3022248 SPD Antragsbuch Inhalt.indd
3022248 SPD Antragsbuch Inhalt.indd
3022248 SPD Antragsbuch Inhalt.indd
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ANTRÄGE ZUM ZUM ORDENTLICHEN<br />
Bundesparteitag 2013 2013<br />
14. BIS 14. 16. BIS NOVEMBER 16. NOVEMBER 2013 2013 IN LEIPZIG IN LEIPZIG<br />
www.spd.de
Anträge zum<br />
ordentlichen<br />
Bundesparteitag<br />
der <strong>SPD</strong><br />
Leipzig<br />
14.-16. November 2013
<strong>Inhalt</strong>sverzeichnis<br />
Antragsbereiche Anträge Seite<br />
Arbeitsmarktpolitik........................................................................................................... Ar 1 - Ar 59 7 - 44<br />
Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik................................................................. A 1 - A 17 45 - 64<br />
Bildungs-, Wissenschafts- und Jugendpolitik................................................................... B 1 - B 15 65 - 76<br />
Europapolitik..................................................................................................................... EU 1 - EU 13 77 - 90<br />
Familien-, Frauen- und Gleichstellungspolitik, Generations- und Seniorenpolitik.......... F 1 - F 17 91 - 99<br />
Gesundheitspolitik............................................................................................................ G 1 - G 33 101 - 128<br />
Innen- und Rechtspolitik................................................................................................... I 1 - I 51 129 - 160<br />
Medien- und Kulturpolitik................................................................................................ M 1 - M 13 161 - 168<br />
Organisationspolitik.......................................................................................................... O 1- O 52 169 - 188<br />
Sozialpolitik...................................................................................................................... S 1 - S 23 189 - 211<br />
Stadtentwicklung, Wohnen, Kommunalpolitik................................................................. K 1- K 4 213- 215<br />
Steuer-, Finanz- und Wirtschaftspolitik............................................................................ StW 1 - StW 23 217 - 231<br />
Umwelt-, Energie-, Verbraucher- und Verkehrspolitik..................................................... U 1 - U 52 233 - 273<br />
Sonstige............................................................................................................................. So 1 275 - 276<br />
Wahlvorschläge (Parteivorstand, Bundesschiedskommission,<br />
Kontrollkommission, SPE-Delegierte)............................................................................. 277 - 282<br />
Bedienungshinweis elektronisches Wahlsystem der <strong>SPD</strong> ............................................... 283 - 284
Mitglieder der Antragskommission für den<br />
ordentlichen Bundesparteitag<br />
vom 14. – 16. November 2013 in Leipzig<br />
Vom Parteivorstand am 10. Juni 2013 benannte Mitglieder:<br />
Vorsitzender:........................................................................................... Olaf Scholz<br />
(stimmberechtigte) Mitglieder:.............................................................Doris Ahnen<br />
................................................................................................. Peter Friedrich<br />
...................................................................................................Hubertus Heil<br />
...........................................................................................Barbara Hendricks<br />
................................................................................................. Andrea Nahles<br />
................................................................................................Florian Pronold<br />
...........................................................................................Manuela Schwesig<br />
(beratende) Mitglieder:.......................................................................Klaus Barthel<br />
...................................................................................................... Elke Ferner<br />
.................................................................................................. Angelika Graf<br />
................................................................................................. Hilde Mattheis<br />
.....................................................................................................Joachim Poß<br />
.................................................................................................. Martin Schulz<br />
.....................................................................................................Ralf Stegner<br />
......................................................................................................Sascha Vogt<br />
Von den Bezirken/Landesverbänden benannte Mitglieder:<br />
LV Schleswig-Holstein............................................................................Ralf Stegner<br />
LV Mecklenburg-Vorpommern................................................................Brigitte Pleß<br />
LO Hamburg..........................................................................................Frank Richter<br />
LO Bremen...............................................................................Andreas Bovenschulte<br />
BZ Nord-Niedersachsen....................................................................... Christina Jantz<br />
BZ Weser-Ems.................................................................................... Susanne Mittag<br />
BZ Hannover.......................................................................................Stephan Klecha<br />
BZ Braunschweig......................................................................................Falk Hensel<br />
LV Sachsen-Anhalt..................................................................................Falko Grube<br />
LV Brandenburg.................................................................................. Christian Maaß<br />
LV Berlin.........................................................................................Monika Buttgereit<br />
LV Nordrhein-Westfalen.........................................................................André Stinka<br />
BZ Hessen-Nord..............................................................................Timon Gremmels<br />
BZ Hessen-Süd.................................................................................Dagmar Schmidt<br />
LV Thüringen............................................................................................ Iris Gleicke<br />
LV Sachsen......................................................................................Henning Homann<br />
LV Saar....................................................................................................... Petra Berg<br />
LV Rheinland-Pfalz...................................................................Alexander Schweitzer<br />
LV Baden-Württemberg............................................................ Dr. Martin Rosemann<br />
LV Bayern..............................................................................................Marietta Eder<br />
Der Antragsschluss für den ordentlichen Bundesparteitag in Leipzig vom 14.-16. November 2013 in Leipzig war satzungsgemäß<br />
am 13. September 2013.<br />
Nach § 19 des Organisationsstatuts besteht die Antragskommission aus je einer/m Delegierten der Bezirke bzw. Landesverbände<br />
(20) und acht vom Parteivorstand zu benennenden Mitgliedern.<br />
Die Antragskommission hat am 13.10.2013 getagt und legt ihre Stellungnahme gemäß § 18 (2) des Organisationsstatuts<br />
fristgemäß den Delegierten und antragstellenden Organisationsgliederungen vor.<br />
Für den <strong>Inhalt</strong> der Anträge sind die jeweiligen Antragstellenden verantwortlich.
Arbeitsmarktpolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 1<br />
Landesverband Bayern<br />
Leiharbeit überwinden<br />
Wir fordern die flächendeckende Einführung sozialer Mindeststandards<br />
in der Wirtschaftsförderung. Die Bundesländer und ihre Landesförderinstitute<br />
werden hiermit aufgefordert, in ihre Richtlinien<br />
zur Förderung von Investitionen von Unternehmen, für die Mittelstandsförderung<br />
und die Tourismusförderung folgende Punkte aufzunehmen:<br />
• Unternehmen, in denen der Anteil der Leiharbeiter 20 Prozent<br />
der Gesamtbelegschaft überschreitet, werden künftig von der<br />
Wirtschaftsförderung ausgeschlossen,<br />
• Kleinst, kleine und mittlere Unternehmen mit einem Anteil von<br />
Leiharbeitern zwischen 10 und 20 Prozent aller Beschäftigten<br />
erhalten reduzierte Fördersätze (10 Prozent der Investitionssumme).<br />
Großunternehmen mit einer Leiharbeitsquote zwischen<br />
10 und 20 Prozent aller Beschäftigten werden künftig von der<br />
Förderung ausgeschlossen. Maßgeblich für die Einstufung als<br />
Kleinst-, kleines oder mittleres Unternehmen ist die Empfehlung<br />
der EU- Kommission.<br />
• Dabei werden künftig nur die mit einer Investition neu geschaffenen<br />
Arbeitsplätze für die Förderung zugrunde gelegt.<br />
• Dabei gilt: Die der Förderung zugrunde gelegten neuen Arbeitsplätze<br />
müssen ebenfalls mit festen, betriebsangehörigen Beschäftigten<br />
und nicht mit Leiharbeitern besetzt werden.<br />
Das Ergebnisziel „Gleiche Arbeit – Gleiches Geld“ und Flexibilitätszuschüsse<br />
für betroffene Leiharbeitskräfte wird darüber hinaus<br />
weiterhin nachdrücklich verfolgt, um möglichst kurzfristig<br />
Lohndumping auf dem Rücken der Leiharbeitnehmer/-innen zu<br />
stoppen.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 2<br />
Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />
Missbrauch von Leiharbeit wirksam<br />
bekämpfen-sichere und faire Arbeit<br />
schaffen<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, zeitnah und mit<br />
aller Kraft auf eine Reform der Leiharbeit hinzuwirken, mit deren<br />
Hilfe der Missbrauch von Leiharbeit endlich (!) wirksam bekämpft<br />
und sichere und faire Arbeit geschaffen wird! Zu diesem Zweck ist<br />
das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) an mehreren Stellen<br />
zu ändern und neu zu justieren. Die Neuregelungen sollen:<br />
• den Grundsatz der allgemeinen Gleichbehandlung ab dem ersten<br />
Tag der Arbeitnehmerüberlassung zur Anwendung bringen.<br />
• sicherstellen, dass Leiharbeitnehmer und –nehmerinnen bereits<br />
ab der ersten Einsatzstunde einen Anspruch auf „gleichen Lohn<br />
für gleiche Arbeit“ haben. Außerdem sollen die Neuregelungen<br />
den Leiharbeitnehmern und –nehmerinnen einen angemessenen<br />
„Risikozuschlag“ gewähren, der ihrem flexibilitätsbedingt höheren<br />
Entlassungsrisiko hinreichend Rechnung trägt.<br />
• einen Mindestlohn nicht nur in der Leiharbeitsbranche einführen.<br />
• verhindern, dass Stammarbeitskräfte „schleichend“ durch Leiharbeitnehmer<br />
und –nehmerinnen ersetzt werden.<br />
• den Einsatz von Leiharbeitskräften in den Entleihunternehmen<br />
durch eine (nach Größe der Unternehmen gestaffelte) Höchstquote<br />
nach oben hin begrenzen.<br />
Ar1<br />
Leiharbeit überwinden<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
Ar2<br />
Missbrauch von Leiharbeit wirksam<br />
bekämpfen-sichere und faire Arbeit<br />
schaffen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm und die Anträge der <strong>SPD</strong>-<br />
Bundestagsfraktion, Drucksachen 17/4189 und 17/13476<br />
8
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
• die Entleihunternehmen verpflichten, ihre Angebote zur Weiterbildung<br />
auch für Leiharbeitnehmer zu öffnen, damit sie ihre<br />
Chancen auf eine Festanstellung erhöhen können.<br />
• den Leiharbeitnehmer und –nehmerinnen ab dem ersten Tag ihrer<br />
Beschäftigung ein aktives Wahlrecht für die Betriebsratswahlen<br />
im Entleihunternehmen einräumen.<br />
• die (Neu-)Regelungen durch Strafbestimmungen ergänzen, die<br />
wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen vorsehen<br />
und auf diese Weise den Schutz der Leiharbeitnehmer und<br />
–nehmerinnen flankieren.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 3<br />
Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />
Keine Vermittlungsprovision für<br />
Zeitarbeitsfirmen<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert die <strong>SPD</strong> –Fraktion im Bundestag auf, sich dafür<br />
einzusetzen, dass eine Vermittlungsprovision nicht mehr erhoben<br />
werden darf und zusätzlich verweisen wir auf unsere Beschlüsse<br />
zur Zeitarbeit.<br />
Ar3<br />
Keine Vermittlungsprovision für<br />
Zeitarbeitsfirmen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 4<br />
Unterbezirk Duisburg (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Mindestlöhne und Werkverträge /<br />
Leiharbeit<br />
1. Ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 - 10,- € muss eingeführt<br />
werden auf Vorschlag einer neu zu gründenden unabhängigen<br />
Sachverständigenkommission - der sich in den darauffolgenden<br />
Jahren dann dem Prozentsatz der durchschnittlichen Lohnund<br />
Gehaltserhöhungen entsprechend erhöhen soll.<br />
2. Bei Einsätzen in Betrieben mit Tarifbindung unterliegen die über<br />
Werk- oder Dienstleistungsvertrag Beschäftigten mindestens den<br />
dort geltenden tariflichen Regelungen.<br />
3. Falls keine eigenen Mitbestimmungsorgane vorhanden sind,<br />
werden die Arbeiter/innen von dem ansässigen Betriebsrat mit<br />
allen Rechten und Pflichten vertreten und gelten bei der Zusammensetzung<br />
der Betriebsräte als eigenes Personal.<br />
4. Die Weitergabe von Dienstleistungs- und Werkverträge an andere<br />
Unternehmen ist nicht zulässig.<br />
5. Für Minijobs gilt eine wöchentliche Arbeitszeit von höchstens<br />
12 Stunden.<br />
Ar4<br />
Mindestlöhne und Werkverträge /<br />
Leiharbeit<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 5<br />
Ortsverein Marienburger Höhe/Itzum (Bezirk Hannover)<br />
Keine Personalverlagerung in<br />
unternehmenseigene<br />
Beschäftigungsfirmen<br />
Das Unterlaufen von tariflich geregelten Beschäftigungsverhältnissen<br />
durch die Einrichtung von unternehmenseigenen Arbeitsüberlassungsgesellschaften<br />
und die Schaffung künstlicher Leiharbeitsverhältnisse<br />
ist gesetzlich zu untersagen.<br />
Ar5<br />
Keine Personalverlagerung in<br />
unternehmenseigene<br />
Beschäftigungsfirmen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
55<br />
60<br />
65<br />
9
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 6<br />
Ortsverein Ostheide (Bezirk Hannover)<br />
Regeln zur Leiharbeit<br />
Eigentlich müsste Leiharbeit wieder völlig verboten werden. Inzwischen<br />
ist diese Beschäftigungsform jedoch so weit verbreitet,<br />
dass dies nicht mehr ohne weiteres möglich zu sein scheint. Deshalb<br />
wenden wir uns den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern<br />
zu und wollen deren Lage verbessern. Das könnte<br />
auch dazu führen, dass das Interesse der Arbeitgeber an Leiharbeit<br />
als Mittel zur Senkung der Personalkosten und zum Unterlaufen<br />
von Arbeitnehmerschutzrechten sinkt. Um dies zu erreichen fordern<br />
wir:<br />
1. Die Beschäftigung von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern in<br />
tarifgebundenen Betrieben ist nur dann zulässig, wenn die für<br />
diesen Betrieb geltenden Tarifregelungen auch für sie angewandt<br />
werden. Bei deren Eingruppierung sind Ausbildung und<br />
einschlägige Vorbeschäftigungszeiten zu berücksichtigen. In<br />
nicht-tarifgebundenen Betrieben ist für die Leiharbeiterinnen<br />
und Leiharbeiter ein gesetzlicher Mindestlohn von 10,00 Euro<br />
festzulegen.<br />
2. Das Betriebsverfassungsgesetz und die Personalvertretungsgesetze<br />
des Bundes und der Länder sind so zu ändern, dass Betriebsräte<br />
und Personalräte ein uneingeschränktes Mitbestimmungsrecht<br />
bei der Entscheidung haben, ob und unter welchen<br />
Bedingungen Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter im Betrieb<br />
oder der Dienststelle beschäftigt werden.<br />
3. Die Übernahme von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern darf<br />
nicht mit finanziellen Belastungen für die übernehmenden Betriebe<br />
verbunden sein. Leiharbeitsfirmen haben Leih-arbeiterinnen<br />
und Leiharbeiter zu dem vom übernehmenden Betrieb gewünschten<br />
Termin aus dem Leiharbeitsverhältnis frei zu geben.<br />
Nach sechs Monaten Beschäftigung beim Entleiher ist die Übernahme<br />
umzusetzen.<br />
4. Der Bundesagentur für Arbeit wird untersagt Arbeitsvermittler<br />
einzuschalten, die gleichzei¬tig Leiharbeitsfirmen sind oder im<br />
engen Verbund mit Leiharbeitsfirmen stehen oder auch auf andere<br />
Art finanziell oder durch Personen mit Leiharbeitsfirmen<br />
verbunden sind. Der Bundesagentur für Arbeit wird untersagt,<br />
arbeitslose Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Leiharbeitsfirmen<br />
zu vermitteln oder zu zwingen, sich bei Leiharbeitsfirmen<br />
zu bewerben. Der Bundesagentur für Arbeit wird untersagt, Anfragen<br />
von Arbeitgebern an Leiharbeitsfirmen weiterzureichen.<br />
Die Bundesagentur für Arbeit darf nicht in Leiharbeitsverhältnisse<br />
vermitteln.<br />
5. In der amtlichen Statistik wird Leiharbeit nicht mehr als eigenständige<br />
Branche bezeichnet. In den regionalen Statistiken muss<br />
der Anteil an Leiharbeitsverhältnissen deutlich werden.<br />
Ar6<br />
Regeln zur Leiharbeit<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 7<br />
Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />
Schrittweiser Abbau der Leiharbeit<br />
Wir fordern, die Leiharbeit innerhalb von Betrieben, Einrichtungen<br />
und Firmen schrittweise abzubauen und Leiharbeiter bis zum<br />
vollständigen Abbau konsequent sowohl in der Bezahlung als auch<br />
bei den übrigen Arbeitsbedingungen wie regulär Beschäftigte zu<br />
behandeln.<br />
Ar7<br />
Schrittweiser Abbau der Leiharbeit<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
10
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 8<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Leiharbeit bekämpfen!<br />
Einleitung<br />
Nachdem wir uns schon seit einiger Zeit für „equal pay“ und „equal<br />
treatment“ einsetzen, zeigt uns jedoch die aktuelle Entwicklung,<br />
dass das dadurch erhoffte Umdenken - allgemein in der Gesellschaft<br />
und speziell in der Wirtschaft - leider nicht stattgefunden hat.<br />
Die Verschiebung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital ist<br />
allgegenwärtig. Dies spiegelt sich in der Wirtschaftspolitik aber<br />
vor allem auch in der Arbeitsmarktpolitik wider. Der immer weiter<br />
zunehmende Machtüberhang des Faktors Kapital hat dabei unmittelbare<br />
Auswirkungen auf die soziale Polarisierung in unserer Gesellschaft.<br />
Kurzanalyse der sozialen Realität auf dem Arbeitsmarkt<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in der Vergangenheit<br />
massiv unter Druck geraten. Es hat sich in den letzten Jahrzehnten<br />
eine Sockelarbeitslosigkeit entwickelt, die sich scheinbar zunehmend<br />
auf ein Überangebot an Arbeitskräften in unserer Volkswirtschaft<br />
eingependelt hat. Dadurch hat die Wirtschaft einen Vorteil<br />
bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen bekommen.<br />
Schwächelnde Gewerkschaften<br />
Dabei spielt die Schwäche der Gewerkschaften ebenfalls eine tragende<br />
Rolle: Der Organisationsgrad der Gewerkschaften des DGB<br />
hat seit der Wiedervereinigung vor 20 Jahren stetig abgenommen.<br />
So hat sich die Zahl der im DGB organisierten Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer von fast 12 Millionen auf jetzt knapp 6,16 Millionen<br />
Mitglieder (Stand: 2011) fast halbiert. Zugleich nahm die<br />
Zahl von „Scheingewerkschaften“ vor allem in den letzten Jahren<br />
massiv zu. Diese setzen in den so genannten Gehaltstarifverträge<br />
Löhne von zum Teil unter 5 Euro pro Stunde durch.<br />
Verfehlungen in der Arbeitsmarktpolitik<br />
Es muss jedoch auch deutlich auf die Fehlentwicklung in der Arbeitsmarktpolitik<br />
hingewiesen werden. Die Flexibilisierung des<br />
Arbeitsmarktes ist hierbei wesentlich auch unter der rot-grünen<br />
Bundesregierung vorangeschritten. So wurde in der Zeit eine Politik<br />
betrieben, die überwiegend dem angebotsorientierten, neoliberalen<br />
Mainstream angepasst war. Neben der Lockerung des Kündigungsschutzes,<br />
sind vor allem die Arbeitsmarktreformen unter der Leitung<br />
von Peter Hartz zu nennen: Der Slogan „Fördern und Fordern“<br />
hat hierbei einen hohen Druck auf Beschäftigungslose ausgeübt. So<br />
wurde in der 2. Legislaturperiode des Kabinetts Schröder der Ausbau<br />
von prekären Beschäftigungsverhältnissen in Form von 1-Euro-<br />
(Hartz IV), Mini- und Midi-Jobs (Hartz II) beschlossen sowie die<br />
Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (Hartz I) gelockert,<br />
welches die Leiharbeitsverhältnisse bis dato stärker eingeschränkt<br />
hatte. Wir lehnen es strikt ab, dass die Annahme von nicht<br />
versicherungspflichtigen Arbeitsplätzen als zumutbar erklärt wird.<br />
Wo liegen die Probleme der Leiharbeit?<br />
Neben schlechteren Arbeitsbedingung belastet die LeiharbeiterInnen<br />
auch die schlechte Bezahlung. Für die Stammbelegschaft<br />
gelten LeiharbeiterInnen als Job-Klauer und so finden diese auch<br />
keine Akzeptanz in den Betrieben. Beschäftigte in der Leiharbeit<br />
werden zu Menschen zweiter Klasse. Sie haben nur eine geringe<br />
Chance, im Betrieb soziale Kontakte aufzubauen.<br />
Resultat der neoliberalen Reformen - Beschäftigung ohne<br />
Perspektive<br />
Das Ergebnis dieser Verfehlungen ist verheerend. Die Schere zwischen<br />
arm und reich geht seit Jahren immer weiter auseinander.<br />
Ar8<br />
Leiharbeit bekämpfen!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
11
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Menschen, die in Leiharbeitsverhältnissen stehen, sind in die Perspektivlosigkeit<br />
geschickt worden. Sie werden auf dem Arbeitsmarkt<br />
wie Waren hin und her geschoben und verfügen über keinen<br />
Kündigungsschutz im ausgeliehenen Unternehmen. Menschen<br />
müssen sich zunehmend immer mehr der Wirtschaft anpassen.<br />
Die Wirtschaft dient nicht länger den Menschen, vielmehr dienen<br />
die Menschen der Wirtschaft. Die dadurch verbundene Machtverschiebung<br />
der Faktoren Arbeit und Kapital auf die Kapitalseite,<br />
die man auch als Diktatur des Kapitals beschreiben könnte, gilt es<br />
zu korrigieren.<br />
Ein Leiarbeitender kann selten mehrere Jahre in die Zukunft planen.<br />
Gerade auch im Hinblick auf den demographischen Wandel<br />
muss darauf verwiesen werden, dass es wenig verwunderlich ist,<br />
wenn ein junges Paar es sich aufgrund fehlender langfristiger sozialen<br />
Absicherung mehr als einmal überlegt, Nachwuchs zu kriegen.<br />
Bezahlung unter Tarif<br />
Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer werden grundsätzlich<br />
schlechter bezahlt als die restliche Stammbelegschaft im Unternehmen.<br />
Dies kommt dadurch zustande, weil LeiharbeiterInnen<br />
keinen Anspruch auf tarifliche Bezahlung haben, die durch Gewerkschaften<br />
erkämpft worden sind. Sie sind letztlich im Betrieb,<br />
in dem sie ihre Arbeitsleistung erbringen, nur „ausgeliehen“. Bei<br />
Protest gegen die unzumutbaren Arbeitsbedingungen droht die sofortige<br />
Versetzung oder Entlassung. So wird der Leiharbeiter an der<br />
kurzen Leine gehalten und ist gezwungen, seine Arbeitsbedingungen<br />
zu akzeptieren.<br />
Dies trägt letztlich auch zu der Reallohnentwicklung in Deutschland<br />
bei. In der Bundesrepublik sind die Reallöhne vom Jahr<br />
2000 bis 2008 um 0,8 Prozent zurückgegangen, wohingegen sie<br />
in allen anderen EU-Staaten in den letzten Jahren preisbereinigt<br />
gestiegen sind.<br />
Auch wenn die Reallöhne im letzten Jahr durch die geringe Inflation<br />
leicht gestiegen sind, nimmt Deutschland europaweit in dieser<br />
Statistik den letzten Platz ein, was auch auf die Entwicklung der<br />
Renten einen negativen Einfluss hat.<br />
Letztlich bleibt es für uns untragbar, dass ArbeiterInnen faktisch<br />
in Klassen eingeteilt werden! Wir sehen es nicht ein, warum LeiharbeiterInnen<br />
schlechter bezahlt werden sollen, obwohl sie die<br />
gleiche Arbeit leisten wie die fest Angestellten. Deshalb sagen wir:<br />
Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit!<br />
Aushebelung der Mitbestimmung<br />
Viele Betriebe nutzen die Leiharbeit auch, um die betriebliche Mitbestimmung<br />
bei sich auszuhebeln. Dazu muss man wissen, dass<br />
für die Bestimmung der Größe von Betriebsräten die Anzahl der<br />
abhängig Beschäftigten herangezogen wird. Nun gibt es die Möglichkeit<br />
diese Anzahl künstlich zu drücken, in dem man zu einer<br />
festen Anzahl der Stammbelegschaft, die knapp unter der Schwellengrenze<br />
zu einer höheren Anzahl der Betriebsratsplätze liegt, die<br />
restlichen ArbeitnehmerInnen aus der Leiharbeit generiert. Damit<br />
geraten Betriebsräte unter einem immensen Druck, da sie nicht<br />
mehr im Stande sind, die anfallenden Arbeitsprozesse fristgerecht<br />
und ordentlich zu erledigen.<br />
Uns ist diese Möglichkeit der Aushebelung der demokratischen<br />
Mitbestimmung ein Dorn im Auge. Schließlich stehen wir für die<br />
Demokratisierung in allen Lebensbereichen – vor allem in der Arbeitswelt.<br />
Wir wollen nicht, dass Demokratie am Werkstor endet!<br />
Fehlende Argumente der Wirtschaft<br />
Die Argumentation seitens der Wirtschaft, die sich deutlich für eine<br />
Beibehaltung von Leiharbeit ausspricht, ist nicht haltbar. Leider<br />
müssen wir erkennen, dass die überwiegende Mehrheit der Medien<br />
jedoch auf diese Argumentationslinie eingeht und sie mit verteidigt,<br />
ohne sie einmal grundlegend in Frage zu stellen. Damit wird<br />
eine Meinung in der Gesellschaft vorgegeben, die jedweder Logik<br />
widerspricht. Hierbei sollen vor allem typische Argumente widerlegt<br />
werden, die angeblich für Leiharbeitsverhältnisse stehen.<br />
12
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Es steht die Aussage im Raum, dass Leiharbeit zum Abfang von<br />
Produktionsspitzen nötig sei. Ohne sie könnten Unternehmen die<br />
kurzfristig benötigten Arbeitskräfte nicht schnell genug einstellen<br />
bzw. könnten sich nach der Zeit der starken Auftragseingänge ihrer<br />
nicht wieder schnell erledigen. Das heißt mit anderen Worten,<br />
dass die Leiharbeit einen entscheidenden Anteil daran habe, die<br />
Arbeitslosenquote (zumindest kurzfristig) zu senken. Diese These<br />
trifft natürlich nicht zu, da einserseits Unternehmungen den Faktor<br />
Arbeit verstärkt einsetzen müssen, um ihre Rendite durch die<br />
neu anfallenden Aufgaben zu maximieren. Dies ist auch ohne der<br />
Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Leiharbeit möglich. Andererseits<br />
sieht das so genannte „Kündigungsschutzgesetz“ keine<br />
Schranken vor, ArbeiterInnen, die kein halbes Jahr beschäftigt worden<br />
sind, fristlos zu entlassen. Es ist letztlich nur eine bequemere<br />
Lösung für Unternehmen billige Arbeitskräfte zu organisieren. Die<br />
Verfehlung der reinen Angebotsorientierung auf dem Arbeitsmarkt<br />
gilt es grundsätzlich - aus dem sozialdemokratischen Grundverständnis<br />
heraus – zu hinterfragen.<br />
Diktatur des Kapitals verursacht Krankheiten<br />
Es wird deutlich, dass aus dem Machtüberhang des Kapitals zu einer<br />
Unmündigkeit der arbeitenden Bevölkerung hervorgeht. Dieser<br />
zunehmenden Druck auf die ArbeiterInnenschaft hat auch unmittelbare<br />
Folgen auf den physischen und mentalen Gesundheitszustand<br />
vieler Menschen. So ist auch im vergangenen Jahr trotz<br />
Wirtschaftskrise die Anzahl der Krankheitstage wieder einmal angestiegen<br />
und befindet sich auf dem höchsten Stand seit 2003. Davon<br />
sind jedoch nicht nur LeiharbeiterInnen sondern auch andere<br />
unbefristet Beschäftigte bisweilen sogar auch Manager betroffen.<br />
Vor allem hervorzuheben ist die steigende Anzahl an psychischen<br />
Erkrankungen, bei denen die höchste Wachstumsrate zu vermelden<br />
ist. Man sieht also, dass das System, welches von einem enormen<br />
Leistungsanspruch geprägt ist, die Menschen in allen Berufsgruppen<br />
krank macht.<br />
Konsequentes Handeln<br />
• Eine Höchstquote für Leiharbeiter_innen in Betrieben in Höhe<br />
von 8% der festangestellten Arbeiter_innen. Leiharbeit dient der<br />
Abfederung von Produktionsspitzen. Höheren Produktionszuwächsen<br />
als 8% muss Festanstellung folgen.<br />
• Leiharbeiter_innen müssen wie Festangestellte zur Bestimmung<br />
der Größe des Betriebsrates mitgezählt werden. Ihnen steht<br />
ebenso das aktive und passive Wahlrecht zu.<br />
• Wir fordern ein Synchronisationsverbot. Wir fordern einen Flexibilitätszuschlag<br />
für Leiharbeiter_innen in Höhe von 10% des<br />
Bruttolohnes.<br />
Durch ein Verbot von Leiharbeit würde vielen Menschen eine Perspektive<br />
gegeben, was historisch bedingt schon immer das Ziel sozialdemokratischer<br />
Politik gewesen ist. Auch wenn dadurch der Mensch<br />
nicht von den Fesseln des Kapitalismus befreit wird, so macht es<br />
doch das Leben in der Gemeinschaft lebenswerter und sorgt so für<br />
einen stärkeren solidarischen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 9<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
Keine unternehmenseigene Leih- und<br />
Zeitarbeitsfirmen. Wer Bedarf hat, muss<br />
einstellen!<br />
Die BT-Fraktion der <strong>SPD</strong> wird gebeten sich für folgende politische<br />
Ziele einzusetzen:<br />
1. Unternehmen und Kommunen dürfen sich nicht mehr an Leihund<br />
Zeitarbeitsfirmen in jeglicher Art beteiligen dürfen.<br />
Ar9<br />
Keine unternehmenseigene Leih- und<br />
Zeitarbeitsfirmen. Wer Bedarf hat, muss<br />
einstellen!<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
55<br />
60<br />
65<br />
13
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
2. Leih- und Zeitarbeitsfirmen dürfen keine Exklusivrechte an Unternehmen<br />
vergeben.<br />
3. Unternehmen und Kommunen dürfen ihre MitarbeiterInnen<br />
(inkl. Azubis, die auslernen) nicht an Leih- und Zeitarbeitsfirmen<br />
auslagern und wieder einstellen (1 Jahr Frist).<br />
4. Betriebsräte und Personalräte dürfen bei Einstellung von Leihund<br />
Zeitarbeit ablehnen, wenn keine „Spitzenabdeckung“ benötigt<br />
wird.<br />
5. Der Anteil von Leih- und ZeitarbeiterInnen darf in einer Belegschaft<br />
15% nicht überschreiten.<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 10<br />
Ortsverein Marienburger Höhe/Itzum (Bezirk Hannover)<br />
Lohndumping durch Werkverträge<br />
Das Unterlaufen von gesetzlichen Mindestlöhnen, Mitbestimmungsrechten<br />
und Arbeitnehmerschutzrechten durch Werkverträge<br />
muss durch geeignete Maßnahmen ausgeschlossen werden. Die<br />
Vorschriften sind entsprechend zu ändern. Öffentliche Auftraggeber<br />
achten bei ihren Ausschreibungen darauf, dass Werkverträge<br />
nicht zum Lohndumping und zur Entrechtung missbraucht werden.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 11<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Missbrauch von Werkverträgen<br />
bekämpfen<br />
Der <strong>SPD</strong>-Parteitag fordert, den Missbrauch von Werkverträgen zu<br />
bekämpfen. Hierzu sind<br />
1. Kriterien gesetzlich festzuschreiben, die eine Abgrenzung von<br />
echten Werkverträgen zu verdeckter Leiharbeit ermöglichen.<br />
2. die Anforderung zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen<br />
nach § 5 Arbeitnehmerentsendegesetz abzusenken<br />
und Tarifverträge in den besonders betroffenen Branchen (z.B.<br />
Einzelhandel, Schlachthöfe) für allgemeinverbindlich zu erklären.<br />
3. in §§ 92 und 92b BetrVG Regelungen zur Mitbestimmung der<br />
Betriebsräte bei der Vergabe von Aufgaben an Fremdfirmen einzufügen.<br />
4. die Kontrollen zu verbessern.<br />
Ar10<br />
Lohndumping durch Werkverträge<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
Ar11<br />
Missbrauch von Werkverträgen<br />
bekämpfen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm und Antrag der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion,<br />
Drucksache 17/12378<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 12<br />
Kreisverband Saarbrücken-Stadt (Landesverband Saar)<br />
Missbrauch von Werkverträgen<br />
verhindern<br />
Werkverträge werden zunehmend eingesetzt, um die verschärften<br />
Regelungen der Leiharbeit zu umgehen. Sie werden zu einem Instrument<br />
zur Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft. Der systematische<br />
Missbrauch dieses Instruments kann insbesondere in den Bereichen<br />
Bau und Fleischwarenindustrie beobachtet werden.<br />
Der Bundesparteitag fordert die Bundesregierung auf, dem Missbrauch<br />
von Werkverträgen entschieden entgegen zu treten durch<br />
folgende Regelungen:<br />
Ar12<br />
Missbrauch von Werkverträgen<br />
verhindern<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm und Antrag der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion,<br />
Drucksache 17/12378<br />
14
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
• Unternehmer, die andere Unternehmer mit der Erbringung von<br />
Werk- oder Dienstleistungen beauftragen, haben, wenn diese ihren<br />
Verpflichtungen aus dem Arbeitsverträgen nicht oder nicht<br />
vollständig nachkommen, für deren Verpflichtungen so zu haften,<br />
als wären sie ihre eigenen. Die beauftragenden Unternehmer<br />
stehen auch in der Verantwortung für eine ordnungsgemäße Unterbringung<br />
der Arbeitnehmer<br />
• die Bestimmungen über Werksverträge sind zu überarbeiten und<br />
so eng zu fassen, dass Schlupflöcher gestopft und Scheinwerkverträge<br />
früher aufgedeckt und geahndet werden können<br />
• die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte sind so zu verbessern,<br />
dass sie auch bei Abschluss und Ausgestaltung der Werkverträge<br />
gelten. Die §§ 87, 92,99,111 und 112 BetrVG sind in<br />
diesem Sinne entsprechend zu verändern<br />
• ein gesetzlicher branchenübergreifender Mindestlohn von mindestens<br />
8,50 Euro ist einzuführen, der ohne Unterschied für alle<br />
abhängig Beschäftigten gilt, die auf dem Boden der Bundesrepublik<br />
arbeiten.<br />
• die Kontrollen sind auszudehnen und die Strafen bei Missbrauch<br />
zu verschärfen, zu Unrecht erzielter Gewinn ist abzuschöpfen<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 13<br />
Landesverband Baden-Württemberg<br />
Kein Lohndumping und<br />
Verschlechterung von<br />
Arbeitsbedingungen durch Werkverträge<br />
Die <strong>SPD</strong> sieht mit großer Sorge den zunehmenden Trend zu Werkverträgen<br />
mit den Folgen: Lohndumping und Verschlechterung<br />
von Arbeitsbedingungen. Werkverträge werden immer mehr benützt,<br />
um Mitbestimmungsrechte von Betriebs- und Personalräten<br />
zu umgehen und schon schlechte Arbeitsbedingungen noch weiter<br />
abzusenken. Leider wurden in der Vergangenheit die minimalen<br />
Schutzeinrichtungen nochmals verwässert. Mit unserer Forderung<br />
nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn hat die<br />
<strong>SPD</strong> einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Die<br />
schwarz-gelbe Bundesregierung hat diesen Ansatz bekanntlich abgelehnt,<br />
sie zeigt damit allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern,<br />
was sie von Mindestlöhnen und der Würde des arbeitenden<br />
Menschen hält.<br />
Deshalb fordert die <strong>SPD</strong> als erste Schritte:<br />
1. Die Kampagne zum flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn<br />
nochmals zu verstärken.<br />
2. Scheinselbstständigkeit durch klare und einfach überprüfbare<br />
Regeln zu verhindern und dies durch ein Kontrollsystem sicherzustellen.<br />
3. Die Werkverträge im Rahmen des Schutzes der im Unternehmen<br />
beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 99<br />
des Betriebsverfassungsgesetzes unter die Mitwirkung des Betriebsrates<br />
zu stellen.<br />
4. Werkvertragsfirmen müssen ausgewiesene Fachfirmen der übernommenen<br />
Gewerke sein. Sie müssen eigen- und vollständig das<br />
übernommene Gewerk fertigstellen können. Dies betrifft auch<br />
den Bereich der Qualitätssicherung und der eigenständigen Gewährleistung.<br />
Ar13<br />
Kein Lohndumping und<br />
Verschlechterung von<br />
Arbeitsbedingungen durch Werkverträge<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm und Antrag der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion,<br />
Drucksache 17/12378<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
15
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 14<br />
Landesverband Mecklenburg-Vorpommern<br />
Gleichbehandlung aller<br />
Arbeitsverhältnisse - grundsätzliche<br />
Reform der Minijobs erforderlich<br />
Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, sich konsequent auf Bundesebene für die<br />
Gleichbehandlung aller Arbeitsverhältnisse einzusetzen. Dazu zählt,<br />
dass sich ein gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50 € auch auf<br />
Minijobs beziehen muss. Die tarifliche Entgeltgleichheit im Sinne<br />
der Anwendung geltender Tarifverträge bzw. Branchenmindestlöhne<br />
muss auf alle Beschäftigten(korrekte Eingruppierung auf betrieblicher<br />
Ebene nach der Maßgabe „gleiches Geld für gleiche Arbeit“) angewendet<br />
werden. Alle Arbeitsverhältnisse müssen ab dem ersten Euro<br />
der vollen Sozialversicherungspflicht unterliegen. Die heute schon<br />
bestehende Gleitzone zwischen 400 und 800 €, in der die Beiträge<br />
mit zunehmenden Einkommen ansteigen, müssen ab dem ersten Euro<br />
beginnen. Zudem muss die pauschale Besteuerung verändert werden.<br />
Es darf keine steuerlichen Anreize für Arbeitgeber zum Lohndumping<br />
geben. Deshalb sollen auch geringfügige Beschäftigungsverhältnisse<br />
in die allgemeine Steuersystematik integriert werden.<br />
Ar14<br />
Gleichbehandlung aller<br />
Arbeitsverhältnisse - grundsätzliche<br />
Reform der Minijobs erforderlich<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 15<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Gleichbehandlung der<br />
Arbeitsverhältnisse - auch bei den<br />
Minijobs<br />
Alle Arbeitsverhältnisse müssen ab dem ersten Euro der vollen Sozialversicherungspflicht<br />
unterliegen. Dies muss auch für Mini- und<br />
Midijobs gelten. Pauschale Besteuerung der Einkommen aus diesen<br />
Beschäftigungsverhältnissen wird abgeschafft. In der Gleitzone von<br />
0 bis 800 Euro, die so bestehen bleiben, sollen die Beiträge zunächst<br />
voll vom Arbeitgeber übernommen werden und dann bis zur paritätischen<br />
