecht<br />

UrheberInnenrechte im eigenen Gebrauch<br />

Wir fordern die Verankerung der Fair-Use-Regel im UrheberInnenrecht.<br />

Fremde Werke sollen in Ausschnitten in eigenen Werken unter<br />

Nennung der Quelle auch ohne die Zustimmung des ursprünglichen<br />

Urhebers verwendet werden können. Dabei darf das eigene<br />

Werk nicht kommerziell verbreitet werden und muss eine ausreichende<br />

Schöpfungshöhe erreichen.<br />

I47<br />

Weitere Maßnahmen zur Modernisierung<br />

des Urheberrechts<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

I48<br />

Sozialdemokratisches Standpunktepapier<br />

zum Urheberrecht<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

158


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Wir fordern eine starke internationale Zusammenarbeit zur Harmonisierung<br />

des UrheberInnenrechts, um für VerbraucherInnen und<br />

KünstlerInnen die Rechtssicherheit zu erhöhen und klare Rahmenbedingungen<br />

für den Vertrieb und die Verteilung von Werken zu<br />

schaffen. VerwerterInnen und KünstlerInnen sollen stärker dafür<br />

Sorge tragen, dass auch digitale Werke legal zur Verfügung gestellt<br />

werden.<br />

Zudem kritisieren wir eine pauschale Ablehnung der Kulturflatrate<br />

sowie ähnlicher Systeme und fordern stattdessen eine politische<br />

Diskussion auf Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen.<br />

Vergleichend können hierfür die Arbeitsweisen der GEMA oder der<br />

VG Wort herangezogen werden.<br />

UrheberInnenrecht und Journalismus<br />

Wir wollen den Standpunkt der JournalistInnen gegenüber den Verlagen<br />

stärken und wirksame Sanktionen gegen Verlage bei Nichteinhaltung<br />

von Verträgen einführen. Ein sogenannter „Total-Buy-<br />

Out“ von UrheberInnenrechten muss verhindert werden.<br />

Die Freiheit der Presse gebietet es, dass JournalistInnen über die<br />

gleichen Möglichkeiten des Informationszugangs verfügen. Deshalb<br />

soll das Recht, Informationen exklusiv zu verbreiten, nur noch<br />

mit festgelegtem, kurzfristigem Zeitrahmen abgeschlossen werden<br />

dürfen. Für die Verfolgung einer unerlaubten Verwendung von Werken<br />

sind bereits ausreichend Mittel vorhanden.<br />

Wir lehnen ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage ab. Es muss<br />

auch in Zukunft die Möglichkeit gewahrt bleiben, im Netz auf Presse-Artikel<br />

zu verweisen und dazu Anrisse und Überschriften aus<br />

den Artikeln zu verwenden. Es ist bereits heute technisch möglich,<br />

News-Aggregatoren den Zugriff auf eine Website zu verwehren.<br />

UrheberInnenrecht und Gesetz<br />

Die Maßnahmen zur Wahrung der UrheberInnenrechte oder der<br />

Verfolgung von UrheberInnenrechtsverletzungen dürfen nicht in<br />

die Grundrechte der Menschen eingreifen. Eine <strong>Inhalt</strong>sfilterung des<br />

Internets darf nicht vorgenommen werden. Die StörerInnenhaftung<br />

muss abgeschafft werden. Sie ist ein massives Hindernis bei der<br />

Entwicklung von offenen Netzwerken in Städten und öffentlichen<br />

Gebäuden.<br />

Wir fordern, wo es möglich, das Löschen von illegalen <strong>Inhalt</strong>en,<br />

statt sie zu sperren. Es gibt bereits genügend Möglichkeiten, illegale<br />

<strong>Inhalt</strong>e zu löschen. Der Aufbau einer Sperrinfrastruktur ist nicht<br />

zielführend, sondern Vorwand für die Ermöglichung von Zensurmaßnahmen.<br />

Wir wollen über Ländergrenzen hinweg das Löschen<br />

von illegalen <strong>Inhalt</strong>en erleichtern.<br />

UrheberInnenrecht und Forschung<br />

Im Bereich der Forschung und Wissenschaft fordern wir eine Stärkung<br />

der UrheberInnen. Hierzu bedarf es eines klar garantierten<br />

Zweitverwertungsrechts für AutorInnen. Grundsätzlich bekennen<br />

wir uns zum Prinzip von Open Access. Wissenschaftliche Werke,<br />

die von der Öffentlichkeit (teil-)finanziert wurden, müssen dieser<br />

frei zur Verfügung gestellt werden.<br />

UrheberInnenrecht und verwaiste Werke bzw. vergriffene Werke<br />

Hat für ein verwaistes Werk eine sorgfältige Suche ergeben, dass<br />

ein/e UrheberIn nicht feststellbar ist, wird das Werk gemeinfrei. Für<br />

die Suche sollen die Nationalbibliotheken oder andere vergleichbare<br />

wissenschaftliche Einrichtungen verantwortlich sein. Sie können<br />

nach eigenem Interesse den Suchauftrag an Verwertungsgesellschaften<br />

erteilen. Dabei ist zu beachten, dass die „sorgfältige Suche“<br />

nicht durch unüberwindbare Reglementierungen verhindert<br />

wird. Eine Definition der „sorgfältige Suche“ muss daher im Einzelfall<br />

erfolgen. Im Umgang mit vergriffenen Werken sprechen wir<br />

uns für eine Regelung auf nationaler Ebene aus, die unabhängig<br />

vom Ausgang des Richtlinienverfahrens für verwaiste Werke auf<br />

europäischer Ebene erfolgt. Ziel muss es sein, dass auch vergriffene<br />

Werke mit bestehendem UrheberInnenrecht digitalisiert für<br />

die Bibliotheken zur Verfügung stehen. Hierzu empfehlen wir die<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

159


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Eckpunkte der Deutschen Literaturkonferenz, die von AutorInnen,<br />

Verlagen, Verwertungsgesellschaften und Bibliotheken gemeinsam<br />

formuliert wurden:<br />

• Einräumung digitaler Rechte für vergriffene Werke, die vor dem<br />

1. Januar 1966 erschienen sind, durch die Rechteinhaber (Autoren<br />

und Verlage) an eine Verwertungsgesellschaft<br />

• Lizenzierung der digitalen Bibliotheksnutzungen durch die Verwertungsgesellschaft<br />

gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung<br />

• Gesetzliche Vermutungsregelung, um auch die Rechtewahrnehmung<br />

für „Außenseiter“, die ihre Rechte keiner Verwertungsgesellschaft<br />

eingeräumt haben, zu gewährleisten<br />

• Möglichkeit der Rechteinhaber, einer Nutzung durch die Bibliotheken<br />

zu widersprechen.<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 49<br />

Unterbezirk Uelzen/Lüchow-Dannenberg (Bezirk Hannover)<br />

Keine Winterwahlkämpfe!<br />

Bei der zukünftigen Festsetzung von Wahlterminen sind Winterwahlkämpfe<br />

im Zeitraum von Dezember bis März auszuschließen.<br />

I49<br />

Keine Winterwahlkämpfe!<br />

Ablehnung<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 50<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

Änderung der Wahlgesetze zugunsten<br />

einer Bestimmung der Kandidaten/innen<br />

durch Urwahl aller Parteimitglieder<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktion werden<br />

aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass das Bundeswahlgesetz,<br />

das Landtagswahlgesetz und das Kommunalwahlgesetz in der<br />

Weise geändert werden, dass die Aufstellung von Wahlbewerbern<br />

für Bundestags-, Landtags-, Kommunalwahlen sowie für die Wahlen<br />

der Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte in einer<br />

Urwahl aller Parteimitglieder unter Einschluss von Briefwahl erfolgen<br />

kann.<br />

Antragsbereich I<br />

Antrag 51<br />

Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />

Bedürfnissen von Opfern schwerer<br />

Gewalt Rechnung tragen- für eine<br />

Einschränkung von gerichtlichen<br />

Absprachen<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />

§ 257 c StPO wird um einen Absatz 6 ergänzt:<br />

(6) Bei schweren Gewalt- und Sexualverbrechen ist eine Verständigung<br />

nur möglich, wenn neben Staatsanwaltschaft und Angeklagter<br />

auch die geschädigte Person dem zustimmt.<br />

I50<br />

Änderung der Wahlgesetze zugunsten<br />

einer Bestimmung der Kandidaten/innen<br />

durch Urwahl aller Parteimitglieder<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

I51<br />

Bedürfnissen von Opfern schwerer<br />

Gewalt Rechnung tragen- für eine<br />

Einschränkung von gerichtlichen<br />

Absprachen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

65<br />

160


Medien- und Kulturpolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 1<br />

Ortsverein Wabern-Uttershausen (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Diskriminierungsfreier Breitbandzugang<br />

Die <strong>SPD</strong> nimmt in Ihr Parteiprogramm das Ziel auf, jeden Bürger<br />

und jeder Bürgerin diskriminierungsfrei und gleichberechtigt einen<br />

Zugang zu schnellem Internet (50 MBit/s bis 2014, 100 MBit/s bis<br />

2018) zu Verfügung zu stellen. Genau wie Wasser, Strom, Telefon<br />

und Kinderbetreuungsplatz gehört schnelles Internet mittlerweile<br />

zu den Grundbedürfnissen des Menschen und darf nicht länger<br />

vom Wohnort abhängen.<br />

M1<br />

Diskriminierungsfreier Breitbandzugang<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 2<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Für ein barrierefreies Netz!<br />

Moderne Kommunikationsinstrumente und vor allem das Internet sind<br />

aus unserem Alltag kaum noch weg zu denken und deren Nutzung<br />

wird in vielen Angelegenheiten (Informationsrecherche, berufliche<br />

Anforderungen) als selbstverständlich angesehen.<br />

Digitale Teilhabe ist somit zu einer wesentlichen Dimension von<br />

Chancengleichheit geworden. Die digitale Spaltung in Abgehängte<br />

und kompetente Nutzerinnen und Nutzer gilt es somit nicht nur hinsichtlich<br />

des technischen Zugangs zum Netz, sondern auch in der Nutzung<br />

des Netzes zu überwinden. Daher fordern wir endlich ein barrierefreies<br />

Netz zu realisieren, welches von allen Nutzerinnen und Nutzern,<br />

unabhängig von deren körperlichen, sozialen oder technischen<br />

Möglichkeiten uneingeschränkt (barrierefrei) genutzt werden kann:<br />

Wir fordern daher:<br />

• Die Anpassung der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung<br />

(BITV) an den WCAG 2.0 Standard.<br />

• Die Ausweitung der BITV mit einer Verpflichtungsbestimmung<br />

auf die Einrichtungen und Körperschaften der Länder.<br />

• Menschen mit Behinderungen sind aktive Netz-User. Ihre besonderen<br />

Anwendungsbedürfnisse gilt es mindestens anhand von<br />

Selbstverpflichtungsvereinbarungen auch in der Privatwirtschaft<br />

zu befriedigen. Der WCAG 2.0 Standard muss eine tatsächliche,<br />

allumfassende Berücksichtigung finden.<br />

• Eine Prüfung, inwiefern Software-Hersteller verpflichtet werden<br />

können, in ihren Anwendungen (z.B. Webbrowser) einen Schutz<br />

vor barrierefördernden Web-<strong>Inhalt</strong>en (z.B. durch Blockieren) einzubauen.<br />

Ein breites Schulungsangebot für Webautorinnen und<br />

Webautoren in öffentlichen Einrichtungen in Bezug auf die barrierefreie<br />

Gestaltung von Web-Angeboten soll etabliert werden.<br />

• Betreiber von Web-Diensten wollen wir dazu verpflichten, alle<br />

ihre Web-Angebote nach Maßgabe der BITV umzusetzen.<br />

• Förderung von entsprechenden FuE-Projekten (Forschung und<br />

Entwicklung), die sich mit einem barrierefreien Netz auseinandersetzen.<br />

• Die Prämierung, Popularisierung und Förderung von besonders<br />

gelungenen und fortschrittlichen barrierefreien Web-Angeboten.<br />

• Web-Angebote, insbesondere von Behörden öffentlichen Rechts,<br />

sollen multilingual angeboten werden. Menschen nichtdeutscher<br />

Herkunft (politische Flüchtlinge, EU-Ausländer) müssen Onlinedienste<br />

verstehen können.<br />

• Menschen, die nicht mit den Möglichkeiten und Methoden moderner<br />

Kommunikation aufgewachsen sind, – oftmals Rentnerinnen<br />

und Rentner, sozial benachteiligte Schichten, Migrantinnen<br />

und Migranten – muss das Netz anhand von Kursangeboten und<br />

Informationskampagnen zugänglicher gemacht werden.<br />

M2<br />

Für ein barrierefreies Netz!<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

162


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 3<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Ausbau der Hochgeschwindigkeits-<br />

Telekommunikationsnetze<br />

- Netzpläne privater Betreiber in die<br />

öffentliche Hand!<br />

Private Hand verpflichten – Das Internet als Grundrecht<br />

Jeder Bundesbürger soll ein Recht auf einen schnellen Internetzugang<br />

haben. Dazu sollen wie im Energiewirtschaftsgesetz 4, § 36<br />

„Grundversorgungspflicht“ beschrieben, Netzbetreiber für Telekommunikationsnetze<br />

dazu verpflichtet werden, eine Grundversorgung<br />

mit Hochgeschwindigkeitsinternetverbindungen flächendeckend<br />

für jeden Haushalt in Deutschland zu gewährleisten. Folgende<br />

technische Möglichkeiten wären denkbar: Kabel (z. B. Telefonkabel<br />

aus Kupfer), Funk (z. B. Mobilfunk oder auch Amateurfunk),<br />

optische Einrichtungen (z. B. Telefonleitungen aus Glasfaser, sog.<br />

OPAL-Netze), Satellitennetze, feste und mobile terrestrische Netze,<br />

Stromleitungssysteme (sofern geeignet), Hörfunk- und Fernsehnetze<br />

oder Kabelfernsehnetze.<br />

Sofern sich private Telekommunikationsunternehmen nicht zum<br />

benötigten Ausbau verpflichten lassen (rechtliche Rahmenbedingungen...),<br />

muss darauf hingewirkt werden, dass diese zumindest<br />

ihr Wissen preisgeben. Oftmals haben die Kommunen keinen<br />

Überblick über das verfügbare Netz in ihrem Einzugsbereich. Die<br />

TK-Unternehmen müssen, wenn sie selbst den Ausbau nicht sicherstellen,<br />

die öffentliche Hand bei der Umsetzung solcher Netze<br />

unterstützen. Mit den von den privaten Unternehmen bereit gestellten<br />

Netzplänen sollten die kommunalen Versorgungsunternehmen<br />

(z.B. Stadtwerke), in die Lage versetzt werden, die flächendeckende<br />

Breitbandversorgung umzusetzen. Dabei müssen sie auch<br />

finanziell von der Bundesregierung unterstützt werden, die den<br />

dringend notwendigen Ausbau im ländlichen Raum lange vor sich<br />

her geschoben hat. Gerade der größte Netzanbieter in Deutschland,<br />

die Deutsche Telekom, ein Unternehmen aus ehemals öffentlicher<br />

Hand, dass früher mit Steuergeldern die TK-Netze ausgebaut hat,<br />

sollte verpflichtet werden, ihre Netzpläne offen zu legen.<br />

Die Kommunen oder kommunale Genossenschaften müssen auch<br />

finanziell dazu befähigt werden, die TK-Netze in Eigenregie weiter<br />

auszubauen. Durch die Bereitstellung kostenfreier Darlehen durch<br />

die Bundesregierung können die Kommunen schon kurz nach dem<br />

Aufbau der Netze Wertschöpfung aus dem neuen Angebot ziehen.<br />

M3<br />

Ausbau der Hochgeschwindigkeits-<br />

Telekommunikationsnetze - Netzpläne<br />

privater Betreiber in die öffentliche<br />

Hand!<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 4<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt<br />

Förderung des Breitband-Internets in<br />

Deutschland<br />

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt und die Bundesregierung<br />

werden dazu aufgefordert, sich für die Etablierung eines<br />

Internet-Breitband-Netzes einzusetzen und hierfür auf die für die<br />

Etablierung der dazu notwendigen Infrastrukturmaßnahmen verantwortlichen<br />

Unternehmen positiv einzuwirken. Außerdem soll<br />

die Notwendigkeit einer schnellen Internet-Infrastruktur auch im<br />

ländlichen Bereich in das allgemeine Bewusstsein gerückt werden,<br />

so dass die Bundesrepublik Deutschland auf diesem für die hiesige<br />

Wirtschaft immens wichtigen Gebiet nicht den Anschluss verliert.<br />

M4<br />

Förderung des Breitband-Internets in<br />

Deutschland<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

163


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 5<br />

Landesverband Baden-Württemberg<br />

Freies W-LAN ermöglichen -<br />

Störerhaftung abschaffen<br />

Wir fordern in Deutschland den Betrieb frei nutzbarer W-LAN-<br />

Netze sowohl für Firmen als auch für Bürgerinnen und Bürger zu<br />

ermöglichen. Hierfür gilt es die zivilrechtliche Störerhaftung für<br />

Internetzugänge abzuschaffen, von der registrierte Internetserviceprovider<br />

bereits jetzt ausgenommen sind. Genau wie Internetserviceprovider<br />

von der Störerhaftung freigestellt sind, so solle jeder<br />

Kleinanbieter eines freien W-LAN-Netzes, der einen Internetzugang<br />

innerhalb seiner geringen Reichweite anbietet, ebenfalls von<br />

der Störerhaftung freigestellt sein. Die Störerhaftung ist ohnehin<br />

ein rein zivilrechtlicher Anspruch, der bei der Verfolgung von<br />

Straftaten nicht weiterhilft.<br />

Wir stellen uns grundsätzlich gegen Forderungen, die grundsätzliche<br />

Identifizierbarkeit im Internet zur Pflicht zu machen.<br />

In der Ermöglichung von flächendeckenden freien W-LAN-Netzen<br />

sehen wir einen wichtigen Schritt in Richtung vom Internetzugang<br />

als Grundrecht für alle.<br />

M5<br />

Freies W-LAN ermöglichen -<br />

Störerhaftung abschaffen<br />

Überweisung an die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 6<br />

Landesverband Berlin<br />

Stopp für ACTA!<br />

Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion und die Fraktion der<br />

Sozialisten und Demokraten im Europa-Parlament werden aufgefordert,<br />

das ACTA-Abkommen abzulehnen.<br />

Das ACTA-Abkommen (Anti Counterfeiting Trade Agreement)<br />

gefährdet - entgegen seinem formulierten Anspruch – das Recht<br />

auf informationelle Selbstbestimmung und die Rechte von Urhebern<br />

im Internet. Es kann durch die systematische Speicherung von<br />

Nutzerdaten und durch eine damit einher gehende massenhafte Abmahnpraxis<br />

dazu führen, potenziell alle Internet-Nutzer/innen zu<br />

kriminalisieren. ACTA dient in erster Linie nicht dem Schutz von<br />

Urheberinnen und Urhebern, sondern den Interessen großer Industrien<br />

(z. B. Unterhaltungs-, Computer-, Elektronik-, Agrar-, Pharma-<br />

und Verlagsindustrie). Die sozialdemokratischen Mandatsträger/innen<br />

auf Bundes- und europäischer Ebene werden aufgefordert,<br />

sich gegen die Ratifizierung des ACTA-Abkommens durch<br />

die Bundesregierung einzusetzen. Dasselbe gilt für die Umsetzung<br />

von ACTA in nationales Recht. Die <strong>SPD</strong> setzt sich für ein modernes<br />

Urheberrecht ein, das die legitimen Rechte von Urheberinnen<br />

und Urhebern auf angemessene Vergütung ebenso berücksichtigt<br />

wie die Freiheit der Informations- und Wissensbeschaffung.<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 7<br />

Unterbezirk Rheinisch-Bergischer-Kreis (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Keine Volumendrosselung bei Internet-<br />

Flatrateanschlüssen<br />

Die Deutsche Telekom hat angekündigt, für alle Breitbandanschlüsse<br />

im Festnetz eine Volumendrosselung einzuführen. Das<br />

M6<br />

Stopp für ACTA!<br />

Erledigt durch Ablauf EU-Ebene<br />

M7<br />

Keine Volumendrosselung bei Internet-<br />

Flatrateanschlüssen<br />

Überweisung an die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

164


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

bedeutet, dass nach Erreichen eines bestimmten monatlichen Datenvolumens<br />

die Datenrate gedrosselt wird. Dies hat zur Folge,<br />

dass der Kunde in seiner Internetnutzung bis zum Ende des Monats<br />

stark eingeschränkt wird. Verbraucht ein Kunde jedoch weniger als<br />

das maximale Datenvolumen, verfällt es am Ende des Monats.<br />

Die gedrosselte Datenrate liegt bei lediglich bei 384 kBit/s. Mit<br />

dieser Leistung könnte man gerade noch einfache E-Mails abrufen<br />

oder Internet-Radio hören. Für die Nutzung Multimedialer <strong>Inhalt</strong>e,<br />

benötigt man derzeit mindestens 3000 bis 6000 kBit/s.<br />

Je nach Bandbreite des Internetanschlusses soll wie folgt gedrosselt:<br />

• Internetanschluss mit einer Bandbreite von bis zu 16 Mbit/s<br />

(ADSL2+): 75 GByte Transfervolumen. Bei voller Ausnutzung<br />

der Bandbreite bedeutet dies, dass das Volumen in 10,55 Stunden<br />

verbraucht ist<br />

• 50 Mbit/s (VDSL): 200 GByte Transfervolumen – 9,19 Stunden<br />

• 100 Mbit/s (Glasfaseranschluss oder VDSL-Vectoring): 300<br />

GByte – 6,59 Stunden<br />

• 200 Mbit/s (Glasfaseranschluss): 400 GByte – 4,40 Stunden<br />

Die Telekom begründet die Drosselung und Volumenbeschränkung<br />

mit einem unbewiesenen Zusammenhang zwischen dem notwendigen<br />

Ausbau der Bandbreitenversorgung (Netzausbau), dem Datenvolumen<br />

der sogenannten „Vielserver“, zu dem sie übrigens<br />

gesetzlich verpflichtet ist (Telekommunikationsgesetz). Wissenschaftliche<br />

Studien konnten diesen Zusammenhang nicht bestätigen.<br />

Einige Artikel in der Presse weisen gerade auch den Kostenaspekt<br />

vehement zurück (1Gbyte kostet 1 Cent - Quelle: http://<br />

www.golem.de/news/drosselung-1-gbyte-kostet-die-telekom-unter-1-cent-1305-99058.html).<br />

Die eigenen Multimediadienste will<br />

die Telekom übrigens von der Volumenbeschränkung ausnehmen,<br />

was die Wettbewerbsfähigkeit andere Anbieter natürlich stark beeinträchtigen<br />

würde.<br />

Ein Ausbau der Netzinfrastruktur ist gerade im ländlichen Raum<br />

dringend notwendig. Die meisten Internetanschlüsse haben höchstens<br />

eine Bandbreite von 16 Mbit/s, in der Regel aber lediglich 0,5<br />

bis 6 Mbit/s. Es gibt schon seit Jahren massive Beschwerden vom<br />

ansässigen Gewerbe, die immer mehr auf eine schnelle Internetverbindung<br />

angewiesen sind. Zum Teil wird der Gedanke geäußert<br />

abzuwandern. Nicht zu vergessen sind auch die Heimarbeitsplätze,<br />

die nur über das Internet möglich sind (Pendler) und die Jugendlichen,<br />

die mangels Städtischen Freizeitangeboten vermehrten Bedarf<br />

an schnellen Internetzugängen haben.<br />

Darüber hinaus hat die Telekom angekündigt, bei Neubaugebiete<br />

im ländlichen Raum zu prüfen, ob ein Festnetzanschluss nötig ist<br />

oder sich ein drahtloser Anschluss (LTE) als „gleichwertige Alternative“<br />

eignet. Dies hätte aber zur Folge, dass viele neue Handy-<br />

Masten aufgestellt werden müssten und die Bandbreite abnimmt<br />

je mehr Kunden online sind. Die Belastung der Anwohner durch<br />

Funkwellen würde stark steigen.<br />

Wir fordern:<br />

• Gewährleistung des ungehinderten und unbegrenzten Zugangs<br />

zum Internet muss auf der Basis der heutigen Preisstruktur für<br />

alle Internetnutzer bezahlbar bleiben.<br />

• Keine Beschränkung der Geschwindigkeit<br />

• Festnetzanschluss mit Breitbandversorgung für jeden Haushalt<br />

mit zukunftssicherer Geschwindigkeit (mind. ADSL2+)<br />

• Keine nachteilige Abänderung des Telekommunikationsgesetzes<br />

zur bundesweiten Mindestversorgung.<br />

• Anpassung der Mindestversorgungsgeschwindigkeit auf zukünftig<br />

benötigte.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

165


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 8<br />

Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />

ACTA Abkommen<br />

1. Wir fordern alle Gliederungen der <strong>SPD</strong> auf, sich aktiv gegen die<br />

eine Unterzeichnung des ACTA Abkommens einzusetzen, insbesondere:<br />

• <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion<br />

• Group of the progressive Alliance of the Socialist & Democrats<br />

in the European Parliament<br />

2. Zugleich fordern wir dass eine differenzierte und zeitgemäße<br />

Regelung der Verwertungsrechte für Computerprogramme, Literatur,<br />

technische Erfindungen und Arzneimittel vorausschauend<br />

diskutiert und dann verabschiedet wird.<br />

• Dabei sind sämtliche betroffenen Interessengruppen, auch die<br />

Konsumenten, einzubeziehen.<br />

• Und es ist für einen fairen Ausgleich zwischen Urhebern,<br />

Schriftstellern, Journalisten und Konsumenten zu sorgen, der<br />

die Interessen ALLER Seiten berücksichtigt.<br />

3. Zur Konkretisierung der Punkte 2 und 3 sollen insbesondere folgende<br />

Gesichtspunkte berücksichtigt werden:<br />

1. Internetdienstleister dürfen im Zusammenhang mit ACTA<br />

nicht zu Maßnahmen der Vorratsdatenspeicherung verpflichtet<br />

werden. wie der Protokollierung und Überwachung des Datenverkehrs<br />

im Internet. Hierzu gehören auch weitergehende<br />

Maßnahmen wie die Abschaltung von Internetzugängen.<br />

2. Schriftsteller, Autoren, Journalisten, Künstler, Erfinder und<br />

Ingenieure und müssen auch in einer offenen und freien Informationsgesellschaft<br />

eine sichere und verlässlich Erwerbsgrundlage<br />

besitzen.<br />

3. Wer ein künstlerisches Werk erwirbt, der erwirbt damit auch<br />

das Recht dieses Werk uneingeschränkt zu konsumieren. Maßnahmen,<br />

die Werke in verschlüsselter Form anbieten, um dadurch<br />

den Konsum eines Werkes in Dauer oder Umfang einzuschränken,<br />

sind vom Gesetzgeber zu verbieten.<br />

4. Das Verwertungs- und Patentrecht muss so angepasst werden,<br />

dass auch im Internetzeitalter ein angemessener Schutz von<br />

riskanten und teueren Entwicklungsinvestitionen gesichert ist.<br />

5. Das Urheberrecht ist so anzupassen, dass Innovationen nicht<br />

gehemmt werden. Hierzu ist ein Ausgleich zu schaffen zwischen<br />

der notwendigen Offenlegung von Wissen zu Förderungen<br />

von weiteren Innovationen und dem Schutz von neuen<br />

Erfindungen.<br />

6. Die Entstehung neuer, kostengünstiger Vertriebswege über das<br />

Internet muss gefördert werden und Rechtssicherheit erhalten.<br />

7. Das Verwertungsrecht muss sich vorrangig an den Interessen<br />

der Autoren, und weniger an den Interessen der Verwertungsindustrie<br />

orientieren.<br />

8. Die Gesetzgebung muss dafür sorgen, dass im Urheberrechtsgesetz<br />

eine Klausel enthalten ist, die den Gebrauch künstlerischer<br />

Werke zu nichtkommerziellen Zwecken oder solchen<br />

mit geringem Wirtschaftlichkeitsgrad großzügig ermöglicht<br />

(Fair Use-Regelungen/Bagatellklausel).<br />

M8<br />

ACTA Abkommen<br />

Erledigt durch Ablauf EU-Ebene<br />

60<br />

65<br />

166


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 9<br />

Arbeitskreis Jüdische Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

Sicherung der Menschenwürde in der<br />

digitalen Gesellschaft<br />

Die Verteidigung der Bürgerrechte gehört zum unumgänglichen<br />

Wertekanon der Sozialdemokratie. Dieses Grundverständnis, welches<br />

auch die Basis unserer rechtstaatlichen Demokratie ist, basiert<br />

auf ein Menschenbild, das sich aus der christlich-jüdischen Tradition<br />

und dem Humanismus in langen politischen und teilweise<br />

gewaltsamen Auseinandersetzungen herausgebildet hat. Aus dem<br />

Prinzip der Machteinschränkung des Staates zugunsten der Menschenwürde<br />

und damit der Freiheit des Einzelnen sind die Verfassungen<br />

der „westlichen“ demokratischen Staaten entstanden. Aus<br />

dem Ziel der Verteidigung ihrer Demokratien heraus hat sich eine<br />

europäische und transatlantische Wertegemeinschaft entwickelt,<br />

die der Zusammenarbeit von demokratischen Staaten innerhalb der<br />

NATO und der EU ihre Grundlage gibt. Zu dieser Grundlage gehört<br />

die Einigkeit darüber, dass der Schutz der Demokratie nicht<br />

durch ihre Schwächung erreicht werden kann und darf. Im Zentrum<br />

der Politik der Sozialdemokratie im Internetzeitalter steht die Gewährleistung<br />

der Menschenwürde und der Freiheit des Einzelnen in<br />

der digitalen Gesellschaft durch das Recht. Hierbei gilt die zentrale<br />

Vorgabe unseres Grundgesetzes, dass der Mensch nicht zum Objekt<br />

staatlichen Handelns degradiert werden darf.<br />

Die <strong>SPD</strong> setzt sich dafür ein, dass innerhalb der EU und der NATO<br />

ein gemeinsamer, offener demokratische Diskurs und eine rechtlich<br />

wirksame Entscheidungsfindung stattfindet, welche einen rechtstaatlichen<br />

und die individuelle Freiheit sichernden Umgang mit<br />

den neuen technischen Möglichkeiten der digitalen Datenerfassung<br />

und Datenanalyse in einer globalisierten Welt gewährleistet.<br />

Im Umgang mit der notwendigen Abwehr gegen terroristische Gefahren<br />

muss besonders darauf geachtet werden, dass rechtsstaatliche<br />

Prinzipien in vollem Umfang gewahrt werden. Nur so ist auch<br />

ein effizienter Schutz gegen solche Gefahren möglich. Der Skandal<br />

und die damit einhergehende Debatte um den ehemaligen Systemadministrator<br />

Eduard Snowden hat deutlich gemacht, dass mit der<br />

Begründung der Gefahrenabwehr die Privatsphäre als Schutzrecht<br />

von Menschen massiv beeinträchtigt, ja gar disponibel, wird.<br />

Mit ihrer Politik zeigt die <strong>SPD</strong>, dass sie seit ihren Anfängen die<br />

Partei des demokratischen Rechtstaates ist. Die Bürger können sich<br />

auch weiterhin darauf verlassen, dass die Sozialdemokratie auch in<br />

der neuen digitalen Welt die Partei des demokratischen Rechtstaates<br />

bleibt und für die Durchsetzung des Rechts zum Schutze der<br />

Menschenwürde und der Freiheit des Einzelnen kämpft.<br />

M9<br />

Sicherung der Menschenwürde in der<br />

digitalen Gesellschaft<br />

Annahme in Fassung der Antragskommission<br />

Die Verteidigung der Bürgerrechte gehört zum unumgänglichen<br />

Wertekanon der Sozialdemokratie. Dieses Grundverständnis, welches<br />

auch die Basis unserer rechtstaatlichen Demokratie ist, basiert<br />

auf ein Menschenbild, das sich aus der christlich-jüdischen Tradition<br />

und dem Humanismus in langen politischen und teilweise<br />

gewaltsamen Auseinandersetzungen herausgebildet hat. Aus dem<br />

Prinzip der Machteinschränkung des Staates zugunsten der Menschenwürde<br />

und damit der Freiheit des Einzelnen sind die Verfassungen<br />

der „westlichen“ demokratischen Staaten entstanden. Aus<br />

dem Ziel der Verteidigung ihrer Demokratien heraus hat sich eine<br />

europäische und transatlantische Wertegemeinschaft entwickelt,<br />

die der Zusammenarbeit von demokratischen Staaten, […] europäischen<br />

sowie transatlantischen Partnern ihre Grundlage gibt. Zu<br />

dieser Grundlage gehört die Einigkeit darüber, dass der Schutz der<br />

Demokratie nicht durch ihre Schwächung erreicht werden kann<br />

und darf. Im Zentrum der Politik der Sozialdemokratie im Internetzeitalter<br />

steht die Gewährleistung der Menschenwürde und<br />

der Freiheit des Einzelnen in der digitalen Gesellschaft durch das<br />

Recht. Hierbei gilt die zentrale Vorgabe unseres Grundgesetzes,<br />

dass der Mensch nicht zum Objekt staatlichen Handelns degradiert<br />

werden darf.<br />

Die <strong>SPD</strong> setzt sich dafür ein, dass innerhalb der […] europäischen<br />

sowie transatlantischen Partnerschaften ein gemeinsamer, offener<br />

demokratische Diskurs und eine rechtlich wirksame Entscheidungsfindung<br />

stattfindet, welche einen rechtstaatlichen und die individuelle<br />

Freiheit sichernden Umgang mit den neuen technischen<br />

Möglichkeiten der digitalen Datenerfassung und Datenanalyse in<br />

einer globalisierten Welt gewährleistet.<br />

Im Umgang mit der notwendigen Abwehr gegen terroristische Gefahren<br />

muss besonders darauf geachtet werden, dass rechtsstaatliche<br />

Prinzipien in vollem Umfang gewahrt werden. Nur so ist auch<br />

ein effizienter Schutz gegen solche Gefahren möglich. Der Skandal<br />

und die damit einhergehende Debatte um den ehemaligen Systemadministrator<br />

Eduard Snowden hat deutlich gemacht, dass mit der<br />

Begründung der Gefahrenabwehr die Privatsphäre als Schutzrecht<br />

von Menschen massiv beeinträchtigt, ja gar disponibel, wird.<br />

Mit ihrer Politik zeigt die <strong>SPD</strong>, dass sie seit ihren Anfängen die<br />

Partei des demokratischen Rechtstaates ist. Die Bürger können sich<br />

auch weiterhin darauf verlassen, dass die Sozialdemokratie auch in<br />

der neuen digitalen Welt die Partei des demokratischen Rechtstaates<br />

bleibt und für die Durchsetzung des Rechts zum Schutze der<br />

Menschenwürde und der Freiheit des Einzelnen kämpft.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 10<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt<br />

Anpassung der GEZ-<br />

Befreiungstatbestände<br />

Der Rundfunkstaats- und Rundfunkgebührenstaatsvertrag sind derart<br />

anzupassen, dass Auszubildenden, Schüler_Innen und Studierenden<br />

und Empfängern von Wohngeld eine Gebühren-/Beitragsbefreiung<br />

ermöglicht wird.<br />

M10<br />

Anpassung der GEZ-<br />

Befreiungstatbestände<br />

Überweisung an Medienkommission beim <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

55<br />

60<br />

65<br />

167


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 11<br />

Landesverband Berlin<br />

GEMA-Gebühren nicht erhöhen<br />

Die Fraktion der <strong>SPD</strong> im Deutschen Bundestag wird aufgefordert,<br />

sich dafür einzusetzen, dass die GEMA-Gebühren in ihrem alten<br />

Format erhalten bleiben und nicht erhöht werden.<br />

M11<br />

GEMA-Gebühren nicht erhöhen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 12<br />

Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />

Wirksame Maßnahmen zur Eindämmung<br />

sexistischer Werbung<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für eine wirksame<br />

unabhängige Kontrolle außerhalb des Werberats einzusetzen<br />

und die Privatwirtschaft in diese Bemühungen einzubeziehen, um<br />

sexistische und rassistische Werbung zu unterbinden;<br />

Sanktionen empfindlicher finanzieller Art gegen sexistische und<br />

rassistische Werbung zu verhängen, die nicht ausgesetzt werden<br />

dürfen. (Alternativbericht zum 6. Bericht der Bundesrepublik<br />

Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung<br />

jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW).<br />

M12<br />

Wirksame Maßnahmen zur Eindämmung<br />

sexistischer Werbung<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich M<br />

Antrag 13<br />

Landesverband Berlin<br />

Wirksame Maßnahmen zur Eindämmung<br />

sexistischer und rassistischer Werbung<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert,<br />

• sich für eine wirksame unabhängige Kontrolle außerhalb des<br />

Werberats einzusetzen und die Privatwirtschaft in diese Bemühungen<br />

einzubeziehen, um sexistische und rassistische Werbung<br />

zu unterbinden;<br />

• Sanktionen empfindlicher finanzieller Art gegen sexistische und<br />

rassistische Werbung zu verhängen, die nicht ausgesetzt werden<br />

dürfen.<br />

M13<br />

Wirksame Maßnahmen zur Eindämmung<br />

sexistischer und rassistischer Werbung<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

55<br />

60<br />

65<br />

168


Organisationspolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 1<br />

Parteivorstand<br />

§ 10 a Öffnung für Gastmitglieder und<br />

Unterstützer/-innen<br />

(2) Der Antrag auf Gastmitgliedschaft ist schriftlich zu stellen und<br />

mit der Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit der Partei<br />

verbunden. Gastmitglieder zahlen den Beitrag nach § 1 Abs.<br />

6 FO. Die Gastmitgliedschaft gilt für ein Jahr. Sie kann längstens<br />

um ein weiteres Jahr verlängert werden. §§ 3 bis 7 Organisationsstatut<br />

gelten sinngemäß.<br />

(3) Interessierte können ohne Mitglied der <strong>SPD</strong> zu werden, den<br />

Status einer Unterstützerin oder eines Unterstützers erhalten.<br />

Unterstützerinnen und Unterstützer können in einer Arbeitsgemeinschaft<br />

oder einem Themenforum die vollen Mitgliedsrechte<br />

wahrnehmen. Vertreterinnen und Vertreter dieser<br />

Arbeitsgemeinschaft in Gremien der Partei müssen Parteimitglied<br />

sein. Der Unterstützerantrag ist schriftlich zu stellen und<br />

mit der Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit der Partei<br />

verbunden. Unterstützerinnen und Unterstützer zahlen den<br />

Beitrag nach § 1 Abs. 6 FO. Für die Nur-Juso-Unterstützermitgliedschaft<br />

in der Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen<br />

und Jungsozialisten ist der ermäßigte Beitrag nach § 1 Absatz<br />

6 FO zu zahlen.<br />

(6) Wer Mitglied ist oder war, kann kein Gastmitglied oder Unterstützerin<br />

und Unterstützer werden. Ein Gastmitglied kann<br />

nicht gleichzeitig Unterstützer bzw. Unterstützerin sein<br />

und umgekehrt. Über Ausnahmen entscheidet der zuständige<br />

Gliederungsvorstand.<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 2<br />

Ortsverein Leipzig-Ost (Landesverband Sachsen)<br />

§ 10a Öffnung für Gastmitglieder und<br />

Unterstützer/-innen<br />

In §10a Abs. 3 S. 2 OrgStatut werden die Worte „die vollen Mitgliedsrechte<br />

wahrnehmen“ ersetzt durch die Worte „die Rechte gemäß<br />

Abs. 1 wahrnehmen“.<br />

O1<br />

§ 10 a Öffnung für Gastmitglieder und<br />

Unterstützer/-innen<br />

Annahme<br />

O2<br />

§ 10a Öffnung für Gastmitglieder und<br />

Unterstützer/-innen<br />

Ablehnung<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 3<br />

Parteivorstand<br />

§ 15 Parteitag, Zusammensetzung<br />

2) Mit beratender Stimme nehmen am Parteitag teil:<br />

1. Die beratenden Mitglieder des Parteivorstandes;<br />

2. die Mitglieder der Kontrollkommission und der Bundesschiedskommission;<br />

3. ein Zehntel der stimmberechtigten Mitglieder des Parteikonvents<br />

4. 3. ein Zehntel der Bundestagsfraktion;<br />

5. 4. ein Zehntel der Gruppe der <strong>SPD</strong>-Abgeordneten im Europaparlament;<br />

6. 5. jeweils ein/e Delegierter/e der Arbeitsgemeinschaften, Themenforen<br />

und Arbeitskreise auf Bundesebene.<br />

O3<br />

§ 15 Parteitag, Zusammensetzung<br />

Annahme<br />

170


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 4<br />

Stadtverband Bochum 3 (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

§ 15 Parteitag, Zusammensetzung<br />

In § 15 Abs. 1 Ziff. 1 des Organisationsstatutes werden im Text hinter<br />

Satz 3 „…auf die Bezirke verteilt.“ zwei weitere Sätze eingefügt:<br />

Im Sinne einer Leitzahl sollen mindestens 51 % der Delegierten<br />

aus ehrenamtlich tätigen Mitgliedern bestehen. Als ehrenamtlich<br />

gilt, wer keine/kein hauptamtliche/r MandatsträgerIn bzw. FunktionsträgerIn<br />

ist und wer nicht bei der Partei in einem Beschäftigungsverhältnis<br />

steht.<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 5<br />

Parteivorstand<br />

§ 18 Einberufung des ordentlichen<br />

Parteitages<br />

(1) Die Einberufung des Parteitages soll spätestens drei Monate<br />

vorher mit der vorläufigen Tagesordnung veröffentlicht werden.<br />

Die Veröffentlichung der Tagesordnung soll mindestens<br />

dreimal einmal in angemessenenr Zwischenräumen Zeit wiederholt<br />

werden.<br />

(3) Der Parteivorstand bittet nahe stehende Organisationen um Stellungnahmen<br />

und inhaltliche Anträge. Es gilt die Antragsfrist des<br />

Abs. 2. ordentlichen bzw. außerordentlichen Parteitages.<br />

O4<br />

§ 15 Parteitag, Zusammensetzung<br />

Ablehnung<br />

O5<br />

§ 18 Einberufung des ordentlichen<br />

Parteitages<br />

Annahme<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 6<br />

Stadtverband Bochum 3 (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

§ 18 Einberufung des ordentlichen<br />

Parteitages<br />

§ 18 Abs. 2 Satz 2 des Organisationsstatutes wird wie folgt geändert:<br />

Für Anträge des Parteivorstandes gilt ……(dieselbe gestrichen)<br />

eine Frist von drei Monaten.<br />

O6<br />

§ 18 Einberufung des ordentlichen<br />

Parteitages<br />

Ablehnung<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 7<br />

Stadtverband Bochum 3 (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

§ 19 Antragskommission<br />

§ 19 des Organisationsstatutes erhält einen zusätzlichen Absatz 2.<br />

Der bisherige Text wird zu Absatz 1. Als § 19 Abs. 2 des Organisationsstatutes<br />

wird eingefügt:<br />

(2) Die Antragskommission hat die eingehenden Anträge so vorzubereiten,<br />

dass sie das Meinungsspektrum aus den Organisationsgliederungen<br />

widerspiegeln. Dabei hat sich die Kommission<br />

selbst jeder eigenen Wertung zu enthalten. Die Anträge<br />

werden in einem Stufenverfahren zur Abstimmung gestellt, d.<br />

h. der jeweils weitestgehende Antrag wird zuerst aufgerufen<br />

und bei Ablehnung folgt die jeweilige Abstimmung über den<br />

themengleichen Antrag mit der nächstgeringeren Forderung.<br />

O7<br />

§ 19 Antragskommission<br />

Ablehnung<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

171


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 8<br />

Parteivorstand<br />

§ 22 Fristen des außerordentlichen<br />

Parteitages<br />

(3) Der Parteivorstand bittet nahestehende Organisationen<br />

um Stellungnahmen und inhaltliche Anträge. Es gilt die<br />

Antragsfrist des Abs. 1.<br />

(3) (4) Im Übrigen gelten für die außerordentlichen Parteitage die<br />

§§ 15 und 16 entsprechend.<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 9<br />

Landesverband Bayern<br />

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />

§ 23 Parteivorstand<br />

Die Arbeitsgemeinschaften AsF, AfA, Jusos und 60 plus sind die<br />

Leistungsträger bei den Wahlkämpfen und sonstigen arbeitsintensiven<br />

Veranstaltungen. Entsprechend des <strong>SPD</strong>-Organisationsstatuts<br />

sind die Arbeitsgemeinschaften aber im Parteivorstand nicht mit<br />

Sitz und Stimme vertreten. Aus diesem Grund soll das Organisationsstatut<br />

derart geändert werden, dass sie zukünftig im Bundesvorstand<br />

mit Sitz und Stimme vertreten sind.<br />

Dies kann wie folgt geschehen:<br />

§ 23 Abs. 1 Buchstabe f) ist dahingehend zu ändern, dass die Zahl<br />

der Mitglieder des Parteivorstandes insgesamt nicht mehr als 31<br />

betragen darf.<br />

Anzufügen in Abs. 1 ist der Buchstabe g) mit folgendem Text:<br />

je eine Vertretung der Arbeitsgemeinschaften AsF, AfA, Jusos und<br />

60 plus. Sie können nur auf Vorschlag der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft<br />

gewählt werden.<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 10<br />

Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />

§ 23 Parteivorstand<br />

Das Organisationsstatut der <strong>SPD</strong> wird in § 23 Absatz 8 geändert.<br />

Nach „Kontrollkommission“ wird eingefügt „und die Vorsitzenden<br />

der Arbeitsgemeinschaften auf Bundesebene nehmen ...“.<br />

O8<br />

§ 22 Fristen des außerordentlichen<br />

Parteitages<br />

Annahme<br />

O9<br />

§ 23 Parteivorstand<br />

Überweisung an organisationspolitische Kommission beim <strong>SPD</strong>-<br />

Parteivorstand<br />

O10<br />

§ 23 Parteivorstand<br />

Ablehnung<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 11<br />

Landesverband Schleswig-Holstein<br />

§ 23 Parteivorstand<br />

Das Organisationsstatut der <strong>SPD</strong> wird in § 23 wie folgt ergänzt:<br />

„Zur Durchführung der Parteivorstandsbeschlüsse und zur<br />

laufenden politischen und organisatorischen Geschäftsführung<br />

der Partei wählt der Parteivorstand aus seiner Mitte den geschäftsführenden<br />

Vorstand (Parteipräsidium). Dem Präsidium<br />

gehören die Parteivorstandsmitglieder nach Abs. 1 lit. a-e sowie<br />

eine vom Parteivorstand festzulegende Zahl weiterer Mitglieder<br />

an.“<br />

O11<br />

§ 23 Parteivorstand<br />

Annahme<br />

172


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 12<br />

Parteivorstand<br />

§ 25 Rechte des Parteivorstandes<br />

(2) Dem für die Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglied<br />

des Parteivorstands (Schatzmeister/in) obliegt<br />

des Weiteren die Wahrnehmung der dem Parteivorstand<br />

in Absatz 1 übertragenen Rechte. Das Recht der/des<br />

Vorsitzenden, der stellvertretenden Vorsitzenden sowie<br />

der/des Generalsekretärin/ Generalsekretärs, die Partei<br />

gerichtlich und außergerichtlich gemäß der hierfür vom<br />

Parteivorstand erteilten Vollmacht zu vertreten, bleibt davon<br />

unberührt.<br />

(2) (3) Er ist ermächtigt, die sonst nicht übertragbaren Persönlichkeitsrechte<br />

der Partei als einer Körperschaft, insbesondere das<br />

Namensrecht, in eigenem Namen geltend zu machen.<br />

(3) (4) Der Parteivorstand erlässt Richtlinien über Abstimmungsverfahren,<br />

einschließlich der Willensbildung unter Abwesenden.<br />

(4) (5) Die Delegierten zum alle 2 Jahre stattfindenden Kongress<br />

der SPE werden auf dem Bundesparteitag gewählt. Der <strong>SPD</strong>-<br />

Parteivorstand hat bei seinem Vorschlag die Geschlechterquote<br />

zu berücksichtigen und auf die Berücksichtigung der Bezirke/Landesverbände<br />

zu achten. Die Bezirke/Landesverbände<br />

schlagen dafür dem Parteivorstand sowohl Frauen als auch<br />

Männer in der gleichen Anzahl entsprechend ihrer Mitgliederstärke<br />

vor.<br />

O12<br />

§ 25 Rechte des Parteivorstandes<br />

Annahme<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 13<br />

Parteivorstand<br />

§ 28 Zusammensetzung und Einberufung<br />

des Parteikonvents<br />

(7) Bis zur Wahl der Parteikonventsdelegierten in den Bezirken,<br />

nehmen die Delegierten zum Bundesparteitag das Delegationsrecht<br />

entsprechend wahr.<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 14<br />

Stadtverband Bochum 3 (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

§ 28 Zusammensetzung und Einberufung<br />

des Parteikonvents<br />

In § 28 Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe a) des Organisationsstatutes wird<br />

ein letzter Satz eingefügt::<br />

Im Sinne einer Leitzahl sollen mindestens 51 % der Delegierten<br />

aus ehrenamtlich tätigen Mitgliedern bestehen. Als ehrenamtlich<br />

gilt, wer keine/kein hauptamtliche/hauptamtlicher Mandats- oder<br />

FunktionsträgerIn ist. und wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis<br />

bei der Partei steht.<br />

O13<br />

§ 28 Zusammensetzung und Einberufung<br />

des Parteikonvents<br />

Annahme<br />

O14<br />

§ 28 Zusammensetzung und Einberufung<br />

des Parteikonvents<br />

Ablehnung<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

173


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 15<br />

Parteivorstand<br />

§ 3 Allgemeine Grundsätze<br />

(1) Wahlen sind geheim, soweit satzungsmäßig nicht offen gewählt<br />

werden kann. Geheim sind insbesondere die Wahl von<br />

a) Vorständen,<br />

b) Parteiräten und Parteiausschüssen,<br />

c) Parteitagsdelegationen, und Delegationen zum Parteikonvent<br />

und zum SPE-Kongress,<br />

d) Schiedskommissionen,<br />

e) Kandidatinnen und Kandidaten für öffentliche Wahlämter,<br />

f) Vertreterinnen und Vertretern zur Aufstellung von Kandidatinnen<br />

und Kandidaten für öffentliche Wahlämter.<br />

O15<br />

§ 3 Allgemeine Grundsätze<br />

Annahme<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 16<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

§ 8 Wahl gleichartiger Parteiämter /<br />

Listenwahl<br />

In der Wahlordnung der <strong>SPD</strong> wird in § 8 Absatz 2 als letzter Satz<br />

eingefügt:<br />

Abweichend von dieser Regelung können Bezirkssatzungen und<br />

Unterbezirksstatute ein anderes Wahlverfahren zur Mindestabsicherung<br />

von Frauen und Männern in Funktionen der Partei vorsehen.<br />

O16<br />

§ 8 Wahl gleichartiger Parteiämter /<br />

Listenwahl<br />

Ablehnung<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 17<br />

Unterbezirk Kulmbach (Landesverband Bayern)<br />

zur Wahlordnung<br />

Die einschlägigen Bestimmungen zur Wahlordnung u. A. so zu ändern,<br />

dass künftig eine Urwahl (Wahlberechtigung für jedes <strong>SPD</strong>-<br />

Mitglied der jeweils zuständigen Ebene) für folgende Bereiche<br />

stattfinden muss:<br />

• Wahl der/des Kreisvorsitzenden<br />

• Wahl der/des Unterbezirksvorsitzenden<br />

• Wahl der/des Bezirksvorsitzenden<br />

• Wahl der/des Landratskandidatin/-en<br />

• Wahl der/des Oberbürgermeisterkandidatin /-en<br />

• Wahl der/des Stimmkreiskandidatin/-en für die Bezirkstagswahl<br />

• Wahl der/des Stimmkreiskandidatin/-en für die Landtagswahl<br />

• Wahl der/des Stimmkreiskandidatin/-en für die Bundestagswahl<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 18<br />

Parteivorstand<br />

§ 1 Mitgliedsbeiträge<br />

5) Für Mitglieder ohne Erwerbseinkommen, ohne Pensionen, ohne<br />

Renteneinkünfte oder ohne vergleichbare Einkommen beträgt<br />

der monatliche Mitgliedsbeitrag 2,50 Euro. Für Mitglieder, die<br />

zugleich einer anderen Partei angehören, die Mitglied der Sozialdemokratischen<br />

Partei Europas (SPE) ist, beträgt der monatliche<br />

O17<br />

zur Wahlordnung<br />

Ablehnung<br />

O18<br />

§ 1 Mitgliedsbeiträge<br />

Annahme<br />

174


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Beitrag 2,50 Euro, wenn sie ihre Beitragsverpflichtungen gegenüber<br />

dieser Schwesterpartei erfüllen.<br />

1<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 19<br />

Parteivorstand<br />

§ 5 Kassenführung<br />

(2) Dem für die Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglied<br />

des Parteivorstands (Schatzmeister/-in) obliegt des Weiteren<br />

die Wahrnehmung der dem Parteivorstand in § 25 Abs.<br />

1 Organisationsstatut übertragenen Rechte. Das Recht der/des<br />

Vorsitzenden, der stellvertretenden Vorsitzenden sowie der/des<br />

Generalsekretärin/Generalsekretärs, die Partei gerichtlich und<br />

außergerichtlich gemäß der hierfür vom Parteivorstand erteilten<br />

Vollmacht zu vertreten, bleibt davon unberührt.<br />

(3) (2) Das für Finanzangelegenheiten zuständige Vorstandsmitglied<br />

erstattet der Jahreshauptversammlung (Parteitag) den<br />

Finanzbericht.<br />

(4) (3) Ortsvereine und sonstige Organisationsformen unterhalb der<br />

Unterbezirksebene, die in zwei aufeinander folgenden Jahren<br />

nicht fristgerecht einen ordnungsgemäßen Rechenschaftsbericht<br />

erstellt haben, verlieren das Recht zur Kassenführung. Der jeweilige<br />

Bezirksvorstand stellt den Verlust des Rechtes zur Kassenführung<br />

fest und beschließt auf Antrag der jeweiligen Organisationsform,<br />

dass ob die betroffene Gliederung bzw. Organisationsform<br />

das Recht zur Kassenführung wiedererlangt. Das<br />

Nähere regelt eine vom Parteivorstand zu erlassende Richtline.<br />

O19<br />

§ 5 Kassenführung<br />

Annahme<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 20<br />

Parteivorstand<br />

§ 8 Kreditaufnahmen<br />

(4) Für die Ausübung des Vetorechts durch die jeweils übergeordnete<br />

Organisationsebene gemäß Abs. 2 und 3 erlässt der Parteivorstand<br />

im Einvernehmen mit dem Parteirat Richtlinien.<br />

O20<br />

§ 8 Kreditaufnahmen<br />

Annahme<br />

35<br />

40<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 21<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Lobbyismus bekämpfen, Transparenz<br />

schaffen<br />

Die <strong>SPD</strong> steht zu ihren Beschlüssen, den finanziellen Hintergrund<br />

von InteressenvertreterInnen durch die Einführung eines Lobbyregisters<br />

transparent zu machen, sowie die gesetzlichen Regelungen<br />

für Parteispenden auch für Parteiensponsoring anzuwenden und die<br />

Gültigkeit dieser Regelungen auch auf Listenverbindungen auszuweiten.<br />

Dabei wollen wir mit gutem Beispiel vorangehen.<br />

Auch ohne eine gesetzliche Regelung sollen deshalb in der <strong>SPD</strong><br />

zukünftig<br />

• sämtliche Parteispenden veröffentlicht werden, auch wenn sie weniger<br />

als 10000 Euro betragen und somit keine gesetzliche Veröffentlichungspflicht<br />

besteht. Dabei sollen Spenden von Unternehmen,<br />

Verbänden, Vereinen etc. namentlich, Spenden von natürlichen<br />

Personen, für die keine gesetzliche Veröffentlichungspflicht<br />

besteht, in geeigneter Weise anonymisiert veröffentlicht werden,<br />

O21<br />

Lobbyismus bekämpfen, Transparenz<br />

schaffen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

175


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

• die vollständigen Einnahmen durch Sponsoring, beispielsweise<br />

bei Parteitagen, aufgeschlüsselt nach den SponsorInnen veröffentlicht<br />

werden und<br />

• die Geldflüsse zwischen der <strong>SPD</strong>, ihren Unternehmensbeteiligungen<br />

und Dritten soweit veröffentlicht werden, wie es rechtlich<br />

möglich und zum Ausschluss einer verdeckten Parteienfinanzierung<br />

nötig ist. Die Unternehmen, an denen die <strong>SPD</strong> beteiligt<br />

ist, sollen diesem Transparenzgedanken bei Vertragsschlüssen<br />

Rechnung tragen.<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 22<br />

Kreisverband Stuttgart (Landesverband Baden-Württemberg)<br />

Beitragsfreiheit im Pflegefall<br />

Die <strong>SPD</strong> prüft, wie bei mittellosen pflegebedürftigen Parteimitgliedern<br />

eine beitragsfreie Mitgliedschaft ermöglicht werden kann.<br />

O22<br />

Beitragsfreiheit im Pflegefall<br />

Erledigt<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 23<br />

Kreisverband Herford (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Auskömmliche Finanzierung der<br />