Finanzierung steigen. Zur Anpassung der Beschäftigten und der<br />
Arbeitgeber sind angemessene Übergangsfristen für die bestehenden<br />
Arbeitsverhältnisse notwendig. Für SchülerInnen, Studierende und<br />
RentnerInnen soll es weiter Sonderregelungen geben. Für Tätigkeiten,<br />
für die ein besonderes öffentliches Interesse besteht, gibt es bereits<br />
steuerliche Ausnahmen; bei diesen soll es auch bleiben. Diese<br />
Tätigkeiten müssen aber konkret und abschließend definiert werden,<br />
z.B. Jugendarbeit, soziales Engagement in karitativen Organisationen,<br />
Sport, Mitwirkung in Chören und Orchestern, usw.) Um Missbräuche<br />
zu verhindern müssen sie klar und eindeutig von gewerblichen Arbeitsverhältnissen<br />
abgrenzt werden. Eine Kombination der ehrenamtlichen<br />
Tätigkeit mit dem Hauptberuf muss ausgeschlossen werden.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 16<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Minijobs abschaffen<br />
Die <strong>SPD</strong> setzt sich dafür ein, dass Minijobs auf 450-Euro-Basis<br />
abgeschafft werden. Dies hätte zur Folge, dass ArbeitnehmerInnen<br />
wieder sozialversicherungspflichtig angestellt werden, um bei Arbeitslosigkeit<br />
und/oder im Alter finanziell abgesichert zu sein.<br />
Ar15<br />
Gleichbehandlung der<br />
Arbeitsverhältnisse - auch bei den<br />
Minijobs<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm und Beschluss des <strong>SPD</strong>-Parteivorstandes<br />
Ar16<br />
Minijobs abschaffen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
16
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 17<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
Minijobs: Niedriglohnfalle und<br />
Rentenrisiko für Frauen<br />
Die <strong>SPD</strong> Hessen-Süd sieht in den sog. Minijobs eine zentrale Niedriglohnfalle<br />
und ein Rentenrisiko insbesondere für Frauen. Daher<br />
fordert die <strong>SPD</strong> Hessen-Süd den <strong>SPD</strong>-Bundesvorstand und die<br />
Bundestagsfraktion auf, sich der Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes<br />
anzuschließen und die Abschaffung der Minijobs<br />
zu fordern und diese Forderung umzusetzen.<br />
Ar17<br />
Minijobs: Niedriglohnfalle und<br />
Rentenrisiko für Frauen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 18<br />
Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Abschaffung Minijobs<br />
Der <strong>SPD</strong>-Bundesparteitag fordert die Abschaffung der Minijobs<br />
auf 450-Euro-Basis. Hiervon ausgenommen sind Schüler/innen,<br />
Studierende sowie Rentnerinnen und Rentner. Dies hätte zur Folge,<br />
dass Arbeitnehmer/innen wieder sozialversicherungspflichtig angestellt<br />
werden, um bei Arbeitslosigkeit und/oder im Alter finanziell<br />
abgesichert zu sein.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 19<br />
Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Einschränkung der Möglichkeit von<br />
Befristungen der Arbeitsverhältnisse<br />
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ermöglicht die Befristung<br />
von Arbeitsverhältnissen, wenn sie aufgrund eines Gesetzes<br />
zulässig ist. Diese Regelung, die zum 1.1.2001 eingeführt wurde,<br />
änderte die Regelung des vorher gültigen Beschäftigungsförderungsgesetzes.<br />
Bis 2000 konnten Befristungen nur bei Vorliegen<br />
eines sachlichen Grundes wirksam vereinbart werden. Die <strong>SPD</strong><br />
fordert, das TzBfG dahingehend zu ändern, dass Befristungen von<br />
Arbeitsverhältnissen nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes<br />
zulässig sind.<br />
Ar18<br />
Abschaffung Minijobs<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
Ar19<br />
Einschränkung der Möglichkeit von<br />
Befristungen der Arbeitsverhältnisse<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 20<br />
Unterbezirk Kassel-Land (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />
Wir fordern die Streichung von §14 Absatz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes<br />
und damit die Abschaffung der sachgrundlosen<br />
Befristung von Arbeitsverträgen.<br />
Ar20<br />
Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
55<br />
60<br />
65<br />
17
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 21<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Befristete Beschäftigung<br />
1. Wir fordern die Streichung von §14 Absatz 2 des Teilzeit- und<br />
Befristungsgesetz und damit die Abschaffung der sachgrundlosen<br />
Befristung von Arbeitsverträgen.<br />
2. Des Weiteren setzen wir uns dafür ein, dass die in §14 Abs. 1<br />
TzBfG formulierten Gründe für eine Befristung mit Sachgrund<br />
konkret und eindeutig formuliert werden und eine sachlich begründete<br />
Befristung nur dann zulässig ist, wenn einer der im Gesetz<br />
aufgeführten Gründe vorliegt.<br />
3. Für Arbeitgeber müssen Anreize geschaffen werden, befristete<br />
Verträge in unbefristete Verträge umzuwandeln oder Arbeitnehmer<br />
unbefristet einzustellen.<br />
4. Arbeitgeber verpflichtet werden, rechtzeitig vor Ablauf der Befristung<br />
(z.B. zwei Monate vorher) über eine geplante Verlängerung<br />
bzw. unbefristete Einstellung zu informieren.<br />
5. Die Dauer der Befristung an Hochschulen und in der Forschung<br />
muss an die Dauer des Forschungsprojekts angepasst werden.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 22<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Gleichberechtigung der Arbeitnehmer in<br />
Betrieben der Religionsgemeinschaften<br />
Den Beschäftigten in Betrieben der Religionsgemeinschaften müssen<br />
dieselben Rechte aus Tarifverträgen, der Betriebsverfassung<br />
und des allgemeinen individuellen Arbeitsrechts zustehen.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 23<br />
Landesverband Berlin<br />
Tarifliche Gleichstellung für kirchliche<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
Die <strong>SPD</strong>-Abgeordneten im Bundestag und in den Landesparlamenten<br />
sowie die sozialdemokratischen Vertreterinnen und Vertreter<br />
in den Landesregierungen werden deshalb aufgefordert, sich dafür<br />
einzusetzen, dass die Sonderbestimmungen für das ArbeitnehmerInnenrecht<br />
in kirchlichen Einrichtungen, die zum Beispiel die<br />
Zulässigkeit des „Dritten Weges“ in der ArbeitnehmerInnenvertretung<br />
regeln, aufgehoben werden. Der “Dritte Weg“ darf Tarifverträge<br />
nicht verhindern.<br />
Für alle Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen muss das Betriebsverfassungsgesetz<br />
in vollem Umfang gültig sein. Für alle<br />
nicht direkt glaubensbezogenen Tätigkeiten von kirchlichen Beamtinnen<br />
und Beamten muss das Personalvertretungsgesetz gelten.<br />
Ar21<br />
Befristete Beschäftigung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
Ar22<br />
Gleichberechtigung der Arbeitnehmer in<br />
Betrieben der Religionsgemeinschaften<br />
Erledigt durch Beschluss des Parteikonvents vom November 2012<br />
Ar23<br />
Tarifliche Gleichstellung für kirchliche<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
Erledigt durch Beschluss des Parteikonvents vom November 2012<br />
65<br />
18
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 24<br />
Unterbezirk Rheinisch-Bergischer-Kreis (Landesverband<br />
Nordrhein-Westfalen)<br />
Gleiche Rechte für alle Arbeitnehmer<br />
und Arbeitnehmerinnen in der BRD<br />
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die entsprechenden Gesetze<br />
– insbesondere das Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG § 118,<br />
Abs. 2: „Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften<br />
und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen<br />
..“) so weit zu ändern bzw. aufzuheben, dass Beschäftigte in<br />
Einrichtungen, die unter religiöser Trägerschaft stehen, die gleichen<br />
Rechte haben wie Beschäftigte in jedem anderen Unternehmen.<br />
Ar24<br />
Gleiche Rechte für alle Arbeitnehmer<br />
und Arbeitnehmerinnen in der BRD<br />
Erledigt durch Beschluss des Parteikonvents vom November 2012<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 25<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />
Neuordnung und Stärkung der<br />
Arbeitnehmerrechte von Beschäftigten<br />
in den kirchlichen Einrichtungen -<br />
Abschaffung von kirchlichen Privilegien<br />
Der Bundesparteitag der <strong>SPD</strong> fordert eine Neuordnung und Stärkung<br />
der Arbeitnehmerrechte von Beschäftigten in den kirchlichen Einrichtungen.<br />
Weiter fordert selbige eine Abschaffung/Neuordnung der<br />
durch Gesetz basierenden kirchlichen Privilegien gem. den Artikeln<br />
137 Abs. 3 WRV u. Artikel 140 GG, welche ferner durch entsprechenden<br />
Gesetzeserlass neuzuordnen bzw. abzuschaffen sind.<br />
Es müssen die gleichen Rechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
der kirchlichen Organisationen wie für die in den weltlichen<br />
Beschäftigungsverhältnissen gelten.<br />
Das als „Dritter Weg“ bezeichnete Arbeitsrecht ist abzuschaffen,<br />
den kirchlichen Beschäftigten sind die vollen gewerkschaftlichen<br />
Rechte, wie in weltlichen Betrieben zuzugestehen.<br />
Für alle Beschäftigten der kirchlichen Einrichtungen ist ein Streikrecht<br />
als ein Teil der Tarifautonomie zu gewährleisten. Nur durch<br />
die näher vorbezeichnete Vorgehensweise könne die Löhne und die<br />
Arbeitsbedingungen gleichgewichtig ausgehandelt werden.<br />
Wir fordern die Anerkennung des Betriebsverfassungsgesetz und<br />
der Gesetze der Unternehmensmitbestimmung in allen kirchlichen<br />
Einrichtungen.<br />
Der Ausschluss von 1,3 Millionen Menschen in Deutschland von<br />
grundlegenden Arbeitnehmerrechten ist kein „zivilisatorischer<br />
Fortschritt“, wie der Diakonie – Arbeitgeberverband VdDD propagiert,<br />
sondern vielmehr ein unserer Demokratie und den Sozialstaat<br />
maßgeblich beeinträchtigter Missstand!<br />
Ar25<br />
Neuordnung und Stärkung der<br />
Arbeitnehmerrechte von Beschäftigten<br />
in den kirchlichen Einrichtungen -<br />
Abschaffung von kirchlichen Privilegien<br />
Erledigt durch Beschluss des Parteikonvents vom November 2012<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 26<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />
Arbeitnehmerrechte in kirchlichen<br />
Einrichtungen<br />
Die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland sind mit ihren<br />
Einrichtungen eine tragende Säule im Sozial- und Gesundheits-<br />
Ar26<br />
Arbeitnehmerrechte in kirchlichen<br />
Einrichtungen<br />
Erledigt durch Beschluss des Parteikonvents November 2012<br />
60<br />
65<br />
19
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
wesen. Insgesamt arbeiten rund 1,3 Millionen Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer in diesem Bereich, darunter rund 900.000 bei<br />
Caritas und Diakonie.<br />
Die Kirchen und ihre Einrichtungen haben ein vom Grundgesetz geschütztes<br />
Recht, die überbetrieblichen Arbeitsbedingungen auf eine<br />
besondere Weise zu gestalten. Die Kirchenautonomie ist innerhalb<br />
der Schranken der allgemein geltenden Gesetze garantiert. Die Kirchen<br />
hatten es zwar bei der Gründung der Bundesrepublik Deutschland<br />
abgelehnt, den Weg der freien Ausgestaltung arbeitsrechtlicher<br />
Bedingungen in Tarifverträgen zwischen gleichberechtigten und<br />
voneinander unabhängigen Vertragsparteien mitzugehen (Zweiter<br />
Weg). Auf der Grundlage ihres vom Grundgesetz geschützten Selbstbestimmungsrechts<br />
entschieden sie sich für einen Dritten Weg. Auf<br />
die Zusage hin, vorbildliche Arbeitsverhältnisse einrichten zu wollen,<br />
wurde ihnen eine eigene Regelungskompetenz zugesichert. Die<br />
im Dritten Weg für die Lohn- und Arbeitsbedingungen zuständigen<br />
Arbeitsrechtlichen Kommissionen verzichteten allerdings für lange<br />
Zeit auf eine eigene Regelungskompetenz, sondern übernahmen regelmäßig<br />
den Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT).<br />
Wettbewerb und Kostendruck im Bereich sozialer Arbeit<br />
Der Sozial- und Gesundheitsbereich in Deutschland wurde ab Mitte<br />
der 1990er Jahre grundlegend umgestaltet. Bis dahin war er ein<br />
Teil der politisch gewollten Daseinsvorsorge, die von gemeinnützigen<br />
und öffentlichen Trägern umgesetzt wurde. Die Kosten wurden<br />
innerhalb bestimmter Grenzen, so wie sie anfielen, refinanziert.<br />
Maßgebliches Instrument für die Bezahlung der Personalkosten<br />
war der Bundesangestelltentarif (BAT). Dieser regelte meist über<br />
genehmigte Stellenpläne auch die Finanzierung staatlicher Institutionen<br />
oder von Sozialkassen. Auf diese Weise wurde der gesellschaftliche<br />
Preis der sozialen Dienstleistungen bestimmt. Der BAT<br />
galt zwar unmittelbar nur für den öffentlichen Bereich; von einigen<br />
Besonderheiten abgesehen, wurde er im Ergebnis vom gesamten<br />
organisierten Wohlfahrtssektor übernommen. Das galt namentlich<br />
auch für die Caritas und die Diakonie, die vor allem bis Ende der<br />
1990er Jahre enorm expandierten.<br />
Im Kern der politischen Neugestaltung der sozialen Dienste stand die<br />
Refinanzierung der Dienstleistungen. Nunmehr wurden nicht mehr<br />
die effektiv anfallenden Kosten der Träger erstattet, sondern u.a. Leistungs-<br />
und Fallpauschalen eingeführt. Zudem soll bei der öffentlichen<br />
Vergabe von Aufträgen nur noch der preisgünstigste Anbieter zum<br />
Zuge kommen. Das Kostendeckungsprinzip wurde vom Wettbewerbsprinzip<br />
abgelöst. Es war absehbar, dass im stark personalintensiven<br />
Sozialsektor der Konkurrenzdruck zwischen den Wohlfahrtsverbänden<br />
sowie den neu hinzugekommenen privaten Trägern zu bislang<br />
nicht gekannten Belastungen bei den Patienten und Hilfebedürftigen,<br />
aber auch bei den Beschäftigten führen musste.<br />
Auf die Neuausrichtung der Finanzierung, die Einführung von Wettbewerb<br />
und Kostenkonkurrenz, haben viele kirchliche Einrichtungen<br />
damit reagiert, wie gewöhnliche, betriebswirtschaftlich gesteuerte<br />
Wirtschaftsunternehmen zu agieren. Der Kostendruck wurde, wie<br />
bei anderen Arbeitgebern auch, an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
weitergegeben. Ausgründungen, Leiharbeit, Flucht aus<br />
den – kircheneigenen – Lohnregelungswerken (Arbeitsvertragsrichtlinien)<br />
haben Einzug gehalten. Das Management setzt auf Unternehmenswachstum<br />
und Fusionen. In den vergangenen fünfzehn Jahren<br />
sind viele kirchliche Großeinrichtungen mit tausenden Beschäftigten<br />
entstanden, häufig in der Form von Kapitalgesellschaften bis hin zur<br />
ersten kirchlichen Aktiengesellschaft (Agaplesion gAG).<br />
Der Sonderstatus der Arbeitnehmerrechte bei Kirchen hat mit dieser<br />
Entwicklung nicht Schritt gehalten. Angesichts der Wettbewerbsorientierung<br />
führt dies zu wachsenden Spannungen in der<br />
kirchlichen Arbeitswelt und Nachteilen für kirchliche Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer.<br />
Zerklüftung der Tariflandschaft<br />
Ein verbindlicher und allseits akzeptierter Flächentarifvertrag<br />
für den Wohlfahrtsbereich existiert schon lange nicht mehr. Als<br />
20
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Nachfolger für den BAT gibt es zwar den Tarifvertrag öffentlicher<br />
Dienst (TVöD). In der Anwendungsbreite aber reicht er bei weitem<br />
nicht an den BAT heran. Viele Kommunen haben sich in den letzten<br />
Jahren aus dem Wohlfahrtssektor zurückgezogen. Das gilt insbesondere<br />
für Pflegeheime und Krankenhäuser. Hinzu kommt, dass<br />
bei den gewinnorientierten privaten Trägern kaum kollektive Regelungen<br />
vorhanden sind. Zwar orientieren sich viele Träger der Caritas<br />
immer noch in erheblichem Maße am Regelwerk des TVöD.<br />
Umso unübersichtlicher und chaotischer ist die Lage im Bereich<br />
von EKD und besonders der Diakonie. Hier stehen in einem stark<br />
zerklüfteten System höchst verschiedene Regelungen nebeneinander.<br />
So vergüten einige Landeskirchen und Diakonische Werke<br />
nach wie vor auf dem Niveau des TVöD, andere haben eigenständige<br />
Regelungen eingerichtet, wiederum andere die Entgelte abgesenkt<br />
oder Beliebigkeitsklauseln eingeführt, um ggf. das jeweils<br />
kostengünstigste Arbeitsrecht anwenden zu können. Schließlich<br />
existieren, wie zum Beispiel in der Evangelischen Kirche Berlin-<br />
Brandenburg-Schlesische Oberlausitz (EKBO) und in Nordelbien<br />
seit langem und erfolgreich Tarifverträge mit Gewerkschaften.<br />
Die katholische Seite reagierte im Juni 2011 auf das Ausgründen<br />
von Einrichtungen und die Flucht aus den kollektiven Regelungswerken<br />
der Caritas und der Diözesen mit einem neuen Grundsatz,<br />
der ab 2014 gilt: „entweder ganz kirchlich oder ganz weltlich“.<br />
Katholische Einrichtungen, die kein kirchliches kollektives Regelungswerk<br />
anwenden, nehmen nicht mehr am Selbstverwaltungsrecht<br />
der Kirchen nach Art. 140 GG teil.<br />
Strukturelle Benachteiligung der Arbeitnehmerseite<br />
In den kirchlichen Arbeitsrechtlichen Kommissionen, in denen die<br />
Arbeitsbedingungen beschlossen werden, sind die Vertreter/innen<br />
der Arbeitnehmerseite nur formal paritätisch vertreten. Strukturell<br />
sind sie unterlegen. Die soziale Mächtigkeit der kirchlichen Arbeitgeber<br />
geht über die anderer Arbeitgeber noch hinaus, denn die<br />
Leitungsgremien von Caritas und Diakonie legen selbst die Verhandlungs-<br />
und Zutrittsbedingungen fest, unter denen die Vertreter/<br />
innen der Arbeitnehmerseite Lohnverhandlungen führen. Sie können<br />
sogar festlegen, wer an diesen Verhandlungen teilnehmen kann<br />
und wer nicht.<br />
Das Landesarbeitsgericht Hamm bewertet die Festlegung von Arbeitsbedingungen<br />
in Arbeitsrechtlichen Kommissionen als nicht<br />
gleichwertig zu der Regelung von Arbeitsbedingungen nach Artikel<br />
9 Abs. 3 Grundgesetz (Tarifvertragssystem/Tarifautonomie). Im<br />
Übrigen schließe die Regelung in den arbeitsrechtlichen Kommissionen,<br />
wonach zwei Drittel der Arbeitnehmervertreter in kirchlichen<br />
Einrichtungen tätig sein müssen, eine gewerkschaftliche Verhandlungsführung<br />
aus und beschränke diese auf Beratungsfunktionen,<br />
ohne dass hierfür die Eigenheiten des kirchlichen Dienstes<br />
eine Rechtfertigung bieten.<br />
Arbeitnehmerrechte sind nicht teilbar<br />
Die <strong>SPD</strong> respektiert das Selbstverwaltungsrecht der Religionsgesellschaften<br />
und weltanschaulichen Vereinigungen ein, das sich aus<br />
Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 3 der Weimarer<br />
Reichsverfassung ergibt.<br />
Die politisch gewollte Wettbewerbsorientierung im Bereich der sozialen<br />
Dienstleistungen hat aber dazu geführt, dass sich kirchliche<br />
Unternehmen wie gewöhnliche Unternehmen im Markt verhalten.<br />
Die Aushandlung von Arbeitsbedingungen und Entlohnung muss<br />
daher auch bei Diakonie und Caritas auf gleicher Augenhöhe zwischen<br />
Arbeitgeberseite und Arbeitnehmerseite erfolgen. Aus dem<br />
Sonderstatus der Arbeitnehmerrechte im kirchlichen Bereich darf<br />
keine Wettbewerbsverzerrung entstehen.<br />
Das Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht der Religionsgesellschaften<br />
und damit auch der Kirchen und ihrer Einrichtungen in<br />
Caritas und Diakonie findet seine Schranken in den Grundrechten.<br />
Soweit die Kirchen und ihre Einrichtungen in Caritas und Diakonie<br />
Arbeitgeber sind, muss die Grenze ihres Selbstordnungs- und<br />
Selbstverwaltungsrechts als Arbeitgeber deshalb von den Grund-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
21
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
rechten ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer her bestimmt<br />
werden und nicht umgekehrt.<br />
Gleiche Arbeitnehmerrechte für Beschäftigte bei Kirchen sind vereinbar<br />
mit dem kirchlichen Selbstverwaltungsrecht. Gleiche Arbeitnehmerrechte<br />
sind ein Gebot der Demokratie in der Arbeitswelt.<br />
Das Streikrecht ist elementares Grundrecht aller Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer und muss auch im kirchlichen Bereich gelten.<br />
Tarifverträge zu verhandeln und frei in der Wahl der Mittel zu ihrer<br />
Durchsetzung zu sein, sind also mit dem so genannten Selbstordnungs-<br />
und Selbstverwaltungsrecht vereinbar. Gute Arbeit ist immer<br />
auch mitbestimmte Arbeit. Auch für die Beschäftigten in kirchlichen<br />
Einrichtungen muss das Betriebsverfassungsgesetz gelten.<br />
Gute Arbeitsbedingungen im Bereich sozialer Arbeit herstellen<br />
Es ist eine zentrale Aufgabe der Politik, die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
für die Schaffung von guten Arbeitsbedingungen und<br />
Lohngerechtigkeit im Bereich sozialer Arbeit zu schaffen.<br />
Gute Arbeit verdient guten Lohn. Lohndumping in Krankenhäusern<br />
und Pflegeheimen darf sich nicht lohnen. Im Vordergrund müssen<br />
die Qualität und die Versorgung der Patienten stehen. Wettbewerb,<br />
der über die schlechtesten Arbeitsbedingungen und die niedrigsten<br />
Löhne ausgetragen wird, gefährdet die gute Versorgung und Sicherheit<br />
der Menschen.<br />
Deshalb ist es eine politische Aufgabe, Fehlanreize in Richtung eines<br />
Lohnsenkungswettbewerbs im Bereich der sozialen Arbeit zu<br />
beseitigen. Die Fallpauschalen und Pflegesätze müssen so bemessen<br />
sein, dass gute Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne bei der<br />
Refinanzierung berücksichtigt werden.<br />
Die Flächentarife sind ein elementarer Eckpfeiler des deutschen<br />
Sozialgefüges. Seit vielen Jahren geht jedoch die Tarifbindung<br />
zurück und das bewährte Tarifvertragssystem droht zu erodieren.<br />
Das Instrument der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen<br />
wird kaum noch genutzt, die Blockadehaltung der BDA<br />
im Tarifausschuss des BMAS hat dazu geführt, dass nur noch 1,5<br />
Prozent aller Tarifverträge allgemeinverbindlich sind. Deswegen<br />
setzen wir uns für eine Vereinfachung der Möglichkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung<br />
von Tarifverträgen ein.<br />
Für den Tarifbereich der sozialen Arbeit sollten die geltenden Tarifabschlüsse<br />
des öffentlichen Dienstes allgemeinverbindlich werden.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 27<br />
Landesverband Mecklenburg-Vorpommern<br />
Verbandsklagerecht für Gewerkschaften<br />
Die <strong>SPD</strong> spricht sich für ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften<br />
aus.<br />
Ar27<br />
Verbandsklagerecht für Gewerkschaften<br />
Erledigt durch Beschluss des ordentlichen Bundesparteitages 2011<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 28<br />
Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Keine außerbetriebliche<br />
Ausbildungsvergütung unter dem SGB-<br />
II-Regelsatz<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert eine deutliche Erhöhung der außerbetrieblichen<br />
Ausbildungsvergütung ab dem 1.Ausbildungsjahr. Diese muss<br />
immer 10% über den im § 20 II SGB II normierten Regelbedarfssatz<br />
(374 €) liegen und steigt jährlich mit der durchschnittlichen<br />
betrieblichen Brutto-Ausbildungsvergütung.<br />
Ar28<br />
Keine außerbetriebliche<br />
Ausbildungsvergütung unter dem SGB-<br />
II-Regelsatz<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
22
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 29<br />
Landesverband Berlin<br />
HIV-Positiv ein Kündigungsgrund?<br />
Alle Gliederungen der <strong>SPD</strong> werden aufgefordert sich dafür einzusetzen,<br />
dass das AGG dahingehend überprüft und geändert wird,<br />
dass es nicht aufgrund eines HIV-positiven Status zu weiteren Umgehungen<br />
der bestehenden Rechtsgrundlagen kommen kann. Dazu<br />
sollen in §1 des AGG die Diskriminierungstatbestände um das<br />
Merkmal der chronischen Krankheit HIV/AIDS erweitert werden.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 30<br />
Kreisverband Mannheim (Landesverband Baden-Württemberg)<br />
Reform des Gründungszuschusses<br />
zurücknehmen -<br />
Unternehmensgründungen als Weg aus<br />
der Arbeitslosigkeit wieder unterstützen!<br />
1. Wir fordern die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion dazu auf, im Falle einer<br />
Regierungsbeteiligung dafür zu sorgen, die Reform des Gründungszuschusses<br />
von 2011 zurückzunehmen.<br />
2. Die Forderung nach der Rücknahme der Reform des Gründungszuschusses<br />
soll Teil des <strong>SPD</strong>-Regierungsprogramms zur Bundestagswahl<br />
2013 werden.<br />
Ar29<br />
HIV-Positiv ein Kündigungsgrund?<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
Ar30<br />
Reform des Gründungszuschusses<br />
zurücknehmen -<br />
Unternehmensgründungen als Weg aus<br />
der Arbeitslosigkeit wieder unterstützen!<br />
Erledigt durch Antrag der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion, Drucksache<br />
17/6454<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 31<br />
Unterbezirk Köln (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Rücknahme der Instrumentenreform 2012<br />
Der Beschluss soll in das Wahlprogramm zur Bundestagswahl am<br />
22.09. eingearbeitet werden.<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen<br />
1. Die Landesregierungen bringen kurzfristig im Bundesrat einen<br />
Antrag ein, mit dem die Bundesregierung aufgefordert<br />
wird:<br />
1.1 Das Vergabeverfahren bei der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />
für Projekte im Übergang Schule – Beruf sowie für Qualifizierungs-<br />
und Beschäftigungsmaßnahmen mit sog. „arbeitsmarktfernen“<br />
oder langzeitarbeitslosen Menschen – vor allem<br />
im Bereich der Jugendlichen - so zu ändern, dass sich auch<br />
erfahrene und qualifizierte örtliche Träger, die ihre Mitarbeiter<br />
nach branchenüblichen Tarifen bezahlen, wettbewerbsfähig<br />
beteiligen können.<br />
Außerdem müssen die Beauftragungszeiten so verlängert werden,<br />
dass die Maßnahmeneine nachhaltige Wirkung erzielen<br />
und die Maßnahmenträger qualifiziertes Personal binden und<br />
ihre Infrastruktur (z.B. Werkstätten) besser planen können.<br />
1.2 Die Instrumentenreform 2012 und die damit verbundenen drastischen<br />
Kürzungen in den Eingliederungstiteln in diesen Bereichen<br />
sind zurückzunehmen. Die Finanzierung dieser Maßnahmen<br />
erfolgt im Rahmen des jeweiligen Haushaltes der BA.<br />
2. Die Bundestagsfraktion der <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, diese<br />
Ziele auch über die Arbeit im Deutschen Bundestag weiter zu<br />
unterstützen.<br />
Ar31<br />
Rücknahme der Instrumentenreform 2012<br />
Punkt 1: Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
Punkt 2 und 3: Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
(Überwiesen vom a.o. BPT 14.April 2013, II.A33)<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
23
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Einarbeitung ins Wahlprogramm<br />
3. Die Abschaffung der Instrumentenreform 2012 und die Schaffung<br />
eines sozialen Arbeitsmarktes sollen auch zum Gegenstand<br />
des Bundestagswahlprogramms gemacht werden.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 32<br />
Unterbezirk Duisburg (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Vorsorgende Arbeitsmarktpolitik<br />
- Wege aus der Arbeitslosigkeit<br />
Die zentrale Aufgabe sozialdemokratischer Arbeitsmarktpolitik hat<br />
es zu sein, Arbeitslosigkeit auch vorsorgend und präventiv zu verhindern<br />
und zugleich Wege aus der Arbeitslosigkeit aufzuzeigen.<br />
• Regelungen beim ALG I sind so zu gestalten, dass eine Reintegration<br />
in reguläre Arbeitsmärkte erleichtert und gefördert, ein<br />
„Absturz“ in das ALG II jedoch möglichst vermieden wird.<br />
• Umgekehrt ist v.a. über zielgerichtete Qualifizierungsmaßnahmen<br />
auch in konkreter Zusammenarbeit mit Wirtschafts- und<br />
Dienstleistungsunternehmen eine Durchlässigkeit aus dem ALG<br />
II in das ALG I zu ermöglichen. Hierdurch lassen sich Chancen<br />
für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf<br />
regulären Arbeitsmärkten ganz erheblich verbessern. Eine Qualifizierung<br />
heraus aus dem ALG II zumindest hinein in einen<br />
erneuten, zeitweiligen Bezug eines ALG I muss für zuvor sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigte möglich gemacht werden.<br />
Insbesondere gilt dies für Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit<br />
und einem hohen Anteil an bisherigen Beziehern des ALG II.<br />
Als weitere, konkrete Maßnahmen fordern wir im Anschluss an<br />
neuere Beschlüsse des <strong>SPD</strong>-Bundesvorstandes, der <strong>SPD</strong>-Bundesparteitage<br />
und der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion zudem:<br />
• Ein Mindestarbeitslosengeld I von 750 Euro für zuvor vollzeitbeschäftigte<br />
Alleinstehende und eine Gewährung des Kinderzuschlages<br />
auch für Kurzzeitarbeitslose, um für diese zumindest<br />
ein ALG I in Höhe von ALG II-Sätzen von Langzeitarbeitslosen<br />
sicherzustellen.<br />
• Eine Verlängerung der für den ALG I Bezug geforderten Rahmenfrist<br />
von 24 auf 36 Monate und eine Senkung der für diesen<br />
Zeitraum notwendigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung<br />
von zwölf auf nunmehr nur sechs Monate - um so auch<br />
zahlreichen, zuvor eher prekär Beschäftigten im Falle von Arbeitslosigkeit<br />
einen Bezug von ALG I möglich zu machen.<br />
• Die Einrichtung von sozialen Arbeitsmärkten in Zusammenarbeit<br />
von Kommunen, Ländern und dem Bund mit Möglichkeiten<br />
auch einer mittel- und längerfristigen Beschäftigung, die ebenfalls<br />
aus dem alleinigen Bezug von ALG II herausführen kann.<br />
Hierbei sind zugleich Fördermittel aus den EU-Sozialfonds in<br />
Anspruch zu nehmen und vermehrt bereit zu stellen.<br />
• Dem Trend zur weiteren Prekarisierung ist entschieden entgegenzuwirken,<br />
prekäre Arbeit hat als Dauerzustand inakzeptabel<br />
zu bleiben. Zugleich und vermehrt sind „Brücken in reguläre<br />
Erwerbstätigkeit“ (vgl. Hubertus Heil, Progressive Wirtschaftspolitik)<br />
und „Gute Arbeit“ zu bauen und sind Mindestlöhne und<br />
angemessene Löhne zu zahlen. Regulierte Beschäftigungsverhältnisse<br />
und Normalarbeitszeitverhältnisse sind um flexible<br />
Elemente wie Arbeitszeitkonten lediglich zu ergänzen.<br />
• Eine verstärkte regionale Wirtschaftsförderung in Zusammenarbeit<br />
der kommunalen Körperschaften, der Länder, dem Bund und<br />
der EU, um die auch in Deutschland erheblichen regionalen Disparitäten<br />
in der Wirtschaftsentwicklung abzubauen. Die Chancen<br />
von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ihre Arbeitsplätze zu<br />
sichern und ihre Chancen auf Arbeitsmärkten durch neu zu schaffende<br />
und bereitzustellende Arbeitsplätze sind so zu verbessern.<br />
Ar32<br />
Vorsorgende Arbeitsmarktpolitik - Wege<br />
aus der Arbeitslosigkeit<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
24
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 33<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Neuregelungen zur Bekämpfung<br />
prekärer Beschäftigungsformen<br />
Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert sich mit den herrschenden und stetig<br />
zunehmenden Verwerfungen des Arbeitsmarktes auseinanderzusetzen<br />
und eine Neuregelung gesetzlich zu verankern. Dazu gehören<br />
klare Regeln für die Lohnfindung und die Arbeitsorganisation<br />
– sichere Arbeit, gerechter Lohn für gleiche und gute Arbeit, die<br />
Stärkung einer neuen Arbeitsqualität.<br />
Wir fordern einen gesetzlichen Mindestlohn von 9,50€. Das ist ein<br />
wichtiger Schritt zum Schutz vor Ausbeutung.<br />
Dem Mißbrauch unstetiger Arbeitsverhältnisse - geringfügige Beschäftigungsformen,<br />
sachgrundlose befristete Beschäftigungen,<br />
Lohndumping bei Leiharbeit, Zeitarbeit, Werkverträgen - muß Einhalt<br />
geboten bzw. abgeschafft werden. Die Tarifbindung muß wieder gestärkt<br />
werden, um dem Lohndumping Einhalt zu gebieten. Der Grundsatz<br />
„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ muß endlich umgesetzt werden.<br />
Die Möglichkeiten der Sozialversicherungsträger, Scheinwerkverträge<br />
festzustellen und zu sanktionieren müssen verbessert werden.<br />
Auch der Problematik „unfreiwillige Teilzeit (TZ) und sachgrundlose<br />
Befristung“ muss entgegengetreten werden. Wir fordern daher:<br />
• Rückkehr zu mehr dauerhaften Beschäftigungsverhältnissen<br />
– „Dauerstellen für Daueraufgaben“<br />
• Abschaffung des WissZeitVG, ersatzlose Streichung der sachgrundlosen<br />
Befristung aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />
dessen § 14 II das Kündigungsschutzgesetz faktisch außer Kraft<br />
setzt und unstetigen Arbeitsverhältnissen Tür und Tor öffnet!<br />
• Neue faire Befristungsregeln (keine „Kettenbefristungen“ wie<br />
sie z.B. der EuGH am 26.01.2012 – C-586/10 befürwortet)<br />
• Mindeststandards bei Vertragslaufzeiten und TZ<br />
• Die Wiedereinführung eines Synchronisationsverbots, das verhindert,<br />
dass Beschäftigte nur für die Dauer eines Auftrages bei<br />
der Leiharbeitsfirmen eingestellt werden.<br />
• Die Einführung von Prüfungs- und Mitbestimmungsrechten des<br />
Betriebsrats bei Abschluss von Werkverträgen.<br />
Ar33<br />
Neuregelungen zur Bekämpfung<br />
prekärer Beschäftigungsformen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 34<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Verbesserungen beim Teilzeitgesetz (TzBfG)<br />
Das Teilzeitgesetz im Teilzeit- und Befristungsgesetz soll weiterentwickelt<br />
werden, insbesondere soll die Verringerung der Arbeitszeit<br />
mit der Möglichkeit diese zu befristen, unabhängig von<br />
der Zahl der Beschäftigten möglich sein und die Aufstockung auf<br />
vollzeitnahe oder Vollzeitbeschäftigung erleichtert werden.<br />
Ar34<br />
Verbesserungen beim Teilzeitgesetz (TzBfG)<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
45<br />
50<br />
55<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 35<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Mehr Demokratie in der Wirtschaft wagen<br />
Arbeit ist für die meisten Menschen in unserer Gesellschaft von<br />
zentraler Bedeutung. Daher gehört es auch zum Markenkern sozialdemokratischer<br />
Politik, dass die Wirtschaft kein demokratiefreier<br />
Ar35<br />
Mehr Demokratie in der Wirtschaft wagen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm und Antrag der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion,<br />
Drucksache 17/13476<br />
60<br />
65<br />
25
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Ort ist, sondern die Beschäftigten an den Entscheidungen beteiligt<br />
werden und mitbestimmen können.<br />
Die betriebliche Mitbestimmung ist in den letzten Jahren aber<br />
durch wirtschaftliche Entwicklungen und politische Entscheidungen<br />
stärker unter Druck geraten. Die Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse,<br />
die Deregulierung im Arbeitsrecht und die<br />
Zunahme der Aufgaben stellen Betriebsräte vor neue Herausforderungen.<br />
Um dieses Stück Demokratie in der Wirtschaft aber zu bewahren<br />
müssen die Mitbestimmungsrechte an die Entwicklungen<br />
angepasst und ausgebaut werden.<br />
Wir fordern daher:<br />
• Ausweitung der Zustimmungsverweigerungsrechte des Betriebsrats<br />
bzw. Personalrats beim Einsatz von Leiharbeit<br />
• Betriebsräte und Personalräte brauchen ein Informationsrecht<br />
gegenüber dem Arbeitgeber zum Stand der vorhandenen und geplanten<br />
Werkverträge im Betrieb; bei Verdacht des Missbrauchs<br />
von Werkverträgen als getarnte Arbeitsverhältnisse brauchen Betriebsräte<br />
und Personalräte ein Zustimmungsverweigerungsrecht.<br />
• mehr Mitbestimmung bei der Personalplanung einschließlich<br />
dem Initiativrecht für Betriebs- und Personalräte<br />
• regelmäßig im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer müssen bei<br />
der Ermittlung von Schwellenwerten für Betriebsrats- und Personalratsmandate<br />
und Freistellungen mit herangezogen werden.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 36<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Alters- und alternsgerechtes Arbeiten<br />
Eine alters- und alternsgerechte Gestaltung des Arbeitsumfelds<br />
wird immer wichtiger.<br />
Zum einen sollen nach dem Willen der Mainstreamökonomie die<br />
Menschen immer länger im Arbeitsprozess bleiben. Zum anderen<br />
sind aber nur noch 15 % bis 65 Jahre erwerbstätig.<br />
Grund dafür ist zum einen der Trend in den meisten Unternehmen nur<br />
junge „olympiareife“ Arbeitnehmer/-innen einzustellen. Nur in den<br />
seltensten Fällen wird bewusst auf die Erfahrung und das erworbene<br />
Können der älteren Generation zurückgegriffen. Vielmehr wird oftmals<br />
versucht, sich von älteren Arbeitnehmer/-innen zu trennen.<br />
Die zunehmende Verdichtung und Beschleunigung erhöht den<br />
Druck auf ältere Arbeitnehmer/-innen im Arbeitsleben. Eine Vielzahl<br />
von Untersuchungen zeigt, dass sich die Arbeitsbelastungen<br />
- sowohl physischer als auch psychischer Natur - in den letzten<br />
Jahren erhöht haben. In der Industrie scheidet ein Drittel der Beschäftigten<br />
frühzeitig aufgrund von gesundheitlichen Problemen<br />
aus dem Erwerbsleben aus.<br />
Die gesundheitlichen Auswirkungen der Arbeit zeigen sich mit zunehmenden<br />
Alter immer stärker. Alternsgerechtes Arbeiten beginnt<br />
daher nicht erst kurz vor der Rente, sondern bedeutet auch gesundes<br />
Arbeiten von Anfang an.<br />
Wir fordern daher:<br />
• die zwingende Einführung eines betrieblichen Gesundheitsund<br />
Wiedereingliederungsmanagements für größere Betriebe<br />
unter Einbeziehung des Betriebsrats bzw. Personalrats und der<br />
Schwerbehindertenvertretung<br />
• eine umfänglichere Gefährdungsanalyse von Arbeitsplätzen, die<br />
alle Aspekte der Gesundheitsgefährdung mit einbezieht und eine<br />
zwingende Mitbestimmung des Betriebsrats bzw. Personalrats<br />
bei der Umsetzung von Gegenmaßnahmen.<br />
• Ausweitung der Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten bzw.<br />
Personalräten bei der alters- und alternsgerechten Ausgestaltung<br />
von Arbeitsplätzen<br />
• flexible Ausstiegsmodelle aus dem Arbeitsleben, die es besonders<br />
belasteten Arbeitnehmer/-innen auch finanziell ermöglicht<br />
früher aus dem Arbeitsleben auszuscheiden.<br />
Ar36<br />
Alters- und alternsgerechtes Arbeiten<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
26
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
• die Abschaffung der Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente<br />
und die Wiedereinführung der Berufsunfähigkeitsrente<br />
• staatliche Förderung von betrieblichen Präventionsmaßnahmen<br />
im Bereich Gesundheit<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 37<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Ausbildungs- und Übernahmesituation<br />
verbessern<br />