Ortsvereine sicherstellen<br />

Die Ortsvereine brauchen eine solide finanzielle Basis. Um diese<br />

dauerhaft zu gewährleisten, erarbeitet der Bundesvorstand neue,<br />

belastbare Konzepte zur auskömmlichen Mittelverteilung, die zu<br />

einer spürbaren und nachhaltigen Verbesserung der finanziellen<br />

Ausstattung der Ortsvereine führen.<br />

O23<br />

Auskömmliche Finanzierung der<br />

Ortsvereine sicherstellen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landesverbände und <strong>SPD</strong>-Bezirke<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 24<br />

Ortsverein Nienburg (Bezirk Hannover)<br />

Kanzlerkandidatin/Kanzlerkandidat per<br />

Urwahl wählen<br />

Die <strong>SPD</strong> wählt den Kandidaten/die Kandidatin für das Amt der<br />

Bundeskanzlerin/des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland<br />

künftig per Urwahl. Ausnahme: Das Amt wird bereits von<br />

einem/einer Sozialdemokraten/Sozialdemokratin besetzt und die<br />

Person wird wieder kandidieren.<br />

O24<br />

Kanzlerkandidatin/Kanzlerkandidat per<br />

Urwahl wählen<br />

Ablehnung<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 25<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt<br />

Bestimmung Spitzenkandidaten durch<br />

Parteibasis<br />

Die <strong>SPD</strong> befürwortet die Bestimmung der Spitzenkandidatin/ des<br />

Spitzenkandidaten der Bundes- und Landtagswahlen durch Direktwahl.<br />

In diesem Zusammenhang wird ein Wahlrecht für Nichtmitglieder<br />

abgelehnt.<br />

O25<br />

Bestimmung Spitzenkandidaten durch<br />

Parteibasis<br />

Erledigt durch Organisationsstatut<br />

176


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 26<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

Verbindliche Urwahl der/des<br />

Kanzlerkandidaten<br />

Der Kanzlerkandidat oder die Kanzlerkandidatin der <strong>SPD</strong> muss<br />

durch einen Mitgliederentscheid bestimmt werden, soweit es mehr<br />

als eine Kandidatin / einen Kandidaten gibt.<br />

O26<br />

Verbindliche Urwahl der/des<br />

Kanzlerkandidaten<br />

Ablehnung<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 27<br />

Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Zur Wahl von Spitzenkandidat/innen<br />

Spitzenkandidat/innen der <strong>SPD</strong> auf Bundes- und Landesebene sollen<br />

zukünftig basisdemokratisch von den Parteimitgliedern gewählt<br />

werden. Auch auf kommunaler Ebene soll diese Möglichkeit zunehmend<br />

umgesetzt werden. Dies wäre ein entscheidendes Signal<br />

hinsichtlich der vom Parteivorstand ausgegebenen Transparenz und<br />

Mitgliederbeteiligung in der <strong>SPD</strong>. Erweist sich diese Maßnahme<br />

als erfolgreich, wird der zweite Schritt sein, vergleichbare Entscheidungsverfahren<br />

nicht nur auf personeller, sondern auch auf<br />

inhaltlicher Ebene umzusetzen.<br />

O27<br />

Zur Wahl von Spitzenkandidat/innen<br />

Überweisung an organisationspolitische Kommission beim <strong>SPD</strong>-<br />

Parteivorstand<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 28<br />

Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg(Bezirk Hessen-Nord)<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

<strong>SPD</strong>-Intranet<br />

Transparenz bedeutet auch, dass alle Genossinnen und Genossen<br />

die Möglichkeit haben, sich über Vorstandssitzungen und Beschlüsse<br />

auf allen Ebenen zu informieren. Dafür soll ein <strong>SPD</strong>-internes<br />

Intranet geschaffen werden, in dem die Mitglieder Einsicht in<br />

Beschlussprotokolle und verabschiedeter Anträge bekommen.<br />

O28<br />

<strong>SPD</strong>-Intranet<br />

Ablehnung<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 29<br />

Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Mitgliederoffener Jourfix von<br />

Parteitagen<br />

Um die Beteiligungsmöglichkeiten möglichst vieler Genossinnen<br />

und Genossen zu gewährleisten, soll vor allen Unterbezirks-, Bezirks-,<br />

Landes- und Bundesparteitagen ein mitgliederoffener Jourfix,<br />

an dem alle <strong>SPD</strong>-Mitglieder teilnehmen dürfen, stattfinden.<br />

O29<br />

Mitgliederoffener Jourfix von<br />

Parteitagen<br />

Ablehnung<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

177


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 30<br />

Landesverband Berlin<br />

SPE-Logo auf <strong>SPD</strong> Materialien nach<br />

und nach einführen!<br />

Die <strong>SPD</strong> wird erstmalig für die Wahlen zum Europäischen Parlament<br />

2014 die Werbematerialien – insbesondere die Plakate – neben<br />

dem <strong>SPD</strong>-Logo auch mit dem SPE-Logo versehen. Daneben<br />

wird das SPE-Logo auch in das <strong>SPD</strong>-Parteibuch sowie die „<strong>SPD</strong>-<br />

Card“ eingedruckt. Jedes neu aufgenommene Mitglied erhält Informationen<br />

über Organisation und Aufgaben der SPE. Nach Evaluierung<br />

der Erfahrungen wird das Logo auch bei weiteren Wahlen,<br />

insbesondere zum Deutschen Bundestag, verwandt.<br />

O30<br />

SPE-Logo auf <strong>SPD</strong> Materialien nach<br />

und nach einführen!<br />

Überweisung an organisationspolitische Kommission beim <strong>SPD</strong>-<br />

Parteivorstand<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 31<br />

Landesverband Berlin<br />

Gründung eines Museums der<br />

Arbeiterbewegung<br />

Der Parteivorstand der <strong>SPD</strong> wird beauftragt, einen Träger zur<br />

Gründung eines „Museums der Arbeiterbewegung in Deutschland“<br />

mit Sitz in Berlin zu initiieren. Zu diesem Zweck ist eine enge<br />

Zusammenarbeit mit dem Archiv der Sozialen Demokratie der<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung, den Gewerkschaften, der Sozialistischen<br />

Jugend Deutschlands – Die Falken, den Naturfreunden, der Arbeiterwohlfahrt,<br />

dem Arbeitersamariterbund, der Arbeitsgemeinschaft<br />

der deutschen Volksbühnen-Vereine sowie weiteren Organisationen,<br />

die der Tradition der Arbeiterbewegung verbunden sind, anzustreben.<br />

O31<br />

Gründung eines Museums der<br />

Arbeiterbewegung<br />

Überweisung an Historische Kommission beim <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 32<br />

Unterbezirk Rheinisch-Bergischer-Kreis (Landesverband<br />

Nordrhein-Westfalen)<br />

Altersgruppen in den Vorständen und<br />

Arbeitskreisen der <strong>SPD</strong><br />

In den Vorständen, Arbeitskreisen und anderen Organisationseinheiten<br />

der <strong>SPD</strong> ist darauf zu achten, dass Mitglieder aller Altersgruppen<br />

angemessen vertreten sind.<br />

O32<br />

Altersgruppen in den Vorständen und<br />

Arbeitskreisen der <strong>SPD</strong><br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 33<br />

Landesverband Bayern<br />

Arbeitsgemeinschaften auf allen Ebenen<br />

arbeitsfähig halten<br />

Der PV wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es auf keiner<br />

Gliederungsebene zu einer personellen oder finanziellen Schlechterstellung<br />

der Arbeitsgemeinschaften (AsF, JUSOS, 60plus, AfA)<br />

durch die Parteireform kommt.<br />

O33<br />

Arbeitsgemeinschaften auf allen Ebenen<br />

arbeitsfähig halten<br />

Ablehnung<br />

178


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 34<br />

Landesverband Bayern<br />

Resolution (Arbeitsgemeinschaften)<br />

Anlässlich der beschlossenen Änderungen der Grundsätzen und<br />

Richtlinien für die Tätigkeiten der Arbeitsgemeinschaften, stellen<br />

wir fest:<br />

„Die Arbeitsgemeinschaften sind Teile der <strong>SPD</strong>. Sie sind Bindeglied<br />

zu den gesellschaftlichen Gruppen, die sich in den politischen<br />

Bereichen engagieren, für die die Arbeitsgemeinschaften<br />

in der <strong>SPD</strong> zuständig sind. Die Arbeitsgemeinschaften bieten die<br />

Möglichkeit, die unterschiedlichsten Schichten und Gruppen der<br />

Gesellschaft anzusprechen, sie verfügen über Kompetenz und Kontakte<br />

in diese Bereiche. Das muss konstruktiv für die Arbeit der<br />

<strong>SPD</strong> genutzt werden.“<br />

Als Scharnier zu gesellschaftlichen Gruppen stehen die Arbeitsgemeinschaften<br />

in der <strong>SPD</strong> nicht nur in anstehenden Wahlkampfzeiten<br />

auf Landes- und Bundesebene in der ersten Reihe. Durch die<br />

erfolgreiche Netzwerkarbeit bei Frauen und auf gleichstellungspolitischer<br />

Ebene, im Jugendbereich, auf der ArbeitnehmerInnenseite,<br />

bei den Selbständigen, den Älteren, den MigrantInnen, JuristInnen,<br />

im Gesundheitswesen, im Bildungsbereich, bei Selbst Aktiv und<br />

bei Lesben und Schwulen tragen wir mit unserer politischen Arbeit<br />

einen wesentlichen Anteil an der gesellschaftlichen Verankerung<br />

der <strong>SPD</strong> als Volkspartei und zur Bindung dieser Zielgruppen an die<br />

<strong>SPD</strong>.<br />

Dies wurde bisher auch von der Parteispitze so gesehen und bestätigt.<br />

Der vorgelegte Richtlinienentwurf spiegelt jedoch nicht die innerparteiliche<br />

und außerparteiliche Rolle der Arbeitsgemeinschaften<br />

wider. Im Falle einer Verabschiedung des Entwurfs in der vorgelegten<br />

Fassung sind weitgehende negative Auswirkungen auf die<br />

Wahrnehmung der Gesamtpartei in der Öffentlichkeit zu erwarten.<br />

Konkret befürchten wir folgendes:<br />

1. Die starke Verkleinerung der Vorstände hat gravierende Auswirkungen<br />

auf die Erfüllung der Aufgaben der jeweiligen Arbeitsgemeinschaften.<br />

Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Vernetzung<br />

und Präsenz in anderen Organisationen auf nationaler und<br />

internationaler Ebene, die Vernetzung in die Regionen sowie die<br />

inhaltliche politische Arbeit. Darüber hinaus werden die Kampagnenfähigkeit<br />

sowie die politische Außenwirkung massiv beeinträchtigt.<br />

2. Die ehrenamtliche Tätigkeit von Berufstätigen teilweise mit familiären<br />

Verpflichtungen in den Gremien auf Bundesebene wird<br />

kaum mehr möglich sein, da das aufzuwendende Zeitbudget nur<br />

noch in Verbindung mit einem Hauptamt oder Mandat und ohne<br />

weitere familiäre Verpflichtungen bewältigt werden kann.<br />

3. Viele Regionen können so in der politischen Vorstandsarbeit<br />

nicht mehr angemessen vertreten sein. Das hat massive Auswirkungen<br />

auf die bundesweite innerparteiliche Vernetzung und den<br />

politischen Austausch zwischen den Regionen. Dies trifft auch<br />

auf die vorgeschlagene Verringerung der Delegiertenzahlen für<br />

die Bundeskonferenzen zu. Die beabsichtigte Verkürzung der<br />

Dauer der Bundeskonferenzen führt nicht zu mehr, sondern zu<br />

weniger Beteiligungsmöglichkeiten auf Bundesebene.<br />

4. Die vorgeschlagenen Änderungen haben massive Auswirkungen<br />

auf unsere Arbeit in den jeweiligen Landesverbänden und Bezirken<br />

durch mangelnde Anbindung an die Bundesebene, mangelnde<br />

politische Kommunikation und Einschränkungen in der<br />

Kampagnenfähigkeit.<br />

Die Arbeitsgemeinschaften haben bisher sowohl die politischen<br />

Forderungen ihrer Zielgruppen mit beeinflusst und in die <strong>SPD</strong> eingebracht<br />

ebenso wie sie für Forderungen und <strong>Inhalt</strong>e der <strong>SPD</strong> bei<br />

ihren Zielgruppen geworben haben. Diese Zielgruppenarbeit ist mit<br />

dem neuen Richtlinienentwurf nicht mehr möglich.<br />

O34<br />

Resolution (Arbeitsgemeinschaften)<br />

Erledigt durch beschlossene Richtlinie<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

179


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

Für uns sind solche Einschnitte bei der Zielgruppenarbeit der <strong>SPD</strong><br />

das grundfalsche politische Signal auf allen Ebenen und nicht akzeptabel.<br />

Gerade im Vorfeld zu den anstehenden Landtagswahlen<br />

und insbesondere zur Bundestagswahl 2013 darf eine Volkspartei<br />

ein solches Signal nicht aussenden. Dies würde nur missverstanden<br />

als Missachtung und mangelnde Wertschätzung politischer Zielgruppenarbeit.<br />

In der Vergangenheit hat sich die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer<br />

Frauen im offenen Dialog mit der Parteiführung stets<br />

konstruktiv und kompromissbereit bei notwendigen innerparteilichen<br />

Veränderungen und der Diskussion um Einsparungen verhalten.<br />

Ein solcher Dialog mit uns fand im Vorfeld der Vorlage dieses<br />

Richtlinienentwurfs nicht statt. Allein die Tatsache, dass die Vorsitzenden<br />

der Arbeitsgemeinschaften - und auch nur diese - nicht<br />

einmal 24 Stunden vor dem anberaumten Gespräch mit der Generalsekretärin<br />

erst den Richtlinien-Entwurf zugeleitet bekamen, widerspricht<br />

einer offenen, demokratischen Diskussionskultur innerhalb<br />

unserer Partei.<br />

Neben dem inakzeptablen <strong>Inhalt</strong> des Entwurfs ist für uns auch das<br />

gewählte Verfahren nicht annehmbar. Im Interesse der Gesamtpartei<br />

fordern wir die Parteispitze und die Landesverbände und Bezirke<br />

auf, den Arbeitsgemeinschaften die Wertschätzung nicht zu<br />

entziehen und die politische Handlungs- und Kampagnenfähigkeit<br />

zu erhalten und von der geplanten Änderung Abstand zu nehmen.<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 35<br />

Unterbezirk Uelzen/Lüchow-Dannenberg (Bezirk Hannover)<br />

Partizipation der Arbeitsgemeinschaften<br />

ausbauen<br />

Bei Bundesparteitagen ist die Beteiligung der unterschiedlichen<br />

Arbeitsgemeinschaften auszubauen. Hierzu sollen die Arbeitsgemeinschaften,<br />

analog zu den Regelungen anderer Gliederungen<br />

und unter den Einschränkungen des §10 Organisationsstatut, eigene<br />

Delegierte zum Bundesparteitag entsenden können.<br />

O35<br />

Partizipation der Arbeitsgemeinschaften<br />

ausbauen<br />

Ablehnung<br />

45<br />

50<br />

55<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 36<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Landesverband Bayern<br />

<strong>SPD</strong>-Mitgliederbegehren vereinfachen<br />

Wir fordern, dass <strong>SPD</strong>-Mitgliederbegehren nicht mehr nur auf dem<br />

Papier (Unterschriftenlisten) unterstützt werden können, sondern<br />

dass eine Abstimmung auch online möglich ist. Durch eine Identifizierung<br />

mit der <strong>SPD</strong>-Mitgliedsnummer kann gewährleistet werden,<br />

dass jedes Mitglied nur einmal abstimmt.<br />

O36<br />

<strong>SPD</strong>-Mitgliederbegehren vereinfachen<br />

Annahme<br />

60<br />

65<br />

180


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 37<br />

Unterbezirk Neuburg-Schrobenhs.<br />

Unterbezirk Eichstätt<br />

Unterbezirk Ingolstadt Stadt<br />

(Landesverband Bayern)<br />

Elektronische Unterschrift bei<br />

Mitgliederbegehren<br />

Derzeit muss die Unterschrift zur Unterstützung eines Mitgliederbegehrens<br />

postalisch geleistet werden. Dies erschwert die Unterstützung<br />

eines Mitgliederbegehrens unnötigerweise und ist schlicht<br />

nicht mehr zeitgemäß. Da sowohl Bayern<strong>SPD</strong> als auch Bundes<strong>SPD</strong><br />

auf ihren Seiten (http://bayernspd.de, https://www.spd.de) bereits<br />

Lösungen implementiert haben, die es ermöglichen, Mitglieder zu<br />

identifizieren, und exklusiv für Mitglieder Funktionalität zur Verfügung<br />

zu stellen, könnte hier die elektronische Unterschrift zur<br />

Unterstützung eines Mitgliederbegehrens implementiert werden.<br />

Wir fordern den Bundesparteitag auf, für eine Umsetzung des § 13<br />

(7) des Organisationsstatutes zu stimmen, die eine elektronische<br />

Teilnahme an einem Mitgliederbegehren ermöglicht. Der Bundesvorstand<br />

wird beauftragt beim nächsten Bundesparteitag eine entsprechende<br />

Verfahrensrichtlinie vorzulegen.<br />

O37<br />

Elektronische Unterschrift bei<br />

Mitgliederbegehren<br />

Erledigt durch Annahme von O36<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 38<br />

Landesverband Berlin<br />

Partizipation leben<br />

Der Parteivorstand wird aufgefordert den Zeitrahmen von der Vorstellung<br />

von Thesen, Leitanträgen, Wahl- und Parteiprogrammen<br />

so zu wählen, dass alle Gliederungen der Partei eine angemessen<br />

Möglichkeit bekommen, die Themen zu diskutieren und etwaige<br />

Änderungsanträge zu formulieren und einzureichen.<br />

O38<br />

Partizipation leben<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

30<br />

35<br />

40<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 39<br />

Kreisverband Rhein-Neckar (Landesverband Baden-Württemberg)<br />

Priorisierung der Anträge<br />

Die <strong>SPD</strong> soll künftig auf Bundesdelegiertenkonferenzen bzw. Bundesparteitagen<br />

ein Alex-Müller-Verfahren anwenden.<br />

O39<br />

Priorisierung der Anträge<br />

Ablehnung<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 40<br />

Landesverband Berlin<br />

Keine Soziale Gerechtigkeit ohne soziales<br />

Handeln<br />

Glaubwürdiger Wahlkampf funktioniert nur mit fair gehandelten<br />

Wahlkampfmaterialien.<br />

Die <strong>SPD</strong> strebt auf allen politischen Ebenen an, künftig fair gehandeltes<br />

Material (per Siegel) für ihren Wahlkampf, ihre Öffentlichkeitsarbeit<br />

und Mitgliederwerbung einzusetzen. Dabei müssen<br />

O40<br />

Keine Soziale Gerechtigkeit ohne soziales<br />

Handeln<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

55<br />

60<br />

65<br />

181


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

ökologische Nachhaltigkeitskriterien ebenso berücksichtigt werden<br />

wie die sozialen Produktionsbedingungen.<br />

Das heißt:<br />

• kurze Transportwege statt Fernreisen<br />

• keine Kinderarbeit<br />

• kein Lohndumping<br />

• möglichst kein Erdöl<br />

• Sozialbanken bevorzugen<br />

• etc. (entsprechend Vorgaben für Fair-Trade- und Biosiegeln)<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 41<br />

Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />

Wiedergabe der Begründung von<br />

Parteitagsanträgen in den digitalen<br />

Antragsbüchern<br />

1. Bei allen Parteitagen werden zukünftig die Antragsbücher in digitaler<br />

Form / Dateiform zur Verfügung gestellt.<br />

2. Die jeweiligen Parteigremien entscheiden in eigener Verantwortung,<br />

ob sie Antragsbücher daneben zusätzlich generell oder nur<br />

auf Anforderung in Papierform bereitstellen. Zur Vermeidung<br />

von Diskriminierungen erhalten Parteimitglieder auf Wunsch die<br />

Antragsbücher für die bevorstehenden Parteitage in Papierform.<br />

3. Zumindest in die digitalen Antragsbücher werden zukünftig auch<br />

die Begründungen der Anträge bis zu einer Länge von 15.000<br />

Zeichen inklusive Leerzeichen je Antrag aufgenommen.<br />

O41<br />

Wiedergabe der Begründung von<br />

Parteitagsanträgen in den digitalen<br />

Antragsbüchern<br />

Überweisung an organisationspolitische Kommission beim <strong>SPD</strong>-<br />

Parteivorstand<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 42<br />

Landesverband Berlin<br />

Barrieren abschaffen! Menschen mit<br />

Behinderung muss die aktive Parteiarbeit<br />

ermöglicht werden<br />

Deutschlandweit geht von der <strong>SPD</strong> eine progressive Politik für<br />

Menschen mit Behinderung aus, die sich durch Personenorientierung,<br />

den Abbau von Barrieren und zielgerichtete Hilfe auszeichnet.<br />

Dies zeigt sich unter anderem in einem umfassenden Antrag<br />

zur Inklusion, den der Bundeskongress der Jusos im November<br />

2012 beschlossen hat, und auch darin, dass wichtige politische<br />

Maßnahmen zugunsten einer inklusiven Gesellschaft fest im Entwurf<br />

des Regierungsprogramms der <strong>SPD</strong> für 2013 verankert worden<br />

sind.<br />

Trotz dieses Einsatzes für einen politischen Wandel und für eine<br />

inklusive Gesellschaft, in der alle Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit<br />

und Vielfalt gleichberechtigt zusammenleben dürfen und<br />

an der alle teilhaben können, ist die <strong>SPD</strong> einen wichtigen Weg noch<br />

nicht gegangen: die eigene Partei inklusiv zu gestalten!<br />

Die Prämisse guter Politik für – und vor allem nicht (unbeabsichtigt)<br />

gegen – Menschen mit Behinderung muss lauten: „Nichts über<br />

uns ohne uns!“. Nur Betroffene selbst können bemessen, welche<br />

Auswirkungen politische Maßnahmen in ihrer Lebenswirklichkeit<br />

haben werden. Es ist darum unabdingbar, Menschen mit Behinderung<br />

aktiv in den politischen Prozess mit einzubeziehen, wenn es<br />

um ihre eigenen Belange geht.<br />

Sofern Menschen mit Behinderung bislang überhaupt in der deutschen,<br />

europäischen und internationalen Politik angehört wurden,<br />

fand dies zumeist in Form von Konsultationen von Behindertenverbänden<br />

statt. Solche Interessenvertretungen nehmen ohne Zwei-<br />

O42<br />

Barrieren abschaffen! Menschen mit<br />

Behinderung muss die aktive Parteiarbeit<br />

ermöglicht werden<br />

Annahme in geänderter Fassung:<br />

Wir wollen die politische Mitentscheidung und Teilhabe nach Art.<br />

29 der UN-Behin-dertenrechtskonvention sichern. Dazu gehört<br />

neben der barrierefreien Ausübung von Mandaten auf allen politischen<br />

Ebenen insbesondere den Parlamenten und kommunalen<br />

Gremien auch die Mitarbeit in Parteien nach Art. 21 Absatz 1 GG.<br />

Wir fordern daher den Gesetzgeber auf ein Gesetz zur politischen<br />

Teilhabe und Partizipation zu erlassen.<br />

Die Prämisse guter Politik für – und vor allem nicht (unbeabsichtigt)<br />

gegen – Menschen mit Behinderung muss lauten: „Nichts über<br />

uns ohne uns!“. Nur Betroffene selbst können bemessen, welche<br />

Auswirkungen politische Maßnahmen in ihrer Lebenswirklichkeit<br />

haben werden. Es ist darum unabdingbar, Menschen mit Behinderung<br />

aktiv in den politischen Prozess mit einzubeziehen, wenn es<br />

um ihre eigenen Belange geht.<br />

182


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

fel eine Rolle von unschätzbarem Wert ein. Allerdings dürfen sie<br />

nicht als Ersatz für die Parteimitgliedschaft einzelner Menschen<br />

mit Behinderung betrachtet werden – insbesondere vor dem Hintergrund,<br />

dass die Erfahrungen von Menschen, die tagtäglich auf<br />

Benachteiligungen stoßen, in einer bislang noch nicht inklusiven<br />

Gesellschaft auch die Perspektive auf andere Fragen sozialer Ungleichheit<br />

gewinnbringend erweitern kann.<br />

Innerhalb der <strong>SPD</strong> sind Menschen mit Behinderung bislang vor<br />

allem in der AG Selbst Aktiv organisiert. Einerseits muss die AG<br />

von Parteiseite weiter in ihrem Aufbau und in ihrer bundesweiten<br />

Vernetzung unterstützt werden, andererseits muss allen Partei- und<br />

Juso-Mitgliedern auch über diese auf die Probleme der Behindertenpolitik<br />

ausgerichtete AG hinaus eine aktive Parteimitgliedschaft<br />

ohne Barrieren in vollem Umfang ermöglicht werden!<br />

Das bedeutet, dass sämtliche Organisations- und Veranstaltungsund<br />

Kommunikationsstrukturen innerhalb der <strong>SPD</strong> im Sinne eines<br />

Disability Mainstreamings in Bezug auf ihre Barrierefreiheit hinterfragt<br />

werden müssen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass Barrieren<br />

nicht per se existieren, sondern erst durch etwas bei etwas zustande<br />

kommen. Eine Barriere entsteht dadurch, dass ein Mensch,<br />

der nicht hören kann und nur die Gebärdensprache versteht, bei<br />

einer Lesung keine Übersetzung bekommt. Eine Barriere entsteht,<br />

wenn ein Mensch, der im Rollstuhl fährt und das Stockwerk wechseln<br />

möchte, keinen Fahrstuhl vorfindet. Eine Barriere entsteht,<br />

wenn ein Mensch, der Braille-Schrift liest und etwas über die <strong>SPD</strong><br />

erfahren möchte, keine entsprechenden Broschüren erhält. Eine<br />

Barriere entsteht, wenn ein Mensch, der sich mit einfachen Worten<br />

und Sätzen verständigt und sich auf der Internetseite der <strong>SPD</strong> informiert,<br />

nur komplizierte Worte und Sätze zu lesen bekommt. Die<br />

Reihe an Beispielen ließe sich beliebig fortsetzen.<br />

Die <strong>SPD</strong> muss ein Bewusstsein für solche möglichen Barrieren<br />

entwickeln und sie anschließend systematisch und umfassend abbauen.<br />

Dies bedeutet sowohl dauerhafte Veränderungen wie den<br />

Umbau oder Wechsel von Parteiräumlichkeiten oder die Umgestaltung<br />

von Informationsmaterialien, als auch situationsbezogene<br />

Angebote, wie beispielsweise die barrierefreie Ausrichtung von<br />

Veranstaltungen auf Anmeldung.<br />

„Die <strong>SPD</strong> ist und bleibt die große politische Kraft für Demokratie<br />

und Emanzipation in Deutschland.“, heißt es in dem Entwurf des<br />

Regierungsprogramms 2013. Diesem Anspruch kann die <strong>SPD</strong> nur<br />

gerecht werden, wenn ihre Politik von Mitgliedern gestaltet wird,<br />

die die bunte Vielfalt an Lebensweisen in unserer Gesellschaft widerspiegeln.<br />

Menschen mit Behinderung tragen mit einem Bevölkerungsanteil<br />

von ca. 10 % enorm zu dieser Vielfalt bei. Eine aktive<br />

Parteiarbeit ohne Barrieren muss bei den Jusos und in der <strong>SPD</strong><br />

selbstverständlich werden!<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 43<br />

Landesverband Berlin<br />

Ein weiterer Schritt zur barrierefreien<br />

Gesellschaft: Die <strong>SPD</strong> als Hörbuch<br />

AnalphabetInnen und Menschen mit Sehbehinderungen sind im<br />

Alltag sowie in der Nutzung politischer Informationsmöglichkeiten<br />

stark eingeschränkt. Wir möchten diese Menschen in ihrem Recht<br />

auf politische Teilhabe und Meinungsbildung unterstützen und prüfen<br />

daher die Veröffentlichung unseres Grundsatzprogrammes, unserer<br />

Regierungsprogramme auf Bundes- und Landesebene sowie<br />

Informationen über die KandidatInnen der <strong>SPD</strong> bei Landtags- und<br />

Bundestagswahlen als Hörbuch.<br />

O43<br />

Ein weiterer Schritt zur barrierefreien<br />

Gesellschaft: Die <strong>SPD</strong> als Hörbuch<br />

Annahme in geänderter Fassung und erledigt durch Praxis<br />

AnalphabetInnen und Menschen mit Sehbehinderungen sind im<br />

Alltag sowie in der Nutzung politischer Informationsmöglichkeiten<br />

stark eingeschränkt. Wir möchten diese Menschen in ihrem Recht<br />

auf politische Teilhabe und Meinungsbildung unterstützen und<br />

prüfen daher die Veröffentlichung unseres Grundsatzprogrammes,<br />

unserer Regierungsprogramme auf Bundes- und Landesebene. [...]<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

183


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 44<br />

Arbeitsgemeinschaft Selbst Aktiv<br />

Zeitlich befristete Quote nach Art. 29<br />

UN-BRKV<br />

Der Parteitag möge beschließen: Kein Menschenbild von Menschen<br />

erster und zweiter Ordnung in der politischen Mitentscheidung,<br />

Menschen mit Behinderungen mit zeitlich befristeter Quote,<br />

politische Mitentscheidung nach Art.29 der UN-Behindertenrechtskonvention<br />

sichern.<br />

Nicht nur Aktives Wahlrecht stärken, sondern Passives Wahlrecht<br />

als demokratische Mitentscheidung sofort umsetzen. Bei der bevorstehenden<br />

Europawahl hier die Mitentscheidung behinderter<br />

Menschen neben anderen benachteiligten Bevölkerungsgruppen,<br />

wie Frauen, Migrantinnen und Migranten sichern, entsprechend<br />

des Bevölkerungsanteils von 8Mio. Schwerbehinderten jeden 10.<br />

Platz für einen Menschen mit einer Behinderung reservieren. Dies<br />

gilt auch für alle künftigen Bundes-, Landtags- und Kommunalwahlen.<br />

Wer Quote oder Quoren für sich durchsetzt und dies selbstverständlich<br />

Menschen mit Behinderungen nicht zubilligt, hat ein<br />

Menschenbild von Menschen erster und zweiter Ordnung. Dies ist<br />

mit sozialdemokratischem Grundverständnis unvereinbar, zumal<br />

Menschen mit Behinderungen die weltweit am meisten diskriminierte<br />

und politisch unterrepräsentierteste Bevölkerungsgruppe<br />

ist. Die <strong>SPD</strong> ist für alle da. Von daher ist es im Rahmen der UN-<br />

Behindertenrechtskonvention und Art.4 Abs.3, Art.3 sowie Art.29<br />

erforderlich, behinderte Menschen als Mitentscheider über eine vorübergehende<br />

Quote abzusichern. Ein Gutachten zum aktiven und<br />

passiven Wahlrecht, wie es die schwarz/gelbe Bundesregierung für<br />

Ende 2012 angekündigt hat und auch Teil der Bundesratsinitiative<br />

4913 ist, brauchen wir nicht. Wir lassen uns das Handeln nicht von<br />

der Hinhaltetaktik von schwarz/gelb vorgeben. Wir handeln jetzt.<br />

O44<br />

Zeitlich befristete Quote nach Art. 29<br />

UN-BRKV<br />

Ablehnung<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 45<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

Unvereinbarkeit mit der Deutschen<br />

Burschenschaft<br />

Wir fordern den Parteivorstand der <strong>SPD</strong> auf, eine Mitgliedschaft in<br />

einer Burschenschaft, die dem Verband der „Deutschen Burschenschaft“<br />

angehört, mit einer <strong>SPD</strong>-Mitgliedschaft für unvereinbar zu<br />

erklären.<br />

O45<br />

Unvereinbarkeit mit der Deutschen<br />

Burschenschaft<br />

Annahme<br />

55<br />

60<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 46<br />

Landesverband Bayern<br />

Unvereinbarkeit mit den Grauen Wölfen<br />

Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, die Mitgliedschaft bei den Grauen<br />

Wölfen in ihrer Unvereinbarkeitsklausel mit aufzunehmen.<br />

O46<br />

Unvereinbarkeit mit den Grauen Wölfen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

65<br />

184


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 47<br />

Unterbezirk Bochum (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Kein Platz für Faschismus in der <strong>SPD</strong> -<br />

egal welcher Coleur<br />

Der Einfluss extrem rechter und ultranationalistisch-islamischer<br />

türkischer Organisationen ist in den vergangenen Jahren bundesweit<br />

gewachsen. In Deutschland sind unter anderem ADÜTF<br />

(Föderation der Idealistenvereine in Europa), ATB (Europäisch-<br />

Türkische Einheit) und ATIB (Türkisch Islamische Union Europa)<br />

aktiv. Ein Teil ihres Erfolgskonzepts ist, dass die lokalen Mitgliedsvereine<br />

häufig als türkische Selbsthilfeorganisationen etablieren<br />

konnten. Sie haben Einfluss auf Kultur- und Elternvereine, Fußballclubs<br />

und Moscheen – und damit auf das soziale Leben der<br />

türkischsprachigen Bevölkerung in Deutschland. Dass die Vereine<br />

von Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte akzeptiert werden,<br />

ist eine wichtige Basis für diesen Erfolg. Gleichzeitig verbreiten<br />

die Gruppen nationalistische Ideologien und schüren auch Konflikte<br />

mit ethnischen Minderheiten. Es handelt sich um eine neue Form<br />

von Rechtsextremismus, nämlich den „ethnischen Nationalismus“.<br />

Die „Föderation der Demokratischen Türkischen Idealistenvereine<br />

in Deutschland e.V.“ , nachfolgend nur noch als Ülkücü bezeichnet,<br />

sind eine Gruppierung türkischer Nationalisten die sich für die „besonders<br />

türkischen Eigenschaften“ der Türkinnen und Türken einsetzen,<br />

ihre Verbreitung fördern wollen und in letzter Konsequenz<br />

für ein Großtürkisches Reich, das fiktive Reich „Turan“ einstehen.<br />

„Turan“ erstreckt sich vom Balkan bis zur „Behringstraße“. Dieses<br />

Ziel findet sich auch in den Symbolen der Bewegung wieder; die<br />

rote Flagge mit den drei Halbmonden steht hierbei für die Eroberung<br />

der drei islamischen Kontinente (Afrika, Europa und Asien).<br />

Bei der Verfolgung des Ziels schrecken sie weder vor Gewalt noch<br />

Volksverhetzungen zurück.<br />

Der Gründer der Organisation, Alperslan Türkes, konzentrierte sich<br />

in den 60er Jahren hauptsächlich darauf für sich und seine Ziele<br />

zu werben. Mit der Gründung von Kommandolagern, den „Grauen<br />

Wölfen“, wurde Jugendlichen eine politische, wie auch militärische<br />

Ausbildung vermittelt und schließlich die Partei MHP gegründet.<br />

In Hochzeiten hatten diese Lager um die 100.000 Mitglieder.<br />

Wie in allen Teilen Europas und weltweit, erstarkte 1968 die Linke-Bewegung.<br />

Gegen diese Bewegung führten die „Grauen Wölfe“<br />

zunehmend Gewaltaktionen durch. Zu den verfolgten gehörten neben<br />

Jüdinnen und Juden, Christinnen und Christen, Linken, Kommunistinnen<br />

und Christen, sowie Kurdinnen und Kurden auch Sozialdemokratinnen<br />

und Sozialdemokraten.<br />

Der Verfassungsschutz NRWs erläutert in einer Publikation „Türkischer<br />

Extremismus“, dass die Ülkücü-Bewegung auch in Deutschland<br />

mit ca. 7000 Mitgliedern vertreten ist und ihr Verhalten sich<br />

der Deutschen Neonazistische Szene im Bezug auf den Nationalsozialismus<br />

ähnelt. Tausende weitere besuchen die Einrichtungen,<br />

Moscheen, Sportvereine, Kulturvereine der Bewegung.<br />

Die Ülkücü zeichnen sich dabei intern durch eine strenge Hierarchie<br />

aus, die einem Führerkult gleicht, wobei ihre Organisation<br />

faschistoide Züge annimmt. Bei einer Moscheeeinweihung 1995<br />

in Berlin überreichten die Ülkücü türkische Ausgaben von Hitlers<br />

Hetzschrift „Mein Kampf“, wie das Zentrum Demokratische<br />

Kultur in ihrem Bericht „Demokratiegefährdende Phänomene<br />

in Kreuzberg und Möglichkeiten der Intervention - ein Problemaufriss“<br />

hinweist. Dergleichen wiederholte und wiederholt sich<br />

regelmäßig in der Türkei wie hierzulande, somit ist davon auszugehen,<br />

dass die Ülkücü Sympathien für den Nationalsozialismus<br />

empfinden und offen dazu stehen. Der Gründer der Bewegung und<br />

„ewiger Führer“ Alperslan Türkes sieht sich in direkter Nachfolge<br />

zu Adolf Hitler.<br />

O47<br />

Kein Platz für Faschismus in der <strong>SPD</strong> -<br />

egal welcher Coleur<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

185


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Darüber hinaus weisen die Ülkücü ein hohes Maß an türkischem<br />

Nationalismus auf, was bei weitem das Niveau des Patriotismus<br />

verlassen hat, da sie glauben, das Türkische Volk und seine Eigenschaften,<br />

welche sie selbst definieren, das höchste zu erreichende<br />

Gut sei und stehe deshalb auf natürlicher Weise über andere Völker.<br />

Die Verbreitung des Türkischen sowie die Errichtung eines imperialen<br />

Panturkistischen Großreiches, sind erklärtes Ziel. Dies untermauern<br />

sie mit einem sehr martialischen Schwur, der besonders in<br />

seiner Endung den Imperialismus dieser Organisation verdeutlicht,<br />

aber auch die rassistische ideologische Richtung aufzeigt:<br />

„Ich schwöre bei Allah, dem Koran, dem Vaterland, bei meiner<br />

Flagge Meine Märtyrer, meine Frontkämpfer sollen sicher sein<br />

Wir, die idealistische türkische Jugend, werden unseren Kampf<br />

gegen Kommunismus, Kapitalismus, Faschismus und jegliche Art<br />

von Imperialismus fortführen<br />

Unser Kampf geht bis zum letzten Mann, bis zum letzten<br />

Atemzug,bis zum letzten Tropfen Blut<br />

Unser Kampf geht weiter, bis die nationalistische Türkei, bis das<br />

ReichTuran erreicht ist. Wir, die idealistische türkische Jugend,<br />

werden niemals aufgeben, nichtwanken, wir werden siegen, siegen,<br />

siegen. Möge Allah die Türken schützen und sie erhöhen“<br />

Alles Vorgenannte allein würde schon die Erkenntnis rechtfertigen,<br />

dass die Ülkücü gegen den Prozess der Integration der türkischen<br />

Minderheit in Deutschland in die Gesamtdeutsche Gesellschaft<br />

hetzen, sich dazu antidemokratisch gebären, doch der Verfassungsschutz<br />

NRWs weist darüberhinaus noch auf die hohe Gewaltbereitschaft,<br />

die unter ihren Mitgliedern herrscht, hin.<br />

„Ihre Ideologie lebt wesentlich von Feindbildern. „Innere“ und<br />

„Äußere“ Feinde werden permanent thematisiert. Am Beispiel des<br />

Kurdenkonflikts wird den Verschwörungstheorien entsprechend ein<br />

Komplott der ausländischen Feinde beschrieben. Dabei wird eine<br />

Kollaboration zwischen Kurden und Israel (den Juden) behauptet.<br />

Ebenso wird die gesamte Entwicklung im Nordirak mit Verschwörungstheorien<br />

erklärt. Bezüglich der Kurden beschreibt die Bewegung<br />

die kombinierten Gefahren des Kommunismus, Separatismus<br />

und Zionismus. Anhand dieses Konfliktes kann sie alle möglichen<br />

Feindbilder, von den Griechen bis zu den Amerikanern auflisten<br />

und Ängste in der Bevölkerung über Bedrohungsszenarien und<br />

verschiedene Variationen der Verschwörungstheorien wachrufen.<br />

Vor diesem Hintergrund bietet die Bewegung der Grauen Wölfe,<br />

mit ihrer ethnisch (rassistisch)-nationalistisch orientierten, stark islamisch<br />

gefärbten Ideologie, mit ihrer Gewaltbereitschaft und den<br />

am Führerprinzip ausgerichteten totalitären Strukturen Nährboden<br />

auch für islamistisch geprägte extremistischen Bewegungen.“<br />

Betroffen sind davon alle, die als Feindbild für die Ülkücü herhalten.<br />

Immer wieder finden sich verdeckte, oder sogar offene Aufrufe<br />

zur Gewalt an Andersdenkenden.<br />

Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dürfen nicht<br />

zulassen, dass Menschen, welche eine rassistische und faschistoide<br />

Ideologie verfolgen sich in etablierten Organisationen unter dem<br />

Deckmantel der Seriosität niederlassen.<br />

Bei der <strong>SPD</strong> werden wir niemals akzeptieren, dass gegen Andersdenkende<br />

oder Kurden, Armenier, Juden, Amerikaner, Homosexuelle<br />

und Linksdenkende gehetzt wird.<br />

Mit aller Härte gehen die Ülkücü dabei gegen Sozialdemokratinnen<br />

und Sozialdemokraten vor, stören aber auch in Deutschland Linksdenkende<br />

Türkinnen und Türken bei Veranstaltungen. In der Türkei<br />

führen ihre Hetzen zu teils blutigen Auseinandersetzungen mit<br />

Toten während in Deutschland das Verhalten der Organisation den<br />

Separatismus fördert.<br />

Der Versuch der Türkischen Nazis die CDU, aber auch die <strong>SPD</strong><br />

zu unterlaufen geht an einigen Stellen auf. Das deutsch-türkische-<br />

Forum (DTF) der CDU ist bereits in der Presse gewesen wegen<br />

einiger Mitglieder aus dem türkischen rechtsextremen Spektrum.<br />

Wir als <strong>SPD</strong> sagen deshalb, dass solch eine Organisation niemals<br />

mit der Mitgliedschaft in der <strong>SPD</strong> vereinbar sein kann, denn wer<br />

<strong>SPD</strong>-Mitglied werden will und ist, ist sich bewusst, dass sich die<br />

<strong>SPD</strong> für ein demokratisches Deutschland der Völkerverständigung<br />

186


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

mit Vielfalt und Toleranz einsetzt. Volksverhetzungen ganz gleich<br />

gegen welche Ethnien oder Glaubensgemeinschaften, Übergriffe<br />

gegen Linksdenkende und Homosexuelle und Imperialistische<br />

Wunschvorstellungen längst vergangener Epochen werden bei der<br />

<strong>SPD</strong> nicht toleriert. Eine gutgemeinte Offenheit für Migrantenorganisationen<br />

wie den Ülkücü ist hier an der falschen Stelle.<br />

Für die Sozialdemokratie gilt: Wir dulden keinen Rassismus, Nationalismus<br />

oder Faschismus egal welcher Couleur er ist!<br />

Der Bundesparteitag der <strong>SPD</strong> fordert den <strong>SPD</strong>-Parteivorstand auf,<br />

einen Unvereinbarkeitsbeschluss zwischen der <strong>SPD</strong>-Mitgliedschaft<br />

und der „Föderation der Demokratischen Türkischen Idealistenverein<br />

in Deutschland e.V.“ (ADÜTF), der ATB oder ATIB auch<br />

genannt „Ülkücü“ („Idealisten“) oder „Bozkurt“ („Graue Wölfe“)<br />

zu fassen.<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 48<br />

Bezirk Hannover<br />

Resolution: Gegen Sexismus und<br />

Diskriminierung<br />

Die in den vergangenen Monaten geführte Debatte über sexistische<br />

Äußerungen von Politikern gegenüber Journalistinnen hat das<br />

überwunden geglaubte Thema der Diskriminierung von Frauen<br />

aufgrund ihres Geschlechts durch herabwürdigende, sexuell motivierte<br />

Äußerungen und Verhalten erneut in den Fokus gerückt.<br />

Wir wollen, dass sich die <strong>SPD</strong> solchem Verhalten aktiv entgegenstellt!<br />

Wir wollen erreichen, dass die Mitglieder und Gremien der<br />

<strong>SPD</strong> und ihre Funktionäre<br />

• das Thema „Sexismus“ aufgreifen und sich klar gegen jede Form<br />

von Verächtlichmachung von Frauen, sei es verbal, durch Gesten,<br />

Redewendungen oder Herstellung von sexualisierten Zusammenhängen<br />

wenden,<br />

• Sensibilität gegenüber offener und versteckter Diskriminierung<br />

entwickeln,<br />

• Hinweise auf sexistisches Verhalten ernst nehmen und nicht diejenigen<br />

verunglimpfen, die darauf hinweisen oder sich davon betroffen<br />

fühlen,<br />

• Anspielungen auf Sexualverhalten und körperliche Erscheinung<br />

in herabwürdigender, kompromittierender Form ächten,<br />

• in jeder Form der Kommunikation – auch in Formen von Social<br />

media - und Veranstaltungen einen respektvollen Umgang miteinander<br />

anstreben,<br />

• dominantes, männliches Redeverhalten thematisieren und durch<br />

persönliche Verhaltensänderungen sowie strukturelle Vorkehrungen<br />

(u.a. quotierte Redelisten, Begrenzung von Redezeiten,<br />

gendergerechte Sprache, mehr Beteiligung von Frauen bei Veranstaltungen)<br />

vermeiden,<br />

• auf geschlechtersensible Verhaltensweisen – z. B auch auf ungewollte<br />

körperliche Übergriffe beim verbreiteten „social kissing“<br />

- achten und einüben, dies insbesondere bei Abhängigkeitsverhältnissen<br />

zwischen Genossinnen und Genossen.<br />

O48<br />

Resolution: Gegen Sexismus und<br />

Diskriminierung<br />

Überweisung an die organisationspolitische Kommission beim<br />

<strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

187


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 49<br />

Landesverband Berlin<br />

Geschlechteridentität in Parteiformularen<br />

der <strong>SPD</strong><br />

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands wird aufgefordert,<br />

sämtliche Formulare der <strong>SPD</strong> und aller ihrer Gliederungen in Papierform<br />

und online zu ergänzen, in denen eine Angabe zum Geschlecht<br />

vorzunehmen ist. Neben den Kategorien „weiblich“ und<br />

„männlich“ werden die Möglichkeiten „keine Angabe“ oder einen<br />

Freitext einzufügen angeboten.<br />

O49<br />

Geschlechteridentität in Parteiformularen<br />

der <strong>SPD</strong><br />

Überweisung an organisationspolitische Kommission beim <strong>SPD</strong>-<br />

Parteivorstand<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 50<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Streichung des Begriffs „sozial<br />

schwach“ aus dem sozialdemokratischen<br />

Sprachgebrauch<br />

Wir fordern die Partei auf allen Gliederungsebenen auf, den Begriff<br />

„sozial schwach“ als Bezeichnung für Menschen mit geringem<br />

Einkommen aus dem sozialdemokratischen Sprachgebrauch zu<br />

streichen, da er diskriminierend ist. Außerdem sind auch viele ärmere<br />

Menschen – die <strong>SPD</strong> ist dafür ein beredtes Beispiel – gesellschaftlich<br />

engagiert, was das Gegenteil von „sozial-schwach“ ist.<br />

O50<br />

Streichung des Begriffs „sozial<br />

schwach“ aus dem sozialdemokratischen<br />

Sprachgebrauch<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich O<br />

Antrag 51<br />

Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />

Dynamisierung der Mitgliedsbeiträge<br />

fairer gestalten<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />

Mit der jeweiligen Übersendung der Beitragsbescheinigung erfolgt<br />

eine Information der Mitglieder über die jährliche Anpassung<br />

der Mitgliedsbeiträge zum Jahresbeginn. Dabei wird auch auf die<br />

Möglichkeit des Widerspruchs zur Erhöhung des persönlichen Mitgliedsbeitrags<br />

hingewiesen. Die Finanzordnung der <strong>SPD</strong> ist entsprechend<br />

anzupassen.<br />

O51<br />

Dynamisierung der Mitgliedsbeiträge<br />

fairer gestalten<br />

Überweisung an die Organisationspolitische Kommission beim<br />

<strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

55<br />

60<br />

65<br />

188


Sozialpolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 1<br />

Kreisverband Saarbrücken-Stadt (Landesverband Saar)<br />

Soziale Sicherungssysteme stärken -<br />

Kinder- und Altersarmut jetzt bekämpfen!<br />

Die Absicherungssysteme und -mechanismen gegen die Lebensrisiken<br />

Arbeitslosigkeit, Alter, Krankheit und Armut wurden in den<br />

vergangenen 15 Jahren drastisch geschwächt. Diese Entwicklungen<br />

schlagen sich nicht nur im Gerechtigkeitsgefühl der Bürgerinnen<br />

und Bürger, sondern auch in den Lebenswirklichkeiten der<br />

Menschen nieder. Kinder- und Altersarmut sind Fehlentwicklungen<br />

einer Sozialpolitik, die Missstände in der Armutsentwicklung nicht<br />

rechtzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen ergriffen hat. Die Folgekosten<br />

der Armutsentwicklung werden die Sozialsysteme langfristig<br />

erdrücken und das Solidaritätsgefüge in unserer Gesellschaft<br />

völlig aushebeln.<br />

Wir fordern daher sofortige Gegenmaßnahmen zur Bekämpfung<br />

von Altersarmut sowie Maßnahmen zur Stärkung von Teilhabe von<br />

Kindern, die von Armut betroffen und bedroht sind.<br />

Wir stehen für eine armutsfeste Arbeitsmarktpolitik! Wir fordern:<br />

• Versicherte, die dem Alterssicherungssystem langjährig – gemessen<br />

an der Erwerbsbiografie- als Beschäftigte angehört und<br />

Beiträge gezahlt haben, müssen im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit<br />

eine Rente erhalten, die es ermöglicht, den im Berufsleben<br />

erarbeiteten Lebensstandard armutsfest aufrecht zu erhalten.<br />

Wer über 30 Jahre regelmäßig in das Beitragssystem eingezahlt<br />

hat, der darf nicht durch Erwerbsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit<br />

in Armut enden.<br />

• Eine bessere Absicherung der Risiken Berufsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit,<br />

insbesondere die Bemessung des ALG I-Bezugs<br />

an der Dauer der erbrachten Erwerbstätigkeit.<br />

• Eine Anpassung der Löhne der Zeitarbeitnehmer/-innen nach einer<br />

spezifischen Einarbeitungsfrist an die Bezahlung der Stammbelegschaft.<br />

• Eine Verteuerung der Leiharbeit um 20 v.H. im Vergleich zum<br />

branchenüblichen Stundenlohn.<br />

Die sozialen Sicherungssysteme müssen zukunftssicher sein! Wir<br />

fordern:<br />

• Die gesetzliche Rentenversicherung ist die wichtigste Absicherung<br />

im Alter. Auf diese müssen sich alle Anstrengungen - insbesondere<br />

die staatlichen Zuschüsse - fokussieren.<br />

• Die gesetzliche Rentenversicherung muss auf alle Erwerbstätigen<br />

ausgedehnt werden, dies beinhaltet eine Abkehr vom berufsständischen<br />

System (z.B. für Beamte und Selbständige).<br />

• Die Bereinigung der Rentenformel um die Kürzungsfaktoren<br />

Nachhaltigkeits- und Riesterfaktor. Stattdessen fordern wir eine<br />

Wertschöpfungsabgabe nach dem Umsatz eines Unternehmens<br />

im Verhältnis zu Lohnsumme und Beschäftigtenzahl.<br />

• Den Ausbau der Grundsicherung im Alter, insbesondere die Berücksichtigung<br />

der Zuzahlungen im Gesundheitswesen.<br />

• Eine Reform der Kranken- und Pflegeversicherung als Bürgerversicherung,<br />

d.h. das Einzahlen aller Versicherten in eine gemeinsame<br />

Kasse, private Versicherungen dürfen nur als Zusatzversicherungen<br />

dienen. Darüber hinaus fordern wir die Rücknahme<br />

des Pflegeversicherungsbeitrags für Rentnerinnen und<br />

Rentner.<br />

• Zuzahlungen im Gesundheitssystem sind zurückzudrängen.<br />

Altersarmut ist weiblich. Deshalb fordern wir:<br />

• Die gesellschaftlichen Aufgaben der Kindererziehung und Pflege<br />

von Angehörigen sind in einem Modell der Gesamtleistungsbewertung<br />

anzuerkennen. Alle Zeiträume der Kindererziehung sind<br />

dabei gleich zu bewerten. Die Finanzierung dieser gesellschaftlichen<br />

Aufgaben hat aus Steuermitteln zu erfolgen.<br />

S1<br />

Soziale Sicherungssysteme stärken -<br />

Kinder- und Altersarmut jetzt bekämpfen!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