• Bei öffentlichen Aufträgen soll als ein Vergabekriterium gelten,<br />
ob das Unternehmen ausbildet und nach der Ausbildung die Ausgebildeten<br />
übernimmt.<br />
• Nur noch knapp 25% der Betriebe bildet aus. Um dies zu ändern<br />
müssen Betriebe die ausbilden entlastet und Betriebe, die nicht<br />
ausbilden sich finanziell an der Schaffung neuer Ausbildungsplätze<br />
beteiligt werden. Daher fordern wir eine Ausbildungsumlagefinanzierung.<br />
• Im öffentlichen Dienst müssen alle Auszubildenden nach erfolgreich<br />
absolvierter Berufsausbildung in ein Arbeitsverhältnis<br />
übernommen werden und eine Ausbildungsquote entsprechend<br />
des Eigenbedarfs muss mindestens erfüllt werden.<br />
• Angemessene Vergütung von Hochschul- und Ausbildungs-AbsolventInnen,<br />
egal ob sie Trainee, Praktikant, Volontär, Hospitant<br />
oder anders genannt werden, die sich an den realen Lebenshaltungskosten<br />
orientiert. Der Ausbildungscharakter dieser Lernverhältnisse<br />
muss deutlich sein, der Ersatz von Arbeitsplätzen<br />
durch Praktikumsstellen muss verhindert werden.<br />
• Die Aufsichtsbehörden sollen die gültigen Arbeitsgesetze wie<br />
Bundesurlaubsgesetz, Arbeitszeitschutzgesetz überprüfen können.<br />
• Das Jugendarbeitsschutzgesetz muss vor Aufweichungen<br />
geschützt werden.<br />
Ar37<br />
Ausbildungs- und Übernahmesituation<br />
verbessern<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 38<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Kurze Vollzeit<br />
Eine Diskussion über eine deutliche Arbeitszeitverkürzung bzw.<br />
kurze Vollzeit muss innerhalb der Partei erneut geführt werden.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 39<br />
Landesverband Berlin<br />
Tarifautonomie gegen Pläne der EU<br />
verteidigen<br />
Der <strong>SPD</strong> Bundesparteitag fordert den <strong>SPD</strong> Parteivorstand, die Mitglieder<br />
im Deutschen Bundestag und im Europaparlament auf, die Tarifautonomie<br />
gegen die Pläne der EU zu verteidigen und alle Leitlinien und<br />
Vorgaben unter dem Etikett der „Lohnangleichung“ und „Koordinierung“<br />
unter dem Vorwand „Unausweichlichkeit des Schuldenabbaus“<br />
und des Diktats der „leeren Kassen“, sei es auf nationaler oder europäischer<br />
Ebene, abzulehnen. Das gilt auch für mögliche Vorgaben der<br />
EU-Kommission und von dieser geplanten „tripartiten Lohnbeobachtungsgruppe“<br />
aus EU-Kommission, Arbeitgebern und Gewerkschaften.<br />
Ar38<br />
Kurze Vollzeit<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
Ar39<br />
Tarifautonomie gegen Pläne der EU<br />
verteidigen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand, <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und<br />
an Gruppe der <strong>SPD</strong>-Abgeordneten im Europäischen Parlament<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
27
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 40<br />
Unterbezirk Aschaffenburg (Landesverband Bayern)<br />
Zurücksetzung der Kleinbetriebsklausel<br />
auf einen Arbeitnehmer<br />
Wir fordern eine Zurücksetzung der Kleinbetriebsklausel des § 23<br />
Abs. 1 KSchG auf fünf Arbeitnehmer und somit eine Abkehr von<br />
den seit dem 31.12.2003 geltenden 10 Arbeitnehmern. Langfristig<br />
streben wir die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ab<br />
dem ersten Arbeitnehmer an.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 41<br />
Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />
Scheingewerkschaften dürfen echte<br />
Tarifabschlüsse nicht gefährden!<br />
Immer häufiger sucht die Arbeitgeberseite in Tarifverhandlungen<br />
das Gespräch mit mehr oder weniger christlichen oder sonstigen<br />
„Gewerkschaften“ um das Ergebnis der Verhandlungen zu ihren<br />
Gunsten zu beeinflussen. Umso dramatischer wird dieser Umstand,<br />
bedenkt man, dass die Gewerkschaften mit denen hier Tarifabschlüsse<br />
erzielt werden, meist nicht mal Mitglieder in dem betreffenden<br />
Betrieb haben. Das Ergebnis dessen ist ein für die Arbeitnehmer_Innen<br />
mehr als dürftiger Tarifabschluss.<br />
Um den Arbeitnehmer_Innen ihren verdienten Anteil an der Leistung<br />
und -fähigkeit ihres Unternehmens zu sichern brauchen sie<br />
Tarifabschlüsse die diesen Namen auch verdienen verhandelt durch<br />
starke Gewerkschaften, wie der IGM oder der verdi. Diese Gewerkschaften<br />
können nur die sein die durch einen Großteil der organisierten<br />
ArbeitnehmerInnen eine Rechtfertigung dazu erhalten ihre<br />
Interessen gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten.<br />
Die <strong>SPD</strong> und ihre Bundestagsfraktion soll deshalb darauf hinwirken,<br />
dass künftig vor Tarifverhandlungen die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften<br />
aus den betroffenen Branchen offen gelegt werden müssen.<br />
Um tariffähig zu sein und Tarifverträge abschließen zu können, ist<br />
laut ständiger Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts eine ausreichende<br />
„Sozialmächtigkeit“ der Gewerkschaften notwendig. Das<br />
heißt, sie müssen ausreichend schlagkräftig und durchsetzungsfähig<br />
sein, um der Arbeitgeberseite ein wirkliches Gegengewicht (viele<br />
Mitglieder_Innen) bieten zu können. Dies würde durch eine Offenlegung<br />
der Branchenmitgliederzahlen gewährleistet werden.<br />
Ar40<br />
Zurücksetzung der Kleinbetriebsklausel<br />
auf einen Arbeitnehmer<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
Ar41<br />
Scheingewerkschaften dürfen echte<br />
Tarifabschlüsse nicht gefährden!<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 42<br />
Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />
Einführung eines Mindestlohnes in Höhe<br />
von 10 Euro pro Stunde<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert die Einführung eines gesetzlich garantierten Mindestlohns<br />
in Höhe von 10 Euro je Arbeitsstunde für alle Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer. Die Höhe des Mindestlohnes sollte<br />
sich an dem Rentenanspruch orientieren, der nach einem langjährigen<br />
Erwerbsleben erworben wird und der den Höchstbetrag der<br />
Grundsicherung übersteigen muss.<br />
Ar42<br />
Einführung eines Mindestlohnes in Höhe<br />
von 10 Euro pro Stunde<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
28
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 43<br />
Unterbezirk Hochtaunus (Bezirk Hessen-Süd)<br />
Rechtsbehelfsbelehrung auch bei<br />
Kündigung von Arbeitsverhältnissen<br />
Durch Änderung des Kündigungsschutzgesetzes bzw. des Arbeitsgerichtsgesetzes<br />
sollen Arbeitgeber dazu verpflichtet werden, bei<br />
Kündigung von Arbeitsverhältnissen die betroffenen Beschäftigten<br />
schriftlich darüber zu belehren, dass innerhalb von drei Wochen<br />
beim zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben<br />
werden kann.<br />
Unterbleibt eine solche Belehrung, soll sich die Klagefrist auf ein<br />
Jahr verlängern.<br />
Ar43<br />
Rechtsbehelfsbelehrung auch bei<br />
Kündigung von Arbeitsverhältnissen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 44<br />
Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />
HIV-Positiv ein Kündigungsgrund? II<br />
Alle Gliederungen der <strong>SPD</strong> werden aufgefordert sich dafür einzusetzen,<br />
dass das AGG dahingehend überprüft und geändert wird,<br />
dass es nicht aufgrund eines HIV-positiven Status zu weiteren Umgehungen<br />
der bestehenden Rechtsgrundlagen kommen kann. Dazu<br />
soll §2 Abs. 4 des AGG gestrichen werden.<br />
Ar44<br />
HIV-Positiv ein Kündigungsgrund? II<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 45<br />
Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />
Schutz ausländischer Beschäftigter in der<br />
häuslichen Pflege<br />
Besonders die in Privathaushalten beschäftigten Pflege- und Betreuungskräfte<br />
aus Osteuropa sind häufig Arbeitsbedingungen<br />
ausgesetzt, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen: Sie<br />
müssen rund um die Uhr zur Verfügung stehen und besitzen keine<br />
in Deutschland gültige Krankenversicherung. Von rund 120.000<br />
osteuropäischen Betreuungskräften in Deutschland sind nur etwa<br />
1000 über die Zentrale Vermittlungsstelle der Agentur für Arbeit<br />
(ZAV) angemeldet und damit zu vollkommen legalen Bedingungen<br />
hier. Die Freizügigkeit seit dem 01.05.2011 erleichtert die legale<br />
Beschäftigung, verhindert jedoch nicht illegale Arbeitsverhältnisse.<br />
Legale Arbeitsverhältnisse für die Betroffenen gibt es auch durch<br />
private „Betreuungsagenturen“.<br />
Daher fordern wir Kontrollmechanismen, die die gesetzlichen Vorgaben<br />
bei der Vermittlung von ausländischen Pflege- und Betreuungskräften<br />
sicherstellen. Darüber hinaus fordern wir Maßnahmen<br />
zu ergreifen, um der fortschreitenden Absenkung der Standards im<br />
Arbeit- und Sozialschutz von Pflege- und Betreuungskräften Einhalt<br />
zu gebieten.<br />
Ar45<br />
Schutz ausländischer Beschäftigter in der<br />
häuslichen Pflege<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
29
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 46<br />
Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />
Neubewertung der sozialen Berufe<br />
Der geschlechtsspezifisch aufgeteilte Arbeitsmarkt, in dem Frauen<br />
oft in gering entlohnten Berufen und in Branchen mit niedrigem<br />
Entgeltniveau tätig sind sowie die Unterbewertung von Berufen, in<br />
denen hauptsächlich Frauen beschäftigt sind, werden unter anderem<br />
als Ursachen für die Entgeltungleichheit bei Frauen und Männern<br />
(Gender Pay Gap) benannt.<br />
Zu den Berufen, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden,<br />
gehören insbesondere soziale Berufe im Bereich der Erziehung,<br />
Jugendarbeit, Gesundheit und Pflege, in denen für die gesamte Gesellschaft<br />
unentbehrliche Tätigkeiten durchgeführt werden. Dieser<br />
Aspekt wird weder bei der Entlohnung und Bewertung dieser vor<br />
allem von Frauen ausgeübten Berufe berücksichtigt noch bei der<br />
gesellschaftlichen Wertschätzung. Durch Verdienste, die der geforderten<br />
Leistung entsprechen, würden bestehende Entgeltbenachteiligungen<br />
von Frauen beseitigt und zusätzlich die Attraktivität<br />
dieser gesellschaftlich wichtigen Berufe gesteigert, was auch den<br />
Fachkräftemangel in diesem Bereich reduzieren könnte.<br />
Die ASF fordert die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion auf, dafür Sorge zu<br />
tragen, dass auf der Grundlage entsprechender Studien die Bewertung<br />
vom Tätigkeiten im Sozial- und Erziehungsdienst, in Gesundheitsfachberufen<br />
(z.B. pädagogische Fachkräfte, Alten- und Krankenpflege,<br />
Erzieherin in der Kita, medizinische Fachangestellte)<br />
überprüft und konkrete Vorschläge zur Einführung von objektiven<br />
Bewertungskriterien erarbeitet, mit dem Ziel, dass gleichwertige<br />
Tätigkeiten in Zukunft auch gleich bezahlt werden. Es soll der<br />
Grundsatz „gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ gelten. Hierbei<br />
ist der eg-check (Entgeltgleichheits-Check) als ein bereits weit entwickeltes<br />
Bewertungsverfahren mit einzubeziehen.<br />
Ar46<br />
Neubewertung der sozialen Berufe<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 47<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Personalräte stärken<br />
Um die rechtliche Stellung der hessischen Personalräte endlich zu<br />
stärken und ihre Rechte denen der Betriebsräte wieder anzupassen,<br />
werden vielfältige Änderungen im Hessischen Personalvertretungsgesetz<br />
notwendig. Es müssen deshalb sowohl die Kollektivrechte<br />
der Personalvertretung, als auch die Individualrechte der<br />
einzelnen Arbeitnehmer gestärkt werden.<br />
Hierunter fallen insbesondere:<br />
• Ein Initiativrecht der Personalvertretung im Bereich von personellen<br />
Einzelmaßnahmen wird eingeräumt.<br />
• Der Aufgabenbereich der Personalvertretung wird um das Aufgabengebiet<br />
der Förderung der Vereinbarkeit von Familie und<br />
Beruf erweitert.<br />
• Die Wiederherstellung von Mitbestimmungstatbeständen im Bereich<br />
von organisatorischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten.<br />
• Die Arbeitnehmer erhalten ein Anhörungsrecht in sie betreffenden<br />
Entscheidungen (besonders im Bezug auf Höhergruppierungen<br />
und Beförderungen). Für die Betroffenen soll so vor allem<br />
auch eine höhere Transparenz erreicht werden.<br />
• Die Arbeitnehmer verfügen über einen Rechtsanspruch auf Zuziehung<br />
eines Personalratsmitgliedes oder Gewerkschaftsbeauftragten<br />
zu Gesprächen mit dem Arbeitgeber.<br />
Die konkrete Ausgestaltung des neuen HPVG soll in enger Zusammenarbeit<br />
mit den Gewerkschaften und den Personalvertretungen erfolgen.<br />
Ar47<br />
Personalräte stärken<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-LandtagsfraktionHessen<br />
30
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 48<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
Gesetzliche Mindestvergütung für<br />
Auszubildende<br />
Die BT-Fraktion der <strong>SPD</strong> wird gebeten sich dafür einzusetzen, die<br />
Forderung nach<br />
1. einem gesetzlichen Mindestlohn wird um die Komponente<br />
„Mindestvergütung für Auszubildende“ erweitert und es wird<br />
darauf hingewirkt, die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung<br />
durchzusetzen.<br />
Die Höhe dieser Mindestvergütung wird wie folgt festgesetzt:<br />
EUR 600,00 Brutto im 1. Lehrjahr<br />
EUR 625,00 Brutto im 2. Lehrjahr<br />
EUR 650,00 Brutto im 3. Lehrjahr<br />
EUR 675,00 Brutto im 4. Lehrjahr<br />
2. Die Erhöhung der Mindestausbildungsvergütung wird ebenfalls<br />
in der Mindestlohnkommission jedes Jahr mitverhandelt.<br />
Ar48<br />
Gesetzliche Mindestvergütung für<br />
Auszubildende<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 49<br />
Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Unbeschränkter Kündigungsschutz<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert sich dafür einzusetzen,<br />
dass bundesweit ein unbeschränkter Kündigungsschutz für<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingeführt wird, die länger<br />
als 20 Jahre einem Betrieb zugehörig sind.<br />
Ar49<br />
Unbeschränkter Kündigungsschutz<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 50<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />
Tarifliche Regelungen und<br />
Mit bestimmung für Abgeordnetenmitarbeiterinnen<br />
und -mitarbeiter.<br />
Beschlüsse umsetzen.<br />
Der Bundesparteitag erinnert alle Europa-, Bundestags- und Landtagsabgeordneten<br />
der <strong>SPD</strong> und den Vorstand der Sozialdemokratischen<br />
Partei Deutschlands an die Beschlüsse des Bundesparteitages<br />
1988 in Münster, des Bundesparteitages 2005 in Karlsruhe<br />
und des Bundesparteitages 2011 in Berlin. Um sicherzustellen,<br />
dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Europa-, Bundestags-<br />
und Landtagsabgeordneten zukünftig sowohl tarifvertraglich<br />
geregelte Arbeitsbedingungen als auch Mitbestimmungsrechte über<br />
ihre Arbeitsverhältnisse erhalten, werden die sozialdemokratischen<br />
Abgeordneten der entsprechenden Parlamente aufgefordert, die<br />
organisatorischen und formellen Voraussetzungen zu schaffen, um<br />
die Arbeitsverträge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf eine<br />
kollektive Basis zu stellen und eine rechtlich abgesicherte Interessenvertretung<br />
mit verankerten Mitbestimmungsrechten institutionalisieren<br />
zu können.<br />
Der Bundesparteitag unterstreicht ausdrücklich die sozialdemokratischen<br />
Vorstellungen von fairen Arbeitsbedingungen und Rechten<br />
von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Sozialdemokratische<br />
Abgeordnete tragen in ihrer Funktion als Arbeitgeberinnen und Ar-<br />
Ar50<br />
Tarifliche Regelungen und<br />
Mitbestimmung für<br />
Abgeordnetenmitarbeiterinnen und<br />
-mitarbeiter. Beschlüsse umsetzen.<br />
Erledigt durch Beschluss des Bundesparteitags 2011<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
31
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
beitgeber die Verantwortung, diesen Vorstellungen Glaubwürdigkeit<br />
zu verleihen.<br />
Der Bundesparteitag begrüßt, dass für die Bundestagsabgeordneten<br />
mit der Tarifgemeinschaft der Abgeordneten des Deutschen<br />
Bundestages 1991 ein Arbeitgeberverband gegründet wurde. Er begrüßt<br />
auch, dass durch einen Tarifvertrag zwischen dieser Tarifgemeinschaft<br />
und der Gewerkschaft ver.di ein Tarifvertrag geschlossen<br />
wurde, der sozialdemokratischen Vorstellungen von „Guter<br />
Arbeit“ entspricht:<br />
• Verpflichtung, die Vorgaben des Gehaltsrahmens nicht zu unterschreiten.<br />
• Automatische Weitergabe von Tarifanpassungen im öffentlichen<br />
Dienst.<br />
• Weiterbeschäftigungsanspruch bei Wiederwahl von Abgeordneten.<br />
• Verbot willkürlicher Kündigungen; Überprüfung von Kündigungen<br />
durch eine paritätisch besetzte Konfliktkommission.<br />
Der Bundesparteitag sieht jedoch mit Sorge, dass ein großer Teil<br />
(in der Fraktion des 17. Bundestages mehr als ein Drittel) der Bundestagsabgeordneten<br />
der <strong>SPD</strong> nicht Mitglied dieser Tarifgemeinschaft<br />
ist und dass ähnliche Regelungen in Landesparlamenten und<br />
im Europaparlament gar nicht existieren.<br />
Der Beschluss des Bundesparteitages aus dem Jahr 2011 (Beschluss<br />
- Nr. 51, Ordentlicher <strong>SPD</strong>-Parteitag, Berlin vom 4.-6. Dezember<br />
2011) zum Thema „Tarifliche Regelungen und Mitbestimmung<br />
für Abgeordnetenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter“, muss<br />
daher endlich umgesetzt werden.<br />
Der Bundesparteitag fordert den Parteivorstand auf, diese Umsetzung<br />
voranzutreiben und den Prozess hin zu mehr Mitbestimmung<br />
und Arbeitnehmerrechten zu begleiten.<br />
Der Bundesparteitag fordert alle Bundestagsabgeordneten der <strong>SPD</strong><br />
auf, zur Umsetzung dieses Beschlusses der Tarifgemeinschaft der<br />
Abgeordneten des Deutschen Bundestages beizutreten, soweit<br />
noch nicht geschehen.<br />
Der Bundesparteitag fordert die Europa- und Landtagsabgeordneten<br />
der <strong>SPD</strong> auf, sich in den jeweiligen Parlamenten dafür einzusetzen,<br />
dass auch dort Bedingungen entsprechend des Parteitagsbeschlusses<br />
geschaffen werden.<br />
Der Bundesparteitag fordert alle Europa-, Bundestags- und Landtagsabgeordneten<br />
der <strong>SPD</strong> auf, sich für institutionalisierte Mitbestimmungs-<br />
und Mitwirkungsrechte der Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter und ihren gewählten Interessenvertretungen auf allen<br />
Ebenen, auf denen über die Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
entschieden wird (z. B. auf der Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes<br />
oder des Bundespersonalvertretungsgesetzes),<br />
einzusetzen.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 51<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />
Eine gerechte Ordnung auf dem<br />
Arbeitsmarkt<br />
Es ist das Verdienst der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,<br />
die hart dafür gearbeitet haben, dass die Konjunktur in den letzten<br />
beiden Jahren wieder angezogen ist. Es ist auch das Verdienst<br />
sozialdemokratischer Politik, die in der Krise mit aktiver Konjunkturpolitik<br />
gegengesteuert hatte und mit dem flexiblen Einsatz der<br />
Kurzarbeit in der Rezession die Voraussetzungen geschaffen hat,<br />
dass die Menschen in Beschäftigung und Fachkräfte in den Unternehmen<br />
geblieben sind. Und es ist das Verdienst der Tarifparteien,<br />
die alle verfügbaren Möglichkeiten genutzt haben, das Beschäftigungsniveau<br />
hoch zu halten.<br />
Die hohen Wachstumsraten der letzten beiden Jahre dürfen nicht<br />
darüber hinwegtäuschen, dass die Konjunktur labil ist. Die in der<br />
Ar51<br />
Eine gerechte Ordnung auf dem<br />
Arbeitsmarkt<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
32
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Verantwortung stehenden Regierungen der Europäischen Union<br />
haben es bislang versäumt, die Konsequenzen aus der Finanzkrise<br />
zu ziehen und die Finanzmärkte wirksam zu regulieren.<br />
Die Unternehmen haben im wirtschaftlichen Aufschwung gute<br />
Gewinne gemacht. Jetzt müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
ihren gerechten Anteil am wirtschaftlichen Erfolg bekommen.<br />
Das ist nicht nur gerecht, sondern auch eine Frage der<br />
ökonomischen Vernunft. Es wäre verfehlt, jetzt wieder ausschließlich<br />
auf die Exportstärke der deutschen Wirtschaft zu setzen. Ein<br />
dauerhafter und selbsttragender Aufschwung ist nur dann möglich,<br />
wenn auch die Binnennachfrage gestärkt wird und sich die Wirtschaft<br />
insgesamt stark aufstellt. Eine zentrale Voraussetzung ist<br />
dafür, dass auf dem Arbeitsmarkt wieder eine gerechte Ordnung<br />
hergestellt wird. Dazu gehören klare Regeln für die Lohnfindung<br />
und die Arbeitsorganisation, die Stärkung des bewährten Tarifvertragssystems<br />
und der Tarifbindung und die Bekämpfung von<br />
Lohndumping.<br />
Der wachsende Niedriglohnsektor, die zunehmende Zahl von befristeten<br />
Arbeitsverhältnissen, Lohndumping über Leiharbeit und<br />
Werkverträge unterhöhlen immer mehr das Normalarbeitsverhältnis.<br />
Dies alles ist Ausdruck einer Entwertung der Arbeit, die nicht<br />
von Himmel gefallen ist. Es waren bewusste politische Entscheidungen,<br />
geprägt von einer Ideologie, in der Rendite mehr zählt als<br />
der Mensch und geleitet von dem Irrglauben, dass sich Wettbewerbsfähigkeit<br />
erhöht, wenn sich die Arbeitsbedingungen der Menschen<br />
verschlechtern.<br />
Arbeit ist mehr als Broterwerb. Sie ist mit Selbstachtung, Teilhabechancen<br />
und Selbstbestimmung verbunden. Der Ausschluss von<br />
Erwerbsarbeit und Arbeit zu prekären Bedingungen verletzt den<br />
emanzipatorischen Anspruch der Sozialdemokratie fundamental:<br />
die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern<br />
und ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Der Arbeit<br />
ihren Wert zurückzugeben ist deshalb Kern der Daseinsberechtigung<br />
der <strong>SPD</strong>.<br />
Es muss die zentrale politische Aufgabe der nächsten Jahre sein,<br />
die Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt zu korrigieren. Das Normalarbeitsverhältnis<br />
muss wieder zur Norm werden.<br />
Verteidigung der Flächentarifverträge - Tarifflucht verhindern<br />
Nur noch 60 % aller Beschäftigten in Deutschland arbeiten unter<br />
einem Tarifvertrag. In den letzen Jahren ging die Zahl der allgemeinverbindlich<br />
erklärten Tarifverträge von 408 in 1991 auf 239<br />
in 2011 zurück.<br />
Diese Entwicklung geht mit der Flucht vieler Betriebe aus den Tarifverträgen,<br />
Lohndumping, Verlängerung der Wochenarbeitszeit<br />
und dem Rückgang der Löhne und Gehälter Hand in Hand.<br />
Durch die gesetzlich verankerten Regelungen, sind die Arbeitgeber<br />
im Tarifausschuss immer in der Lage, die Anträge zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung<br />
zu blockieren.<br />
Deutschland wird, was den Anteil an allgemeinverbindlichen Tarifverträgen<br />
in europäischen Industriestaaten angeht, lediglich<br />
vom Vereinigten Königreich unterschritten (Deutschland 62%, VK<br />
33%). Zum Vergleich: in Österreich sind 99% der Tarifverträge allgemeinverbindlich<br />
erklärt, in Frankreich 90%.<br />
Die von den Kolleginnen und Kollegen und ihren Gewerkschaften<br />
erkämpften Tarifverträge, mit Lohntabellen, Manteltarifverträgen<br />
und Verträgen zur betrieblichen Altersvorsorge, sind die Basis für<br />
die Sicherung der Sozialversicherungssyteme und erbringen im Alter<br />
für die meisten von uns eine existenzsichernde Rente.<br />
Die Forderungen müssen heißen:<br />
• Wiederherstellung und Neukonstituierung (in tariflosen Branchen)<br />
des allgemeinverbindlichen, gewerkschaftlich garantierten<br />
Flächentarifvertrages, der den Beschäftigten einer Branche bundesweit<br />
die gleichen Löhne/Gehälter und Arbeitsbedingungen<br />
garantiert.<br />
• Wegfall des Quorums und Ersetzung durch die Repräsentativität<br />
des von einer DGB-Gewerkschaft abgeschlossenen Tarifvertrages.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
33
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
• Annahme der kompletten Lohn- und Gehaltstabelle in das Arbeitnehmerentsendegesetz,<br />
nicht ein Mindestentgelt und Ausdehnung<br />
auf alle Branchen.<br />
• Unterstützung des Kampfes der Gewerkschaften gegen Beschäftigung<br />
und die Rückeroberung von Tarifverträgen bzw. Flächentarifverträge,<br />
Lohndumping, prekarisierte Arbeit, Spartenabtrennung<br />
und Ausgliederung. Tarifvertragsfreie Zonen müssen überwunden<br />
werden.<br />
• Gesetzliches Verbot der Tarifflucht<br />
Gesetzlicher Mindestlohn<br />
23 Prozent der Beschäftigten arbeiten im Niedriglohnsektor. Deutlich<br />
mehr als sechs Millionen Menschen arbeiten für weniger als<br />
8,50 Euro brutto pro Stunde. Rund 11 Milliarden Euro werden pro<br />
Jahr aufgewendet, weil Menschen trotz Arbeit arm sind und ergänzende<br />
Unterstützungsleistungen brauchen um einigermaßen menschenwürdig<br />
leben zu können. Das ist ein Skandal in einem reichen<br />
Land wie der Bundesrepublik; es ist ein grundlegender Verstoß<br />
gegen ein wesentliches Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft,<br />
dass über Jahrzehnte galt: „Allen arbeitenden Menschen soll nach<br />
Maßgabe der steigenden Produktivität ein ständig wachsender<br />
Lohn zukommen“ formulierte Ludwig Erhard in „Wohlstand für<br />
alle“. Die Realität heute zeigt: Niedriglöhne sind nicht mehr ein<br />
Problem von Geringqualifizierten. 80 Prozent der Niedriglöhner<br />
haben eine abgeschlossene Ausbildung. Die Chancen auf Aufstieg<br />
durch eigene Anstrengung werden immer geringer.<br />
Ein gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 10 Euro, der jährlich<br />
an die allgemeine Lohnentwicklung und das Wirtschaftswachstum<br />
anzupassen ist, ist deshalb überfällig. Arbeit ist die Quelle gesellschaftlichen<br />
Reichtums. Und weil das so ist, müssen die Menschen,<br />
die den Reichtum dieser Gesellschaft erarbeiten, geachtet werden.<br />
Bei der Diskussion um den Mindestlohn geht es zuallererst um die<br />
Würde der Menschen und ihrer Arbeit.<br />
Missbrauch der Leiharbeit beenden<br />
Die Deregulierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes hat zu<br />
einem sprunghaften Anstieg der Leiharbeit seit 2003 geführt. Die<br />
offiziellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit weisen für Juni<br />
2011 einen vorläufigen Höchststand von über 900.000 Leiharbeitsverhältnissen<br />
aus. Leiharbeit dient in den meisten Fällen nicht<br />
mehr als Mittel zur Abdeckung von Auftragsspitzen in den Unternehmen.<br />
Tatsächlich wird Leiharbeit zur Implementierung einer<br />
zweiten Tarifstruktur in den Betrieben genutzt. Lohndumping, die<br />
Aufweichung des Kündigungsschutzes und die Umgehung von Tarifverträgen<br />
ist das Ziel.<br />
Deshalb ist es notwendig, den Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche<br />
Arbeit“ endlich ohne Ausnahme durchzusetzen. Das Synchronisationsverbot<br />
und das besondere Befristungsverbot müssen wieder<br />
eingeführt werden. Der Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher<br />
muss verboten werden. Die Betriebsräte in den Einsatzbetrieben<br />
brauchen endlich echte Mitbestimmungsrechte hinsichtlich<br />
Einsatz, Dauer und Umfang von Leiharbeitern im Betrieb.<br />
Wirksame Maßnahmet n gegen Schein-Werkverträge<br />
Unternehmen gehen zunehmend dazu über, durch Scheinwerkverträge<br />
Beschäftigte anzuheuern, die Arbeiten verrichten, bei denen<br />
es sich tatsächlich um abhängige und weisungsgebundene Beschäftigung<br />
handelt. Im Baugewerbe und insbesondere auf Schlachthöfen<br />
sind die Praktiken schon länger bekannt. Dadurch wird reguläre<br />
Beschäftigung verdrängt. Ziel ist, Tarifverträge und Mindestlöhne<br />
zu umgehen und sich um die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen<br />
zu drücken. Mit diesem Lohndumping verschaffen sich diese<br />
Unternehmen Wettbewerbsvorteile gegenüber Unternehmen, die<br />
sich an Tarifverträge und das Arbeitsrecht halten. Offensichtlich ist<br />
die Beschäftigung über Werkverträge die neue Masche mancher<br />
Arbeitgeber, um der langsam begonnenen Regulierung der Leiharbeit<br />
(Lohnuntergrenze) auszuweichen.<br />
34
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Notwendig ist eine klarere gesetzliche Regelung, um Werkverträge,<br />
Leiharbeit und reguläre Beschäftigung gegeneinander abzugrenzen<br />
und Missbrauch auszuschließen. Es muss unterbunden werden,<br />
dass reguläre Beschäftigung durch Schein-Werkverträge zu Dumpinglöhnen<br />
ersetzt wird. Die Betriebsräte brauchen mehr Mitbestimmungsrechte.<br />
Heute müssen sie bei Abschluss eines Werkvertrages<br />
nicht gefragt werden. Arbeitnehmervertretungen in den<br />
Betrieben und Verwaltungen, das heißt den Betriebs- und Personalräten,<br />
brauchen ein Instrument zur Zustimmungsverweigerung (Ergänzung<br />
der §§99 und 92 BetrVG und analoger Regelungen) bei<br />
der Vergabe von Werkverträgen bzw. Dienstleistungsverträgen die<br />
zur Deckung von originären Personalbedarfen geschlossen werden.<br />
Vor allem lehnen wir solche Verträge zum Zwecke des Lohndumpings<br />
ab. Es darf nicht sein, dass damit tarifliche oder arbeitsrechtliche<br />
Standards unterschritten werden. Die Kontrollen müssen<br />
verstärkt werden. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit braucht eine<br />
bessere personelle Ausstattung.<br />
Befristete Beschäftigung zurückdrängen<br />
Jedes zweite neue Arbeitsverhältnis wird nur noch befristet abgeschlossen.<br />
Betroffen sind insbesondere junge Menschen. Den gleichen<br />
jungen Menschen wird aber nahe gelegt, eine Familie zu gründen,<br />
für das Alter zusätzlich vorzusorgen und sich ehrenamtlich zu<br />
engagieren. Diesen Ansprüchen können sie nicht gerecht werden,<br />
wenn sich befristete Arbeitsverträge oft über Jahre aneinanderreihen.<br />
Die 1985 gesetzlich eingeführte Möglichkeit, Arbeitsverträge<br />
ohne Sachgrund zu befristen hat nicht zu mehr Beschäftigung<br />
geführt, sondern zu mehr atypischer und prekärer Beschäftigung.<br />
In vielen Fällen werden sogar auf Dauer angelegte „Standardtätigkeiten“<br />
sachgrundlos befristet. Die Möglichkeit sachgrundloser<br />
Befristung muss deshalb endlich wieder abgeschafft werden.<br />
Den Missbrauch geringfügiger Beschäftigung beenden<br />
Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse haben seit der Neuregelung,<br />
die auf Druck der Union im Rahmen der Hartz-Gesetzgebung<br />
im Vermittlungsausschuss erfolgte, rasant zugenommen.<br />
Derzeit gibt es rund 7,4 Millionen geringfügige Beschäftigungsverhältnisse.<br />
Davon entfallen auf ausschließlich geringfügige Beschäftigungsverhältnisse<br />
rund 4,8 Millionen und auf geringfügige<br />
Nebenerwerbstätigkeiten rund 2,6 Millionen. Insbesondere geringfügige<br />
Nebenerwerbstätigkeiten neben einer Hauptbeschäftigung<br />
haben seit ihrer erneuten Privilegierung im Jahre 2003 massiv<br />
zugenommen.<br />
Geringfügige Beschäftigung ist in mehrfacher Hinsicht oftmals<br />
prekäre Beschäftigung. Die Stundenlöhne liegen seit dem Wegfall<br />
der Stundenbegrenzung bei Mini-Jobs überproportional im Niedrigstlohnbereich.<br />
Obwohl auch für geringfügige Arbeitsverhältnisse<br />
das Arbeitsrecht gilt, werden den Beschäftigten häufig arbeitsund<br />
sozialrechtliche Ansprüche wie Urlaub und Entgeltfortzahlung<br />
im Krankheitsfall vorenthalten. Mini-Jobs sind in der Regel nicht<br />
der erste Schritt in eine reguläre Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung,<br />
tatsächlich bleiben die Betroffenen in dieser Beschäftigungsform<br />
gefangen.<br />
Die Bundesratsinitiative des Landes NRW ist deshalb zu begrüßen,<br />
für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse wieder eine Stundenbegrenzung<br />
von 12 Stunden/Woche einzuführen und Regelungen<br />
zu schaffen, die eine Durchsetzung der gleichen Arbeitsbedingungen<br />
fördern.<br />
Darüber hinaus sehen wir aber Handlungsbedarf, um dem zunehmenden<br />
Missbrauch geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse<br />
durch Arbeitgeber zu begegnen. Ein zentrales Problem ist neben<br />
der Umgehung von Arbeitsrecht und Tarifverträgen die Umwandlung<br />
regulärer in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse. Die<br />
AfA wird im engen Dialog mit den Gewerkschaften nach Lösungen<br />
suchen, die diesen arbeitgeberseitigen Missbrauch abstellen<br />
und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fördern.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
35
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Die Segmentierung des Arbeitsmarktes überwinden – Aktive<br />
Arbeitsförderung stärken<br />
Die sinkenden Arbeitslosenzahlen täuschen darüber hinweg, dass<br />
der Arbeitsmarkt tatsächlich tief gespalten ist. Zum einen werden<br />
immer mehr Menschen in atypische und prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />
gedrängt. Zum anderen sind Langzeitarbeitslose und<br />
ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Verlierer auf dem<br />
scheinbar erholten Arbeitsmarkt. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen<br />
sinkt deutlich langsamer als die Zahl aller Arbeitslosen, dadurch ist<br />
ihr Anteil an der Arbeitslosigkeit mittlerweile auf 34 Prozent gestiegen.<br />
Besonders ältere Arbeitslose sind die Verlierer. Der Anteil<br />
der 55-65-jährigen Arbeitslosen im Rechtskreis des SGB II geht<br />
nicht zurück, sondern steigt.<br />
Die massive Kürzung der finanziellen Mittel für die aktive Arbeitsförderung<br />
durch die Bundesregierung ist unverantwortlich. Die<br />
Teilnehmer an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik gehen<br />
derzeit im Vorjahresvergleich um mehr als 20 Prozent zurück. Der<br />
umgekehrte Weg ist notwendig: in einem vergleichsweise günstigen<br />
Umfeld auf dem Arbeitsmarkt müssen besondere Anstrengungen<br />
unternommen werden, verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit aufzubrechen<br />
und den Menschen wieder eine Perspektive zu eröffnen.<br />
Die Ehrlichkeit in der Arbeitslosenstatistik muss wieder hergestellt<br />
werden. Wer keine Erwerbsarbeit hat, muss auch als Arbeitsloser<br />
aufgeführt werden. Die Menschen, die aus dem Leistungsbezug<br />
herausgefallen sind, müssen erfasst werden. Das gilt auch für die<br />
Arbeitnehmerinnen, die sich in Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung<br />
befinden.<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 52<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />
Gesund arbeiten - Gesund in Rente<br />
Arbeits- und Gesundheitsschutz - Herausforderung für die Zukunft<br />
Ein Arbeits- und Gesundheitsschutz auf hohem Niveau ist entscheidend<br />
für gute Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmern. Arbeitswelt ist Lebenswelt. Die<br />
Verwirklichung humaner Arbeitsbedingungen gehört zu den Kernanliegen<br />
der <strong>SPD</strong> –früher wie heute.<br />
Der steigende Arbeits- und Leistungsdruck in den Betrieben durch<br />
Umstrukturierungen (Outsourcing), Leistungsverdichtungen und<br />
rigidere Kontrollmechanismen gefährdet gute Arbeits- und Lebensbedingungen.<br />
Die Zunahme prekärer und unsicherer Beschäftigungsverhältnisse<br />
durch Deregulierungen der Arbeitsmärkte<br />
schwächt betriebliche und außerbetriebliche Akteure bei der<br />
Durchsetzung guter Arbeitsbedingungen.<br />
Die wachsenden Ängste von Beschäftigten vor Erwerbsunfähigkeit<br />
und vor einem Nichterreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters<br />
fördern ihre Anpassung und Resignation.<br />
Die zunehmende Abwälzung des unternehmerischen Risikos auf<br />
abhängig Beschäftigte (Abteilungen als autonome Profitcenter)<br />
fördert ihre Selbstausbeutungstendenzen. Die Zunahme psychischer<br />
Belastungen hat ihre Ursache auch in der Einführung ergebnisorientierter<br />
Arbeits- und Steuerungsformen in den Unternehmen<br />
(Projektarbeit, Zielvereinbarungen usw.).<br />
In der zweiten Periode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutz-<br />
Strategie (2012 – 2018) soll anhand ausgewählter Ziele und Handlungsschwerpunkte,<br />
durch abgestimmte Kooperation der staatlichen<br />
Arbeitsschutzbehörden und der Unfallversicherungsträger bei<br />
der Aufsicht, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei<br />
der Arbeit wirkungsvoller und effizienter gestaltet werden.<br />
1. Aktuelle Situation<br />
Angebote des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes sind<br />
nur in etwa 17 Prozent aller Betriebe vorhanden. Es gibt Fortschrit-<br />
Ar52<br />
Gesund arbeiten - Gesund in Rente<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand und <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
36
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
te beim Ausbau des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes<br />
in mittelgroßen Betrieben - weiterhin haben aber Beschäftigte<br />
in Kleinbetrieben kaum Zugang dazu.<br />
Wichtigste Themen, die von der <strong>SPD</strong> aufgegriffen werden müssen,<br />
sind aus Sicht der Beschäftigten: Ermittlung psychischer Belastungen<br />
am Arbeitsplatz, Bewältigung von Mobbing, Suchtprävention,<br />
Entspannungsprogramme, Gefährdungsbeurteilungen und Bewegungsprogramme.<br />
Nachhaltigkeit ist hier wichtig, um therapeutische<br />
Erfolge abzusichern.<br />
Wichtigste Akteure, mit denen die <strong>SPD</strong> kooperieren kann, sind:<br />
Berufsgenossenschaften, Krankenkassen, Ämter für Arbeitsschutz<br />
und Sicherheitstechnik und Beratungsstellen der Gewerkschaften.<br />
Folgende Dimensionen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes<br />
sind integraler Bestandteil des DGB-Indexes „Gute<br />
Arbeit“: „Arbeitsintensität“, „Gestaltung der körperlichen Anforderungen“,<br />
„Gestaltung der emotionalen Anforderungen“, „Führungsstil“<br />
und Betriebskultur“. Hier knüpft unsere Politik an.<br />
2. Grundsätzlich gilt:<br />
Arbeits- und Gesundheitsschutz ist als Voraussetzung für „gute Arbeit“<br />
ein Menschenrecht.<br />
Betriebe, die im Arbeits- und Gesundheitsschutz aktiv sind und<br />
„gute Arbeit“ befördern, tragen damit auch zu ihrem eigenen wirtschaftlichen<br />
Erfolg bei.<br />
Die Verbesserung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes<br />
und „gute Arbeit“ reduziert die Belastungen der sozialen Sicherungssysteme.<br />
Die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit<br />
liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers – er muss für eine geeignete<br />