190


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

• Die Steigerung der Erwerbsquote von Frauen durch eine familienfreundliche<br />

Bildungs- und Sozialpolitik und die Ermöglichung<br />

geschlossener Versicherungsbiografien.<br />

• Die sofortige Abschaffung des Betreuungsgeldes und die Stärkung<br />

des Bezugs von Elterngeld für Männer.<br />

• Einen verbesserten Zugang von Frauen zu Führungspositionen<br />

durch eine gesetzliche Mindestquote in Verwaltungs- und Aufsichtsräten.<br />

• Eine gesetzliche Verankerung des Equal-Pay-(gleicher Lohn)-<br />

Grundsatzes.<br />

Paritätische Finanzierung statt Privatisierung zu Lasten der Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer! Wir fordern:<br />

• Die Beibehaltung der paritätischen Finanzierung der Alterssicherung.<br />

• Die betriebliche Altersversorgung mit paritätischer Arbeitgeberbeteiligung<br />

muss verpflichtend eingeführt werden.<br />

• Die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe nach Umsatz eines<br />

Unternehmens im Verhältnis zu Lohnsumme und Beschäftigtenzahl,<br />

die kapitalintensive Betriebe stärker an der Finanzierung<br />

der Rentenversicherung beteiligt.<br />

• Eine Verbesserung der Einnahmesituation der Rentenversicherung<br />

durch allgemeine Versicherungs- und Beitragspflicht der<br />

gesamten Erwerbsbevölkerung.<br />

• Die Rückführung der Fördermittel der Riesterrente in die gesetzliche<br />

Rentenversicherung, wobei bestehende Rechtsansprüche<br />

erfüllt werden müssen.<br />

Inklusion erleichtern – gesellschaftliche Teilhabe schützt Kinder<br />

und Jugendliche vor dem Armutsteufelskreis Wir fordern:<br />

• Den Ausbau staatlicher Förderprogramme, finanziert durch den<br />

Bund, zur Ermöglichung von Teilhabe von Kindern und Jugendlichen.<br />

Dies betrifft im Einzelnen:<br />

- Bildungsmittel (wie z. B. Bücher),<br />

- Freizeitmaßnahmen (wie z. B. gemeinsame Klassenfahrten<br />

oder Ausflüge),<br />

- Mitgliedschaftsgebühren im Vereinswesen,<br />

- Ausrüstung für Sportvereine.<br />

• Diese Förderprogramme sind im Einzelnen möglichst unbürokratisch<br />

zu halten und in der Bevölkerung durch geeignete Kampagnen<br />

offensiv zu bewerben.<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 2<br />

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />

Solidarität statt Altersarmut<br />

Die gesetzliche Rentenversicherung muss gestärkt und ausgebaut<br />

werden<br />

Langzeitarbeitslosigkeit, atypische Beschäftigung und die Ausweitung<br />

von Niedriglohnsektoren haben in den letzten zwei Jahrzehnten<br />

zunehmend unsere Arbeitswelt geprägt. Das Arbeitsleben vieler<br />

Menschen ist brüchiger und poröser geworden. Auf Grundlage von<br />

Erwerbsbiographien mit Phasen der Unterbrechung und geringer<br />

Entlohnung droht künftig vielen Millionen von Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmern Armut im Alter bzw. ein Alterseinkommen, das<br />

der Lebensleistung der Menschen nicht mehr gerecht wird. Es besteht<br />

perspektivisch die Gefahr, dass die gesetzliche Rente selbst<br />

nach sehr langen Beitragszeiten auf ein Grundsicherungsniveau reduziert<br />

wird, das Bedürftigen auch ohne jahrzehntelange Beitragsleistung<br />

zustünde. Dies würde die gesellschaftliche Akzeptanz des<br />

Generationenvertrages bzw. der gesetzlichen Rente aushöhlen und<br />

das Tor für neoliberale Systemveränderer weit aufstoßen.<br />

Die Rentenpolitik der letzten beiden Jahrzehnte stand vor allem<br />

unter dem Diktat niedriger Lohnnebenkosten. Rentenzahlungen<br />

wurden durch Verschärfung der Zugangsbestimmungen und durch<br />

Absenkung des Rentenniveaus kontinuierlich reduziert. Dadurch<br />

S2<br />

Solidarität statt Altersarmut<br />

Überweisung an die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

191


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

hat die Rente in der Bevölkerung stark an Reputation verloren und<br />

das Vertrauen der Menschen in die staatlichen Systeme der sozialen<br />

Sicherung Schaden genommen. Um in Zukunft eine massive Zunahme<br />

von sozialer Ungleichheit und Armut bei älteren Menschen<br />

zu verhindern, muss die Rentenpolitik neu ausgerichtet werden.<br />

Lebensstandard im Alter<br />

Mit der Deckelung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung<br />

auf maximal 22 Prozent für das Jahr 2030 und die<br />

Jahre bis dorthin, wie sie seit 2002 gesetzlich vorgeschrieben ist,<br />

wurde ein einschneidender rentenpolitischer Paradigmenwechsel<br />

vorgenommen. Denn bis zu diesem Zeitpunkt verfolgte die Rentenpolitik<br />

das primäre Ziel, den erarbeiteten Lebensstandard nach<br />

45 Versicherungsjahren mit Durchschnittsverdienst allein durch die<br />

gesetzliche Rente abzusichern. Die Abkehr der Rentenpolitik vom<br />

Ziel der Lebensstandardsicherung bzw. die Ausrichtung auf das alleinige<br />

Ziel der Beitragsstabilität erfolgte um den Preis einer drastischen<br />

Absenkung der künftigen Rentenleistungen um knapp ein<br />

Viertel bis 2030.<br />

Das Sicherungsziel der gesetzlichen Rente wird grundsätzlich<br />

durch das sog. Rentenniveau bzw. Standardrentenniveau ausgedrückt.<br />

Es basiert auf der Annahme einer durchschnittlichen Erwerbsbiographie<br />

mit 45 Entgeltpunkten (45 Jahre Beitragszahlung<br />

jeweils mit dem Durchschnittsverdienst aller Versicherten). Die<br />

daraus resultierende Rente wird dann ins Verhältnis gesetzt zum<br />

aktuellen Durchschnittsentgelt der Versicherten. Das Rentenniveau<br />

gibt daher Auskunft über die Teilhabeposition der Rentner im Verhältnis<br />

zu den Erwerbstätigen.<br />

Bis zum Jahr 2005 wurde als relevante Messlatte das sog. „Nettorentenniveau“<br />

verwendet. Der Jahresbetrag der Nettostandardrente<br />

(Bruttostandardrente aus 45 Entgeltpunkten abzüglich der Rentnerbeiträge<br />

zur Kranken- und Pflegeversicherung) wurde rechnerisch<br />

ins Verhältnis gesetzt zum durchschnittlichen Nettoarbeitsverdienst<br />

der Aktiven (Bruttolöhne abzüglich Steuern und Sozialabgaben,<br />

entnommen aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung). Als<br />

unterer Richtwert für eine lebensstandardsichernde gesetzliche Altersrente<br />

galt bis 1998 ein Nettorentenniveau von ca. 70 Prozent.<br />

Mit 45 durchschnittlichen Beitragsjahren konnte also eine Nettorente<br />

erzielt werden, die 70 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens<br />

entsprach. Infolge der Riester-Reformen und des<br />

RV-Nachhaltigkeitsgesetzes wurde eine drastische Absenkung des<br />

Nettorentenniveaus auf nur mehr 58,5 Prozent für das Jahr 2030<br />

vorgenommen. Durch den Übergang auf die sog. nachgelagerte<br />

Besteuerung der Renten durch das Alterseinkünftegesetz sinkt das<br />

Rentenniveau für den Rentenzugang des Jahres 2030 sogar auf nur<br />

mehr 52,5 Prozent.<br />

Der Übergang auf die nachgelagerte Besteuerung hat das bis dato<br />

geltende Nettorentenniveau als allgemeine Messlatte zur Bestimmung<br />

des Sicherungsziels der Rente faktisch ausgehebelt. Denn<br />

künftig entscheidet das Rentenzugangsjahr über die Höhe des<br />

Anteils der Rente, der besteuert wird. Seither verwendet der Gesetzgeber<br />

daher nicht mehr das Nettorentenniveau, um sein Sicherungsziel<br />

zu beschreiben, sondern das sog. „Sicherungsniveau vor<br />

Steuern“. Dabei wird von der steuerlichen Belastung sowohl der<br />

Arbeitsentgelte als auch der Renten abgesehen. Gemessen an diesem<br />

„Sicherungsniveau vor Steuern“ sinkt das gesetzliche Rentenniveau<br />

von anfänglich 53 Prozent in 2000 auf nur mehr 43 Prozent<br />

im Jahr 2030.<br />

Die Niveaukürzungen wurden dabei im Kern durch die Einführung<br />

des sog. „Riester-Faktors“ und des sog Nachhaltigkeitsfaktors in<br />

die Rentenformel bewerkstelligt. Der Riester-Faktor unterstellt<br />

fiktiv, dass alle Arbeitnehmer 4 Prozent ihres jährlichen Bruttoeinkommens<br />

für private Altersvorsorge aufwenden. Damit wird<br />

die Entwicklung der Nettoentgelte niedriger ausgewiesen als sie<br />

tatsächlich stattfindet, weil nicht der tatsächlich viel niedrigere<br />

Verbreitungs- und Durchdringungsgrad der Riestervorsorge berücksichtigt<br />

wird. Der Nachhaltigkeitsfaktor soll dagegen auch die<br />

künftigen Veränderungen im Verhältnis von Rentnern zu Beitrags-<br />

192


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

zahlern widerspiegeln. Der Anstieg der Renten wird bei einer Erhöhung<br />

der Zahl der Rentner im Verhältnis zur Zahl der Beitragszahler<br />

gedämpft. Im Ergebnis wurden damit die Renten effektiv von<br />

der Lohnentwicklung abgekoppelt.<br />

Die Konsequenzen für das System der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

sowie für dessen Akzeptanz sind weitreichend. Denn mit<br />

der drastischen Absenkung des Rentenniveaus steigt die Anzahl<br />

der künftig erforderlichen Beitragsjahre signifikant an, um einen<br />

zahlbaren Rentenanspruch wenigstens in Höhe der vorleistungsunabhängigen<br />

sozialen Grundsicherung erwerben zu können. Anders<br />

ausgedrückt: trotz jahrzehntelanger Beitragszahlung droht künftig<br />

Sozialbedürftigkeit bzw. eine Anspruchshöhe, die auch ohne Beitragsleistung<br />

zustünde.<br />

So reichten im Jahr 2006 für einen Durchschnittsverdiener noch<br />

26,5 Beitragsjahre aus, um einen Nettorentenanspruch auf Höhe<br />

der sozialen Grundsicherung zu erwerben. Im Jahr 2009 waren es<br />

schon 27,5 Jahre. Infolge der weiteren Absenkung des Rentenniveaus<br />

wird die Zahl der erforderlichen Beitragsjahre mit Durchschnittsverdienst<br />

um weitere fünf Jahre auf dann etwa 32,5 Jahre<br />

ansteigen. Erst jenseits dieser Schwelle wird der Durchschnittsverdiener<br />

(derzeit gut 2.500 Euro brutto monatlich) einen Anspruch<br />

oberhalb der Sozialbedürftigkeit erwerben können. Während sich<br />

die Position der Durchschnittsverdiener also relativ verschlechtern<br />

wird, werden die Beschäftigten in Niedriglohnregionen oder Niedriglohnsektoren<br />

kaum mehr Rentenansprüche oberhalb des Grundsicherungsniveaus<br />

erwerben können. Denn mit einem Verdienst<br />

von ca. 75 Prozent des Durchschnitts wird die Sozialhilfeschwelle<br />

künftig erst nach gut 43 Beitragsjahren erreicht sein (heute: nach<br />

35,5 Jahren). Es ist dabei zu berücksichtigen, dass ein Wert von 75<br />

Prozent des Durchschnittseinkommens aller Versicherten (monatlich<br />

1.875 Euro brutto) immer noch deutlich über dem anvisierten<br />

Mindestlohnniveau von derzeit 8,50 Euro liegt (ca. 1.470 Euro bei<br />

Vollzeittätigkeit).<br />

Wir können nicht akzeptieren, dass Altersarmut wieder zu einem<br />

Massenphänomen in unserer Gesellschaft wird. Denn es ist eine<br />

der großen zivilisatorischen Leistungen des solidarischen und umlagefinanzierten<br />

Rentensystems, die Altersarmut weitgehend zurückgedrängt<br />

zu haben. Die Reichtums- und Armutsberichte der<br />

Bundesregierung belegen, dass das Risiko von Altersarmut bislang<br />

unterdurchschnittlich stark ausgeprägt ist. Doch die derzeit vergleichsweise<br />

günstige Einkommenssituation im Alter beruht auf<br />

den kontinuierlichen, von Arbeitslosigkeit wenig betroffenen Erwerbsbiographien<br />

der 50er bis 80er Jahre.<br />

Vor Einführung der dynamischen Altersrente im Jahr 1957 befand<br />

sich die gesetzliche Rente dagegen auf dem Niveau eines begrenzten<br />

Einkommenszuschusses im Alter und konnte daher Altersarmut<br />

nicht wirksam verhindern. Eine lebensstandardsichernde Altersversorgung<br />

stellt deshalb einen fundamentalen gesellschaftlichen<br />

Fortschritt dar, der auch künftig durch einen vernünftigen Vorsorge-Mix<br />

aus umlagefinanzierter staatlicher Rente als Hauptsäule der<br />

Alterssicherung, Betriebsrentenansprüchen und übergangsweise<br />

auch durch die staatlich geförderte Zusatzvorsorge (Riester-Rente)<br />

gesichert werden muss. Die Rentenpolitik muss sich vorrangig<br />

daran messen lassen, ob sie diesen Fortschritt bewahrt. Die langfristige<br />

Stabilisierung der Beitragssätze ist beschäftigungspolitisch<br />

sicherlich sinnvoll. Doch die Rentenpolitik muss – weil die gesetzliche<br />

Rente als beitragsfinanzierte Versicherung organisiert ist - zunächst<br />

ein angemessenes Sicherungsziel definieren. Der Generationenvertrag<br />

wird nur dann eine Zukunft haben, wenn Altersarmut<br />

in großem Stil zuverlässig vermieden werden kann und die Altersrenten<br />

nach lebenslanger Erwerbsarbeit und Beitragszahlung den<br />

erarbeiteten Lebensstandard absichern können. Die Rentenpolitik<br />

darf sich deshalb nicht auf das Ziel einer langfristigen Stabilität der<br />

Beitragssätze verengen lassen. Dies gilt vor allem dann, wenn der<br />

Beitragsanteil der Arbeitgeber de facto eingefroren wird, die Aufwendungen<br />

für eine private Altersvorsorge aber ausschließlich den<br />

Versicherten aufgebürdet werden.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

193


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Risiken kapitalgedeckter Privatvorsorge<br />

Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund der globalen Finanzkrise,<br />

die die neoliberalen Protagonisten einer vorwiegend kapitalgedeckten<br />

Altersvorsorge gründlich blamiert hat. Im Krisenjahr 2008 haben<br />

die privaten Pensionsfonds nach OECD-Angaben weltweit insgesamt<br />

23% ihres Werts eingebüßt, was rund 5,4 Billionen Dollar<br />

entspricht. Das bedeutet, dass viele Menschen einen beträchtlichen<br />

Teil ihrer in Altersvorsorgeplänen und anderen Vermögenswerten<br />

angelegten Altersersparnisse verloren haben. Alle über 45-Jährigen<br />

müssen nach OECD-Berechnungen mit Einbußen ihrer Pensionsansprüche<br />

von 17-25 Prozent rechnen. Damit sind die eklatanten<br />

Risiken einer zu starken Säule der privaten und kapitalgedeckten<br />

Altersversorgung evident geworden. Die Ausweitung kapitalgedeckter<br />

Elemente in der Altersversorgung hat in den letzten Jahrzehnten<br />

einen spekulationsgetriebenen Finanzkapitalismus befeuert,<br />

der auf kurzfristige Renditen statt auf nachhaltige Unternehmensentwicklung<br />

setzt. Diese Entwicklung muss grundlegend korrigiert<br />

werden, wenn der Wandel hin zu einem auf Nachhaltigkeit<br />

und sozial-ökologischer Verantwortung basierenden Wirtschaftsmodell<br />

gelingen soll.<br />

Auch die Annahmen zur langfristigen Renditeentwicklung der<br />

staatlich geförderten kapitalgedeckten Privatvorsorge („Riester-<br />

Rente“) mit jahresdurchschnittlich 4 Prozent stehen vor dem Hintergrund<br />

der jüngsten Finanzmarktentwicklungen auf tönernen Füßen.<br />

In den ursprünglichen Szenarien, die dieser Teilprivatisierung<br />

der Altersvorsorge zugrundelagen, wurde nachgerade ein Kardinalfehler<br />

der damaligen Privatisierungs- und Finanzmarkteuphorie<br />

auch von regierungsamtlicher Seite nachvollzogen: Bei Annahme<br />

eines jahresdurchschnittlich realen Wirtschaftswachstums von<br />

1,7 Prozent wurde dennoch eine Kapitalverzinsung (der Riester-<br />

Produkte) von 4 Prozent erwartet (Rürup-Kommission). Ein derartiges<br />

Auseinanderklaffen der realen Wachstumsentwicklung von<br />

der (fiktiven) Kapitalverzinsung impliziert dabei einen ständig fallenden<br />

Anteil der Löhne am Volkseinkommen und geht damit von<br />

einer fatalen langfristigen Umverteilung zugunsten der Kapitaleinkommen<br />

aus. Dass sich aufgrund einer derartigen Entkoppelung<br />

der fiktiven Kapitalverzinsung von der realen Wertschöpfung spekulative<br />

Blasen bilden und Finanzmarktkrisen die Renditen beeinträchtigen,<br />

wurde geflissentlich ausgeblendet.<br />

Für die Arbeitnehmerseite bedeutete die Teilprivatisierung auch<br />

keineswegs eine Entlastung von den Kosten einer lebensstandardsichernden<br />

Altersvorsorge. Denn statt eines höheren Rentenbeitrages<br />

müssen jetzt höhere Aufwendungen für die private Zusatzvorsorge<br />

geleistet werden. Die private freiwillige Altersvorsorge wirkt dabei<br />

höchst ungerecht, weil sich längst nicht alle Versicherten lebenslang<br />

eine zusätzliche Privatvorsorge leisten können. Fakt ist,<br />

dass Riester-Produkte von den Personen, die nach der heutigen<br />

Gesetzeslage am dringendsten zusätzliche Altersversorgung benötigen<br />

würden, am wenigsten in Anspruch genommen werden – sie<br />

können sich Riester schlicht und ergreifend nicht leisten. Viele Beschäftigte<br />

werden daher das reduzierte gesetzliche Rentenniveau<br />

nicht mit zusätzlichen privaten Prämienzahlungen kompensieren<br />

können. Es muss daher im Zuge der Teilprivatisierung mit einer<br />

Zunahme der Einkommensungleichheit im Alter gerechnet werden.<br />

Zudem sind die geförderten Altersvorsorgeprodukte mit zahlreichen<br />

gravierenden Mängeln behaftet, wie eine umfängliche Studie<br />

der Verbraucherzentrale im Jahr 2009 ergeben hat (keine nutzbaren<br />

Kosteninformationen, fehlende Markttransparenz u.a.). Die Teilprivatisierung<br />

der Altersversorgung wird daher weder hinsichtlich der<br />

Reichweite noch hinsichtlich der Renditeentwicklung die Lücken<br />

schließen können, die infolge der Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus<br />

entstanden sind.<br />

Produktivität schlägt Demographie<br />

Die kapitalgedeckte private Vorsorge kann zudem auch nicht gegen<br />

die demographische Entwicklung wirken, weil jeder Aufwand<br />

einer Periode immer aus dem laufenden Volkseinkommen bezahlt<br />

werden muss. Im Rahmen einer Kapitaldeckung führt die Alte-<br />

194


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

rung der Gesellschaft zu niedrigeren Renditen, weil der Anteil der<br />

Älteren steigt, die sich zur Finanzierung des Altenteils entsparen<br />

und ihre Eigentumstitel verkaufen müssen; während gleichzeitig<br />

aber – auch im Weltmaßstab - der Anteil der Jüngeren sinkt, die<br />

diese Eigentumstitel nachfragen können. Bei steigendem Angebot<br />

und sinkender Nachfrage sinkt somit die Kapitalverzinsung. Weil<br />

Kapitaldeckung nicht nur über das Horten von Konsumgütern und<br />

Bargeld erfolgen kann, ist es realwirtschaftlich nicht möglich, dass<br />

jede Generation für sich selber vorsorgt. Vielmehr ist jede Generation<br />

immer auf die Solidarität der nachfolgenden (Erwerbstätigen-)<br />

Generation angewiesen. Zur Generationensolidarität kann es daher<br />

gesellschaftlich keine vernünftige Alternative geben. Die Beiträge<br />

der erwerbstätigen Generation bilden hierbei nicht nur die Basis<br />

für die eigene Alterssicherung, sondern stellen auch eine Gegenleistung<br />

für die Leistungen der älteren Generation dar, die sie für<br />

die jeweils jüngeren Altersgruppen erbracht haben (Unterhalt, Erziehung,<br />

Ausbildung, größerer volkswirtschaftlicher Kapitalstock).<br />

In umlagefinanzierten Systemen erfolgen die Anpassungen, orientiert<br />

auch der jeweiligen Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung,<br />

über politische Entscheidungsprozesse. Der demographische<br />

Wandel ist ja auch kein neues Phänomen. Schon seit Gründung der<br />

deutschen Rentenversicherung im vorletzten Jahrhundert verändert<br />

sich die Relation von Jüngeren und Älteren (fortlaufend steigende<br />

Lebenserwartung, sinkende Geburtenraten). Die daraus resultierenden<br />

Verschiebungen in der Altersstruktur führen unbestritten dazu,<br />

dass eine abnehmende Anzahl von Menschen im erwerbsfähigen<br />

Alter einer steigenden Anzahl von Menschen im Rentenalter gegenübersteht.<br />

So entfielen im Jahr 1900 noch 12,5 Erwerbsfähige<br />

auf eine Person im Rentenalter (65); im Jahr 1950 waren es nur<br />

noch 7 Erwerbsfähige, in 1975 waren es 4,5 und heute sind es noch<br />

3,3 Erwerbsfähige. Im Jahr 2030 werden es nur mehr 2,3 Personen<br />

sein. Doch trotz der sich ständig verschlechternden Relation der<br />

Älteren zu den Jüngeren sowie einer im Zeitverlauf zunehmenden<br />

Beitragsbelastung der Aktiven ist der Lebensstandard der jeweils<br />

erwerbstätigen Generation im Zeitverlauf ebenfalls angestiegen.<br />

Der Schlüssel für das Verständnis dieser nur scheinbar paradoxen<br />

Entwicklung (steigender Lebensstandard trotz steigender „Alterslast“)<br />

liegt in der ansteigenden Arbeitsproduktivität. Infolge des<br />

technisch-arbeitsorganisatorischen Fortschritts und besserer Ausbildung<br />

kann ein Erwerbstätiger pro durchschnittliche Arbeitsstunde<br />

einen höheren Output produzieren. Die steigende Beitragslast<br />

im Zuge der Alterung ist also eine relative Mehrbelastung der<br />

künftig Erwerbstätigen insoweit, als ein höherer Anteil des Einkommens<br />

der Aktiven des Jahres 2030 für die Altersversorgung abgezweigt<br />

werden muss. Diese relative Mehrbelastung führt jedoch<br />

wegen der steigenden Arbeitsproduktivität eben nicht zu einem<br />

abnehmenden Lebensstandard der künftigen Erwerbstätigengenerationen,<br />

sondern - wie in der Vergangenheit auch – zu einem Anstieg<br />

des künftigen Lebensstandards. Nach den Berechnungen der<br />

Rürup-Kommission wird die Arbeitsproduktivität im langfristigen<br />

Durchschnitt mit 1,8 Prozent jährlich ansteigen, sodass das preisbereinigte<br />

Bruttoinlandsprodukt von 2002 bis 2040 von 1,98 Bio.<br />

Euro auf dann 3,63 Bio. Euro ansteigen wird. Da sich zudem die<br />

Bevölkerungszahl vermindert, wird das verteilbare Sozialprodukt<br />

pro Kopf sogar noch stärker ansteigen (von 24.200 Euro auf 46.500<br />

Euro pro Jahr). Die erwerbstätige Bevölkerung wird also künftig<br />

wegen der steigenden Produktivität und trotz höherer „Alterslast“<br />

eine deutlich höhere Kaufkraft erreichen als die heutige Erwerbstätigengeneration<br />

trotz vergleichsweise niedrigerer Beitragslast.<br />

Das Risiko von Altersarmut gezielt bekämpfen<br />

Der Befund, wonach sich das Risiko von Altersarmut in den<br />

nächsten Jahrzehnten signifikant erhöht (Anwartschaften der Geburtsjahre<br />

1942 – 1961), wird sowohl von der Studie „Altersvorsorge<br />

in Deutschland 2005“ (Deutsche Rentenversicherung Bund<br />

/ Bundesarbeitsministerium) als auch durch eine aktuelle Studie<br />

des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung vom März 2010<br />

(„Erwerbsbiographien und Alterseinkommen im demographischen<br />

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Wandel – eine Mikrosimulationsstudie für Deutschland“) bestätigt.<br />

Das Risiko der Altersarmut liegt primär in der Erwerbsphase begründet<br />

(zunehmende Arbeitslosigkeit und niedrige Lohnpositionen).<br />

Mit einer sozial orientierten Arbeits- und Beschäftigungspolitik –<br />

angefangen von der Begrenzung der Leiharbeit über die Einführung<br />

des gesetzlichen Mindestlohnes bis hin zur Durchsetzung<br />

einer produktivitätsorientierten Lohnpolitik – wollen wir die Ursachen<br />

dieser Entwicklung konsequent bekämpfen, damit künftig<br />

wieder kontinuierliche und auf guter Arbeit basierende Erwerbsbiographien<br />

entstehen können. Für die zurückliegenden zwei<br />

Jahrzehnte sind jedoch bereits Rentenanwartschaften entstanden,<br />

die auf unterbrochenen Versicherungsverläufen und zunehmender<br />

Niedriglohnarbeit beruhen und damit das Risiko der Altersarmut in<br />

sich tragen.<br />

Akzeptanz für die gesetzliche Rentenversicherung sinkt<br />

Wenn heute bereits in einigen Regionen Deutschlands die Durchschnittsrente<br />

um oder gar unter dem Satz der Grundsicherung im<br />

Alter liegt und das Rentenniveau absehbar weiter sinkt, wird die<br />

Akzeptanz des solidarisch und umlagefinanzierten gesetzlichen<br />

Rentenversicherungssystems weiter absinken. Die Rufe nach Abschaffung<br />

der gesetzlichen Rentenversicherung und nach mehr sogenannter<br />

„Eigenverantwortung“ würden lauter.<br />

Wir plädieren daher für einen grundlegenden Kurswechsel in der<br />

Rentenpolitik. Wir wollen das System der gesetzlichen Alterssicherung<br />

so reformieren, dass die Ziele der Lebensstandardsicherung<br />

und der strukturellen Armutsfestigkeit wieder innerhalb des gesetzlichen<br />

Rentensystems erreicht werden können. Nur die Rückkehr<br />

zu einer lebensstandardsichernden Altersrente kann der jahrzehntelangen<br />

Arbeits- und Beitragsleistung der Versicherten gerecht<br />

werden und kann neues Vertrauen in den Generationenvertrag begründen.<br />

Wir schlagen zur Umsetzung und Finanzierung einer lebensstandardsichernden<br />

Rente folgende Maßnahmen vor:<br />

Eckpunkte eines neuen Generationenvertrages<br />

Anhebung des Rentenniveaus und Streichung des Nachhaltigkeitsfaktors<br />

Die Definition des Rentenniveaus muss dem Ziel entsprechen, nach<br />

45 Beitragsjahren mit durchschnittlichem Verdienst einen lebensstandardsichernden<br />

Rentenanspruch zu erwerben. Dieser entsprach<br />

nach altem Recht einem Nettorentenniveau von etwa 70 Prozent<br />

des durchschnittlichen Nettoeinkommens aller Versicherten. Nachdem<br />

durch den unumkehrbaren Übergang auf die nachgelagerte<br />

Rentenbesteuerung der Rückgriff auf das Nettorentenniveau alter<br />

Prägung jedoch nicht mehr möglich ist, muss ein Rentenniveau<br />

definiert werden, das dieses von der steuerlichen Seite abstrahiert.<br />

Geeignet wäre hierfür ein „Rentenniveau nach Sozialversicherungsbeiträgen“:<br />

dieses setzt die Nettostandardrente nach 45 Beitragsjahren<br />

ins Verhältnis zum durchschnittlichen Bruttoeinkommen<br />

nach Abzug sämtlicher Sozialbeiträge der Arbeitnehmer. Die<br />

Einkommenssteuer bleibt unberücksichtigt. Das „Rentenniveau<br />

nach Sozialversicherungsbeiträgen“ entsprach im Jahr 2000 etwa<br />

einem Wert von 56 Prozent (heute: 52,3 Prozent) und ist wieder auf<br />

diesen Wert anzuheben und konstant zu halten.<br />

Die künftige Rentenformel würde deutlich vereinfacht, denn es<br />

gehen nur mehr die Entwicklung der Bruttolöhne sowie die Veränderung<br />

der Sozialversicherungsbeiträge in die Berechnung der<br />

Rentensteigerungen ein. Der „Nachhaltigkeitsfaktor“ ist aus der<br />

Rentenformel herauszunehmen. Der „Riester-Faktor“ darf höchstens<br />

in dem Maße in der Formel berücksichtigt werden, wie er der<br />

tatsächlichen Verbreitung und Durchdringung der Riester-Produkte<br />

entspricht. Nachdem eine lebensstandardsichernde Altersrente wieder<br />

im Rahmen des gesetzlichen Rentensystems anvisiert wird,<br />

kann sich die steuerliche Förderung von Riester-Produkten auf die<br />

bestehenden Verträge beschränken. Ein Förderung von Neuverträgen<br />

wird damit hinfällig.<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Mindestbeitragsbemessungsgrundlage durch gesetzlichen<br />

Mindestlohn<br />

Da sich die individuelle Einkommensposition im Erwerbsleben in<br />

der späteren Rente widerspiegelt, kommt einem gesetzlichen Mindestlohn<br />

eine Schlüsselrolle bei der Vermeidung von Altersarmut<br />

zu. Denn ein gesetzlicher Mindestlohn zöge für alle Vollzeitbeschäftigten<br />

einen nicht unterschreitbaren Sockel für beitragsfinanzierte<br />

Rentenanwartschaften ein. Um einen Rentenanspruch mindestens<br />

in Höhe des Grundsicherungsbedarfs zu erwerben, wären<br />

derzeit ca. 27,5 Entgeltpunkte erforderlich. Diesen entspräche gegenwärtig<br />

ein Mindestlohn von ca. 8,70 Euro in den alten Ländern<br />

bzw. 8,20 Euro in den neuen Ländern. Mit der damit bewirkten Sockelung<br />

der Rentenanwartschaften würde ein nachhaltiger Beitrag<br />

zur Reduzierung des Armutsrisikos im Alter geleistet, weil bereits<br />

eine der Ursachen im vorgelagerten System der Erwerbsarbeit entschärft<br />

würde. Dies gilt umso mehr, als der gesetzliche Mindestlohn<br />

durch entsprechende Regelungen dynamisiert wird.<br />

Ausweitung der „Rente nach Mindesteinkommen“<br />

Bereits seit der Rentenreform 1972 existiert im geltenden Rentenrecht<br />

eine Norm (§262 SGB VI), die eine höhere Bewertung von<br />

Zeiten der Niedriglohntätigkeit vorsieht (sog. „Rente nach Mindesteinkommen“),<br />

falls bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.<br />

Damit sollen regional- und branchenbedingte Lohngefälle partiell<br />

ausgeglichen werden. Die Regelung greift für langjährig Versicherte,<br />

die mindestens 35 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten aufweisen.<br />

Hierzu zählen sämtliche Beitrags-, Ausfall- und Ersatzzeiten sowie<br />

alle Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten, damit<br />

insbesondere auch Frauen von der Regelung profitieren können.<br />

Bei Erfüllung dieser Voraussetzung werden alle Beitragszeiten mit<br />

Niedriglöhnen um 50 Prozent aufgewertet, maximal bis zu einer<br />

Höhe von 75 Prozent des Durchschnittsverdienstes (ein Monatsverdienst<br />

von 1000 Euro wird also in der Rentenberechnung fiktiv<br />

so behandelt, als sei ein Entgelt von 1500 Euro erzielt worden).<br />

Allerdings ist die Regelung begrenzt auf Beitragszeiten, die bis<br />

31.12.1991 zurückgelegt wurden. Damit werden die problematischen<br />

Entwicklungen der letzten Jahrzehnte nicht mehr von der Regelung<br />

erfasst. Wir schlagen deshalb vor, die Regelung der Rente<br />

nach Mindesteinkommen zunächst auf alle Beitragszeiten bis zum<br />

31.12.2010 auszuweiten. Nach tatsächlicher Einführung eines gesetzlichen<br />

Mindestlohnes, der auch zu einer entsprechenden Steigerung<br />

der Rentenanwartschaften führt, kann über einen endgültigen<br />

Zeitpunkt entschieden werden.<br />

Bessere Bewertung von Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit<br />

Die Zeiten des Bezugs von Arbeitslosenhilfe bis 31.12.2004 sowie<br />

der Grundsicherung für Arbeitssuchende ab 01.01.2005 sollen<br />

künftig wieder als beitragsgeminderte Zeiten in der Rentenberechnung<br />

Berücksichtigung finden. Sie werden damit in der Rentenberechnung<br />

mit dem Wert berücksichtigt, der dem durchschnittlichen<br />

Wert der Beitragszeiten des jeweiligen Versicherten entspricht.<br />

Damit spiegelt sich die jeweilige Lebensleistung der Versicherten<br />

angemessen in der Bewertung dieser Zeiten wieder. Um eine<br />

Schlechterstellung von Beziehern des regulären Arbeitslosengeldes<br />

I zu verhindern, soll maximal ein Wert von 0,5 Entgeltpunkten für<br />

jedes Bezugsjahr gewährt werden (entspricht einem halben Durchschnittsverdienst).<br />

Die jährliche Rentenanwartschaft erhöht sich<br />

damit von etwa 2,19 Euro (geltende Regelung) auf bis zu 13,60<br />

Euro (halber Durchschnittsverdienst). Damit eine Subventionierung<br />

hoher Arbeitseinkommen unterbleibt, soll die Regelung nur<br />

für Versicherte greifen, die zum Zeitpunkt des Rentenbeginns nicht<br />

mehr als 35 Entgeltpunkte aufweisen.<br />

Reform der Renten wegen Erwerbsminderung<br />

Die gesetzliche Rentenversicherung sichert seit jeher nicht nur das<br />

Altersrisiko ab, sondern dient ebenso zur Absicherung bei Erwerbsunfähigkeit.<br />

Bei voller Erwerbsminderung nimmt die Erwerbsminderungsrente<br />

daher eine Lohnersatzfunktion ein. Doch mit der Ein-<br />

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führung von sog. „versicherungsmathematischen Abschlägen“ von<br />

bis zu 10,8 Prozent bei einem Bezug der Erwerbsminderungsrente<br />

vor Vollendung des 63. Lebensjahres wurde die Lohnersatzfunktion<br />

dieser Rente massiv beeinträchtigt. Trotz verlängerter Zurechnungszeit<br />

liegt der durchschnittliche Zahlbetrag einer vollen Erwerbsminderungsrente<br />

spürbar unter dem der Altersrenten. Die im<br />

Jahr 2000 eingeführten Abschläge bei einer eintretenden Erwerbsminderung<br />

sind systematisch jedoch nicht zu rechtfertigen, da die<br />

Erwerbsgeminderten über keine individuelle Wahlmöglichkeit<br />

hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Einschränkungen und der daran<br />

anknüpfenden Rente verfügen. Weil sich jedoch viele Erwerbsgeminderte<br />

eine Erwerbsminderungsrente auf dem heutigen Niveau<br />

buchstäblich nicht leisten können, wird oftmals – trotz eindeutiger<br />

Diagnosen - auf Kosten der eigenen Gesundheit weitergearbeitet.<br />

Um diese problematischen Entwicklungen einzudämmen, sind<br />

Renten wegen voller Erwerbsminderung künftig in jedem Falle<br />

wieder ohne Abschläge zu gewähren (entspricht zur Finanzierung<br />

einem zusätzlichen Beitragsvolumen von ca. 0,4 Prozentpunkten<br />

im Jahr 2030 nach internen Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung<br />

Bund).<br />

Zurechnungszeiten müssen bis zum 62. Lebensjahr angehoben<br />

werden. Arbeitslose ab 60 Jahre mit Leistungsminderung, aber<br />

ohne Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente, sollen einen<br />

Anspruch auf eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung<br />

bekommen. Das Erwerbsminderungsrisiko ist auch in der zweiten<br />

und dritten Säule der Alterssicherung zu einheitlichen Konditionen<br />

für die Versicherten abzusichern.<br />

Lebensarbeitszeit mit sozialem Augenmaß und flexibel gestaltbar<br />

Angesichts des sich verschiebenden Altersaufbaus der bundesdeutschen<br />

Bevölkerung sowie verlängerter Rentenlaufzeiten ist es<br />

grundsätzlich richtig, den Menschen eine längere Erwerbsphase<br />

zu ermöglichen. Kein Beschäftigter kann und soll daran gehindert<br />

werden, freiwillig auch über das 65. Lebensjahr hinaus zu arbeiten.<br />

Das ist schon jetzt neben einem Rentenbezug oder mit Zuschlägen<br />

von 0,5% pro Monat möglich. Das deutsche Rentenrecht ist damit<br />

bereits jetzt flexibler als in der öffentlichen Debatte oft behauptet<br />

wird.<br />

Weitreichende Veränderungen der Lebensarbeitszeit können jedoch<br />

nicht vorgenommen werden, ohne die Wirkungen auf Gesundheit<br />

und Arbeitsfähigkeit sowie auf die realen Beschäftigungschancen<br />

der Menschen im Alter zu berücksichtigen. So bestätigen die vorliegenden<br />

Daten der Bundesregierung die schmerzhafte Alltagserfahrung<br />

der älteren Beschäftigten: nur etwa 10 Prozent der 64jährigen<br />

Arbeitnehmer befinden sich in einem sozialversicherungspflichtigen<br />

Arbeitsverhältnis.<br />

Nur sozialversicherte Arbeitsplätze dürfen in die Bewertung einbezogen<br />

werden, denn mit ungeschützten Arbeitsverhältnissen können<br />

keine oder nur sehr geringe Rentenanwartschaften erworben<br />

werden. Damit ist klar: Für eine Mehrheit der über 65-Jährigen<br />

entpuppen sich die regierungsamtlich unterstellten Beschäftigungschancen<br />

als bloßes Trugbild. Die Behauptungen der Bundesregierung<br />

gehen an der Realität des Arbeitsmarktes vorbei. Dies gilt insbesondere<br />

auch vor dem Hintergrund eines permanent steigenden<br />

Leistungs- und Arbeitsdrucks in den Unternehmen.<br />

Mit der „Rente mit 67“ soll der Beitragssatzanstieg begrenzt werden.<br />

Die langfristige Stabilisierung der Beitragssätze ist beschäftigungspolitisch<br />

sinnvoll. Der Beitragssatzeffekt der Altersgrenzenanhebung<br />

auf das 67. Lebensjahr ist allerdings selbst in der<br />

langfristigen Perspektive höchst begrenzt. Der Beitragssatz der<br />

gesetzlichen Rentenversicherung wird nur um etwa 0,3 bis 0,5<br />

Punkte niedriger ausfallen als ohne Anhebung der Altersgrenzen.<br />

Die Auswirkungen auf die persönlich-individuelle Lebensplanung<br />

von Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie<br />

auf das Versorgungsniveau jener Menschen, die nicht bis zum 67.<br />

Lebensjahr arbeiten können, sind dagegen nicht akzeptabel. Gerade<br />

gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitnehmer, die formal dem<br />

Arbeitsmarkt noch zur Verfügung stehen, verfügen wegen ihrer<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

verminderten Leistungsfähigkeit faktisch kaum noch über reale Beschäftigungsperspektiven.<br />

Sie wären mit beträchtlichen Kürzungen<br />

ihrer Rentenansprüche konfrontiert.<br />

Die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre war die größte<br />

sozialpolitische Fehlentscheidung, sie ist und bleibt politisch falsch<br />

und muss umgehend zurückgenommen werden.<br />

Wir plädieren deshalb dafür, die Regelaltersgrenze für einen abschlagsfreien<br />

Rentenbezug wieder auf das 65. Lebensjahr festzusetzen<br />

und die Abschläge der vorgezogenen Altersrenten (Altersrenten<br />

von 60-65) wieder auf dieser Grundlage zu berechnen. Wir<br />

setzen vorrangig auf flexible Übergänge vom Arbeitsleben in den<br />

Ruhestand, auf erweiterte Möglichkeiten des Bezuges von Teilrenten<br />

sowie auf durchgreifende Konzepte zur Humanisierung der<br />

Arbeitswelt, die es älteren Menschen erlaubt, freiwillig länger im<br />

Betrieb zu verbleiben und die letztlich eine höhere Beschäftigungsquote<br />

älterer Arbeitnehmer ermöglicht. Wir wollen damit die Weichen<br />

stellen, damit das reale Renteneintrittsalter deutlich ansteigen<br />

kann. Denn viele Studien belegen: Alter bedeutet nicht weniger<br />

Leistungsfähigkeit im Beruf. Vielmehr verschieben sich lediglich<br />

die Parameter, mit denen Leistungsfähigkeit gemessen werden<br />

kann. So nimmt die körperliche Belastbarkeit mit zunehmendem<br />

Alter ab. Dafür steigen aber etwa Erfahrungswissen, Qualitätsbewusstsein<br />

oder die Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu lösen. Ältere<br />

Arbeitnehmer sind damit ein wichtiger Garant für unseren wirtschaftlichen<br />

Erfolg.<br />

Die durch die Bundesagentur für Arbeit geförderte Altersteilzeit ist<br />

fortzusetzen, auch, um mehr jungen Erwachsenen nach ihrer Berufsausbildung<br />

einen gesicherten und unbefristeten Arbeitsplatz<br />

anbieten zu können. Die Teilrente ist weiterzuentwickeln, indem<br />

eine „Altersrente wegen Teilrentenbezug“ mit dem vollendeten 60.<br />

Lebensjahr geschaffen wird. Damit kann parallel zur Altersteilzeit<br />

eine Teilrente bezogen werden. Anfallende Abschläge übernimmt<br />

der Arbeitgeber, damit der Arbeitnehmer beim Erreichen der Regelaltersgrenze<br />

abschlagsfrei in Vollrente gehen kann. Die Hinzuverdienstgrenzen<br />

sollen neu geregelt werden, wobei darauf zu achten<br />

ist, dass dadurch nicht der Grundsatz der Lebensstandardsicherung<br />

umgangen wird.<br />

Echte Maßnahmen für altersgerechtes Arbeiten praktiziert nicht<br />

einmal ein Fünftel aller Betriebe. Berufliche Weiterbildung hinkt<br />

dem europäischen Durchschnitt hinterher und bezieht sich insbesondere<br />

auf jüngere und ohnehin bereits gut qualifizierte Personen.<br />

Diese Ignoranz betrieblicher Personalpolitik gegenüber dem demografischen<br />

Wandel muss überwunden werden. Ein bundeseinheitliches<br />

Weiterbildungsgesetz und eine Umlage für weiterbildungsabstinente<br />

Betriebe sollen eingeführt werden.<br />

Eine Verpflichtung zu höheren Investitionen in die betriebliche Gesundheitsförderung<br />

soll eingeführt werden. Arbeitsplätze für Menschen<br />

mit Behinderung und Leistungseinschränkungen müssen<br />

erhalten und neu geschaffen werden. Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit<br />

und Eingliederungsmaßnahmen müssen besser durchgesetzt<br />

werden. Die zunehmende Verdichtung der Arbeit muss gestoppt<br />

werden. Ab einem Alter von 62 soll kein Einsatz in einer Dauerwechselschicht<br />

mehr möglich sein. Betriebsräte sollen ein Initiativrecht<br />

für Maßnahmen der Gesundheitsförderung, altersgerechten<br />

Arbeitsbedingungen und Sonderurlaub bekommen.<br />

Finanzielle Stärkung der Gesetzlichen Rentenversicherung<br />

In einer alternden Gesellschaft lassen sich die steigenden Kosten<br />

der Alterssicherung grundsätzlich nicht wegreformieren – unabhängig<br />

vom gewählten Finanzierungssystem. Politisch entschieden<br />

werden kann, wie die Traglast zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen<br />

Gruppen verteilt sein wird und wie dafür gesorgt wird,<br />

dass durch Gute Arbeit, Beschäftigung und qualitatives Wachstum<br />

die Grundlagen der Sozialsysteme gestärkt werden.<br />

Mit der Revitalisierung einer lebensstandardsichernden gesetzlichen<br />

Altersrente wollen wir diese Entwicklungen gestalten. Der<br />

Paradigmenwechsel zur Teilprivatisierung im Rahmen der Riester-<br />

Rente bedeutete eine spürbare Mehrbelastung für die Arbeitneh-<br />

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der Antragskommission<br />

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merhaushalte. Vier Prozent des Bruttoeinkommens müssen alleine<br />

vom Arbeitnehmer aufgebracht werden, um die Kürzung der<br />

gesetzlichen Rente wenigstens zum Teil zu kompensieren (eine<br />

4-prozentige Kapitalverzinsung bis 2030 einmal unhinterfragt unterstellt).<br />

Für eine volle Kompensation der Niveauabsenkung wäre<br />

der Einsatz von ca. 6 Prozent des Bruttoeinkommens bis zum Jahr<br />

2030 erforderlich. Durch die Teilprivatisierung kann somit mitnichten<br />

eine Senkung des finanziellen Gesamtaufwandes für eine<br />

lebensstandardsichernde Altersvorsorge erreicht werden.<br />

Wenn nun aber die Lebensstandardsicherung wieder im Rahmen<br />

des gesetzlichen Rentensystems organisiert wird, muss der erforderliche<br />

Finanzbedarf grundsätzlich mit Beitragsmitteln und mit<br />

dem aus Steueraufkommen finanzierten Bundeszuschuss gedeckt<br />

werden.<br />

Für eine finanzielle Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

ist ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn und eine Neuordnung<br />

des Arbeitsmarktes („Gute Arbeit“) nötig. Dabei ist ein<br />

besonderes Augenmerk auf deutliche Verbesserungen zugunsten<br />

der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der Leiharbeit, der<br />

Befristung von Arbeitsverhältnissen und der Eingrenzung von Minijobs<br />

und anderen prekären Arbeitsformen zu legen. Alle Beschäftigungsverhältnisse<br />

müssen sozialversicherungspflichtig werden.<br />

Die Schwarzarbeit ist wirkungsvoller zu bekämpfen. Wir streben<br />

die Anhebung der Grundlohnsumme und der Lohnquote durch<br />

gesetzlich flankierte höhere Tarifabschlüsse und wirksame Anti-<br />

Lohndumping-Maßnahmen an. Dies schließt das Vergaberecht und<br />

die Regelungen für Werkverträge und Praktika ein. Darüber hinaus<br />

ist zu prüfen, ob Arbeitgeber mit überdurchschnittlich gesundheitlich<br />

bedingten Frühverrentungsquoten zu einem zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag<br />

herangezogen werden.<br />

Die heute für die Subventionierung privater Altersvorsorge eingesetzten<br />

Steuermittel müssen in die gesetzliche Rentenversicherung<br />

umgeleitet werden. Dabei gilt ein Vertrauensschutz für bestehende<br />

Verträge. Der Bundeszuschuss ist so zu erhöhen, dass wirklich alle<br />

versicherungsfremden Leistungen von allen Steuerzahlern finanziert<br />

werden. Zur Refinanzierung von z. B. der Anerkennung von<br />

Pflege- und Kindererziehungszeiten gehört auch eine gerechtere<br />

Besteuerung insgesamt, vor allem bei Kapitalerträgen und hohen<br />

Vermögen.<br />

Die bisherige Pflichtversicherungsgrenze und die Beitragsbemessungsgrenze<br />

sind abzuschaffen. Bei sehr hohen Einkommen setzen<br />

wir uns für eine verfassungskonforme Abflachung des Äquivalenzprinzips<br />

ein, also eine geringere Bewertung von Entgeltpunkten<br />

ab einer bestimmten Höhe. Das Bundesverfassungsgericht<br />

(BVerfGE 53, 257) hat die Rahmenbedingungen dafür aufgezeigt<br />

und darauf hingewiesen, dass das Rentenversicherungsverhältnis<br />

im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an<br />

eben nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich<br />

auch auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs<br />

beruht.<br />

Ziel Erwerbstätigenversicherung<br />

Die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland ist seit Ende<br />

des 19. Jahrhunderts als Pflichtversicherung der Arbeiter bzw.<br />

der Angestellten organisiert, die lediglich mit ihren Entgelten bis<br />

zur Beitragsbemessungsgrenze der Versicherungspflicht unterliegen.<br />

Daneben existieren verschiedene Sonderversorgungssysteme<br />

der Alterssicherung, wie die Alterssicherung der Landwirte, die<br />

Beamtenpensionen oder die zahlreichen berufsständischen Versorgungseinrichtungen<br />

(obligatorische Alterssicherungssysteme).<br />

Auch diese sind über Generationen historisch gewachsen. Finanzierungsmodalitäten<br />

und vor allem die jeweiligen Leistungsniveaus<br />

der verschiedenen Sicherungssysteme unterscheiden sich dabei in<br />

signifikanter Weise.<br />

Im Rahmen dieser Zersplitterung der Altersversorgung werden<br />

gleiche soziale Tatbestände ungleich behandelt und auf unterschiedlichen<br />

Niveaus abgesichert. Auf der anderen Seite wird<br />

der soziale Sicherungsbedarf bestimmter Personengruppen nicht<br />

200


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

oder nur sehr unzureichend abgedeckt (u.a. Niedriglöhner, kleine<br />

Selbständige). Vor allem aber die rasanten Veränderungen in der<br />

Arbeitswelt und die Erosion der klassischen jahrzehntelangen Erwerbsbiographie<br />

ohne Wechsel und Brüche bzw. die mitunter fließenden<br />

Grenzen zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbständigkeit<br />

stellen die Altersversorgung vor neue Herausforderungen.<br />

Um die Traglast der relativen Belastungen des demographischen<br />

Wandels möglichst gerecht zu verteilen und eine lebensstandardsichernde<br />

Altersversorgung unabhängig von der gewählten Form der<br />

Erwerbstätigkeit zu gewährleisten, ist die Rentenversicherung in<br />

der langfristigen Perspektive zu einer Erwerbstätigenversicherung<br />

weiterzuentwickeln. In der Erwerbstätigenversicherung werden<br />

alle obligatorischen Alterssicherungssysteme zusammengeführt<br />

und alle Erwerbstätigen (Arbeitnehmer wie Selbständige) in einer<br />

gemeinsamen Versicherung zu gleichen Konditionen abgesichert.<br />

Auf die historisch gewachsenen Ansprüche in den Sonderversorgungssystemen<br />

besteht freilich ein eigentumsähnlicher Bestandsschutz.<br />

Die Alterssicherung von Millionen von Erwerbstätigen<br />

basiert auf dem Vertrauen in die Fortexistenz des jeweiligen Versorgungssystems,<br />

dem sie angehören. Deshalb kann die Weiterentwicklung<br />

zu einer Erwerbstätigenversicherung nur schrittweise im<br />

Rahmen einer Stichtagsregelung vollzogen werden. Dabei werden<br />

jene Selbständige, Beamte, Abgeordnete oder freiberuflich Tätigen<br />

in die Versicherungspflicht einbezogen, die zum Stichtag noch<br />

nicht in einem obligatorischen Alterssicherungssystem versichert<br />

sind. Im Rahmen der Übergänge der Sonderversorgungssysteme in<br />

die Erwerbstätigenversicherung sind die jeweils nach altem Recht<br />

noch erworbenen Anwartschaften zu gewährleisten. Der Übergang<br />

wird daher ein bis zwei Generationen in Anspruch nehmen. Doch<br />

perspektivisch wird damit die Alterssicherung unabhängig von der<br />

gewählten Erwerbsform und dem bezogenen Einkommen auf eine<br />

möglichst breite Beitragszahlerbasis gestellt.<br />

Der vollständige Umbau des Systems ist somit ein jahrelanger<br />

Prozess, der jedoch gerade deshalb unverzüglich eingeleitet werden<br />

muss. An der paritätischen Finanzierung durch Arbeitnehmer<br />

und Arbeitgeber halten wir fest. Die Erweiterung der gesetzlichen<br />

Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung ist die<br />

perspektivische Antwort auf eine veränderte Arbeitswelt und sorgt<br />

zudem für ein hohes Maß an sozialer Gerechtigkeit, weil die unterschiedlichen<br />

Konditionen und Versorgungsniveaus der einzelnen<br />

Alterssicherungssysteme auf Basis einer lebensstandardsichernden<br />

Versorgung angeglichen werden können.<br />

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Antragsbereich S<br />

Antrag 3<br />

Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Rentenabsicherung<br />

Zur Vermeidung von Altersarmut und zur Gewährleistung einer<br />

langfristigen Rentenabsicherung bedarf es einer veränderten Rentenberechnung:<br />

Ab dem Jahrgang 1990 wird die Rentengrundlage in ein dreisäuliges<br />

Rentensystem überführt. Zum Rentenbeginn 2050 wird die<br />

Untergrenze des Rentenbezuges 1000 Euro betragen, zuzüglich<br />

entsprechender Inflationsrate. Die Obergrenze sollte entsprechend<br />

festgelegt werden. Die gesetzlich festgelegte private Vorsorge sollte<br />

8 -10% des Bruttoverdienstes entsprechen. Dabei bietet sich eine<br />

steuerfinanzierte Gehaltsumwandlung an. Bei Bedarf und finanzieller<br />

Möglichkeit kann eine weitere freiwillige private Vorsorge<br />

abgeschlossen werden. Die Mindestrente würde so bei einem Arbeitnehmer<br />

ab 2050 bei mindestens 1400 Euro liegen. Die Überführungszeit<br />

sollte Dekadenweise erfolgen, indem die oberen Rentenbezüge<br />

eingefroren werden und die unteren progressiv angehoben<br />

werden. Zur breiteren Finanzierung werden auch Beamte und<br />

S3<br />

Rentenabsicherung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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Selbstständige herangezogen, sodass der prozentuale Rentenabzug<br />

vom Bruttolohn sinkt.<br />

Das Renteneintrittsalter ab 67 Jahre wird flexibilisiert nach Bedarf<br />

und Wunsch. Ein finanzieller Anreiz in Form einer Teilrentenauszahlung<br />

gewährt dem Nutzer einer weiteren Beschäftigung ein höheres<br />

Einkommen, der Rentenkasse Einsparungen.<br />

10<br />

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Antragsbereich S<br />

Antrag 4<br />

Ortsverein Petersberg (FD) (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Abschaffung der Anwartschaftsvorteile<br />

Abschaffung der Anwartschaftsvorteile in der Rentenversicherung<br />

für die Bewohner der „neuen Bundesländer“. Die Rentenberechnungsvorschriften<br />

in der BRD sind schnellstmöglich einheitlich<br />

zu gestalten, so dass die Besserstellung auf Grund des Wohnsitzes<br />

entfällt.<br />

S4<br />

Abschaffung der Anwartschaftsvorteile<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

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30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 5<br />

Ortsverein Köln-Dellbrück (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Zur Reform der Rentengesetzgebung<br />

Der Parteitag möge beschließen, dass<br />

a) für den Fall, dass die <strong>SPD</strong> nach den Wahlen zum Deutschen<br />

Bundestag am 22.09.2013 in welcher Form auch immer an der<br />

zu bildenden Bundesregierung beteiligt ist, die unter den Ziffern<br />

1.bis 3. aufgeführten Ziele einer Reform der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

in das Regierungsprogramm 2013-2017 und<br />

b) für den Fall, dass es aufgrund des Wahlergebnisses zu keiner<br />

Regierungsbeteiligung kommt, die o.a. Reformziele in das Rentenkonzept<br />

der <strong>SPD</strong> für die darauffolgenden Bundestagswahlen<br />

aufgenommen werden.<br />

1. Das Leistungsziel der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) ist<br />

neu zu definieren, da das mit der Rentenreform 2001 angestrebte<br />

Ziel, Altersarmut über die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

in Verbindung mit der privaten Altersvorsorge zu<br />

verhindern, nicht erreicht worden ist. Die Sicherungslücke zwischen<br />

gesetzlicher Rente und dem individuell angestrebten Lebensstandard<br />

kann bei einen derzeitigen Rentenniveau von rund<br />

50 % mit sinkender Tendenz auf 43% ab dem Jahre 2025 für die<br />

meisten Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher weder über<br />

eine kapitalgedeckte private Vorsorge (Riesterrente), die sich viele<br />

Niedriglohnbezieher/innen nicht leisten können, noch über die<br />

(ebenfalls kapitalgedeckte) Betriebliche Altersvorsorge (BAV) auf<br />

absehbare Zeit geschlossen werden. Das ergibt sich u.a. aus dem<br />

Verbreitungsgrad der letztgenannten Vorsorgewege und nicht zuletzt<br />

aus dem Zinsverfall auf den Finanzmärkten. Daher muss das<br />

Leistungsziel der GRV wieder auf die Lebensstandardsicherung<br />

abheben und das Rentenniveau sukzessiv angehoben werden.<br />

2. Die Rentenanpassungsformel ist zu verändern, indem zumindest<br />

der Nachhaltigkeitsfaktor abgeschafft wird, dessen anpassungsmindernde<br />

Wirkung dauerhaft und kumulativ ist. Aufgrund der<br />

demografischen Entwicklung ist mit einem deutlichen Rückgang<br />

der Beitragszahlenden zu rechnen ist, daher werden aufgrund des<br />

Nachhaltigkeitsfaktors zukünftige Rentenanpassungen erheblich<br />

niedriger ausfallen.<br />

3. Ab 2013 werden keine weiteren Absenkungen des Beitragssatzes<br />

der GRV vorgenommen, stattdessen wird eine schrittweise Erhöhung<br />

um jährlich 0,3 Prozentpunkte bis 2030 zur Schaffung einer<br />

Demografie-Reserve analog dem DGB-Konzept 2012/2013<br />

eingeführt.<br />

S5<br />

Zur Reform der Rentengesetzgebung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

202


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 6<br />

Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Rentenniveau<br />

Der <strong>SPD</strong>-Bundesparteitag lehnt eine Absenkung des Rentenniveaus<br />

auf 43 % ab und fordert, dass sich der <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

und die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion dafür einsetzen, dass das Rentenniveau<br />

auch künftig über 50 % des zuletzt erhaltenen Gehalts/Lohnes<br />

(Eckrente) liegt.<br />

S6<br />

Rentenniveau<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm und Beschluss des Parteikonvents<br />

vom November 2012<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 7<br />

Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Rentenpunkte für Kindererziehungszeiten<br />

Der <strong>SPD</strong>-Bundesparteitag fordert, dass für Kinder, die vor dem<br />

1.1.1992 geboren wurden, ebenso drei Rentenpunkte als Kindererziehungszeit<br />

angerechnet werden, wie für Kinder, die ab dem<br />

1.1.1992 geboren sind.<br />

S7<br />

Rentenpunkte für Kindererziehungszeiten<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 8<br />

Bezirk Braunschweig<br />

Wiedereinführung der staatlich<br />

geförderten Altersteilzeitregelung<br />

Die neue <strong>SPD</strong>-geführte Bundesregierung wird aufgefordert, zusätzlich<br />

zu vorhandenen Elementen weitere hinzuzufügen, insbesondere<br />

neue, flexible Formen der Altersteilzeit.<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 9<br />

Ortsverein Mühlenkamp (Landesorganisation Hamburg)<br />

Landesorganisation Hamburg<br />

Kapitalgedeckte Altersvorsorge auch<br />

durch DRV<br />

Alle marktgängigen, steuerlich geförderten Formen kapitalgedeckter<br />

Altersvorsorge (Riester-, Rürup- und Betriebsrenten, etc.)<br />

müssen auch von der Deutschen Rentenversicherung angeboten<br />

werden, damit die Versicherten die Wahl haben, Verträge auch bei<br />

einem öffentlichen Anbieter ohne Gewinnorientierung abschließen<br />

zu können, der dem Sozialstaat aktiv verpflichtet ist. Die bisher für<br />

die DRV in dieser Hinsicht geltenden gesetzlichen Beschränkungen<br />

sind aufzuheben.<br />

S8<br />

Wiedereinführung der staatlich<br />

geförderten Altersteilzeitregelung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

S9<br />

Kapitalgedeckte Altersvorsorge auch<br />

durch DRV<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm und Beschluss des Parteikonvents<br />

vom November 2012<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

203


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 10<br />

Ortsverein Petersberg (FD) (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Pensionen der Beamten<br />

Die Pensionen der Beamten sollen zukünftig prozentual nicht die<br />

Steigerungsraten der Bezüge aus der Rentenversicherung übersteigen<br />

dürfen. Es darf nicht mehr vorkommen, dass wie im letzten<br />

Jahr die Renten um 2 % gestiegen sind und die Pensionen (auf viel<br />

höherem Niveau) um 3 % erhöht wurden. Beide Systeme sind bei<br />

den jährlichen Anpassungen prozentual gleichzustellen.<br />

S10<br />

Pensionen der Beamten<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 11<br />

Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Anpassung Rentensystem Landwirtschaft<br />

Das Rentensystem der Landwirtschaft soll an das öffentliche Rentensystem<br />

in Bezug auf Beitragsdauer und Ansprüche angepasst<br />

werden.<br />

S11<br />

Anpassung Rentensystem Landwirtschaft<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand und <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 12<br />

Unterbezirk Stade (Bezirk Nord-Niedersachsen)<br />

Bezirk Nord-Niedersachsen<br />

Wir wollen die inklusive Gesellschaft!<br />

Ende 2006 verabschiedete die Generalversammlung der UNO das<br />

Übereinkommen zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung.<br />

Dieses Übereinkommen wurde bis heute von ca. 100<br />

Staaten ratifiziert, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland.<br />

Durch die Ratifizierung wurde das Übereinkommen geltendes<br />

Recht in Deutschland und muss von allen staatlichen Akteuren befolgt<br />

werden. Doch leider heißt das nicht gleichzeitig, dass die gut<br />

ausgearbeiteten Ziele des Übereinkommens rasch umgesetzt wurden.<br />

In der Konvention werden sehr viele wichtige soziale Rechte erläutert,<br />

die den Menschen, die behindert werden, die vollständige<br />

Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen sollen.<br />

Gleiches Recht für alle.<br />

Mit der Unterzeichnung der Konvention haben sich die Vertragsstaaten<br />

dazu verpflichtet anzuerkennen, dass alle Menschen vor<br />

dem Gesetz gleich sind und gleichberechtigt behandelt werden<br />

müssen. Das bedeutet, dass auch beeinträchtigte Menschen die<br />

gleichen Rechte haben, wie Menschen ohne Beeinträchtigung,<br />

also das Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit, das Recht<br />

auf Zugang zur Justiz und natürlich auch das Recht auf Leben, um<br />

hier nur ein paar zu nennen. Ebenfalls sieht die Konvention vor<br />

Entmündigungen und ähnliche Eingriffe in die persönliche Rechte<br />

möglichst zu vermeiden. Daher sollen die Unterzeichner der Konvention<br />

dafür Sorge tragen, dass beeinträchtigte Menschen soweit<br />

Unterstützung unterhalten, dass sie ihre Rechte und Funktionen als<br />

Rechtsperson ausüben können.<br />

In Artikel 29 wird ein weiterer wichtiger Punkt genannt und zwar<br />

die Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben. Die Vertragsstaaten<br />

haben sich dazu bereit erklärt, Menschen, die behindert<br />

werden, die gleichen Chancen zu geben wie Menschen ohne Behinderung.<br />

Das heißt im Einzelnen die Möglichkeiten zu haben,<br />

wählen zu gehen und/oder sich selbst wählen zu lassen, in einer<br />

S12<br />

Wir wollen die inklusive Gesellschaft!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

204


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

politischen Organisation mitzuarbeiten oder selbst Interessenverbände<br />

zu gründen.<br />

Wir fordern:<br />

• Gleiches Recht für alle.<br />

• Keine Diskriminierung von Menschen, die behindert werden.<br />

Dies heißt unter anderem, dass keinem Menschen, der während<br />

seiner Berufszeit eine Beeinträchtigung erleidet, deswegen der<br />

Arbeitsplatz gekündigt werden darf oder dass keinem Kind mit<br />

Handicap der Platz in der örtlichen Krippe oder Schule verweigert<br />

werden darf. Ausnahmen für Kleinbetriebe müssen vereinbart<br />

werden.<br />

• Die Eigenständigkeit von beeinträchtigten Menschen zu fördern<br />

und zu unterstützen, um dies zu gewährleisten, müssen verschiedene<br />

Unterstützungs- und Assistenzleistungen aufgebaut werden.<br />

Dass Wahllokale barrierefrei zu erreichen sein müssen.<br />

Der Wahlvorgang muss barrierefrei durchzuführen sein. Jedes<br />

Wahllokal soll daher bei jeder Wahl die Wahlschablonen für Sehbehinderte<br />

bereithalten.<br />

Wir fordern die Bundesregierung daher auf, in Dialog mit Sehbehinderten<br />

zu treten, um bundeseinheitliche Wahlschablonen herzustellen.<br />

Die dabei entstehenden Kosten muss der Veranlasser weiterhin<br />

tragen.<br />

Keine Barrieren! Weder in den Köpfen noch sonst wo.<br />

Die Konvention definiert die Behinderung eines Menschen nicht<br />

als feststehenden Zustand, sondern als ein sich ständig verändernden<br />

Prozess. Menschen mit Beeinträchtigungen werden nicht durch<br />

ihre Beeinträchtigung behindert, wie z.B. Blindheit, Lernstörungen,<br />

körperliche Einschränkungen und weitere. Sie werden behindert,<br />

da sie auf einstellungs‐ und umweltbedingte Barriere stoßen<br />

und diese Barrieren hindern sie daran vollständig am gesellschaftlichen<br />

Leben teilnehmen zu können. Daher auch die Formulierung<br />

„Menschen, die behindert werden“. Denn sie selbst können nichts<br />

für ihr Schicksal.<br />

Folgerichtig geht die Konvention noch weiter auf die Barrierefreiheit<br />

ein. Die Vertragsstaaten werden dazu verpflichtet Hindernisse<br />

und Zugangsbarrieren zu beseitigen. Dies betrifft nicht nur den öffentlich<br />

Raum, wie Schulen, öffentlicher Nahverkehr, medizinische<br />

Einrichtungen und ähnliches, sondern auch Wohnhäuser und Arbeitsstätten.<br />

Darunter fällt auch der Aspekt des „Universelle[n] Design“.<br />

„Universelles Design“ bedeutet Produkte und Gebäudeteile<br />

möglichst so zu entwerfen, dass sie möglichst ohne große Anpassungsschwierigkeiten<br />

von Menschen, die behindert sind verwendet<br />

werden können.<br />

Ein weiterer wichtiger Punkt der Barrierefreiheit ist das in Artikel<br />

21 festgeschriebene Recht auf freie Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit<br />

und den Zugang zu Information. Dahingehend haben sich<br />

die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, alle Informationen, die für<br />

die Allgemeinheit bestimmt sind, so zu verbreiten, dass sie für alle<br />

Menschen zur Verfügung stehen. Dazu soll im Umgang mit Behörden<br />

die Verwendung von Gebärdensprache, Brailleschrift und<br />

weiteren Kommunikationsform akzeptiert und erleichtert werden.<br />

Wir fordern:<br />

• Alle öffentlichen Gebäude barrierefrei zu gestalten.<br />

• Die allgemeingültigen Normen(DIN) für Gebäude, Geräte und<br />

Dienstleistungen so zu ändern, dass die Barrierefreiheit zum Regelfall<br />

wird.<br />

• Den Umbau von Wohnhäusern und Arbeitsstätten zu barrierefreien<br />

Gebäuden durch öffentliche Mittel zu fördern.<br />

• Die Verwendung von Gebärdensprache, Brailleschrift und anderen<br />

Kommunikationsformen in allen Lebensbereichen zu akzeptieren<br />

und zu fördern.<br />

• Einen barrierefreien Zugang zu (öffentlichen) Webinhalten<br />

• Einen barrierefreien Zugang zu allen öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

205


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Selbst bestimmen, wie man Leben will.<br />

Die Vertragsstaaten müssen gewährleisten, dass Menschen, die<br />

behindert werden, die gleichen Wahlmöglichkeiten haben, wie<br />

Menschen ohne Behinderung. Explizit wird die freie Wahl des<br />

Aufenthaltsortes genannt. Daher soll auf vollstationäre Versorgung<br />

verzichtet werden, außer die betroffene Person wünscht dies ausdrücklich.<br />

Stattdessen sollen gemeindenahe Wohnformen und Unterstützungsdienste<br />

eingerichtet werden.<br />

Wir fordern:<br />

• Menschen, die behindert werden, die gleichen Wahlmöglichkeiten<br />

zu geben wie anderen Menschen (Wohnort, Arbeitsstätte,<br />

etc.)<br />

• Ausbau des gemeindenahen Wohnens<br />

• Ausbau der Unterstützungsdienste<br />

Inklusive Bildung bedeutet: Keine Ausgrenzung!<br />

In Artikel 24 haben sich die Vertragsstaaten dazu verpflichtet ein<br />

inklusives Bildungssystem einzuführen. Das heißt, dass Menschen,<br />

mit Beeinträchtigungen nicht vom allgemeinen Bildungssystem<br />

und besonders Kinder, die behindert werden, nicht vom unentgeltlichen<br />

und obligatorischen Grundschulunterricht oder von der weiterführenden<br />

Schulbildung ausgeschlossen werden dürfen. Dem<br />

gemäß müssen Menschen, die behindert werden, mit anderen Schülern<br />

gemeinsam Zugang zu einer integrativen, hochwertigen und<br />

unentgeltlichen Schulbildung bekommen. Damit Menschen, die<br />

behindert werden, die Möglichkeit besitzen, die volle und gleichberechtigte<br />

Teilhabe an der Gesellschaft zu erlangen, muss gewährleistet<br />

werden, dass sie lebenspraktische Fertigkeiten und soziale<br />

Kompetenzen erlernen. Darunter fallen Kommunikationsfähigkeiten,<br />

wie Gebärdensprache und Brailleschrift, und Orientierungsund<br />

Mobilitätsfertigkeiten.<br />

Des Weiteren müssen die Vertragsstaaten dafür Sorge tragen, dass<br />

Lehrkräfte oder betreuende Kräfte eingestellt werden, die in Gebärdensprache<br />

und Brailleschrift ausgebildet sind. Dazu soll es<br />

noch Schulungen geben, die bei Lehrkräften, anderen Fachkräften<br />

und Angestellten im Bildungswesen das Bewusstsein für Behinderungen<br />

schärfen und ihnen die Verwendung von ergänzenden und<br />

alternativen Formen der Kommunikation beibringen sowie pädagogische<br />

Verfahren und Materialien zur Unterstützung von Menschen,<br />

die behindert werden.<br />

Nicht nur zur schulischen Bildung müssen Menschen, die behindert<br />

werden, gleichberechtigt und ohne Diskriminierung Zugang<br />

haben, sondern auch zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung<br />

und ähnlichem.<br />

Wir fordern:<br />

• Keine Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen, die behindert<br />

werden, im Bildungssystem.<br />

• Bildungseinrichtungen dürfen beeinträchtigten Menschen den<br />

Zugang zur Bildungseinrichtung nicht verweigern.<br />

• Ausbau der Gesamtschulen. Damit keine sozialen Hürden zwischen<br />

Kindern aufgebaut werden.<br />

• Den pädagogischen Schwerpunkt in der Lehrkräfteausbildung<br />

erhöhen.<br />

• Mehr Lehrerinnen und Lehrer einstellen und mehr Räume zur<br />

Verfügung stellen, für kleinere Klassen und bessere Differenzierung,<br />

zur Unterstützung von beeinträchtigten Schülern<br />

• Einstellen von Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeitern, die<br />

in Gebärdensprache und Brailleschrift ausgebildet sind.<br />

• Die Schulung von Betreuerinnen und Betreuern in KiTas im Bereich<br />

der Früherkennung von Behinderungen.<br />

• Landesweite Beratungsstellen für Eltern und Lehrerinnen und<br />

Lehren mit behinderten und auffälligen, zum Beispiel autistischen<br />

Kindern/Schüler_Innen.<br />

• hochwertige und flächendeckende Handreichungen für Lehrpersonal,<br />

wie mit Nachteilausgleich bei behinderten Schülerinnen<br />

und Schülern zu verfahren sei.<br />

206


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

• Die intensive Vorbereitung von Schulträgern und Schulen auf inklusiven<br />

Schulunterricht.<br />

Gute Arbeit heißt gleiche Chancen.<br />

Im Artikel 27 erkennen die Vertragsstaaten das gleichberechtigte<br />

Recht von Menschen, die behindert werden, auf Arbeit an. Sie<br />

sollen selbst die Möglichkeit bekommen ihren Lebensunterhalt zu<br />

verdienen in einem offenen und inklusiven Arbeitsmarkt. Dabei<br />

sollen Menschen, die behindert werden, die gleiche Rechte bekommen,<br />

wie alle anderen Arbeitnehmer_Innen so z.B. Arbeitnehmerund<br />

Gewerkschaftsrechte. Außerdem sollen Menschen mit Beeinträchtigungen<br />

im öffentlichen Sektor eingestellt werden und durch<br />

geeignete Maßnahmen soll auch die Anstellung im privaten Sektor<br />

gefördert werden. Dazu soll auch der berufliche Wiedereinstieg<br />

und die berufliche Rehabilitation unterstützt werden, für die Menschen,<br />

die erst während ihrer Beschäftigungszeit eine Beeinträchtigung<br />

erleiden. Ebenso soll gefördert werden, dass beeinträchtigte<br />

Menschen sich selbstständig machen.<br />

Wir fordern:<br />

• Menschen, die behindert werden, sollten möglichst ihren Lebensunterhalt<br />

selbst finanzieren können.<br />

• Unser Ziel ist es, Personen mit Beeinträchtigungen im freien Arbeitsmarkt<br />

zu beschäftigen. Es muss daneben aber auch weiterhin<br />

geschützte Arbeitsplätze geben.<br />

• Die Unterstützung durch Arbeitsassistenz zu fördern.<br />

• Die barrierefreie Gestaltung des Arbeitsplatzes.<br />

• Die Eingliederungshilfe auszubauen.<br />

• Alle Arbeitgeber müssen einen bestimmten Prozentsatz von Stellen<br />

mit beeinträchtigten Menschen besetzen. Der Prozentsatz<br />

soll in Absprache mit den Betroffenenverbänden ermittelt werden.<br />

Es darf künftig grundsätzlich nicht mehr möglich sein, sich<br />

von dieser Verpflichtung frei zu kaufen.<br />

• Dass sich der private Sektor nicht mehr durch geringe Geldzahlungen<br />

davon entbinden kann, Menschen mit Beeinträchtigungen<br />

einzustellen. Eine neue Regelung muss gefunden werden.<br />

Die inklusive Gesellschaft.<br />

Im Endeffekt geht es nur um die Frage in welcher Gesellschaft wir<br />

leben wollen! Das kann nur eine inklusive Gesellschaft sein, in der<br />

niemand ausgegrenzt wird.<br />

Behinderungen, Geschlecht, Sexualität, Religionszugehörigkeit<br />

und vieles mehr darf nicht zu Diskriminierungen und Ausgrenzung<br />

führen. Daher müssen wir uns als Sozialdemokraten innerhalb und<br />

außerhalb der Politik für eine inklusive Gesellschaft einsetzen. Um<br />

die bestmöglichste Umsetzung dieser Konvention zu erreichen und<br />

damit die inklusive Gesellschaft, müssen wir uns mit den Betroffenenverbänden<br />

und Experten austauschen. Dabei sollte uns als Leitgedanke<br />

dienen: „Es ist normal verschieden zu sein“.<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 13<br />

Arbeitsgemeinschaft Selbst Aktiv<br />

Novellierung SGB IX<br />

Der Parteitag möge beschließen: Echte Novellierung der Eingliederungshilfe<br />

verwirklichen. Mittel der Eingliederungshilfe zu<br />

Gunsten behinderter Menschen aus der Sozialhilfe herausnehmen<br />

und im Rahmen eines einkommens- und vermögensunabhängigem<br />

Leistungsgesetzes oder eines 3.Buches im Rahmen des SGBIX zu<br />

verwirklichen. Hierzu gehört ebenfalls ein einkommens- und vermögensunabhängiges<br />

Teilhabegeld für Menschen mit Behinderungen<br />

in Weiterentwicklung der landesweiten Blindengeldgesetze.<br />

S13<br />

Novellierung SGB IX<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

207


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 14<br />

Unterbezirk Kassel-Land (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Inklusion darf keine Frage der<br />

Kassenlage auf kommunaler Ebene sein<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die Hessische <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktion<br />

werden gebeten, sich im Rahmen der Umsetzung der UN-<br />

Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) für folgende Forderungen<br />

einzusetzen:<br />

• Bund, Land und Kommunen sind gemeinsam verpflichtet, daher<br />

müssen bei der Umsetzung der UN-BRK Zuständigkeiten und<br />

Finanzierungen eindeutig geklärt werden.<br />

• Dabei gilt das Konnexitätsprinzip, insbesondere im Bildungsbereich,<br />

da Bildung vornehmlich Landesaufgabe ist.<br />

• Die Kommunen müssen bei der Umsetzung der UN-BRK finanziell<br />

unterstützt werden. Inklusion darf keine Frage der Kassenlage<br />

auf kommunaler Ebene sein.<br />

• Es müssen Förderprogramme von Bund und Land für die barrierefreie<br />

Sanierung öffentlicher Gebäude aufgelegt werden.<br />

• Es muss zu einer Entlastung bei der SchülerInnenbeförderung<br />

kommen.<br />

Wenn mehr Kinder mit Förderbedarf die Regelschule besuchen,<br />

entstehen Mehrkosten für die Schulträger vor Ort.<br />

• Es müssen mehr Personalmittel für die Inklusion im Landeshaushalt<br />

für Schulen bereitgestellt werden.<br />

• Es darf keine neuen Steuerentlastungen mit weiteren Steuerausfällen<br />

für die Kommunen geben, da die Kommunen mit 15 Prozent<br />

an der Einkommensteuer beteiligt sind.<br />

S14<br />

Inklusion darf keine Frage der<br />

Kassenlage auf kommunaler Ebene sein<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 15<br />

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />

Förderung von Beschäftigung von<br />

Menschen mit Behinderungen<br />

Der Bundesparteitag der <strong>SPD</strong> beschließt:<br />

1. Die Beschäftigungsquote nach § SGB IX ist auch für private Arbeitgeber<br />

wieder auf mindestens 6 % anzuheben.<br />

2. Die Ausgleichsabgabe für nicht besetzte Pflichtarbeitsplätze<br />

muss deutlich erhöht und dynamisiert werden.<br />

3. Eine gestaffelte Steuererleichterung für die Betriebe, die schwerbehinderte<br />

Menschen über dem Durchschnitt beschäftigen oder<br />

ausbilden.<br />

S15<br />

Förderung von Beschäftigung von<br />

Menschen mit Behinderungen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 16<br />

Ortsverein Stuttgart-Ost (Landesverband Baden-Württemberg)<br />

Berufliche Rehabilitation und Integration<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen, dass die Sozialgesetzbücher<br />

SGB II-IX, XII und das Bundesversorgungsgesetz (BVersG)<br />

entsprechend der beruflichen Rehabilitation und Integration geändert<br />

werden. Eine soziale und berufliche Rehabilitation, Berufsbildung<br />

(in Berufsbildungswerken BBW) und Berufsförderung in<br />

Berufsförderungswerken (BFW) soll den Zweck verfolgen, auf<br />

Nachweis die Klienten (wieder) auf den freien Arbeitsmarkt zurückzuführen<br />

und anfangs auch zu begleiten.<br />

S16<br />

Berufliche Rehabilitation und Integration<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

208


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Im Einzelnen:<br />

1. Die Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM), BBW und<br />

BFW müssen künftig protokollieren, was der Bedarf der Klienten<br />

ist. Damit der Kostenträger auch Bescheid weiß. Ebenso soll<br />

der Bedarf der Klienten selbst protokolliert werden. Eine Re-<br />

Integration auf den freien Arbeitsmarkt muss oberste Direktive<br />

sein, auch wenn diese nicht alle Klienten erreichen können. Ein<br />

Versuch sollte allemal stattfinden können. Der Wert der Arbeit<br />

und das Selbstbewusstsein der Klienten soll in den Vordergrund<br />

gestellt werden.<br />

2. Es soll ein Gesetz für die “Unterstützende Beschäftigung” entstehen.<br />

Der Arbeitsplatz auf dem freien Arbeitsmarkt soll vom<br />

bisherigen Rehabilitationsträger (übergangsweise) weiter betreut<br />

werden. Zudem soll der Differenzbetrag zur Vollzeit- bzw.<br />

Teilzeitstelle durch den Kostenträger gedeckt werden. Minijobs<br />

bzw. Zeitarbeit bzw. Jobleasing ist zu unterlassen. Ebenso sollte<br />

es Unterstützung geben bei der eventuellen Umgestaltung des<br />

Arbeitsplatzes aufgrund der Schwerbehinderung (hierfür gibt es<br />

bereits ein Gesetz, doch in dieser Kombination nicht). Der Wert<br />

der Arbeit und das Selbstbewusstsein der Klienten soll weiter in<br />

den Vordergrund gestellt werden (es hört sich schon anders an,<br />

wenn ein Mensch angibt, er schafft beispielsweise beim Daimler<br />

statt beim Rehazentrum XY).<br />

3. Alle öffentliche Orte und Arbeitsplätze sollen für Schwerbehinderte<br />

zugänglich gemacht werden, gleich welche Behinderung.<br />

Dies gilt auch für Alter und Geschlecht etc. (Stichwort Inklusion)<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 17<br />

Landesverband Bayern<br />

Elternassistenz für Eltern mit<br />

Behinderungen<br />

Die Bundestagsfraktion setzt sich für eine Elternassistenz für<br />

Eltern mit Behinderungen ein.<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 18<br />

Ortsverein Mainz-Finthen (Landesverband Rheinland-Pfalz)<br />

Umstrukturierung des sozialen Netzes<br />

Im Interesse angemessener Renten, vertretbarer Leistungen für<br />

Arbeitslose und einer gerechten Lastenverteilung strebt die <strong>SPD</strong><br />

eine Umstrukturierung des sozialen Netzes an. Die Sozialversicherungsbeiträge<br />

von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sollen ersetzt<br />

werden durch einen Beitrag, den alle Unternehmen und Selbstständige<br />

– unter Berücksichtigung von Freibeträgen – unabhängig von<br />

der Zahl der Beschäftigten zu leisten haben. Der Beitrag könnte<br />

beispielsweise am Umsatz bemessen werden. Ausgehend von einer<br />

Grundversorgung wären anstelle von Beitragskonten Arbeitszeitkonten<br />

als Grundlage zur Aufstockung der Grundbezüge zu führen.<br />

S17<br />

Elternassistenz für Eltern mit<br />

Behinderungen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

S18<br />

Umstrukturierung des sozialen Netzes<br />

Ablehnung<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

209


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 19<br />

Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Paritätische Finanzierung Sozialabgaben<br />

Der <strong>SPD</strong>-Bundesparteitag fordert die Wiedereinführung der paritätischen<br />

Finanzierung der Sozialabgaben. Die von der schwarz-gelben<br />

Koalition durchgesetzte Einfrierung der Arbeitgeberbeiträge ist<br />

rückgängig zu machen.<br />

S19<br />

Paritätische Finanzierung Sozialabgaben<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 20<br />

Landesorganisation Hamburg<br />

Hinzuverdienstgrenzen für Bezieher von<br />

Hartz IV<br />

Der Bundesparteitag möge die Bundestagsfraktion beauftragen zu<br />

prüfen, ob und in welcher Höhe die Zusatzverdienstmöglichkeiten<br />

für die ALG II leistungsberechtigten Personen durch eine verbesserte<br />

Anrechnungsregel verbessert werden kann.<br />

S20<br />

Hinzuverdienstgrenzen für Bezieher von<br />

Hartz IV<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 21<br />

Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />

Geschlechtergerechtigkeit bei den<br />

Sozialwahlen<br />

Die <strong>SPD</strong> wird sich dafür einsetzen, dass die Ergebnisse der Sozialwahlen<br />

geschlechtergetrennt ausgewiesen werden.<br />

Um der Benachteiligung der Frauen im System der sozialen Sicherung<br />

entgegenzuwirken, fordern wir die Fraktion der <strong>SPD</strong> im Bundestag<br />

konkrete Regelungen zur Durchsetzung einer geschlechtergerechten<br />

Besetzung der Selbstverwaltungsorgane gesetzlicher Sozialversicherungsträger<br />

– wie beispielsweise durch die Quotierung<br />

der Vorschlagslisten - zu treffen.<br />

S21<br />

Geschlechtergerechtigkeit bei den<br />

Sozialwahlen<br />

Annahme in geänderter Fassung<br />

Frauen sind in der Selbstverwaltung der gesetzlichen Sozialversicherungen<br />

nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Die <strong>SPD</strong><br />

fordert, dass mit einer verpflichtenden Quotierung der Vorschlagslisten<br />

eine geschlechtergerechte Besetzung der Selbstverwaltungsgremien<br />

ermöglicht wird. Die Ergebnisse der Sozialwahlen sollen<br />

getrennt nach Geschlechtern ausgewiesen werden.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 22<br />

Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />

Unterstützung von Kommunen mit<br />

hohem Arbeitslosenanteil<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion möge einen Gesetzentwurf in den<br />

Bundestag einbringen, der die Finanzierung der Transferleistungen<br />

nach dem SGB II neu regelt. Die Transferleitungen nach dem SGB<br />

II dürfen nicht länger zu Lasten des kommunalen Haushaltes gehen.<br />

S22<br />

Unterstützung von Kommunen mit<br />

hohem Arbeitslosenanteil<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

65<br />

210


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich S<br />

Antrag 23<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

Ein Armutszeugnis für die Schwarz-<br />

Gelbe Bundesregierung<br />

Mit dem vorliegenden und umstrittenen 4. Armuts- und Reichtumsbericht<br />

der Bundesregierung stellt diese sich und ihrer Arbeit<br />

unwillentlich ein Armutszeugnis sonder-gleichen aus. Selbst eine<br />

durch die Ministerien bearbeitete und geschönte Fassung vermag<br />

nicht über die grundsätzliche Entwicklung hinwegzutäuschen,<br />

dass die Ungleichheit in der Gesellschaft zunimmt. Die Hälfte der<br />

Menschen in Deutschland verfügt nur über rund 1% des gesamten<br />

Nettovermögens - nur ein Bruchteil gegenüber 4% von 1998. Das<br />

reichste Zehntel verfügt jedoch über mehr als 53% des gesamten<br />

Nettovermögens, und bereichert sich zunehmend. Während die<br />

Reichen immer reicher werden, sehen sich immer mehr Menschen<br />

von Armut bedroht - in manchen Bundesländern mehr als 20%.<br />

Und damit ist zunächst nur das rein materielle Armutsrisiko erfasst.<br />

Ein Blick auf Ungleichheit in Bildung, Gesundheitswesen, Möglichkeiten<br />

zur gesellschaftlichen Teilhabe macht deutlich: wir müssen<br />

umdenken.<br />

Für uns ist klar, dass auch Maßnahmen der Agenda 2010 überprüft<br />

und vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen korrigiert werden<br />

müssen. Wir stehen zu den Erfolgen sozialdemokratischer Politik,<br />

sowie auch zu deren Fehlern. Wir wollen auf der Grundlage dieser<br />

Erfahrung mit der Sozialdemokratischen Partei in Regierungsverantwortung<br />

für mehr Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft kämpfen.<br />

Wir verurteilen scharf den Versuch, kritische Fakten aus dem Bericht<br />

zu streichen oder zu umschreiben. Armut, Ungleichheit und<br />

Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft kann man nicht mit dem<br />

Rotstift bekämpfen, nicht mit Zensur, nicht indem man Definitionen<br />

verändert oder die Augen davor verschließt. Wir verlangen<br />

stattdessen eine konsequente soziale Politik, die auf Gerechtigkeit,<br />

Chancengleichheit und Umverteilung setzt.<br />

Wir fordern für den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung:<br />

• Erstellung durch eine unabhängige Kommission unter Mitwirkung<br />

von Experten, Vertretern der Sozialverbände und Gewerkschaften.<br />

• Vollumfängliche Erhebung auch individuellen Besitzes.<br />

• Darstellung des tatsächlichen Ausmaßes bestehender Armut.<br />

• Erarbeitung einer für Deutschland gültigen, objektiven Definition<br />

von Armut anhand des Einkommens, des Vermögens und der<br />

Lebensunterhaltskosten eines Haushaltes.<br />

S23<br />

Ein Armutszeugnis für die Schwarz-<br />

Gelbe Bundesregierung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

211


Stadtentwicklung, Wohnen,<br />

Kommunalpolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich K<br />

Antrag 1<br />

Ortsverein M-Neuhausen (Landesverband Bayern)<br />

Mietrecht sozial gerecht gestalten<br />

1. Die <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion arbeitet darauf hin, dass die Kappungsgrenzen<br />

nach §558, Abs 3 BGB von derzeit 20% auf 10%<br />

herabgesetzt wird.<br />

2. Die Definition der ortsüblichen Vergleichsmiete wird soweit verändert,<br />

dass nicht mehr die Mietveränderungen der letzten vier<br />

Jahre berücksichtigt werden, sondern auch die Einbeziehung<br />

sämtlicher Bestandsmieten.<br />

3. Die staatliche Förderung von Wohnungsbaugenossenschaften<br />

wird ausgeweitet und durch Instrumente wie der Schaffung von<br />

Erbbaurechten stärker gefördert.<br />

K1<br />

Mietrecht sozial gerecht gestalten<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

Antragsbereich K<br />

Antrag 2<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Verbindliche finanzielle Stärkung der<br />

regionalen Sozialplanung im ländlichen<br />

Raum<br />

Wir fordern eine verstärkte und verbindliche finanzielle Unterstützung<br />

der Sozialraumorientierung im ländlichen Raum. Gerade in<br />

ländlichen Regionen ist eine stärkere Gewichtung der Analyse von<br />

sozialen Infrastrukturen wichtig, um adäquat auf die Gestaltung<br />

von Lebenswelten eingehen zu können. Dies bezieht sich auf alle<br />

im SGB II, VIII und XII angegebenen Leistungen um eine kinder-,<br />

jugend-, familienfreundliche und inklusive Lebenswelt zu gestalten.<br />

Voraussetzung dafür ist, dass auf der Grundlage einer regionalen<br />

Sozialplanung, d.h. verbindliche Datenerhebung der Bevölkerungsstruktur<br />

und der sozialen Infrastruktur, gearbeitet wird. Die<br />

einzelnen Landkreise sollen hierzu finanzielle Mittel zur Verfügung<br />

stellen, um einen regionalen Sozialatlas zu erstellen. Diese Erstellung<br />

soll für alle regionalen Verwaltungsinstanzen verbindlich sein<br />

und bedarf finanzieller Unterstützung von Land und Bund.<br />

Neue gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen stellen<br />

für Kommunen stets neue Herausforderungen dar. Herausforderungen<br />

bestanden immer, die Dimensionen und Qualitäten haben<br />

sich jedoch stark verändert. Die steigenden Sozialausgaben sind für<br />

einzelne Kommunen nicht mehr zu bewältigen. An diesem Punkt<br />

darf die Hauptfrage jedoch nicht mehr ausschließlich die Finanzierungsmöglichkeit<br />

sein, sondern vielmehr die Erschließung von<br />

Ressourcen und neuen Handlungsspielräumen.<br />

Durch eine integrierte Sozialplanung in der kommunalen Finanzplanung<br />

entstehen neue Möglichkeiten frühzeitig Demografie bedingte<br />

und wirtschaftsstrukturelle Entwicklungen zu erkennen und<br />

deren Auswirkungen auf die öffentlichen Budgetstrukturen deuten<br />

und erkennen zu können. Dabei nimmt die regionale Sozialplanung<br />

die Rolle im Spannungsfeld der mittel- und langfristigen Auswirkungen<br />

des demografischen Wandels auf das soziale Miteinander,<br />

der ökonomischen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft und der sozialen<br />

Sicherungssysteme ein.<br />

K2<br />

Verbindliche finanzielle Stärkung der<br />

regionalen Sozialplanung im ländlichen<br />

Raum<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

65<br />

214


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich K<br />

Antrag 3<br />

Landesverband Berlin<br />

Seniorengerechte Zusatzangebote bei<br />

Mietwohnungen<br />

Die <strong>SPD</strong>-Fraktionen auf Landes- und Bundesebene wird aufgefordert,<br />

zu prüfen, dass dem zunehmenden Bedarf alter und behinderter<br />

Menschen an abschließbaren, barrierefrei zugänglichen Räumen<br />

für Mobilitätshilfen, u. a. Rollstühle, Rollatoren bei Mietwohnungen<br />

entsprochen wird.<br />

Antragsbereich K<br />

Antrag 4<br />

Landesverband Berlin<br />

Aufhebung des Rückbaugebots<br />

Es werden gesetzgeberische Voraussetzungen geschaffen, um Vermieter<br />

daran zu hindern, Wohnungsrückbauten von senioren- und<br />

behindertengerechten Umbauten zu verlangen.<br />

K3<br />

Seniorengerechte Zusatzangebote bei<br />

Mietwohnungen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

K4<br />

Aufhebung des Rückbaugebots<br />

Annahme<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

215


Steuer-, Finanz- und<br />

Wirtschaftspolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 1<br />

Landesverband Sachsen<br />

Steuerfahndung statt<br />

Steuerhinterziehung<br />

Für uns ist klar, dass wir mehr Geld in den Staatskassen brauchen,<br />

um auch mehr Geld für öffentliche Investitionen bereithalten<br />

zu können. Dabei gibt es generell zwei Lösungen. Die eine sind<br />

Steuererhöhungen. Diese sozialverträglich auszugestalten, so dass<br />

nicht der private Konsum einbricht, ist dabei die Herkulesaufgabe.<br />

Die zweite Möglichkeit besteht darin, die Steuern auch wirklich<br />

einzutreiben, die dem Staat zustehen. Während der Großteil der<br />

Menschen sich ehrlich an der Finanzierung des Staates beteiligt,<br />

nehmen sich andere heraus und hinterziehen Gelder, die der Gemeinschaft<br />

zustehen. Es ist wichtig, dass alle Teile der Bevölkerung<br />

ihren gerechten Anteil an der Finanzierung des Staates leisten.<br />

Daher ist es wichtig, dass der Staat auch alle Steuern effektiv eintreibt,<br />

die ihm zustehen.<br />

Jede Form der Steuerhinterziehung schadet der Gemeinschaft, entweder<br />

in Form von höheren Steuern für die ehrlich Zahlenden oder<br />

durch geringerer staatliche Aufträge und Beschäftigung, die auch<br />

als Dienstleistung allen Bürger_innen zu Gute kommen würden.<br />

Wir wollen in einem Staat leben, der gut finanziert ist, um Gutes zu<br />

tun und in dem sich jeder Mensch seiner Verantwortung für die Gesellschaft<br />

bewusst ist. Der mit Abstand größte Teil der Einnahmen<br />

für den Staat kommt durch die Einkommens- / Lohnsteuer und die<br />

Umsatzsteuer zustande. Die großen Summen, die von einigen gut<br />

verdienenden Menschen und Unternehmen zu zahlen sind, verleiten<br />

zum Steuerbetrug. In der Regel lassen sich durch Steuerhinterziehung<br />

zugleich Hinterziehung bei den Sozialversicherungen, unzulässig<br />

gezahlte Sozialleistungen oder auch kriminelle Geschäfte<br />

aufdecken. Gerade deswegen ist eine effiziente Steuerfahndung für<br />

unsere Gesellschaft doppelt wichtig. In ganz Deutschland gibt es<br />

2.600 Steuerfahnder_innen, aber allein 33mal mehr Steuerberater_<br />

innen. Ihre Arbeit lässt sich jedoch kaum voneinander unterscheiden,<br />

bis darauf, dass die Steuerfahndung ein bürokratischer Akt<br />

ist und das letztendliche Durchgreifen bei aufgespürten Vergehen<br />

ebenfalls zeitintensiv ist.<br />

Notwendig für das Eingreifen der Steuerfahndung ist ein Anfangsverdacht,<br />

z. B. durch eine Mitteilung des Finanzamtes oder auch<br />

durch eine Anzeige in der Bevölkerung. Doch bislang ist es so,<br />

dass die Steuerfahndung nicht einmal ansatzweise allen Verdächtigungen<br />

nachgehen kann, da sie nicht genügend Personal hat. Doch<br />

warum werden dann nicht mehr Beamt_innen in der Steuerfahndung<br />

eingesetzt? Das Problem besteht vor allem in der geringen<br />

Korrelation der Profiteure und der Zahlenden. Während die meisten<br />

Steuernachzahlungen für den Bund anfallen, tragen allein die<br />

Länder die Kosten für die Fahndung. Ein Land wie Hessen hat also<br />

wenig Interesse daran, die eigenen gutverdienenden Menschen und<br />

Unternehmen mit übertriebener Steuerfahndung zu ärgern, wenn<br />

doch die Erträge zum Großteil an den Bund fließen. Welches Land<br />

sollte da ein Interesse haben, Gelder für andere einzutreiben und so<br />

ggf. Investoren zu vergraulen, auch wenn es betrügerische sind?!<br />

Um das Problem der personellen Situation der Steuerfahndung verbessern<br />

zu können, bedarf es einer strukturellen Wende.<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert daher:<br />

Die Anzahl der Mitarbeiter_innen in der allgemeinen Steuerverwaltung<br />

und in der Steuerfahndung muss sich bundesweit deutlich<br />

erhöhen. Es müssen in einem angemessenen Zeitraum so viele<br />

Fahnder_innen eingesetzt werden, wie es braucht, um alle Anfangsverdächtigungen<br />

abarbeiten zu können.<br />

Um allerorts Anreize zu schaffen, die Steuerfahndung auszuweiten,<br />

fordern wir, Kosten und Erträge der Steuerfahndung zusammen zu<br />

StW1<br />

Steuerfahndung statt<br />

Steuerhinterziehung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

218


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

fassen. Das kann dadurch geschehen, dass die in einem Land „erwirtschafteten“<br />

Erträge auch teilweise in diesem Land bleiben, unabhängig<br />

davon, wem bei rechtmäßiger Abführung der Steuer diese<br />

zugeflossen wäre. Auch andere Modelle sind denkbar, solang sie<br />

Anreize schaffen, die tatsächliche Zahl an Steuerfahnder_innen bis<br />

zu ihrer wirtschaftlichen und ordnungspolitischen Maximalgrenze<br />

auszureizen.<br />

1<br />

5<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 2<br />

Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />

Für einen säkularen Staat - gegen<br />

Steuermissbrauch für religiöse Zwecke<br />

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands setzt sich für ein Gesetz<br />

zur endgültigen Abgeltung sämtlicher Säkularisierungszahlungen<br />

ein.<br />

StW2<br />

Für einen säkularen Staat - gegen<br />

Steuermissbrauch für religiöse Zwecke<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

10<br />

15<br />

20<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 3<br />

Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Steuerpolitik<br />

Die <strong>SPD</strong> und <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion werden aufgefordert, sich<br />

aktiv für eine gerechtere Steuerpolitik einzusetzen.<br />

Die seit Jahren fortgesetzten steuerpolitischen Vergünstigungen für<br />

Unternehmer, Reiche und Vermögende müssen beendet werden. Das<br />

hochkonzentrierte private Vermögen muss seinen angemessenen<br />

Beitrag an der Finanzierung der notwendigen Staatsausgaben leisten.<br />

Jetzt müssen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten mit der<br />

Wiedereinführung der Vermögenssteuer Solidarität von denjenigen<br />

einfordern, die jahrelang von der Politik der Umverteilung von unten<br />

nach oben profitiert haben und in deren Händen sich 66,6% des<br />

Nettovermögens konzentrieren. Deshalb fordern wir die Anhebung<br />

des Spitzensteuersatzes auf 50% und die Verbreiterung der Finanzierungsgrundlage<br />

bei der Erhebung der Vermögenssteuer. Im Interesse<br />

eines sozialen Lastenausgleichs sollen die reichsten 10% der<br />

Vermögenden eine Vermögensabgabe in Höhe von 1% zahlen. Diese<br />

Regelung soll erst ab einem Nettovermögen von € 500.000,- für<br />

Ledige und € 1.000.000,- für Verheiratete gelten.<br />

Die Erbschaftssteuer in Deutschland muss reformiert werden. Es<br />

kann nicht sein, dass große Vermögen von Generation zu Generation<br />

weitergegeben werden, ohne dass in bedeutendem Maße Steuern<br />

gezahlt werden. Die vielen Ausnahmen bei der Erbschaftssteuer<br />

müssen beseitigt werden.<br />

Unternehmensgewinne müssen wieder stärker besteuert werden.<br />

1998 lag der Körperschaftssteuersatz noch bei 45% - heute nur<br />

noch bei 15%. Wir fordern eine Anhebung auf 35%.<br />

StW3<br />

Steuerpolitik<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 4<br />

Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />

Abschaffung des Ehegattensplittings<br />

Das Ehegattensplitting muss (soweit verfassungsrechtlich zulässig)<br />

abgeschafft werden. Es sollen Modelle entwickelt werden, die Kinder<br />

und nicht den reinen Ehestatus fördern. Für langjährige Ehen<br />

soll es Übergangsregelungen geben.<br />

StW4<br />

Abschaffung des Ehegattensplittings<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

60<br />

65<br />

219


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 5<br />

Landesverband Berlin<br />

Steuerliche Gleichbehandlung von<br />

Luft-, Schiffs- und Schienenverkehr<br />

ermöglichen<br />

Die <strong>SPD</strong>-Fraktion im Deutschen Bundestag wird aufgefordert, sich<br />

für die Abschaffung des Ausnahmetatbestands der steuerfreien Verwendung<br />

von Energieerzeugnissen in der Binnenschifffahrt sowie<br />

von Flugbenzin gemäß § 27 des Energiesteuergesetzes einzusetzen.<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 6<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Sicherung der Gewerbesteuer als<br />

Einnahme für die Kommunen<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, ein Gesetz zu entwerfen,<br />

welches Steuerschlupflöcher für Unternehmen schließt. Es<br />

soll somit zukünftig nicht mehr möglich sein, dass große Unternehmen<br />

ihre Gewinne so „klein rechnen“, dass sie keine Gewerbesteuer<br />

leisten müssen.<br />

StW5<br />

Steuerliche Gleichbehandlung von<br />

Luft-, Schiffs- und Schienenverkehr<br />

ermöglichen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

StW6<br />

Sicherung der Gewerbesteuer als<br />

Einnahme für die Kommunen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 7<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

Gerechtigkeit statt Steuerhinterziehung<br />

Mit der Veröffentlichung des Internationalen Konsortiums für investigative<br />

Journalisten über die Transaktionen mit sogenannten<br />

„Steueroasen“ ist ein Teil der Fakten über systematische Steuerhinterziehung<br />

auf dem Tisch. Jetzt müssen endlich die Konsequenzen<br />

gezogen werden.<br />

Während sich jeder Normalverdiener seiner gesellschaftlichen Verantwortung<br />

stellt und mit seinen Steuern dazu beiträgt, dass Gemeinschaft<br />

funktioniert, dass Bildung, Gesundheit und Sicherheit<br />

für alle finanziert werden, stiehlt sich eine größere Gruppe von<br />

Gutverdienenden aus der Verantwortung, die selbst jahrelang von<br />

der Infrastruktur und der Stabilität der Bundesrepublik profitiert<br />

haben und hier ihren Reichtum mehren konnten.<br />

Alleine in der Schweiz liegen laut der Beratungsgesellschaft<br />

KPMG und dem Genfer Forschungsinstitut Helvea 800 Milliarden<br />

Franken Schwarzgeld das aus EU-Ländern stammt, davon soll rund<br />

ein Drittel aus Deutschland kommen. Jeder deutsche Steuerzahler<br />

zahlt wegen dieser Steuerhinterziehung jedes Jahr mindestens 500-<br />

1000 Euro Steuern mehr als er müsste, um öffentliche Daseinsvorsorge<br />

zu finanzieren. Diesen Zustand zu beenden, ist ein Gebot der<br />

Gerechtigkeit. Steuerbetrug ist eine Straftat, die das Vertrauen in<br />

den Rechtsstaat untergräbt.<br />

Die <strong>SPD</strong> begrüßt deshalb den 8-Punkte-Plan des Kanzlerkandidaten<br />

Peer Steinbrück zur Bekämpfung der Steuerflucht und Steuerverkürzung.<br />

Schaffung vollständiger Transparenz<br />

Die Anonymität der in den Steueroasen geparkten Vermögen muss<br />

durch die Einführung eines automatischen Informationsaustausches<br />

über die Vermögen und Erträge der ausländischen Bürgerinnen und<br />

StW7<br />

Gerechtigkeit statt Steuerhinterziehung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

220


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Bürger durchbrochen werden. Notfalls mit Hilfe von Strafsteuern auf<br />

alle deutschen Erträge für unkooperative Unternehmen.<br />

Wir wollen dass Briefkastenfirmen und Stiftungen, deren wirtschaftlich<br />

Berechtigte anonym bleiben, international verboten werden.<br />

Erneuerte Schwarze Listen für Steueroasen<br />

Es muss mehr Druck auf Steueroasen ausgeübt werden. Dazu müssen<br />

– mindestens europaweit, besser aber weltweit – die Länder auf<br />

schwarze Listen gesetzt werden, die ihre Verpflichtungen zum Informationsaustausch<br />

nicht einhalten oder die zu keinem automatischen<br />

Informationsaustausch bereit sind. Es ist zu prüfen, ob Strafsteuern<br />

auf alle Finanztransaktionen in diese Länder als Druckmittel<br />

eingesetzt werden können.<br />

Härtere Strafen<br />

Alle in Deutschland tätigen Finanzinstitute müssen sich verpflichten,<br />

keine Bankprodukte und -dienstleistungen anzubieten, mit<br />

denen ihre Kunden Steuern hinterziehen können. Darüber hinaus<br />

müssen Finanzinstitute deutlich zur Rechenschaft gezogen werden,<br />

wenn sie nachweislich Beihilfe zum Steuerbetrug leisten oder die<br />

Kooperation mit den Steuerbehörden verweigern. Das reicht von<br />

Strafzahlungen bis zum Entzug der Banklizenz.<br />

Die Verjährungsfristen von Steuerrechtsverstößen sollen künftig<br />

zumindest die Laufzeit verdächtiger Finanzkonstrukte abdecken<br />

und nicht mehr nach zehn Jahren automatisch auslaufen.<br />

Fahndungsdruck erhöhen<br />

Um die Finanzbehörden bei der Aufdeckung und Verhinderung von<br />

Steuerstraftaten zu unterstützen, muss in Deutschland eine bundesweite<br />

Steuerfahndung aufgebaut werden, die für die Ermittlungen<br />

in Fällen grenzüberschreitender Steuerkriminalität von erheblicher<br />

bzw. grundsätzlicher Bedeutung zuständig ist.<br />

Verschärfung des deutschen Steuerrechts<br />

Schlupflöcher im deutschen Steuerrecht, die Spielräume für steuerliche<br />

Vermeidungsstrategien eröffnen, müssen geschlossen werden.<br />

So muss etwa im Außensteuergesetz eine unmittelbare Hinzurechnung<br />

der Einkünfte ausländischer Stiftungen zu den deutschen Begünstigten<br />

erreicht werden.<br />

Keine lückenhaften Steuerabkommen mehr zulassen<br />

Wir wollen, dass es künftig keine Steuerbegünstigungen und -befreiungen<br />

aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen mit Steueroasen<br />

gibt. Bereits bestehende Doppelbesteuerungsabkommen<br />

mit Steueroasen müssen neu verhandelt und gegebenenfalls ausgesetzt<br />

werden. Das gilt insbesondere für das Abkommen mit der<br />

Schweiz.<br />

Gewinnverlagerung in Steueroasen bekämpfen<br />

Häufig verlagern internationale Konzerne über trickreiche Finanzierungsgeschäfte<br />

und Lizenzvereinbarungen mit Tochterunternehmen<br />

Gewinne in Steueroasen und vermeiden auf diese Weise<br />

Steuerzahlungen. Die Praktiken der internationalen Konzerne sind<br />

oftmals formal legal, aber sie stehen im Widerspruch zur Intention<br />

der Steuergesetze. Deshalb müssen mindestens die bereits bestehenden<br />

Empfehlungen von OECD und Europäischer Kommission<br />

zur Bekämpfung aggressiver Steuerplanung internationaler Konzerne<br />

umgehend in nationales Recht umgesetzt werden.<br />

Steuerdumping in Europa verhindern<br />

Der schädliche Steuerwettbewerb in Europa muss beendet werden.<br />

Mindestens für den Euroraum ist eine gemeinsame Bemessungsgrundlage<br />

und die Vereinbarung von Mindeststeuersätzen bei der<br />

Körperschaftsteuer notwendig.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