betriebliche Organisation sorgen.<br />
Angesichts der mit der Deregulierung im Arbeitsschutzrecht verbundenen<br />
Handlungsspielräume ist Beratung und Unterstützung,<br />
aber auch Aufsicht erforderlich.<br />
3. Politische Forderungen<br />
Arbeitsschutz ist ein Querschnittsthema über viele Bereiche der<br />
Arbeitswelt.<br />
Deshalb fordern wir eine politische Gesamtstrategie für den Arbeits-<br />
und Gesundheitsschutz, die unter anderem folgende Kernpunkte<br />
enthält:<br />
Die Kontrolle, ob gesetzliche oder tarifliche Arbeitsschutzbedingungen<br />
eingehalten werden, müssen verstärkt werden. Die <strong>SPD</strong>-<br />
Landtagsfraktionen werden aufgefordert, Kontrollquoten bei der<br />
öffentlichen Auftragsvergabe festzulegen. Die Aufsichtsorgane<br />
müssen personell gestärkt werden. Auf 10.000 Beschäftigte müssen<br />
mindestens 3 Stellen in den Arbeitsschutzverwaltungen kommen<br />
(Istzustand zwischen 0,66 Bayern und 1,55 Mecklenburg-Vorpommern).<br />
Das erzeugt Druck um zu Gefährdungsbeurteilungen zu<br />
kommen.<br />
Durch Bundes- und/oder Landesgesetzgebung müssen die Strafen<br />
bei Verstößen deutlich verschärft werden. Betriebs- und Personalräte<br />
brauchen wirksame Initiativ-, Durchsetzungs- und Kontrollrechte<br />
beim Arbeitsschutz.<br />
Das Thema Arbeitsschutz ist deutlich stärker in den Fokus der politischen<br />
Akteure kommen. Das ist auch Aufgabe der AfA. Der AfA-<br />
Bundesvorstand und die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion ergreifen dazu<br />
Initiativen. Ziel ist, gerade Beschäftigte in kleinen und mittleren<br />
Betriebe zu ermutigen, sich dem Arbeitsschutzthema anzunehmen.<br />
Weiteres Ziel ist konkrete Forderungen zu entwickeln. Die Arbeitgeber<br />
und Betriebs- und Personalräte werden aufgerufen und ermutigt,<br />
ihre Rolle im Arbeitsschutz wahrzunehmen. Besonders die<br />
Gefährdungsbeurteilung ist hierzu das wichtigste Instrument. Dazu<br />
brauchen wir in möglichst allen Betrieben Interessenvertretungen,<br />
um den Arbeitsschutz zum Thema zu machen und entsprechend zu<br />
bearbeiten.<br />
Die Einhaltung von Arbeitsschutznormen, besonders die Frage ob<br />
Gefährdungsbeurteilung ( § 5 Arb.sch.G) vorgenommen worden<br />
sind oder nicht, wird als Zuverlässigkeitskriterium bei der öffent-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
37
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
lichen Auftragsvergabe oder Förderung aufgenommen. D. h., keine<br />
öffentlichen Aufträge oder weniger Förderung wenn z. B. 30 % aller<br />
Arbeitsplätze im geförderten/beauftragten Betrieb keine Gefährdungsbeurteilung<br />
haben. Wir bitten, unsere Landtagsfraktionen und<br />
die Bundestagsfraktion hierzu tätig zu werden.<br />
Alle Beteiligten sind aufgerufen, ihre Tätigkeit im Arbeitsschutz<br />
zu verstärken. Wir brauchen Mut machende Kampagnen, z. B.<br />
durch die Träger der Sozialversicherung. Hier gibt es schon viele<br />
gute Ansätze, die wir begrüßen. Die Selbstverwaltungsorgane dieser<br />
Institutionen sind für uns wichtige Multiplikatoren, die dafür<br />
sorgen können, dass eine aufsuchende Beratung der betrieblichen<br />
Aktiven stattfindet. Es gibt viele gute Beispiele, wie das Thema Arbeitsschutz<br />
in den Betrieben und Verwaltungen angegangen wird.<br />
Darüber müssen wir berichten.<br />
Es gibt aber auch gravierende Defizite. Auch darüber muss berichtet<br />
werden. Dazu bedarf es auch eines deutlichen Ausbaus der Arbeitsforschung<br />
und der Förderung von Projekten und betrieblichen<br />
Strategien für gute Arbeit und Gesundheitsschutz.<br />
Die <strong>SPD</strong> schafft ein Klima des Mutes und der Verantwortung für<br />
alle Beteiligten.<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 53<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />
Mitbestimmung stärken und ausbauen<br />
Für die <strong>SPD</strong> ist es selbstverständlich, dass Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer ein Mitwirkungsrecht bei der Gestaltung ihrer<br />
Arbeitswelt haben. Mitbestimmung ist ein wesentliches Element<br />
unserer Vorstellung von Wirtschaftsdemokratie und hat sich bewährt.<br />
Die Wirtschaft ist für den Menschen da, nicht die Menschen<br />
für die Wirtschaft. Die Würde des Menschen und seiner Arbeit<br />
verlangt die Demokratisierung der Wirtschaft. Die Interessen der<br />
Menschen müssen im Vordergrund sozial verantwortbaren Wirtschaftens<br />
stehen, nicht kurzfristige Gewinninteressen. Gerade die<br />
letzte Krise und das anschließende „German-Job-Wunder“ zeigen,<br />
wie gut eine funktionierende Mitbestimmung ist. Gerade bei vielen<br />
weltweit tätigen Unternehmen sind die Früchte der Mitbestimmung<br />
deutlich sichtbar: Klasse Produkte, sehr gute Gewinne, gerechte<br />
Löhne, Erhalt der Arbeitsplätze und dadurch Kaufkraftsicherung<br />
in der Region sind Musterbeispiele einer starken Mitbestimmung.<br />
Die Logik des „shareholder value“ mag kurzfristig zu noch höheren<br />
Gewinnen für wenige führen. Langfristig aber werden alle Beteiligten<br />
verlieren, wenn die Interessen der Beschäftigten wichtige<br />
Zukunftsinvestitionen und Innovationen vernachlässigt werden.<br />
Unternehmensmitbestimmung<br />
Die Unternehmensmitbestimmung hat in unserem Land eine lange<br />
und wichtige Tradition.<br />
Das Montan-Mitbestimmungsgesetz von 1951 regelt die Mitbestimmung<br />
in den Unternehmen des Bergbaus und der Eisen- und<br />
Stahlindustrie mit mehr als 1000 Beschäftigten. Der Aufsichtsrat<br />
ist paritätisch mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzt,<br />
bei Patt entscheidet ein neutrales Mitglied.<br />
Das Mitbestimmungsgesetz von 1976 gilt für Kapitalgesellschaften<br />
mit mehr als 2.000 Beschäftigten. Zwar gilt auch hier eine Parität<br />
zwischen Anteilseignern und Arbeitnehmervertretern. Beim Patt<br />
entscheidet jedoch der Aufsichtsratsvorsitzende, der von der Anteilseignerseite<br />
gestellt wird.<br />
Das Drittelbeteiligungsgesetz von 2004 gilt für die Aufsichtsräte<br />
kleiner Kapitalgesellschaften mit 500 bis 2.000 Beschäftigten sowie<br />
Aktiengesellschaften mit weniger als 500 Beschäftigten, die<br />
vor dem 10.08.1994 gegründet wurden. Nach diesem Gesetz entfallen<br />
zwei Drittel der Aufsichtsratssitze auf die Anteilseigner und<br />
nur ein Drittel auf die Arbeitnehmerseite.<br />
Ar53<br />
Mitbestimmung stärken und ausbauen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm und Antrag der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion,<br />
Drucksache 17/13476<br />
38
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Die Mitbestimmung ist immer wieder massiven Angriffen der<br />
Arbeitgeberverbände und wirtschaftsliberaler Kräfte ausgesetzt.<br />
Zuletzt haben die Arbeitgeberverbände BDA und BDI Vorschläge<br />
zur „Reform“ der Mitbestimmung gemacht. Im Kern wollen sie<br />
die paritätische Mitbestimmung abschaffen und die Vertreter der<br />
Gewerkschaften aus den Aufsichtsräten drängen. Sie verlassen damit<br />
ein Grundprinzip unserer sozialen und demokratischen Wirtschaftsordnung,<br />
sie verlassen das Prinzip der gleichen Augenhöhe.<br />
Mit dem Gesetzentwurf der <strong>SPD</strong> im Deutschen Bundestag vom<br />
16.06.2010 (Demokratische Teilhabe von Belegschaften und ihren<br />
Vertretern an unternehmerischen Entscheidungen stärken) wurde<br />
der richtige Weg beschritten.<br />
Es gibt einen dringenden Handlungsbedarf. Die <strong>SPD</strong> unterstreicht<br />
die Wichtigkeit der im Antrag genannten Verbesserungsansätze:<br />
1. Die deutsche Mitbestimmung gesetzlich auf Unternehmen ausländischer<br />
Rechtsform mit Verwaltungssitz oder Zweigniederlassung<br />
in Deutschland bzw. deutsche Personengesellschaften mit<br />
ausländischem Komplementär erstrecken.<br />
2. Einen gesetzlichen Mindestkatalog zustimmungsbedürftiger<br />
Geschäfte für zentrale unternehmerische Entscheidungen – insbesondere<br />
Betriebsschließungen, Standortverlagerungen und<br />
Unternehmensverkäufe – im Aufsichtsrat einführen. Eine qualifizierte<br />
Minderheit im Aufsichtsrat von einem Drittel seiner Mitglieder<br />
sollte berechtigt sein, den Katalog zustimmungsbedürftiger<br />
Geschäfte zu ergänzen.<br />
3. Die Schwellenwerte für das Mitbestimmungsgesetz auf 1 000<br />
Beschäftigte und für das Drittelbeteiligungsgesetz auf 250 Beschäftigte<br />
verringern.<br />
4. Die rechtliche und wirtschaftliche Gleichstellung zwischen Kapital<br />
und Arbeit über die „echte Parität“ durch eine neutrale Person<br />
im Aufsichtsrat und gleichzeitige Abschaffung des Doppelstimmrechts<br />
des Aufsichtsratsvorsitzenden für alle Kapitalgesellschaften,<br />
die unter das Mitbestimmungsgesetz von 1976 fallen,<br />
erzielen.<br />
Betriebliche Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz<br />
Auch nach diesen Verbesserungen wird ein großer Teil der Beschäftigten<br />
auf Grund der Betriebs- und Unternehmensgröße immer<br />
noch ohne Unternehmensmitbestimmung arbeiten. Und auch<br />
unternehmensmitbestimmte Unternehmen benötigen eine gute und<br />
qualifizierte betriebliche Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz.<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert eine umfangreiche Verbesserung der betrieblichen<br />
Mitbestimmung:<br />
1. Der Begriff Arbeitnehmer muss der heutigen Realität angepasst<br />
werden. Im Bereich Personal: Bei Soloselbständigen, Werkverträgen,<br />
Leiharbeit, Befristungen sowie bei Übernahmen von<br />
Auslernern und Befristeten benötigen die Betriebsräte funktionierende<br />
Mitbestimmungswerkzeuge. Hier müssen endlich Möglichkeiten<br />
geschaffen werden, dass der Betriebsrat der Erosion<br />
von sogenannten Normalarbeitsverhältnissen qualifiziert entgegen<br />
treten kann.<br />
2. Der § 106 (Wirtschaftliche Angelegenheiten) muss in seiner<br />
Rechtswirkung von einem reinen Unterrichtungs- und Beratungsrecht<br />
zu einem Mitbestimmungsrecht ausgebaut werden.<br />
Viele Firmen, die durch ihre Größe unterhalb der Unternehmensmitbestimmung<br />
liegen, haben nicht mehr eine Hausbank,<br />
sondern einen Investor mit einem Fonds als Kapitaleigner. Das<br />
Betriebsverfassungsgesetz gibt der Interessenvertretung der Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer keine wirksamen Werkzeuge,<br />
um ggf. die Zukunft der Belegschaft und meist einer ganzen<br />
Region zu sichern.<br />
3. Ausweitung der mitbestimmungspflichtigen Tatbestände und<br />
Initiativrechte insbesondere in den Bereichen Gesundheits- und<br />
Arbeitsschutz sowie Qualifizierung.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
39
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
Einrichtung und Schutz der Betriebsräte<br />
Leider vergeht oft eine lange Zeit, bis sich in einem neu gegründeten<br />
Unternehmen ein Betriebsrat bildet.<br />
Die Behinderung der Arbeit von Wahlvorständen, Kandidaten und<br />
Interessensvertretern der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist<br />
heute leider weit verbreitet. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
haben Angst, durch diese Tätigkeiten Nachteile in Kauf<br />
nehmen zu müssen, gar entwürdigt oder mit Kündigung bedroht zu<br />
werden. Viele erleiden durch den Druck gesundheitliche Schäden<br />
oder sie lehnen so eine Arbeit für andere aus Sorge vor Repressalien<br />
ab. Für uns sind Behinderung, Benachteiligung oder Bedrohung<br />
kein Kavaliersdelikt. Verstöße dürfen nicht mehr aus der Portokasse<br />
bezahlbar sein.<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert dringend die Sicherstellung von Betriebsratsgründungen,<br />
deren Wahlen und der Schutz vor Nachteilen der handelnden<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer:<br />
1. Es bedarf verbesserter Wahlmöglichkeiten die eine Wahl schnell<br />
und ohne großen Aufwand ermöglichen, ferner aber auch nicht<br />
dem Arbeitgeber und seinen Handlangern Tür und Tor öffnen.<br />
2. Bei Unternehmen, die öffentliche Gelder oder Bürgschaften zum<br />
Start oder in besonderen Situationen erhalten, muss spätestens<br />
nach einer Frist von einem Jahr ein Betriebsrat im Amt sein, der<br />
die demokratischen Grundrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
sichert. Dies muss wie die ordentliche Buchführung<br />
zu den Vergabekriterien gehören.<br />
3. Die Strafen für die Behinderung von Betriebsratswahlen, der<br />
Betriebsratsarbeit und der Arbeit der Gewerkschaften in den<br />
Betrieben und Unternehmen muss deutlich verschärft werden.<br />
Gleichzeitig sind die Möglichkeiten der Strafverfolgung gem. §<br />
119 Abs. 2 BetrVG zu erweitert. Hierzu ist bei den zuständigen<br />
Arbeitsministerien der Länder oder deren nachgeordneten Behörden<br />
eine Zuständigkeit für die Stellung von Strafanträgen zu<br />
schaffen. Des weiteren sind im Rahmen des § 20 BetrVG ist bei<br />
den zuständigen Arbeitsministerien oder deren nachgeordneten<br />
Behörden eine Zuständigkeit für die Überwachung eingeleiteter<br />
Betriebsratswahlen zu schaffen.<br />
4. Die <strong>SPD</strong> fordert die Bundestagsfraktion und die Landtagsfraktionen<br />
der <strong>SPD</strong> auf, die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretungen<br />
im obigen Sinne im Bundespersonalvertretungsgesetz<br />
und in den Personalvertretungsgesetzen der Länder auszubauen.<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 54<br />
Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />
Frauen - Arbeit - Zukunft<br />
Arbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigung sind ein Massenphänomen<br />
geworden. Betroffen hiervon sind vor allem gering Qualifizierte,<br />
Frauen, gesundheitlich eingeschränkte, ältere sowie behinderte<br />
Menschen. Für sie bedeutet dies harte finanzielle Einschnitte,<br />
die sich vielfach in der Altersrente fortsetzen. Infolge erheblicher<br />
Ausfälle bei den Beiträgen zur Rentenversicherung während der<br />
Arbeitslosigkeit bzw. einer prekären Beschäftigung erwerben sie<br />
erheblich niedrigere Rentenanwartschaften und damit später geringere<br />
Rentenleistungen. Die zunehmenden Lücken in der Erwerbsbiographien<br />
einerseits und der permanente Wertverfall bei den<br />
Renten andererseits werden wesentlich dazu beitragen, dass die<br />
Altersarmut ansteigen wird.<br />
Mit den Reformen der Sozialgesetzbücher SGB II und III erfolgte<br />
ein gravierender Paradigmenwechsel in der Arbeitsmarktpolitik,<br />
der dringend zu berichtigen ist.<br />
Die Umsetzung der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe<br />
hat zu einem substantiellen Verlust an materieller und<br />
sozialer Sicherheit geführt. Die Deregulierung der Leiharbeit und<br />
Ar54<br />
Frauen - Arbeit - Zukunft<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
40
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
geringfügigen Beschäftigung hat zu einer skandalösen Ausweitung<br />
des Niedriglohnsektors und der prekären Beschäftigung geführt.<br />
In der Arbeitsmarktpolitik wurde kurzfristigen Vermittlungserfolge<br />
ohne nachhaltige Wirkung Priorität eingeräumt. Diese besorgniserregende<br />
Entwicklung benachteiligt vor allem Frauen.<br />
1. Die Verhinderung und Bekämpfung von Arbeitslosigkeit ist die<br />
wichtigste arbeitsmarktpolitische Aufgabe.<br />
• Wir fordern daher vom Gesetzgeber, jede Maßnahme zu unterlassen,<br />
die zu einer direkten oder indirekten Aufweichung des<br />
Kündigungsschutzes führt. Es muss wieder einen effektiven<br />
Kündigungsschutz geben, damit mehr Beschäftigungsstabilität<br />
für diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreicht<br />
wird, die besonderen Benachteiligungen am Arbeitsmarkt ausgesetzt<br />
sind.<br />
• Die Ausweitung der Befristungsmöglichkeiten von Arbeitsverhältnissen<br />
ist daher abzulehnen. Erforderlich ist eine Abschaffung<br />
der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen.<br />
Die erfolgte Ausweitung der Befristungsmöglichkeiten für Arbeitsverhältnisse<br />
ist eine indirekte Form der Aushöhlung des<br />
Kündigungsschutzes. Sie hat nachweislich nicht zu einer Verbesserung<br />
der Arbeitsmarktchancen geführt. Das gleiche gilt für den<br />
Ersatz von Arbeitsverträgen durch Werkverträge (Scheinselbstständigkeit).<br />
• Mit dem Auslaufen der Förderung der Alterteilzeit besteht die<br />
Gefahr, dass die Altersteilzeit verstärkt als Instrument zum Stellenabbau<br />
missbraucht wird. Damit die Altersteilzeit wieder stärker<br />
als Beschäftigungsbrücke genutzt und vor allem Ausbildungund<br />
Arbeitsuchende Beschäftigungsperspektiven eröffnet werden<br />
können, muss mit einer neuen Förderung ein Anreiz dafür<br />
geschaffen werden, dass freiwerdende (Teilzeit-)Arbeitsplätze<br />
mit Ausbildung- oder Arbeitssuchenden wiederbesetzt werden.<br />
• Neben der Altersteilzeit bedarf es mittel- und langfristig einer<br />
zielgerichteten Förderung des gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben<br />
in den Ruhestand. Hierzu müssen die im Rentenrecht<br />
bereits vorgesehenen Teilrenten zu einem Alternativmodell für<br />
den gleitenden Ausstieg aus dem Erwerbsleben fortentwickelt<br />
werden.<br />
2. Als Folge der Reformen der Sozialgesetzbücher SGB II und III<br />
hat der Niedriglohnsektor in besorgniserregendem Maß zugenommen.<br />
Nahezu ein Viertel der abhängig Beschäftigten ist im<br />
Niedriglohnsektor tätig. Ein besonders hohes Niedriglohnrisiko<br />
tragen Frauen. Der ausufernde Niedriglohnsektor ist nicht mehr<br />
länger zu verantworten.<br />
• Die Einführung eines bundeseinheitlichen gesetzlichen Mindestlohns<br />
mindestens in der von Deutschen Gewerkschaftsbund<br />
geforderten Höhe als unterste Lohngrenze ist dringend erforderlich.<br />
• Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ hat auch bei<br />
der Leiharbeit ausnahmslos zu gelten.<br />
• Darüber hinaus muss durch die Wiedereinführung des Synchronisationsverbots<br />
bei der Leiharbeit sichergestellt werden, dass<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht nur für die Verleihdauer<br />
eingestellt werden. Es kann nicht hingenommen werden,<br />
dass das Beschäftigungsrisiko der Verleihbetriebe vollumfänglich<br />
auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgewälzt<br />
wird. Das Synchronisationsverbot muss wieder eingeführt werden.<br />
Verleihagenturen müssen gesetzlich verpflichtet werden,<br />
ihre Arbeitgeberpflichten zu erfüllen.<br />
• Die Umgehung der strengeren Regelungen für Leiharbeit durch<br />
die Vergabe von „Werkverträgen“ muß verhindert werden.<br />
• Die Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro Einkommen<br />
muss eingeführt werden. Die Liberalisierung der Mini- und Midijobs<br />
durch die Reformen der Sozialgesetzbücher SGB II und<br />
III hat die Ausdehnung des Niedriglohnsektors erheblich beschleunigt.<br />
Zwei Drittel der geringfügig beschäftigten sind Frauen.<br />
Daher ist sowohl aus arbeitsmarktpolitischen als auch aus<br />
alterssicherungs- und frauenpolitischen Gründen geboten. Der<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
41
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
fortschreitenden Prekarisierung der Arbeit ist Einhalt zu gebieten<br />
um so die Beschäftigungsnachteile von Frauen zu verringern.<br />
3. Es bedarf einer besseren sozialen Sicherung bei Arbeitslosigkeit.<br />
• Eine Verlängerung der Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld I<br />
(ALG) I kann für eine intensivierte Qualifizierung der Arbeitsuchenden<br />
genutzt werden. Überdies muss die materielle Sicherheit<br />
beim Arbeitslosengeld II verbessert werden. Hierzu bedarf<br />
es insbesondere einer transparenten, bedarfs- und realitätsgerechten<br />
Neubemessung der Regelsätze bei Hartz IV, einer umfassenden<br />
Berücksichtigung der kinderspezifischen Bedarfe sowie<br />
einer auf der Preisentwicklung basierenden Fortschreibung der<br />
Regelsätze. Die weitgehende Pauschalierung der SGB II-Leistungen<br />
muss auf den Prüfstand gestellt werden.<br />
• Die Hinzuverdienstgrenze ist an einen Mindestlohn zu koppeln,<br />
damit der Niedriglohnsektor nicht länger einseitig gefördert wird.<br />
• Auch die Absicherung von Arbeitslosen in der Kranken- und<br />
Rentenversicherung ist vor allem durch höhere Beiträge für ALG<br />
II-Beziehende einzuführen bzw. auszubauen. Für ALG-II-Beziehende<br />
müssen sachgerechte Renten- und Krankenversicherungsbeiträge<br />
entrichtet werden, deren Bemessungsgrundlage sich an<br />
50 % des Durchschnittsverdienstes orientieren sollte. Zusätzlich<br />
ist ein Rentenfreibetrag bei der Grundsicherung notwendig, damit<br />
künftig jeder Beitrag zur Rentenversicherung zu einem Gesamtalterseinkommen<br />
oberhalb des Grundsicherungsniveaus<br />
führt. Auch der Krankenversicherungsbeitrag für den Bezug von<br />
Arbeitslosengeld II muss deutlich angehoben werden. Zurzeit<br />
entlastet sich der Bund auf Kosten der Solidargemeinschaft der<br />
gesetzlichen Krankenversicherung, die mit ihren Beiträgen die<br />
Krankenversicherungsbeiträge der ALG-II-Beziehenden subventioniert.<br />
Die Finanzierung der Krankenversicherung für ALG-<br />
II-Bezieherinnen und -Bezieher ist eine gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe und muss daher in vollem Umfang aus Steuermitteln<br />
erfolgen.<br />
4. Um eine erfolgreiche Eingliederung zu gewährleisten, ist es unverzichtbar,<br />
die Bundesagentur für Arbeit als zentrale Behörde<br />
mit dezentralen Einrichtungen zu erhalten. Die Betreuung der<br />
Ausbildung- und Arbeitsuchenden darf nicht betriebswirtschaftlichen<br />
Grundsätzen unterworfen werden.<br />
5. Die Finanzierung der Bundesagentur für Arbeit ist sicherzustellen.<br />
• Für die Zukunft der Bundesagentur für Arbeit (BA) und für eine<br />
wirkungsvolle Arbeitsmarktpolitik sind Ausgaben der BA außerhalb<br />
der beitragsfinanzierten Aufgaben der Arbeitsförderung,<br />
wie z.B. der Eingliederungsbeitrag, zurückzunehmen.<br />
Rund 5 Mrd. Euro zahlt die Bundesagentur derzeit jährlich an den<br />
Bund als Kostenbeteiligung an Aufwendungen für Eingliederungsleistungen<br />
und Verwaltungskosten. Die Finanzierung dieser Fürsorgemaßnahmen<br />
nach dem SGB II obliegen jedoch dem Staat und sind<br />
nicht aus den beitragsfinanzierten Mitteln der BA zu begleichen.<br />
6. Die Gleichstellung von erwerbstätigen Frauen ist endlich umzusetzen.<br />
• Um dies zu erreichen, ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz<br />
(AGG) weiterzuentwickeln und durch die Schaffung eines<br />
Gesetzes zur Entgelt- und Chancengleichheit in der Privatwirtschaft<br />
und im öffentlichen Dienst zu ergänzen. Ein ausdrückliches<br />
Verbot der Entgeltdiskriminierung ist notwendig, ebenso<br />
die gesetzliche Verpflichtung der Tarifvertragsparteien zu diskriminierungsfreien<br />
Arbeitsplatzbewertungen. Für Aufsichtsräte<br />
und andere Aufsichtsgremien im privaten wie im öffentlichen<br />
Bereich ist eine Quotierung von 50% vorzuschreiben. Eine gesetzlich<br />
festgelegte Quote von 50% für alle Führungsebenen<br />
deutscher Unternehmen ist einzuführen und damit auch die Privatwirtschaft<br />
gesetzlich an die Gleichstellungspolitik zu binden.<br />
// Bislang sind Diskriminierungen rechtlich gesehen individuelle<br />
Probleme der Betroffenen. Deshalb ist ein Verbandsklagerecht<br />
zwingend erforderlich.<br />
• Die gleichstellungsspezifischen Belange des Arbeitsmarktgeschehens<br />
innerhalb einer Kommune oder Gebietskörperschaft<br />
sind aufeinander abzustimmen. Eine enge Zusammenarbeit und<br />
42
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Vernetzung der Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt<br />
bei den gemeinsamen Einrichtungen von BA und Kommunen<br />
mit den kommunalen Frauen-/Gleichstellungsbeauftragten<br />
ist erforderlich, um so die Arbeitsmarktpolitik in der gesamten<br />
Kommune, also auch für Frauen, die nicht Leistungen nach dem<br />
SGB beziehen, Existenzgründung, Berufswahlorientierung usw.<br />
ins Blickfeld zu ziehen.<br />
Um dies zu gewährleisten, ist die Stellung der Beauftragten für<br />
Chancengleichheit in den gemeinsamen Einrichtungen zu stärken,<br />
d. h. die Funktion ist fachlich weisungsunabhängig in Sinne einer<br />
üblichen Beauftragung auszugestalten. Zudem sind ihnen stärkere<br />
Beteiligungs-, Anhörungs-, Informations- und Widerspruchsrechte<br />
einzuräumen, vor allem ein gesetzliches Beteiligungsrecht in den<br />
Trägerversammlungen und in den örtlichen Beiräten.<br />
• Die Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege und<br />
Beruf innerhalb und außerhalb der Betriebe müssen deutlich<br />
verbessert werden. Es bedarf eines ausreichenden Angebots an<br />
flexiblen, familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen und Qualifizierungsangeboten.<br />
• Der Rechtsanspruch auf Freistellung, finanzielle und soziale Absicherung<br />
während einer häuslichen Pflegetätigkeit ist im Pflegezeitgesetz<br />
zu verankern.<br />
• Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung der Kinder ist endlich<br />
umzusetzen und muss – beitragsfrei – an die Arbeitszeiten<br />
der Eltern angepasst sein.<br />
• Die Partnermonate beim Elterngeld sind zu verdoppeln und auf<br />
partnerschaftliche Elternzeitmodelle auszudehnen.<br />
Dies alles sind Maßnahmen, die die <strong>SPD</strong> seit langem fordert und<br />
für dringend erforderlich hält. Eine Umsetzung dieser Forderungen<br />
und Vorschläge führt zu einer besseren Sicherung von Beschäftigung<br />
und mehr sozialem Schutz bei Arbeitslosigkeit. Es sind dringende<br />
Maßnahmen, die vorrangig und unerlässlich sind, um die Arbeitsmarktsituation<br />
und Beschäftigungsperspektiven insbesondere<br />
von Frauen zu verbessern und eine drohende massenhafte Altersarmut<br />
zu verhindern.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 55<br />
Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />
Modernisierung des<br />
Betriebsverfassungsgesetzes<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />
Das Betriebsverfassungsgesetz besteht seit über 60 Jahren und beweist,<br />
dass die Mitbestimmung ein wirtschaftlicher Erfolg ist. Zuletzt<br />
wurde es 2001 reformiert und wird den wesentlichen Veränderungen<br />
in der Arbeitswelt nicht ausreichend gerecht. Dies betrifft<br />
im Besonderen mehr Rechte bei wirtschaftlichen Entscheidungen,<br />
Mitbestimmung beim Einsatz von Leiharbeitnehmern und Werkverträgen<br />
sowie mehr Mitbestimmung bei der Personalplanung<br />
insgesamt und der Weiterbildung der Beschäftigten, besonders der<br />
älteren Beschäftigten.<br />
Ar55<br />
Modernisierung des<br />
Betriebsverfassungsgesetzes<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
43
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 56<br />
Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />
Änderung Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />
Die <strong>SPD</strong> soll politisch Einfluss nehmen, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />
dahingehend geändert wird, dass befristete Arbeitsverträge<br />
mit Sachgrund maximal zweimal verlängert werden dürfen,<br />
wobei die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses insgesamt<br />
fünf Jahre nicht überschreiten darf.<br />
Ar56<br />
Änderung Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 57<br />
Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />
Ausbau und Stärkung des<br />
Kündigungsschutzgesetzes<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />
Die <strong>SPD</strong> soll sich dafür einsetzen, dass das Kündigungsschutzgesetz<br />
ausgebaut und gestärkt wird.<br />
Ar57<br />
Ausbau und Stärkung des<br />
Kündigungsschutzgesetzes<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 58<br />
Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />
Eingrenzung der Leiharbeit<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />
Die grundsätzliche Idee und Eigenschaft von Leiharbeit wurde in<br />
der zurückliegenden Zeit massiv ausgeweitet und überzogen. Deshalb<br />
fordern wir, die Leiharbeit wieder auf ihre ursprüngliche Form<br />
zurückzuführen und diese auf maximal 12 Monate zu begrenzen.<br />
Zusätzlich müssen vom Gesetzgeber die Einsatzkarten neu definiert<br />
und gerecht werden. Außerdem muss für Leiharbeitnehmer<br />
der gleiche Lohn gezahlt werden wie für das Stammpersonal.<br />
Ar58<br />
Eingrenzung der Leiharbeit<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Antragsbereich Ar<br />
Antrag 59<br />
Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />
Änderung Jugendarbeitsschutzgesetz<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />
Die <strong>SPD</strong> soll sich für eine Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes<br />
einsetzen, so dass alle Passagen des Gesetzes auch für Auszubildende<br />
Gültigkeit haben. Zusätzlich darf keine weitere Aufweichung<br />
des Gesetzes stattfinden.<br />
Ar59<br />
Änderung Jugendarbeitsschutzgesetz<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
65<br />
44
Außen-, Sicherheits- und<br />
Entwicklungspolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 1<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Für den Frieden und gegen Gewalt! -<br />
Waffenexporte aus Deutschland und der<br />
EU stoppen<br />
Die deutsche Volkswirtschaft ist traditionell eine exportorientierte.<br />
In vielen Bereichen sind deutsche Produkte weltweit stark nachgefragt.<br />
Mittlerweile gehören zu einer solchen Gruppe auch Waffen<br />
und Rüstungsgüter. Deutschland ist zum weltweit drittgrößten Exporteur<br />
von Rüstungs- und Kriegsgütern geworden. Für uns Sozialdemokratinnen<br />
und Sozialdemokraten ein alarmierendes Zeichen,<br />
auch für den Wandel des außenpolitischen Selbstverständnisses der<br />
Bundesrepublik Deutschland.<br />
War dieses Selbstverständnis nach den schrecklichen Erfahrungen<br />
des 20. Jahrhunderts von einer Zurückhaltung geprägt, hat es sich<br />
nach dem Ende des Ost-West-Konflikts und der Teilung Deutschlands<br />
einem immer stärkeren Wandel unterzogen. Der Politikwissenschaftlicher<br />
Herfried Münkler spricht dabei auch von Deutschland<br />
als mittlerweile „selbstbewusster Mittelmacht“. Zwar mag<br />
Münklers Grundthese, nach der Deutschland seine Außenpolitik<br />
vor allem an den Prämissen eines soft-power-Ansatzes orientiert,<br />
trotz vieler internationaler militärischer Einsätze in den letzten<br />
Jahren und Jahrzehnten, immer noch zutreffend sein, doch zeigen<br />
gerade solche Einsätze auch, dass auch hier die deutsche Außenpolitik<br />
einen fortwährenden Wandel vollzieht.<br />
Ausdruck dieses Wandels ist auch die zunehmende Zahl an Exporten<br />
von Waffen- und Kriegsgütern. Mischt Deutschland insofern<br />
zwar nicht immer als Akteur unmittelbar in (z.T. bewaffneten)<br />
Konflikten mit, so bezieht es durch das Exportieren von Waffen<br />
dennoch Positionen.<br />
Wir als <strong>SPD</strong> sind zudem sehr empört darüber, dass der neue bundesrepublikanische<br />
Ansatz in der Außenpolitik nicht mehr nur<br />
auf rein politischen Erwägungen beruht, sondern zunehmend vor<br />
allem auch wirtschaftliche Ziele im Mittelpunkt stehen. Die deutsche<br />
Volkswirtschaft im Gesamten profitiert von dem Export von<br />
Waffen und Kriegsgütern über Maßen. Wir als Sozialdemokratinnen<br />
und Sozialdemokraten sehen es sehr kritisch, dass wir unseren<br />
Wohlstand zunehmend auch durch den Verkauf totbringender Waren<br />
erwirtschaften.<br />
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen zu einer<br />
friedensicherenden und antimilitaristischen Außenpolitik. Unser<br />
außenpolitisches Mittel ist die Diplomatie und die Förderung von<br />
Frieden weltweit. Die Verschärfung von manifesten, oder auch latenten<br />
Konflikten durch die Lieferungen von Waffen in Krisenregionen<br />
ist daher aufs Schärfste zu verurteilen. Wir fordern daher<br />
als Sofortmaßnahme endlich mehr Transparenz und Kontrolle bei<br />
Waffenexporte. Diese müssen wir über eine ausgeweitete parlamentarische<br />
Beteiligung in der Frage von Exportentscheidungen<br />
sicherstellen. Der Deutsche Bundestag muss über die Entscheidung<br />
über die Auslieferung von Waffen stimmberechtigt eingebunden<br />
werden. Die Überwachung der deutschen Ausfuhrregelungen erachten<br />
wir zudem als unzureichend und fordern daher die Bundesregierung<br />
auf, die bisherigen Regelungen und den Endverbleib insbesondere<br />
von Kleinwaffen stärker zu überwachen.<br />
Darüber hinaus fordern wir als <strong>SPD</strong> die Mitgliedstaaten der Europäischen<br />
Union dazu auf, sich gemeinsam auf striktere Exportregelungen<br />
zu einigen. Die EU muss ihrem Friedensversprechen nach<br />
Innen auch endlich sichtbar nach Außen gerecht werden!<br />
Den Schlüssel zu einer erfolgreichen und durchsetzungsfähigen exportbeschränkenden<br />
Politik im Bereich der Waffenexporte, sehen<br />
wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der Schaffung<br />
von Anreizen zur Konversion bestehender Rüstungsproduktion auf<br />
zivile Güter. Hierzu sollten von staatlicher und europäischer Seite<br />
A1<br />
Für den Frieden und gegen Gewalt! -<br />
Waffenexporte aus Deutschland und der<br />
EU stoppen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
46
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Anreizprogramme für die Wirtschaft initiiert werden, die sich zum<br />
Ziel setzen die in diesem Wirtschaftsbereich bestehenden Beschäftigungsverhältnisse<br />
auch nach der Einführung von Exportbeschränkungen<br />
zu sichern.<br />
Frieden ist ein Wert, der uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
besonders verpflichtet. Wir dürfen deshalb nicht länger<br />
zusehen, wie sich reiche Industrienationen, wie Deutschland, mit<br />
dem Export von Kriegsgütern zu Lasten vieler krisenbehafteter Regionen<br />
und deren Menschen, die nicht in Frieden leben, bereichern.<br />
Internationale Solidarität heißt, sich offensiv für den Frieden stark<br />
zu machen und entsprechend den Entwicklungen, die diesem Ziel<br />
entgegenstehen, entschieden entgegen zu treten!<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 2<br />
Unterbezirk Kassel-Stadt (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Rüstungsexport - Änderung des<br />
Grundgesetzes<br />
Die <strong>SPD</strong> begrüßt die einhellige inhaltliche Ablehnung des Exports<br />
von Leopard Panzern nach Saudi-Arabien durch die <strong>SPD</strong> – Bundestagsfraktion.<br />
Die <strong>SPD</strong> kritisiert die Lieferung von Fuchs- Panzern nach Algerien.<br />
Die Einwände, die gegen eine Lieferung von Leopard Panzern<br />
nach Saudi Arabien sprechen, sprechen auch gegen eine Lieferung<br />
nach Algerien. Algerien ist ein Land des latenten Bürgerkriegs.<br />
Die <strong>SPD</strong> ruft ihre Mitglieder und alle Bürgerinnen und Bürger auf,<br />
ihren Protest gegen die Lieferung von Panzern friedlich zum Ausdruck<br />
zu bringen und an friedlichen Protestaktionen teilzunehmen.<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert, ein Verbot des Rüstungsexports durch Änderung<br />
des Art 26.2 GG in der festgelegt wird, das Kriegswaffen und Rüstungsgüter<br />
nicht exportiert werden mit Ausnahme in die Staaten<br />
der NATO.<br />
Solange eine grundgesetzliche Regelung nicht möglich, sollte eine<br />
einzelgesetzliche Regelung geschaffen werden, die ebenfalls nur<br />
den Rüstungsexport in NATO-Staaten zulässt.<br />
Als Zwischenlösungen sind möglich:<br />
• Übernahme der Normen des Außenwirtschaftsgesetzes und der<br />
Politischen Grundsätze der Bundesregierung in das Kriegswaffenkontrollgesetz<br />
• Verbot des Exports von Kleinwaffen (Pistolen, Gewehre, Maschinenwaffen)<br />
• Keine Lizenzvergabe und kein Export von Waffenfabriken<br />
• keine Hermesbürgschaften für Rüstungsexporte<br />
• Bei Rüstungsexporten in NATO Staaten vertraglich vereinbarte<br />
Inspektionen, um den Endverbleib der exportierten Rüstungsgüter<br />
sicherzustellen<br />
• Vierteljährlicher Rüstungsexportbericht<br />
• Parlamentsbeschluss für jeden Rüstungsexport statt Geheimbeschluss<br />
im Bundessicherheitsrat<br />
A2<br />
Rüstungsexport - Änderung des<br />
Grundgesetzes<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
47
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 3<br />
Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />
Die Umsetzung der UN-Sicherheitsrats-<br />
Resolution 1325 in Deutschland zum<br />
Schutz von Frauen in Kriegen<br />
Die UN-Resolution 1325 ist ein wichtiger Meilenstein für die feministische<br />
Friedenspolitik. Zum ersten Mal in der Geschichte der<br />
Vereinten Nationen hat der UN-Sicherheitsrat einen völkerrechtlich<br />
bindenden Beschluss gefasst, der Frauen an Entscheidungen über<br />
Krieg und Frieden beteiligt und die Geschlechterperspektive berücksichtigt.<br />
Die UN-Resolution 1325 wurde am 31. Oktober 2000<br />
einstimmig vom UN-Sicherheitsrat verabschiedet.<br />
Unter anderem fordert die Resolution 1325:<br />
• diejenigen zu verfolgen, die Kriegsverbrechen an Frauen begehen,<br />
• Frauen und Mädchen in Kriegsgebieten besonders zu schützen,<br />
• mehr Frauen bei friedensschaffenden Missionen einzusetzen,<br />
• Frauen verstärkt an Friedensverhandlungen, Mediation und Wiederaufbau<br />
zu beteiligen.<br />
In der von Männern dominierten Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
werden die Perspektiven von Frauen auf Konfliktprävention,<br />
Konfliktlösung und Friedensbildung häufig nicht berücksichtigt,<br />
obwohl Frauen und Mädchen als Teil der Zivilbevölkerung überproportional<br />
stark von Kriegen und bewaffneten Konflikten betroffen<br />
sind. Frauenorganisationen arbeiten seit langer Zeit daran, die Perspektiven<br />
von Frauen in die internationale Sicherheitspolitik einzubringen.<br />
Bereits im Jahre 1915 versammelten sich die Mitglieder<br />
der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF) in<br />
Den Haag, um gegen den Ersten Weltkrieg zu protestieren.<br />
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts steht die herausragende Bedeutung<br />
von Frauen in der Befriedung und dem Wiederaufbau von Konfliktregionen<br />
sowie die Notwendigkeit eines besonderen Schutzes<br />
von Frauen in Krisenzeiten nicht mehr zur Diskussion: Mehrere<br />
internationale Dokumente und Abkommen zur Rolle von Frauen<br />
in bewaffneten Konflikten und Postkonfliktphasen wurden verabschiedet.<br />
In der europäischen Politik spielen der Schutz sowie die<br />
Teilhabe von Frauen nicht nur im Sicherheits- und Verteidigungssektor,<br />
sondern auch in diversen anderen Bereichen der EU-Außenpolitik<br />
eine Rolle – so z.B. in der humanitären Hilfe, der Entwicklungszusammenarbeit<br />
oder im Menschenrechtsschutz.<br />