221


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 8<br />

Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />

Für ein weltweites Verbot aller<br />

Finanzwetten und Derivate<br />

1. Die SPE-Fraktion im Europäischen Parlament und die <strong>SPD</strong>-<br />

Bundestagsfraktion werden aufgefordert, ihren Einfluss geltend<br />

zu machen, um ein Verbot aller spekulativen Finanzprodukte wie<br />

Finanzwetten, Derivate und Zertifikate durchzusetzen.<br />

2. Dieses Verbot soll nach Möglichkeit weltweit gelten. Andernfalls<br />

sollte ein Anfang in Europa gemacht werden. Sollten Länder<br />

wie Großbritannien oder Irland ihre Mitarbeit verweigern, ist<br />

eine vertiefte Zusammenarbeit in Europa anzustreben.<br />

3. Länder, die an der Spekulation festhalten, sollen auch die Risiken<br />

allein tragen.<br />

4. Flankierend soll verhindert werden, dass Rechtssubjekte (Einzelpersonen,<br />

Unternehmen etc.) aus den beteiligten Mitgliedstaaten<br />

in entsprechende Finanzprodukte investieren, die an anderen Finanzplätzen<br />

gehandelt werden. So weit wie möglich sollen auch<br />

multinationale Konzerne einbezogen werden.<br />

5. Der rechtliche Rahmen im Völkerrecht, Europarecht und im nationalen<br />

Recht ist entsprechend anzupassen.<br />

Die Finanzkrise ist nicht vorbei. Sie macht nur eine Pause, wird<br />

aber erneut ausbrechen, weil die strukturellen Ursachen nicht beseitigt<br />

sind. Die Finanzkrise hat verschiedene Ursachen: Sie ist<br />

erstens eine Verschuldungskrise (insbesondere, aber nicht nur eine<br />

Staatsverschuldungskrise), zweitens eine Wirtschaftskrise (mangelnde<br />

Wettbewerbs¬fähigkeit vor allem südeuropäischer Staaten)<br />

und drittens eine Finanzmarktkrise (Spekulationsblasen durch Finanzwetten<br />

und Derivate).<br />

Die Staatsverschuldung ist nicht zu Unrecht im Fokus der Öffentlichkeit.<br />

Daneben werden aber die systemischen Risiken des weltweiten<br />

Finanzmarktkapitalismus und bestimmter Finanzmarktprodukte<br />

unterschätzt. Die Analyse und auch die bisher diskutierten<br />

und umgesetzten Regelungsansätze greifen hier bisher viel zu kurz:<br />

Ein Trennbankensystem mag die Transparenz des Bankensystems<br />

ein wenig erhöhen. Allerdings führt etwa die Neugliederung einer<br />

deutschen X-Bank in eine „X-Bank-Holding“ mit zwei Töchtern,<br />

der Tochter 1 „X-Geschäftskunden- und Privatkunden¬bank“ für<br />

das Einlagen- und Kreditgeschäft und der Tochter 2 „X-Investmentbank“<br />

nicht dazu, dass die Risiken verschwinden. Sowohl die<br />

geschäftlichen Risiken laufen bei der Holding zusammen, und die<br />

Risiken für das Finanzsystem und den Staat bleiben bei systemrelevanten<br />

Banken bestehen, denn irgendwo kommt das Geld, mit dem<br />

die Investmentbanken arbeiten, ja her. Die Lehmann brothers-Pleite<br />

hatte ihre Folgen. In den USA galt von 1933 bis 1999 das Trennbankensystem.<br />

Lehman brothers war eine reine Investmentbank,<br />

und das Trennbankensystem hätte die Pleite 2008 nicht verhindert.<br />

Deutschland ist aber bisher mit einem (Universal-) Bankensystem<br />

mit den drei Säulen der öffentlich-rechtlichen Banken (Sparkassen<br />

und Landesbanken), Genossenschaftsbanken und Privatbanken<br />

bisher trotz erheblicher Probleme relativ gut gefahren. In die Krise<br />

gekommen sind aber sowohl Privatbanken (HypoReal, Commerzbank,<br />

IKB) als auch öffentlich-rechtliche Banken (BayernLB,<br />

SachsenLB, WestLB etc.). Es kommt daher primär nicht auf die<br />

Organisationsform und Trägerschaft der Banken an, sondern auf<br />

das Geschäftsmodell und die getätigten Geschäfte.<br />

Auch eine verbesserte Regulierung, die jedes Finanzprodukt einer<br />

Regulierung unter¬wirft, ist zwar sinnvoll und anzustreben, wird<br />

aber letztlich aufgrund der strukturellen Marktintransparenz nicht<br />

ausreichend sein, um die systemischen Risiken der Finanzprodukte<br />

in den Griff zu bekommen.<br />

Eine Regulierung muss daher an den Finanzprodukten selbst bzw.<br />

an der Art der Finanzprodukte ansetzen. Solange Geld in bestimm-<br />

StW8<br />

Für ein weltweites Verbot aller<br />

Finanzwetten und Derivate<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und S&D Fraktion im<br />

Europäischen Parlament<br />

222


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

te Finanzprodukte fließt, sind die Risiken nicht beseitigt. Die Vielfalt<br />

der Finanzprodukte ist fast unübersehbar: Beispielsweise werden<br />

für Siemens an Wertpapieren gehandelt 8 Aktien, 9 Fonds, 20<br />

Anleihen und 11.630 Zertifikate. Für die Deutsche Bank AG sind<br />

es 1 Aktie, 4 Fonds, 757 Anleihen und 20.552 Zertifikate (Quelle:<br />

www.finanzen.net, Stand: 11.9.2013). Weltweit dürfte die Anzahl<br />

aller gehandelten Finanzprodukte so groß sein, dass keine Regulierung<br />

hier jemals einen Überblick behalten kann. Die Produktvielfalt<br />

und die Marktintransparenz sind von den Finanzmarktakteuren,<br />

die die Finanzprodukte schaffen, gewollt. Eine Regulierung muss<br />

daher nicht am einzelnen Finanzprodukt, sondern an der Art der<br />

Finanzprodukte ansetzen.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 9<br />

Landesorganisation Hamburg<br />

Regulierung der „Schattenbanken“<br />

1. Für Unternehmen, deren Hauptzweck der Betrieb von Finanzgeschäften<br />

ist, die also Kapital von Investoren sammeln und anlegen,<br />

sollen dieselben Gesetzesvorschriften und Regeln gelten<br />

wie für Banken (insbesondere die Regeln über die Ausstattung<br />

mit Eigenkapital).<br />

2. Soweit diese Unternehmen forderungsbasierte Wertpapiere ausgeben<br />

(„Asset Backed Securities” oder „Mortgage Backed Securities”),<br />

ist von der zuständigen Finanzaufsichts-behörde vor<br />

Erteilung der Genehmigung der Emission sicherzustellen, dass<br />

maximal 90 Prozent der zugrundeliegenden Forderungen über<br />

dieses Finanzierungsinstrument am Markt platziert werden. Das<br />

bedeutet, dass sowohl die Emittenten als auch die den Vertrieb<br />

übernehmenden Unternehmen (also Banken oder Versicherungsunternehmen)<br />

zur Absicherung jeweils mindestens 10 Prozent<br />

des Anlagebetrages in der Bilanz behalten müssen.<br />

3. Zukünftig soll keine Mehrfachverbriefung von Kreditforderungen<br />

mehr erlaubt sein. Deshalb sind der Finanzaufsichtsbehörde<br />

die zugrunde liegenden Kreditverträge eindeutig identifizierbar<br />

offen zulegen. Erst nach der Prüfung lässt sie die Verbriefung der<br />

Forderungen zum Handel zu.<br />

StW9<br />

Regulierung der „Schattenbanken“<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 10<br />

Ortsverein Kiel-Russee-Hammer (Landesverband Schleswig-<br />

Holstein)<br />

Steuerschlupflöcher schließen<br />

-öffentliche Haushalte ausfinanzieren -<br />

Benachteiligung von Arbeitnehmer/innen<br />

und kleinen Betrieben abbauen<br />

Die Mitglieder der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion werden gebeten folgende<br />

Gesetzesvorhaben im Bundesrat zu initiieren bzw. im Deutschen<br />

Bundestag einzubringen:<br />

a) Die Bezugsgröße für die Besteuerung von großen / international<br />

verflochtenen Unternehmen auf den bei der Bilanz ohnehin ermittelten<br />

Gewinn vor Zinsen und Steuern gesetzlich neu zu fassen.<br />

Anlass: Würden die Unternehmenssteuern auf dieser beschriebenen<br />

Basis direkt beim Betrieb erhoben - egal ob der Eigentümer<br />

Aus- oder Inländer ist -, könnten keine in Deutschland erwirtschafteten<br />

Gewinne mehr unversteuert abfließen.<br />

b) Die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten für Aufwendungen, die<br />

in Deutschland nicht zuversteuerten Erträgen führen, u.a. für<br />

StW10<br />

Steuerschlupflöcher schließen<br />

-öffentliche Haushalte ausfinanzieren -<br />

Benachteiligung von Arbeitnehmer/innen<br />

und kleinen Betrieben abbauen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

223


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Produktionsverlagerungen ins Ausland, ersatzlos streichen.<br />

Anlass: Mit diesen bestehenden steuerlichen Abzugsmöglichkeiten<br />

subventioniert der Staat u.a. die Verlagerung von Unternehmen<br />

ins Ausland. Hier werden falsche finanzielle Anreize geboten.<br />

So mindern die Kosten für den Umzug in Deutschland die<br />

Steuerlast und die Gewinne fallen am neuen Standort an.<br />

c) Die sogenannte steuerliche Organschaft ist aufzuheben und die<br />

damit verbundene Verlustrechnung zwischen Konzerngesellschaften<br />

bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer ist abzuschaffen.<br />

Anlass: Die Regeln zur Gewinn- und Verlustrechnung<br />

im Konzern erlauben es Unternehmen, die Erträge profitabler<br />

Betriebe gegen die Verluste anderer Betriebe im Unternehmensverbund<br />

aufzurechnen. Im Ergebnis vermindert sich das Steueraufkommen.<br />

Konzerne haben einen Steuervorteil gegenüber<br />

kleineren Unternehmen und viele Kommunen nehmen kaum<br />

Gewerbesteuern ein – obwohl die örtliche Niederlassung eines<br />

großen Konzerns hohe Überschüsse erwirtschaftet.<br />

d) Die Verlustvorträge sind, wie es in vielen EU-Ländern üblich ist,<br />

nach wenigen Jahren abzuschmelzen. Anlass: Verlustvorträge<br />

eröffnen Unternehmen die Möglichkeit, einmal angefallene Verluste<br />

beliebig lange vor sich her zu schieben und sie in guten<br />

Jahren gegen einen Teil der Gewinne aufzurechnen. So hatten<br />

die Kapitalgesellschaften in 2006 in Deutschland 576 Milliarden<br />

Euro zur Steuer mindernden Verrechnung mit kommenden Gewinnen<br />

aufgetürmt.<br />

e) Die schrittweise Einführung bzw. Annäherung der Buchwerte<br />

an die Verkehrswerte von Vermögensgegenständen – vor allem<br />

Grundstücke und Immobilien –, um deren Wertzuwächse jährlich<br />

als steuerpflichtigen Gewinn gesetzlich anrechnen zu lassen.<br />

Anlass: Erst bei Verkauf von Vermögensgegenständen werden<br />

die Wertzuwächse steuerlich erfasst. Gibt es keinen Besitzerwechsel,<br />

bleiben Wertsteigerungen von Vermögensgegenständen<br />

unversteuert. Beispielsweise stehen vor langer Zeit für 100.00<br />

D-Mark gekaufte Grundstücke noch heute mit diesem Wert in<br />

der Bilanz, auch wenn der Marktpreis inzwischen bei einer Millionen<br />

Euro liegt.<br />

f) Die Gewerbesteuer zu einer „kommunalen Betriebs- bzw. Wirtschaftssteuer“<br />

auszubauen, in der alle im Betrieb erwirtschafteten<br />

Kapitalentgelte als Bemessungsgrundlage steuerrechtlich<br />

vollumfänglich einbezogen werden. Anlass: Die Gewerbesteuer<br />

wurde zwischen 1980 und 2008 ausgehöhlt. Sie war ursprünglich<br />

eine Steuer, die alle auf die Kapitalgeber entfallenden Erträge<br />

erfasste – beim Fremdkapital die Zinsen, beim Eigenkapital<br />

die Gewinne. Übrig blieb am Ende nur eine „Extra-Gewinnsteuer<br />

für Großunternehmen“. Seit 2008 wird zumindest ein Teil der<br />

gezahlten Schuldzinsen und Lizenzgebühren, die an Mutter- oder<br />

Finanzierungsgesellschaften fließen, wieder besteuert. Der 2008<br />

eingeschlagene Kurs soll nun fortgesetzt werden.<br />

g) Kapitalerträge sind wieder in der Einkommensteuererklärung<br />

auszuweisen und mit dem persönlichen Einkommensteuersatz zu<br />

besteuern. Anlass: Die Abgeltungssteuer entlastet die Bezieher<br />

hoher Einkommen sehr stark, da auf Kapitalerträge nicht mehr<br />

der persönliche Einkommensteuersatz, sondern nur noch pauschal<br />

25 Prozent erhoben werden. Durch die anonyme Erhebung<br />

der Steuer bei der kontoführenden Bank hat der Fiskus kaum einen<br />

Überblick, welcher Steuerpflichtige welche Kapitaleinkünfte<br />

hat. Dies begünstigt die Steuerhinterziehung und muss abgestellt<br />

werden.<br />

h) Die Einnahmen aus alledem (Maßnahmen von a – g) sollen nach<br />

folgendem Schlüsselverteilt werden: Bund 15%, Länder 42,5 %<br />

und Kommunen 42,5%. Anlass: Nachdem jahrzehntelang den<br />

Kommunen vom Bund und den Ländern Aufgaben ohne finanzielle<br />

Ressourcen übertragen worden sind, ist es an der Zeit den<br />

o.g. Verteilungsschlüssel zu verwirklichen.<br />

224


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

i) Durch ein Bundes-Konnexitätsausführungsgesetz sollen künftig<br />

etwaige Mehrbelastungen der Länder ausgeglichen werden.<br />

Anlass: Schaffung einer sicheren Rechtsgrundlage, Rechtsklarheit<br />

und Verlässlichkeit, die für eine verbesserte und konfliktfreiere<br />

Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern sorgt. Das<br />

Gesetz soll Bekenntnis und Ausdruck für eine kooperative und<br />

gleichberechtigte Partnerschaft sein.<br />

1<br />

5<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 11<br />

Unterbezirk Duisburg (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Grenzen der Staatsverschuldung<br />

und wachstumsorientierte<br />

Konsolidierungspolitik<br />

Die <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion und der nächste <strong>SPD</strong> Bundesparteitag<br />

werden gebeten, die Notwendigkeit öffentlicher Kreditaufnahmen<br />

zur Erfüllung von Staatsaufgaben festzustellen. Zur effektiven Begrenzung<br />

der Staatsverschuldung müssen folgende Eckpunkte dabei<br />

beachtet werden:<br />

1. Wir Sozialdemokraten gehen grundsätzlich davon aus, dass<br />

staatliche Ausgaben mittelfristig durch laufende Einnahmen bestritten<br />

werden sollen. Aus steuerlichen Einnahmeüberschüssen<br />

sind Rücklagen für Investitionen zu bilden oder auch sozial ausgewogene<br />

Steuersenkungen zu rechtfertigen. Öffentliche Kreditaufnahmen<br />

sind wirksam zu begrenzen und mit Rückführungsmechanismen<br />

zu versehen.<br />

2. Die Staatsverschuldung steht in dem Spannungsfeld der Generationengerechtigkeit<br />

und der Deckung öffentlicher Aufgaben.<br />

Den Parlamenten kommt hierbei das Recht des Souveräns zu,<br />

mit ihrer Haushaltsgesetzgebung Politik zu steuern. Die Vergabe<br />

und auch die Verwendung staatlicher Finanzmittel, gerade<br />

im Bereich der Schuldenverwaltung, müssen einer effektiveren<br />

Kontrolle unterzogen werden.<br />

3. Um Generationsgerechtigkeit und Parlamentshoheit verfassungsrechtlich<br />

zulässig und politisch geboten miteinander in<br />

Einklang zu bringen, ist der Begriff der „Investition“ nicht nur<br />

ökonomisch zu betrachten, sondern im Rahmen eines fairen Generationenausgleichs<br />

gesellschaftlich weiter zu fassen. Bildung<br />

ist eine Investition in die Zukunft; Haushaltsmittel für Bildung<br />

sind daher kein ökonomischer Risikotransfer. Das bis Juli 2009<br />

geltende Verfassungsgebot ist dahin gehend weiterzuentwickeln.<br />

Starre, an die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung gekoppelte<br />

Begrenzungen werden abgelehnt.<br />

4. Staatsverschuldung darf einen zumutbaren ökonomischen Belastungseffekt<br />

haben, der jedoch durch eine zu erwartende und<br />

möglichst exakt zu prognostizierende Entlastung und Tilgung<br />

kompensiert werden muss. Belastungen sind dabei möglichst<br />

präzisen Tilgungserwartungen zuzuordnen. Hierbei sind gesamtwirtschaftliche<br />

Entwicklungen mitzuberücksichtigen. Eine<br />

den wirtschaftlichen Auf- und Abschwüngen berücksichtigende<br />

staatliche Ausgabenpolitik des Staates zur Stabilisierung der<br />

Wirtschaft muss weiterhin möglich sein.<br />

5. Wir Sozialdemokraten bekennen uns ausdrücklich zum vorsorgenden<br />

Sozialstaat. Investitionen in Bildung und Ausgaben für<br />

Kinder und Jugend dürfen deshalb auch über Kredite finanziert<br />

werden, weil sie nachweislich zu künftigen Entlastungen der sozialen<br />

Sicherungssysteme führen.<br />

6. Eine Schuldenbremse darf keine Investitionsbremse sein und erst<br />

recht nicht gegenwartsbelastende Schulden mit zukunftsbegünstigenden<br />

Zielen verhindern.<br />

7. Die Finanzpolitik des Staates wird an die Staatszielbestimmungen<br />

und an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden. Der faire<br />

Generationsausgleich ist zusätzlich - in Abwägung zur Parla-<br />

StW11<br />

Grenzen der Staatsverschuldung<br />

und wachstumsorientierte<br />

Konsolidierungspolitik<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

225


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

mentshoheit – als Staatsziel mit Verfassungsrang zu verankern.<br />

Dabei ist zu beachten und von den Parlamenten zu legitimieren,<br />

dass gegenwärtigen Belastungen durch Kreditfinanzierungen<br />

möglichst präzise prognostizierte zukünftige Entlastungen gegenüberstehen.<br />

Zukunftsbelastungen müssen - gemäß den vom<br />

Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen - mit Zukunftsbegünstigungen<br />

einhergehen. Das Gebot zur Schuldenrückführung<br />

in Zeiten steigender Steuereinnahmen soll mit dem<br />

Charakter eines Staatsziels ins Grundgesetz aufgenommen werden.<br />

8. Sondervermögen (Finanzmarktstabilisierungsfonds, öffentliche<br />

Bad-Banks usw.) alleröffentlichen Haushalte sind der unmittelbaren<br />

parlamentarischen Beratung und fortlaufender parlamentarischer<br />

Kontrolle zu unterziehen.<br />

9. Bund und Länder sorgen gemeinsam für ein ausgewogenes und<br />

wirtschaftlich stabiles (Bundes-) System. Die Bundesländer sind<br />

mit Staatsqualität ausgestattet und deshalb in ihrer Haushaltsführung<br />

voneinander „selbstständig“ und „unabhängig“. Einnahmen<br />

aus Krediten und damit eine „sinnvolle“ und dem Wirtschaftlichkeitsgebot<br />

unterliegende Staatsverschuldung müssen daher auch<br />

den Ländern weiterhin gestattet sein. Es macht wenig Sinn für<br />

die Bundesländer ein Verschuldungsverbot ab dem Jahre 2020<br />

vorzugeben.<br />

10. Sozialdemokratische Konsolidierungspolitik beinhaltet nicht<br />

nur eine maßvolle, sparsame und wirtschaftliche Kredit- und<br />

Ausgabenpolitik, sondern auch eine Stärkung der Einnahmeseite.<br />

Staatsverschuldung zurückzuführen ist nicht gleichbedeutend<br />

mit kopflosem Sparen. Eine effektive Begrenzung der<br />

Staatsverschuldung auf verfassungsrechtlich zulässiges und<br />

gewolltes Maß ist nur auf Basis einer wirtschaftlich ausgewogenen<br />

und gerechten Steuerpolitik möglich. Konjunkturbedingte<br />

Steuermehreinnahmen sind möglichst für die Schuldentilgung<br />

zu verwenden.<br />

11. Steuerpolitisch ist es deshalb geboten, die Steuererleichterungen<br />

für Hoteliers rückgängig zu machen, den Spitzensteuersatz<br />

(ab 100.000 Euro Jahreseinkommen für Alleinstehende)<br />

auf 49 Prozent anzuheben, die Brennelementesteuer zu erhöhen,<br />

die Vermögensteuer wieder zu erheben und ebenso eine<br />

Finanzmarkttransaktionssteuer einzuführen.<br />

12. Wachstumsorientierte Konsolidierungspolitik setzt ebenfalls<br />

darauf, Niedrigzinsphasen – wie die gegenwärtige – zur gezielten<br />

Investitionsförderung, insbesondere für den Ausbau<br />

des Bildungs- und Forschungsstandort Deutschland, zu nutzen.<br />

Nur über eine Stärkung der Binnennachfrage lässt sich<br />

gezielt nachhaltiges Wachstum anregen, das den zuverlässigsten<br />

Garanten für solide Staatsfinanzen darstellt.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 12<br />

Ortsverein Bremen-Gartenstadt-Vahr (Landesorganisation Bremen)<br />

Stabilisierung des Bankensektors<br />

Um den nach der vergangenen Bankenkrise wiederum durch eigenes<br />

Verschulden bedrohten Bankensektor zu stabilisieren und ihn<br />

auf seine volkswirtschaftlich notwendigen Aufgaben zurück zuführen,<br />

werden sozialdemokratisch geführte Landes- und Bundesregierungen<br />

aufgefordert, bei Bedarf von Kapitalerhöhungen einzelner<br />

Banken sich mit mindestens 25,1 % an deren Eigenkapital zu<br />

beteiligen. Sie werden dies mit dem Ziel tun, dauerhaft Einfluss zu<br />

nehmen, um<br />

• die Risiken des Zusammenbruchs von systemrelevanten Banken<br />

abzuwehren<br />

• sie auf die Aufgabe der Kreditversorgung der Wirtschaft, insbesondere<br />

der mittelständischen Wirtschaft sowie privatem Bedarf,<br />

zu konzentrieren<br />

StW12<br />

Stabilisierung des Bankensektors<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

226


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

• Spekulationsgeschäfte zu unterbinden<br />

• einen bankeneigenen Beitrag zu leisten, die exorbitanten Einkommen<br />

der Vorstände privatwirtschaftlicher Großunternehmen<br />

einzuschränken<br />

• den Umfang der Ausschüttungen auf eine Kapitalrendite von<br />

nicht oberhalb von 15 % des Eigenkapitals p.a. zu begrenzen.<br />

1<br />

5<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 13<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Regulierung der Finanzmärkte<br />

Ungezügelte Spekulationen und Profitgier an den Finanzmärkten<br />

haben zum Ausbruch der letzten Krise geführt. Daher fordert der<br />

Parteitag die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die S&D-Fraktion im<br />

Europaparlament auf, die Finanzmärkte ausreichend zu regulieren.<br />

Es reicht nicht aus, nur ungedeckte Leerverkäufe in Deutschland<br />

zu verbieten und Ratingagenturen und Eigenkapitalvorschriften zu<br />

regulieren. Die Regulierung soll das Verbot des Handels mit Kreditausfallversicherungen,<br />

ohne den Basiswert (Underlying Asset) zu<br />

besitzen, beinhalten. Das bedeutet, dass ein Marktteilnehmer/eine<br />

Marktteilnehmerin ein Derivat nur handeln darf, wenn er auch den<br />

zu Grunde liegenden Vermögensgegenstand besitzt. Dieses Verbot<br />

schränkt die Möglichkeit zur Spekulation in extremem Masse ein.<br />

Bisher wurden ungedeckte Kreditausfallversicherungen nur auf<br />

Staatsanleihen verboten.<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 14<br />

Bezirk Hannover<br />

Nachhaltige Finanzpolitik gestalten:<br />

Kräfte bündeln, Handlungsfähigkeit<br />

sichern<br />

Die neoliberale Steuer-, Finanz- und Haushaltspolitik einer Vielzahl<br />

von Regierungen hat in der abgelaufenen Dekade europaweit<br />

für eine Aushöhlung staatlicher Handlungsfähigkeit gesorgt. Ein<br />

fortgesetzter länderübergreifender Steuerdumping-Wettbewerb<br />

führte nicht nur zu einer wachsenden steuerlichen Ungerechtigkeit,<br />

sondern auch zu Privatisierungstendenzen mit dem Trend des<br />

Rückzugs staatlicher Ebenen aus der öffentlichen Finanzierung und<br />

Verantwortung für Aufgaben und Leistungen, die im öffentlichen<br />

Interesse stehen. Durch den Verlust an staatlicher Handlungsfähigkeit<br />

gerät nicht nur der soziale Frieden in Gefahr, sondern schwindet<br />

zugleich das Vertrauen in die Wirksamkeit politischen Handelns<br />

und damit letztlich auch in die Demokratie.<br />

Zu der neoliberalen Austeritätspolitik gesellte sich speziell in<br />

Deutschland die Begrenzung der politischen Handlungsfähigkeit<br />

durch die einseitige Einführung einer Schuldenbremse im Grundgesetz,<br />

ohne dass zugleich die auskömmliche Finanzierung der<br />

Staatsaufgaben durch gerechte Steuern sichergestellt wurde. Die<br />

Schuldenbremse ist heute Verfassungsrealität – wir müssen ihre<br />

Gültigkeit zur Kenntnis nehmen und als Vorbedingung für politisches<br />

Handeln akzeptieren. Was wir allerdings nicht hinnehmen, ist<br />

die weitere Ungerechtigkeit in der Finanzierung öffentlicher Aufgaben.<br />

Deswegen fordern wir eine nachhaltige Finanzpolitik, die<br />

Einnahmen und Ausgaben sowie Aufgaben und Subsidiarität eben<br />

auf allen Ebenen im politischen Diskurs bündelt.<br />

Dabei muss vor allem das Zusammenwirken der finanzpolitischen<br />

Herausforderungen auf allen Ebenen betrachten werden.<br />

StW13<br />

Regulierung der Finanzmärkte<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und S&D-Fraktion im<br />

Europäischen Parlament<br />

StW14<br />

Nachhaltige Finanzpolitik gestalten:<br />

Kräfte bündeln, Handlungsfähigkeit<br />

sichern<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

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60<br />

65<br />

227


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

• 2019 läuft der geltende Länderfinanzausgleich aus. Wir werden<br />

uns dafür einsetzen, dass die Neuregelung am Grundsatz der<br />

gleichwertigen Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet<br />

festhält. Die Steuer- und Finanzkraft und die damit einhergehende<br />

Leistungsfähigkeit einiger Länder muss auch weiterhin in die<br />

kollektive Solidarität aller Länder münden. Zugleich lehnen wir<br />

einen Steuerwettbewerb zwischen den Ländern, z.B. durch Einführung<br />

eines Hebesatzrechtes auf die Einkommensteuer, ab.<br />

• 2019 endet ebenfalls der laufende Solidarpakt II. Wir unterstützen<br />

die Bemühungen für einen „Solidarpakt III“, der als langfristig<br />

angelegtes Bundesprogramm bestehende infrastrukturelle<br />

Nachteile durch zielgerichtete Investitionen ausgleicht. Die Mittelverteilung<br />

soll dabei nicht mehr nach Himmelsrichtung, sondern<br />

nach Bedürftigkeit, Notwendigkeit und Nachhaltigkeitskriterien<br />

organisiert werden.<br />

• Der mehrjährige Finanzrahmen der EU für die Jahre 2014-2020<br />

wird zurzeit verhandelt. Wir fordern die Bundesregierung auf,<br />

dass die Strukturfondsförderung, die Forschungsförderung und<br />

die Förderung der ländlichen Räume nicht wie geplant zurückgefahren<br />

werden. Insbesondere fordern wir, dass die innerdeutschen<br />

Übergangsregionen bei einer Folgeförderung gleichberechtigt<br />

werden – dies betrifft bei uns insbesondere die Region<br />

Lüneburg.<br />

Zur Bearbeitung dieser finanzpolitischen Herausforderungen ist ein<br />

neuer Anlauf für eine Föderalismusreform III erforderlich, die Aufgaben,<br />

Einnahmen und Ausgaben des Gesamtstaates im Kontext<br />

der verfassungsrechtlich geltenden Schuldenbremse und der Notwendigkeit<br />

der Stärkung der Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte<br />

verhandelt und alle staatlichen Ebenen beteiligt. Deswegen<br />

unterstützen wir die Einrichtung einer neuen Föderalismuskommission,<br />

die sich aus VertreterInnen von Bund, Ländern und Kommunen<br />

zusammensetzt, um entsprechend zu verhandeln.<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 15<br />

Ortsverein FR-Haslach-Weingarten-Rieselfeld (Landesverband<br />

Baden-Württemberg)<br />

Die Krise solidarisch finanzieren<br />

Die <strong>SPD</strong> setzt sich für eine solidarische Finanzierung der durch die<br />

internationale Finanzkrise entstehenden finanziellen Lasten ein.<br />

Wir streben eine Finanzierungsregelung an, die an den Lastenausgleich<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg angelehnt ist. Wir wollen im<br />

Rahmen eines Lastenausgleichs auf hohe Netto-Vermögen eine auf<br />

zehn Jahre befristete Vermögensabgabe von 2% des Nettovermögens<br />

(Nettovermögen: Gesamtvermögen abzüglich Verschuldung)<br />

erheben. Die Abgabe soll nur von jenen 20% der Deutschen erhoben<br />

werden, welche momentan 80% der Vermögenswerte besitzen.<br />

Die Einnahmen sollen vorrangig zweckgebunden zum Schuldenabbau<br />

eingesetzt werden und nach dem Mehrwertsteuer-Schlüssel auf<br />

Bund, Länder und Kommunen verteilt werden.<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 16<br />

Kreisverband Herford (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Gemeinnützige Organisationen<br />

Es ist eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die gemeinnützige<br />

Organisationen dem Wettbewerbsrecht entsprechend vor Verwechslung<br />

und Nachahmung schützt.<br />

StW15<br />

Die Krise solidarisch finanzieren<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

StW16<br />

Gemeinnützige Organisationen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

228


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 17<br />

Kreisverband Dithmarschen (Landesverband Schleswig-Holstein)<br />

Unterstützung von Existenzgründungen<br />

Wir fordern die Rücknahme der Mittelkürzungen und der erheblichen<br />

Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Existenzgründungen<br />

aus der Arbeitslosigkeit heraus. Zur aktiven Unterstützung<br />

von Existenzgründungen wollen wir das Instrument des Gründungszuschusses<br />

stattdessen optimieren, bestehende Beratungsstrukturen<br />

noch besser vernetzen und eine zentrale Anlaufstation<br />

mit Lotsenfunktion etablieren, die passgenaue Beratungsangebote<br />

und Fördermöglichkeiten vermittelt.<br />

StW17<br />

Unterstützung von Existenzgründungen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 18<br />

Landesverband Bayern<br />

Gehältertransparenz als Basis für<br />

Gehältergerechtigkeit<br />

Wir fordern, angelehnt am das skandinavische Modell der Gehältertransparenz,<br />

für Unternehmen mit mindestens 25 MitarbeiterInnen<br />

anonyme Gehaltslisten zu veröffentlichen. Stellt sich heraus,<br />

dass Frauen für gleiche Arbeit weniger verdienen, droht eine Geldstrafe<br />

für das Unternehmen.<br />

StW18<br />

Gehältertransparenz als Basis für<br />

Gehältergerechtigkeit<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 19<br />

Landesverband Berlin<br />

Privatisierung<br />

Die <strong>SPD</strong> lehnt jede Form der Privatisierung staatlicher Aufgaben<br />

der Daseinsvorsorge ab. Das gilt insbesondere für die Privatisierung<br />

in der Form der angeblichen Zusammenarbeit von Privaten<br />

und dem Staat (PPP). Die <strong>SPD</strong> setzt sich daher insbesondere dafür<br />

ein,<br />

• dass die Zahlungsverpflichtungen aus PPP-Verträgen bundesweit<br />

in die Verschuldung eingerechnet werden, die Deutschland an<br />

Maastricht meldet,<br />

• die ÖPP Deutschland AG aufgelöst wird,<br />

• eine Verpflichtung zur Veröffentlichung aller PPP-Verträge gesetzlich<br />

einzuführen,<br />

• Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen nur von staatlichen Behörden<br />

anstellen zu lassen und dafür die personellen Grundlagen zu<br />

schaffen,<br />

• die Kommunen finanziell so auszustatten, dass sie ihre Aufgaben<br />

in der Daseinsvorsorge ohne private Finanzierung durchführen<br />

können.<br />

Privatisierungen – in welcher Form auch immer – durch die ein<br />

Monopol geschaffen wird, wie dies beispielsweise bei der Wasserversorgung<br />

der Fall ist, müssen rekommunalisiert werden.<br />

StW19<br />

Privatisierung<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

229


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 20<br />

Landesverband Berlin<br />

Übungsleiterpauschale vereinheitlichen<br />

Die <strong>SPD</strong> spricht sich dafür aus, dass die Übungsleiterpauschale,<br />

d.h. die Vergünstigung nach § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz<br />

(EStG) für EhrenamtlerInnen vereinheitlicht wird. Die steuerlichen<br />

Regelungen sind insofern anzupassen, dass auch ehrenamtliche<br />

Betreuer aus gemeinnützig anerkannten Vereinen bei der Aus- und<br />

Fortbildung von Kinder- und Jugendlichen von der Übungsleiterpauschalregelung<br />

profitieren. Die sozialdemokratischen Mitglieder<br />

des Abgeordnetenhauses und des Senats werden aufgefordert, zu<br />

prüfen, ob eine landesgesetzliche Regelung oder Anweisung möglich<br />

ist, um o.g. Personengruppe von der Regelung des § 3 Nr. 26<br />

EStG zu erfassen.<br />

StW20<br />

Übungsleiterpauschale vereinheitlichen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Abgeordnete<br />

im Berliner Abgeordnetenhaus<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 21<br />

Unterbezirk Rheinisch-Bergischer-Kreis<br />

(Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Staatliche Unterstützung des Ehrenamtes<br />

Die Bundes- und Landesregierungen werden aufgefordert, Möglichkeiten<br />

zu finden, nachweisbare Ausgaben für ehrenamtliche Arbeit<br />

steuerlich anzurechnen oder nach Prüfung vom Finanzamt angemessen<br />

ersetzt zu bekommen. Das bezieht sich besonders auf die<br />

steuerliche Abzugsfähigkeit der Fahrtkosten bei den Fahrten zur<br />

Wirkungsstätte der ehrenamtlichen Tätigkeiten, analog der steuerlichen<br />

Fahrtkostenabzugsfähigkeit bei Fahrten zum Arbeitsplatz im<br />

Erwerbsleben.<br />

StW21<br />

Staatliche Unterstützung des Ehrenamtes<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 22<br />

Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />

Erhöhung der Pendlerpauschale<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />

Die <strong>SPD</strong> soll sich dafür einsetzen, dass die sogenannte Pendlerpauschale<br />

entsprechend an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten<br />

angepasst wird.<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 23<br />

Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />

Bürgerverträglichkeitsprüfung bei<br />

Baugroßvorhaben (BVP)<br />

Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />

Betroffene Bürger und Bürgerinnen sollen zukünftig bei Baugroßvorhaben<br />

stärker zu Wort kommen. Bereits bei der Vorplanung<br />

sollen mögliche Anlieger und deren Alternativvorstellungen mit<br />

einbezogen werden. Bei der Abwägung müssen Vorschläge der Betroffenen<br />

stärker gegenüber rein wirtschaftlichen Interessen gefördert<br />

werden.<br />

StW22<br />

Erhöhung der Pendlerpauschale<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

StW23<br />

Bürgerverträglichkeitsprüfung bei<br />

Baugroßvorhaben (BVP)<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

230


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich StW<br />

Antrag 24<br />

Landesverband Berlin<br />

Schädliche Finanzmarktspekulationen<br />

mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen<br />

unterbinden<br />

Die Bundestagsfraktion der <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, bei der Bundesregierung<br />

zielgerichtete Initiativen auf europäischer und internationaler<br />

Ebene zur Unterbindung reiner Finanzspekulationen<br />

bei Warentermingeschäften mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln<br />

insbesondere auf der Ebene des Europäischen Ministerrats und der<br />

betreffenden Verhandlungen der G 20-Staaten einzufordern.<br />

Die sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament wird aufgefordert,<br />

den Beschlüssen des Europäischen Parlaments zur Regulierung<br />

von Finanzmarkttransaktionen mit Nahrungsmitteln und<br />

Rohstoffen durch Einforderung einer präzisen und mit wirksamen<br />

Kontrollmöglichkeiten ausgestatteten Fassung der Direktive zu<br />

Finanzmarktinstrumenten der EU-Kommission MiFID Geltung<br />

zu verschaffen. Dazu gehören die Festlegung von Positionslimits<br />

(Begrenzung von Zahl der abzuschließenden Standardverträge für<br />

Warentermingeschäfte) und der Ausschluss von Finanzinstituten<br />

von den Rohstoffbörsen. Weiterhin sollten Finanzprodukte, die der<br />

Spekulation mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen ohne Bezug zur<br />

Absicherung von Realgeschäften dienen, verboten werden.<br />

Der <strong>SPD</strong>-Parteivorstand wird aufgefordert, alle Einflussmöglichkeiten,<br />

z.B. auch die Sozialistische Internationale und die internationale<br />

Gewerkschaftsbewegung zu nutzen, um eine weltweite Initiative<br />

zur Bekämpfung der weltweiten Spekulation mit Nahrungsmitteln<br />

und Rohstoffen in Gang zu bringen.<br />

StW24<br />

Schädliche Finanzmarktspekulationen<br />

mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen<br />

unterbinden<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion, an <strong>SPD</strong>-Gruppe im Europäischen<br />

Parlament und an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

231


Umwelt-, Energie-, Verbraucherund<br />

Verkehrspolitik


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 1<br />

Bezirk Braunschweig<br />

Die Energiewende erfolgreich gestalten.<br />

Für eine sichere, saubere und bezahlbare<br />

Stromversorgung.<br />

Die Energiewende droht ins Stocken zu geraten. Die zentralen Eckpfeiler<br />

unserer Energieversorgung – Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit<br />

von Energie – geraten ins Wanken. Ein Mangel an Koordination<br />

auf Bundesebene hat dazu geführt, dass es in Deutschland<br />

keine einheitliche und abgestimmte Energiepolitik zwischen<br />

Bund, Ländern und den Akteuren der Energiewende gibt. Hinzu<br />

kommt die fehlende Abstimmung mit den europäischen Partnern.<br />

Das Ergebnis sind Investitionsrisiken und Planungsunsicherheit.<br />

Damit gefährdet die schwarz-gelbe Bundesregierung die Entwicklung<br />

einer bezahlbaren, sicheren und sauberen Energieversorgung<br />

in Deutschland. Eine der größten industriepolitischen Chancen<br />

Deutschlands – der Aufbau einer wettbewerbs- und zukunftsfähigen<br />

Energieinfrastruktur – wird so leichtfertig verspielt.<br />

In der Folge werden steigende Strompreise, eine unzureichende<br />

Netzinfrastruktur und ungesicherte Erzeugungskapazitäten zum Risiko<br />

für den Industriestandort Deutschland und verursachen zunehmende<br />

Belastungen für den Stromverbraucher.<br />

In dieser Situation ist ein Politikwechsel erforderlich, der der breiten<br />

gesellschaftlichen Verantwortung zur Realisierung der Energiewende<br />

gerecht wird und damit die Energiewende zu einem Erfolg<br />

führt. Planungs- und Investitionssicherheit, ein stabiler Netzbetrieb,<br />

ein hohes Maß an Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit<br />

müssen zum Kennzeichen des ökologischen Umbaus der deutschen<br />

Energiepolitik werden.<br />

Ziele sozialdemokratischer Energiepolitik<br />

Wir wollen den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Umsetzung<br />

von Maßnahmen für höhere Energieeffizienz vorantreiben.<br />

Dabei orientieren wir uns an den <strong>SPD</strong>-Parteitagsbeschlüssen vom<br />

Dezember 2011:<br />

• 40-45% Stromanteil durch Erneuerbare Energien und 25% durch<br />

Kraft-Wärme-Kopplung bis zum Jahr 2020<br />

• 20% des Wärmebedarfs durch Erneuerbare Energien, eine für<br />

Mieter bezahlbare energetische Sanierung von Gebäuden sicherstellen<br />

• die Energieproduktivität auf 2,5% pro Jahr steigern<br />

• bis 2030 sollen 75% des Stroms aus erneuerbaren Quellen kommen;<br />

2050 soll der gesamte Energiebedarf zu 100% durch Erneuerbare<br />

gedeckt sein.<br />

Erstmals verlagern wir die Kosten der Energieversorgung nicht auf<br />

kommende Generationen, sondern investieren in eine saubere, sichere<br />

und langfristig bezahlbare Energieversorgung. Aufgrund des<br />

Zick-Zack-Kurses der schwarz-gelben Bundesregierung wird die<br />

Zeit knapp, die Energiewende erfolgreich umzusetzen. Es bedarf<br />

heute deutlich größerer Anstrengungen.<br />

Zentrale Elemente der Energiepolitik<br />

Die zentralen Herausforderungen unserer Energieversorgung müssen<br />

heute angegangen werden. Für akute Probleme sind kurzfristig<br />

zeitlich begrenzte Maßnahmen zu ergreifen (wie etwa die „Winterreserve“).<br />

Die grundlegenden Weichenstellungen für eine erfolgreiche<br />

Energiewende in der Stromversorgung bedürfen intensiver<br />

Diskussionen mit allen Akteuren. Zentral sind dabei die folgenden<br />

vier Handlungsfelder:<br />

1. Neues Marktdesign umsetzen<br />

Preisbildung und Marktzuschnitt beim Strom sind Resultat der Liberalisierung<br />

Ende der 90er Jahre. Der Strommarkt lebte von der<br />

Substanz vorheriger Investitionen in Kraftwerkskapazitäten und<br />

U1<br />

Die Energiewende erfolgreich gestalten.<br />

Für eine sichere, saubere und bezahlbare<br />

Stromversorgung.<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

234


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Netze. Neue Investitionen wurden kaum angeregt. Dieser Zuschnitt<br />

funktioniert heute nicht mehr.<br />

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat die Einführung der<br />

Erneuerbaren Energien erfolgreich vorangetrieben – heute beträgt<br />

ihr Anteil am Stromverbrauch bereits über 25 Prozent. Dabei ist<br />

es gelungen, die Erneuerbaren effizienter zu machen. Im heutigen<br />

Markt erhält dieser Strom jedoch keinen adäquaten Preis.<br />

In diesem System mit einem steigenden Anteil Erneuerbarer Energien<br />

sinken aufgrund des Einspeisevorrangs und des Merit-Order-<br />

Effekts die Betriebsstunden von konventionellen Kraftwerken und<br />

damit deren Wirtschaftlichkeit. Der daraus resultierende Investitionsattentismus<br />

und die Gefahr der Stilllegung bei konventionellen<br />

Kraftwerken birgt ein Risiko für die Versorgungssicherheit. Denn<br />

solange Erneuerbare Energien überwiegend nicht in der Lage sind,<br />

Strom bedarfsgerecht zu liefern, müssen auch weiterhin hocheffiziente<br />

regelbare Kraftwerke zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund<br />

sind das System der Strompreisbildung und das Marktdesign<br />

unter den Prämissen größtmöglicher Versorgungssicherheit<br />

und Bezahlbarkeit grundlegend neu zu konzipieren. Das ist zusammen<br />

mit der Steigerung der Energieeffizienz und dem Energiesparen<br />

entscheidend für das Gelingen der Energiewende. Nach der<br />

Bundestagswahl sind zügig entsprechende Entscheidungen zu treffen.<br />

Die gilt es jetzt in einem Fahrplan vorzubereiten.<br />

Maßnahmen<br />

• In einem künftigen Strommarkt müssen gesicherte Kapazitäten<br />

bereitstehen, um die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien<br />

jederzeit zu komplettieren. Zukünftig müssen Kraftwerke entsprechend<br />

flexibel einsetzbar sein, um komplementär zu wirken.<br />

Zudem müssen sie im Hinblick auf CO2-Ausstoß und Wirkungsgrad<br />

höchsten Effizienzstandards genügen. Europäische Kraftwerkskapazitäten<br />

sind zu berücksichtigen.<br />

• Um die Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit unserer Energieversorgung<br />

langfristig zu sichern, muss der erzeugte Strom<br />

aus Erneuerbaren Energien in dem dann veränderten Strommarktdesign<br />

vom jetzigen System der Einspeisevergütung und<br />

Abnahmegarantie schrittweise in die Vermarktung überführt<br />

werden. Ein optimales Design der Vermarktung für Erneuerbare<br />

Energien muss Kosteneffizienz, Planungssicherheit und Markt<br />

miteinander verbinden. Dabei muss der Strom einen adäquaten<br />

Wert erhalten. Der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien<br />

soll in effizienter und systemoptimierter Weise erfolgen. Dies<br />

entspricht der Zielsetzung des EEG.<br />

• Mit ihrem stetig wachsenden Anteil an der Stromerzeugung müssen<br />

die Erneuer¬baren Energien mehr Verantwortung für eine<br />

stabile Versorgung übernehmen. Wir wollen Erneuerbare Energien<br />

untereinander (z.B. Wind mit Wasser und/oder Biomasse),<br />

Erneuerbare Energien und fossile Energieerzeugung sowie Erneuerbare<br />

Energien und Verbrauchsmanagement so miteinander<br />

verknüpfen, dass Lastprofile optimal bedient werden. Erneuerbare<br />

Energien müssen und können auch Systemdienstleistungen<br />

wie etwa Blindleistung und Speicherung bereitstellen. Anreize<br />

für erhöhte Volllaststunden pro Anlage können in der Systembetrachtung<br />

zur Kostenentlastung beitragen.<br />

• Das derzeitige System der Einspeisevergütung für Strom aus<br />

Erneuerbaren Energien muss weiterentwickelt werden. Wo kurzfristig<br />

Spielräume zur Senkung der Einspeisevergütung und der<br />

Systemkosten bestehen, sind Anpassungen geboten. Sie erhöhen<br />

nicht zuletzt auch die Akzeptanz weiterer Förderung. Anpassungsmaßnahmen<br />

dürfen nicht dazu führen, dass bei Anlegern,<br />

Betreibern, Investoren und Finanziers Investitionsunsicherheit<br />

entsteht. Wir wollen stabile und berechenbare Rahmenbedingungen<br />

schaffen, denn sie sind Voraussetzung für den weiteren Ausbau<br />

der Erneuerbaren.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

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235


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

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60<br />

65<br />

2. Modernisierung und Ausbau der Netzinfrastruktur vorantreiben<br />

Voraussetzung für die Implementierung eines Marktdesigns, das<br />

kontinuierliche Anteilsverschiebungen zwischen den fossilen und<br />

den Erneuerbaren Energieträgern fördert, ist die Modernisierung<br />

und der Ausbau der Netzinfrastruktur, die Bereitstellung von Speichern<br />

und ein optimiertes Verbrauchsmanagement.<br />

Die Modernisierung der Netzinfrastruktur und der Ausbau der Erneuerbaren<br />

Energien müssen Hand in Hand gehen, das gilt sowohl<br />

für die Verteilnetze als auch für die Übertragungsnetze. Die regionalen<br />

Verteilnetze müssen zu „intelligenten“ Leitungssystemen<br />

ausgebaut werden, weil zunehmend mehr Verbraucher zu Erzeugern<br />

werden und ihren Strom unregelmäßig einspeisen. Die überregionalen<br />

Übertragungsnetze müssen technisch ertüchtigt bzw.<br />

ausgebaut werden. Der Netzausbau vermeidet an anderer Stelle<br />

erhebliche Kosten u.a. für Erzeugungssteuerung, Abregelung und<br />

Ausgleichsenergie. Der Atomausstieg wäre ohne den Stromtransport<br />

von Nord nach Süd nicht ohne Weiteres zu bewerkstelligen.<br />

Maßnahmen<br />

• Mit Hilfe der Bundesnetzagentur müssen Maßnahmen zur besseren<br />

Abstimmung des Ausbaus von Übertragungsnetzen und<br />

Erneuerbaren Energien ergriffen werden. Zu ihren Aufgaben im<br />

Bereich des Netzentwicklungsplans gehört es, mit effizienten<br />

Planungs- und Genehmigungsverfahren für eine beschleunigte<br />

Umsetzung der Anpassung des Übertragungsnetzes zu sorgen.<br />

Dabei ist der technischen Ertüchtigung von Leitungssystemen<br />

Vorrang vor dem Ausbau zu geben. Mögliche Diskrepanzen zwischen<br />

dem Ausbau von Übertragungsnetzen und den Erneuerbaren<br />

Energien sind durch die Bundesnetzagentur frühzeitig aufzuzeigen,<br />

um nachzusteuern und damit Ausbaumoratorien für neue<br />

Erzeugungskapazitäten zu vermeiden. Die Erfahrungen bei der<br />

Erstellung des ersten nationalen Netzentwicklungsplans sind im<br />

Hinblick auf die öffentlichen Konsultationsverfahren auszuwerten.<br />

• Die Übertragungsnetze sind in einer Deutschen-Netz-AG zusammenzuführen.<br />

Die Notwendigkeit zeigt sich am Beispiel der<br />

Problematik bei den Netzanbindungen von Offshore-Windparks,<br />

die zu großen zeitlichen Verzögerungen und tiefgreifenden Folgen<br />

für die Unternehmen führen. Die öffentliche Hand beteiligt<br />

sich mit mindesten 25,01 Prozent an der Netz-AG (und ihren Erträgen)<br />

durch Investition in den Anschluss von Offshore-Parks<br />

und anderen wichtigen Großprojekten und nimmt somit eine<br />

Steuerungsfunktion wahr. Die übrigen vier Betreiber im Übertragungsnetz<br />

bringen ihr Netz als Anteile ein.<br />

• Die Anreizregulierung muss Innovationen und Investitionen in<br />

den Verteilnetzen besser abbilden als bisher. Der Netzbetrieb<br />

muss intelligenter auf die zunehmende Einspeisung auf unteren<br />

Spannungsebenen reagieren können, um Systemstabilität zu gewährleisten.<br />

• Für Akzeptanz und Durchsetzbarkeit von Energieinfrastrukturprojekten<br />

ist die frühzeitige Konsultation und Beteiligung der<br />

betroffenen Bevölkerung unabdingbar. Hilfreich sind auch unmittelbare<br />

Beteiligungen der Bevölkerung in Form von „Bürger-<br />

Windparks“, Netzbeteiligungen u.ä..<br />

Daneben können eine Reihe weiterer Maßnahmen den Netzausbau<br />

reduzieren bzw. zur Stabilisierung des vorhandenen Netzes beitragen.<br />

• Bei der Onshore-Windenergie wollen wir die Preisvorteile und<br />

die Möglichkeiten zur Reduktion des Netzausbaubedarfs besser<br />

nutzen. Wir wollen mehr Onshore-Wind vor allem im Westen<br />

und Süden anreizen, der mit entsprechender Nabenhöhe und Generatorleistung<br />

deutlich mehr Volllaststunden als heute leisten<br />

kann.<br />

• Demand-Side-Management kann einen Beitrag zur Netz- und<br />

Systemstabilisierung leisten. Erforderlich ist deshalb eine Regelung<br />

zur Vergütung von zu- und abschaltbaren Lasten, um das<br />

Potential auf der Verbrauchsseite zu optimieren.<br />

236


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

• Der Einsatz von marktfähigen Speichertechnologien muss weiter<br />

im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen<br />

vorangetrieben werden.<br />

• Zur Netzstabilisierung trägt auch der Ausbau der Transnationalen<br />

Netze und der Grenzkuppelstellen bei. Hierdurch können die<br />

Synergieeffekte eines europäischen Binnenmarktes genutzt werden.<br />

3. Strom muss bezahlbar bleiben<br />

Die Energiekosten steigen, insbesondere weil die fossilen Primärenergieträger<br />

endlich sind und ein steigender Energiebedarf die<br />

Reichweiten verkürzt. Auch der Bau von Anlagen zur Stromerzeugung<br />

wird teurer. Die Neuausrichtung zu den Erneuerbaren Energien<br />

ist daher nur folgerichtig.<br />

Auch die Energiewende gibt es nicht zum Nulltarif. Umso wichtiger<br />

ist es, sie effizient umzusetzen und die Lasten gerecht zu verteilen.<br />

Deutschland hat bereits heute mit die höchsten Strompreise in<br />

Europa. Knapp die Hälfte des Strompreises sind Steuern, Abgaben<br />

und Umlagen.<br />

Durch die Politik der schwarz-gelben Koalition steigt der Strompreis<br />

u.a. durch zusätzliche Begünstigung von Unternehmen bei<br />

der EEG-Umlage und den Netzentgelten. Preissteigerungen auf<br />

Grund einer steigenden EEG-Umlage, höheren Netzentgelten oder<br />

zusätzlichen Belastungen zur Finanzierung von Erzeugungskapazitäten<br />

können auf Dauer nicht hingenommen werden, wenn nicht<br />

zugleich kostenentlastende Optionen gehoben und an die Kunden<br />

weitergegeben werden. Dazu muss das veränderte Marktdesign sowie<br />

eine neue Strompreisbildung beitragen.<br />

Zur Stabilisierung der Energiekosten sind auch auf anderen Gebieten<br />

größere Anstrengungen notwendig. In der Energiepolitik<br />

der CDU/CSU und FDP spielen Energieeffizienz und Energieeinsparung<br />

eine untergeordnete Rolle. Doch genau die sind der beste<br />

Schutz vor steigenden Energiekosten.<br />

Maßnahmen<br />

• Die Befreiungen für Unternehmen von EEG-Umlage, KWK-<br />

Umlage und Netzgebühren werden wir wieder auf den Kreis der<br />

Unternehmen konzentrieren, die mit hohen Energiekosten im<br />

internationalen Wettbewerb stehen und alle betriebswirtschaftlich<br />

rentablen Energieeffizienzmaßnahmen durchgeführt haben.<br />

Solche Entlastungen für energieintensive Betriebe im internationalen<br />

Wettbewerb sind richtig, denn sie sind Grundlage für den<br />

Erhalt von Wertschöpfungsketten in Deutschland.<br />

• Die Reduzierung der Einspeisevergütung entsprechend der Kostensenkungspotenziale<br />

der Erneuerbaren Energien kann dazu<br />

beitragen, den Anstieg der EEG-Umlage abzufedern. Mittelfristig<br />

ermöglichen technischer Fortschritt sowie Skaleneffekte<br />

aufgrund zunehmender Massenfertigung Strompreissenkungen<br />

zugunsten der Verbraucher.<br />

• In der Industrie soll die Gewährung von strompreissenkenden<br />

Regelungen stärker als bisher an Effizienzmaßnahmen geknüpft<br />

werden. Eine verbindliche Umsetzung wirtschaftlicher Maßnahmen<br />

aufgrund von Energieaudits und Energiemanagementsystemen<br />

sollen die Voraussetzung sein für eine reduzierte EEG-Umlage<br />

für Industrieunternehmen.<br />

• Bei Gewerbe- und Industrieunternehmen insgesamt werden wir<br />

die Einführung von Energiemanagementsystemen fördern, da<br />

dies eine wesentliche Voraussetzung zur Realisierung der Effizienzpotentiale<br />

darstellt.<br />

• Damit alle Einkommensgruppen sich energieeffiziente Geräte<br />

und Anlagen leisten können, werden wir neben Energieberatungen<br />

auch Förderprogramme mit Mikrokrediten und Zuschüssen<br />

für private Haushalte und kleine Unternehmen auflegen. Bei<br />

Leistungsbeziehern ist sicherzustellen, dass Zuschüsse nicht auf<br />

Leistungen der Grundsicherung angerechnet werden.<br />

• Wir wollen einen steuerlich begünstigten Tarif für den Grundverbrauch<br />

einführen. Dabei sind Mitnahmeeffekte zu vermeiden.<br />

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237


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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• Es ist eine zeitnahe Anpassung der Regelsätze in der Grundsicherung<br />

für Arbeitssuchende (SGB II) und der Leistungen nach<br />

dem Wohngeldgesetz und dem BAföG vorzunehmen, wenn die<br />

Strompreise zwischen zwei regulären Anpassungsterminen stark<br />

steigen.<br />

4. Management für die Energiewende errichten<br />

Das Nebeneinander von nicht existentem Energiekonzept im Bund<br />

und den Plänen der Länder schadet der Energiewende. Nur ein<br />

koordiniertes Vorgehen beim Ausbau der Erneuerbaren und gesicherter<br />

Versorgung wie auch beim Netzausbau schafft Investitionssicherheit<br />

und bringt die Systemintegration der Erneuerbaren voran.<br />

Erforderlich sind deshalb neue Governance-Strukturen, die die<br />

Kompetenzen in der Energiepolitik bündeln und eine regelmäßige<br />

Koordination und Kooperation zwischen Bund, Ländern und den<br />

europäischen Nachbarländern institutionalisieren.<br />

Die Neuordnung des Marktdesigns und die Anstrengungen zum<br />

Systemumbau sind auch notwendig, um die Energiewende in<br />

Deutschland im europäischen Energiebinnenmarkt abzusichern.<br />

Die Signale und Erwartungshaltungen unserer Nachbarn sind auch<br />

Argumente für einen Kurs der engen europäischen Abstimmung.<br />

Bei den Betreibern von Erneuerbaren-Anlagen und Investitionen in<br />

Energieeffizienz dominieren Privatpersonen, Kleingesellschaften<br />

und Stadtwerke. Erstmals seit vielen Jahren gibt es damit Wettbewerb<br />

in diesen Segmenten des Energiesektors. In der Forschung<br />

und Entwicklung neuer Technologien im Energiebereich spielen<br />

neben den großen Energieversorgern auch kleinere Unternehmen<br />

und Forschungsinstitute eine wichtige Rolle. Anpassungsmaßnahmen<br />

im Bereich der Erneuerbaren Energien haben somit unmittelbare<br />

strukturelle Auswirkungen auf die einzelnen Regionen. Bei<br />

der Umsetzung der Energiewende bedarf es daher einer engen Zusammenarbeit<br />

zwischen Bund und Ländern.<br />

Maßnahmen:<br />

• Energiepolitik muss auf Bundesebene stärker als bisher eine<br />

steuernde Funktion übernehmen. Dazu müssen die Kompetenzen<br />

insbesondere in den Bereichen Erneuerbare Energien, Energieeffizienz,<br />

Netzausbau und Speicher stärker gebündelt werden und<br />

eine verstärkte Koordination durch das Bundeskanzleramt erfolgen.<br />

Darüber hinaus muss der Bund seine Rolle auf europäischer<br />

Ebene deutlicher wahrnehmen.<br />

• Außerdem muss der Bund eine Abstimmung der Länder-Energiekonzepte<br />

mit der Energiepolitik des Bundes sicherstellen. Es<br />

ist ein Deutscher Energierat einzurichten, der die Abstimmungsprozesse<br />

zwischen Bund und Ländern unter Einbindung von<br />

Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft<br />

institutionalisiert und eine kontinuierliche Zusammenarbeit und<br />

Abstimmung sicherstellt. Der Energierat ist die institutionelle<br />

Etablierung einer verbindlichen Kooperations- und Austauschpolitik.<br />

• Zur Umsetzung der Energiewende wollen wir einen Bundestagsausschuss<br />

„Energie“ einrichten.<br />

• Es ist ein „Masterplan Energiewende“ aufzustellen und jährlich<br />

fortzuentwickeln. Der Masterplan wird nach einer umfassenden<br />

Konsultation mit den Akteuren der Energiewende aufgestellt und<br />

soll alle wichtigen Aspekte der Erzeugung und Nutzung Erneuerbarer<br />

Energien, des Netzausbaus und der Speichertechnik, der<br />

Vorhaltung konventioneller Erzeugungskapazitäten und des Energieeffizienzpotenzials<br />

zusammenführen.<br />

65<br />

238


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 2<br />

Unterbezirk Kassel-Stadt (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Stoppt das Schlechtreden der<br />

Energiewende- <strong>SPD</strong> für Bürgerenergie!<br />

1. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern unsere<br />

weiteren Parteigliederungen und vor allem unsere Vertreterinnen<br />

und Vertreter in den Kommunal- und Landesparlamenten sowie im<br />

Bundestag, dazu auf, sich öffentlich und im Rahmen des politischen<br />

Streites eindeutig gegen den momentan stattfindenden Versuch zu<br />

stellen, die Energiewende schlechtzureden. Stattdessen muss der<br />

politische Gestaltungsraum dazu genutzt und Lösungen angestrengt<br />

werden, welche den gesellschaftlich akzeptierten und gewollten<br />

Umstieg auf Erneuerbare Energien (EE) so effektiv, sozial, demokratisch<br />

und kosteneffizient wie möglich zu gestalten. Dabei sollen<br />

auch die Vorteile und positiven Effekte von Erneuerbaren Energien<br />

in die öffentliche Wahrnehmung transportiert werden.<br />

Das Instrument für diesen Umstieg, das Erneuerbare-Energien-<br />

Gesetz (EEG), löste im Jahr 2000 das Stromeinspeisungsgesetz ab<br />

und ermöglichte erstmalig verlässliche planerische Rahmenbedingungen<br />

für den Bau und Betrieb von Erneuerbaren-Energien-Anlagen<br />

(EEA). Diese Planungssicherheit fußte auf zwei Bestandteilen:<br />

Zum einen auf der festen Einspeisevergütung (xy Cent je Kilowattstunde)<br />

für einen festgelegten Zeitraum und zum anderen auf der<br />

Abnahmegarantie, also der vorrangigen Einspeisung von erneuerbarem<br />

Strom. Gerade diese Säulen bildeten die Grundlage für den<br />

massiven Ausbau der Erneuerbaren-Energien-Kapazitäten und das<br />

wirtschaftliche Wachstum der Branche, deren Unternehmen im<br />

Jahr 2000 noch 100.000 Angestellte beschäftigten, diese MitarbeiterInnenzahl<br />

bis zum Jahr 2011 auf über 380.000 steigerten und voraussichtlich<br />

bis zum Jahr 2020 eine halbe Millionen Arbeitsplätze<br />

anbieten können.<br />

Die garantierte Einspeisevergütung wird über die EEG-Umlage<br />

von den meisten Stromverbrauchern mitgetragen. Und genau hier<br />

liegt bereits der erste Konstruktionsfehler: Die Freistellung von der<br />

EEG-Umlage für über 600 Unternehmen, welche viel Strom verbrauchen<br />

und angeblich im internationalen Wettbewerb stehen. Für<br />

manche Branchen mag das Sinn machen, für die meisten Unternehmen<br />

sollten die politischen Anreize aber eher so gesetzt werden,<br />

dass sie ein (Eigen-)Interesse daran entwickeln, ihre Stromnutzung<br />

bei Fertigungs- und Produktionsprozessen oder auch im MitarbeiterInnenverhalten<br />

weiterzuentwickeln. Von der großzügigen Ausnahmeregelung<br />

sollten ursprünglich hauptsächlich Zementhersteller,<br />

Aluminiumhütten und Stahlproduzenten profitieren. Gerade<br />

diese profitieren mittlerweile aber zusätzlich noch von sehr günstigen<br />

Börsenpreisen für Strom. Außerdem ist es wirklich fraglich,<br />

warum beispielsweise Schlachthöfe, Tierfutterhersteller, Mineralwasserabfüller<br />

oder Milchbetriebe von der Umlage befreit sind und<br />

dafür alle anderen Verbraucher mehr zahlen müssen.<br />

2. Daher fordern wir, dass die Freistellungsmöglichkeiten von der<br />

EEG-Umlage kritisch überprüft werden und dafür zu sorgen, dass<br />

die Kosten der Energiewende auch von allen Unternehmen und<br />

Großverbrauchern mitgetragen werden und nicht nur von einer<br />

willkürlichen Auswahl und den Privatverbrauchern.<br />

Dass die EEG-Umlage aber nötig war, damit Erneuerbare Energien<br />

überhaupt eine Chance gegen die über Jahrzehnte und auch aktuell<br />

noch sehr stark subventionierten konventionellen Energieträger<br />

haben, am Markt Fuß zu fassen und sich weiterzuentwickeln, zeigt<br />

die Erfolgsgeschichte der letzten zwölf Jahre. Der Anteil Erneuerbarer<br />

Energien an der Stromversorgung ist von 6,4 % im Jahr 2000<br />

auf über 20 % im Jahr 2012 angestiegen. Dies hat zu einem massiven<br />

Preisverfall an der Strombörse geführt, weshalb die Differenz<br />

zwischen Börsenpreis und garantierter Einspeisevergütung immer<br />

U2<br />

Stoppt das Schlechtreden der<br />

Energiewende- <strong>SPD</strong> für Bürgerenergie!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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höher wird und die EEG-Umlage zum Ausgleich dieser Differenz<br />

(zusätzlich zur wachsenden Menge des zu vergütenden Stroms) immer<br />

weiter steigt (zum Jahr 2013 von 3,6 auf 5,4 Cent je Kilowattstunde).<br />

Das Kuriose daran ist also die Tatsache, dass zwar die Börsenpreise<br />

für Strom weiter sinken (dabei hat alleine die zunehmende<br />

Verfügbarkeit von Solarstrom im Jahr 2012 zu sinkenden Strompreisen<br />

an der Börse von mehr als 5 Mrd. Euro geführt), diese aber<br />

nicht an die Endkunden weitergegeben werden und die Endkunden<br />

stattdessen noch zusätzlich für die höhere EEG-Umlage aufkommen<br />

müssen. Die Konstruktion des EEG führt also dazu, dass bei<br />

sinkenden Strompreisen an der Börse, die Differenz von garantierter<br />

Vergütung zu erzielten Börsenpreisen immer größer wird und<br />

daher – wie im Teufelskreis – auch die EEG-Umlage immer stärker<br />

ansteigt. Diese wird allerdings von den Endkunden getragen, wohingegen<br />

die Stromkonzerne die günstigen Börsenpreise und damit<br />

verbundenen hohen Gewinnspannen abgreifen. Dieser Konstruktionsfehler<br />

könnte über folgende Verpflichtung zur Anpassung an die<br />

Börsenpreisentwicklung behoben werden.<br />

3. Wir fordern dazu auf, eine Gesetzesinitiative auf Bundesebene<br />

anzustrengen, um Stromkonzerne zu verpflichten, die kostensparenden<br />

und preissenkenden Effekte von Erneuerbaren Energien,<br />

welche sich in günstigen Strompreisen an den Spotmärkten bemerkbar<br />

machen, an die Endkunden weitergeben zu müssen. Realisiert<br />

werden könnte diese Verpflichtung über eine monatliche oder<br />

halbjährige Strompreisanpassung an die Börsenpreisentwicklung<br />

an der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig bzw. eine darauf<br />

basierende Ausgleichszahlung, welche die Stromkonzerne an<br />

ihre Kunden entrichten müssen.<br />

Dies sollte aus zweifacher Hinsicht geschehen: Erstens tragen alle<br />

privaten Stromendkunden den Ausbau Erneuerbarer Energien über<br />

die EEG-Umlage finanziell mit und sollten daher auch als erste von<br />

durch EE zu verantwortende Strompreis senkende Effekte profitieren.<br />

Zweitens würde durch einen an die Endkunden weitergebener<br />

Börsenpreis für Strom dazu führen, dass die preisstabilisierenden<br />

Effekte von Erneuerbaren Energien auch in der Öffentlichkeit<br />

wahrgenommen werden und sich die Meinung über den weiteren<br />

Ausbau von EE positiver als bisher gestalten würde.<br />

Während nämlich die Energieimportkosten in Deutschland in den<br />

Jahren von 2004 bis 2012 von 37 Mrd. Euro auf 98 Mrd. Euro (+<br />

165 %), hauptsächlich aufgrund der dramatischen Preisanstiege für<br />

Öl, Gas und Kohle, angewachsen sind und die damit verbundenen<br />

Kostensteigerungen nahezu ohne Widerstand und große Diskussion<br />

von den Energiekonzernen auf alle Verbraucherinnen und Verbraucher<br />

abgewälzt werden konnten, hat sich – transportiert durch die<br />

meisten Massenmedien – in der Öffentlichkeit ein Meinungsbild<br />

eingestellt, welches den Ausbau von Erneuerbaren Energien alleine<br />

für die Stromkostensteigerungen verantwortlich zeichnet. Dieser<br />

ersten hartnäckigen Behauptung, also dass die Energiewende zu<br />

steigenden Strompreisen führt, könnte über obigen Vorschlag begegnet<br />

werden. Dadurch kämen die eigentlichen Wirkungen, nämlich<br />

Preissenkenden- bzw. stabilisierenden Effekte, auch bei den<br />

EndverbraucherInnen.<br />

Dem zweiten Behauptung, dass die Energiewende nicht ohne Off-<br />

Shore-Windparks und dem damit verbundenen Bau von Höchstspannungsleitungen<br />

durch ganz Deutschland oder sogar Europa<br />

auskommt, muss ebenso Einhalt geboten werden. Das einzige, was<br />

Off-Shore-Windparks können, ist die Energiewende zu verlangsamen<br />

und zu verteuern. Dies sieht man zum einen an den technischen<br />

Problemen und zum anderen am Leitungsbau, der zum Abtransport<br />

des Stroms nötig wäre. Mit der On-Shore-Windenergie<br />

oder Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf Konversionsflächen<br />

(also z.B. ehemaligen Truppenübungsplätzen) stehen viel günstigere<br />

Alternativen zu Verfügung, bei deren Bau auch noch höherwertige<br />

Organisationsmodelle entwickelt und erprobt werden könnten.<br />

Auf diesem Weg könnten viele BürgerInnen über Energiegenossenschaften<br />

oder Crowdfunding vom Betrieb profitieren und ihn auch<br />

demokratisch mitgestalten. Wohingegen den Bau von Off-Shore-<br />

240


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Windparks nur finanzstarke Großkonzerne über vergünstigte Kredite<br />

(quasi Extrasubventionen) und eine hohe Einspeisevergütung<br />

realisieren können. Diese sind aber nicht der Region und den Menschen<br />

vor Ort, sondern nur ihren Aktionären verpflichtet.<br />

4. Daher fordern wir dazu auf, sich weiterhin stark zu machen für<br />

eine dezentrale Energiewende. Dazu zählt der Widerstand gegen<br />

die Einführung eines flexiblen Zahlungsbeginns der Einspeisevergütung,<br />

eine Deckelung der Abnahmegarantie, weiteren unkalkulierbaren<br />

und drastischen Vergütungskürzungen, oder gar einer<br />

Rückzahlung von bereits gezahlten EEG-Vergütungen. Stattdessen<br />

soll sich die <strong>SPD</strong> für die Umsetzung von Maßnahmen einsetzen,<br />

die Planungssicherheit schaffen und eine kosteneffiziente sowie<br />

von den BürgerInnen getragene Energiewende befördern.<br />

4.1 Raum für Windkraft an Land<br />

In ganz Deutschland gibt es auf dem Festland ausreichend Raum<br />

für Windkraft. Wenn jedes Bundesland auf nur 2 % seiner Fläche<br />

Raum für Windkraft schaffen würde, könnte so über 50 % des<br />

Strombedarfs für Deutschland erzeugt werden – ganz ohne Off-<br />

Shore-Parks.<br />

• Da die Kommunen die regionale Wertschöpfung mit der Nutzung<br />

von Windkraft steigern können (durch Gewerbesteuer, Pacht<br />

bzw. Erträge aus eigenem Betrieb), haben sie ein eigenes Interesse<br />

am verträglichen Ausbau der Windkraft. Die Verantwortung<br />

hierfür sollte daher in die Hände der Gemeinden und ihre<br />

Flächennutzungsplanung gelegt werden. Den Ländern muss die<br />

Kompetenz entzogen werden, mit Regionalplänen die Windkraft<br />

abschließend zu steuern und ganze Gemeinden zu Ausschlussgebieten<br />

zu erklären. Dazu muss den Regionalplänen mit den darin<br />

enthaltenen Zielen der Raumordnung die Verhinderungswirkung<br />

gegenüber der Windkraft genommen werden. Durch diesen Freiraum<br />

zur kommunalen Selbstbestimmung würde in kurzer Frist<br />

und in Abstimmung mit den Bürgern ausreichend Raum für<br />

Windkraft an Land entstehen. (Maßnahme: Änderung des Baugesetzbuches<br />

§ 35 Abs. 3)<br />

• Die Ausweisung absoluter Windkraft-Ausschlussflächen in Regionalplänen<br />

soll untersagt werden; außerhalb von Vorranggebieten<br />

konkurriert die Windkraft mit allen anderen Nutzungen<br />

nach Maßgabe der Gesetze (z. B. Lärm- und Artenschutz), wodurch<br />

u. a. Abstände großer Windkraftanlagen zu Siedlungsgebieten<br />

sichergestellt werden. (Maßnahme: Änderung des Raumordnungsgesetzes)<br />

• Die Abstandsregelungen und Höhenbegrenzungen sowie Sonderregelungen<br />

für Windenergieanlagen in Wäldern sollen natur-<br />

und artenschutzrechtlichen Standards gemäß dem aktuellen<br />

Stand der Wissenschaft genügen und die Bevölkerung vor übermäßiger<br />

Belastung schützen. (Maßnahme: Änderung des Raumordnungsgesetzes)<br />

4.2 Smart grids für eine sichere erneuerbare Energieversorgung<br />

• Die zentrale Herausforderung für die laufende und zu beschleunigende,<br />

dezentrale Energiewende ist im Hinblick auf den Netzausbau<br />

die Verstärkung der Ortsnetze und ihre Umgestaltung<br />

zu intelligenten Stromnetzen, sog. smart grids. So kann die verstärkte<br />

dezentrale Einspeisung mit dem dezentral stattfindenden<br />

Energieverbrauch wirksam ausgeglichen werden. Unnötige Investitionen<br />

in den Ausbau großer Trassen (Übertragungsnetze)<br />

sollen zugunsten von Investitionsbudgets für Ortsnetze (Niederund<br />

Mittelspannung) eingespart werden. Dies ist auch deshalb<br />

notwendig, weil vielerorts bereits heute Engpässe bei den Einspeisekapazitäten<br />

auftreten und manch kleinere Windparks deshalb<br />

nicht umgesetzt werden können (weil die zu errichtenden<br />

Stromtrassen bis zur nächsten Einspeisemöglichkeit zu teuer sein<br />

und Windparks unwirtschaftlich machen können). (Maßnahmen:<br />

Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes und der Anreizregulierungsverordnung)<br />

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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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4.3 Eine-Million-BHKW-Programm für eine sichere erneuerbare<br />

Energieversorgung<br />

• Eine Million Blockheizkraftwerke (BHKW) sollen bis 2015 auf<br />

der Basis zinsbegünstigter Kredite in den Markt gebracht werden,<br />

um damit 20 Großkraftwerke zu ersetzen und durch dezentrale<br />

Kraft-Wärme-Kopplung die Verschwendung von Erdgas<br />

in reinen Heizungsanlagen zurückzuführen. (Maßnahme: KfW-<br />

Programm)<br />

• Mit Erdgas betriebene BHKWs dürfen nur noch gebaut werden,<br />

wenn sie sowohl Strom wie auch Wärme produzieren und die<br />

Wärmeabnahme nach dem Kraft-Wärme-Kopplungs-gesetz sichergestellt<br />

ist. (Maßnahme: Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes)<br />

4.4 Speicherausbau für eine sichere erneuerbare Energieversorgung<br />

• Einführung eines „Speicherbonus“ im Rahmen des EEG als Anreiz<br />

für Investitionen zur Stromspeicherung; hierzu zählen auch<br />

E-Mobile, die teilweise als Speicher eingesetzt werden. (Maßnahme:<br />

Änderung des EEG)<br />

• Besonderes Förderprogramm für Start-Ups auf der Basis zinsgünstiger<br />

Kredite für die Entwicklung von innovativen Speichertechnologien.<br />

Zusätzlich könnte ein bundesweiter Speicherwettbewerb<br />

mit entsprechend hohem Preisgeld ausgerufen werden,<br />

um weitere Innovationen zu begünstigen, zu belohnen und auch<br />

in der Öffentlichkeit bekannter zu machen.<br />

• Besonderes Förderprogramm auf der Basis zinsbegünstigter Kredite<br />

für die „Power to Gas“-Technologie als vielversprechende<br />

Speichertechnologie wegen der Größe des vorhandenen Gasnetzes.<br />

(Maßnahme: KfW-Programm)<br />

• Vorrang für Strom- und Gasspeicher sowie Geothermie gegenüber<br />

Kohlendioxid- Einlagerung (CCS); Untersagung der unterirdischen<br />

Kohlendioxid-Speicherung. (Maßnahmen: Änderung<br />

des Raumordnungsgesetzes; entsprechendes CCS-Gesetz)<br />

4.5 EEG fortentwickeln<br />

Grundlage des „Vorbilds Deutschland“ bei der Stromerzeugung<br />

aus erneuerbaren Energiequellen ist das EEG. Dieses muss EEG<br />

intelligent fortentwickelt werden. Die Wirtschaft braucht verlässliche<br />

Rahmenbedingungen für alle Arten der Erneuerbaren von der<br />

Wind- bis zur Wasserkraft und keine Stop-and-Go-Politik wie in<br />

den letzten Jahren spontaner drastischer Einschnitte. Das Vertrauen<br />

der neuen Träger in die Verlässlichkeit des EEG ist das Fundament<br />

für die dezentrale Energiewende. Die unerwartete Abschaffung von<br />

Vergütungstatbeständen (z.B. für Solarparks auf Ackerflächen) hat<br />

Kapital von Projektierern und Investoren vernichtet und die Energiewende<br />

verlangsamt. Eine verlässliche und langfristig vorgegebene<br />

Absenkung der Vergütung wirkt. Auf diese Weise kann die<br />

Photovoltaik bis zum Jahr 2015 Netzparität erreichen.<br />

Folgende Regelungen sind erforderlich:<br />

• Das EEG darf nicht dazu benutzt werden, vorrangig und unausgewogen<br />

Großprojekte wie Off-Shore-Windparks oder große<br />

Biomasseanlagen zu fördern, sondern muss weiterhin der Stärkung<br />

klein- und mittelgroßer Betreiber und Stadtwerke dienen.<br />

Deshalb lehnen wir die Kürzung der Vergütung für Windkraftanlagen<br />

an Land genauso ab wie die ungerechtfertigte Erhöhung<br />

für große Off-Shore-Windkraftprojekte. Diese Maßnahmen treiben<br />

die Kosten und schaden der Volkswirtschaft.<br />

• Windkraftanlagen brauchen eine verlässliche Vergütung. Der<br />

Systemdienstleistungsbonus muss erhalten bleiben oder kompensiert<br />

werden. Ein maßgeschneiderter Tatbestand soll für<br />

Kleinwindkraftanlagen eingeführt werden. Die Vergütung für<br />

Repowering-Projekte soll attraktiver gestaltet werden.<br />

• Die Solarvergütung soll vorhersehbar gestaltet werden und Anreize<br />

für Investitionen schaffen. Der Rückgang der Vergütung<br />

(Degression) soll sich am tatsächlichen Rückgang der Herstellungs-<br />

und Installationskosten einer Solaranlage orientieren. Ein<br />

sog. Deckel, der den Zubau durch Kontingente oder Quoten begrenzt,<br />

wird strikt abgelehnt.<br />

242


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

4.6 Regionale Wertschöpfung<br />

• Zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen<br />

Regionen – vom ländlichen Raum bis zu den Städten und Metropolen<br />

– sollen die gesetzlichen Weichen so gestellt werden,<br />

dass durch die dezentrale Energiewende möglichst viel der lokal<br />

neu entstehenden Wertschöpfung bei den Menschen und<br />

der Wirtschaft vor Ort verbleibt. Standortgemeinden für Windkraftanlagen<br />

garantiert das Gewerbesteuergesetz schon heute 70<br />

% der Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Den Gemeinden am<br />

Unternehmenssitz verbleiben 30 %. Um einen Anreiz für Städte<br />

und Gemeinden zur Förderung von Investitionen in Solarparks,<br />

Biogas-, Geothermie-, Kraft-Wärme-Kopplungs- und Wasserkraftanlagen<br />

zu setzen, soll die 70/30- Regelung – besser: eine<br />

80/20-Regelung – für alle EE- und KWK-Anlagen eingeführt<br />

werden. (Maßnahme: Änderung des Gewerbesteuergesetzes)<br />

• Die Landesparlamente sollen gesetzgeberisch dafür Sorge tragen,<br />

dass ein Kriterium der regionalen Wertschöpfung in kommunale<br />

Ausschreibungsprozesse einbezogen werden kann. Dadurch<br />

würde es Kommunen möglich, bei der Auftragsvergabe<br />

bzw. Partnerwahl die verschiedenen Optionen zur Realisierung<br />

von EE-Projekten daraufhin prüfen zu können, wovon die kommunale<br />

Wirtschaft und Bürgerschaft am meisten profitiert und<br />

sie sich bei der Gestaltung qualitativ am hochwertigsten Einbringen<br />

kann.<br />

• Bei der Nutzung von Flächen in Eigentum der jeweiligen Landesforstämter<br />

für den Bau von EE-Anlagen sollen regionale Organisationslösungen<br />

für die Umsetzung bevorzugt werden. Dies<br />

sollte in allen Landesparlamenten beschlossen werden.<br />

Anstatt also Maßnahmen zur weiteren Verlangsamung und einer<br />

Begrenzung des Ausbaus von EE sollte die Bundesregierung besser<br />

den steigenden Kosten für konventionelle Energieträger über<br />

verlässliche Rahmenbedingungen und ein gutes Investitionsklima<br />

für Erneuerbare Energien entgegensteuern. Beim sich jetzt zuspitzenden<br />

Kampf um die Ressourcen muss die Position der <strong>SPD</strong> klar<br />

sein: Unsere Demokratie braucht keine Bürgervertreter, die einzig<br />

nach den Interessen bestimmter Lobbyisten handeln, sondern sich<br />

vehement für Lösungen stark machen, die auf Demokratie, Teilhabe,<br />

Transparenz und Mitwelt-Verträglichkeit setzen.<br />

1<br />

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Antragsbereich U<br />

Antrag 3<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt<br />

Forschung im Bereich der regenerativen<br />

Energien stärken<br />

Die derzeitige Form der Subventionierung der Photovoltaik, wie<br />

im EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) festgeschrieben, gilt es<br />

dahingehend zu verändern, dass die Umlage zur Förderung erneuerbarer<br />

Energien, die sogenannte Ökoförderung, teilweise zu Gunsten<br />

einer direkten Förderung der Forschung und Entwicklung im<br />

Bereich der Solarenergie umgestaltet wird. Eine angemessene Ausgestaltung<br />

der Umlagehöhe ist durch die entsprechenden Bundesministerien<br />

zu prüfen. Dabei sollen keine negative Auswirkungen<br />

auf einheimische produzierende Unternehmen entstehen.<br />

U3<br />

Forschung im Bereich der regenerativen<br />

Energien stärken<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

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243


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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Antragsbereich U<br />

Antrag 4<br />

Unterbezirk Schwabach (Landesverband Bayern)<br />

Bezahlbare Energie für alle -<br />

Energiekosten gerecht gestalten! Mehr<br />

Energieerzeugung in Bürgerhand!<br />

Wir fordern die Bundes-<strong>SPD</strong> und die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion auf,<br />

sich für eine gerechte Verteilung der Energiekosten einzusetzen<br />

und die Energieerzeugung in Bürgerhand auf lokaler Ebene nicht<br />

zu erschweren. Vom Pfad hin zu 100 % Erneuerbaren Energien darf<br />

nicht abgewichen werden! Wir fordern:<br />

1. Die Kosten, die aus der Befreiung von der EEG-Umlage für<br />

stromintensive, industrielle Großunternehmen resultieren, dürfen<br />

keinesfalls den Privathaushalten und kleinen und mittleren<br />

Unternehmen durch Preissteigerungen aufgebürdet werden. Nur<br />

Großunternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen,<br />

sollen von einer Befreiung profitieren.<br />

2. Um zu verhindern, dass Privathaushalte sowie kleine und mittlere<br />

Unternehmen durch Strompreiserhöhungen im Rahmen des<br />

Umlagesystems für die Befreiung der Industrie herangezogen<br />

werden, muss eine neue Steuer- und Abgaben-Systematik entwickelt<br />

und eingeführt werden. Eine Senkung der Mehrwertsteuer<br />

auf Strom zur Entlastung der Kleinverbraucher ist zu prüfen.<br />

3. Sinkende Kosten bei Großhandelspreisen an den Börsen - auch<br />

aufgrund der Erneuerbaren Energien! - müssen an die Verbraucher<br />

weitergereicht werden und dürfen nicht als Gewinne von<br />

den Konzernen eingestrichen werden.<br />

4. Um mögliche Preissteigerungen durch Einsparungen zu kompensieren,<br />

sind weitere Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz<br />

zu ergreifen, wie z.B. kostenlose Energieberatung oder<br />

„Abwrackprämien“ für veraltete Elektrogeräte.<br />

5. Die Unabhängigkeit kommunaler Versorgungsunternehmen von<br />

Großerzeugern ist zu stärken und die Kooperation kommunaler<br />

Energieerzeuger ist weiter auszubauen! Der Markt darf nicht<br />

weiterhin unter 5 Großkonzernen aufgeteilt werden.<br />

6. Dezentrale Energieerzeugung in Bürgerhand muss ausgebaut<br />

und gefördert werden!<br />

Es ist gut dass es mittlerweile viele Bürgerinnen und Bürger gibt<br />

die durch Beteiligungen an örtlichen Solaranlagen, Windrädern<br />

und anderen Bürgerprojekten zur Strom- und Wärmeerzeugung<br />

zur Energiewende von unten beitragen, die es gleichzeitig ermöglicht<br />

die Energieproduktion zu demokratisieren und zu<br />

dezentralisieren. Diese Entwicklung darf nicht durch ständige<br />

Gesetzesänderungen, kurzfristig angekündigte Senkungen der<br />

Einspeisevergütung und immer neue bürokratische Hürden erschwert<br />

bis unmöglich gemacht werden. Hierbei ist insbesondere<br />

das aktuell geplante neue Kapitalanlagegesetz der Bundesregierung<br />

dringend umzuschreiben. Die geplanten Neuregelungen<br />

enthalten erheblich umfangreichere Zulassungsvoraussetzungen<br />

und erfordern einen stark erhöhten Verwaltungsaufwand. Anforderungen<br />

an Bürgerprojektgesellschaften und Genossenschaftsmodelle<br />

dürfen aber nicht so teuer und aufwändig sein wie für<br />

internationale Emissionshäuser und Banken, denn sonst droht<br />

das Aus für viele solcher Projekte.<br />

7. Eine besondere Rolle wird dem Netzaus- und -umbau sowie der<br />

Entwicklung und dem Einsatz von Speichertechnologien zuteil.<br />

Es kommt darauf an, die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten<br />

an den verschiedenen Speichertechnologien fortzusetzen und zu<br />

intensivieren. Damit aber die Nutzung der derzeit technischen<br />

verfügbaren Möglichkeiten der Energiespeicherung möglich<br />

wird, müssen die politischen Rahmenbedingungen neu ausgestaltet<br />

werden. Hierzu zählen in erster Linie Anreize, die beispielsweise<br />

im Erneuerbare-Energien-Gesetz verankert werden.<br />

U4<br />

Bezahlbare Energie für alle -<br />

Energiekosten gerecht gestalten! Mehr<br />

Energieerzeugung in Bürgerhand!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

244


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 5<br />

Landesverband Sachsen<br />

Realisierung der Energiewende<br />

in Deutschland: Förderung von<br />

Speichersystemen<br />

Die <strong>SPD</strong> setzt sich für die Förderung von dezentralen Speichersystemen<br />

für kleinere Elektroenergieanlagen aus regenerativen<br />

Energieformen (z.B. Solarstromanlagen oder kleine Windenergieanlagen)<br />

ein. Insbesondere fordert die <strong>SPD</strong> die Verankerung einer<br />

solchen Förderung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).<br />

Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, geeignete parlamentarische Initiativen<br />

zu ergreifen, mit dem Ziel einer diesbezüglichen Bundesratsinitiative<br />

oder einer entsprechenden Förderung.<br />

U5<br />

Realisierung der Energiewende<br />

in Deutschland: Förderung von<br />

Speichersystemen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 6<br />

Ortsverein Wabern-Uttershausen (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Strompreisdeckelung bei<br />

Grundversorgung<br />

Die <strong>SPD</strong> nimmt in Ihr Parteiprogramm das Ziel auf, dass eine<br />

Grundversorgung mit Strom für jeden Bürger und jede Bürgerin<br />

bezahlbar bleibt, so dass deren Würde unangetastet bleibt. Strom<br />

als Voraussetzung für andere Grundrechte, wie etwa Informationsfreiheit,<br />

muss als Grundlage zum diskriminierungsfreien Zugang<br />

derselben unabhängig von der Einkommenssituation verfügbar<br />

sein. Ein möglicher Weg wäre eine staatliche Strompreisbindung<br />

für die ersten 2000 kWh je Familie.<br />

U6<br />

Strompreisdeckelung bei<br />

Grundversorgung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 7<br />

Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />

Solarförderung für privat genutzte<br />

Häuser<br />

Die sozialdemokratische Fraktion im Bundestag wird aufgefordert,<br />

sich mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die Einspeisevergütung<br />

für auf Privatdächern installierte Solaranlagen wieder auf ein Niveau<br />

angehoben wird, das eine Installation überhaupt rentabel erscheinen<br />

lässt.<br />

U7<br />

Solarförderung für privat genutzte<br />

Häuser<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

245


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 8<br />

Unterbezirk Gifhorn (Bezirk Braunschweig)<br />

Restriktive Handhabung der<br />

Sondervergünstigung für die<br />

stromintensive Industrie beider EEG-<br />

Umlage<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die Regierungen der <strong>SPD</strong>geführten<br />

Bundesländer werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen,<br />

dass die Befreiung der stromintensiven Industrie von der<br />

EEG-Umlageund den Netzentgelten restriktiv gehandhabt wird. Es<br />

sollen nur solche Industriebetriebe von der EEG-Umlage und den<br />

Netzentgelten befreit werden, bei denen die elektrische Energie ein<br />

maßgeblicher Kostenfaktor ist und dadurch die Aufgabe des Produktionsstandorts<br />

in Deutschland zu befürchten ist. Die entsprechenden<br />

Regelungen im EEG und der Stromnetzentgeltverordnung<br />

sind entsprechend zu ändern.<br />

U8<br />

Restriktive Handhabung der<br />

Sondervergünstigung für die<br />

stromintensive Industrie beider EEG-<br />

Umlage<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 9<br />

Unterbezirk Gifhorn (Bezirk Braunschweig)<br />

Stromnetze in öffentliche Hand<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die Regierungen der <strong>SPD</strong>-geführten<br />

Bundesländer werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen,<br />

dass die Verantwortung für alle Stromnetze wieder in öffentliche<br />

Hände überführt wird.<br />

U9<br />

Stromnetze in öffentliche Hand<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 10<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Strompreisdeckelung bei<br />

Grundversorgung<br />

Die <strong>SPD</strong> spricht sich dafür aus, dass eine Grundversorgung mit<br />

Strom für jeden Bürger und jede Bürgerin bezahlbar bleibt, so dass<br />

deren Würde unangetastet bleibt. Strom als Voraussetzung für andere<br />

Grundrechte, wie etwa Informationsfreiheit, muss als Grundlage<br />

zum diskriminierungsfreien Zugang derselben unabhängig<br />

von der Einkommenssituation verfügbar sein. Ein möglicher Weg<br />

wäre eine vergünstigte Strompreisbindung für die ersten 2000 kWh<br />

je Familie.<br />

U10<br />

Strompreisdeckelung bei<br />

Grundversorgung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

60<br />

65<br />

246


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 11<br />

Kreisverband Heilbronn-Land<br />

Kreisverband Heilbronn-Stadt<br />

(Landesverband Baden-Württemberg)<br />

Irrweg beenden - Agrospritproduktion<br />

einstellen<br />

1. Die <strong>SPD</strong> setzt sich auf allen politischen Ebenen (Land, Bund,<br />

Europa) dafür ein, dass möglichst umgehend die Produktion von<br />

Treibstoffen aus Pflanzen (Agrotreibstoffe) eingestellt wird. Als<br />

erste Maßnahme muss die gesetzlich vorgeschriebene Beimischung<br />

von Bioethanol in das Benzin (E 10) ausgesetzt werden,<br />

mit dem Ziel, die Pflicht abzuschaffen.<br />

2. Die Mitglieder werden aufgefordert, auf die Verwendung von<br />

Biodiesel und E10 zu verzichten.<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 12<br />

Unterbezirk Lüneburg (Bezirk Hannover)<br />

Erdgasförderung aus unkonventionellen<br />

Lagerstätten unter Einsatz der<br />

sogenannten Fracking-Methode<br />

(Hydraulic Fracturing)<br />

Wir fordern auf, die Erschließung und Förderung unkonventioneller<br />

Gasvorkommen unter Einsatz des Verfahrens „Hydraulic Fracturing“<br />

generell zu verbieten. Dieses Verbot soll auch für alle Testbohrungen<br />

unter Einsatz dieses Verfahrens gelten.<br />

U11<br />

Irrweg beenden - Agrospritproduktion<br />

einstellen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

U12<br />

Erdgasförderung aus unkonventionellen<br />

Lagerstätten unter Einsatz der<br />

sogenannten Fracking-Methode<br />

(Hydraulic Fracturing)<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 13<br />

Unterbezirk Gifhorn (Bezirk Braunschweig)<br />

Verbot von Fracking zur Öl- und<br />

Erdgasförderung<br />

Die <strong>SPD</strong> lehnt das Fracking-Verfahren zur Förderung von Öl- und<br />

Erdgas ab. Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die Regierungen der<br />

<strong>SPD</strong>-geführten Bundesländer werden aufgefordert, durch Gesetzesinitiative<br />

sich dafür einzusetzen, dass das Fracking-Verfahren<br />

zur Förderung von Öl- und Erdgas verboten wird.<br />

U13<br />

Verbot von Fracking zur Öl- und<br />

Erdgasförderung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 14<br />

Unterbezirk Gifhorn (Bezirk Braunschweig)<br />

Ausstieg aus der Atomenergie<br />

komplettieren<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die Regierungen der <strong>SPD</strong>-geführten<br />

Bundesländer werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen,<br />

dass die Bundesrepublik Deutschland so schnell wie möglich aus<br />

der Kernfusionsfor¬schung aussteigt und die entsprechenden Ver-<br />

U14<br />

Ausstieg aus der Atomenergie<br />

komplettieren<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

55<br />

60<br />

65<br />

247


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

träge über die Zusammenarbeit bei der Forschungsfinanzierung am<br />

Fusionsreaktor ITER in Frankreich kündigt.<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 15<br />

Landesverband Berlin<br />

Euratom-Vertrag überarbeiten - europaweiten<br />

Atomausstieg voranbringen!<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert eine grundlegende Überarbeitung des Euratom-<br />

Vertrages. Mittelfristig müssen die operativen Bestimmungen des<br />

Euratom-Vertrags und der Vertrag selbst auslaufen. Dabei sind insbesondere<br />

folgende Forderungen von Bedeutung:<br />

• Die durch den Euratom-Vertrag festgeschriebene Sonderstellung<br />

der Kernenergie soll abgeschafft werden, insbesondere sollen<br />

alle Passagen des Euratom-Vertrages gestrichen werden, die Investitionen<br />

in die Atomkraft begünstigen. Die frei werdenden<br />

Mittel sollen stattdessen außerhalb von Euratom für die Forschung<br />

und Entwicklung von erneuerbaren Energien eingesetzt<br />

werden. Die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der<br />

Kernspaltung soll sich auf Grundlagenforschung, Sicherheitsund<br />

Gesundheitsfragen beschränken.<br />

• Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Atomenergie noch<br />

einige Zeit Teil des Energiemixes vieler Mitgliedstaaten bleiben<br />

wird, müssen höchstmögliche, verbindliche Sicherheitsstandards<br />

für Kernkraftwerke gelten. Die Kontrolle der Sicherheitsstandards<br />

soll verschärft werden. Zudem soll die Europäische Atomenergiebehörde<br />

den Austausch mit den Nachbarländern der<br />

• EU ausbauen, um diese über Fortschritte bei Sicherheits- und<br />

Gesundheitsfragen zu informieren und ihnen bei der Umsetzung<br />

höchstmöglicher Sicherheitsstandards behilflich sein.<br />

• Die Sicherheitsstandards für Zwischen- und Endlager müssen<br />

europaweit einheitlich hoch sein.<br />

• Der europaweite Ausstieg aus der Atomkraft soll vorbereitet<br />

werden. Dazu muss der Euratom-Vertrag mittelfristig auslaufen.<br />

Die <strong>SPD</strong> wird für diese Ziele im Rahmen der SPE werben und sich<br />

dafür einsetzen, dass schnellstmöglich ein Konvent nach dem Vorbild<br />

des Verfassungskonvents einberufen wird, die den Vertrag zur<br />

Gründung einer Europäischen Atomgemeinschaft mit dieser Zielrichtung<br />

überarbeitet. Ein Konvent ist ein geeignetes Mittel, europaweit<br />

Aufmerksamkeit für dieses wichtige Thema zu generieren<br />

– es darf nicht hinter verschlossenen Türen scheitern!<br />

U15<br />

Euratom-Vertrag überarbeiten - europaweiten<br />

Atomausstieg voranbringen!<br />

Erledigt duch Regierungsprogramm<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 16<br />

Ortsverein Remlingen (Bezirk Braunschweig)<br />

Atommülllager Asse II - Rückholung<br />

umsetzen!<br />

Die <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion soll die Bundesregierung auffordern,<br />

die Rückholung des Atommülls aus dem Bergwerk Asse II zügig<br />

voranzutreiben. Es darf keinen weiteren Zeitverzug geben! Hierbei<br />

sind folgende Punkte zu berücksichtigen:<br />

1. Dem Betreiber der Schacht Anlage Asse II, ist ein klarer Auftrag<br />

zur Rückholung zu benennen.<br />

2. Alle Ministerien und Behörden müssen klare Zielvorgaben zur<br />

Rückholung bekommen.<br />

3. Alle Möglichkeiten zur Beschleunigung der Rückholung sind<br />

ständig zu prüfen und umzusetzen. Dabei darf es keine Abstriche<br />

in der Sicherheit für die Mitarbeiter und die Bevölkerung geben.<br />

U16<br />

Atommülllager Asse II - Rückholung<br />

umsetzen!<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

248


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

4. Die Asse II Begleitgruppe, mit den Experten der „Arbeitsgruppe<br />

Option Rückholung“, ist komplett zu informieren und ihre Anregungen<br />

und Empfehlungen sind auf Umsetzbarkeit zu prüfen.<br />

5. Die Rechtssicherheit der Mitarbeiter in den Ministerien, Behörden<br />

und des Betreibers ist klar zu definieren.<br />

6. Die Stilllegung vom Schacht Asse II erfolgt nach der Rückholung,<br />

d.h. die Rückholung ist kein Bestandteil der Stilllegung.<br />

Dies muss ggf. gesetzlich klar geregelt werden.<br />

7. Für die Rückholung des Atommülls aus dem Schacht Asse II ist<br />

eine konkrete detaillierte „Konzeptplanung Rückholung“ zu erstellen.<br />

Die erforderliche dazugehörige Bergetechnik, d.h. ferngesteuerten<br />

Maschinen sind unverzüglich zu beauftragen.Parallel<br />

sind Vorbereitungsarbeiten zur Rückholung und Arbeiten zur<br />

Stabilisierung des Bergwerkes durchzuführen.<br />

8. Für dieses Großprojekt ist eine Abteilung Projektmanagement<br />

mit kompetenten Fachpersonal und einem dazugehörigen Projektdirektor<br />

einzurichten. Der Projektdirektor ist mit weitreichenden<br />

Kompetenzen auszustatten.<br />

9. Für den Schacht V ist unverzüglich die Vorbohrung zu erstellen<br />

und abzuteufen.<br />

10. Ein Pufferlager ist einzurichten.<br />

11. Ein Zwischenlagerort ist nach Auswahlkriterien fest zu legen.<br />

Mehrere Standorte sind zu vergleichen. Es ist zu prüfen, ob<br />

für die Zwischenlagerung des Asse-Atommülls an den Standorten<br />

vorhandener Kernkraftanlagen Flächen oder nicht mehr<br />

genutzte Bundeswehrflächen für die Zwischenlagerung genutzt<br />

werden können.<br />

12. Die Konditionierungsanlage ist aufzubauen. Hierbei ist klar<br />

zu regeln, dass die Konditionierungsanlage ausschließlich der<br />

Verpackung des Atommülls aus Asse II dient. Nach der Rückholung<br />

des Atommülls aus Asse II ist diese Konditionierungsanlage<br />

zurück zu bauen.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 17<br />

Unterbezirk Gifhorn (Bezirk Braunschweig)<br />

Bezirk Braunschweig<br />

Keine Bürgschaften für AKW´s<br />

Der Parteitag möge beschließen: Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und<br />

die Regierungen der <strong>SPD</strong>-geführten Bundesländer werden aufgefordert,<br />

sich dafür einzusetzen, dass die Bundesrepublik Deutschland<br />

die Vergabe von Bürgschaften für die Errichtung von Kernreaktoren<br />

im Ausland einstellt.<br />

U17<br />

Keine Bürgschaften für AKW´s<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 18<br />

Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Massentierhaltung<br />

Wir fordern die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion auf, sich für eine natürliche<br />

Tierhaltung einzusetzen. Die ökologische Landwirtschaft ist<br />

stärker zu unterstützen. Antibiotika sind bei akuten Erkrankungen<br />

nur nach tierärztlicher Konsultation einzusetzen. Die eingesetzten<br />

Mittel sind in Umfang, Wirkung und Gabedauer zu dokumentieren<br />

und durch das Veterinäramt zu kontrollieren. Vorbeugende Antibiotika-Abgaben<br />

sind nicht statthaft.<br />

Außerdem müssen die Mastbetriebe gezwungen werden, den Tieren<br />

mehr Platz zu geben. Die Kontrollen sind zu verschärfen. Antibiotika<br />

darf nur in Krankheitsfällen verabreicht werden.<br />

U18<br />

Massentierhaltung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

249


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 19<br />

Landesverband Sachsen<br />

Gentechnikfreie Landwirtschaft<br />

Die <strong>SPD</strong> fordert:<br />

• Die Ausbringung gentechnisch veränderter Organismen ist abzulehnen<br />

und sollte schnellstmöglich verboten werden. Freiversuche<br />

sind nicht mehr zuzulassen.<br />

• Patente auf das Erbgut von Lebewesen darf es nicht geben.<br />

• LandwirtInnen müssen ihr eigenes Saatgut produzieren dürfen.<br />

• Solange es gentechnisch veränderte Lebensmittel gibt, müssen<br />

diese für die VerbraucherInnen deutlich gekennzeichnet werden,<br />

auch wenn es sich um tierische Produkte handelt, die unter Einsatz<br />

gentechnisch veränderter Futtermittel entstanden sind.<br />

U19<br />

Gentechnikfreie Landwirtschaft<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 20<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Für eine artgerechte Tierhaltung<br />

Zu einer solidarischen und sozialen Politik muss auch der Tierschutz<br />

gehören.<br />

Wir fordern deshalb:<br />

1. Die derzeitigen Praktiken in der Massentierhaltung sind nicht akzeptabel.<br />

Tiere müssen entsprechend ihres Verhaltens und ihrer<br />

Bedürfnisse gehalten werden. Eine Überzüchtung und vorsorgliche<br />

Gabe von Antibiotika wird verboten.<br />

2. Das Kastrieren von Ferkeln oder anderen Tieren ohne jede Betäubung<br />

muss gesetzlich verboten werden.<br />

3. Das Patentieren von Tierzuchten darf nicht länger möglich sein.<br />

U20<br />

Für eine artgerechte Tierhaltung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 21<br />

Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Medikamente in der Massentierhaltung<br />

Wir fordern die Bundesregierung auf, den Missbrauch bei der Medikamentengabe<br />

in der Tierhaltung abzuschaffen.<br />

U21<br />

Medikamente in der Massentierhaltung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 22<br />

Landesverband Berlin<br />

Verschwendung verhindern,<br />

Nachhaltigkeit fördern - Unterstützung<br />

der Plastiktütensteuer<br />

Wir fordern die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion dazu auf, den Vorstoß<br />

von Bündnis 90/Die Grünen zu unterstützen, eine Steuer auf Plastiktüten<br />

einzuführen. Ausgenommen sind Plastiktüten auf organischer<br />

Basis. (Unter Plastiktüten sind sowohl Einwegtüten als auch<br />

größere Tragetaschen zu verstehen).<br />

U22<br />

Verschwendung verhindern,<br />

Nachhaltigkeit fördern - Unterstützung<br />

der Plastiktütensteuer<br />

Ablehnung<br />

250


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 23<br />

Unterbezirk Uelzen/Lüchow-Dannenberg (Bezirk Hannover)<br />

Hygieneregeln für alle organischen<br />

Dünger<br />

Die bestehenden Hygieneregeln für alle organischen Dünger im<br />

Düngerecht müssen hinsichtlich ihrer tatsächlichen Schutzwirkung<br />

überprüft und angepasst werden. Dabei müssen aktuelle wissenschaftliche<br />

Kenntnisse über die Belastungssituation aller Dünger<br />

erarbeitet werden, um gesetzliche Regelungen zu Hygieneaspekten<br />

im Düngerecht ändern bzw. anpassen zu können.<br />

Im Frühjahr 2011 forderte die „EHEC – Situation“ 60 Todesopfer.<br />

Weiterhin treten vermehrt MRSA – Erreger und ESBL – Erreger<br />

(antibiotikaresistente Bakterien) auf und fordern in Krankenhäusern<br />

immer mehr Todesopfer. Vor diesen Hintergrund müssen wir<br />

eine Verwertung der unterschiedlichsten organischen Substrate aus<br />

seuchen- und umwelthygienischer Sicht hinterfragen. Im Sinne des<br />

vorbeugenden Infektionsschutzes sollten organische Dünger daher<br />

nicht ohne vorherige Hygienisierende Behandlung in der Landwirtschaft<br />

oder im Landschaftsbau verwertet werden.<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 24<br />

Unterbezirk Lüneburg (Bezirk Hannover)<br />

Lebensmittelskandale<br />

Wir wollen folgende Forderungen durchsetzen:<br />

1. die Offenlegung behördlicher Untersuchungsergebnisse bei Verstößen<br />

gegen das Lebensmittelrecht und Nennung der beteiligten<br />

Unternehmen in einer sogenannten schwarzen Liste,<br />

2. die lückenlose Rückverfolgbarkeit verwendeter Produkte in der<br />

gesamten Lieferkette,<br />

3. die Kennzeichnungspflicht bzw. Herkunftsangaben von Zutaten<br />

bei verarbeiteten Lebensmitteln,<br />

4. die Sanktionen im Lebensmittel- und Futtermittelrecht deutlich<br />

zu verschärfen, z.B. durch Anpassung der Höhe des Bußgeldes<br />

an die erzielten Umsätze.<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 25<br />

Landesverband Berlin<br />

Schmutzige Schokolade boykottieren und<br />

damit Sklaverei von Kindern bekämpfen<br />

Der erhebliche Teil des Kakaos in der Welt wird mit Hilfe von Kindersklaven<br />

produziert.<br />

Daher werden alle Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />

aufgerufen,<br />

• dort, wo sie Verantwortung tragen, die Vergabe- und Auftragspraxis<br />

zu ändern,<br />

• ihr persönliches Konsumverhalten anzupassen,<br />

um fair produzierte und gehandelte Schokolade zu fördern und<br />

so die Schokoladenproduzenten zur Einhaltung der Kernarbeitsnormen<br />

der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zu bewegen.<br />

Staatliche Ebenen können Bezug auf die von Deutschland<br />

ratifizierten IAO-Kernarbeitsnormen nehmen, insbesondere die<br />

Übereinkunft 182 zum Verbot der schlimmsten Formen von Kin-<br />

U23<br />

Hygieneregeln für alle organischen<br />

Dünger<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

U24<br />

Lebensmittelskandale<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

U25<br />

Schmutzige Schokolade boykottieren und<br />

damit Sklaverei von Kindern bekämpfen<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

251


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

derarbeit. In einigen Bundesländern existieren Tariftreuegesetze,<br />

die direkten Bezug auf die Einhaltung und Durchsetzung der IAO-<br />

Kernarbeitsnormen nehmen. Diese müssen auch bei dem Verkauf<br />

von Schokolade durchgesetzt werden.<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 26<br />

Unterbezirk Ennepe-Ruhr (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Lebensmittelgesundheit/ Resistente<br />

Keime<br />

Wir fordern:<br />

1. Erlass gesetzlicher Bestimmungen, die Medikamente, Hormone,<br />

resistente Keime in/auf Lebensmittel, also auch Pflanzen, verhindern.<br />

Ausnahmen sind klar und eindeutig auf ein Minimum<br />

zu begrenzen.<br />

2. Die Herkunft resistenter Keime in/auf Gemüsepflanzen ist unverzüglich<br />

aufzuklären. Wirksame Gegenmaßnahmen sind zu<br />

treffen, die eine erneute Verseuchung ausschließen.<br />

3. Mehr und ausreichende staatliche Kontrollen, sowie spürbare<br />

Sanktionsmöglichkeiten. Die Kosten sind über von den Kontrollierten<br />

zu zahlende Gebühren zu decken.<br />

U26<br />

Lebensmittelgesundheit/ Resistente<br />

Keime<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

30<br />

35<br />

40<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 27<br />

Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />

Spekulationsverbot für<br />

Nahrungsmittelrohstoffe<br />

Der Gesetzgeber wird aufgefordert, ein Verbot für Nahrungsmittelspekulationen<br />