Die UN SC Res 1325 wird insofern als „roter Faden“ für ein Gesamtkonzept<br />
dringend benötigt“<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für ein Gesamtkonzept<br />
zur Umsetzung der UN-Sicherheitsrats-Resolution<br />
1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit einzusetzen, das folgenden<br />
Anforderungen gerecht wird:<br />
• Sensibilisierungs-Trainings deutscher Soldaten über Zwangsprostitution<br />
als Menschenrechtsverletzung zu veranlassen und dabei<br />
das NATO-Trainings-Handbuch „Trafficking In Human Beings<br />
für das Militär“ zugrunde zu legen;<br />
• einen strikt zu befolgenden Verhaltenskodex und ein Beobachtungssystem,<br />
das an eine ranghohe Stelle innerhalb des Militärs<br />
angebunden ist, insbesondere für Auslandseinsätze einzuführen;<br />
• Soldaten, die in Auslands- und anderen Einsätzen gegen Menschen-<br />
bzw. Frauenrechte verstoßen, ausnahmslos auch strafrechtlich<br />
zu verfolgen und in keine weiteren Einsätze mehr zu<br />
entsenden;<br />
• einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN SC Res<br />
1325 mit nachhaltiger und verbindliche Umsetzungsvorgaben<br />
einzuführen, der intersektorale und aufeinander abgestimmte Konzepte<br />
zur Unterstützung von Frauen in bewaffneten Konflikten,<br />
vor allem für Überlebende von sexualisierter Gewalt, vorweist.<br />
A3<br />
Die Umsetzung der UN-Sicherheitsrats-<br />
Resolution 1325 in Deutschland zum<br />
Schutz von Frauen in Kriegen<br />
Annahme<br />
48
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 4<br />
Landesverband Berlin<br />
Die Umsetzung der UN-Sicherheits-<br />
Resolution 1325 in Deutschland zum<br />
Schutz von Frauen in bewaffneten<br />
Konflikten und Kriegen<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für ein Gesamtkonzept<br />
zur Umsetzung der UN-Sicherheitsrats-Resolution<br />
1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit einzusetzen, das folgenden<br />
Anforderungen gerecht wird:<br />
• Sensibilisierungs-Trainings deutscher Soldaten über Zwangsprostitution<br />
als Menschenrechtsverletzung zu veranlassen und dabei<br />
das NATO-Trainings-Handbuch „Trafficking In Human Beings<br />
für das Militär“ zugrunde zu legen;<br />
• einen strikt zu befolgenden Verhaltenskodex und ein Beobachtungssystem,<br />
das an eine ranghohe Stelle innerhalb des Militärs<br />
angebunden ist, insbesondere für Auslandseinsätze einzuführen;<br />
• Soldaten, die in Auslands- und anderen Einsätzen gegen Menschen-<br />
bzw. Frauenrechte verstoßen, ausnahmslos auch strafrechtlich<br />
zu verfolgen und in keine weiteren Einsätze mehr zu<br />
entsenden;<br />
• einen nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN SC Res<br />
1325 mit nachhaltiger und verbindliche Umsetzungsvorgaben<br />
einzuführen, der intersektorale und aufeinander abgestimmte<br />
Konzepte zur Unterstützung von Frauen in bewaffneten Konflikten,<br />
vor allem für Überlebende von sexualisierter Gewalt, vorweist.<br />
A4<br />
Die Umsetzung der UN-Sicherheits-<br />
Resolution 1325 in Deutschland zum<br />
Schutz von Frauen in bewaffneten<br />
Konflikten und Kriegen<br />
Erledigt durch A3<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 5<br />
Landesverband Sachsen-Anhalt<br />
Bedingungen für die Verlängerung des<br />
ISAF-Mandats in Afghanistan<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion hat den substantiellen Beginn des<br />
Abzugs der Bundeswehrtruppen zur Voraussetzung für die Verlängerung<br />
des ISAF-Mandats am 13. Januar 2011 erklärt. Bundesaußenminister<br />
Guido Westerwelle hat dies Ende September ausgeschlossen<br />
und einen vorzeitigen Abzug der deutschen Truppen aus<br />
Afghanistan abgelehnt. Dies reiht sich in das bisherige Handeln der<br />
schwarz-gelben Bundesregierung ein, das eher einen Verbleib denn<br />
einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan vermuten lässt.<br />
Der verantwortliche Abzug der Bundeswehr ist ohne Alternative.<br />
Schließlich kann der Einsatz im Afghanistan keine Dauereinrichtung<br />
der Staatengemeinschaft sein. Dies ist eine Haltung, die von<br />
den ISAF-Partnern geteilt wird. Die Bundesrepublik kann keine<br />
Alleingänge in der Staatengemeinschaft unternehmen. Hier hat das<br />
dilettantische und verantwortungslose Agieren der schwarz-gelben<br />
Bundesregierung im Falle der Libyen-Intervention schon erheblichen<br />
Schaden angerichtet.<br />
Solche Handlungsweisen gefährden zum einen die Reputation und<br />
die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik als verlässlichem Partner<br />
auf dem internationalen Parkett und zum anderen die Legitimation<br />
von Bundeswehreinsätzen gegenüber der Bevölkerung in der Bundesrepublik.<br />
Eine solche Politik kann die <strong>SPD</strong> nicht mittragen und<br />
verständigt sich auf folgende Punkte:<br />
1. Die <strong>SPD</strong> spricht sich für einen schnellstmöglichen Rückzug der<br />
Bundeswehrtruppen aus Afghanistan aus. Der Rückzug soll 2014<br />
A5<br />
Bedingungen für die Verlängerung des<br />
ISAF-Mandats in Afghanistan<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und Kommission Internationale<br />
Politik beim <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
49
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
abgeschlossen sein. Die <strong>SPD</strong> anerkennt die Verantwortung der<br />
Bundesrepublik – sowohl gegenüber den zivilen Aufbauhelfern<br />
und den Angehörigen der Bundeswehr in Afghanistan, als auch<br />
gegenüber der afghanischen Zivilbevölkerung – für ein vernünftiges<br />
Abzugsszenario. Das schließt den übereilten Abzug des gesamten<br />
deutschen Truppenkontingents aus.<br />
2. Die <strong>SPD</strong> fordert die Bundesregierung auf, ihre Zusage für den<br />
Beginn des Abzugs deutscher Truppen im Jahr 2011 einzuhalten<br />
und einen konkreten Abzugsplan bis 2014 vorzulegen.<br />
3. Die <strong>SPD</strong> ist eine Partei, die für Menschenrechte und Frieden<br />
steht. Gerade deshalb muss sie ihr Verhältnis zu militärischen<br />
Interventionen im Rahmen von UN-Mandaten grundsätzlich<br />
klären. Dabei ist jenseits tagespolitisch-taktischer Erwägungen<br />
grundsätzlich zu klären, unter welchen konkreten Bedingungen<br />
die <strong>SPD</strong> Auslandseinsätze der Bundeswehr unterstützt werden.<br />
Der Parteivorstand wird beauftragt, diese Diskussion anzustoßen<br />
und zu strukturieren.<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 6<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Asyl für afghanische Dolmetscher<br />
Deutschland hat sich im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern<br />
des NATO und ISAF Einsatzes in Afghanistan nicht dazu<br />
entschlossen, afghanischen Dolmetschern die die Bundeswehr in<br />
Kampfeinsätzen vor Ort unterstützt haben, auf Wunsch Asyl zu<br />
gewähren. Dies ist besonders problematisch für Afghanen, die in<br />
Kampfeinsätze verwickelt waren. Diese Gruppe muss in den meisten<br />
Fällen um ihr Leben fürchten. Sie und ihre Familien werden<br />
von den Aufständischen und/oder den Taliban mit Gewalt bedroht.<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />
Dolmetscher, die die Bundeswehr in Afghanistan unter Einsatz ihres<br />
Lebens unterstützt haben, sollen in Deutschland zusammen mit<br />
ihren Familien Asyl erhalten. Es handelt sich dabei um eine Gruppe<br />
von 700- 900 Personen, deren Leben in Afghanistan konkret gefährdet<br />
ist.<br />
A6<br />
Aufnahme afghanischer Ortskräfte<br />
Annahme in geänderter Fassung<br />
Deutschland ist im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern des<br />
NATO-geführten ISAF-Einsatzes in Afghanistan sehr zögerlich, afghanischen<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Wunsch die Aufnahme<br />
in Deutschland zu gewähren. Vor dem Hintergrund, dass<br />
besonders diese Gruppe nach Beendigung des ISAF-Einsatzes von<br />
Aufständischen und Taliban bedroht wird und um ihr Leben fürchten<br />
muss, muss die Bundesregierung die aktuelle Praxis zur Aufnahme<br />
von afghanischen Ortskräften und ihren Familien ändern.<br />
Der Bundesparteitag beschließt:<br />
Afghanische Ortskräfte, die für die Bundeswehr in Afghanistan<br />
arbeiteten und deren Sicherheit und Leben nach Beendigung des<br />
ISAF-Einsatzes bedroht sind, sollen zusammen mit ihren Familien<br />
in Deutschland eine Aufnahme angeboten bekommen.<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 7<br />
11/05 Friedrichsfelde (Landesverband Berlin)<br />
Aufnahme afghanischer Helfer/innen<br />
und ihrer Familien in Deutschland<br />
sichern<br />
Die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestages und im gegebenen<br />
Fall auch der kommenden Bundesregierung setzen sich<br />
dafür ein, in Vorbereitung des Abzuges der Bundeswehr aus Afghanistan<br />
eine Einreise- und Aufnahmeregelung für die einheimischen<br />
Helfer/innen der Polizei, Bundeswehr, deutscher Stiftungen und<br />
NGO’s zu schaffen, die ihnen und ihren Familien ohne Beweispflicht<br />
einer individuellen Bedrohungs- oder Verfolgungssituation<br />
Aufnahme und Schutz in Deutschland bietet.<br />
A7<br />
Aufnahme afghanischer Helfer/innen<br />
und ihrer Familien in Deutschland<br />
sichern<br />
Erledigt durch Annahme von A6 in der Fassung der Antragskommission<br />
65<br />
50
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 8<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Den Nahost-Friedensprozess unterstützen<br />
Aktuelle Friedensgespräche als Chance<br />
Nach fast vierjähriger Unterbrechung sind im Juli 2013 Friedensgespräche<br />
zwischen der israelischen und palästinensischen Regierung<br />
aufgenommen worden. Wir begrüßen diese Initiative der<br />
Verhandlungspartner und US-Präsidenten Barack Obama, unterstützt<br />
durch Außenminister John Kerry. Wir begrüßen die Wiederaufnahme<br />
von Verhandlungen und hoffen auf Ergebnisse für einen<br />
dauerhaften Frieden im Nahostkonflikt. Wichtig ist, dass politische<br />
Verhandlungen zu sichtbaren Verbesserungen der Lebensumstände<br />
der Menschen in der Region führen, um das Vertrauen in den Dialog<br />
zu stärken. Bringen die Verhandlungen keine Verbesserungen<br />
für Menschen, werden die Zweifel an Sinn von Verhandlungen auf<br />
beiden Seiten wachen, was eine Gefahr für die Zukunft darstellt.<br />
Die <strong>SPD</strong> wird den Nahost-Friedensprozess mit allen Kräften unterstützen.<br />
Unser zentrales Ziel ist und bleibt dabei eine Zwei-<br />
Staaten-Lösung. Wir wollen ein Israel, das in Frieden, Sicherheit<br />
und in von seinen Nachbarn anerkannten Grenzen lebt – und einem<br />
lebensfähigen palästinensischen Staat, in dem die Menschen eine<br />
lebenswerte Zukunft in Sicherheit und Frieden haben. Die Friedensgespräche<br />
eröffnen die Chance auf eine einvernehmliche und<br />
dauerhafte Lösung der Endstatusfragen des Nahostkonflikts. Für<br />
unerlässlich halten wir hierfür einen Stopp des Siedlungsbaus, der<br />
eine friedliche politische Lösung nachhaltig gefährdet.<br />
Politische Verhandlungen können eine Lösung für den Status von<br />
Jerusalem als künftige Hauptstadt beider Staaten entwickeln.<br />
Diplomatische Aufwertung als Konsequenz des Staatsaufbaus<br />
Die Aufwertung des diplomatischen Status Palästinas mit der Anerkennung<br />
als „non member state“ durch die Vereinten Nationen<br />
im Jahr 2012 war aus unserer Sicht ein wichtiges Bekenntnis der<br />
internationalen Gemeinschaft zur Zwei-Staaten-Lösung. Sie war<br />
ein Fortschritt auf dem Weg zu Staatlichkeit und Selbstbestimmung<br />
der Palästinenserinnen und Palästinenser und nicht zuletzt wichtig,<br />
um Palästina als gleichrangigen Verhandlungspartner in die Verantwortung<br />
zu nehmen. Dieser Schritt war eine Konsequenz aus dem<br />
mehrjährigen Staatsaufbauprozess in den palästinensischen Gebieten,<br />
der sich unter anderem auf die Bereiche von Regierungsinstitutionen,<br />
Infrastruktur, Sozialpolitik und Wirtschaftsförderung erstreckte<br />
und durch den die völkerrechtlichen Voraussetzungen zur<br />
Staatlichkeit erreicht wurden. Dieser Prozess muss von der Bundesrepublik<br />
weiter unterstützt werden, um die Lebensverhältnisse<br />
der Menschen in der Region zu verbessern und ihre Sicherheit zu<br />
gewährleisten.<br />
Einer Aufnahme eines palästinensischen Staates in die Staatengemeinschaft<br />
der Vereinten Nationen stehen wir ebenfalls positiv gegenüber.<br />
Sozialdemokratische Antworten auf den Konflikt<br />
Die außenpolitische Stärke der Sozialdemokratie liegt in internationaler<br />
Partnerschaft. Gemeinsam mit Schwesterparteien in Israel<br />
und Palästina teilen wir die Werte der Freiheit, Gerechtigkeit und<br />
Solidarität. Wir sind überzeugt von der wichtigen Rolle progressiver<br />
politischer Kräfte für Fortschritt im Friedensprozess. Deshalb<br />
befinden wir uns in intensivem Austausch und Dialog mit der israelischen<br />
Arbeitspartei, der Meretz-Partei und der Fatah.<br />
Gerade der Austausch mit Partnern vor Ort zeigt uns: einseitige<br />
Positionierungen in Fragen des Nahost-Konflikts sind der falsche<br />
Weg. Hiermit werden der Konflikt weiter geschürt, Realitäten falsch<br />
wahrgenommen sowie Diskussionen unterbunden. Vielmehr setzten<br />
wir uns mit den gesellschaftlichen Realitäten vor Ort auseinander.<br />
Die Frage der sozialen Gerechtigkeit spielt eine zentrale Rolle in<br />
Israel und Palästina. Dies hat unter anderem die international beach-<br />
A8<br />
Den Nahost-Friedensprozess unterstützen<br />
Überweisung an Kommission Internationale Politik beim <strong>SPD</strong>-<br />
Parteivorstand<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
51
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
tete soziale Protestbewegung in Israel unter Beweis gestellt. Doch<br />
auch in den palästinensischen Gebieten sind Menschen für soziale<br />
Gerechtigkeit auf die Straße gegangen. Sie demonstrierten gegen<br />
die Nichtauszahlung von Gehältern im öffentlichen Dienst und steigende<br />
Lebenshaltungskosten. Eine Besonderheit ist hier, dass die<br />
palästinensische Autonomiebehörde heute zur Verbesserung der Lebensverhältnisse<br />
in hohem Maße von Israel und der internationalen<br />
Gemeinschaft abhängig ist. Durch die seit bald 50 Jahre andauernde<br />
Besatzung ist die ökonomische und humanitäre Situation in den<br />
palästinensischen Gebieten nach wie vor ein großes Problem. Vor<br />
allem die Situation der sogenannten C-Gebiete im Westjordanland,<br />
die seit dem Oslo-Abkommen ausschließlich unter israelischer Verwaltung<br />
stehen, stellt eine Belastung für die wirtschaftliche Situation<br />
dar. Dadurch, dass der palästinensischen Autonomiebehörde 60<br />
Prozent des Gebietes des Westjordanlandes faktisch versperrt bleibt,<br />
ist die wirtschaftliche Entwicklung dort eingeschränkt. Dazu beizutragen,<br />
hier Verbesserungen zu erwirken, ist uns ein wichtiges Anliegen.<br />
Darüber hinaus darf jedoch nicht vergessen werden, dass ein<br />
Ziel der Friedensverhandlungen sein muss, die Besatzungssituation<br />
zu beenden und der palästinensischen Regierung die Verantwortung<br />
für ihr künftiges Staatsgebiet zu übertragen.<br />
Siedlungspolitik<br />
Die israelische Siedlungspolitik stellt ein dauerhaftes Risiko für<br />
den Nahost-Friedensprozess dar. Aufgabe internationaler Partner<br />
ist es, auf einen Siedlungs-Stopp zu drängen. Hierzu muss insbesondere<br />
auf Ebene der Europäischen Union eine Verständigung<br />
über politische Handlungsmöglichkeiten stattfinden. Klar ist für<br />
uns: Aufrufe zu Boykott und Isolation sind für die Sozialdemokratie<br />
kein Ansatz für politischen Fortschritt. Sie sind wirtschaftlich<br />
und politisch nicht wirksam und können geeignet sein, auch ungewollt,<br />
antisemitische Ressentiments in Europa zu schüren. Nicht<br />
zuletzt wirken derartige Bewegungen dem Kontakt zwischen Israelis<br />
und Palästinensern entgegen und schwächen damit progressive<br />
Kräfte auf beiden Seiten. Derartige Kampagnen sind mit unseren<br />
Überzeugungen unvereinbar.<br />
Vielmehr wird es darum gehen, in der bilateralen Zusammenarbeit<br />
zwischen der Europäischen Union und Israel geltende Handelsabkommen<br />
und europäisches Recht umzusetzen. Zollvergünstigungen<br />
für israelische Produkte können nicht auf Waren Anwendung<br />
finden, die in Siedlungen in den palästinensischen Gebieten produziert<br />
wurden. Derartige Produkte dürfen gegenüber Verbrauchern<br />
auch nicht als Produkte aus israelischer Produktion dargestellt<br />
werden. Entsprechende Bestrebungen der europäischen Union, europäisches<br />
Recht und zwischenstaatliche Vereinbarungen effektiv<br />
umzusetzen, unterstützen wir.<br />
Friedenspolitik im Sinne Willy Brandts<br />
Unsere Stärke ist der Dialog zwischen progressiven Kräften. Willy<br />
Brandt war der Überzeugung, dass Wandel durch Annäherung<br />
gelingt. Wir sind der Überzeugung, dass Frieden durch Annäherung<br />
gelingen kann. Frieden setzt Vertrauen voraus, Vertrauen setzt<br />
Verständnis voraus. Ein dauerhafter Frieden setzt nicht nur die<br />
Bereitschaft der Regierungen voraus, sondern viel mehr die Unterstützung<br />
der Gesellschaft. Konfrontation oder Gewalt stellen keine<br />
Wege zum Frieden dar.<br />
Deshalb treten wir für Friedensförderung und Konflikttransformation<br />
ein. Der Zivile Friedensdienst hat sich gerade in der Region<br />
des Nahen Ostens bewährt und soll wieder gestärkt werden.<br />
Wir setzen weiterhin auf die Partnerschaft mit den Genossinnen<br />
und Genossen unserer Schwesterparteien in Israel und den palästinensischen<br />
Gebieten.<br />
Besonders wichtig ist uns auch die Arbeit des Willy-Brandt-Centers<br />
in Jerusalem. Bereits seit 1996 arbeiten hier politisch aktive,<br />
junge Menschen aus Israel, Palästina und Deutschland zusammen,<br />
um gemeinsam für Fortschritt und gesellschaftliche Mehrheiten zu<br />
streiten. Diese Arbeit, die sich der Partnerschaft und internationalen<br />
Solidarität verpflichtet, wollen wir weiterhin unterstützten.<br />
52
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 9<br />
11/05 Friedrichsfelde (Landesverband Berlin)<br />
Auslandseinsätze der Bundeswehr<br />
- Parlamentsvorbehalt stärken,<br />
Zustimmungserfordernis im Grundgesetz<br />
verankern<br />
Die sozialdemokratischen Mitglieder des Deutschen Bundestages<br />
werden zur Erarbeitung einer grundgesetzlichen Grundlage für<br />
den Einsatz von bewaffneten und unbewaffneten Streitkräften im<br />
Ausland aufgefordert. Eine vorherige Zustimmung zum Einsatz bewaffneter<br />
Streitkräfte im Ausland ist hierbei durch Beschluss des<br />
Deutschen Bundestages mit den Stimmen von 2/3 seiner Mitglieder,<br />
eine Zustimmung zum sonstigen Einsatz von Streitkräften im<br />
Ausland durch Beschluss des Deutschen Bundestages einzuholen.<br />
Das Parlamentsbeteiligungsgesetz (ParlBG) ist dementsprechend<br />
abzuändern. Eine Beschlussfassung des Deutschen Bundestages<br />
für den Einsatz von Streitkräften im Ausland soll hierbei – neben<br />
der Beantragung durch die Bundesregierung – auch auf Verlangen<br />
einer Fraktion oder von mindestens fünf von Hundert der Mitglieder<br />
des Deutschen Bundestages herbeigeführt werden können.<br />
A9<br />
Auslandseinsätze der Bundeswehr<br />
- Parlamentsvorbehalt stärken,<br />
Zustimmungserfordernis im Grundgesetz<br />
verankern<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 10<br />
Landesverband Sachsen<br />
Zukunft der Außen- und<br />
Sicherheitspolitik<br />
Der Parteivorstand wird aufgefordert, die Grundlagen dafür zu<br />
schaffen, dass ein breit angelegter Meinungsbildungsprozess innerhalb<br />
unserer Partei initiiert wird, um zum Thema Friedenssicherung<br />
eine Grundsatzposition zu erarbeiten, die auf die veränderten<br />
Rahmenbedingungen und Anforderungen an eine moderne Friedens-<br />
und Sicherheitspolitik ein Antwort gibt. Dabei sollte auch die<br />
interessierte Öffentlichkeit in den Diskurs mit einbezogen werden.<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 11<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Für eine solidarische<br />
Entwicklungszusammenarbeit auf<br />
Augenhöhe!<br />
Die deutsche Entwicklungspolitik in der Kritik<br />
Die deutsche entwicklungspolitische Zusammenarbeit wird durch<br />
eine große Anzahl von Akteuren beeinflusst. Zu diesen Akteuren<br />
zählen vor allem die internationalen Organisationen (Weltbank,<br />
IWF, die UN-Organisationen) aber auch die Entwicklungsorganisationen<br />
(z.B. Ministerien, Durchführungsorganisationen) und Forschungseinrichtungen.<br />
Diese Vielzahl an Akteuren bestimmt, was<br />
als Entwicklung anzusehen ist und wie sie zu erreichen ist und sie<br />
gilt es entsprechend bei unserem entwicklungspolitischen Vorgehen<br />
zu berücksichtigen.<br />
Das Signal und der Anspruch des Begriffswandels, von Entwicklungshilfe<br />
zu Entwicklungszusammenarbeit, sind, dass die Gleich-<br />
A10<br />
Zukunft der Außen- und<br />
Sicherheitspolitik<br />
Überweisung an die Kommission Internationale Politik beim <strong>SPD</strong>-<br />
Parteivorstand<br />
A11<br />
Für eine solidarische<br />
Entwicklungszusammenarbeit auf<br />
Augenhöhe!<br />
Überweisung an Forum Eine Welt<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
53
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
wertigkeit der Geber- und Nehmerländer gegeben sein muss. Die<br />
Zeiten der Almosen von Nord nach Süd sind damit vorbei. Dieser<br />
Paradigmenwechsel ist richtig und muss noch stärker in die Entwicklungszusammenarbeit<br />
und deren Wahrnehmung einbezogen<br />
werden.<br />
Der Strategiewechsel in der deutschen Entwicklungspolitik unter<br />
Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), der dem Bundesministerium<br />
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)<br />
als Fachminister vorsteht, wird von uns Sozialdemokratinnen und<br />
Sozialdemokraten hingegen stark kritisiert. Ein Hauptkritikpunkt<br />
an Niebels Entwicklungspolitik bezieht sich dabei auf die starke<br />
Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft. Hilfsorganisationen<br />
(Terre des Hommes, Welthungerhilfe etc.) fürchten zu Recht, dass<br />
es primär um Wirtschaftsinteressen im Rahmen der deutschen<br />
Entwicklungszusammenarbeit geht. Diese Besorgnis wird durch<br />
die Tatsache verschärft, dass nicht nur die seit den 1990er Jahren<br />
existierenden Privat-Public-Partnerships (PPP) verstärkt weitergeführt<br />
werden, sondern u.a. auch eine Servicestelle für die Zusammenarbeit<br />
mit der Wirtschaft eingerichtet wurde. Die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass Unternehmen nur dort Investitionen tätigen, wo eine<br />
ausgebaute Infrastruktur und Rechtssicherheit besteht, liegt auf der<br />
Hand. Dies bedeutet aber schlichtweg, dass insbesondere fragile<br />
Staaten in Afrika selbst von solch einer Kooperation ausgeschlossen<br />
bleiben. Diese Entwicklung sehen wir kritisch. Die Unternehmen<br />
wollen in erster Linie Geld verdienen und Ressourcen sowie<br />
die Arbeitskräfte vor Ort ausbeuten. Dementsprechend ist ihr Eigeninteresse<br />
kapitalistisch begründet und besteht nicht in der Förderung<br />
bzw. Verwirklichung einer gerechteren Gesellschaft. Perfide<br />
ist zudem die Begründung für vermehrte PPP-Förderung. So seien<br />
sie angeblich kostengünstiger und stärken den Wirtschaftsstandort<br />
Deutschland global. So brüstet sich der liberale Minister, dass auf<br />
jeden „investierten“ Euro 1,40€ nach Deutschland zurückfließen<br />
würde. Hier verkommt Entwicklungszusammenarbeit in bloßer<br />
Außenhandelsförderung. Ob die PPP-Förderung den Menschen vor<br />
Ort entsprechend wirklich hilft, bleibt dabei mehr als fraglich.<br />
Deutlich wird zudem, dass die deutsche Entwicklungspolitik unter<br />
Führung des FDP-Politikers Niebel sich vorwiegend auf einen<br />
Aspekt von nachhaltiger Entwicklung, nämlich der Wirtschaft, beschränkt<br />
und die anderen Dimensionen von nachhaltiger Entwicklung<br />
(Soziales, Ökologie) stark vernachlässigt. Folglich werden die<br />
Bereiche Soziales und Ökologie (Bildung, Gesundheits- und Wasserversorgung<br />
etc.) dem Wirtschaftsaspekt untergeordnet. Dementsprechend<br />
versagt Niebels Entwicklungspolitik vollkommen, wenn<br />
es darum geht, wirtschaftliche Entwicklung in Einklang mit Ressourcengerechtigkeit<br />
und sozialer Gerechtigkeit zu bringen. Vor<br />
allem unterschätz diese Art der Entwicklungspolitik, welche entscheidende<br />
Rolle die Erzielung von sozialer Gerechtigkeit in Bezug<br />
auf die Aufrechterhaltung des Friedens hat.<br />
Die Stärkung des Friedens durch Entwicklungszusammenarbeit<br />
wird zudem durch die stärkere Vernetzung von Militär und Entwicklungszusammenarbeit<br />
konterkariert. So fördert das Haus<br />
Niebel in einer seiner Förderlinien in Afghanistan nur NGOs, die<br />
auch zu einer Kooperation mit dem Militär bereit sind. Ein weiteres<br />
Beispiel ist die Unterstützung der kolumbianischen Regierung<br />
in der Region Macarena, die durch militärische Einsätze wieder<br />
das Gewaltmonopol über die Region erlangen möchte. Wir Sozialdemokratinnen<br />
und Sozialdemokraten lehnen die Einmischung<br />
der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in innerstaatliche<br />
Konflikte sowie die Unterstützung des Militärs durch die Entwicklungszusammenarbeit<br />
ab. Entwicklungszusammenarbeit hat den<br />
Anspruch die Welt gerechter zu machen und keine vermeintliche<br />
Entwicklung durch Waffengewalt herzustellen.<br />
Die internationale Staatengemeinschaft hat sich darauf verständigt,<br />
dass die Industrieländer 0,7% des BIPs für die Entwicklungszusammenarbeit<br />
jährlich zur Verfügung stellen sollen. Dieses Ziel<br />
soll bis 2015 erreicht werden. Doch sind wir hiervon derzeit weit<br />
entfernt. Momentan wendet Deutschland gerade einmal 0,4% des<br />
BIPs für die Entwicklungszusammenarbeit auf. Wir fordern daher<br />
54
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
zudem schnellstmöglich die schrittweise Anhebung des Budgets,<br />
um das 0,7%-Ziel 2015 tatsächlich erreichen zu können. Diese<br />
Zielsetzung wird durch die kürzlich getroffenen Entscheidungen<br />
ad absurdum geführt. Statt einer graduellen Anhebung des BMZ-<br />
Etats wurde dieser weiter gekürzt. Der Bundestag beschloss Ende<br />
letzten Jahres gegen die Stimmen der <strong>SPD</strong> sowie anderer Oppositionsparteien<br />
die Kürzung des BMZ-Etats. Für das Haushaltsjahr<br />
2013 verfügt das BMZ nun über knapp 6,3 Milliarden Euro. Im<br />
Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Kürzung des Etats um 87<br />
Millionen Euro. Es ist für uns schlichtweg inakzeptabel, dass die<br />
Bundesregierung nicht bereit ist einen so geringen Anteil unseres<br />
jährlich erwirtschafteten Vermögens zur Verfügung zu stellen, um<br />
den Menschen in weniger entwickelten Ländern eine bessere Perspektive<br />
zu verschaffen. Die Erreichung des 0,7%-Ziels verkommt<br />
unter der schwarz-gelben Koalition somit zur Utopie. Unser Wohlstand<br />
bildet eine Pflicht zur Umverteilung, sowohl national, wie<br />
auch international.<br />
Unser Ansatz für eine gute Entwicklungszusammenarbeit muss<br />
eine Weltgesellschaft sein, in der Hunger, Elend und Armut zur<br />
Geschichtserzählung und nicht zur Gegenwartsbeschreibung gehört.<br />
Den Wohlstand, den wenige Millionen Menschen auf der<br />
Welt genießen und das Elend (Unterernährung & Hunger, Krieg &<br />
Verfolgung, Krankheit oder Analphabetismus) in dem Milliarden<br />
Menschen leben, verpflichtet uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
zu einem klaren Bekenntnis zur globalen Umverteilung<br />
und zu einer nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Unser Ziel ist eine gerechtere Welt, in der sich alle auf Augenhöhe<br />
begegnen und jeder Mensch die elementarsten Dinge zum Leben<br />
vorfindet. In der Tradition unserer internationalistischen Ausrichtung<br />
fühlen wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
zur Solidarität mit den Schwachen und Benachteiligten weltweit<br />
verpflichtet und kämpfen hierfür auch bei uns vor Ort!<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 12<br />
Unterbezirk Kassel-Stadt (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Für eine solidarische<br />
Entwicklungszusammenarbeit auf<br />
Augenhöhe!<br />
Ausgangslage:<br />
Von Entwicklungshilfe zu Entwicklungszusammenarbeit<br />
Der Entwicklungsbegriff befand bzw. befindet sich im Wandel, da<br />
es sich hierbei nicht um einen allgemeingültigen Begriff handelt.<br />
Vielmehr ist der Begriff Entwicklung abhängig von individuellen<br />
und kollektiven Wertvorstellungen. In den 1950er und 1960er<br />
Jahren basierten entwicklungspolitische Maßnahmen auf modernisierungstheoretischen<br />
Annahmen. Alle unter der Modernisierungstheorie<br />
subsumierten Theorien gehen von einer nachholenden<br />
Entwicklung der Entwicklungsländer aus. Für die Vertreterinnen<br />
und Vertreter der Modernisierungstheorien liegen die Ursachen für<br />
Unterentwicklung in den endogenen Faktoren, d.h. in den soziokulturellen<br />
Faktoren. Demzufolge kann Unterentwicklung durch die<br />
Übernahme westlicher Wertemuster und die Weltmarktintegration<br />
überwunden werden. Das Konzept Entwicklung durch Wachstum<br />
war geprägt von der modernisierungstheoretischen Prämisse, dass<br />
das erzielte Wachstum auch die ärmsten Bevölkerungsteile eines<br />
Landes erreichen bzw. zu ihnen durchsickern würde (Trickle-<br />
Down-Effekt). Im Laufe der 1960er Jahre zeichnete sich ab, dass<br />
sich der erstrebte Trickle-Down-Effekt nicht herausstellen würde.<br />
In den 1960er Jahren und 1970er Jahren erhielten die Dependenztheorien<br />
Einzug in die entwicklungspolitischen Debatten. Die Vertreterinnen<br />
und Vertreter der Dependenztheorien sahen den Grund<br />
für Unterentwicklung erstrangig in den externen Faktoren. Der<br />
A12<br />
Für eine solidarische<br />
Entwicklungszusammenarbeit auf<br />
Augenhöhe!<br />
Überweisung an Forum Eine Welt<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
55
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Grund für die Unterentwicklung, lag für sie somit nicht in den gesellschaftlichen<br />
Strukturen der Entwicklungsländer, sondern vielmehr<br />
in der Integration der Entwicklungsländer (Peripherie) in<br />
den von den Industrieländern (Zentrum) dominierten Weltmarkt.<br />
Jedoch vermochten die Dependenztheorien nicht, einen fundamentalen<br />
Wandel des Entwicklungsdiskurses herbeizuführen. Auch<br />
wirtschaftliche Erfolge der ostasiatischen Länder, die den Weg<br />
einer nachholenden Entwicklung durch eine weltmarktintegrative<br />
Entwicklungsstrategie realisierten, riefen das Scheitern der Dependenztheorien<br />
hervor.<br />
Mit Beginn der Schuldenkrise Anfang der 1980er Jahre wurden die<br />
Strukturanpassungsprogramme (SAPs) zum Leitbild der Weltbank-<br />
Politik gegenüber ihren Kreditnehmerländern aus Afrika, Asien<br />
und Lateinamerika. Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds<br />
(IWF) vollzogen mit den Strukturanpassungsprogrammen<br />
(SAPs) einen neoliberalen Kurswechsel. Die internationalen<br />
Finanzinstitutionen (Weltbank und IWF) verbanden mit den SAPs<br />
das Ziel die Zahlungsfähigkeit und die Kreditwürdigkeit der Entwicklungsländer<br />
wiederherzustellen. Die Maßnahmen im Rahmen<br />
der SAPs waren vor allem die Entstaatlichung der Wirtschaft, Handelsliberalisierung,<br />
Währungsabwertung sowie die Stabilisierung<br />
der Staatsfinanzen durch Entlassungen im öffentlichen Dienst,<br />
Streichungen von Subventionen bei Grundnahrungsmitteln und<br />
Einschnitte bei den Ausgaben für Bildung und Gesundheit.<br />
Die in den Folgejahren zunehmende Ressourcenknappheit, der augenscheinliche<br />
Klimawandel, die Zunahme der Naturkatastrophen<br />
aber auch die Ausbreitung der globalen Armut, ließen eine verbesserte<br />
Kooperation der Industrie- und Entwicklungsländern als<br />
Notwendigkeit erscheinen. Im Laufe der Zeit hat eine Hinwendung<br />
zu einem ganzheitlicheren Entwicklungsbegriff stattgefunden. Seit<br />
Ende der 1980er Jahren ist das Konzept der nachhaltigen Entwicklung<br />
das Entwicklungsparadigma der UN. Bei der nachhaltigen<br />
Entwicklung handelt es sich um ein mehrdimensionales Entwicklungskonzept.<br />
Dementsprechend werden nicht nur ökonomische<br />
Belange, sondern auch ökologische (verantwortungsvolles Ressourcenmanagement)<br />
und soziale Belange (Armutsbekämpfung)<br />
als bedeutend für die Förderung von Entwicklungsprozessen gesehen.<br />
Darüber hinaus entwickelte des Entwicklungsprogramm der<br />
UN (United Nations Development Program, UNDP) in den 1990er<br />
Jahren den Human Development Index (HDI). Anhand von den Indikatoren<br />
Lebenserwartung, Alphabetisierungs- und Einschulungsrate<br />
und der realen Kaufkraft, wird Entwicklung definiert. Mit dem<br />
Nachhaltigkeitskonzept als auch dem Konzept der menschlichen<br />
Entwicklung findet prinzipiell eine Abwendung von der einseitigen<br />
Orientierung auf die Wirtschaftsleistungen statt. Mit den Konzepten<br />
der nachhaltigen Entwicklung und der menschlichen Entwicklung<br />
ist ebenfalls die Armutsbekämpfung in den Mittelpunkt<br />
entwicklungspolitischer Debatten gerückt. Insbesondere die Verabschiedung<br />
der Millenniumsentwicklungsziele (Millennium Development<br />
Goals, MDGs) im Jahr 2000 zeigen die Fokussierung auf<br />
die Lösung globaler Problemlagen, insbesondere der Reduzierung<br />
der Armut weltweit, welche die Kooperation zwischen Industrieund<br />
Entwicklungsländern notwendig macht.<br />
Die Hinwendung zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit,<br />
d.h. zu einem Partnerschaftsdiskurs, zwischen den Ländern des<br />
globalen Nordens und des globalen Südens, wird vor allem durch<br />
die Verabschiedung der Paris-Deklaration deutlich. Im Jahr 2005<br />
verabschiedeten die Entwicklungsministerinnen und -minister der<br />
Länder des globalen Nordens und des globalen Südens sowie die<br />
Vertreterinnen und Vertreter der internationalen Entwicklungsorganisationen<br />
in Paris die Pariser Erklärung über die Wirksamkeit<br />
der Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Eine zentrale Forderung<br />
der Paris-Deklaration ist, dass sich die sogenannten Industrie- und<br />
Entwicklungsländer auf gemeinsame Prinzipien und Regeln der internationalen<br />
Entwicklungskooperation einigen, die der Effektivität<br />
der internationalen Entwicklungszusammenarbeit zuträglich sein<br />
sollen. Im Jahr 2008 fand erneut eine Konferenz zur Wirksamkeit<br />
der Entwicklungszusammenarbeit in Accra statt, auf der die Bedeu-<br />
56
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
tung der Menschenrechte, der Geschlechtergerechtigkeit und des<br />
Umweltschutzes für eine erfolgreiche EZ hingewiesen wurde. Im<br />
Jahr 2011 wurde auf einer weiteren Konferenz zur Wirksamkeit der<br />
Entwicklungszusammenarbeit in Busan (Südkorea) die Notwendigkeit,<br />
eine globale Partnerschaft für Entwicklung zu schaffen,<br />
betont.<br />
Deutlich wird hieran, dass im Bereich der Entwicklungspolitik offiziell<br />
die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Ländern<br />
des globalen Nordens und Südens eine prominente Rolle einnimmt.<br />
Mittlerweile ist auch der Begriff der Entwicklungshilfe im<br />
amtlichen Sprachgebraucht durch den Begriff der Entwicklungszusammenarbeit<br />
ersetzt worden. Unter Entwicklungshilfe wurden<br />
alle entwicklungsbezogene Leistungen im Sinne von finanzieller<br />
Hilfe (z.B. Kredite) oder technischer Hilfe (Entsendung von Experten<br />
und Beratern) und Warenhilfe aus den Industrieländern für<br />
die Entwicklungsländer von Seiten staatlicher Akteure und nichtstaatlicher<br />
Akteure (z.B. Wirtschaft, Kirchen) verstanden. Heute<br />
wird von Seiten entwicklungspolitischer Akteure, wie dem BMZ,<br />
darauf hingewiesen, dass die Länder, mit denen man sich in entwicklungspolitischer<br />
Zusammenarbeite befindet, nicht als Empfänger<br />
von Hilfsleistungen, sondern vielmehr als gleichberechtigte<br />
Partner betrachtet werden, mit denen man gemeinsam die Ziele der<br />
entwicklungspolitischen Zusammenarbeit festlegt. Mit dem Begriff<br />
der Entwicklungszusammenarbeit soll somit die partnerschaftliche<br />
Zusammenarbeit betont werden.<br />
Die deutsche Entwicklungspolitik in der Kritik<br />
Die deutsche entwicklungspolitische Zusammenarbeit wird durch<br />
eine große Anzahl von Akteuren beeinflusst. Zu diesen Akteuren<br />
zählen vor allem die internationalen Organisationen (Weltbank,<br />
IWF, die UN-Organisationen) aber auch die Entwicklungsorganisationen<br />
(z.B. Ministerien, Durchführungsorganisationen) und Forschungseinrichtungen.<br />
Diese Vielzahl an Akteuren bestimmt, was<br />
als Entwicklung anzusehen ist und wie sie zu erreichen ist und sie<br />
gilt es entsprechend bei unserem entwicklungspolitischen Vorgehen<br />
zu berücksichtigen.<br />
Das Signal und der Anspruch des Begriffswandels, von Entwicklungshilfe<br />
zu Entwicklungszusammenarbeit, ist, dass die Gleichwertigkeit<br />
der Geber- und Nehmerländer gegeben sein muss. Die<br />
Zeiten der Almosen von Nord nach Süd sind damit vorbei. Dieser<br />
Paradigmenwechsel ist richtig und muss noch stärker in die Entwicklungszusammenarbeit<br />
und deren Wahrnehmung einbezogen<br />
werden.<br />
Der Strategiewechsel in der deutschen Entwicklungspolitik unter<br />
dem Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), der dem Bundesministerium<br />
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />
(BMZ) als Fachminister vorsteht, wird von uns Sozialdemokratinnen<br />
und Sozialdemokraten hingegen stark kritisiert. Ein Hauptkritikpunkt<br />
an Niebels Entwicklungspolitik bezieht sich dabei auf die<br />
starke Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft. Hilfsorganisationen<br />
(Terre des Hommes, Welthungerhilfe etc.) fürchten zu Recht,<br />
dass es primär um Wirtschaftsinteressen im Rahmen der deutschen<br />
Entwicklungszusammenarbeit geht. Diese Besorgnis wird durch<br />
die Tatsache verschärft, dass nicht nur die seit den 1990er Jahren<br />
existierenden Privat-Public-Partnerships (PPP) verstärkt weitergeführt<br />
werden, sondern u.a. auch eine Servicestelle für die Zusammenarbeit<br />
mit der Wirtschaft eingerichtet wurde. Die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass Unternehmen nur dort Investitionen tätigen, wo eine<br />
ausgebaute Infrastruktur und Rechtssicherheit besteht, liegt auf der<br />
Hand. Dies bedeutet aber schlichtweg, dass insbesondere fragile<br />
Staaten in Afrika selbst von solch einer Kooperation ausgeschlossen<br />