- möglichst in Abstimmung mit den anderen EU-<br />

Staaten - zu beschließen. Als Vorbild mag die Initiative der amerikanischen<br />

Börsenaufsicht CFTC (Commodities Futures Trading Comission)<br />

dienen. Kernpunkt dieses Vorschlags ist, dass die Anzahl<br />

der von einem Händler gehaltenen Kontrakte stark begrenzt wird.<br />

U27<br />

Spekulationsverbot für<br />

Nahrungsmittelrohstoffe<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 28<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Lebensmittelsiegel<br />

Wir fordern die Einführung eines einheitlichen Siegels für Lebensmittel,<br />

das VerbraucherInnen eine einfache Entscheidungshilfe für<br />

folgende Probleme liefert:<br />

Ist das Produkt<br />

• laktosefrei<br />

• glutenfrei<br />

• vegetarisch<br />

• vegan<br />

• zuckerfrei<br />

Für die Kennzeichnung relevant sind alle verwendeten Teilprodukte,<br />

die zur Erzeugung des Endproduktes benutzt wurden. Zur<br />

Nutzung dieses Siegels ist ein Antrag beim Bundesamt für Verbraucherschutz<br />

und Lebensmittelsicherheit (BVL) notwendig. Das<br />

BVL prüft weiterhin stichprobenartig die Einhaltung der für das<br />

Siegel notwendigen Kriterien.<br />

U28<br />

Lebensmittelsiegel<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

252


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 29<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

TelefonbetrügerInnen das Handwerk<br />

legen<br />

Wir wollen VerbraucherInnen aktiv schützen und BetrügerInnen<br />

wirkungsvoll verfolgen können. Aus diesem Grund darf der Gesetzgeber<br />

nicht länger zulassen, dass Firmen bzw. Einzelpersonen<br />

eine falsche Rufnummer mit senden und so für die Betroffenen<br />

nicht ersichtlich ist, wer tatsächlich anruft und wie derjenige zu<br />

erreichen wäre. Jede Firma muss zukünftig eine Rufnummer mit<br />

senden, die tatsächlich ihnen zugewiesen ist.<br />

U29<br />

TelefonbetrügerInnen das Handwerk<br />

legen<br />

Annahme<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 30<br />

Landesorganisation Hamburg<br />

Internetdienste<br />

Der Bundesparteitag möge die Bundestagsfraktion auffordern, Anbieter<br />

von Internetdiensten, die Daten ihrer Nutzer zur Weitergabe<br />

an Dritte erheben, müssen ihren Nutzern mindestens einmal im<br />

Jahr Auskunft über die Verwendung ihrer Daten geben. Sie müssen<br />

dabei dem jeweiligen Nutzer bekannt geben, an wen welche seiner<br />

Daten zu welchem Zweck weitergegeben wurden.<br />

U30<br />

Internetdienste<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 31<br />

Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

RFID-Technik regulieren -<br />

Schnüffelchips vor dem Verkauf<br />

entfernen<br />

RFID-Chips müssen beim Verkauf oder Versand von Waren von<br />

Produkten entfernt oder in ihrer Funktion zerstört werden. Die<br />

<strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, ein entsprechendes<br />

Gesetz in den Bundestag einbringen.<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 32<br />

Landesverband Berlin<br />

§ 266 c Missbrauch des<br />

Lastschriftverfahrens<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsabgeordneten werden aufgefordert sich für die<br />

Einfügung eines § 266c StGB Missbrauch des Lastschriftverfahrens<br />

einzusetzen. „Wer gegenüber einem Kreditinstitut wahrheits-<br />

U31<br />

RFID-Technik regulieren -<br />

Schnüffelchips vor dem Verkauf<br />

entfernen<br />

Annahme in geänderter Fassung:<br />

Die RFID-Technik (radio-frequency identification) ist grundsätzlich<br />

sinnvoll, weil durch die in der Ware einbauten Chips das Erfassen<br />

der Ware entlang der Lieferkette, die Qualitätskontrolle und der<br />

Bezahlvorgang an der Kasse vereinfacht werden. Gleichzeitig dienen<br />

die Chips dem Diebstahlschutz. Ab den Zeitpunkt der Übergabe<br />

der Ware an den Kunden sollten aber alle Anbieter ihre Kunden<br />

über RFID-Chips informieren und die RFID-Sender nach dem Zahlungsvorgang<br />

entfernen. Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert,<br />

ein entsprechendes Gesetz in den Bundestag einbringen.<br />

U32<br />

§ 266 c Missbrauch des<br />

Lastschriftverfahrens<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

253


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

widrig vorgibt, ihm sei eine Einzugsermächtigung mit der Befugnis<br />

zur Belastung eines fremden Girokontos im Lastschriftverfahren<br />

erteilt worden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe<br />

bestraft. Nach S.1 wird auch die im Ausland begangene Tat<br />

bestraft, wenn sie gegenüber einem Kreditinstitut mit Sitz im Inland<br />

oder gegenüber der im Inland gelegenen Niederlassung eines<br />

Kreditinstituts mit Sitz im Ausland begangen wird. Die angemaßte<br />

Einzugsermächtigung stellt heute ein strafloses Geschäftsmodell<br />

vor, welches nicht von § 263 StGB Betrug erfasst wird, da keine<br />

Täuschung eines Menschen vorliegt. Nach Bankenvorschriften erfolgt<br />

keine Überprüfung der Berechtigung und damit kann keine<br />

Täuschung im Sinne des § 263 StGB existieren. Die Bürger sind<br />

heute zum einen nicht ausreichend über die 6-wöchige Widerrufsfrist<br />

informiert, zum anderen kann gegenüber rechtswidrigen Handeln<br />

nicht allein der unschuldige Kontoinhaber bestraft werden.<br />

Durch die Strafandrohung wäre dem Geschäftsmodell die Grundlage<br />

entzogen.<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 33<br />

Bezirk Braunschweig<br />

Für den zügigen Bau der A39 von<br />

Lüneburg nach Wolfsburg<br />

Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, alle politischen Möglichkeiten und<br />

alle Kräfte dafür einzusetzen, dass der Lückenschluss der A39 zwischen<br />

Lüneburg und Wolfsburg baldmöglichst realisiert wird.<br />

U33<br />

Für den zügigen Bau der A39 von<br />

Lüneburg nach Wolfsburg<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 34<br />

Bezirk Braunschweig<br />

Zweigleisiger Ausbau der „Weddeler<br />

Schleife“ von Wolfsburg nach<br />

Braunschweig<br />

Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, alle politischen Möglichkeiten und alle<br />

Kräfte dafür einzusetzen, dass die „Weddeler Schleife“, die bisher<br />

eingleisige Eisenbahnstrecke zwischen Wolfsburg und Braunschweig,<br />

schnellstmöglich zweigleisig ausgebaut wird.<br />

U34<br />

Zweigleisiger Ausbau der „Weddeler<br />

Schleife“ von Wolfsburg nach<br />

Braunschweig<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

50<br />

55<br />

60<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 35<br />

Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />

Finanzielle Förderung von<br />

Elektromobilität<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion erarbeitet einen Plan zur Elektromobilität,<br />

um damit einen Anreiz für den Umstieg auf Elektrofahrzeuge<br />

zu schaffen.<br />

U35<br />

Finanzielle Förderung von<br />

Elektromobilität<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

65<br />

254


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 36<br />

Kreisverband Rhein-Neckar (Landesverband Baden-Württemberg)<br />

Sozialticket für den ÖPNV<br />

Wir fordern ein Sozialticket für den Öffentlichen Personennahverkehr<br />

für Personen mit geringem Einkommen, das mit Zuschüssen<br />

des Bundes und/oder Landes mitfinanziert wird. Dieses Sozialticket<br />

soll zur Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs innerhalb<br />

eines der in Deutschland existierenden Verkehrsverbünde berechtigen,<br />

allerdings erschwinglich sein. Menschen mit geringem<br />

Einkommen sollen dieses Ticket gegen eine nach dem Einkommen<br />

gestaffelte Bezahlung erhalten.<br />

U36<br />

Sozialticket für den ÖPNV<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 37<br />

Landesverband Berlin<br />

Deutschland braucht dringend eine<br />

Korrektur der „Bahn-Reform“ von 1993<br />

Das aktuelle S-Bahn-Chaos in Berlin, die Dauerkrise im ICE-<br />

Verkehr, die Einstellung des Interregio-Verkehrs, der Niedergang<br />

des grenzüberschreitenden Eisenbahnpersonenfernverkehrs und<br />

die schlechteren Service- und Verkehrs-Leistungen zeigen, dass<br />

die Bahnreform von 1993 in der derzeitigen Form unzureichend<br />

ist. Sie hat dem System „Eisenbahn“ in Deutschland nicht den gewünschten<br />

Aufschwung gebracht. Aus diesem Grunde werden die<br />

<strong>SPD</strong>-Mitglieder der Länderverkehrsministerkonferenz sowie die<br />

<strong>SPD</strong>-Bundestagsabgeordneten aufgefordert, in einer Initiative für<br />

die notwendige Kurskorrektur und Ergänzung der „Bahn-Reform“<br />

einzutreten:<br />

Folgende sieben Eckpunkte sind in einer neuen „Bahnreform II“<br />

gesetzlich zu verankern:<br />

1. Die Infrastrukturbereiche der Eisenbahnen des Bundes sind ausschließlich<br />

auf das Gemeinwohl und die Daseinsvorsorge zu orientieren.<br />

Der Erhalt, der Ausbau und die Unterhaltung der gesamten<br />

Infrastruktur ist im besten Zustand auf modernsten technischem<br />

Niveau (einschließlich Sicherheitsstandards) als Aufgabe<br />

der Deutschen Bahn nach Grundsätzen und Einzelweisungen<br />

des Bundes gesetzlich zu fixieren. Gewinne aus der Infrastruktur<br />

müssen vollständig in die Infrastruktur reinvestiert werden. Dazu<br />

ist der Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag zwischen<br />

den Infrastrukturbereichen und dem Gesamt-Konzern der Deutschen<br />

Bahn aufzulösen. Entsprechende Unternehmensgrundsätze<br />

sind gesetzlich zu regeln.<br />

2. Planungen für einen Börsengang der Deutschen Bahn (mit Ausnahme<br />

der Logistik-Sparte) sind endgültig aufzugeben. Der<br />

Bund muss seine in Artikel 87e des Grundgesetzes enthaltene<br />

Gemeinwohlverpflichtung für den Eisenbahnfernverkehr nachhaltig<br />

wahrnehmen. Das hierzu vorgeschriebene Bundesgesetz<br />

wird umgehend entwickelt und umgesetzt. Der Bund erarbeitet<br />

dabei unter Beteiligung der Länder einen Plan, in dem die<br />

Mindestversorgung im Fernverkehr und die Qualitätsstandards<br />

(z.B. Barrierefreiheit, Gepäck-, Kinderwagen-, Fahrradmitnahme,<br />

Bewirtschaftung) festgelegt und fortgeschrieben werden.<br />

Die Deutschen Bahn hat diesen Plan im Rahmen einer Ziel- und<br />

Leistungsvereinbarung als öffentlicher Dienstleister umzusetzen.<br />

Dabei sind insbesondere die Anforderungen der Raumordnung<br />

zu berücksichtigen. Ergebnis des Planes sind langfristige Fahrpläne<br />

(„Deutschland-Takt“), an denen sich auch die Investitionen<br />

des Bundes zum Ausbau der Infrastruktur orientieren. Kann<br />

U37<br />

Deutschland braucht dringend eine<br />

Korrektur der „Bahn-Reform“ von 1993<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und an Gruppe der <strong>SPD</strong>-<br />

Abgeordneten im Europäischen Parlament<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

255


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

die Deutsche Bahn Teilleistungen nicht erbringen, so werden<br />

diese ausgeschrieben.<br />

3. Die Verantwortung der Länder für den Schienenpersonennahverkehr<br />

bleibt erhalten. Das System der Regionalisierungsmittel<br />

wird ausgebaut und erweitert. Die schienengebundene Infrastruktur<br />

wird neu geordnet. Regionale und lokale Eisenbahninfrastruktur<br />

(z.B. S-Bahnen) wird ohne Entschädigung in das Eigentum<br />

und die Verantwortung der Länder bzw. Regionen oder<br />

von Ihnen gebildeter Institutionen übergehen, um Zuständigkeiten<br />

und Entscheidungen über Instandhaltung, Planung, Sicherung<br />

und Erweiterung der schienengebundenen Infrastruktur auf<br />

dieser Ebene und damit den Bestellern des SPNV anzusiedeln.<br />

4. Für den Güterverkehr sowie Sonderzugverkehre (die nicht Bestandteil<br />

der Daseinsvorsorge sind) werden ein diskriminierungsfreier<br />

Zugang privater Eisenbahnunternehmen in das Schienennetz<br />

nach EU-Vorgaben und ein Wettbewerb ermöglicht.<br />

5. Nichtbundeseigene Eisenbahnverkehrsunternehmen können für<br />

Verkehrsleistungen im Schienenpersonenverkehr von den Ländern<br />

bzw. vom Bund beauftragt werden, wenn gewährleistet<br />

wird, dass sie den Beschäftigten ein von den Tarifpartnern vereinbarten<br />

Branchentarifvertrag mit einem Mindestlohn für alle<br />

Beschäftigten bieten und bei einem Betreiberwechsel das Betriebspersonal<br />

mit Kündigungsschutz übernommen wird.<br />

6. Abgestimmte Fahrpläne und Tarife sowie ein direkter Vertrieb<br />

werden gewährleistet, damit die Netzwirksamkeit des Systems<br />

Eisenbahn als einheitliches System erhalten, gestützt und gefördert<br />

wird. Die Fahrplaninformationen erfolgen umfassend (zeitlich<br />

und örtlich) und diskriminierungsfrei über alle Informationskanäle.<br />

Sie steht allen Nutzern auch ohne den Einsatz eigener<br />

technischer Hilfsmittel zur Verfügung.<br />

7. Die SPE-Abgeordneten werden aufgefordert, sich für die Europäisierung<br />

der nationalen Staatsbahnen einzusetzen, damit im<br />

internationalen Verkehr leistungsfähige und konkurrenzfähige<br />

Angebote realisiert werden. Aufbauend auf ersten Ansätzen zu<br />

Kooperationen und Allianzen der Staatsbahnen (z.B. „Berlin-<br />

Warszawa-Express“, Allianzen DB/SBB und TGV/ICE) ist ein<br />

„Verbund der Staatsbahnen der Europäischen Union“ zu entwickeln.<br />

Das Tarifsystem ist zu vereinfachen und konkurrenzfähig<br />

insbesondere zum Flug- und Autoverkehr zu gestalten (z.B.<br />

Abschaffung von nationalen bzw. produktbezogenen „Inseltarifen“).<br />

Die staatlichen Eisenbahnen sind zu einer Kooperation im<br />

Eisenbahnfernverkehr zu verpflichten. Im Ergebnis wird z.B. der<br />

grenzüberschreitende Eisenbahnverkehr nach Italien, Lettland<br />

und Estland wieder aufgenommen.<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 38<br />

Unterbezirk Kassel-Stadt (Bezirk Hessen-Nord)<br />

Sicherheit Güterverkehr Straße<br />

Europaweit werden bei Neuzulassungen von LKW über 7,49 to<br />

zwingend Brems- Assistenz- Systeme vorgeschrieben. Innerhalb<br />

einer Übergangszeit von 5 Jahren ist eine Regelung für alle im EU-<br />

Raum verkehrenden LKW umzusetzen.<br />

U38<br />

Sicherheit Güterverkehr Straße<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

60<br />

65<br />

256


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 39<br />

Landesverband Berlin<br />

DB Netz AG aus dem Mutterkonzern DB<br />

herauslösen<br />

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die DB Netz AG aus der<br />

Verflechtung des Mutterkonzerns DB AG heraus zu lösen und in<br />

öffentlicher Hand zurückgeführt wird.<br />

U39<br />

DB Netz AG aus dem Mutterkonzern DB<br />

herauslösen<br />

Ablehnung<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 40<br />

Landesverband Berlin<br />

Fahrplandaten für alle<br />

Am 17.9.2012 gaben die Deutsch Bahn und Google bekannt, dass<br />

die Fahrplandaten der DB in Google Maps integriert werden. Weitere<br />

Vertragsverhandlungen der DB mit den Nahverkehrsverbünden<br />

Berlin stehen wohl kurz vor dem Abschluss. Die alleinige Nutzung<br />

der Daten nur durch Google kann nur ein Anfang der Visualisierung<br />

der Fahrplandaten sein. Insbesondere für nicht-kommerzielle<br />

Projekte sind diese Daten zur Verfügung zu stellen.<br />

Wir fordern von der Deutschen Bahn weiter, dass sie nun ihre Fahrplan-<br />

und Echtzeitdaten mittels eines maschinenlesbaren Formates<br />

veröffentlicht und mindestens den nichtkommerziellen Gebrauch<br />

dieser Daten erlaubt. Dieselbe Forderung richtet sich auch an die<br />

Nahverkehrsverbünde/ -unternehmen. Auch diese müssen die Fahrplan-<br />

und Echtzeitdaten im Internet zur Verfügung stellen.<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 41<br />

Landesverband Berlin<br />

Regionalisierungsmittel für SPNV<br />

Sicherung der Regionalisierungsmittel für die Bestellung des<br />

Schienenpersonennahverkehrs<br />

1. Der <strong>SPD</strong>-Bundesvorstand und die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion setzen<br />

sich dafür ein, dass den Bundesländern in den kommenden<br />

20 Jahren ausreichend Regionalisierungsmittel zur Verfügung<br />

stehen, um ihr S-Bahn- und Regionalbahnangebot aufrecht zu erhalten<br />

und für die Länder eine Planungssicherheit für den ÖPNV<br />

besteht. Entsprechende Aussagen sind im Wahlprogramm und<br />

bei einer Regierungsbeteiligung der <strong>SPD</strong> in der Koalitionsvereinbarung<br />

zu verankern. Ziel ist es, mindestens das heutige Zugangebot<br />

zu gewährleisten.<br />

2. Die vom Bund an die Länder zugewiesenen Regionalisierungsmittel<br />

sind dahingehend zu dynamisieren, dass nicht nur die Inflationsrate<br />

sondern auch durch die DB-Netz AG erhöhten Trassenpreise<br />

und Stations&Service-Gebühren ausgeglichen werden,<br />

um Kürzungen im Nahverkehr zu vermeiden.<br />

3. Kommt der Bund seiner nach der Bahnreform eingegangene Verpflichtung<br />

zur Sicherung eines Mindestangebots im Fernverkehr<br />

(entsprechend Artikel 87 e Grundgesetz) weiterhin nicht nach,<br />

so sind auf einer zu schaffenden bundesgesetzlichen Grundlage<br />

zusätzliche Mittel bereitzustellen, mit denen eine Mindestversorgung<br />

(3 Zugpaare pro Tag) zur Anbindung von Großstädten<br />

in strukturschwachen Gebieten sowie im grenzüberschreitenden<br />

Verkehr (z.B. Berlin/Dresden - Breslau, Berlin-Stettin und Nürnberg-Prag)<br />

gewährleistet und entsprechend bestellt werden kann<br />

U40<br />

Fahrplandaten für alle<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

U41<br />

Regionalisierungsmittel für SPNV<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

257


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 42<br />

Rad-und Kraftfahrerbund Solidarität Deutschland 1896 e.V.<br />

Für eine ökologische Verkehrswende<br />

Der Verkehrssektor ist eine Schlüsselbranche der Wirtschaft und<br />

unserer Gesellschaft. Die Mobilität von Menschen und der Transport<br />

von Waren sind unverzichtbar für Wohlstand und Teilhabe der<br />

Menschen am kulturellen und wirtschaftlichen Leben. Er sichert<br />

für Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – auch<br />

für viele unserer Mitglieder – die Arbeitsplätze und Existenzen. Allerdings<br />

steht der Verkehr im Hinblick auf Zukunftsfähigkeit und<br />

Effizienz vor großen Herausforderungen. Der Verkehr lebt von der<br />

Energie. ENERGIE ist jedoch KNAPP. Der Verkehr verursacht klimaschädliche<br />

Treibhausgase.<br />

Dies setzt ständige Entwicklungs- und Modernisierungsmaßnahmen<br />

voraus, um Umweltziele nicht zu gefährden sowie Umweltkosten<br />

zu vermeiden. Die hohen Investitionen für den Erhalt und<br />

den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sind auf öffentliche Mittel<br />

angewiesen, die nun durch die Staatsschuldenkriese weiter reduziert<br />

werden. Dabei fehlen jetzt schon Milliarden für einen bedarfsgerechneten<br />

und sicheren Erhalt sowie für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur.<br />

Für eine nachhaltige Wirtschaftsordnung und<br />

die Chance auf mehr zukunftsfähige und hochqualifizierte Arbeitsplätze<br />

ist die Verwirklichung einer nachhaltigen Verkehrsausrichtung<br />

unabdingbar. Tagtäglich sind Millionen Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer, Schülerinnen und Schüler sowie Bürgerinnen<br />

und Bürger auf sichere und bezahlbare Verkehrsdienstleistungen<br />

angewiesen.<br />

Nur durch eine ökologische Verkehrswende können Rahmenbedingungen<br />

geschaffen werden, die die Versorgungssicherheit der auf<br />

unterschiedliche Finanzierungs- und Energiequellen angewiesenen<br />

Verkehrsträger auch nachhaltig und solide sichert.<br />

Hierfür ist aber eine Gesellschaft notwendig, die einen ökologischen<br />

Strukturwandel zulässt und umsetzt. Wir brauchen Politiker,<br />

Unternehmen, Beschäftigte und jeden einzelnen Verbraucher, die<br />

alle gemeinsam die völlige Ausschöpfung der Nachhaltigkeitspotenziale<br />

in Angriff nehmen. Hierbei sind auch und insbesondere<br />

die sozialen Belange grundsätzlich zu berücksichtigen. Klima- und<br />

Umweltschutzmaßnahmen sowie die Interessen der Beschäftigten<br />

müssen im Einklang stehen.<br />

In diesem Sinne steht der Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität<br />

Deutschland 1896 e.V. für das Vorantreiben eines zukunftsfähigen<br />

Energiemodells in Deutschland und Europa. Wir brauchen ein<br />

Energiemodell, das mit begrenzten Ressourcen schonend umgeht,<br />

auf erneuerbare Energien aufbaut und auf Atomenergie verzichtet.<br />

Den Einsatz von Bio-Agrarstoffen aus Lebensmittel wie Mais,<br />

Raps, Getreide, Zucker, etc. oder auch Holz, als Energiequelle lehnen<br />

wir ab.<br />

Der zügige Ausbau von erneuerbaren Energien muss in Deutschland<br />

und Europa absoluten Vorrang haben und mit staatlichen Fördermitteln<br />

unterstützt werden – und zwar dort, wo es ökologisch,<br />

technisch und ökonomisch Sinn macht.<br />

Wir fordern<br />

• die Überprüfung der CCS-Technologie (Carbon Dioxide Caputere<br />

on Storage; eine Technologie, die für die Ausscheidung und<br />

unterirdische Speicherung von CO2-Emission steht) bevor der<br />

weitere Ausbau stattfindet. Bis dahin ist eine weitere Verflüssigung<br />

von CO2 und deren Speicherung – insbesondere in Kavernen<br />

und am Meeresboden einzustellen.<br />

• eine Intensivierung von Modernisierungsmaßnahmen durch<br />

Forschung und Entwicklung. Der Staat als Eigentümer der Verkehrsinfrastruktur<br />

sowie aufgrund seiner ordnungspolitischen<br />

Aufgabe, die Industrie als Hersteller und nicht zuletzt die Verkehrsunternehmen<br />

als Betreiber sind gleichermaßen aufgefordert,<br />

dass zur Erforschung und Entwicklung von energieeffizien-<br />

U42<br />

Für eine ökologische Verkehrswende<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

258


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

teren Schienenfahrzeugen mehr Forschungsmittel bereitgestellt<br />

werden und zudem europäische Kooperationen zwischen den<br />

Verkehrsunternehmen, der Bahnindustrie und den Forschungseinrichtungen<br />

aufgebaut wird.<br />

• die Förderung und Sicherstellung von umweltfreundlichen Verkehrsträgern.<br />

Sowohl die Bundespolitik als auch die Landesregierungen<br />

sind gefordert ein Gesamtkonzept zur Bewältigung<br />

einer ökologischen Verkehrswende vorzulegen. Dieses Konzept<br />

muss verbindlich zu einem „Masterplan Verkehr“ führen und<br />

stärker als bisher auf die europäische Verkehrspolitik Einfluss<br />

nehmen.<br />

• Hierzu ist die Verwirklichung der Barrierefreiheit an Bus-/Bahnhöfen,<br />

der Ausbau des Schienennahverkehrs, des ÖPNV sowie<br />

der Fahrradwegebau, Verbesserung des Kunden- und Serviceangebotes<br />

und der Fahrscheinverkaufssysteme verstärkt voranzutreiben.<br />

• Angebote für die Nutzung und Fahrradmitnahme sowie Carsharing<br />

sind weiterzuentwickeln<br />

• Die Kapazitäten für die Güterbeförderung in Ballungszentren<br />

und auf Hauptabfuhrstrecken – insbesondere im Hafenhinterlandverkehr<br />

– sind dem tatsächlichen Bedarf anzupassen.<br />

• Der Einsatz von „Gigaliner“ (Riesen-Lkw) sowie die Lizenzvergabe<br />

zum Betreiben von Fernbuslinien widersprechen dem<br />

verkehrspolitischen Verlagerungsprozess (von der Straße auf die<br />

Schiene) und werden deshalb abgelehnt.<br />

• Hinsichtlich des Lärmschutzes sind Maßnahmen zu ergreifen,<br />

damit in möglichst kurzer Zeit alle in Deutschland fahrenden<br />

Güterwagen mit geräuscharmen Bremssystemen ausgerüstet<br />

werden<br />

• Der passive Lärmschutz (Lärmschutzwände, leises Gleisbett) ist<br />

besonders zu fördern.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 43<br />

Unterbezirk Uelzen/Lüchow-Dannenberg (Bezirk Hannover)<br />

Chancen der Metropolregion Hamburg<br />

nutzen-Verkehrsinfrastruktur der Region<br />

verbessern<br />

In Anknüpfung an das auf dem UB-Parteitag am 16. Februar 1996<br />

beschlossene Verkehrskonzept und vor dem Hintergrund aktueller<br />

Entwicklungen bekräftigt der <strong>SPD</strong> Unterbezirk Uelzen/Lüchow-<br />

Dannenberg seine Forderungen nach einer verbesserten Verkehrsinfrastruktur<br />

für die Region mit dem Ziel deren Zukunftsfähigkeit<br />

zu erhalten, neue wirtschaftliche Potentiale zu erschließen und dem<br />

demographischen Wandel wirksam zu begegnen. Die notwendigen<br />

Schritte zur Realisierung der nachfolgend genannten Maßnahmen<br />

müssen unverzüglich auf den Weg gebracht bzw. ohne Zeitverlust<br />

fortgesetzt werden:<br />

1. Die Ertüchtigung der bestehenden Bahnstrecken, insbesondere<br />

der weitere Ausbau der Amerikalinie, die Verlängerung des<br />

dritten Gleises auf der Hauptstrecke Hamburg - Hannover über<br />

Lüneburg hinaus in Richtung Süden, die Schaffung zusätzlicher<br />

Kapazitäten für den Güterverkehr durch Ausbau der Strecke<br />

Buchholz-Soltau-Celle und die Verbesserung der Strecke Lüneburg-Dannenberg.<br />

Die stillgelegten Strecken Uelzen-Dannenberg<br />

und Dannenberg-Lüchow (Jeetzeltalbahn) einschließlich<br />

der Verlängerung nach Salzwedel sind für künftige Nutzungen<br />

vorzusehen.<br />

2. Die Anpassung des Elbe-Seiten-Kanals an die Erfordernisse der<br />

zeitgemäßen Binnenschifffahrt, insbesondere die Ersetzung des<br />

Schiffshebewerks Scharnebeck durch ein neues Aufstiegsbauwerk<br />

für moderne Gütermotorschiffe.<br />

U43<br />

Chancen der Metropolregion Hamburg<br />

nutzen-Verkehrsinfrastruktur der Region<br />

verbessern<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

259


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

3. Die Optimierung des Fernstraßennetzes zur Anbindung der Region<br />

an die benachbarten Wirtschaftsräume, insbesondere der<br />

Lückenschluss der A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg auf<br />

einer Trasse, bei der die berechtigten Schutzinteressen der betroffenen<br />

Anwohnerinnen und Anwohner genauso Berücksichtigung<br />

finden wie die von Natur und Umwelt. Zur Regulierung des<br />

Schwerkraftverkehrs sind die gesetzlichen Voraussetzungen für<br />

die Ausdehnung der LKW-Maut auf alle belasteten Bundesstraßen<br />

in der Region zu schaffen. Es wird gefordert sicherzustellen,<br />

dass in der Bauphase und bis zum vollständigen Lückenschluss<br />

der A 39 zwischen Lüneburg und Uelzen, kein zusätzlicher Verkehr<br />

über/nach Bad Bevensen geleitet wird.<br />

Bereits kurz nach Herstellung der Deutschen Einheit und dem Fall<br />

des Eisernen Vorhangs hat sich der Unterbezirk Uelzen/ Lüchow-<br />

Dannenberg intensiv mit den verkehrspolitischen Herausforderungen<br />

für die Region befasst. Die Feststellung, dass Mobilität und<br />

Erreichbarkeit durch die offenen Grenzen in Europa an Bedeutung<br />

gewonnen haben, führten auf dem UB-Parteitag 1991 zu einer Reihe<br />

von Beschlüssen, die später unter Einbeziehung weiterer Verkehrsträger<br />

zu einem abgestimmten Verkehrskonzept mit Lösungsvorschlägen<br />

und Forderungen erweitert und präzisiert wurden.<br />

Einige der Verkehrsprojekte aus dem Forderungskatalog sind inzwischen<br />

umgesetzt (Ortsumgehung Lüchow) oder zumindest im<br />

Bau (Ortsumgehung Kirchweyhe), viele andere, insbesondere jene<br />

von überregionaler Bedeutung, sind noch zu verwirklichen. Aktuelle<br />

Entwicklungen und Diskussionen (Anbindung der Seehäfen,<br />

Zurückstellung Y-Trasse, Planung A 39) lassen weitere Infrastrukturprojekte,<br />

die geeignet sind, der bekannten Strukturschwäche der<br />

Region entgegenzuwirken,in greifbare Nähe rücken.<br />

Potentialanalysen aus dem Jahr 2012 besagen, dass sich der Containerumschlag<br />

im Hamburger Hafen und die damit notwendigerweise<br />

einher gehenden Hafenhinterlandverkehre bis 2025 fast verdreifachen<br />

könnten. Massengüter sind dabei noch gar nicht mitgerechnet.<br />

Ein Drittel der Güter aus dem Hamburger Hafen werden in einen<br />

Umkreis von 100 km verbracht, ein weiteres Drittel geht in Richtung<br />

Süd-Ost. Bei der Weiterleitung der Containertransporte von<br />

Seeschiffen zu den Zielen im Inland entfallen aktuell nur rund zwei<br />

Prozent auf Binnenschiffe, 36 Prozent auf die Bahn und 62 Prozent<br />

auf Lastwagen (Quelle: Hamburger Abendblatt v. 24.01.13).<br />

Auch für das Wachstum der anderen norddeutschen Seehäfen<br />

(Bremen, Bremerhaven, Jade-Weser-Port) ist die Bewältigung des<br />

Transportvolumens über die Hinterlandanbindung von entscheidender<br />

Bedeutung. Dabei ist die Kapazitätsgrenze des vorhandenen Eisenbahnnetzes<br />

längst erreicht. Auch die inzwischen auf Eis gelegte<br />

Y-Trasse würde nicht ausreichen, um das zu erwartende Güteraufkommen<br />

zu bewältigen. Aus einer im Jahr 2009 im Auftrage des<br />

Landes Niedersachsen erstellten Studie zur Hafenhinterlandanbindung<br />

geht hervor, dass neben den Maßnahmen aus dem Sofortprogramm<br />

Seehafenhinterlandverkehr die Ertüchtigung vorhandener<br />

Streckenteile zur Bewältigung des zu erwartenden Verkehrsaufkommens<br />

notwendig ist. Dazu gehören u. a. der zweigleisige Ausbau<br />

und die Elektrifizierung der Amerikalinie sowie die Verlängerung<br />

des dritten Gleises der Hauptstrecke mindestens bis Uelzen.<br />

Über die Wasserwege könnten bis zu 9 % des Hamburger Aufkommens<br />

weitertransportiert werden. Im aktuellen rot-grünen Koalitionsvertrag<br />

für Niedersachsen wird in Übereinstimmung mit der<br />

vom <strong>SPD</strong> Unterbezirk Uelzen-Lüchow-Dannenberg vertretenen Position<br />

ein Ausbau der Mittelelbe – auch über den Umweg von Unterhaltungsbaggerungen<br />

– abgelehnt. Im Sinne der zu begrüßenden<br />

Förderung der Binnenschifffahrt als umweltfreundlichem Gütertransportmittel<br />

muss daher fast zwingend der Elbe-Seiten-Kanal den<br />

heutigen Erfordernissen angepasst werden. Während die Schleuse<br />

Uelzen II diesen Anforderungen entspricht, ist das Schiffshebewerk<br />

in Scharneck für moderne Gütermotorschiffe mit einer Länge von<br />

110 Metern nicht passierbar. Damit das Potential des ESK ausgeschöpft<br />

werden kann, ist die Ertüchtigung des Schiffshebewerks<br />

Scharnebeck dringend geboten.<br />

260


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Zum Stichwort Hafenhinterlandverkehr sprechen zudem alle Argumente<br />

für den geplanten Lückenschluss der A 39, da diese mit Anbindung<br />

an die A 14 und A 9 hierfür beste Voraussetzungen bietet.<br />

Bezieht man die zu erwartenden Verkehre aus der künftigen Fehmarn-Belt-Querung<br />

noch in die Betrachtung mit ein, ist in Kenntnis<br />

der heute bereits östlich von Hamburg bestehenden Engpässe die A<br />

39 dringend erforderlich.<br />

Selbst bei Verlagerung von Verkehren auf die Schiene und aufs<br />

Wasser muss nach allen Prognosen bis 2025 trotzdem noch mit<br />

beinahe einer Verdoppelung des LKW-Verkehrs gerechnet werden.<br />

Wenn es nicht zu untragbaren Zuständen auf der B 4 und in den<br />

Ortsdurchfahrten kommen soll, kann auf den Bau der A 39 nicht<br />

verzichtet werden.<br />

Zusammen mit dem Bau der A 39 bilden die Infrastrukturmaßnahmen<br />

an Schienenwegen und Wasserstraße die Chance für die Region<br />

zur Lösung der allgegenwärtigen Probleme mit den Strukturen<br />

sowie den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen.<br />

Die vorhandene B 4 mit ihrem für gänzlich andere Verkehrsbelastungen<br />

geplanten Unterbau wird dies nicht leisten können. Staus<br />

und Baustellen für teure Flickmaßnahmen sowie noch stärkere Belastungen<br />

der Anlieger wären programmiert.<br />

Eine bessere Verkehrsanbindung über die A 39 bedeutet für die Region<br />

mit dem Hafen Uelzen als dann an alle drei Güterverkehrsträger<br />

(Straße, Schiene, Wasserstraße) angeschlossenen Logistikstandort<br />

eine enorme Entwicklungs- und Arbeitsplatzperspektive. Auch<br />

der zwischen <strong>SPD</strong> und Grünen geschlossene Koalitionsvertrag für<br />

die laufende Wahlperiode betont ausdrücklich die notwendige Trimodalität<br />

an den Binnenhäfen in Niedersachsen.<br />

Darüber hinaus ist auch die Bedeutung für die Bevölkerungsentwicklung<br />

zu beachten. Die Entwicklung in der Hansestadt Lüneburg<br />

und selbst noch in der Gemeinde Bienenbüttel belegt, dass ein<br />

positiver Anteil am Einwohnerwachstum zu erwarten ist, da auch<br />

der weitere Landkreis durch die dann vorhandene Autobahnnähe in<br />

gleicher Weise für Pendler mit Arbeitsplatz in Hamburg und Umgebung<br />

attraktiv sein wird.<br />

Bei der Planung der Autobahn müssen schließlich auch die berechtigten<br />

Belange der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner in<br />

angemessener Weise beachtet werden.<br />

Drittel geht in Richtung Süd-Ost. Bei der Weiterleitung der Containertransporte<br />

von Seeschiffen zu den Zielen im Inland entfallen<br />

aktuell nur rund zwei Prozent auf Binnenschiffe, 36 Prozent auf die<br />

Bahn und 62 Prozent auf Lastwagen (Quelle: Hamburger Abendblatt<br />

v. 24.01.13).<br />

Auch für das Wachstum der anderen norddeutschen Seehäfen<br />

(Bremen, Bremerhaven, Jade-Weser-Port) ist die Bewältigung des<br />

Transportvolumens über die Hinterlandanbindung von entscheidender<br />

Bedeutung. Dabei ist die Kapazitätsgrenze des vorhandenen Eisenbahnnetzes<br />

längst erreicht. Auch die inzwischen auf Eis gelegte<br />

Y-Trasse würde nicht ausreichen, um das zu erwartende Güteraufkommen<br />

zu bewältigen. Aus einer im Jahr 2009 im Auftrage des<br />

Landes Niedersachsen erstellten Studie zur Hafenhinterlandanbindung<br />

geht hervor, dass neben den Maßnahmen aus dem Sofortprogramm<br />

Seehafenhinterlandverkehr die Ertüchtigung vorhandener<br />

Streckenteile zur Bewältigung des zu erwartenden Verkehrsaufkommens<br />

notwendig ist. Dazu gehören u. a. der zweigleisige Ausbau<br />

und die Elektrifizierung der Amerikalinie sowie die Verlängerung<br />

des dritten Gleises der Hauptstrecke mindestens bis Uelzen.<br />

Über die Wasserwege könnten bis zu 9 % des Hamburger Aufkommens<br />

weitertransportiert werden. Im aktuellen rot-grünen Koalitionsvertrag<br />

für Niedersachsen wird in Übereinstimmung mit der<br />

vom <strong>SPD</strong> Unterbezirk Uelzen-Lüchow-Dannenberg vertretenen Position<br />

ein Ausbau der Mittelelbe – auch über den Umweg von Unterhaltungsbaggerungen<br />

– abgelehnt. Im Sinne der zu begrüßenden<br />

Förderung der Binnenschifffahrt als umweltfreundlichem Gütertransportmittel<br />

muss daher fast zwingend der Elbe-Seiten-Kanal den<br />

heutigen Erfordernissen angepasst werden. Während die Schleuse<br />

Uelzen II diesen Anforderungen entspricht, ist das Schiffshebewerk<br />

in Scharneck für moderne Gütermotorschiffe mit einer Länge von<br />

1<br />

5<br />

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60<br />

65<br />

261


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

110 Metern nicht passierbar. Damit das Potential des ESK ausgeschöpft<br />

werden kann, ist die Ertüchtigung des Schiffshebewerks<br />

Scharnebeck dringend geboten.<br />

Zum Stichwort Hafenhinterlandverkehr sprechen zudem alle Argumente<br />

für den geplanten Lückenschluss der A 39, da diese mit Anbindung<br />

an die A 14 und A 9 hierfür beste Voraussetzungen bietet.<br />

Bezieht man die zu erwartenden Verkehre aus der künftigen Fehmarn-Belt-Querung<br />

noch in die Betrachtung mit ein, ist in Kenntnis<br />

der heute bereits östlich von Hamburg bestehenden Engpässe die A<br />

39 dringend erforderlich.<br />

Selbst bei Verlagerung von Verkehren auf die Schiene und aufs<br />

Wasser muss nach allen Prognosen bis 2025 trotzdem noch mit<br />

beinahe einer Verdoppelung des LKW-Verkehrs gerechnet werden.<br />

Wenn es nicht zu untragbaren Zuständen auf der B 4 und in den<br />

Ortsdurchfahrten kommen soll, kann auf den Bau der A 39 nicht<br />

verzichtet werden.<br />

Zusammen mit dem Bau der A 39 bilden die Infrastrukturmaßnahmen<br />

an Schienenwegen und Wasserstraße die Chance für die Region<br />

zur Lösung der allgegenwärtigen Probleme mit den Strukturen<br />

sowie den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen.<br />

Die vorhandene B 4 mit ihrem für gänzlich andere Verkehrsbelastungen<br />

geplanten Unterbau wird dies nicht leisten können. Staus<br />

und Baustellen für teure Flickmaßnahmen sowie noch stärkere Belastungen<br />

der Anlieger wären programmiert.<br />

Eine bessere Verkehrsanbindung über die A 39 bedeutet für die Region<br />

mit dem Hafen Uelzen als dann an alle drei Güterverkehrsträger<br />

(Straße, Schiene, Wasserstraße) angeschlossenen Logistikstandort<br />

eine enorme Entwicklungs- und Arbeitsplatzperspektive. Auch<br />

der zwischen <strong>SPD</strong> und Grünen geschlossene Koalitionsvertrag für<br />

die laufende Wahlperiode betont ausdrücklich die notwendige Trimodalität<br />

an den Binnenhäfen in Niedersachsen.<br />

Darüber hinaus ist auch die Bedeutung für die Bevölkerungsentwicklung<br />

zu beachten. Die Entwicklung in der Hansestadt Lüneburg<br />

und selbst noch in der Gemeinde Bienenbüttel belegt, dass ein<br />

positiver Anteil am Einwohnerwachstum zu erwarten ist, da auch<br />

der weitere Landkreis durch die dann vorhandene Autobahnnähe in<br />

gleicher Weise für Pendler mit Arbeitsplatz in Hamburg und Umgebung<br />

attraktiv sein wird. Bei der Planung der Autobahn müssen<br />

schließlich auch die berechtigten Belange der betroffenen Anwohnerinnen<br />

und Anwohner in angemessener Weise beachtet werden.<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 44<br />

Kreisverband Stormarn (Landesverband Schleswig-Holstein)<br />

Kfz-Steuer umstellen und Tempolimit<br />

einführen<br />

Die Bundestagsfraktion und der Parteivorstand werden aufgefordert,<br />

die Aussagen des Hamburger Bundesparteitags von 2007 zur<br />

Abschaffung des Dienstwagenprivilegs und zum Tempolimit in ihr<br />

Arbeitsprogramm aufzunehmen. Der Bundesparteitag hat 2007 u.<br />

a. folgendes beschlossen:<br />

Kfz-Steuer umstellen und Tempolimit einführen<br />

„In Zukunft soll nicht mehr die Größe eines Pkw Grundlage für die<br />

Steuererhebung bei der Kfz-Steuer sein, sondern die konkrete Umweltbelastung.<br />

Unser Ziel ist eine Kfz-Steuer für Neuwagen, für<br />

deren Höhe der CO2-Ausstoß maßgeblich ist. Die bisherige - sehr<br />

erfolgreiche – Differenzierung nach Schadstoffklassen wird dabei<br />

nicht aufgegeben. Wir wollen die steuerliche Besserstellung hoch<br />

verbrauchender Dienstwagen abschaffen. Ein schneller und unbürokratischer<br />

Weg zum Klimaschutz ist die Einführung einer allgemeinen<br />

Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h.“<br />

U44<br />

Kfz-Steuer umstellen und Tempolimit<br />

einführen<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm und Beschlusslage<br />

262


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 45<br />

Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />

Bodenabfertigungsdienste -Verhinderung<br />

der 2. Marktöffnung bei den<br />

Bodenverkehrsdiensten<br />

Die <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion und die sozialdemokratischen Abgeordneten<br />

im Europäischen Parlament setzen sich dafür ein, dass<br />

der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission über Bodenabfertigungsdienste<br />

auf Flugplätzen (2. Marktöffnung), mit der<br />

die EU Richtlinie 96/67 EG aufgehoben und ersetzt werden soll,<br />

nicht in europäisches Recht umgesetzt wird. Dazu werden folgende<br />

Maßnahmen erwogen:<br />

Die Bundesregierung wird im Rahmen einer parlamentarischen<br />

Anfrage aufgefordert, den einstimmigen Beschluss des Deutschen<br />

Bundestages vom 8.2.2011 in den europäischen Gremien (Kommission<br />

und Ministerrat) offen zu vertreten. Die Bundesregierung<br />

wird im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage aufgefordert,<br />

eine einheitliche Haltung aller Ressorts und damit eine offizielle<br />

Haltung der Bundesregierung gem. des Bundestags und Bundesratsbeschlusses<br />

zu bewirken und diese Haltung auch mit Nachdruck<br />

in der Ratsarbeitsgruppe, dem Ausschuss der Ständigen Vertreter<br />

(COREPER) und im Verkehrsministerrat selbst mit Nachdruck zu<br />

vertreten und Verbündete und Mehrheiten dafür zu gewinnen, dass<br />

dieser VO Vorschlag nicht verabschiedet und umgesetzt wird. Die<br />

Bundesregierung wird aufgefordert, eine Subsidiaritätsklage in dieser<br />

Angelegenheit zu prüfen.<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagfraktion bittet die deutschen Abgeordneten im<br />

Europäischen Parlament einschließlich des Parlamentspräsidenten,<br />

einen Rückweisungsantrag bzgl. des Verordnungsvorschlages an<br />

die Europäische Kommission zu unterstützen und Mehrheiten im<br />

Europäischen Parlament dafür zu organisieren.<br />

U45<br />

Bodenabfertigungsdienste -Verhinderung<br />

der 2. Marktöffnung bei den<br />

Bodenverkehrsdiensten<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und an Gruppe der <strong>SPD</strong>-<br />

Abgeordneten im Europäischen Parlament<br />

1<br />

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35<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 46<br />

Landesorganisation Hamburg<br />

Ärztliche Untersuchungspflicht und<br />

verpflichtende Sehtests für Inhaber einer<br />

Fahrerlaubnis<br />

Bei der ab 2013 geltenden regelmäßigen Erneuerung der Führerscheine<br />

ist für alle Führerscheinbesitzerinnen und –besitzer mindestens<br />

ein Sehtest vorzuschreiben. Darüber hinaus fordern die wir<br />

eine verpflichtende Auffrischung der Erste-Hilfe-Maßnahmen ab<br />

Beginn des Führerscheinerwerbs in einer regelmäßigen Abstand<br />

von 5 Jahren.<br />

U46<br />

Ärztliche Untersuchungspflicht und<br />

verpflichtende Sehtests für Inhaber einer<br />

Fahrerlaubnis<br />

Überweisung an die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />

40<br />

45<br />

50<br />

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263


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

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65<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 47<br />

Unterbezirk Gifhorn (Bezirk Braunschweig)<br />

Bezirk Braunschweig<br />

Gegen die drohende Privatisierung<br />

der Wasserversorgung und<br />

Abwasserreinigung durch die<br />

europäische Gesetzgebung<br />

Die <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion und die sozialdemokratische Fraktion<br />

im Europäischen Parlament werden aufgefordert, die von der EU-<br />

Kommission unter Leitung des EU-Kommissars Barnier geplanten<br />

Ausschreibungsrichtlinien zur Wasserversorgung strikt abzulehnen<br />

und weiterhin die Hoheit der Ausschreibung der Wasserversorgung<br />

den Kommunen und Gemeinden zu überlassen.<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 48<br />

Unterbezirk Lüneburg (Bezirk Hannover)<br />

Keine Privatisierung des Trinkwassers.<br />

Die Wasserversorgung muss in<br />

öffentlicher Hand bleiben!<br />

Am 24. Januar 2013 hat der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz<br />

in Brüssel über die Konzessionsrichtlinie abgestimmt<br />

und sie mehrheitlich angenommen.Es geht darin um die<br />

Übertragung von Nutzungsrechten durch Behörden an Privatunternehmen,<br />

zum Beispiel beim Autobahnbau, aber auch bei der Wasserversorgung.<br />

Die Richtlinie wird die Kommunen zwingen, unter bestimmten<br />

Bedingungen den Betrieb der Wasserversorgung europaweit auszuschreiben.<br />

Die <strong>SPD</strong>-Abgeordneten im Europäischen Parlament<br />

haben sich dafür eingesetzt, den gesamten Bereich der Wasserversorgung<br />

aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herauszunehmen.<br />

Ebenso hat die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion mit einem eigenen<br />

Antrag die Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU)<br />

aufgefordert, die geplante Richtlinie abzulehnen.<br />

Die Wasserversorgung ist am besten in öffentlicher Hand aufgehoben.<br />

Nur so kann dauerhaft eine gute Qualität der Wasserversorgung<br />

zu bezahlbaren Preisen sichergestellt werden.<br />

Es besteht keine Notwendigkeit, bewährte Formen guter und bezahlbarer<br />

öffentlicher Wasserversorgung denselben Marktregeln zu<br />

unterwerfen wie es bei privaten Anbietern erforderlich ist!<br />

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sich in keiner Weise im<br />

Interesse der Bürgerinnen und Bürger für die Wasserversorgung<br />

in öffentlicher Hand eingesetzt. Vielmehr hat sie im Rat dem Vorschlag<br />

der Kommission zugestimmt und nimmt somit billigend<br />

in Kauf, dass hochwertige und bezahlbare Wasserversorgung in<br />

Deutschland gefährdet wird. Gerade in der Wasserversorgung wird<br />

hier Politik gegen den gesunden Menschenverstand und gegen die<br />

Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher gemacht.<br />

• Die Aufnahme der Trinkwasserversorgung in die Dienstleistungskonzession<br />

der EU und somit die Privatisierung der Wasserversorgung<br />

wird abgelehnt.<br />

• Die vorhandenen und bewährten Strukturen der öffentlichen<br />

Wasserversorgung in Deutschland sollen beibehalten werden.<br />

• Die Mitglieder der <strong>SPD</strong>-Ortsvereine mögen das Europäische Bürgerbegehren<br />

„Wasser ist Menschenrecht“ - mit bereits jetzt mehr<br />

als einer Million Unterschriften - ebenfalls mit ihrer Unterschrift<br />

auf der Internetplattform http://www.right2water.eu unterstützen.<br />

U47<br />

Gegen die drohende Privatisierung<br />

der Wasserversorgung und<br />

Abwasserreinigung durch die<br />

europäische Gesetzgebung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

U48<br />

Keine Privatisierung des Trinkwassers.<br />

Die Wasserversorgung muss in<br />

öffentlicher Hand bleiben!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

264


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 49<br />

Landesverband Berlin<br />

Keine Ausschreibungsverpflichtungen<br />

für die Wasserwirtschaft EU-Richtlinie<br />

für die Konzessionsvergabe stoppen!<br />

Im Zusammenhang mit der Reform des EU-Vergaberechts hat die<br />

EU-Kommission im Dezember 2011 einen Entwurf für eine eigenständige<br />

Richtlinie über die Vergabe von Konzessionen vorgelegt.<br />

Die <strong>SPD</strong> spricht sich nachdrücklich gegen eine EU-Richtlinie über<br />

die Vergabe von Konzessionen aus – ebenso wie die kommunalen<br />

Spitzenverbände, der Bundesrat und fast alle im Bundestag vertretenen<br />

Parteien. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinen<br />

Entscheidungen zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen<br />

mehrfach die Grundsätze des EU-Primärrechts, insbesondere der<br />

Transparenz, Nichtdiskriminierung und Verhältnismäßigkeit, betont.<br />

Hieraus ergeben sich für die Kommunen ausreichende Leitlinien,<br />

die es ermöglichen, Dienstleistungskonzessionen rechtssicher<br />

und europarechtskonform zu vergeben. Ein weitergehender Regelungsbedarf<br />

besteht insofern nicht, da das europäische Primärrecht<br />

ganz offenkundig schon einen hinreichenden Rechtsrahmen bietet.<br />

U49<br />

Keine Ausschreibungsverpflichtungen<br />

für die Wasserwirtschaft EU-Richtlinie<br />

für die Konzessionsvergabe stoppen!<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

1<br />

5<br />

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15<br />

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25<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 50<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

<strong>SPD</strong> gegen Privatisierung der<br />

Wasserversorgung<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird gebeten, die Bundesregierung<br />

und die Europaabgeordneten aufzufordern, sich auf EU Ebene dafür<br />

einzusetzen, dass die Wasserversorgung aus der Konzessionsrichtlinie<br />

vollständig herausgenommen wird.<br />

Die <strong>SPD</strong> unterstützt auf allen Ebenen die Europäische Bürgerinitiative<br />

„Wasser ist ein Menschenrecht“ und ruft ihre Mitglieder und<br />

Sympathisanten/ Sympathisantinnen zum Unterzeichnen auf.<br />

Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die Europaabgeordneten werden<br />

aufgefordert diese Position in den Parlamenten zu unterstützen.<br />

U50<br />

<strong>SPD</strong> gegen Privatisierung der<br />

Wasserversorgung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

30<br />

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40<br />

45<br />

Antragsbereich U<br />

Antrag 51<br />

NaturFreunde Deutschlands<br />

Eine sozialökologische Transformation<br />

Standortbestimmung der<br />

Sozialdemokratie im Zeitalter des<br />

Anthropozäns<br />

Die NaturFreunde Deutschlands bitten den Bundesparteitag, dass<br />

die <strong>SPD</strong> in Zusammenarbeit mit befreundeten Organisationen einen<br />

breiten, offenen und öffentlichen Diskurs beginnt über<br />

• die Lage unseres Landes und der EU sowie über die globalen<br />

Veränderungen und Herausforderungen;<br />

• die Verwirklichung von mehr Demokratie und von sozialer und<br />

ökologischer Gerechtigkeit;<br />

U51<br />

Eine sozialökologische Transformation<br />

Standortbestimmung der<br />

Sozialdemokratie im Zeitalter des<br />

Anthropozäns<br />

Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />

50<br />

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265


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

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65<br />

• die Beendigung der Ökonomie der Kurzfristigkeit und die Konkretisierung<br />

der Leitidee der Nachhaltigkeit in einer solidarischen<br />

Wirtschaftsordnung;<br />

• die sozialökologische Gestaltung der Transformation von Wirtschaft<br />

und Gesellschaft durch die Globalisierung der Märkte,<br />

die Digitalisierung der Welt und die ökologischen Grenzen des<br />

Wachstums.<br />

Es geht darum, wie wir heute und morgen in Wohlstand und Sicherheit<br />

leben können, nachdem das „alte Modell“, der keynesianische<br />

Wohlfahrtsstaat, an Grenzen geraten ist. Politisch sein<br />

heißt, die Zusammenhänge verstehen und nicht nur das scheinbar<br />

Machbare zu verfolgen, sondern zuerst das Notwendige zu sehen,<br />

um es machbar zu machen. Allein die Rückkehr zu einer utopischen<br />

Denkweise schafft schon mehr Klarheit, um was es geht: Die<br />

Schaffung sozialer und ökologischer Voraussetzungen menschlicher<br />

Solidarität. Insbesondere Politik, Wissenschaft und Forschung<br />

müssen auf die sozialökologische Transformation ausgerichtet werden:<br />

• Überwindung der Wachstumsabhängigkeit der Politik. Politische<br />

Gestaltung kann nicht durch die Hoffnung auf Wachstum ersetzt<br />

werden;<br />

• mehr Demokratie in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft;<br />