bleiben. Diese Entwicklung sehen wir kritisch. Die Unternehmen<br />
wollen in erster Linie Geld verdienen und Ressourcen sowie<br />
die Arbeitskräfte vor Ort ausbeuten. Dementsprechend ist ihr Eigeninteresse<br />
kapitalistisch begründet und besteht nicht in der Förderung<br />
bzw. Verwirklichung einer gerechteren Gesellschaft. Perfide<br />
ist zudem die Begründung für vermehrte PPP-Förderung. So seien<br />
sie angeblich kostengünstiger und stärken den Wirtschaftsstandort<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
57
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Deutschland global. So brüstet sich der liberale Minister, dass auf<br />
jeden „investierten“ Euro 1,40€ nach Deutschland zurückfließen<br />
würde. Hier verkommt Entwicklungszusammenarbeit in bloßer<br />
Außenhandelsförderung. Ob die PPP-Förderung den Menschen vor<br />
Ort entsprechend wirklich hilft, bleibt dabei mehr als fraglich.<br />
Deutlich wird zudem, dass die deutsche Entwicklungspolitik unter<br />
Führung des FDP-Politikers Niebel sich vorwiegend auf einen<br />
Aspekt von nachhaltiger Entwicklung, nämlich der Wirtschaft, beschränkt<br />
und die anderen Dimensionen von nachhaltiger Entwicklung<br />
(Soziales, Ökologie) stark vernachlässigt. Folglich werden die<br />
Bereiche Soziales und Ökologie (Bildung, Gesundheits- und Wasserversorgung<br />
etc.) dem Wirtschaftsaspekt untergeordnet. Dementsprechend<br />
versagt Niebels Entwicklungspolitik vollkommen, wenn<br />
es darum geht, wirtschaftliche Entwicklung in Einklang mit Ressourcengerechtigkeit<br />
und sozialer Gerechtigkeit zu bringen. Vor<br />
allem unterschätz diese Art der Entwicklungspolitik, welche entscheidende<br />
Rolle die Erzielung von sozialer Gerechtigkeit in Bezug<br />
auf die Aufrechterhaltung des Friedens hat.<br />
Die Stärkung des Friedens durch Entwicklungszusammenarbeit<br />
wird zudem durch die stärkere Vernetzung von Militär und Entwicklungszusammenarbeit<br />
konterkariert. So fördert das Haus<br />
Niebel in einer seiner Förderlinien in Afghanistan nur NGOs, die<br />
auch zu einer Kooperation mit dem Militär bereit sind. Ein weiteres<br />
Beispiel ist die Unterstützung der kolumbianischen Regierung<br />
in der Region Macarena, die durch militärische Einsätze wieder<br />
das Gewaltmonopol über die Region erlangen möchte. Wir Sozialdemokratinnen<br />
und Sozialdemokraten lehnen die Einmischung<br />
der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in innerstaatliche<br />
Konflikte sowie die Unterstützung des Militärs durch die Entwicklungszusammenarbeit<br />
ab. Entwicklungszusammenarbeit hat den<br />
Anspruch die Welt gerechter zu machen und keine vermeindliche<br />
Entwicklung durch Waffengewalt herzustellen.<br />
Die internationale Staatengemeinschaft hat sich darauf verständigt,<br />
dass die Industrieländer 0,7% des BIPs für die Entwicklungszusammenarbeit<br />
jährlich zur Verfügung stellen sollen. Dieses Ziel<br />
soll bis 2015 erreicht werden. Doch sind wir hiervon derzeit weit<br />
entfernt. Momentan wendet Deutschland gerade einmal 0,4% des<br />
BIPs für die Entwicklungszusammenarbeit auf. Wir fordern daher<br />
zudem schnellstmöglich die schrittweise Anhebung des Budgets,<br />
um das 0,7%-Ziel 2015 tatsächlich erreichen zu können. Diese<br />
Zielsetzung wird durch die kürzlich getroffenen Entscheidungen<br />
ad absurdum geführt. Statt einer graduellen Anhebung des BMZ-<br />
Etats wurde dieser weiter gekürzt. Der Bundestag beschloss Ende<br />
letzten Jahres gegen die Stimmen der <strong>SPD</strong> sowie anderer Oppositionsparteien<br />
die Kürzung des BMZ-Etats. Für das Haushaltsjahr<br />
2013 verfügt das BMZ nun über knapp 6,3 Milliarden Euro. Im<br />
Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Kürzung des Etats um 87<br />
Millionen Euro. Es ist für uns schlichtweg inakzeptabel, dass die<br />
Bundesregierung nicht bereit ist einen so geringen Anteil unseres<br />
jährlich erwirtschafteten Vermögens zur Verfügung zu stellen, um<br />
den Menschen in weniger entwickelten Ländern eine bessere Perspektive<br />
zu verschaffen. Die Erreichung des 0,7%-Ziels verkommt<br />
unter der schwarz-gelben Koalition somit zur Utopie. Unser Wohlstand<br />
bildet eine Pflicht zur Umverteilung, sowohl national, wie<br />
auch international.<br />
Unser Ansatz für eine gute Entwicklungszusammenarbeit muss<br />
eine Weltgesellschaft sein, in der Hunger, Elend und Armut zur<br />
Geschichtserzählung und nicht zur Gegenwartsbeschreibung gehört.<br />
Den Wohlstand, den wenige Millionen Menschen auf der<br />
Welt genießen und das Elend (Unterernährung & Hunger, Krieg &<br />
Verfolgung, Krankheit oder Analphabetismus) in dem Milliarden<br />
Menschen leben, verpflichtet uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
zu einem klaren Bekenntnis zur globalen Umverteilung<br />
und zu einer nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Unser Ziel ist eine gerechtere Welt, in der sich alle auf Augenhöhe<br />
begegnen und jeder Mensch die elementarsten Dinge zum Leben<br />
vorfindet. In der Tradition unserer internationalistischen Ausrichtung<br />
fühlen wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokra-<br />
58
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
ten zur Solidarität mit den Schwachen und Benachteiligten weltweit<br />
verpflichtet und kämpfen hierfür auch bei uns vor Ort!<br />
1<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 13<br />
Ortsverein Duisburg-Hochemmerich (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Resolution zur Entwicklungspolitik<br />
der EU und zur Fortschreibung der<br />
Millenium-Entwicklungsziele der UN<br />
(MDG)<br />
I.<br />
• Eine erfolgreiche europäische Entwicklungspolitik darf nicht<br />
einen Handlungsansatz über alle Entwicklungsländer bzw.<br />
Schwellenländer stülpen wollen. Vielmehr ist sehr konkret mit<br />
der jeweils bestehenden Landessituation zu arbeiten. Es kann<br />
nicht das Ziel sein, Partnerländern deutsche bzw. europäische<br />
Strukturen etwa aufzuoktroyieren. Bestehende demokratische<br />
Strukturen sind jedoch stets, wenn auch behutsam zu unterstützen,<br />
zu stärken und mit auszubauen.<br />
• Sofortige globale Verbesserungen und grundlegende Veränderungen<br />
sind auch von einer stärker europäisierten Entwicklungspolitik<br />
nicht zu erwarten. Realistischer ist es, erste, weiterführende<br />
Schritte mit zu unterstützen und zumindest graduelle Verbesserungen<br />
über wirtschaftliche Zusammenarbeit anzustreben.<br />
Formen regionaler Kooperation nach dem Vorbild der EU sind<br />
mit zu fördern.<br />
• Die Europäisierung der Entwicklungspolitik steht im globalen<br />
Kontext von Politikkonzepten für Eine Welt. Einherzugehen hat<br />
sie mit einer Demokratisierung von Entscheidungsgremien der<br />
EU und von mehr Mitsprachemöglichkeiten des Europäischen<br />
Parlaments in der Entwicklungspolitik. Eine Kürzung von Mitteln<br />
für die europäische Entwicklungspolitik ist entschieden abzulehnen.<br />
II.<br />
Die Millenium-Entwicklungsziele der UN sind weiterzuentwickeln<br />
und zu ergänzen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind aufgefordert,<br />
dies in UN-Gremien mit ein- und voranzubringen:<br />
• Vorrangig bleibt weiterhin die Bekämpfung des weltweiten Hungers.<br />
Die weitgehend ungeregelte Spekulation mit Lebensmitteln,<br />
deren Verarbeitung zu Treibstoffen und die verbreitete Verschwendung<br />
von Lebensmitteln sind als eine der Ursachen von<br />
Hunger und Mangelernährung soweit möglich zu unterbinden<br />
und international zu ächten.<br />
• Extreme Arm-Reich-Schichtungen sind abzubauen und soziale<br />
Gerechtigkeit hat weltweit ein vorrangiges Ziel von Entwicklungspolitik<br />
und -zusammen-arbei¬t zu sein. Hierfür ist der<br />
Aufbau und Ausbau von Sozialstaatlichkeit durch staatlich-gesetzliche<br />
Sozialversicherungs- und Gesundheits- sowie armutsfeste<br />
Grundsicherungssysteme mit zu unterstützen. Zudem sind<br />
Mindeststandards für menschenwürdige Wohnverhältnisse zu<br />
entwickeln und durchzusetzen.<br />
• Arbeitnehmerrechte sind in Entwicklungs- und Schwellenländern<br />
besonders für Frauen wie für Männer mit einzufordern<br />
und zu gewährleisten. Hierzu gehören der Aufbau unabhängiger<br />
gewerkschaftlicher Organisationsformen und Tarifverträge,<br />
angemessene Mindestlöhne und der Ausbau von Arbeitsschutzbestimmungen,<br />
die qualifizierte Mitbestimmung von Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmern sowie freie Genossenschaften. Für<br />
alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind zudem eine be-<br />
A13<br />
Resolution zur Entwicklungspolitik<br />
der EU und zur Fortschreibung der<br />
Millenium-Entwicklungsziele der UN<br />
(MDG)<br />
Überweisung an Forum Eine Welt<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
59
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
rufliche Grundqualifizierung und ein Recht auf berufliche Weiterbildung<br />
anzustreben.<br />
• Nachhaltigkeit und eine Green Economy mit alternativen, regenerativen<br />
Energien sowie Energieeffizienz und Speichertechniken<br />
sind weltweit zu fördern. Dies hat in Zukunft eine zentrale<br />
Aufgaben deutscher und europäischer Entwicklungspolitik auch<br />
über Bürgschaften zu sein und die europäische Zusammenarbeit<br />
ist hierbei zu verstärken. Vorrangig ist es zugleich, das Recht auf<br />
Zugang zu sauberem Trinkwasser zu gewährleisten und eine vielerorts<br />
gravierende Luftverschmutzung zu bekämpfen.<br />
• Von Seiten der EU und der UN sind weltweite gradualistische<br />
Abrüstungsstrategien auch für Schwellen- und Entwicklungsländer<br />
zu entwerfen und in die Diskussion zu bringen. Der internationale<br />
Waffenhandel ist besser zu kontrollieren, einzuschränken<br />
und zurückzufahren, illegaler Waffenhandel v.a. in Krisengebiete<br />
ist verstärkt zu unterbinden. Hingegen ist Rüstungskonversion<br />
mit voranzubringen. Vielerorts in der Einen Welt verhindert<br />
unnötige Rüstung reale und zukunftsweisende wirtschaftliche<br />
Entwicklung. Zu fördern sind stattdessen Methoden ziviler Konfliktbearbeitung.<br />
• Eine Vorraussetzung von Entwicklung und damit unabdingbar<br />
für eine weiterführende wirtschaftliche Zusammenarbeit sind ein<br />
fairer Handel und entsprechende Handelsabkommen. Umweltund<br />
Sozialstandards sowie Klauseln zur sozialen Verantwortung<br />
von Unternehmen sind in Verträge mit aufzunehmen.<br />
• Korruption untergräbt und gefährdet demokratische Strukturen<br />
und Institutionen wie fairen Wettbewerb und wirtschaftlich-soziale<br />
Fortschritte. Sie ist weltweit entschieden zu bekämpfen und<br />
zu unterbinden. Hingegen sind Konzeptionen von ‚good governance’<br />
mit zu unterstützen.<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 14<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Progressive Allianz zu einem Akteur der<br />
internationalen Politik machen!<br />
Am 22. Mai diesen Jahres wurde in Leipzig die Progressive Alliance<br />
(PA) gegründet. Zweck des neuen Netzwerkes sozialdemokratischer,<br />
sozialistischer, progressiver und Arbeitsparteien ist laut<br />
Gründungsdokument die gemeinsame Verantwortung für Frieden,<br />
Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte in internationaler<br />
Solidarität. Darüber hinaus sollen mithilfe der PA notwendige<br />
Debatten, für die in der Sozialistischen Internationalen (SI) derzeit<br />
kein Raum zu sein scheint, geführt und öffentlich gemacht werden.<br />
Allgemeine Einigkeit besteht in der <strong>SPD</strong>, wie auch bei vielen unserer<br />
internationalen Partnerorganisationen, über den weiterhin sehr<br />
großen Reformbedarf der SI und den gleichzeitig nur sehr schleppend<br />
bis gar nicht stattfindenden Schritten in diese Richtung. Die<br />
SI muss einen ernsthaften und raschen Weg der weiteren Demokratisierung<br />
einschlagen. Nicht nur um ihre Legitimation im 21.<br />
Jahrhundert aufrecht zu erhalten, sondern auch, um in der Lage zu<br />
sein die Arbeit ihrer Mitgliedsorganisationen stärker zu koordinieren<br />
und gemeinsame Positionen und Strategien zu globalen Fragen<br />
zu entwickeln.<br />
Bislang sind die vorhandenen Entscheidungsprozesse in Komitees<br />
sowie in der Generalversammlung noch nicht geprägt von einem<br />
Geist des Aufbruchs und der Erneuerung. Erst wenn dies gegeben<br />
ist, kann die SI auch wieder substantiell zu globalen Debatten beitragen<br />
und ihre mediale Schlagkräftigkeit erhöhen. Andernfalls<br />
fehlt für diese dringend benötigte Stimme die notwendige Legitimation.<br />
Dies sind die Hauptgründe aus denen sich die <strong>SPD</strong> gemeinsam<br />
mit vielen anderen SI-Mitgliedsorganisationen und weiteren Partnern<br />
dazu entschlossen hat, die Progressive Alliance zu gründen.<br />
60<br />
A14<br />
Progressive Allianz zu einem Akteur der<br />
internationalen Politik machen!<br />
Überweisung an Kommission Internationale Politik beim <strong>SPD</strong>-<br />
Parteivorstand
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Gleichzeitig soll die PA einen expliziten Netzwerkcharakter haben<br />
und nicht wie die SI strukturell, finanziell und personell formalisiert<br />
sein. Die Gründungsveranstaltung fand nun am 22. Mai<br />
2013 in Leipzig – symbolträchtig unmittelbar vor dem Festakt zum<br />
150-jährigen Bestehen der Sozialdemokratie in Deutschland – statt.<br />
Nach der Gründung fiel die PA aber in einem kläglichen Dämmerzustand.<br />
Zu keinem weltpolitischem Thema ist sie bisher als vernehmbarer<br />
Akteur aufgetreten. Zu aktuellen Themen mit dringendem<br />
internationalem Koordinierungsbedarf wie dem Krieg in Syrien<br />
oder der Bekämpfung des Steuerbetrugs konnte die PA nichts<br />
beitragen.<br />
Zudem fehlt auch innerhalb der deutschen Sozialdemokratie ein<br />
substanziellerer Diskurs darüber, was die PA eigentlich genau sein<br />
soll. Ein Netzwerk neben der SI, um der ArbeiterInnenbewegung<br />
mehr oder minder nahe stehende Organisationen einzubinden? Ein<br />
Netzwerk, um Reformdruck auf die SI auszuüben? Oder ein Ersatz<br />
für die SI? Oder eine Mischung aus mehreren Punkten?<br />
Die PA kann potentiell ein gutes Vehikel für moderne, sozialistische<br />
Politik auf internationaler Ebene sein. Hierfür muss jedoch<br />
der sozialdemokratische und sozialistische Markenkern der Progressive<br />
Alliance deutlich werden und in verbindliche Absprachen<br />
münden. Ein bloßer Debattierklub zu internationalen Mainstream-<br />
Themen hilft keinem weiter. Vielmehr brauchen wir eine enge Anbindung<br />
der PA an die Foren, in denen internationale Politik tatsächlich<br />
gestaltet wird. Zu einem solchen Bedeutungsgewinn der<br />
PA muss die <strong>SPD</strong> als wichtige Initiatorin des PA-Prozesses einen<br />
zentralen Beitrag liefern.<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />
• Die <strong>SPD</strong> setzt sich in der PA dafür ein, dass es ab sofort vor jedem<br />
Internationalen Gipfel von weltpolitischer Bedeutung, mindestens<br />
jedoch vor G20-Gipfeln und Weltklimakonferenzen, ein<br />
Spitzentreffen der in der PA organisierten Partei- und Regierungschefs<br />
zur Abstimmung einer gemeinsamen Position gibt.<br />
• Die <strong>SPD</strong> setzt sich für die Durchführung einer Friedenskonferenz<br />
der PA-Mitgliedsparteien bis spätestens Mitte 2014 ein.<br />
• Die <strong>SPD</strong> setzt sich in der PA für eine gemeinsame Unterstützung<br />
der PA-Mitgliedsparteien für die Kampagne zur Einrichtung einer<br />
Parlamentarischen Versammlung bei den Vereinten Nationen<br />
ein.<br />
• Der Parteivorstand der <strong>SPD</strong> wird – unter Einbeziehung interessierter<br />
Arbeitsgemeinschaften und Foren – eine kurz- und mittelfristige<br />
Strategie zu den Aktivitäten der deutschen Sozialdemokratie<br />
in der Progressive Alliance erarbeiten. Diese Strategie<br />
soll dann auf einem kommenden Parteikonvent oder Parteitag<br />
im Jahr 2014 diskutiert und verabschiedet werden. Die zentralen<br />
Fragen die mithilfe der Progressive Alliance Strategie beantwortet<br />
werden sollen sind mindestens:<br />
• Wie kann die PA über die vorgenannten Punkte hinaus eine wirkungsvolle<br />
und entscheidungsrelevante internationale Kooperation<br />
ihrer Mitgliedsparteien und deren Regierungsmitglieder<br />
bewirken?<br />
• Welche Schwerpunkte zu fortschrittlichen Themen auf internationaler<br />
Ebene, wie z. B. globale ökonomische Ungleichheit, Bekämpfung<br />
von Armut, Sicherung von Frieden, Bekämpfung des<br />
Klimawandels sollen gesetzt werden?<br />
• Welche Partizipationsmöglichkeiten für unterschiedliche interessierte<br />
Parteigliederungen (Arbeitsgemeinschaften, Landesverbände,<br />
etc.) können realisiert werden und wie?<br />
• Wie laufen Meinungsbildungsprozesse in einem solchen „losen“<br />
Netzwerk ab?<br />
• Wie soll der Reformprozess der SI weitergehen und wie bringt<br />
sich die <strong>SPD</strong> ein?<br />
• Wie stellt sich die <strong>SPD</strong> zukünftig das Verhältnis zwischen SI und<br />
PA vor?<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
61
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 15<br />
Landesverband Berlin<br />
Die Sozialistische Internationale wieder<br />
zur globalen Vorkämpferin internationale<br />
Solidarität machen!<br />
Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, auf die offenkundigen Struktur- und<br />
Führungsprobleme der SI und die Krisenerscheinungen in ihrer Arbeit<br />
nicht mit kurzsichtigen Sanktionen wie einer Einstellung der<br />
Beitragszahlungen und Austrittsdrohungen zu reagieren, sondern<br />
ein Höchstmaß an Beiträgen dazu zu leisten, die SI wieder in die<br />
Lage zu versetzen, ihre Aufgabe als Motor einer Politik der internationalen<br />
Solidarität und einer glaubwürdigen Förderung der Rezeption<br />
und Umsetzung der Ziele des Demokratischen Sozialismus im<br />
globalen Rahmen vollgültig zu erfüllen. Die Wiederherstellung der<br />
Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der SI ist nicht nur aufgrund<br />
ihrer geschichtlichen Rolle in der Entwicklung der internationalen<br />
Arbeiterbewegung, Friedensbewegung und den mit ihrem<br />
langjährigen Vorsitzenden Willy Brandt verbundenen globalen Anstrengungen<br />
zur Lösung des Nord-Süd-Konflikts und der Erfolge<br />
bei der Umwandlung der südeuropäischen Staaten Griechenland,<br />
Spanien und Portugal sowie eine Reihe von Staaten Lateinamerikas<br />
in moderne Demokratien geboten. Eine erneuerte SI wird vielmehr<br />
gerade heute gebraucht, um der neoliberalen Entsolidarisierung<br />
eine globale Bewegung für Demokratie und soziale Gerechtigkeit<br />
entgegen setzen zu können und überall in der Welt alle Menschen<br />
zu unterstützen, die sich von entwürdigenden politischen und sozialen<br />
Abhängigkeiten zu befreien versuchen.<br />
Initiativen zur Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit der SI<br />
Die SI muss in die Lage versetzt werden, z.B. den Aufbau demokratischer<br />
Strukturen in den Transformationsländern des Arabischen<br />
Frühlings wirksam und glaubwürdig zu unterstützen.<br />
Angesichts der langjährigen Mitgliedschaft undemokratischer<br />
Staatsparteien aus dem arabischen Raum wie der Nationaldemokratischen<br />
Partei Ägyptens (NDP), die Hosni Mubarak stützte oder<br />
des tunesischen Rassemblement Constitutionel Demémocratique<br />
(RCD), die den tunesischen Diktator Zine el-Abidine Ben Ali an<br />
der Macht hielt, muss die SI Verfahren für die Aufnahme und den<br />
Ausschluss von potentiellen Mitgliedsparteien entwickeln, die einerseits<br />
den Anforderungen von Rechtsstaatlichkeit, Transparenz<br />
und Überprüfbarkeit genügen, andererseits aber genügend Flexibilität<br />
und Handlungsfähigkeit bieten, um auf Fehlentwicklungen<br />
und Strukturprobleme in einzelnen Mitgliedsparteien und politische<br />
Veränderungen in einzelnen Regionen rechtzeitig und angemessen<br />
reagieren zu können.<br />
Die SI muss dafür keineswegs das Prinzip aufgeben, zur Wahrung<br />
eines Höchstmaßes an Möglichkeiten zur Konfliktlösung mit friedlichen<br />
und diplomatischen Mitteln mit allen gesprächsbereiten Konfliktpartnern<br />
zu reden und sich für gute Dienste zur Friedenssicherung<br />
fähig und bereit zu halten. Die Grenze der Zusammenarbeit<br />
und der Mitgliedschaft für politische Gruppierungen, die der Familie<br />
der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien angehören<br />
wollen, muss aber dort gezogen werden, wo eine derartige Gruppierung<br />
über längere Zeit im Kernbereich ihres politischen Auftretens,<br />
in ihrem Staatsverständnis und im Verhalten gegenüber der Bevölkerung<br />
des eigenen Landes und im Umgang mit konkurrierenden<br />
politischen Gruppierungen eklatant gegen Grundsätze von Rechtsstaatlichkeit,<br />
Demokratie und sozialer Gerechtigkeit verstößt. Es<br />
müssen in der Praxis anwendbare Verfahren gefunden werden, um<br />
die hier entwickelten Grundsätze in konkreten Konfliktfällen mit<br />
einzelnen aktuellen oder potentiellen Mitgliedsparteien zum Tragen<br />
zu bringen. Um die Problematik einer Mitgliedschaft von Gruppierungen<br />
zu vermeiden, die als gesprächs- und verhandlungsbereite<br />
A15<br />
Die Sozialistische Internationale wieder<br />
zur globalen Vorkämpferin internationale<br />
Solidarität machen!<br />
Überweisung an Kommission Internationale Politik beim <strong>SPD</strong>-<br />
Parteivorstand<br />
62
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Konfliktpartner in Prozesse der Friedenssicherung einbezogen werden<br />
sollen, kann der Status eines Beobachters genutzt werden.<br />
Regeln zur Sicherung der Grundwerte<br />
Der PV schlägt den Entscheidungsgremien der SI eine unabhängige<br />
Kommission vor, welche als eine Art Frühwarnsystem jede Mitgliedsorganisation<br />
alle drei Jahre überprüft.<br />
Es wird überprüft, ob die Partei inhaltlich den Grundsätzen Freiheit,<br />
Gleichheit und Solidarität folgt und sich dabei für Demokratie,<br />
Menschenrechte und den weltweiten Frieden einsetzt. Die<br />
Kommission besteht aus unabhängigen Beobachterinnen und Beobachtern,<br />
wobei auf die Ausgewogenheit bei Nationalität, Geschlecht<br />
und Alter geachtet wird.<br />
Die Kommission erstellt am Ende ihrer Untersuchungen einen Bericht,<br />
der dann dem Kongress vorgelegt wird. Der Kongress entscheidet<br />
aufgrund dieses Berichts über einen Ausschluss eines Mitglieds<br />
oder die Suspendierung seiner Mitgliedschaft. Der Vorstand der SI hat<br />
das Recht, in einer Stellungnahme zu dem Kommissionsbericht die<br />
Folgen derartiger Entscheidungen des Kongresses abzuschätzen und<br />
zu bewerten und Empfehlungen für die Abstimmung abzugeben.<br />
Die unabhängige Kommission könnte im Falle konkurrierender<br />
Ansprüche von sich als sozialistisch oder sozialdemokratisch definierender<br />
Parteien auf Zugehörigkeit zur sozialistisch/sozialdemokratischen<br />
Parteienfamilie und auf Teilhabe an den Grundwerten<br />
des Demokratischen Sozialismus in einzelnen Ländern und Regionen<br />
im Zusammenwirken mit dem Vorstand der SI Empfehlungen<br />
an den Kongress der SI geben, welche Parteien zu einem Antrag<br />
auf Mitgliedschaft in der SI ermuntert bzw. welche bereits vorliegenden<br />
Aufnahmeanträge von dem jeweiligen Kongress behandelt<br />
werden sollen. Ein solches Vorprüfungsverfahren empfiehlt sich<br />
etwa für die Balkanregion, in der etwa 30 miteinander konkurrierende<br />
sozialdemokratische oder sozialistische Parteien und Gruppierungen<br />
bestehen. Es muss in jedem Fall vermieden werden, dass<br />
SI-Kongresse in öffentlicher Debatte über derartige konkurrierende<br />
Anträge auf Mitgliedschaft in der SI zu entscheiden haben. Abstimmungen<br />
über die Aufnahme neuer Mitglieder und die Beendigung<br />
oder Suspendierung von bestehenden Mitgliedschaften entscheidet<br />
in der Regel der alle drei Jahre tagende turnusmäßige Kongress der<br />
SI. Für dringende Fälle muss ein demokratisches Urgent-Action-<br />
Verfahren etabliert werden, in dem etwa die Vorstände der Mitgliedsorganisationen<br />
innerhalb einer bestimmten Frist dem Antrag<br />
des Vorstands oder einer bestimmten Zahl von Mitgliedsorganisationen<br />
auf Ausschluss oder Suspendierung der Mitgliedschaft<br />
schriftlich mit qualifizierter Mehrheit zustimmen.<br />
Eine solche Entscheidung kann auf dem nächsten Kongress durch<br />
einen satzungsgemäßen Kongressbeschluss bestätigt, aufgehoben<br />
oder verändert werden.<br />
Für eine zeit- und aufgabengemäße Führungsstruktur der SI<br />
Um die Führung der SI in die Lage zu versetzen, ihrer Arbeit unabhängig<br />
von den Bedingungen der Machtsicherung der Mitgliedsorganisationen<br />
im eigenen Land die nötigen Impulse zu geben, sollte<br />
das Präsidium in Zukunft nicht mehr von Parteivorsitzenden einzelner<br />
Mitgliedsorganisationen besetzt werden, sondern von Personen,<br />
die kein leitendes Amt in ihrer Partei oder in der Regierung inne<br />
haben. Vor allem sollte der/die Vorsitzende der SI nicht zugleich<br />
Regierungschef/Regierungschefin in seinem/ihrem Land sein. Präsidiumsmitglieder<br />
sollen nur einmal wiedergewählt werden können.<br />
Das Präsidium sollte quotiert sein, was nicht nur institutionell zu<br />
einer Stärkung der internationalen Frauenbewegung führt, sondern<br />
auch ein klares politisches Signal nach außen für die internationale<br />
Durchsetzung von Geschlechterdemokratie ist. In jedem Fall müssen<br />
die Präsidiumsmitglieder über die zeitlichen und inhaltlichen<br />
Kapazitäten für eine regelmäßige Gremienarbeit verfügen um sicher<br />
zu stellen, dass die Positionen der einzelnen Mitgliedsorganisationen<br />
und der SI als ganzer eine globale Öffentlichkeit erreichen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
63
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Sicherung der Zukunft der SI durch einen starken Jugendverband<br />
Der PV setzt sich in den Gremien der SI dafür ein, dass die International<br />
Union of Socialist Youth (IUSY) als Jugendorganisation der<br />
SI anerkannt wird. Über die bestehende formale Kooptation des/<br />
der Präsidenten/in in das Präsidium hinaus ist ein aktives Mitsprache-<br />
und Stimmrecht für die IUSY in den einzelnen Kommissionen<br />
und Gremien herzustellen – so wie es die Socialist International<br />
Women (SIW) schon erreicht haben.<br />
Für mehr innerorganisatorische Demokratie und Partizipation<br />
in der SI<br />
Der PV tritt für eine Ergänzung der bisherigen Diskussions- und<br />
Beteiligungsmöglichkeiten in regionalen und thematischen Komitees<br />
der SI um Diskussionsforen und Partizipationsformen ein, in<br />
denen auch Nichtmitglieder und NGO ihre Vorschläge, Ideen und<br />
Visionen einbringen können.<br />
Reformschritte kontinuierlich und zeitnah evaluieren!<br />
Internationale Solidaritätsarbeit in der <strong>SPD</strong> stärken!<br />
Der PV begleitet und gestaltet den Reformprozess der SI aktiv und<br />
konstruktiv und tritt dafür ein, dass die einzelnen Reformschritte kontinuierlich<br />
und zeitnah auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Er sorgt<br />
auch durch innerparteiliche Aufklärungs- und Bildungsarbeit zu seinem<br />
Teil dafür, dass die <strong>SPD</strong> die Arbeit und Entwicklung der SI nicht weiter<br />
nur als außen stehende Beobachterin kritisch beleuchtet, sondern zu ihrer<br />
ureigenen Angelegenheit macht.<br />
Die Parteigremien auf allen Ebenen bleiben aufgefordert, die SI und<br />
die internationale Solidaritätsarbeit der <strong>SPD</strong> in Organisationen wie der<br />
IUSY und den SPE-Aktiv-Gruppen zum ständigen und wiederkehrenden<br />
Thema der Parteiarbeit zu machen.<br />
Die Stärkung der internationalen Dimension des demokratischen Sozialismus<br />
und die Ausgestaltung der internationalen Solidarität zu einer<br />
im Alltag erfahrbaren und erlebbaren Dimension sozialdemokratischen<br />
Handelns und Lebens bleibt dauerhafte Aufgabe der gesamten Partei.<br />
Antragsbereich A<br />
Antrag 16<br />
Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />
Änderung Art 12 A GG-für eine<br />
sozialdemokratische und moderne<br />
Regelung<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />
Der Art. 12 a GG wird geändert. Art. 12 a Abs. 1, 2 GG werden<br />
gestrichen. Es wird ein neuer Absatz 1 eingefügt, der folgenden<br />
Wortlaut hat:<br />
(1) Der Wehrdienst ist abgeschafft.<br />
Ferner – durch den Wegfall des Absatzes 2 – ändert sich die Nummerierung<br />
der bisherigen Absätze 3 bis 6 um je eine Zahl davor.<br />
Außerdem wird der neue Absatz 2 (bisher Absatz 3) umformuliert:<br />
(2) Im Verteidigungsfall können Männer im wehrfähigen Alter<br />
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu zivilen<br />
Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung einschließlich<br />
des Schutzes der Zivilbevölkerung in Arbeitsverhältnisse verpflichtet<br />
werden. Im wehrfähigen Alter befinden sich Männer<br />
ab dem vollendeten achtzehnten Lebensjahr. [...]<br />
A16<br />
Änderung Art 12 A GG-für eine<br />
sozialdemokratische und moderne<br />
Regelung<br />
Ablehnung<br />
65<br />
64
Bildungs-, Wissenschaftsund<br />
Jugendpolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 1<br />
Unterbezirk Groß-Gerau (Bezirk Hessen-Süd)<br />
Einführung gebührenfreier<br />
Kindertagesplätze in den Kommunen<br />
und Städten sowie Ausweitung der<br />
Kostenbeteiligung<br />
Die Bundesregierung wird aufgefordert, durch gesetzliche Maßnahmen<br />
sicher zu stellen, dass die Kosten für den Besuch von<br />
Kindertagesstätten flächendeckend und vollständig übernommen<br />
werden.<br />
B1<br />
Einführung gebührenfreier<br />
Kindertagesplätze in den Kommunen<br />
und Städten sowie Ausweitung der<br />
Kostenbeteiligung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 2<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Kinderbetreuungskosten<br />
Kinderbetreuungskosten für U 3-Kinder, Ü 3-Kinder und Hortbetreuung<br />
(1. bis 4. Klasse) werden zukünftig zu je 1/3 von Bund,<br />
Land und Städten/Gemeinden getragen. Bestehende bessere Regelungen<br />
für die Eltern bleiben bestehen.<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 3<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Unsere Schule: Bildung, Demokratie und<br />
Lebenskompetenz<br />
Analyse<br />
Während gerechte Bildungspolitik für benachteiligte Schülerinnen<br />
und Schüler keinerlei Aufschub verträgt, ist festzustellen, dass das<br />
aktuelle Bildungssystem grundsätzlich stark Reform- und verbesserungsbedürftig<br />
ist.<br />
Verschiedene Aspekte des aktuellen Bildungssystems laufen unseren<br />
Ansprüchen nach Gerechtigkeit und Chancengleichheit linear<br />
zuwider. Diese inakzeptablen Aspekte reichen von grundsätzlichen<br />
Ideen hinter bildungspolitischen Handlungen, die einer modernen<br />
Gesellschaft absolut unangemessen sind, bis hin zu konkreten bildungspolitischen<br />
Umsetzungen, die sowohl im Ansatz, als auch in<br />
der entsprechenden Art und Weise der Realisierung große Missstände<br />
aufweisen, die dringend ausgebessert gehören.<br />
Das Risiko von Armut und/oder Arbeitslosigkeit bedroht zu sein<br />
wird eindeutig vom Bildungsstand beeinflusst. Parallel zu dieser<br />
Tatsache erscheint es zynisch, dass Deutschland sich ganzheitlich<br />
noch immer nicht auf den Weg gemacht hat, um Missstände, die zu<br />
einer gefährlichen Kluft in Chancen und anschließend konkreten<br />
Abschlüssen führen, zu beseitigen.<br />
Seit der ersten PISA-Studie 2000 erscheinen jährlich neue Studien,<br />
die die schockierenden Befunde von PISA regelmäßig erneuern<br />
und bestätigen. Erst kürzlich stellte der sog. „Chancen-Spiegel“,<br />
der im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung vom Dortmunder Schulentwicklungs-<br />
und Forschungs-Institut verfasst wurde, fest, dass es<br />
kein einziges der 16 unterschiedlichen Schulsysteme in Deutschland<br />
schafft, gleichzeitig gerechte und qualitativ hochwertige staatliche<br />
Schulangebote zu realisieren.<br />
B2<br />
Kinderbetreuungskosten<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
B3<br />
Unsere Schule: Bildung, Demokratie und<br />
Lebenskompetenz<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
66
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Dieser Zustand ist eindeutig nicht akzeptabel. Ganz gleich, an welcher<br />
Stelle man bildungspolitisch ansetzen möchte – zu verbessern<br />
gibt es viel.<br />
Von der finanziellen Perspektive aus betrachtet sieht es gewohnt<br />
schlecht aus: Die Bundesrepublik Deutschland hat im Jahre 2008<br />
lediglich 4,55% des BIP für Bildung ausgegeben, während sich nur<br />
der EU-Durchschnitt auf 5,07% Bildungsausgaben belaufen und<br />
Schweden z.B. ganze 6,74% für Bildung ausgegeben hat, obwohl<br />
dieser Wert noch nicht einmal das Maximum an Bildungsausgaben<br />
darstellt.<br />
Durch die frühe Selektion in unserem mehrgliedrigen Schulsystem<br />
wird nach wie vor soziale Ungleichheit geschaffen. Zusätzlich führen<br />
die unterschiedlichen Ausführungen des Schulsystems in den<br />
16 Bundesländern zu Problemen bei Umzug und Vergleichbarkeit<br />
der Abschlüsse innerhalb Deutschlands.<br />
Im Folgenden beschreiben wir unsere Vorstellung von der offenen<br />
Architektur eines deutschen Schulsystems, das endlich Chancengleichheit,<br />
Gerechtigkeit und moderne Bildung ermöglicht.<br />
Wir fordern unsere Kommunal-, Landes- und BundespolitikerInnen,<br />
ihre jeweiligen Fraktionen, sowie den Parteivorstand der <strong>SPD</strong><br />
im Sinne des sozialdemokratischen Versprechens „Aufstieg durch<br />
Bildung“ eindringlich auf, sich wieder auf die traditionellen Werte<br />
unserer Partei zu besinnen und auf dem im Folgenden zu beschreibenden<br />
Weg mutig und entschlossen voranzuschreiten.<br />
Moderne Bildung<br />
Bildung ist für uns der Schlüssel zu Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung<br />
und eine gerechte Gesellschaft. Die Befähigung der<br />
Menschen zur verwertbaren Arbeitskraft darf niemals im Zentrum<br />
von Bildung stehen!<br />
Ethisches Grundgerüst<br />
Wir begreifen Schulpolitik als reelle Chance auf eine Gesellschaft,<br />
in der die Ideale der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Solidarität<br />
größtenteils wesentliche Grundpfeiler darstellen. Deshalb fordern<br />
wir eine Abkehr vom gegliederten Schulsystem, hin zu einer inklusiven<br />
Ganztags-Gemeinschaftsschule. Wir stehen für eine Pädagogik,<br />
in der nicht die stupide Reproduktion von <strong>Inhalt</strong>en im Zentrum<br />
liegt, sondern die inhaltlichen Interessen der SchülerInnen.<br />
Wir wollen eine Gesellschaft der Gemeinschaft erreichen und für<br />
die Schwächeren in der Gesellschaft eintreten. Wir wollen Schulen,<br />
die zeigen, wie gemeinsames, gemeinschaftliches, freies, gerechtes,<br />
solidarisches, spannendes – modernes Lernen funktionieren<br />
kann und funktionieren sollte. Schulen, die Bildungsgerechtigkeit<br />
und den Glauben an eine solidarische Gemeinschaft ausstrahlen.<br />
Unsere Schule: Bildung, Demokratie, Lebenskompetenz.<br />
Die Bundesrepublik Deutschland muss ihre Bildungsausgaben<br />
massiv erhöhen.<br />
Der deutsche Bildungsföderalismus ist ein nicht mehr praktikables<br />
Relikt aus vergangenen Zeiten und muss beseitigt werden. Kommunen<br />
sollen zwar weiterhin über Standorte, Ausstattung, Raumbedarf<br />
usw. ihrer Schulen vor Ort entscheiden, die Bildungskompetenz<br />
geben die Bundesländer aber an den Bund ab, der einen<br />
bundesweit einheitlichen gesetzlichen Rahmen festlegt, in dem eindeutig<br />
fixiert ist, welche Modifikationsoptionen für Bundesländer<br />
und Kommunen bestehen und welche Bedingungen alle staatlichen<br />
Schulen in Aufbau und Umsetzung unbedingt erfüllen müssen.<br />
• Es muss eine bundesweit zumindest grundgleiche Schulform<br />
festgelegt und die deutsche Schullandschaft entsprechend umgestaltet<br />
werden. Wir sprechen uns für inklusiv arbeitende Ganztags-Gemeinschaftsschulen<br />
aus. Zum weiteren Auf- und Ausbau<br />
von Ganztagsschulen soll das Investitionsprogramm Zukunft,<br />
Bildung und Betreuung (IZBB) wiederholt aufgelegt werden.<br />
Die Gemeinschaftsschule soll alle SchülerInnen bis zur Stufe<br />
Zehn gemeinsam unterrichten und anschließend allen Interessierten<br />
den Wechsel in die Oberstufe ermöglichen, in der in Interessensgruppen<br />
unterrichtet wird.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
67
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
• Das Abitur soll bundesweit nach dreizehn Jahren erreicht werden,<br />
um Leistungsstress und Leistungsdruck effektiv zu verhindern.<br />
• Es müssen weitaus mehr Lehrkräfte eingestellt werden, um einen<br />
Betreuungsschlüssel zu ermöglichen, der individuelle Förderung<br />
in kleinen Klassen zulässt.<br />
• Das gesamte Schulsystem, vielmehr das gesamte Bildungssystem<br />
der Bundesrepublik Deutschland muss gänzlich kostenfrei<br />
gestaltet sein.<br />
• Es müssen ausreichend PsychologInnen und SozialarbeiterInnen<br />
in Schulen nach Bedarf zur Verfügung stehen.<br />
• Allen SchülerInnen muss mindestens eine kostenlose, nach gesundheitlichen<br />
Aspekten vollwertige Mahlzeit zur Verfügung gestellt<br />
werden.<br />
• Die Ausbildung von LehrerInnen muss nach bundeseinheitlichen<br />
Standards und mit Fokus auf die pädagogischen Lehrinhalte reformiert<br />
werden. Einen weiteren besonderen Stellenwert soll interkulturelles<br />
Hintergrundwissen einnehmen, das generell in die<br />
LehrerInnenausbildung einfließt.<br />
• Muttersprachlicher Unterricht muss gefördert werden aber auf<br />
freiwilliger Basis erfolgen. Die Schulen sollen dazu angehalten<br />
werden, regelmäßige internationale Projektwochen durchzuführen.<br />
Die unterschiedlichen Kulturen sollen mit entsprechenden<br />
Modulen in die Lehrpläne verankert werden, um Unterschiede<br />
kennenzulernen, Hemmschwellen abzubauen und Gemeinsamkeiten<br />
zu entwickeln.<br />
• Asylsuchende sowie Flüchtlinge werden von Beginn ihres Aufenthaltes<br />
in Deutschland an regulär beschult und fallen unter die<br />
Schulpflicht.<br />
• Ein gemeinsamer Ethikunterricht in dem die verschiedenen Religionen<br />
unter wissenschaftlichen Aspekten behandelt werden,<br />
soll die getrennten Religionsunterrichte generell ersetzen.<br />
• Es muss bereits ab dem Kindergarten eine lebendige Erziehung<br />
zur Demokratie stattfinden. Die SchülerInnenvertretungen müssen<br />
auf- und ausgebaut werden. Eine SchülerInnenvertretung<br />
im Bund muss organisiert werden. Schule muss demokratischer<br />
werden. Das bedeutet vor allem, die Stärkung der Stimme der<br />
SchülerInnen. Für eine starke Mitbestimmung von SchülerInnen<br />
in den Entscheidungsgremien der Schulorganisation muss gesorgt<br />
werden! Beispielsweise sollten Schulleitungen durch die<br />
Entscheidungsgremien der Schulen demokratisch gewählt werden<br />
und nicht einfach vom Schulträger eingesetzt werden.<br />
• Zusätzlich müssen den SchülerInnenvertretungen mehr Gestaltungs-<br />
und Mitbestimmungsmöglichkeiten gegeben werden.<br />
Hier ist ein allgemeinpolitisches Mandat und eine bessere Finanzierung<br />
unabdinglich!<br />
• Die subjektiven Zahlennoten sind durch individuelle Portfolios<br />
zu ersetzen, welche gemeinsam erarbeitete Lernentwicklung planen,<br />
in denen die individuelle Lernentwicklung betrachtet wird<br />
enthalten.<br />
• Deutschland trägt durch die eigene Schuld eine besondere Verantwortung,<br />
immer und überall gegen Faschismus und Rassismus<br />
aktiv zu sein. Schulen sollen ihre SchülerInnen aktiv zum Antifaschismus<br />
und zur Antidiskriminierung erziehen. Projekte, wie<br />
z.B. „Schule ohne Rassismus– Schule mit Courage“ oder „Schule<br />
gegen Homophobie“ sollen eingesetzt und gefördert werden.<br />
• Der Bundeswehr muss generell verboten werden, in Schulen für<br />
sich zu werben. Sämtliche Verträge zwischen Bundesländern<br />
und Bundeswehr diesbezüglich sind unverzüglich aufzulösen.<br />
• Ein Kreis aus Sachverständigen soll eine Richtlinie zur Medienkompetenz<br />
in Schulen entwickeln, um der voranschreitenden<br />
Entwicklung durch die Schule gerecht zu werden.<br />
• SchülerInnen müssen ein begrenztes Streikrecht erhalten. Kein/e<br />
SchulleiterIn und kein Ministerium darf SchülerInnen Meinungsbekundungen<br />
in Form von öffentlichen Protesten untersagen.<br />
• Die von der BRD unterzeichnete UN-Behindertenrechtskonvention<br />
muss im schulischen Bereich zügig umgesetzt werden.<br />
Daher soll ein bundesweites Programm, angelehnt an das IZBB,<br />
zum Ausbau inklusiver Schulen eingerichtet werden.<br />
68
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 4<br />
Ortsverein Remlingen (Bezirk Braunschweig)<br />
Schulen - Klassengrößen reduzieren<br />
Die Klassengrößen in der Grundschule, Hauptschule, Realschule,<br />
Gesamtschule und im Gymnasium sind zu reduzieren. Die Klassengröße<br />
soll bei der Grundschule und Hauptschule auf max. 20<br />
Schüler/innen reduziert werden. Bei der Realschule, Gesamtschule<br />
und Gymnasium soll die Klassengröße auf max. 25 Schüler/innen<br />
reduziert werden.<br />
B4<br />
Schulen - Klassengrößen reduzieren<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 5<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Privatschulen überwinden!<br />
(Juso-SchülerInnen über Bundesvorstand Jusos zur Weiterleitung<br />
an den Bundesparteitag)<br />
Wir Juso-Schülerinnen fordern schon lange die eine Schule für<br />
Alle. Dem jedoch steht seit Jahrzehnten eine stetig ansteigende<br />
Zahl von SchülerInnen, die eine Privatschule besuchen entgegen.<br />
Unser Ziel ist die beste Schule als reguläres, staatliches Angebot.<br />
Von 1992-1993 bei 445.609 PrivatschülerInnen stieg die Zahl bis<br />
2009/10 auf 704.632. Das zeigt zum einen, dass immer mehr Menschen<br />
Alternativen zum katastrophalen staatlichen Schulsystem suchen,<br />
und ist zum anderen ein Beleg für die zunehmende soziale<br />
Spaltung unserer Gesellschaft.<br />
Statistiken zeigen nämlich, dass an Privatschulen überdurchschnittlich<br />
Kinder aus AkademikerInnenfamilien, beziehungsweise<br />
bildungsnahen Haushalten und finanziell privilegierten Milieus<br />
vertreten sind. Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung besuchen<br />
11,6% Kinder aus einkommensstarken Haushalten (das sind<br />
laut der Studie 150% des Medians) eine Privatschule, während der<br />
Gesamtanteil der PrivatschülerInnen nur bei 7,8% liegt. Von allen<br />
SchülerInnen mit Migrationshintergrund sind nur 4% auf einer Privatschule,<br />
bei jenen ohne Migrationshintergrund liegt der Anteil<br />
bei 9%. Privatschulen stellen somit eine Gefahr für das Gelingen<br />
des Projektes Gemeinschaftsschule dar, weil sie als eine Art Exil<br />
für Bessergestellte fungieren.<br />
Besonders kritisch sehen wir Privatschulen in kirchlicher bzw. religiöser<br />
Trägerschaft. Es darf nicht sein, dass aufgrund des religiösen<br />
Glaubens der Eltern Kindern allgemeines Wissen vorenthalten wird<br />
und z.B. im Biologieunterricht die Evolutionslehre nicht gelehrt<br />
wird. Allgemein gültige und bewiesene wissenschaftliche Erkenntnisse<br />
müssen allgemeines Lehrgut werden und an allen Schulen<br />
zwingend zum Lehrplan gehören.<br />
Das Miteinander unterschiedlicher Milieus ist essentiell für die<br />
Chancengerechtigkeit im Bildungssystem. Nur wenn Kinder sowohl<br />
aus bildungsfernen, als auch bildungsnahen, sowohl mit, als<br />
auch ohne Migrationshintergrund, sowohl aus einkommensschwachen,<br />
als auch einkommensstarken Haushalten gemeinsam in einer<br />
Schule lernen, kann sich die Idee der Gemeinschaftsschule entfalten,<br />
bei der Schwächere von Stärkeren, und Stärkere von Schwächeren<br />
profitieren.<br />
Für mehr Vielfalt an unseren Schulen!<br />
Privatschulen verletzen oftmals den Grundsatz der Gebührenfreiheit,<br />
der für den gesamten Bildungsbereich gelten sollte, weil Bildung unserer<br />
Auffassung nach keine Frage des Geldbeutels sein darf, sondern<br />
ein Menschenrecht ist. Wer im Bildungsbereich nach sozialen<br />
Faktoren selektiert, schwächt den Zusammenhalt in der Gesellschaft,<br />
B5<br />
Privatschulen überwinden!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
69
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
indem er den Aufstiegsglauben vieler Milieus zerstört und eine freie<br />
und selbstbestimmte Zukunft dieser Menschen konterkariert.<br />
Unser Bildungssystem weist eine Fülle von Defiziten auf, und das<br />
nicht erst seit gestern. Deshalb erscheinen Privatschulen aktuell<br />
für viele Eltern noch als eine pädagogische Alternative im Sinne<br />
besserer Bildung ihrer Kinder. Um Privatschulen überflüssig zu<br />
machen, müssen wir das staatliche System erheblich verbessern.<br />
Dafür wäre es notwendig, bewährte alternative pädagogische Konzepte<br />
von Privatschulen in staatliche Schulen zu integrieren, die<br />
zur Verbesserung des Bildungsangebots an staatlichen Schulen<br />
beitragen könnten, und von ihnen zu lernen. Außerdem muss die<br />
dauerhafte Unterfinanzierung des öffentlichen Bildungssektors beendet<br />
werden. Das bedeutet für uns eine deutliche Erhöhung des<br />
Bildungsetats!<br />
Sprich: Privatschulen weg, gutes staatliches Schulsystem her!<br />
Kurz: Damit die Privatschulen langfristig überflüssig werden,<br />
brauchen wir höhere Investitionen in Bildung –Investition in Schule<br />
ist immer auch Investition in Zukunft!<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 6<br />
Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />
Die Reformierung der zweigleisigen<br />
betrieblichen Ausbildung<br />
Ausgangslage - Warum muss der Mensch arbeiten? Der Mensch<br />
ist, ganz besonders in der heutigen Zeit, auf Arbeit angewiesen. Er<br />
ist auf Arbeit angewiesen um für sich oder gar seine Familie zu sorgen,<br />
seinen gerechten Beitrag zur Solidargemeinschaft zu leisten<br />
und sein Wissen bzw. seine Fähigkeiten an andere weiterzugeben.<br />
Arbeit, egal welcher Art, ist oft der Dreh- und Angelpunkt unseres<br />
Lebens in einer globalisierten Welt. Und Grundlage für eine solche<br />
Arbeit ist eine gute, fundierte und fair entlohnte Ausbildung. Leider<br />
ist diese hierzulande oft immer noch Mangelware. Auszubildende<br />
werden als schlecht bezahlte Aushilfskräfte angesehen oder<br />
verrichten mitunter ausbildungsfremde Tätigkeiten. Oft zieht diese<br />
mangelhafte Behandlung während der betrieblichen Ausbildung<br />
eine enorme Demotivierung nach sich, die auch nach der Ausbildung<br />
im eigentlichen Berufsleben immer noch anhält.<br />
Die Reformierung der zweigleisigen Betrieblichen Ausbildung<br />
In Deutschland findet eine solche betriebliche, nicht akademische<br />
Ausbildung, zweigleisig statt. Neben der betrieblichen Ausbildung<br />
muss der / die Auszubildende auch eine Ausbildung in einer Berufsschule<br />
bzw. Berufsakademie absolvieren. Leider ist hier in letzterer<br />
oftmals nur eine sehr durchwachsene Verzahnung zwischen<br />
Lehranstalt und Ausbildungsbetrieb gegeben und Auszubildende<br />
werden zu sehr auf die Abschlussprüfung der jeweiligen Handelsoder<br />
Handwerkskammer fixiert und die berufliche Praxis bleibt auf<br />
der Strecke.<br />
In diesem Zusammenhang ist es nicht unser Ziel die Einrichtung<br />
der „Berufsschule“ an sich abzuschaffen. Eine duale, zweigleisige<br />
Ausbildung in Form von Ausbildung im Betrieb und Ausbildung<br />
in einer Bildungseinrichtung muss erhalten bleiben, jedoch spricht<br />
sich die <strong>SPD</strong> für eine engere Verzahnung zwischen dieser Bildungseinrichtung<br />
und dem Ausbildungsbetrieb aus. Durch ein Mehr an<br />
Mitarbeit und Teilhabe der ausbildenden Betriebe bei der theoretischen<br />
Ausbildung durch beispielsweise Workshops, Seminare oder<br />
überbetrieblichen Austausch bei der praktischen Berufsausbildung<br />
können den Auszubildenden auch Fähigkeiten im Bezug auf ihre<br />
Ausbildung näher gebracht werden, auf die der ausbildende Betrieb<br />
intern eventuell weniger wert legt. Ferner wird dadurch auch dem<br />
oft bemängelten fehlenden Praxisbezug bei der theoretischen Berufsausbildung,<br />
der durch die reine Fixierung auf den Ausbildungs-<br />
B6<br />
Die Reformierung der zweigleisigen<br />
betrieblichen Ausbildung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
70
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
plan der jeweiligen Handels- oder Handwerkskammer hervorgerufen<br />
wird, mit Hilfe dieser Mittel entgegengetreten und die theoretische<br />
Berufsausbildung attraktiver gestaltet.<br />
Diese angesprochene Mitarbeit bzw. Teilhabe der ausbildenden<br />
Betriebe soll aber nur als Ergänzung oder Bereicherung der theoretischen<br />
Ausbildung angesehen werden. Eine gänzliche „Privatisierung“<br />
der theoretischen Berufsausbildung durch deren völlige Übernahme<br />
durch die ausbildenden Betriebe lehnen wir hingegen ab.<br />
Wie schon in den Jahren zuvor fordern wir: Allerdings ersetzt eine<br />
noch so gute zweigleisige Ausbildung nicht eine fundierte, qualitativ<br />
hochwertige Ausbildung. Diese ist jedoch sehr kostenintensiv.<br />
Jene Unternehmen die Aufgrund der hohen Kosten nicht zur<br />
Ausbildung der nächsten Generation beitragen, müssen dies finanziell<br />
durch eine Ausbildungsplatzabgabe zu spüren bekommen.<br />
Wir halten daher immer noch die Forderung der letzten Jahre nach<br />
einer solidarischen Ausbildungsplatzumlage aufrecht, mit denen<br />
auch kleineren, finanzschwachen Unternehmen oder Personen die<br />
Möglichkeit gegeben wird, sein Wissen an die nächste Generation<br />
weiterzugeben.<br />
Auch wenn Arbeit wie eingangs erwähnt einen wichtigen Punkt<br />
darstellt, widersprechen wir der lapidar – konservativen These „Sozial<br />
ist was Arbeit schafft“. Wir wollen Arbeit nicht um jeden, sondern<br />
für einen gerechten Preis! Wir fordern weiterhin neben einem<br />
generellen branchenübergreifenden Mindestlohn für ArbeitnehmerInnen<br />
auch eine Lohnuntergrenze für Menschen in Ausbildung,<br />
denn auch diese haben das Recht für ihre Arbeit fair entlohnt zu<br />
werden.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 7<br />
Landesverband Sachsen-Anhalt<br />
Modularisierung ablehnen<br />
Das Modell der dualen Berufsausbildung ist zu erhalten. Eine Zusammenstreichung<br />
der Ausbildung im Zuge der sogenannten „Modularisierung“<br />
wird abgelehnt.<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 8<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Weiterbildung<br />
Wir brauchen in Bayern einen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub<br />
wie in anderen Bundesländern.<br />
Ferner ist darauf hinzuwirken, dass Fortbildungen wie Meister,<br />
Techniker und MBA nicht mehr durch den/die AbsolventIn zu bezahlen<br />
sind, sondern die Kosten durch einen Fonds gedeckt werden,<br />
in den die jeweiligen Firmen der Branche entsprechend ihrer<br />
Beschäftigtenzahl verpflichtend einzahlen müssen. Dadurch werden<br />
die Firmen zur Fortbildung ihrer MitarbeiterInnen animiert, da<br />
die Kosten durch die Allgemeinheit der jeweiligen Branche aufgebracht<br />
werden. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz ist um die Möglichkeit<br />
von Teilzeit (3- oder 4 Tage/Woche) bei einem Studium<br />
bzw. einer externen staatlich anerkannten<br />
Fort-/Weiterbildung zu erweitern.<br />
B7<br />
Modularisierung ablehnen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
B8<br />
Weiterbildung<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktion Bayern und <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
71
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 9<br />
Landesverband Berlin<br />
Berufsqualifikationen<br />
Erfolgreiche und soziale Umsetzung des Bundesgesetzes zur Verbesserung<br />
der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener<br />
Berufsqualifikationen<br />
Die <strong>SPD</strong> setzt sich für die erfolgreiche Umsetzung des neuen Bundesgesetzes<br />
„Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung<br />
im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ ein und<br />
schafft die dafür erforderlichen Voraussetzungen:<br />
1. Einrichtung von kompetenten Beratungsstellen<br />
2. Festlegung von einheitlichen Gebühren, die nicht zu einer sozialen<br />
Hürde werden<br />
3. Schaffung eines von den Herkunftsländern unabhängigen und<br />
transparenten Anerkennungsverfahren<br />
4. Kostenfreies und finanziell gefördertes Angebot der für eine volle<br />
Gleichstellung erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen an<br />
alle Betroffenen<br />
B9<br />
Berufsqualifikationen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 10<br />
11/05 Friedrichsfelde (Landesverband Berlin)<br />
Kosten für Anerkennungsverfahren<br />
gering halten<br />
Die sozialdemokratischen Mitglieder der Landtage, der Landesregierungen<br />
sowie des Deutschen Bundestages werden aufgefordert,<br />
sich dafür einzusetzen, dass im Rahmen des Vollzugs des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes<br />
(„Anerkennungsgesetz“) für<br />
die auf Bundesebene geregelten Berufe die zuständigen Stellen die<br />
Kosten für ein Anerkennungsverfahren moderat ausgestalten bzw.<br />
Bezuschussungsmodelle für die Antragsteller entwickelt werden.<br />
Für die anstehende Änderung berufsrechtlicher Regelungen in dem<br />
Zuständigkeitsbereich der Länder (Lehrer/innen, Erzieher/innen<br />
etc.) soll ebenfalls eine geringe Kostenbelastung gewährleisten<br />
werden. Die Neuregelung der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen<br />
im Rahmen des Anerkennungsgesetzes ist derzeit<br />
mit hohen Gebühren und zusätzlichen Kosten, zum Beispiel für<br />
Übersetzungen, verbunden. Dies werden sich Menschen mit geringen<br />
Einkommen nicht leisten können.<br />
B10<br />
Kosten für Anerkennungsverfahren<br />
gering halten<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 11<br />
Landesverband Berlin<br />
klare und einheitliche Regelungen<br />
zur Anerkennung ausländischer<br />
Berufsabschlüsse<br />
Das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz der Bundesregierung ist<br />
nicht weitreichend genug. In der vorliegenden Form werden keine<br />
neue Kultur der Anerkennung und kein Anspruch auf Beratung geschaffen<br />
und es werden keine ausreichenden Brücken ins Berufsleben<br />
für MigrantInnen gebaut. Eine wirkliche Anerkennung der<br />
Berufsabschlüsse von Menschen mit anderer Staatsangehörigkeit ist<br />
ein wichtiger Schritt für eine funktionierende und erfolgreiche Integration<br />
und bekämpft den (künftigen) Fachkräftemangel. Die sozial-<br />
B11<br />
klare und einheitliche Regelungen<br />
zur Anerkennung ausländischer<br />
Berufsabschlüsse<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
72
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
demokratischen Mitglieder des Berliner Senates und des Deutschen<br />
Bundestages werden dazu aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass<br />
• es künftig in Deutschland eine kompetente zentrale Anlaufstelle<br />
für alle Fragen zu ausländischen Berufsabschlüssen gibt.<br />
• es künftig pro Bundesland mehrere Beratungsbüros gibt, die Migranten<br />
und Migrantinnen zeitnah und unbürokratisch über die<br />
Möglichkeiten der Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse informieren.<br />
• es künftig einen gesetzlich verankerten Beratungsanspruch für<br />
die Betroffenen gibt.<br />
• die Betroffenen aller Berufe (nicht nur der reglementierten) einen<br />
Anspruch auf sogenannte Anpassungsmaßnahmen haben, die zu<br />
einer Anerkennung ihres Berufsabschlusses bzw. einer Gleichwertigkeitsbescheinigung<br />
führen. Diese Anpassungsmaßnahmen<br />
müssen finanziell gefördert werden.<br />
• zur Anerkennung eines Abschlusses künftig nicht mehr das Land,<br />
wo die Qualifikation erworben wurde, sondern lediglich die Qualifikation<br />
ausschlaggebend ist und es daher keine pauschale Unterteilung<br />
in EU-Mitgliedsstaat/Nicht-EU-Mitgliedsstaat mehr<br />
gibt, die über die Anerkennung entscheidet.<br />
• die Gebühren des Anerkennungsverfahrens, die der/die Antragsteller/in<br />
tragen muss, so gering wie möglich gehalten werden<br />
und bundesweit einheitlich sind, damit diese nicht zu sozialen<br />
Hürden werden.<br />
• es für die Berufe in Landeshoheit (wie z.B. Lehrer/in) bundesweit<br />
künftig einheitliche Verfahren und Standards zur Anerkennung<br />
gibt.<br />
• es eine zentrale Stelle gibt, die die Qualität, Einheitlichkeit und<br />
Gerechtigkeit der Berufsanerkennungsverfahren überprüft und<br />
für Beschwerden und Wiedersprüche zuständig ist.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 12<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Die Gedanken sind frei-Einfluss der<br />
Wirtschaft auf die Hochschulen Einhalt<br />
gebieten und die Grundfinanzierung<br />
ausbauen!<br />
(Antrag der Juso-Hochschulgruppen über Bundesvorstand der Jusos)<br />
Die Freiheit der Wissenschaft ist in Gefahr – denn der Einfluss der<br />
privaten Wirtschaft auf <strong>Inhalt</strong> und Ausrichtung der Forschung und<br />
Lehre hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Immer wieder<br />
werden Details über Kooperationen von Wirtschaft und Wissenschaft<br />
bekannt, die den Grundsatz der Wissenschaftsfreiheit eindeutig<br />
verletzen. Ein prominentes Beispiel dafür war zuletzt ein Kooperationsvertrag<br />
zwischen Deutscher Bank und Humboldt sowie<br />
Technischer Universität in Berlin: Die Deutsche Bank finanzierte<br />
zwei Professuren, in einem geheimen Vertrag wurden im Gegenzug<br />
Einflussmöglichkeiten festgeschrieben, die in einem Platz in der Berufungskommission<br />
sowie der Ansiedlung des Instituts in räumlicher<br />
Nähe zur Deutschen Bank in Berlin gipfelte.<br />
Die Finanzierung der Hochschulen ist die Aufgabe des Staates und<br />
darf nicht durch private Geldgeber ersetzt werden. Die Grundfinanzierung<br />
der Hochschulen muss deutlich angehoben werden – öffentliche<br />
Bildungseinrichtungen müssen auch öffentlich ausfinanziert<br />
werden! Wir stehen für eine unabhängige Wissenschaft im Dienste<br />
der Gesellschaft und fordern daher ein Verbot privater Drittmittel und<br />
von An-Instituten, also Forschungsinstituten, die rechtlich und organisatorisch<br />
eigenständig sind und eine private Rechtsform haben,<br />
aber an eine Universität angegliedert sind durch deren Anerkennung<br />
und Zusammenarbeit. Sie unterliegen also nicht der Aufsicht der Lan-<br />
B12<br />
Die Gedanken sind frei-Einfluss der<br />
Wirtschaft auf die Hochschulen Einhalt<br />
gebieten und die Grundfinanzierung<br />
ausbauen!<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
73
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
desregierungen und sind meist durch Drittmittel finanziert. Wo Kooperationen<br />
von öffentlichen Wissenschaftsinstitutionen mit privaten<br />
Wirtschaftsunternehmen stattfinden, müssen alle Verträge, Daten und<br />
Forschungsergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden.<br />
Verantwortlich dafür, dass die Abhängigkeit der Hochschulen von<br />
Geldern aus der privaten Wirtschaft immer größer und damit auch<br />
der Beeinflussung von Wissenschaft Tür und Tor geöffnet wurde, ist<br />
auch die unzureichende Grundfinanzierung der Hochschulen: Die<br />
Ausgaben für Bildung und Forschung entsprechen nicht dem Bedarf;<br />
die öffentliche Hand hat nach Berechnungen des Bildungsforsches<br />
Dieter Timmermanns im Auftrag für die Hans-Böckler-Stiftung die<br />
realen Ausgaben pro Kopf nicht adäquat an die steigende Nachfrage<br />
nach formalen Bildungsangeboten angepasst. In der Folge stieg der<br />
Anteil der Drittmittel an der gesamten Hochschulfinanzierung laut<br />
Statistischem Bundesamt von 11 Prozent Mitte der 90er Jahre auf 20<br />
Prozent im Jahr 2011. Die öffentliche Grundfinanzierung hat demnach<br />
als Finanzierungsquelle an Bedeutung verloren.<br />
Dadurch entstand eine chronische Unterfinanzierung der Hochschulen,<br />
die Hochschulleitungen, Dozierende und Forschende in den<br />
Sachzwang bringt, Gelder aus der Privatwirtschaft anzunehmen, um<br />
ihren Forschungs- und Lehrbetrieb überhaupt noch aufrecht erhalten<br />
zu können. Im Saarland beispielsweise lag der Anteil der von Unternehmen<br />
gezahlten Drittmittel laut Stifterverband der deutschen<br />
Wissenschaft im Jahr 2010 bei fast 8 Prozent in Relation zu den<br />
Grundmitteln insgesamt. Den größten Anteil an Drittmitteln machen<br />
öffentliche Drittmittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft aus,<br />
die nur als ergänzende Finanzierung zu einer ausreichenden Grundfinanzierung<br />
und zur Finanzierung besonderer Forschungsvorhaben<br />
im Interesse der Gesellschaft dienen können. Die Finanzierung der<br />
Hochschulen reduziert sich nicht nur auf Drittmittel aus der Privatwirtschaft;<br />
vielerorts beteiligen sich private Unternehmen am Hochschulbau,<br />
sponsern Hörsäle oder aber auch ganze Institute. Der „Saal<br />
der starken Marken“ an der Uni Mannheim ist ein Beispiel dafür.<br />
Dort prangen Firmenlogos an jedem Stuhl, die kennzeichnen, wer<br />
für die Renovierung des Hörsaals gezahlt hat. Die Beispiele dafür<br />
sind zahlreich, vom „Aldi-Süd-Hörsaal“ an der FH Würzburg bis<br />
zum „Aachener-und-Münchener-Halle“ an der RWTH Aachen. An<br />
der Universität Köln geht das wirtschaftliche Sponsoring sogar so<br />
weit, dass Energiekonzerne wie RWE und E.ON ein ganzes „Energiewirtschaftliches<br />
Institut“ in Form eines An-Instituts finanzieren.<br />
Hinzu kommen Stiftungsprofessuren, Auftragsforschung und -studien,<br />
deren inhaltliche Ausrichtung durch nicht-öffentliche Verträge,<br />
durch Absprachen oder Vereinbarungen in vielen Fällen schon<br />
vorher feststeht. Ein erster Schritt ist daher die Transparenz darüber<br />
herzustellen, wo potentiell Beeinflussung stattfindet. Die Initiative<br />
hochschulwatch.de vom freien zusammenschluss von studentInnenschaften,<br />
transparency international und der taz trägt dazu bei, Wirtschaftskooperationen<br />
offen zu legen und ist daher zu unterstützen.<br />
Der zunehmende Anteil der Drittmittelfinanzierung hat auch Auswirkungen<br />
auf die Personalstruktur an Hochschulen. Wir stehen für<br />
sichere und langfristige Arbeitsverhältnisse, eine angemessene Entlohnung<br />
und soziale Sicherheit müssen zur Regel werden. Befristungen<br />
dürfen nur in begründeten Ausnahmefällen zugelassen werden.<br />
Dafür muss sichergestellt werden, dass die Beschäftigten der Hochschule<br />
aus öffentlichen Grundmitteln und nicht aus Drittmitteln bezahlt<br />
werden.<br />
Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2011 26 Prozent des<br />
wissenschaftlichen Personals an Hochschulen und sogar 38 Prozent<br />
der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Drittmitteln<br />
bezahlt. Der größte Anteil der wissenschaftlich Beschäftigten<br />
an der Hochschule, laut Bundesbericht wissenschaftlicher Nachwuchs<br />
2013 sogar 90 Prozent, haben befristete Verträge. Das sind<br />
mehr als diejenigen, die über Drittmittel beschäftigt werden. Dennoch<br />
ist vor allem die Finanzierung von Stellen über langfristig nicht<br />
einzuplanende Drittmittel besonders anfällig für kurze Vertragslaufzeiten<br />
bei Anstellungsverhältnissen.<br />
Die Abhängigkeit dieser Beschäftigten von Drittmitteln, die zum<br />
Großteil aus öffentlichen Mitteln der Deutschen Forschungsgemein-<br />
74
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
schaft kommen, aber auch von privaten Geldgebern schürt die Prekarisierung<br />
des Wissenschaftsbetriebs. Die finanzielle Unsicherheit<br />
und fehlende Planungssicherheit vieler Wissenschaftlerinnen und<br />
Wissenschaftler ist keine gute Grundlage für gute Lehre und Forschung.<br />
Verträge über wenige Monate, schlechte Bezahlung und<br />
Überstunden sind nicht die Rahmenbedingungen, unter denen innovative<br />
Forschung und gute Lehre stattfinden können.<br />
Wir müssen Wissenschaft wieder als gesamtgesellschaftliche Aufgabe<br />
betrachten: Die Wissenschaft ist Keimzelle gesellschaftlichen<br />
Fortschritts und muss im Interesse der Gesellschaft handeln – nicht<br />
im Interesse derer, die das Geld bereitstellen. Deshalb muss die Wissenschaftsfreiheit<br />
als hohes Gut geschützt und öffentlich ausfinanziert<br />
werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass Ergebnisse<br />
unabhängig vom Auftraggeber in wissenschaftlichen Verfahren ermittelt<br />
und kritische Wissenschaft stattfinden kann.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 13<br />
Landesverband Baden-Württemberg<br />
Zukunftsfähige Finanzierung unserer<br />
Hochschulen<br />
Die Hochschulfinanzierung in Deutschland muss auf eine kontinuierliche<br />
und solide Basis gestellt werden. Dabei müssen alle<br />
Aufgaben der Hochschulen gleichermaßen berücksichtigt werden,<br />
insbesondere Lehre & Forschung. Dafür fordern wir die Grundfinanzierung<br />
der Hochschulen zu stärken. Um dies zu gewährleisten<br />
fordern wir die Landesregierung auf folgende Maßnahmen umzusetzen<br />
bzw. zu unterstützen.<br />
Hochschulpakt2020<br />
Der Hochschulpakt 2020 muss nachverhandelt und an die gestiegene<br />
Prognose der Studienanfängerzahlen der Kultusministerkonferenz<br />
vom 24.01.2012 angepasst werden. Es muss geprüft werden,<br />
ob in Zukunft eine dynamische Anpassung der Vereinbarung umgesetzt<br />
werden kann.<br />
Kooperationsverbot<br />
Wir unterstützen die Initiative der <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion vom<br />
24.01.2012, die mit einem neuen Grundgesetzartikel 104c Vereinbarungen<br />
über dauerhafte Finanzhilfen zwischen Bund und Ländern<br />
im Bildungsbereich ermöglicht. Die viel zu kurz greifende<br />
Änderung des Artikel 98b, wie sie die schwarz-gelbe Bundesregierung<br />
vorschlägt lehnen wir als ungenügend ab.<br />
B13<br />
Zukunftsfähige Finanzierung unserer<br />
Hochschulen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 14<br />
Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />
Bezirk Hannover<br />
Netzwerk an Schulen<br />
Förderung eines Netzwerkes gegen Homo- und Transphobie<br />
und für Vielfalt an Schulen<br />
Aufklärungsarbeit gegen Homo- und Transphobie wird als Bildungsaufgabe<br />
an Schulen kaum wahrgenommen, deshalb wollen<br />
wir ehrenamtlich arbeitende Schulaufklärungsprojekte, welche dieses<br />
Defizit an unseren Schulen durch Aufklärungs- und Informationsveranstaltungen<br />
ausgleichen, fördern. Wir werden ein bundesweites<br />
Netzwerk dieser lokalen Aufklärungsprojekte finanziell und<br />
ideell unterstützen, um so einen nachhaltigen Austausch, gemeinsame<br />
Fortbildungen und daraus resultierende Qualitätsstandards<br />
zu ermöglichen, den Aufbau neuer Projekte zu fördern und so die<br />
Reichweite dieser Arbeit zu erhöhen.<br />
B14<br />
Netzwerk an Schulen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
(Überwiesen vom a.o. BPT 14.April 2013, III.A15)<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
75
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich B<br />
Antrag 15<br />
Rad-und Kraftfahrerbund Solidarität Deutschland 1896 e.V.<br />
Überprüfung und Neuausrichtung<br />
des Kinder- und Jugendplanes für die<br />
Jugendverbandsarbeit<br />
Die Evaluation des Förderprogramms „Jugendverbandsarbeit“ in<br />
den Jahren 2010/2011 durch das Deutsche Jugendinstitut hat eindrucksvoll<br />
nachgewiesen, dass die durch den Kinder- und Jugendplan<br />
des Bundes ermöglichte bundeszentrale Infrastruktur der Jugendverbände<br />
das Rückgrat der außerschulischen Jugendarbeit und<br />
Jugendhilfe in Deutschland darstellt. Für eine eigenständige und<br />
erfolgreiche Jugendpolitik ist dieses starke Rückgrat unverzichtbar!<br />
Wir, die „Solidaritätsjugend Deutschlands“ als bundesweit organisierte,<br />
eigenständige Jugendorganisation des Rad- und Kraftfahrerbundes<br />
„Solidarität“ Deutschland 1896 e.V., sind Teil dieses Rückgrats.<br />
Seit fast 60 Jahren schaffen wir im Rahmen der ehrenamtlichen<br />
Jugendverbandsarbeit non-formale Bildungs- und Freizeitangebote<br />
für Kinder und Jugendliche. Ein Schwerpunkt der Arbeit<br />
liegt dabei im internationalen Austausch zur kulturübergreifenden<br />
Bereicherung dieser Maßnahmen. Als parteipolitisch ungebundene<br />
und nichtkirchliche Organisation spiegelt unser jugendkulturelles<br />
und jugendpolitisches Engagement die Lebenswirklichkeit vieler<br />
Kinder und Jugendlicher wider. Die Solidaritätsjugend Deutschlands<br />
steht hierbei für eine sozial gerechte, demokratische und<br />
nachhaltige Weltanschauung.<br />
Die gegenwärtigen finanziellen Rahmenbedingungen der bundesweiten<br />
Infrastruktur der Jugendverbandsarbeit gefährden allerdings<br />
eine weitere erfolgreiche und nachhaltige Jugendarbeit! Das Fördervolumen<br />
im KJP-Programm 10.01/10.2 „Jugendverbände“ aus<br />
dem Jahr 2001 hat in den letzten Jahren nur marginal zugenommen.<br />
Berücksichtigt man zudem die allgemeine Preisentwicklung<br />
und eine Inflationsrate von +17,9 Prozent für den Zeitraum 2001<br />
bis 2013, so kann man die derzeitige finanzielle Ausstattung der Jugendverbände<br />
nur als mangelhaft charakterisieren. Zudem hat das<br />
Deutsche Jugendinstitut bei der Eruierung der Förderprogramme<br />
10.01/10.02 „Jugendverbandsarbeit“ deutlich festgestellt, dass vor<br />
allem die für die Aufgabenerfüllung notwendige und bedarfsgerechte<br />
Förderung von Personal im Zentrum stehen sollte. Aufgrund<br />
dieser negativen Entwicklungen in den letzten Jahren erachten wir,<br />
die Solidaritätsjugend Deutschlands, es als unabdingbar, eine Anpassung<br />
und Weiterentwicklung des Kinder- und Jungendplanes<br />
vorzunehmen.<br />
Möchten wir auch in der Zukunft ein gelingendes Aufwachsen in<br />
unserer demokratischen Gesellschaft gewährleisten, müssen die<br />
rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Jugendverbände<br />
gesichert werden. Nur wenn der Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit<br />
eine bedarfsgerechte und angemessene finanzielle<br />
Ausstattung zukommt, wird auch eine eigenständige Jugendpolitik<br />
erfolgreich sein, die in unserer Gesellschaft nachhaltig wirkt.<br />
Wir fordern den <strong>SPD</strong>-Bundesvorstand auf, sich dafür einzusetzen,<br />
dass im KJP-Programm 10.01/10.2 „Jugendverbände“:<br />
• die Förderhöhen zukünftig regelmäßig automatisch an die Preissteigerungsraten<br />
angepasst werden!<br />
• eine Vereinfachung und Verbesserung des Verwaltungsaufwandes<br />
stattfindet, um für ein Mehr an Rechtssicherheit und Gestaltungsfreiheit<br />
der Jugendverbände zu sorgen!<br />
• für die Zuwendungsempfänger das Verbot der Rücklagenbildung<br />
gelockert wird!<br />
• eine Evaluierung der bisher ausgeschlossenen Verwendungszwecke<br />
bei internationalen Maßnahmen hinsichtlich ihrer Aktualität<br />
durchgeführt wird, mit dem Ziel einer weiteren Flexibilisierung<br />
und Vereinfachung!<br />
B15<br />
Überprüfung und Neuausrichtung<br />
des Kinder- und Jugendplanes für die<br />
Jugendverbandsarbeit<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand und <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
76
Europapolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 1<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Gebt uns unsere Zukunft zurück!<br />
Europa droht eine verlorene Generation<br />
Die Krisen in Europa treffen die Menschen, nicht nur in den am<br />
schlimmsten betroffenen Ländern, aber dort eben besonders, hart.<br />
Seit dem Beginn der Krisen 2008 haben Politik und Wirtschaft versagt.<br />
Es ist keine Entwicklung in Sicht, die Europa in eine bessere<br />
Zukunft weist. Die Interessen der der großen Eigentümer und Kapitalbesitzer<br />
wurden gewahrt, dafür aber viele Arbeitsplätze, Zukunftsperspektiven<br />
und auch demokratische Grundprinzipien geopfert.<br />
In vielen Ländern der Europäischen Union ist die Wirtschaft<br />
massiv eingebrochen und alles was den Regierungen bisher eingefallen<br />
ist, war den Druck zum Sparen immerweiter zu erhöhen. Damit<br />
wurde die Situation aber überall nur noch verschlimmert.<br />
Eine ganz besonders schwere Bürde lastet auf den Schultern der<br />
jungen Generation. Die Jugendarbeitslosigkeit hat in vielen Ländern<br />
ein Ausmaß erreicht, wie es nie zuvor bestand. Die Jugendarbeitslosigkeit<br />
ist mehr als doppelt so hoch, wie in der Gesamtbevölkerung.<br />
In den Ländern der EU herrscht eine Jugendarbeitslosigkeit<br />
von 22,6 Prozent. Dies bedeutet, dass derzeit über 5,5<br />
Millionen junge Menschen vergebliche versuchen eine Ausbildung<br />
zu finden oder in ihr Berufsleben zu starten. Und dies sind nur diejenigen,<br />
die überhaupt nichts finden, viele mehr stecken in Praktika,<br />
Werkverträgen und anderen Warteschleifen fest. Besonders<br />
bedrückend ist die Situation in Spanien und Griechenland mit über<br />
50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Aber auch in Bulgarien, Irland,<br />
Italien, Litauen, Portugal und der Slowakei liegt die Jugendarbeitslosigkeit<br />
bei über 30 Prozent und in 10 weiteren Ländern noch bei<br />
über 20 Prozent. Lediglich in Deutschland, Österreich und den Niederlanden<br />
liegt die Quote bei unter 10 Prozent.<br />
Damit fehlt einem Großteil unserer Generation eine Perspektive<br />
für ihre Zukunft. Oft sind die jungen Arbeitssuchenden gut Ausgebildet,<br />
hoch motiviert und wollen mit viel Engagement in ihr<br />
Berufsleben starten, doch sie bekommen keine Chance dazu. Viele<br />
100.000 von ihnen sind in den vergangenen Monaten für ihre Zukunft<br />
auf die Straße gegangen. Doch dies ist nicht nur ein Problem<br />
für einzelne Jugendliche, sondern auch für die europäische Gesellschaft<br />
und Wirtschaft als ganzes. Umso länger sie in der Arbeitslosigkeit<br />
verweilen, umso mehr wird ihre Qualifikation entwertet.<br />
Wenn ihnen in ihrem Schicksal nicht schnell geholfen wird, droht<br />
aus ihnen eine verlorene Generation zu werden und damit droht<br />
auch das Ende einer positiven Integration Europas.<br />
Das Hauptproblem in den stark von Jugendarbeitslosigkeit betroffenen<br />
Ländern ist der Wirtschaftseinbruch der vergangenen Jahre<br />
durch Finanz- und Eurokrise. Aber anstatt dagegen zu steuern<br />
wurde Europa durch Merkel ein erbittertes Spardiktat auferlegt. Je<br />
größer die Krise zuschlägt, umso mehr wird gespart. Dies bedeutet<br />
Sozialkürzungen, Investitionsstopp und Abbau von öffentlicher<br />
Beschäftigung. Dies reißt die Wirtschaft noch mehr nach unten und<br />
trifft zu aller erst die Jugend.<br />
Die Zahlen alleine sind schon erschreckend genug, wenn man<br />
die Situation noch genauer betrachtet wird es noch schlimmer.<br />
Selbst beim Musterbeispiel Deutschland gibt es viel Schatten. Mit<br />
551.000 Ausbildungsverträgen wurden zum 30. September 2012<br />
3,2 Prozent weniger neue Verträge abgeschlossen als noch im Vorjahr.<br />
Ein Tiefstand seit 1999. Mehr als 76.000 junge Menschen haben<br />
keinen Ausbildungsplatz gefunden und das bei mehr als 33.000<br />
offenen Plätzen. Auch stecken fast 270.000 junge Menschen in<br />
Übergangsmaßnahmen fest – ohne die Aussicht, eine qualifizierende<br />
Ausbildung zu erreichen. 1,5 Millionen junge Erwachsene haben<br />
überhaupt keinen Berufsabschluss.<br />
Eu1<br />
Gebt uns unsere Zukunft zurück!<br />
Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />
vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
78
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Merkels hohle Phrasen<br />
Über die EU soll nun geholfen werden. Bereits seit Ende 2011 gibt<br />
es die Initiative „Chancen für junge Menschen“, mit der durch Umschichtung<br />
im Sozialfonds der EU mittel mit einem Volumen von<br />
4,5 Mrd. Euro für Programme gegen Jugendarbeitslosigkeit bereitgestellt<br />
wurden. Doch dies ist im Sande verlaufen, weil die Gelder,<br />
wegen der damit verbunden Bedingungen für ausführende Länder,<br />
nicht abgerufen wurden, oder kaum Wirkung erzielten. In der jetzigen<br />
Situation hat sich auch Merkel dieses Problems angenommen<br />
und verkündet 60 Milliarden Euro für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit<br />
zur Verfügung zu stellen. Doch dahinter verbirgt<br />
sich keine Aussicht auf Verbesserung der Lage, sondern nur das<br />
Vortäuschen von Aktionismus. Ihr plan beinhaltet drei Ansätze:<br />
• Verstärkte Förderung von KMU (8-12 Mrd. durch Kredite der<br />
Aufbaubank um Faktor fünf gehebelt. Damit ist nichts anderes<br />
gemeint, als die Ausweitung der Programme, die bisher gescheitert<br />
sind. Insbesondere die damit suggerierte hohe Summe der<br />
Hilfen ist Fadenscheinig, weil das Geld die Jugendlichen kaum<br />
erreicht. Mit einer solchen reinen Angebotsorientierung, wird die<br />
Situation nicht verbessert, solange die Nachfrage in den betroffenen<br />
Ländern weiter sinkt.<br />
• Verbreiterung des Dualen Ausbildungssystems<br />
In vielen Ländern besteht der Wunsch, das deutsche Ausbildungsmodell<br />
als Vorbild zu nehmen, um ihr eigenes System<br />
umzugestalten. Dies wird aber nur langfristig etwas bewirken<br />
können und auch hier ist ein Erfolg abhängig von der Konjunktur.<br />
Die vermeintliche Entspannung auf dem Deutschen Ausbildungsmarkt<br />
ist das Ergebnis des Wachstums der vergangenen<br />