• Regulierung des Finanzsektors, damit Geld dient und nicht<br />

herrscht;<br />

• eine Ökonomie des Vermeidens sozialer und ökologischer Folgeschäden<br />

des wirtschaftlich-technischen Wachstums und eine<br />

Kultur des Bewahrens;<br />

• Festlegung eines Indikatorensystems, das wirtschaftliche, soziale<br />

und ökologische Entwicklungen als Einheit sieht und das BIP<br />

ablöst;<br />

• eine absolute Entkoppelung des Energie- und Ressourcenverbrauchs<br />

vom wirtschaftlichen Wachstum durch ökonomische<br />

Rahmensetzungen, technische Innovationen und kulturelle Aufklärung;<br />

• ein Programm Arbeit und Umwelt, das die natürliche Mitwelt<br />

saniert, gute Arbeit schafft und durch eine Zukunftsanleihe in<br />

Deutschland wie der EU finanziert wird;<br />

• ein postfossiles Zeitalter, das nicht länger die knappen Rohstoffe<br />

ausbeutet und die natürlichen Senken überlastet. Dazu gehören<br />

nicht nur der konsequente Umbau in die Solarwirtschaft, sondern<br />

auch eine Effizienzrevolution bei der Nutzung von Energie und<br />

Rohstoffen und eine Kreislaufwirtschaft;<br />

• eine wirkliche Energiewende durch die Zusammenführung von<br />

Erneuerbaren Energien, einer Effizienzsteigerung und gezieltes<br />

Einsparen in einem möglichst dezentralen System verbrauchsnaher<br />

Dienstleistungen;<br />

• bis Mitte des Jahrhunderts eine Reduktion der klimaschädlichen<br />

Kohlendioxidemissionen um 90 Prozent. Im Strombereich muss<br />

dann eine solare 2.000-Watt-Gesellschaft verwirklicht werden;<br />

• eine solidarische Neuordnung der Mobilität, die vor allem die öffentlichen<br />

Angebote verbessert und ihre nichtmotorisierten Formen<br />

stärker fördert;<br />

• Senkung der Rüstungsausgaben für den Aufbau eines weltweiten<br />

Systems „grüner Sicherheit“;<br />

• eine europäische Union, die nicht nur Banken rettet, sondern die<br />

Leitidee der Nachhaltigkeit verwirklicht;<br />

• eine Reform der Organisationen der Vereinten Nationen, um in<br />

der globalisierten Welt starke internationale Organisationen für<br />

eine nachhaltige Entwicklung zu haben.<br />

Wir setzen uns für eine Stärkung der Politik ein. Sie braucht eine<br />

große Botschaft für einen breiten und offenen Diskurs in unserer<br />

Gesellschaft, wie die sozialökologische Transformation gestaltet<br />

werden kann. An diesem Diskurs sollen sich alle Bürgerinnen und<br />

Bürger beteiligen können. Er hat das Ziel, die politische und kulturelle<br />

Hegemonie für eine Politik der sozialökologischen Gestaltung<br />

zu gewinnen.<br />

266


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Die folgenden Ausführungen sind ein Beitrag der NaturFreunde<br />

Deutschlands zur Standortbestimmung der Politik. Auf dem Bundesparteitag<br />

der <strong>SPD</strong> 2009 in Dresden hat die <strong>SPD</strong> den Anspruch<br />

erhoben, die „kulturelle Hegemonie“ zurückzugewinnen. Denn von<br />

Antonio Gramsci wissen wir: Alles hat ein Innen und ein Außen.<br />

Die Macht der Herrschenden ist auch die Ohnmacht der Beherrschten,<br />

ihre Interessen und Ziele durchzusetzen.<br />

Heute wird die Demokratie geschwächt, Colin Crouch spricht von<br />

„Postdemokratie“, denn die Politik wird von starken Wirtschaftsinteressen<br />

getrieben, vor allem von kurzfristigen Erwartungen<br />

der Märkte. Die Banken haben die Gesellschaften zwar nicht auf<br />

Gedeih, wohl aber auf Verderb in Geiselhaft genommen. Der wirtschaftliche<br />

und gesellschaftliche Umbruch, der Mitte der 1970er-<br />

Jahre mit der Aufkündigung der Weltwirtschaftsordnung von Bretton<br />

Woods und dem Ende der außergewöhnlich hohen Wachstumsphase<br />

begann, wurde entweder in seiner Tragweite nicht hinreichend<br />

verstanden oder für eine neoliberale Kurswende genutzt. Es<br />

begann eine Transformation, wie Karl Polanyi die „Entbettung“ der<br />

Ökonomie aus gesellschaftlichen Zusammenhängen beschrieben<br />

hat. Doch statt die Transformation sozialökologisch zu gestalten,<br />

kam es in den letzten Jahren, gefördert durch eine neoliberale Politik,<br />

mit der Globalisierung der Märkte und der Digitalisierung der<br />

Welt zum Finanzkapitalismus.<br />

Die falsche Weichenstellung wurde begründet mit der irrigen Hoffnung,<br />

so ein höheres wirtschaftliches Wachstum zu erreichen. Doch<br />

es geht um immense Veränderungen, die nicht mit kleinen Schritten<br />

zu erreichen sind und die aus Angst vor den Widerständen immer<br />

kleiner werden. Doch Politik machen heißt Verantwortung übernehmen,<br />

mutig sein und Prozesse gestalten, sozial und ökologisch.<br />

Dazu sind wir nicht in der Lage, solange das Unpolitische das Politische<br />

verdrängt. Zuerst müssen wir die Zusammenhänge verstehen,<br />

Ursachen erkennen und tiefgreifende Reformen durchsetzen.<br />

Denn auch ein Zurück zum keynesianischen Wohlfahrtsstaat der<br />

Nachkriegszeit kann es nicht geben:<br />

• das Wachstum der Nachkriegsjahrzehnte war außergewöhnlich<br />

und lässt sich nicht wiederholen;<br />

• die Kultur der sozialen Marktwirtschaft, deren Grundlagen auch<br />

ein starker öffentlicher Sektor und die Steuerungsfähigkeit des<br />

Nationalstaates waren, ist erodiert;<br />

• Klimawandel, Artenzerstörung und Peak-Oil zeigen: die ökologischen<br />

Grenzen des Wachstums sind erreicht.<br />

Dies sind nicht nur globale Herausforderungen, sondern berühren<br />

auch unser Land. Die extremen Hochwasser von 2002 und 2013<br />

waren in ihren Ausmaßen und in ihrer Häufigkeit bereits eine Folge<br />

der menschlichen Eingriffe in den Treibhauseffekt auch bei uns.<br />

Durch den Klimawandel wird es auch mehr Hitzetote und Gesundheitsschäden<br />

geben, 2003 waren es in Westeuropa über 35.000<br />

Tote. Nicolas Stern und das Umweltbundesamt haben in Studien<br />

deutlich gemacht, welche Kosten auf uns zukommen, wenn wir<br />

nicht heute in eine sozialökologische Transformation investieren,<br />

sondern das Notwendige weiter verdrängen<br />

Mehr noch: Heute haben wir es nicht nur mit einzelnen Krisen zu<br />

tun, sondern erleben einen Epochenbruch. Zusammen kommen<br />

drei große Herausforderungen:<br />

- die Gefahren des Anthropozäns, weil der Mensch seit der industriellen<br />

und urbanen Revolution heute zum stärksten Treiber<br />

geoökologischer Prozesse aufgestiegen ist, was uns eine neue<br />

Dimension von Verantwortung abverlangt;<br />

- die weitreichende Verschiebung des Kräfteverhältnisses zwischen<br />

Markt und Demokratie, weil der Nationalstaat durch die<br />

Globalisierung ausgehebelt wurde, so dass er an politischer<br />

Steuerungskraft verloren hat;<br />

- den globalen Finanzkapitalismus, weil es durch die Entfesselung<br />

der Ökonomie zu einer radikalen Marktgesellschaft gekommen<br />

ist, die sozial spaltet und die Zukunft verspielt.<br />

Dieser Epochenbruch erfordert nicht weniger, sondern mehr politische<br />

Gestaltung. Er stellt in aller Schärfe die Frage: Wie wird Fortschritt<br />

möglich? Doch die Politik reagierte auf die großen Heraus-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

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267


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

1<br />

5<br />

10<br />

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65<br />

forderungen überwiegend mit kurzfristigen Reflexen, mit Deregulierung,<br />

Liberalisierung und einer Ausweitung der Geldschöpfung.<br />

Damit konnten – wenn überhaupt – nur kurzfristig Verbesserungen<br />

erreicht werden. Denn es geht um mehr: das Alte, der Glaube an<br />

die moderne Gesellschaft als quasi natürliches Ereignis des technischen<br />

Fortschritts und wirtschaftlichen Wachstums, ist vorbei.<br />

Wir leben in einer radikal veränderten Welt. Sie braucht eine Theorie,<br />

die weder die Verhältnisse kritiklos hinnimmt, noch simple<br />

Heilslehren verkündet. Sie muss den Zusammenhang zwischen<br />

wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fragen aufzeigen, vorherrschende<br />

Machtinteressen deutlich machen und die Transformation<br />

politisch gestalten.<br />

Wir müssen über die Ausgestaltung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />

Ordnung unter den Bedingungen globaler Märkte,<br />

weltweiter Vernetzung und Digitalisierung und sozialer und ökologischer<br />

Grenzen des Wachstums neu bestimmen. Diese Suche nach<br />

Orientierung darf nicht überforderten Talkshows oder selbstgefälligen<br />

Leitkommentaren überlassen werden. Sie verhindern den Diskurs,<br />

denn sie reden meist so, wie es Max Horkheimer und Theodor<br />

Adorno beschrieben haben: „Sie meinen, Theorie habe so wenig<br />

nötig im Denken Anwendung zu finden, dass sie es sich ersparen<br />

sollen.“<br />

Nicht weniger, sondern mehr Politik ist notwendig. Die wachsende<br />

Distanz zu den Parteien hat auch viel damit zu tun, dass die <strong>SPD</strong>,<br />

die eine Schlüsselrolle im politischen Diskurs unseres Landes einnimmt,<br />

die Öffentlichkeit zu wenig politisiert. Die NaturFreunde<br />

fordern von den Organisationen, die ihre Wurzeln in den sozialen<br />

Bewegungen haben: mehr Politik und Demokratie wagen.<br />

Dabei ist die Bereitschaft der Menschen, sich für das öffentliche<br />

Wohl zu engagieren, nicht geringer geworden, aber sie braucht eine<br />

gemeinsame Plattform. Auch bei der Ablehnung der Atomkraft,<br />

den Protesten gegen Stuttgart 21 oder der Kritik an den Euro- und<br />

Verschuldungsorgien geht es im Kern um die berechtigte Kritik an<br />

dem Irrglauben, dass Wachstum alle Probleme lösen kann.<br />

Ohne einen großen Diskurs bleiben die Bürgerinnen und Bürger<br />

in wachsender Distanz zu den Parteien, die sich entweder weiter<br />

aufsplittern oder im Windkanal kurzfristiger Wählererwartungen<br />

bleiben, in dem das Profil der Parteien scheinbar oder tatsächlich<br />

immer gleicher wird. Damit gerät das demokratische Prinzip in Gefahr.<br />

Die kritische Theorie findet kaum noch statt. Dort, wo sich ihre Begriffe<br />

doch durchsetzen können, werden sie als abstrakte Randthemen<br />

behandelt – trotz der unveränderten Brisanz der Finanzkrise,<br />

der wachsenden sozialen Ungleichheit und der globalen Naturzerstörung,<br />

trotz unseren besseren Wissens über die Gefahren und<br />

trotz steigender Sensibilität für die Ungerechtigkeiten. Kräfte werden<br />

nicht gebündelt.<br />

Willy Brandts Vermächtnis heißt: Nichts kommt von selbst, jede<br />

Zeit braucht ihre Antwort. Deshalb fordern wir auch von der <strong>SPD</strong>,<br />

einen breiten politischen Diskurs über die Krisen und Erschütterungen<br />

unserer Zeit zu führen. Die Politik der Bundesregierung<br />

ist nicht „alternativlos“, aber die Konzepte für eine sozialökologische<br />

Transformation müssen konkretisiert, zusammengefügt und<br />

zugespitzt werden. Politik heißt, Zusammenhänge verstehen, die<br />

Ursachen der Fehlentwicklung zu beseitigen und Prozesse gestalten.<br />

Die sozialökologische Transformation ist die große Botschaft<br />

unserer Zeit. Andernfalls wird der Demokratie immer weniger zugetraut.<br />

Die Herausforderungen des Anthropozäns<br />

Das vorherrschende Verständnis von Natur, dass die Entwicklung<br />

der modernen Zivilisation geprägt hat, ist überholt. Seit der industriellen<br />

und urbanen Revolution formt der Mensch die Natur in<br />

einer Weise, dass er zur stärksten Macht in der Veränderung geoökologischer<br />

Prozesse aufgestiegen ist. Der Nobelpreisträger für<br />

Chemie von 1995, Paul Crutzen, der von 1980 bis 2000 Direktor<br />

des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz war, plädiert deshalb<br />

dafür, unsere Erdepoche nicht länger Holozän – gemäßigte<br />

268


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Warmzeit – zu nennen, sondern Anthropozän – Menschenzeit. Das<br />

geht weit über eine begriffliche Bestimmung hinaus.<br />

Das Holozän der letzten 12.000 Jahre, in denen sich die menschliche<br />

Zivilisation entwickeln konnte, ist „durch das menschlich gemachte<br />

Neue“ endgültig vorbei – und damit die Erde, so wie wir<br />

sie kennen. Crutzen nennt das: Geology of Mankind – Geologie<br />

der Menschheit: „Die Menschheit wird auf Jahrtausende hinaus ein<br />

maßgeblicher ökologischer Faktor“ sein, der die Kapazitäten des<br />

Erdsystems untergräbt, sich selbst zu regulieren.<br />

In der nächsten Zeit will die Geologische Gesellschaft von London,<br />

die älteste ihrer Art, über diesen Vorschlag entscheiden. Ihre<br />

renommierte Stratigraphische Kommission legte bereits überzeugende<br />

Beweise für die Richtigkeit der Aussage von Crutzen vor.<br />

2009 erforschte das internationale Wissenschaftlerteam von Johan<br />

Rockström und Will Steffen, dem auch Paul Crutzen und Joachim<br />

Schellnhuber, Präsident des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung,<br />

angehörte, die Planetary Boundaries – Umweltgrenzen.<br />

Es kommt zu dem Ergebnis, dass sie in drei der neun untersuchten<br />

Bereiche bereits überschritten sind: Klimawandel, Zerstörung der<br />

Biodiversität und Stickstoffkreislauf.<br />

Die Tropen- und auch viele boreale Wälder verschwinden, das<br />

Aussterben der Arten beschleunigt sich. Über die Hälfte des verfügbaren<br />

Süßwassers wird von Menschen genutzt. In küstennahen<br />

Zonen entnimmt die Fischerei 35 Prozent der primären Produktion,<br />

viele Fischarten sind ausgestorben oder kämpfen um ihr Überleben.<br />

Die Stickstoffentnahme aus der Atmosphäre hat sich gegenüber der<br />

vorindustriellen Zeit um 347 Prozent erhöht. Weltweit beschleunigt<br />

sich der Verlust an Ökosystemleistungen und biologischer Vielfalt.<br />

Die Nutzung von Süßwasser hat sich im letzten Jahrhundert nahezu<br />

verachtfacht, Wasserknappheit bedroht ein Drittel der Menschheit.<br />

Durch Bodenerosion geht fruchtbarer Boden verloren. Die Folgen<br />

schlagen zurück und werden, wenn es nicht zu einer sozialökologischen<br />

Transformation kommt, die Lebensqualität und Wirtschaftskraft<br />

künftiger Generationen massiv verschlechtern.<br />

Die Überlastung und Ausbeutung des Naturkapitals geht aber unvermindert<br />

weiter. Im Jahr 2000 betrug die globale Inanspruchnahme<br />

natürlicher Ressourcen zwischen 145 und 180 Milliarden Tonnen.<br />

Auf fossile Brennstoffe, Metalle und andere Minerale sowie<br />

auf Biomasse entfielen rd. 80 Milliarden Tonnen, auf den Erdaushub<br />

40 bis 50 Milliarden Tonnen und auf die Erosion durch landwirtschaftliche<br />

Aktivitäten 25 bis 50 Milliarden Tonnen.<br />

In der Europäischen Union lag zur Jahrtausendwende der Materialaufwand<br />

pro Kopf bei 44 Tonnen. Wäre das der Wert für die neun<br />

Milliarden Menschen, die im Jahr 2050 auf der Erde leben werden,<br />

läge die Gesamtnutzung bei rd. 400 Milliarden Tonnen. In den<br />

USA kam der Aufwand im Jahr 2000 auf rund 74 Tonnen pro Kopf,<br />

für alle Weltbürger wäre diese addierte Menge zur Mitte unseres<br />

Jahrhunderts rd. 660 Milliarden Tonnen.<br />

Die expansive Nutzung der Natur hat den reichen Nationen enormen<br />

Wohlstand gebracht, aber er übersteigt die Tragfähigkeit der<br />

Erde. Deshalb stellte im Auftrag des Club of Rome der italienische<br />

Chemiker Ugo Bardi fest, dass die Ausbeutung der Ressourcen die<br />

Welt in einen anderen Planeten verwandelt habe. Eine Fortsetzung<br />

der Ressourcenerschöpfung und Zerstörung der Ökosysteme bringe<br />

die Menschheit in eine nahezu aussichtslose Lage. Das belegt<br />

der Ecological Footprint – ökologische Fußabdruck. Diese Berechnungsgröße<br />

wurde 1994 entwickelt.<br />

Der Fußabdruck erfasst die Fläche, die für den heutigen Lebensstil<br />

und Lebensstandard eines Menschen (für Produktion, Konsum,<br />

Energie- und Materialaufwand, Mobilität sowie für Emissionen<br />

und Müll) gebraucht wird. Er zeigt auf, wie sehr die Erde und ihre<br />

biologischen Kapazitäten belastet sind – z. B. Flächen, die für die<br />

Produktion einer Kleidung oder von Nahrungsmitteln gebraucht<br />

werden, auch für die Bereitstellung von Energie und Ressourcen<br />

oder zur Entsorgung oder zum Recycling der Reststoffe und zur<br />

Bindung von Kohlendioxid. Der globale ökologische Fußabdruck<br />

ist demnach 2,7-mal höher als die Erde verkraften kann. Lebten<br />

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Anträge<br />

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alle Menschen wie im Wüstenstaat Katar, bräuchten sie sogar fast<br />

zwölf Erden.<br />

Doch statt zu einem solidarischen und nachhaltigen Verhältnis zur<br />

Natur zu kommen, wird das Naturkapital ökonomisiert und kommerzialisiert.<br />

Die Menschen holzen unverändert Wälder ab, versetzen<br />

Berge, versauern und entfischen die Meere, heizen die Erdatmosphäre<br />

auf, greifen in den natürlichen Stoffwechsel ein und<br />

produzieren Unmengen an Abfall. Sie schaffen eine Agroindustrie,<br />

gentechnische Produkte und eine synthetische Biologie. Der heutige<br />

Kapitalismus wäre ohne die Ausbeutung der fossilen Rohstoffe<br />

nicht möglich geworden, er ist nicht fähig, lebensnotwendige Grenzen<br />

zu beachten.<br />

Kurz: Ökologische Grenzen des Wachstums sind erreicht und werden<br />

durch die nachholende Industrialisierung der großen Schwellenländer<br />

und durch das anhaltende Bevölkerungswachstum weiter<br />

überschritten. Dabei sind die großen sozialen Ungleichheiten der<br />

Welt noch lange nicht beseitigt, was allein schon einen enormen<br />

Zuwachs an Energie und Ressourcen erfordert. Notwendig ist eine<br />

Welt, die weder Mangel noch Übermaß kennt. Deshalb muss es zu<br />

mehr Verteilungsgerechtigkeit im Bestand kommen. Doch bisher<br />

blieb die Mahnung Mahatma Gandhis ungehört: „Die Erde hat genug<br />

für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.“<br />

Soziale und ökologische Gerechtigkeit als Einheit verstehen<br />

Im Anthropozän, im Menschenzeitalter müssen soziale und ökologische<br />

Gerechtigkeit untrennbar miteinander verbunden sein. Andernfalls<br />

drohen vor allem vier Bereiche zu einem Ground Zero der<br />

Moderne zu werden:<br />

1. der vom Menschen verursachte Klimawandel. Der erste Kampf<br />

ist mit dem Scheitern des unzureichenden Kyoto-Protokolls bereits<br />

verloren. Das Ziel, nicht mehr als zwei Grad Celsius zuzulassen,<br />

wird durch das Versagen der Weltgemeinschaft verfehlt<br />

werden. Bereits dieser Temperaturanstieg opfert einen Teil der<br />

Erde dem Klimawandel, vor allem die ärmsten Regionen in ökologisch<br />

sensiblen Zonen;<br />

2. mit dem Peak-Oil. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur<br />

(IEA) wurde der Höhepunkt der Erdölförderung im Jahr<br />

2008 erreicht. Seitdem kam es zu keiner Steigerung mehr, die<br />

Förderung verharrt auf einem Plateau, obwohl China und Indien<br />

mit 2,5 Milliarden Menschen erst am Beginn der Massenmotorisierung<br />

stehen. Erdöl ist die Grundlage der heutigen Mobilität<br />

und Arbeitsteilung. Selbst das umwelt- und naturschädliche<br />

Fracking, das als neue Energieautonomie hochgejubelt wird,<br />

kann bestenfalls eine kurze Zeit Ersatz schaffen. Mit dem Peak-<br />

Oil drohen Ressourcenkriege um die Verteilung des knappen<br />

Rohstoffs, Mobilität kann zum Luxus werden;<br />

3. die Welternährung. Die UN-Gremien befürchten, dass bis zum<br />

Jahr 2030 in 30 zumeist sehr armen Ländern der Erde ein Rückgang<br />

der Nahrungsmittelproduktion um rund 25 Prozent zu erwarten<br />

ist. Das bedeutet eine Zunahme von Hunger und Elend.<br />

Zunehmend wird mit knappen Gütern, zu denen auch landwirtschaftliche<br />

Flächen gehören, spekuliert und damit mit der Armut<br />

vieler Menschen;<br />

4. durch die Verslumung. Für das Jahr 2030 erwartet der UN-Habitat-Bericht,<br />

dass rund zwei Milliarden Menschen in Slums leben<br />

werden. Das bedeutet schier unlösbare Energie- und Ernährungskrisen<br />

ebenso wie massive Ver- und Entsorgungsprobleme. 2050<br />

werden rund neun Milliarden Menschen auf der Erde leben,<br />

überwiegend in großen Städten, während die Landbevölkerung<br />

abnehmen wird. Viele Metropolen sind heute schon faktisch unregierbar.<br />

Das Menschenzeitalter erfordert neue Denkweisen, die keine<br />

Abkehr von der sozialen Frage bedeuten, sondern ihr sogar neue<br />

Aktualität geben. Soziale und ökologische Gerechtigkeit gehören<br />

untrennbar zusammen, damit der Mensch nicht planetarischer Eroberer,<br />

sondern ein aufgeklärter Erdbewohner ist, zugleich Gärtner<br />

und Gestalter. Die Menschheit hat keine Zukunft, wenn sie auf den<br />

bisherigen Pfaden weitermacht, die unsere Zivilisation in die Krise<br />

270


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

geführt haben. Die klassische Umweltpolitik, geprägt von reaktiver<br />

Sanierung der Folgen von Hyper-Konsum und industrieller Landnahme,<br />

ist keine Antwort, die nachhaltig ist. Auch wenn wir einzelne<br />

Verbesserungen und Fortschritte im Umwelt- und Naturschutz<br />

durchaus anerkennen.<br />

Die Namensänderung unserer Erdepoche in Anthropozän ist ein<br />

starkes Signal für die menschliche Verantwortung, die Erde zu gestalten<br />

statt zu zerstören. Das Menschenzeitalter stellt unmittelbar<br />

die Frage: Welches Weltbild, welches Verständnis von Menschen<br />

und Natur, welche Wirtschaftsordnung sind erforderlich, um dauerhaft<br />

überleben zu können?<br />

Unsere Antwort darauf ist die sozialökologische Transformation,<br />

die ohne starke Träger in Politik und Zivilgesellschaft nicht zu erreichen<br />

ist. Sie braucht die Bündelung für den Umbau, neben starken<br />

Kräften in der Gesellschaft auch politische Parteien, die entweder<br />

von der sozialen Frage geprägt sind und sich den ökologischen<br />

Herausforderungen öffnen oder die ökologisch ausgerichtet sind<br />

und soziale Reformen gleichberechtigt sehen. Beides muss zusammenkommen.<br />

Insofern diskutieren wir nicht über formale Bündnisse<br />

und Koalitionen, sondern über inhaltliche Allianzen, aus denen<br />

starke Bewegungen werden können.<br />

Die NaturFreunde plädieren für eine breite Verständigung gesellschaftlicher<br />

und politischer Kräfte für die Gestaltung der sozialen<br />

und natürlichen Mitwelt. Die Ökonomisierung der Natur kann die<br />

Probleme nicht lösen. Das Anthropozän stellt vielmehr die Systemfrage<br />

in Wirtschaft und Gesellschaft.<br />

Eine sozialökologische Transformation<br />

Im Bericht der Vereinten Nationen über die menschliche Entwicklung<br />

heißt es: „In der Geschichte der Menschheit gibt es keine Situation,<br />

die sich mit der Dringlichkeit der mit dem Klimawandel<br />

zusammenhängenden Problemen vergleichen ließe.“ Finanzgier,<br />

Wetterextreme und die Erschöpfung der fossilen Ressourcen können<br />

sich zusammen mit sozialer Ungleichheit, der nachholenden<br />

Industrialisierung und weiteren 1,5 Milliarden Menschen zu einer<br />

Herausforderung verbinden, die jenseits unserer Vorstellungskraft<br />

liegt.<br />

Im Hamburger Programm der <strong>SPD</strong> steht: Das 21. Jahrhundert wird<br />

entweder ein Jahrhundert erbitterter Verteilungskämpfe und neuer<br />

Gewalt oder es wird ein Jahrhundert der Nachhaltigkeit, das<br />

wirtschaftliche Innovationen mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer<br />

Verträglichkeit verbindet. Das ist auch die Position der<br />

NaturFreunde Deutschlands. Sie darf nicht folgenlos bleiben. Andernfalls<br />

drohen<br />

• entweder eine Öko-Diktatur, in der zur Abwehr größter Gefahren<br />

einschneidende Anpassungen per Zwang „von oben“ durchgesetzt<br />

werden müssen,<br />

• oder ein Öko-Imperialismus, der die Folgen aus der Überlastung<br />

der natürlichen Senken und der Ausplünderung der natürlichen<br />

Rohstoffe den armen Weltregionen aufbürdet. Wir sehen mit<br />

Sorge, dass die Sicherung des Zugangs zu strategischen Rohstoffquellen,<br />

insbesondere zu Öl, bei den Militärs einen zentralen<br />

Stellenwert hat.<br />

Die Bewältigung der Herausforderungen wird auch nicht möglich,<br />

wenn es zu einer totalen Ökonomisierung – und damit auch Kommerzialisierung<br />

– des Naturkapitals kommt. Stattdessen brauchen<br />

wir die sozialökologische Transformation, die die Bekämpfung von<br />

Armut und Ausgrenzung, von Energiekrisen, Klimaänderungen<br />

und Artenzerstörung mit einer ganzheitlichen Vision des menschlichen<br />

Fortschritts verbindet. Unser Land sollte hierbei ein Pionier<br />

sein.<br />

Es ist keine Politik, sich wirtschaftlichen Zwängen anzupassen. Es<br />

reicht auch nicht aus, Finanzkapitalismus und Neoliberalismus abzulehnen,<br />

aber keine eigene Antwort zu geben. Ohne mehr Demokratie,<br />

ohne eine grundlegend reformierte Wirtschafts- und Wettbewerbsordnung<br />

und ohne ein starkes, nachhaltiges Europa wird es<br />

kein gutes und gerechtes Leben geben.<br />

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Die NaturFreunde wurden 1895 in Wien gegründet. Zusammen<br />

mit Gewerkschaften, Linksparteien und Arbeiterwohlfahrt gehören<br />

wir zum „Kleeblatt“ der Arbeiterbewegung. Zu den Gründern<br />

der NaturFreunde in Österreich gehörte der Sozialdemokrat Karl<br />

Renner, der später Staatspräsident wurde. Auch Heinz Fischer,<br />

das heutige Staatsoberhaupt Österreichs, war lange Jahre Vorsitzender<br />

der NaturFreunde.<br />

1905 kam es zu ersten Gründungen in Deutschland. In unserem<br />

Land war Willy Brandt der bekannteste NaturFreund. Parteivorsitzende<br />

der <strong>SPD</strong>, Ministerpräsidenten, Minister unterschiedlicher<br />

Parteien und Gewerkschaftsvorsitzende waren oder sind Mitglieder<br />

der NaturFreunde, ebenso zahlreiche Repräsentanten regionaler<br />

und lokaler Gliederungen von Gewerkschaften und Parteien.<br />

In Eigenleistung und genossenschaftlicher Selbsthilfe bauten die<br />

NaturFreunde Bildungs-, Freizeit- und Erholungshäuser. Wir sind<br />

ein Stück aktiver Solidarität, Förderer des Breitensports, ein kultureller<br />

Kristallisationspunkt und mit unserem Schwerpunkt Natur-<br />

und Umweltschutz von Anfang an „grüne Roten“.<br />

Der langjährige österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky<br />

beschrieb unsere Arbeit so: „Die Naturfreunde haben eine Pionierleistung<br />

für die Arbeiterbewegung vollbracht, als sie um die<br />

Jahrhundertwende die arbeitenden Menschen aus Fabriketagen<br />

und Wohnungselend herausführten in die freie Natur – nicht aus<br />

romantischer Schwärmerei, sondern um denen, denen das Leben<br />

so viel schuldig blieb, ein bisschen mehr Lebensqualität zu bieten<br />

und zudem, um sie physisch zu stärken in ihrem Kampf um eine<br />

gerechtere Lebensordnung. In unserer Zeit ist die Natur gefährdet.<br />

Ihre Pflege ist zur bedeutsamen Aufgabe der Politik geworden.<br />

Zu dieser Wiederbesinnung auf die Natur haben die Naturfreunde<br />

wesentlich beigetragen und damit auch zur Überlebensfrage der<br />

Menschheit.“<br />

1933 wurden die NaturFreunde in Deutschland von den Nazis<br />

verboten. Viele standen im aktiven Widerstandskampf gegen Hitler,<br />

kamen in Konzentrationslager und verloren ihr Leben. In der<br />

dunklen Zeit des Nationalsozialismus leisteten wir vor allem gefährliche<br />

Kurierdienste für Widerstandsgruppen im In- und Ausland,<br />

wobei sich die „roten Bergsteiger“ in Sachsen besonders<br />

hervortaten. Nach 1945 wurde in der DDR unsere Organisation<br />

nicht zugelassen und die Naturfreundehäuser zum zweiten Mal<br />

enteignet.<br />

In der Nachkriegszeit setzten sich die NaturFreunde in Westdeutschland<br />

nicht nur für einen sanften Tourismus, die Kultur- und<br />

Heimatpflege und Friedens- und Abrüstungspolitik (Ostermärsche)<br />

ein, sondern auch schon früh für mehr Naturschutz und<br />

gegen die Nutzung der Atomkraft. Zu unseren Grundüberzeugungen<br />

gehört, dass die soziale Emanzipation der Menschen und der<br />

Schutz der Natur untrennbar zusammengehören. Bereits 1961 demonstrierten<br />

wir in Stuttgart unter dem Motto „Schutz dem Menschen<br />

– Schutz der Natur“. Auf unserem Bundeskongress 1963<br />

hieß das Leitthema „Natur in Gefahr, Mensch in Gefahr“. Hauptredner<br />

war Robert Jungk. Weit früher als alle anderen Organisationen<br />

forderten wir schon damals den Ausstieg aus der Atomkraft.<br />

In den letzten Jahren gehörten wir zu den Hauptorganisatoren der<br />

Anti-Atom-Demonstrationen in Deutschland.<br />

Wir verstehen uns als Verband für Nachhaltigkeit, auch weil wir<br />

davon überzeugt sind, dass es ein gutes Leben und eine gute Zukunft<br />

nur geben wird, wenn das Allgemeinwohl auf Dauer absoluten<br />

Vorrang vor privatem Reichtum bekommt und das heutige<br />

Regime der Kurzfristigkeit beendet wird. Wir sind überzeugt: Soziale<br />

und ökologische Gerechtigkeit gehören untrennbar zusammen.<br />

Die großen Ideen von Emanzipation, Freiheit und Gerechtigkeit<br />

können nur verwirklicht werden, wenn es zu mehr Demokratie<br />

in Wirtschaft und Gesellschaft kommt. Die Finanzmärkte dürfen<br />

nicht länger herrschen, sondern müssen dienen. Der öffentliche<br />

Sektor muss reformiert und gestärkt werden. Dafür müssen wir die<br />

Lähmung überwinden, die sich in den letzten Jahren ausgebreitet<br />

hat.<br />

272


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

Unsere Zeit braucht neue Konzepte. Die Politik muss sich von der<br />

Wachstumsabhängigkeit lösen und das Regime der Kurzfristigkeit<br />

beenden. Es muss zu einer stärkeren Politisierung der öffentlichen<br />

Debatte kommen. Es geht um das Notwendige, nicht um das<br />

scheinbar nur Machbare. Wir brauchen wieder soziale Utopien,<br />

die eng mit ökologischen Utopien verbunden sind.<br />

1<br />

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Antragsbereich U<br />

Antrag 52<br />

Ortsverein Ostheide (Bezirk Hannover)<br />

Änderung des Bundesberggesetzes und<br />

anderer Vorschriften zur bergbaulichen<br />

Vorhabengenehmigung<br />

Die <strong>SPD</strong> Ostheide fordert, ein Gesetz zur Novellierung des<br />

BBergG und anderer Vorschriften zur bergbaulichen Vorhabengenehmigung<br />

vorzulegen, welches die materiellen<br />

Genehmigungsvoraus¬setzungen so neu fasst, dass die Genehmigungserteilung<br />

in Abhängigkeit von der Schwere der<br />

berg¬baubedingten Eingriffe in die Rechte Dritter (zB Bürgerinnen<br />

und Bürger, Verbände, Kommunen etc.) oder die Umwelt an die<br />

Erfüllung besonderer Anforde-rungen geknüpft wird.<br />

Die Vorschriften zur Genehmigung von Bergbauvorhaben werden<br />

nach dem Vorbild des Planfest¬stellungsverfahrens und unter<br />

Berücksichtigung der in der Natur des Bergbaus liegenden<br />

Besonder¬heiten neu gestaltet. Die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen<br />

sind mit geeigneten Regelungen betreffend die Information<br />

und Beteiligung von Öffentlichkeit, Trägern öffentlicher<br />

Belange, Inter¬essenverbänden und potenziell betroffenen Menschen<br />

sowie mit umfassendem Rechtsschutz zu flan¬kieren.<br />

Erdgas- und Öl-Gewinnungsmethode Fracking: Der Begriff kommt<br />

aus dem Englischen „fracture“ (Risse) und ist die Kurzformel des<br />

Verfahrens „Hydraulic Fracturing“, also hydraulische Risseerzeugung.<br />

Hierzu werden im gering durchlässigen Gestein künstlich<br />

Risse erzeugt und mit hohen Drücken eine gelartige Flüssigkeit<br />

durch das Bohrloch in die Lagerstätte gepumpt, die oft mehr als<br />

2000m in die Tiefe geht. Dadurch entstehen im Speicher¬gestein<br />

rund um das Bohrloch Risse, die anschließend mit flüssigem Stützmittel<br />

aufgefüllt werden, damit sie nach dem Abstellen der Gasförderung<br />

nicht wieder schließen; bei diesen Stützmitteln handelt es<br />

sich um Keramikkügelchen oder Quarzsand.<br />

Diese Methode der Gas- oder Ölförderung birgt erhebliche Risiken<br />

sowohl für die Umwelt wie auch für die Menschen in sich.<br />

Vor allem die Tatsache, dass es um ein Verfahren geht, in dem<br />

Probe¬bohrungen, Risseerzeugung, Nutzung von Chemikalien,<br />

Zersprengung der Erdstabilität involviert sind, zeigt, dass es um<br />

ein höchst komplexes und mit Umweltrisiken begleitetes Verfahren<br />

geht.<br />

U52<br />

Änderung des Bundesberggesetzes und<br />

anderer Vorschriften zur bergbaulichen<br />

Vorhabengenehmigung<br />

Erledigt durch Regierungsprogramm<br />

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Sonstige


Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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Antragsbereich So<br />

Antrag 1<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

Zur Abschaffung der Winterzeit - keine<br />

Zeitumstellung<br />

Wir fordern alle politischen Gremien der <strong>SPD</strong> dazu auf, sich für die<br />

Abschaffung der Winterzit, d.h. für den Wegfall der Zeitumstellungen<br />

im März und Oktober einzusetzen. Dazu ist auf die Verabschiedung<br />

einer EU-Richtlinie hinzuwirken, welche die in der Richtlinie<br />

2000/84/EG getroffenen Regelungen außer Kraft setzt.<br />

So1<br />

Zur Abschaffung der Winterzeit - keine<br />

Zeitumstellung<br />

Ablehnung<br />

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Wahlvorschläge


Wahlvorschläge<br />

Wahlvorschläge<br />

I. Wahl Parteivorstand<br />

Wahlvorschlag 1<br />

Parteivorstand<br />

Vorsitzender<br />

Gabriel, Sigmar<br />

Stellvertretende Vorsitzende<br />

Kraft, Hannelore<br />

Özoguz, Aydan<br />

Schäfer-Gümbel, Thorsten<br />

Scholz, Olaf<br />

Schwesig, Manuela<br />

Generalsekretärin<br />

Nahles, Andrea<br />

Schatzmeisterin<br />

Hendricks, Barbara<br />

Verantwortlicher für die Europäische Union<br />

Schulz, Martin<br />

Weitere Mitglieder<br />

Ahnen, Doris<br />

Annen, Niels<br />

Budde, Katrin<br />

Dulig, Martin<br />

Engelmeier-Heite, Michaela<br />

Ferner, Elke<br />

Friedrich, Peter<br />

Groschek, Michael<br />

Heil, Hubertus<br />

Kirçi, Alptekin<br />

Kramme, Anette<br />

Lösekrug-Möller, Gabriele<br />

Maas, Heiko<br />

Matschie, Christoph<br />

Mattheis, Hilde<br />

Poß, Joachim<br />

Pronold, Florian<br />

Schild, Armin<br />

Sieling, Carsten<br />

Stegner, Ralf<br />

Vogt, Ute<br />

Wahlvorschlag 2<br />

Landesverband Brandenburg<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Dr. Dietmar Woidke (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 3<br />

Landesverband Rheinland-Pfalz<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Andrea Nahles( Generalsekretärin)<br />

Doris Ahnen (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 4<br />

Landesverband Saarland<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Heiko Maas (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 5<br />

Landesverband Schleswig-Holstein<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Ralf Stegner (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 6<br />

Landesverband Bayern<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Florian Pronold (weiteres Mitglied)<br />

Anette Kramme (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 7<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Thorsten Schäfer- Gümbel (stellvertretender Parteivorsitzender)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 8<br />

Landesverband Berlin<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Jan Stöß (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 9<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Katrin Budde (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 10<br />

Landesorganisation Bremen<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Dr. Carsten Sieling (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 11<br />

Bezirk Hannover<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Gabriele Lösekrug-Möller (weiteres Mitglied)<br />

Alptekin Kirçi (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 12<br />

Juso-Bundesverband<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Sascha Vogt (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

278


Wahlvorschläge<br />

Wahlvorschläge<br />

Wahlvorschlag 13<br />

Landesverband Nordrhein-Westfalen<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Hannelore Kraft (stellvertretende Parteivorsitzende)<br />

Barbara Hendricks (Schatzmeisterin)<br />

Martin Schulz (Beauftragter für die Europäische Union)<br />

Petra Crone (weiteres Mitglied)<br />

Michaela Engelmeier-Heite (weiteres Mitglied)<br />

Kerstin Griese (weiteres Mitglied)<br />

Michael Groschek (weiteres Mitglied)<br />

Joachim Poß (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 14<br />

Bezirk Braunschweig<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Sigmar Gabriel (Vorsitzender der <strong>SPD</strong>)<br />

Hubertus Heil (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 15<br />

Landesverband<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Manuela Schwesig (stellv. Vorsitzende)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 16<br />

Arbeitsgemeinschaft<br />

Sozialdemokratischer Frauen<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Elke Ferner (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 17<br />

Landesverband<br />

Sachsen<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Martin Dulig (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 18<br />

Landesverband Baden-Württemberg<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Peter Friedrich (weiteres Mitglied)<br />

Hilde Mattheis (weiteres Mitglied)<br />

Ute Vogt (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 19<br />

Unterbezirk Wolfenbüttel<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Sigmar Gabriel (Vorsitzender der <strong>SPD</strong>)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 20<br />

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Klaus Barthel (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 21<br />

Arbeitsgemeinschaft 60plus<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Angelika Graf (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 22<br />

Landesverband Thüringen<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Christoph Matschie (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 23<br />

Region Westliches Westfalen<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Petra Crone (weiteres Mitglied)<br />

Joachim Poß (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 24<br />

Landesorganisation Hamburg<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Olaf Scholz (Stellvertretender Bundesvorsitzender)<br />

Aydan Özoguz (Stellvertretende Bundesvorsitzende),<br />

Niels Annen (weiteres Mitglied)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

Wahlvorschlag 25<br />

Bezirk Hessen-Nord<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Thorsten Schäfer- Gümbel (stellvertretender Parteivorsitzender)<br />

in den Parteivorstand wählen<br />

II. Wahl Bundesschiedskommission<br />

Wahlvorschlag 26<br />

Parteivorstand<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Hannelore Kohl (Vorsitzende)<br />

Werner Ballhausen (stellvertretender Vorsitzender)<br />

Roland Rixecker (stellvertretender Vorsitzender)<br />

Ilse Brusis (weiteres Mitglied)<br />

Kristin Keßler (weiteres Mitglied)<br />

Thomas Notzke (weiteres Mitglied)<br />

Johannes Risse (weiteres Mitglied)<br />

in die Bundesschiedskommission wählen<br />

Wahlvorschlag 27<br />

Landesverband Mecklenburg-Vorpommern<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Hannelore Kohl (Vorsitzende)<br />

in die Bundesschiedskommission wählen<br />

279


Wahlvorschläge<br />

Wahlvorschläge<br />

Wahlvorschlag 28<br />

Landesverband Baden-Württemberg<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Kristin Keßler (weiteres Mitglied)<br />

in die Bundesschiedskommission wählen<br />

Wahlvorschlag 29<br />

Landesverband Nordrhein-Westfalen<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Ilse Brusis (weiteres Mitglied)<br />

Dr. Johannes Risse (weiteres Mitglied)<br />

in die Bundesschiedskommission wählen<br />

Wahlvorschlag 30<br />

Region Westliches Westfalen<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Ilse Brusis (weiteres Mitglied)<br />

in die Bundesschiedskommission wählen<br />

Wahlvorschlag 31<br />

Landesverband Thüringen<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Thomas Notzke (weiteres Mitglied)<br />

in die Bundesschiedskommission wählen<br />

III. Wahl Kontrollkommission<br />

Wahlvorschlag 32<br />

Wahlvorschlag 37<br />

Bezirk Hessen-Süd<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Norbert Wieczorek<br />

in die Kontrollkommission wählen<br />

Wahlvorschlag 38<br />

Landesverband Schleswig-Holstein<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Stefan Eckner<br />

in die Kontrollkommission wählen<br />

Wahlvorschlag 39<br />

Landesverband Rheinland-Pfalz<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Karl Diller<br />

in die Kontrollkommission wählen<br />

Wahlvorschlag 40<br />

Landesverband Sachsen-Anhalt<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Marko Mühlstein<br />

in die Kontrollkommission wählen<br />

Wahlvorschlag 41<br />

Landesverband Brandenburg<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Britta Stark<br />

in die Kontrollkommission wählen<br />

Landesverband Bayern<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Thomas Goger<br />

in die Kontrollkommission wählen<br />

Wahlvorschlag 33<br />

Landesverband Baden-Württemberg<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Karin Rehbock-Zureich<br />

in die Kontrollkommission wählen<br />

Wahlvorschlag 34<br />

Landesverband Nordrhein-Westfalen<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Renate Drewke<br />

Brigitte Reckmann<br />

in die Kontrollkommission wählen<br />

Wahlvorschlag 35<br />

Region Westliches Westfalen<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Renate Drewke<br />

in die Kontrollkommission wählen<br />

Wahlvorschlag 36<br />

Bezirk Hannover<br />

Der Bundesparteitag möge<br />

Walter Meinhold<br />

in die Kontrollkommission wählen<br />

280


Wahlvorschläge<br />

IV. Wahl SPE-Delegierte<br />

Der Parteivorstand schlägt dem Parteitag auf der Grundlage der Vorschläge der Landesverbände und Bezirke folgende Genossinnen und<br />

Genossen zur Wahl nach § 25 Absatz 4 Organisationsstatut als Delegierte zum SPE-Kongress vor:<br />

Wahlvorschlag 42<br />

Landesverband/Bezirk Name Delegiertenanzahl<br />

Schleswig-Holstein<br />

1. N.N.<br />

2. N.N.<br />

2<br />

Mecklenburg-Vorpommern 1. Iris Hoffmann 1<br />

Hamburg 1. Knut Fleckenstein 1<br />

Bremen 1. Dr. Joachim Schuster 1<br />

Nord-Niedersachsen 1. Franka Strehse 1<br />

Weser-Ems<br />

Hannover<br />

1. Matthias Groote<br />

2. Hanna Naber<br />

1. Bernd Lange<br />

2. Johanna Klingbeil<br />

2<br />

2<br />

Braunschweig 1. Nilgün Sanli 1<br />

Sachsen-Anhalt 1. Victoria Orioli 1<br />

Brandenburg 1. Harald Geywitz 1<br />

Berlin 1. Philipp Steinberg 1<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Hessen-Nord<br />

Hessen-Süd<br />

1. Angelica Schwall-Düren<br />

2. Vladimir Zizka<br />

3. Christina Kampmann<br />

4. Wolfram Kuschke<br />

5. Birgit Sippel<br />

1. Martina Werner<br />

2. Enrico Schäfer<br />

1. Udo Bullmann<br />

2. Sylvia Kunze<br />

5<br />

2<br />

2<br />

Thüringen 1. N.N. 1<br />

Sachsen 1. Constanze Krehl 1<br />

Saar<br />

Rheinland Pfalz<br />

Baden-Württemberg<br />

Bayern<br />

1. Josef Leinen<br />

2. Bettina Altersleben<br />

1. Jutta Steinruck<br />

2. Norbert Neuser<br />

1. Rene Repasi<br />

2. Evelyne Gebhardt<br />

1. Katrin Sonnenholzner<br />

2. Linus Förster<br />

3. Stephanie Schäfer<br />

2<br />

2<br />

2<br />

3<br />

281


Wahlvorschläge<br />

Als Ersatzdelegierte werden vorgeschlagen:<br />

Sabine Steppat ..............................................(Hamburg)<br />

Manuela Mahnke ........................................... (Bremen)<br />

Stefaan Jacobs ................................................ (Bremen)<br />

Ulrike Hiller ................................................... (Bremen)<br />

Dr. Detlef Rogosch .....................(Nord-Niedersachsen)<br />

Angelika Dorsch ........................(Nord-Niedersachsen)<br />

Bernd Michallik .........................(Nord-Niedersachsen)<br />

Tiemo Wölken ...........................................(Weser-Ems)<br />

Achim Barchmann ...............................(Braunschweig)<br />

Ulrich Stockmann ..............................(Sachsen-Anhalt)<br />

Susanne Melior ...................................... (Brandenburg)<br />

Anja Möbus........................................................(Berlin)<br />

Andrea Arcais ............................ (Nordrhein-Westfalen)<br />

Sophia Hartmann ...................... (Nordrhein-Westfalen)<br />

Dietmar Nietan .......................... (Nordrhein-Westfalen)<br />

Tine Hördum ............................. (Nordrhein-Westfalen)<br />

Sebastian Schley ....................... (Nordrhein-Westfalen)<br />

Birgit Kauertz ............................ (Nordrhein-Westfalen)<br />

Karina Fissmann ....................................(Hessen-Nord)<br />

Thilo Kootz ............................................(Hessen-Nord)<br />

Sebastian Vogel ..............................................(Sachsen)<br />

Eugen Roth ..........................................................(Saar)<br />

Elke Ferner ...........................................................(Saar)<br />

Margit Conrad ...................................(Rheinland-Pfalz)<br />

Dieter Klöckner .................................(Rheinland-Pfalz)<br />

Christian Flisek ............................................... (Bayern)<br />

Peter Simon ................................ (Baden-Württemberg)<br />

Fabienne Vesper ......................... (Baden-Württemberg)<br />

Luisa Boos ................................. (Baden-Württemberg)<br />

Stella Kirgiane-Efremidis........... (Baden-Württemberg)<br />

Harald Baumann-Hasske ...............................(Sachsen)<br />

N.N. ............................................................ (Thüringen)<br />

N.N. ..............................................(Schleswig-Holstein)<br />

N.N. ..............................................(Schleswig-Holstein)<br />

282


Bedienungshinweis elektronisches<br />

Wahlsystem der <strong>SPD</strong>


HINWEISE<br />

ZUM ELEKTRONISCHEN WAHLSYSTEM<br />

Bei der Akkreditierung erhalten alle Delegierten eine<br />

Chipkarte. Die Ausgabe erfolgt nach dem Zufallsprinzip,<br />

damit ist die Anonymität während der Abstimmung<br />

gewährleistet. Die Chipkarte berechtigt die Delegierten<br />

an der Wahl aktiv teilzunehmen. Sie befindet sich an<br />

den Delegiertenausweisen und sollte genauso sorgfältig<br />

wie die Stimmkarte verwahrt werden. Sollte die Chipkarte<br />

verloren gehen, gibt es keinen Ersatz!<br />

Die zur Wahl notwendigen Abstimmungsgeräte<br />

werden vor Eintritt in die Wahlen durch die MitarbeiterInnen<br />

an die Delegierten verteilt.<br />

Das elektronische Abstimmungsverfahren hat<br />

die gleiche Funktionalität wie eine Abstimmung mit<br />

Stimmzettel. Die Abstimmung erfolgt per Tastendruck,<br />

das entspricht dem Kreuz auf dem Stimmzettel.<br />

Die Abstimmung ist ebenso geheim wie eine Wahl<br />

mit Stimmzettel. Um Fehler zu vermeiden gibt es die<br />

gleiche Notwendigkeit zur Konzentration wie bei<br />

Abstimmungen mit Papier.<br />

Die Stimmabgabe erfolgt durch Absenden mittels<br />

der „<br />

“-Taste/OK-Taste statt durch Einwurf in eine<br />

Wahlurne. Die Stimmabgabe ist nur bis zum Schließen<br />

der Abstimmung durch das Tagungspräsidium möglich.<br />

Die Auszählung erfolgt unmittelbar nach der Wahl<br />

durch den Computer.<br />

Die Nutzung des Abstimmungsgerätes durch einen<br />

anderen ist ebenso unzulässig wie das Ausfüllen des<br />

Stimmzettels durch einen anderen.<br />

Welche KandidatIn mit welcher Taste gewählt werden<br />

kann, wird vom Präsidium erläutert und auf der Leinwand<br />

angezeigt. Nach Eröffnen des Wahlgangs kann<br />

durch Drücken der entsprechenden Taste bzw. durch<br />

Tastenkombinationen die Stimme ausgewählt werden.<br />

Die Stimmabgabe erfolgt durch Drücken der „ “-Taste.<br />

FUNKTIONSWEISE<br />

DER TASTEN<br />

Das Abstimmungsgerät wird nur durch<br />

Einführen der Chipkarte aktiviert. Wenn<br />

sich keine Chipkarte im Abstimmungsgerät<br />

befindet, blinkt die Kontrolllampe des<br />

Gerätes GRÜN.<br />

Sollte die Chipkarte falsch eingeführt<br />

worden sein, blinkt die Kontrolllampe<br />

des Abstimmungsgerätes während des<br />

Abstimmungsvorganges ROT.<br />

Mit der OK-Taste wird die Stimme<br />

unwiderruflich abgegeben!<br />

Solange die Stimme noch<br />

nicht abgegebn wird, kann<br />

mit der C-TASTE die Eingabe<br />

korrigiert werden.<br />

CHIPKARTE zur Aktivierung<br />

des Abstimmungsgerätes<br />

Bundesparteitag<br />

14. bis 16. November<br />

in Leipzig<br />

CHIPKARTE<br />

Einzelwahl:<br />

Taste 1 = JA<br />

Taste 2 = NEIN<br />

Taste 3 = ENTHALTUNG<br />

Listenwahl:<br />

Taste 1 = Kandidat/in 1<br />

Taste 2 = Kandidat/in 2<br />

Taste 3 = Kandidat/in 3<br />

Taste 4 = Kandidat/in 4<br />

Taste 5 = Kandidat/in 5<br />

Taste 6 = Kandidat/in 6<br />

Taste 7 = Kandidat/in 7<br />

Taste 8 = Kandidat/in 8<br />

usw. …<br />

Die Scrolltasten<br />

sind nur bei der Listenwahl<br />

aktiviert. Dort können Sie die<br />

Stimmabgaben „durchblättern”.<br />

Auf dem Display wird<br />

zuerst die Ziffer Ihrer Wahl,<br />

im Anschluss die Ziffer von<br />

dem Kandidaten/innen auf<br />

dem Display gezeigt. Sie haben<br />

z. B. mit der fünften Wahl den<br />

Kandidaten/in mit der Ziffer<br />

12 gewählt: Auf dem Display<br />

erscheint erst die Ziffer 5, im<br />

Anschluss die Ziffer 12.


Notizen<br />

285


286<br />

Notizen


Notizen<br />

287


Herausgegeben vom <strong>SPD</strong>-Parteivorstand, Abteilung I / Partei<br />

Willy-Brandt-Haus, 10911 Berlin<br />

Gesamtherstellung: Köllen Druck+Verlag GmbH, Bonn-Berlin


www.spd.de

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