Jahre und des Rückgangs der Neusuchenden.<br />
• Unterstützung für europäische Mobilität<br />
Es spricht nichts dagegen, den innereuropäischen Austausch zu<br />
fördern, aber in der derzeitigen Situation geht es eben für die vielen<br />
jugendlichen Arbeitslosen nicht darum, neue Erfahrungen zu<br />
sammeln, sondern darum vor der wirtschaftlichen Not zu flüchten.<br />
Solche Programme sind aber auch immer nur ein kleiner<br />
Tropfen auf den heißen Stein und versprechen nicht unbedingt<br />
für die Betroffenen etwas zu bringen. Momentan geht es dabei<br />
mehr um einen Wettbewerb um die besten Köpfe.<br />
Wir brauchen umgehend ein Programm für Wachstum<br />
Die europäische Ausbildungsgarantie ist der Richtige Ansatz, jedem<br />
Jugendlichen soll ein Angebot für Arbeit oder Qualifizierung<br />
gemacht werden. Aber bisher blieb sie mehr ein Schlagwort. Die<br />
Umsetzung bleibt den einzelnen Nationalstaaten überlassen, die<br />
aber gezwungen sind, ihre Leistungen zu kürzen müssen und Unterstützung<br />
von der EU nur erhalten, wenn sie noch weitere Sparauflagen<br />
akzeptieren.<br />
Das Grundsätzliche Problem ist der wirtschaftliche Einbruch in den<br />
Krisenstaaten, der durch Spardiktat noch verstärkt wird. Wir brauchen<br />
eine Strategie für nachhaltigen Beschäftigungsaufbau in Europa.<br />
Dazu bedarf es nachhaltiger Wachstumsimpulse, durch europaweite<br />
Investitionsprogramme. Dabei reichen kurzfristige Strohfeuer<br />
nicht aus. Vielmehr müssen die Staaten ihre Ausgaben auf hohem<br />
Niveau angleichen, etwa um damit Investitionen in Bildung, soziale<br />
Sicherung oder im Bereich nachhaltiger Energie sicherstellen<br />
zu können. Dies ist aber gerade in den Krisenstaaten derzeit nicht<br />
möglich, deswegen müssen Wachstumsimpulse auch von der europäischen<br />
Ebene gemeinschaftlich organisiert werden.<br />
Wir setzen uns für einen Europäischen Zukunftsfonds ein, der unabhängig<br />
von nationalstaatlichen Quoten und Interessen der einzelnen<br />
Regierungen Projekte und Maßnahmen in Europa fördert und selber<br />
anschiebt. Dieser Zukunftsfonds soll dem europäischen Parlament<br />
unterstellt werden und die zu beschließenden Ziele Verteilungskriterien<br />
und Organisation selbstständig umsetzen. Vordringlich sind<br />
dabei Investitionen in die energetische Gebäudesanierung, erneuerbare<br />
Energien, energiesparende Maschinen und Anlagen, Grenzüberschreitende<br />
Infrastrukturprojekte sowie moderne und die Umwelt<br />
schonende Mobilitätskonzepte. In gleichem Maße sind auch<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
79
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
flächendeckende soziale Dienstleistungen, der Ausbau von Kindergärten,<br />
Schulen, Hochschulen und Forschungsinstituten ebenso wie<br />
Integrationsprojekte als Zukunftsaufgaben zu begreifen.<br />
So können Millionen neue, sinnvolle und innovative Arbeitsplätze<br />
entstehen. Damit dieser Fonds und eigene Investitionen der Mitgliedsstaaten<br />
funktionieren kann, müssen die aktuellen Subventionsvorschriften<br />
geändert werden. Wir fordern eine Auflockerung<br />
Subventionsverbots, eine Aufhebung aller Privatisierungsverpflichtungen<br />
und eine flexiblere Eigenbeteiligungsregelung. Für diesen<br />
Fonds soll es eine schnelle und große Anschubfinanzierung durch<br />
eine europaweite Vermögensabgabe von 3 Prozent (DGB-Modell)<br />
geben. Langfristig soll er sich aus zwei Quellen speisen, zum einen<br />
sollen Mittel für „Nachhaltiges Wachstum“ und der Agrarförderung<br />
umgeschichtet werden. Zum zweiten soll die Hälfte der Einnahmen<br />
aus der Finanztransaktionssteuer in den Fonds fließen.<br />
Konkrete Vorschläge gegen die Jugendarbeitslosigkeit:<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Erweiterung der europäischen Ausbildungsgarantie<br />
Wir fordern, dass die Ausbildungsgarantie zukünftig schon nach<br />
zwei und nicht erst nach vier Monaten vergeblicher Suche greift.<br />
Darüber hinaus sollte sie nicht nur den jungen Menschen bis 24<br />
Jahren, sondern allen bis zum dreißigsten Lebensjahr offen stehen.<br />
Die Unterstützung durch die EU für die zuständigen Mitgliedsstaaten<br />
darf nicht durch weitere Sparauflagen bedingt sein. Ziel der<br />
Programme muss es sein Jugendliche direkt in Arbeit und qualifizierende<br />
Ausbildung zu bringen. Wenn dafür kein ausreichendes<br />
Angebot geschaffen werden kann muss es darum gehen, ihre Qualifikation<br />
zu erhalten und Weiterbildung anzubieten, dabei darf es<br />
aber nicht um bloße Beschäftigung gehen, um sie aus den Statistiken<br />
Streichen zu können. Jedes Angebot muss eine neue berufliche<br />
Perspektive eröffnen. Des Weiteren bedarf es einer direkten Finanzierung<br />
von Programmen für Schul-/AusbildungsabbrecherInnen.<br />
EU-Mobilität<br />
In normalen Zeiten profitieren einzelne, aber auch die EU als Ganzes<br />
von der EU-internen Freizügigkeit. Im Moment aber nehmen<br />
viele junge Menschen die Freizügigkeit als Notausgang, um nicht<br />
Teil einer arbeitslosen Generation zu werden. Damit leistet die<br />
Freizügigkeit in der EU zwar volkswirtschaftliche einen kleinen<br />
Beitrag um die Krise abzumildern, persönlich ist dies aber oft mit<br />
großen Härten verbunden. Wenn Menschen regelrecht flüchten um<br />
einer darniederliegenden Ökonomie entkommen zu können, empfinden<br />
die Mobilität als Bürde und profitieren zudem in geringerem<br />
Maße von ihrer Auslandserfahrung. Wir wollen wieder erreichen,<br />
dass sich junge Menschen freiwillig, geplant und zielgerichtet zum<br />
Lernen und Arbeiten in einem anderen Land niederlassen können.<br />
• Wir begrüßen die Ausweitung des Austauschprogramms ERAS-<br />
MUS zu „ERASMUS für alle“. Wir fordern eine signifikante Erhöhung<br />
auf 20 Milliarden Euro im Zuge der Neuverhandlungen<br />
des Mehrjährigen Finanzrahmens; einen Umstieg auf Kreditfinanzierung<br />
bei „ERASMUS“ lehnen wir ab.<br />
• Wer in einem anderen EU-Staat seine Arbeit verliert darf nicht<br />
ausgewiesen werden. Wir fordern die Abschaffung der Befristung<br />
der Freizügigkeit, wenn Menschen nach weniger als ein<br />
Jahr Erwerbstätigkeit arbeitslos werden. Diese Regel ist mit der<br />
heutigen Erwerbsrealität vieler junger Menschen nicht vereinbar.<br />
• Alle jungen Menschen sind willkommen. Wir wenden uns gegen<br />
von der Leyens gezielte Anwerbeabkommen, die lediglich Hochqualifizierte<br />
aus Ländern mit einer hohen Jugendarbeitslosigkeit<br />
abziehen wollen. Die dafür eingeplanten Mittel sind zugunsten<br />
von Beschäftigungsprogrammen umzuschichten.<br />
„Gebt der Jugend ihre Chance in die eigenen Hände“:<br />
Die bisherige Förderpolitik setzt bloß darauf, Unternehmen dafür<br />
zu belohnen, jüngere und nicht ältere Erwerblose einzustellen. Dies<br />
ist aus unserer Sicht der falsche Weg. Überall in Europa gibt es<br />
nicht nur Arbeitslose, die ihr Engagement und ihre Arbeitskraft<br />
80
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
nicht einbringen können, weil ihnen niemand eine Chance gibt,<br />
sondern auch große Aufgaben und Herausforderungen die liegen<br />
bleiben. Das Ziel unserer Initiative gegen die Jugendarbeitslosigkeit<br />
ist es nicht, dass dafür gesorgt wird, die Menschen einfach zu<br />
beschäftigen. Sondern unser Ziel ist es, die Unterstützung dafür zu<br />
organisieren, dass die junge Generation ihre Zukunft selber gestalten<br />
kann. Dafür sollen 100 Mrd. in den nächsten drei Jahren zur<br />
Verfügung gestellt werden:<br />
• Stopp des Abbaus in der öffentliche Beschäftigung<br />
• Öffentliche Regionalagenturen zur Entwicklung neuer Wirtschaftsförderkonzepte<br />
/ Energieberatung / Soziale Stadt (zur<br />
Umsetzung der Entwickelten Projekte sollen 50 Mrd. aufgebracht<br />
werden)<br />
• Unterstützung für Unternehmensneugründungen<br />
• Modernisierung der Bildungsinfrastruktur<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 2<br />
Ortsverein Bremen-Gartenstadt-Vahr (Landesorganisation Bremen)<br />
Hilfen für krisengeschüttelte EU-Länder<br />
Angesichts der Beschäftigungskrisen einer Reihe von Mitgliedstaaten<br />
der Europäischen Union bittet der Bundesparteitag die<br />
<strong>SPD</strong>-Fraktionen im Deutschen Bundestag und im Europäischen<br />
Parlament, beschäftigungs- und wachstumsfördernde Programme<br />
zugunsten dieser Länder zu erarbeiten und in geeigneter Weise zu<br />
initiieren, um die Arbeitslosigkeit in diesen Ländern zu bekämpfen.<br />
Diese Programme sind nicht durch die öffentlichen Haushalte dieser<br />
Länder zu finanzieren. Vielmehr sind Instrumente wie z.B. die<br />
Europäische Investitionsbank zu nutzen. Finanzielle Konditionen,<br />
wie sie bei Entwicklungshilfe-krediten international üblich sind,<br />
können als Muster derartiger Verträge dienen.<br />
Eu2<br />
Hilfen für krisengeschüttelte EU-Länder<br />
Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />
vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 3<br />
Landesverband Berlin<br />
Soziale Ausgewogenheit, Beschäftigung<br />
und Infrastrukturaufbau für<br />
Griechenland<br />
Die <strong>SPD</strong> bestärkt die <strong>SPD</strong>-Bundestags- und EU-Parlamentsfraktion<br />
in ihrem Kampf um soziale Ausgewogenheit, Beschäftigungsförderung<br />
und Infrastrukturaufbau in den Europäischen Haushaltsreform-<br />
und Stabilisierungsmaßnahmen in und für Griechenland.<br />
Bei allem berechtigten Engagement für einen arbeitsfähigen Staat<br />
und Haushaltsdisziplin auch in Griechenland, sind Bundesregierung,<br />
Europäische Kommission und Europäischer Rat aufgefordert<br />
statt einseitiger Einkommenskürzungen und drastischer Abgabenerhöhungen<br />
zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,<br />
Rentnerinnen und Rentner und den damit verschärften sozialen Ungerechtigkeiten<br />
sowie der zusätzlichen Zerstörung von Kaufkraft<br />
und Steueraufkommen, endlich den Fokus auf gerechte, soziale<br />
und wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen zu legen.<br />
Hierzu gehören:<br />
• die sofortige tatsächliche Besteuerung der faktisch steuerfrei gestellten<br />
Höchst-Einkommensbesitzer Griechenlands (incl. ihrer<br />
aufgelaufener Steuerschulden),<br />
• die Förderung funktionierender Wirtschaftsbereiche (wie z.B.<br />
die schon entstehende und perspektivisch exportfähige Solarstromspeicherung)<br />
sowie<br />
• Programme für zukunftsorientierte Beschäftigungsförderung.<br />
Eu3<br />
Soziale Ausgewogenheit, Beschäftigung<br />
und Infrastrukturaufbau für<br />
Griechenland<br />
Annahme in Fassung der Antragskommission<br />
Hierzu gehören:<br />
• Die Ertüchtigung des Steuervollzugs und die sofortige tatsächliche<br />
Besteuerung der faktisch steuerfrei gestellten Höchst-<br />
Einkommensbesitzer Griechenlands (incl. ihrer aufgelaufener<br />
Steuerschulden),<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
81
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
Finanzierbar sind solche Maßnahmen z.T. schon dadurch, wenn die<br />
griechische Verwaltung in die Lage versetzt wird, die - Griechenland,<br />
wie jedem anderen EU- Mitglied zustehenden - EU-Fördergelder<br />
abzurufen. Nicht nur im Interesse Griechenlands, sondern<br />
im Interesse des sozialen Friedens in der EU und dem Ansehen<br />
Deutschlands ist es höchste Zeit für tatsächliche Hilfe zur Selbsthilfe<br />
in Respekt und Wertschätzung statt Demütigung, Feindbildund<br />
Konfliktsaat zwischen Staaten Europas.<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 4<br />
Unterbezirk Hochtaunus (Bezirk Hessen-Süd)<br />
Beschäftigungsgarantie für junge<br />
Menschen innerhalb der EU<br />
Die Fraktion der <strong>SPD</strong> im Europäischen Parlament wird aufgefordert,<br />
sich für eine Europaweite Regelung einzusetzen, die Auszubildenden<br />
und Hochschulabsolventen nach erfolgreichem Abschluss<br />
eine ihrer Ausbildung angemessene und unbefristete Arbeitsstelle<br />
zu einem Mindestlohn von 8,50 € zu garantieren.<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 5<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />
Für einen grundlegenden Kurswechsel<br />
in der europäischen Politik: Gute Arbeit<br />
und Gerechtigkeit statt Kaputtsparen und<br />
Banken - Transferunion!<br />
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und<br />
Rentner sowie die Jugendlichen tragen allein die Lasten der Krisenbewältigung.<br />
Schon der verschärfte, weitgehend ungeregelte<br />
Standortwettbewerb hatte in Europa - und in weiten Teilen der Welt<br />
- zu einer massiven Umverteilung von Einkommen und Vermögen<br />
zulasten der Arbeitnehmerschaft geführt. Dank sinkender Lohnquoten<br />
und realer Nettoeinkommensverluste, dank eines besonders<br />
flexiblen Arbeitsmarktes und einer massiven Ausweitung prekärer<br />
Beschäftigungsverhältnisse hat sich die deutsche Volkswirtschaft<br />
kurzfristig Wettbewerbsvorteile verschafft. Ständig wachsende<br />
Ungleichgewichte zwischen den Euro-Mitgliedsstaaten und in der<br />
gesamten Weltwirtschaft führen zwangsläufig zu wachsender Verschuldung<br />
und Aufblähung der Finanzmärkte.<br />
Die „Staatsschuldenkrise“ ist Folge der Weltfinanzkrise auf der<br />
Grundlage weltwirtschaftlicher Ungleichgewichte, mit einer immer<br />
ungleicheren Verteilung zulasten des Faktors Arbeit und in der<br />
Folge immer gigantischeren Kapitalmassen, die auf unregulierten<br />
Finanzmärkten auf immer riskantere und schädlichere Weise Anlagemöglichkeiten<br />
suchen.<br />
Mit ihrer Umdeutung zur „Staatsschuldenkrise“ versuchen konservative<br />
und neoliberale Kräfte die Krise zu benutzen, um ihr<br />
Programm des schwachen Staates, der Privatisierung, des Sozialabbaus<br />
und der Verschiebung der gesellschaftlichen Machtverhältnisse<br />
zulasten der Gewerkschaften und sozialen Bewegungen europaweit<br />
durchzusetzen. Dies wird derzeit in den „Krisenländern“<br />
als Vorbedingung für die „Rettungsmaßnahmen“ vorexerziert, wird<br />
aber auf dem Weg der wirtschaftlichen Rezession und der Standort-<br />
(=Lohn-)Konkurrenz auch auf Deutschland zurückwirken.<br />
Die Sozialdemokratie muss dieser Politik viel entschiedener als<br />
bisher entgegentreten.<br />
Eu4<br />
Beschäftigungsgarantie für junge<br />
Menschen innerhalb der EU<br />
Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />
vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
Eu5<br />
Für einen grundlegenden Kurswechsel<br />
in der europäischen Politik: Gute Arbeit<br />
und Gerechtigkeit statt Kaputtsparen und<br />
Banken - Transferunion!<br />
Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />
vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
82
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Um den sogenannten Fiskalpakt durchzusetzen - sollte dieser überhaupt<br />
mit dem Grundgesetz vereinbar sein -, braucht die Bundesregierung<br />
eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, und<br />
damit die Zustimmung der Sozialdemokratie.<br />
Wir lehnen den Europäischen Fiskalpakt in seiner gegenwärtigen<br />
Fassung ab. Die strikten Schuldenregeln nehmen den nationalen<br />
Finanzpolitiken die Luft zum Atmen. Sie zwingen die Finanzminister<br />
im Abschwung die Staatsausgaben zu kürzen. Dadurch<br />
schrumpft das Wachstum und die Arbeitslosigkeit steigt. Öffentliche<br />
Zukunftsinvestitionen in Bildung, Gesundheit und Forschung<br />
sind nicht mehr finanzierbar. Der Fiskalpakt baut den Sozialstaat<br />
ab, ohne dass die Verschuldung sinkt. Darüber hinaus wird mit dem<br />
Fiskalpakt das nationale Budgetrecht ausgehebelt. Diesbezüglich<br />
bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel. Demokratie<br />
und parlamentarische Budgethoheit drohen auf nationaler Ebene<br />
ausgehebelt zu werden, ohne dass das Europäische Parlament mehr<br />
Rechte erhält. Solange die Rechte des Europäischen Parlaments<br />
noch immer hinter den Rechten der Französischen Nationalversammlung<br />
von 1789 zurückbleiben, ist das nicht akzeptabel.<br />
Wir unterstützen in diesem Zusammenhang die Haltung der französischen<br />
Sozialisten und den Aufruf deutscher Intellektueller und<br />
GewerkschafterInnen unter dem Motto: „Europa neu begründen!<br />
Den Marsch in den Ruin stoppen! Die Krise durch Solidarität und<br />
Demokratie bewältigen!“ (sh. Anlage).<br />
Wir streiten für ein demokratisches Europa der Vollbeschäftigung<br />
und sozialen Sicherheit. Deswegen brauchen wir einen sofortigen<br />
politischen Kurswechsel in Europa.<br />
1. Die Staatsfinanzierung muss von den Finanzmärkten entkoppelt<br />
werden. Dazu brauchen wir eine Banklizenz für den ESM und<br />
die Einführung gemeinsamer europäischer Staatsanleihen (Eurobonds).<br />
Dies erfordert nicht mehr, sondern weniger Mittel, da<br />
sich derzeit die Banken zum Zentralbanksatz von 1% jene Milliardensummen<br />
leihen, die sie anschließend mit hohen Risikoaufschlägen<br />
und mit europäischen Garantien versehen beispielsweise<br />
in Anleihen für Krisenstaaten anlegen. Die EZB muss in<br />
eine neu konzipierte Stabilitäts- und Wachstumspolitik für die<br />
gesamte Eurozone einbezogen werden. Die skandalöse Umwegfinanzierung<br />
aus den Kassen der EZB über die privaten Banken<br />
mit satten, leistungs- und risikolosen Zinsaufschlägen muss umgehend<br />
beendet werden;<br />
2. Europaweit muss ein Programm für Bildung, Investitionen und<br />
Beschäftigung aufgelegt werden, das groß genug ist, ganz Europa<br />
auf einen Pfad qualitativen Wachstums und ausgeglichener<br />
Leistungsbilanzen mit Vollbeschäftigung und guter Arbeit zu<br />
führen und damit das Kaputtsparen beendet;<br />
3. Ein gerechter Finanzierungsplan für den Abbau der Staatsschulden<br />
und die Gewährleistung des Beschäftigungsprogramms<br />
muss vorgelegt werden, der eine Finanztransaktionssteuer ebenso<br />
vorsieht wie die konsequente Bekämpfung von Kapitalflucht,<br />
Steuerhinterziehung und Steuerdumping. Dazu brauchen wir insbesondere<br />
ausreichend hohe Mindeststeuerquoten für Unternehmens-<br />
und Kapitalerträge und eine gleichmäßige Besteuerung<br />
von großen Vermögen;<br />
4. Soziale Mindeststandards bei Löhnen und sozialen Sicherungssystemen<br />
müssen europaweit ebenso garantiert werden wie die<br />
zentralen Arbeitnehmerrechte, Tarifautonomie und Mitbestimmung.<br />
Diese Forderungen sind deutschland- und europaweit mehrheitsfähig.<br />
Sie sind zeitnah in die Gespräche mit der Bundesregierung<br />
und auf europäischer Ebene einzubringen. Ob sie in ausreichender<br />
Weise berücksichtigt sind, hat für die <strong>SPD</strong> der Parteikonvent oder<br />
ein Bundesparteitag abschließend zu beurteilen. Ohne eine Zustimmung<br />
unserer höchsten Entscheidungsgremien darf es keine parlamentarische<br />
Zustimmung zu diesen tiefgreifenden europäischen<br />
Weichenstellungen geben.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
83
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 6<br />
Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />
Europakonvent für Solidarität und<br />
Demokratie<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert von den europäischen Institutionen unter Mitwirkung<br />
von Bundestag und Bundesregierung die Einrichtung eines<br />
Europakonvents, der:<br />
• Abgeordnete der verschiedenen parlamentarischen Ebenen einschließt<br />
• geschlechterparitätisch zusammengesetzt ist<br />
• die EU-Mitgliedstaaten angemessen repräsentiert<br />
• BürgerInneninitiativen und NGOs sowie Gewerkschaften an der<br />
Meinungsbildung beteiligt<br />
• und der sich mit der Überarbeitung der Europäischen Verträge<br />
mit folgenden Zielen zu befassen hat:<br />
• Festschreibung einer Sozialklausel in den Verträgen, die die europäischen<br />
Institutionen verpflichtet, soziale Gerechtigkeit in<br />
Europa zu verwirklichen<br />
• Herstellung vollständiger demokratischer Legitimität innerhalb<br />
der EU und aller ihrer Einrichtungen<br />
• Schaffung einer handlungsfähigen politischen Union aus allen<br />
derzeitigen Mitgliedstaaten, mit einer klaren Perspektive für in<br />
Beitrittsverhandlungen stehende Staaten, jedoch mit dem Augenmerk<br />
auf der Vertiefung der Integration und nicht der Erweiterung<br />
des Territoriums<br />
• Begründung dieser Union in einer europäischen Wertegemeinschaft,<br />
welche Gerechtigkeit und Solidarität nicht nur unter Staaten,<br />
sondern zwischen allen EU-Bürgerinnen und Bürger einschließt.<br />
Ein solcher Konvent soll in den Verträgen festlegen, dass das Europäische<br />
Parlament und die Europäische Kommission wirksame<br />
Mittel in die Hand bekommen um:<br />
1. die Regierungen der Mitgliedsstaaten dazu zu verpflichten, demokratische<br />
Mindeststandards konsequent zu befolgen, das<br />
heißt:<br />
• die volle Gewaltenteilung zu garantieren<br />
• den politischen Wettbewerb rechtsstaatlich zu ordnen und freie<br />
Wahlen zu garantieren<br />
• den parlamentarischen Prozess zu respektieren und zu schützen<br />
• die Freiheit der Medien gleichfalls zu respektieren und zu<br />
schützen<br />
• die EU-Grundrechtecharta als Grundlage staatlichen Handelns<br />
umzusetzen.<br />
2. Eine gemeinsame europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik auf<br />
der Grundlage von Solidari-tät und gegenseitiger Verantwortung,<br />
unter den Bedingungen von Transparenz und Legitimität zu<br />
schaffen. Die Gleichstellung der Geschlechter zu verwirklichen,<br />
soziale Gerechtigkeit herzustellen, einen europäischen Mindestlohn<br />
einzuführen, europaweite ArbeitnehmerIn-nenrechte zu<br />
schaffen und ökologische Nachhaltigkeit zu garantieren<br />
Ein solcher Konvent soll weiterhin in den Verträgen festlegen,<br />
dass eine wirksame gemeinsame Wirtschaftspolitik entwickelt<br />
wird, in der nicht ein paar Regierungschefs das letzte Wort haben,<br />
sondern demokratisch legitimierte Entscheidungen die<br />
Grundlage stellen, dazu gehört insbesondere, dass in Zukunft in<br />
der Fiskalpolitik das Prinzip der Einstimmigkeit im Ministerrat<br />
aufgegeben wird. Es ist nicht akzeptabel, dass einzelne Staaten<br />
sinnvolle Entscheidungen wie die Einführung einer Finanztransaktionssteuer<br />
oder Eurobonds verhindern können. Dazu gehört<br />
auch, dass die de facto bereits bestehende „Transfer-Union“ in<br />
die Mitentscheidung des Europäischen Parlamentes eingegliedert<br />
wird. dazu gehört zudem, dass das Europäische Parlament<br />
sowie alle nationalen Parlamente an Entscheidungen über „Ret-<br />
Eu6<br />
Europakonvent für Solidarität und<br />
Demokratie<br />
Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />
vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
84
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
tungsschirme“ und andere weitreichende Finanzhilfen für einzelne<br />
EU-Länder – de facto ihre systemrelevanten Banken – beteiligt<br />
werden müssen.<br />
• Maßnahmen der ESZB (z.B. Target 2) sind nach Umfang und<br />
Risiko dringend zu begrenzen: Keinesfalls darf ihnen ein höheres<br />
Gewicht zukommen als den auf parlamentarischem Weg<br />
bewilligten Finanzhilfen.<br />
• Finanzhilfen der europäischen Gemeinschaft und ihrer Einzelstaaten<br />
müssen mit engen Auflagen verbunden bleiben<br />
(Begrenzung von Spitzengehältern in Unternehmen und Institutionen,<br />
welche aus öffentlichen Mitteln unterstützt worden<br />
sind; keine Honorierung oder auch nachträgliche Entlastung<br />
unangemessen spekulativer Geschäfte).<br />
Ein Konvent der eine Zukunftsperspektiven schafft reicht aber keinesfalls<br />
aus. Deshalb fordern wir, dass folgende Schritte so schnell<br />
wie möglich in Angriff genommen werden:<br />
Das im Vertrag von Lissabon enthaltene EU-Bürgerbegehren muss<br />
bekannter und praktikabler gemacht werden – außerdem müssen<br />
weitere Instrumente einer echten gesamteuropäischen politischen<br />
Identität geschaffen und vertraglich verankert werden: Zur Europawahl<br />
antretende Parteien müssen dies mit europapolitischen Programmen<br />
und transnationalen Listen tun.<br />
Bereits zur Europawahl 2014 sind transnationale und geschlechterparitätisch<br />
nach dem „Reißverschlussprinzip“ zusam¬mengesetzte<br />
Listen vorzulegen.<br />
Das mit den Beschlüssen des Bundesparteitags der <strong>SPD</strong> von Dezember<br />
2011 angestrebte „europäische Grundsatzprogramm“ der<br />
PES ist in einem transparenten und gegenderten Verfah-ren zu erarbeiten.<br />
Der „Europakonvent“ der Sozialdemokratie, von dem seit<br />
Ende 2010 die Rede ist, muss ein solches Verfahren garantieren.<br />
Insbesondere wird die <strong>SPD</strong> aufgefordert, Europapolitik konstant<br />
zu thematisieren – und nicht nur unter dem Vorzeichen nationaler<br />
Betroffenheit wie bei „Rettungsschirmen“¬ und Fördergeldern abzuhandeln.<br />
Die Sozialdemokratische Partei Europas (PES) muss sich als europaweite<br />
Partei präsentieren und dementsprechend auch europaweite<br />
politische Diskussionen führen und Entscheidungsprozesse<br />
initiieren.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 7<br />
Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />
Europa-aber demokratisch<br />
Wir fordern eine Änderung der Europäischen Verträge dahingehend,<br />
dass das Europäische Parlament ein grundsätzliches Initiativrecht für<br />
Rechtssetzungsvorhaben innerhalb der Europäischen Union erhält.<br />
Eu7<br />
Europa-aber demokratisch<br />
Annahme<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 8<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Mehr direktdemokratische Elemente in<br />
der EU<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion, der <strong>SPD</strong>-Parteivorstand und die<br />
Fraktion der Sozialdemokraten im Europaparlament werden aufgefordert,<br />
sich für mehr direktdemokratische (plebiszitäre) Elemente<br />
in der Europäischen Union einzusetzen. Ziel muss die Verbesserung<br />
der Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger sein, sich inhaltlich<br />
stärker beteiligen zu können.<br />
Eu8<br />
Mehr direktdemokratische Elemente in<br />
der EU<br />
Annahme in geänderter Fassung der Antragskommission<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion, der <strong>SPD</strong>-Parteivorstand und die Fraktion<br />
der Sozialdemokraten im Europaparlament werden aufgefordert,<br />
sich für eine weitere Stärkung und verbesserte Nutzung direktdemokratischer<br />
(plebiszitärer) Elemente in der Europäischen Union<br />
einzusetzen. Ziel muss die Verbesserung der Möglichkeiten für Bürgerinnen<br />
und Bürger sein, sich inhaltlich stärker beteiligen zu können.<br />
55<br />
60<br />
65<br />
85
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 9<br />
Kreisverband Heilbronn-Land<br />
Kreisverband Heilbronn-Stadt<br />
(Landesverband Baden-Württemberg)<br />
Stärkung der parlamentarischen<br />
Demokratie in einer neuen Architektur<br />
Europas als bürgernahe politische Union<br />
Wir fordern die Einrichtung eines <strong>SPD</strong>-Arbeitskreises EPU (Europäische<br />
Politische Union) auf Landes- und Bundesebene zur Erarbeitung<br />
einer <strong>SPD</strong>-Roadmap Europäische Politische Union.<br />
2012-2013<br />
Beginn einer offenen Diskussion in der <strong>SPD</strong> (offen für alle Bürger)<br />
im Rahmen des „Europeen Year of Citizens“über das „Wie<br />
und Was“ eines zukünftigen Europa mit Verabschiedung einer<br />
<strong>SPD</strong>-Europastrategie mit Abstimmung im Rahmen der SPE.<br />
2014<br />
<strong>SPD</strong>-Veranstaltungen zur Wahl zum Europäischen Parlament auf<br />
der Grundlage der <strong>SPD</strong>/SPE Europastrategie als Gelegenheit einer<br />
Deutschland-/Europaweiten Debatte über Ziel/Weg zur „Politischen<br />
Integration“<br />
2015<br />
Bürgernahe Erarbeitung eines Forderungskatalogs zum Entwurf<br />
eines Vertrages zur EPU<br />
Eu9<br />
Stärkung der parlamentarischen<br />
Demokratie in einer neuen Architektur<br />
Europas als bürgernahe politische Union<br />
Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />
vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 10<br />
Landesverband Berlin<br />
Für eine neue demokratisch legitimierte<br />
Europäische Grundordnung!<br />
Die <strong>SPD</strong> setzt sich dafür ein, dass der Geltende „Vertrag über die<br />
Arbeitsweise der Europäischen Union“ und der Vertrag zur Gründung<br />
der Europäischen Union unter Einbeziehung der Grundrechtscharta<br />
durch einen neuen Grundlagenvertrag zur Gründung einer<br />
„Europäischen Politischen Union“ (EPU) ersetzt wird. Dieser ist<br />
mit größtmöglicher Transparenz durch einen „Konvent zur Zukunft<br />
Europas“ und unter Beteiligung der Zivilgesellschaft zu erarbeiten.<br />
Es werden innerstaatlich die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen,<br />
dass über die Annahme dieses neuen Grundlagenvertrags im<br />
Rahmen eines Volksentscheids entschieden werden kann. Sobald<br />
ein neuer Grundlagenvertrag verhandelt ist, wird über diesen in<br />
Deutschland per Volksentscheid abgestimmt.<br />
Eu10<br />
Für eine neue demokratisch legitimierte<br />
Europäische Grundordnung!<br />
(Überwiesen vom Parteikonvent 16.6.2013, So1)<br />
Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />
vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 11<br />
Unterbezirk Münster (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Europapartei: Mehr als eine Worthülse?<br />
- Eine Wiedervorlage<br />
Die Partei hat sich in den vergangenen Jahren für die Europapolitik<br />
und für die Selbstorganisation zu einer Europapartei viel vorgenommen,<br />
doch bislang ist wenig davon zu spüren. Die Ernsthaftigkeit<br />
der eigenen Beschlusslage ist in Vergessenheit geraten.<br />
Das Hamburger Grundsatzprogramm gab schon 2007 die Richtung<br />
vor: „Europäische Demokratie braucht europäische Öffentlichkeit.<br />
Eu11<br />
Europapartei: Mehr als eine Worthülse?<br />
- Eine Wiedervorlage<br />
Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />
vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
86
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Europäische Medien, zivilgesellschaftliche Organisationen, Sozialpartner,<br />
aber auch starke europäische Parteien sind dafür unabdingbar.<br />
Unser Ziel ist es, die Sozialdemokratische Partei Europas<br />
(SPE) zu einer handlungsfähigen Mitglieder- und Programmpartei<br />
weiterzuentwickeln. Wir setzen uns für die Erarbeitung eines sozialdemokratischen<br />
Grundsatzprogramms für Europa ein und wollen<br />
bei den Wahlen zum Europäischen Parlament mit einem gesamteuropäischen<br />
Spitzenkandidaten antreten.<br />
Einzig die im Leitantrag „Neuer Fortschritt für ein starkes Europa“<br />
vom Bundesparteitag 2011 wiederholte Forderung danach, dass zur<br />
nächsten Europawahl 2014 „ein/e sozialdemokratische/r Spitzenkandidat/in<br />
aller SPE-Mitgliedsparteien für das Amt des/der Kommissionspräsidenten/in<br />
antreten“ müsse, steht kurz vor der Erfüllung.<br />
Dass sich die Partei eventuell auch organisatorisch auf neues<br />
europäisches Terrain bewegt, zeigt sich im Moment leider einzig<br />
in der Tatsache, dass Martin Schulz nach der Erstellung der Bundesliste<br />
für die Europawahl möglicherweise zu eben jenem europäischen<br />
Spitzenkandidaten gewählt werden könnte. Groß bewegen<br />
musste man sich dafür nicht, schließlich ist er der eigene Kandidat.<br />
Die Marke „Europapartei“ steckt sich die <strong>SPD</strong> gerne ans Revers,<br />
muss sie aber erst noch pflegen, auch wenn laut Beschlusslage<br />
„Schwerpunkt unserer Politik auf europäischer Ebene die Stärkung<br />
der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE)“ ist. Man wolle<br />
die Entwicklung der SPE hin zu einer echten Mitgliederpartei als<br />
Kern einer europäischen Öffentlichkeit weiter vorantreiben und die<br />
Möglichkeit für Individualmitgliedschaften schaffen, hieß es im<br />
Leitantrag 2011 weiter. Noch einmal wurden die bereits 2007 gesteckten<br />
Ziele aufgezählt: „Zugleich müssen europäische Parteien<br />
so weiterentwickelt werden, dass sie europaweit kampagnen- und<br />
politikfähig werden. Nur so können Parteien einen Beitrag zur Herausbildung<br />
einer europäischen Öffentlichkeit leisten.“<br />
Weiter stellte man heraus, dass die von der <strong>SPD</strong> initiierte Erarbeitung<br />
eines Grundsatzprogramms der europäischen Sozialdemokratie<br />
weiter vorangetrieben werden wird und das neu geschaffene Instrument<br />
der Europäischen Bürgerinitiative „mit unseren Schwesterparteien,<br />
der SPE und Nichtregierungsorganisationen aktiv“<br />
genutzt werden solle, um die direkte Demokratie auf europäischer<br />
Ebene erlebbar zu machen. Nur leider ist das SPE-Grundsatzprogramm<br />
in der Öffentlichkeit und in der Partei kaum ein Thema und<br />
die Europäische BürgerInneninitiative fristet seit ihrer Einrichtung<br />
ein Nischendasein. Wohl kennen 26 Prozent der Bürgerinnen und<br />
Bürger der Europäischen Union die ECI, aber noch nicht einmal<br />
5 Prozent wissen, wie sie funktioniert. Die <strong>SPD</strong> hat bisher einen<br />
einzigen Versuch unternommen, das Instrument in den öffentlichen<br />
Fokus zu bringen, als sie gemeinsam mit der österreichischen SPÖ<br />
ein Referendum über die Finanztransaktionssteuer anstieß. Das war<br />
vor 2011, also noch vor dem Bundesparteitagsbeschluss, und ist<br />
anschließend im Gipfelmarathon versickert.<br />
Auf dem gleichen Bundesparteitag von 2011 überwies man einen<br />
Antrag der Jusos, der bereits 2010 mit dem Titel „Mehr europäische<br />
Sozialdemokratie wagen“ dem Bundeskongress vorgelegt<br />
wurde. Gelandet ist der Antrag beim Europabeauftragten des Parteivorstandes.<br />
Es wurde betont, dass die automatische Mitgliedschaft<br />
in der SPE für jedes Mitglied der nationalen SPE-Parteien<br />
sichtbarer gemacht werden müsse. Da es ähnlich zu sehen sei, wie<br />
der gleichzeitige Erwerb der Mitgliedschaft im Bundesverband und<br />
im Ortsverein der Partei und jeweilig politische Mitwirkungsmöglichkeiten<br />
damit verbunden seien, müssten die „Beteiligungsmöglichkeiten<br />
für Mitglieder der nationalen Parteien auf europäischer<br />
Ebene [...] noch weiter gestärkt werden.“<br />
Will man sich aber im Internet über das Wahlverfahren der Delegierten<br />
zum SPE-Kongress informieren ist man schnell am Ende<br />
der Suche – ohne klares Ergebnis. Auch die Kandidatinnen und<br />
Kandidaten für die Liste der <strong>SPD</strong> zur Europawahl werden irgendwo<br />
zwischen Regionalverbund und Bundesebene ausgehandelt.<br />
<strong>SPD</strong>-Mitglieder können sich allenfalls als SPE-AktivistInnen eintragen<br />
lassen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
87
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Dass es immer mehr Europa-Arbeitskreise gibt und es im Parteivorstand<br />
eine/n Europabeauftragte/n gibt, ist ein langsam fortschreitender,<br />
aber zu begrüßender Prozess. Die <strong>SPD</strong> ist aus ihrer<br />
Selbstorganisation in diesem Sinne nicht schon immer „europäisch“<br />
gewesen. Und deshalb darf die Selbstbetrachtung als „Europapartei“<br />
keinesfalls selbstzufrieden sein. Die <strong>SPD</strong> muss sich fortentwickeln<br />
und ihre eigenen Beschlüsse umsetzen:<br />
Bestehende Regularien sind intransparent und nicht geeignet, wenigstens<br />
die eigene Parteibasis so recht zum Europawahlkampf zu<br />
motivieren. „Es muss sichergestellt werden, dass den europapolitisch<br />
Interessierten eine entscheidungsrelevante Beteiligung über<br />
die Strukturen der jeweiligen Mitgliedspartei (leichter Zugang zu<br />
lokaler Ebene) möglich gemacht werden“, hieß es dazu 2011. Erfüllen<br />
alle Ebenen dann diese Aufgabe, so ist es die logische Konsequenz,<br />
„einen Anteil der Mitgliedsbeiträge an die SPE abzuführen,<br />
um diese zu stärken und ihre eigenständige Kampagnenfähigkeit<br />
so zu verbessern.“<br />
Die Kampagnenfähigkeit steht vor allem vor dem Hintergrund des<br />
Wahldebakels von 2009, als europaweit und ganz besonders in<br />
Deutschland die Ergebnisse für sozialdemokratische und sozialistische<br />
Parteien einbrachen. Die Negativkampagne der <strong>SPD</strong> unterschied<br />
sich damals nur in wenigen Punkten von denen von CDU<br />
und FDP, die wahlweise mit einem schwarz-rot-golden hinterlegten<br />
„Wir in Europa“ den Akzent darauf legten, deutsche Interessen auf<br />
europäischer Ebene vertreten zu wollen, oder die Wahl zu einer nationalen<br />
Wahl erklärten, indem sie „Stark für Deutschland in Europa“<br />
zu ihrem Leitspruch erhoben. Deshalb muss die Ausrichtung<br />
der Wahlkampagne auf nationale Themen und die Orientierung am<br />
Zeitplan einer Bundestagswahl ein Ende haben. Eine Partei, die für<br />
sich in Anspruch nimmt, eine europäische Partei zu sein, muss das<br />
auch zum Ausdruck bringen können. Damit zollt man der Europawahl<br />
die Aufmerksamkeit, die ihr gebührt.<br />
Die SPE bereitet im Moment genau die Elemente für einen gemeinsamen<br />
europäischen Wahlkampf vor und hat beschlossen, dass<br />
auch die Mitgliedsparteien modernisiert werden sollen. Darunter<br />
fallen neben allgemeinen Zielen wie einer wiedererstarkenden<br />
Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, eben auch Punkte wie<br />
innerparteiliche Demokratie in Bezug auf die Wahl von Führungspersönlichkeiten<br />
sowie von Kandidatinnen und Kandidaten.<br />
Zur Strategie der SPE gehört daneben, die nationale Parteiebene<br />
enger mit der Europaebene zu verknüpfen. Dazu gehören länderübergreifende<br />
Kampagnen und Plattformen. Noch vor der Nominierung<br />
eines europäischen Spitzenkandidaten 2014 will die SPE<br />
damit beginnen ein gemeinsames Manifest zu entwickeln und eine<br />
gemeinsame europäische Kampagnenstrategie aufzustellen. Es ist<br />
eine der wichtigsten Aufgaben der <strong>SPD</strong>, sich dort stark einzubringen<br />
und in den eigenen Wahlkampf auch ernsthaft zu übertragen.<br />
Findet man gemeinsame europapolitische Themen, ist „die Voraussetzung<br />
dafür [geschaffen], dass den Europawahlen endlich der<br />
Charakter einer nationalen Nebenwahl genommen wird.“<br />
Dazu gehört einerseits eine bessere Vernetzung, ein engerer Austausch<br />
mit den Europabgeordneten, die im Parteialltag kaum Platz<br />
einnehmen. Dies hängt nicht zuletzt mit den vorgenannten Wahlverfahren<br />
zusammen. Weder für die Bürgerinnen und Bürger, noch<br />
für unsere Mitglieder ist das vielversprechend. Eine Identifikation<br />
wird unnötig erschwert, wo doch schon das Europawahlrecht<br />
schlechte Rahmenbedingungen liefert: Eine Wahl, die innerhalb<br />
der Europäischen Union auf mehrere Tage verteilt ist, mit Wahllisten<br />
die ihren länderübergreifenden Anspruch noch immer nicht<br />
erfüllen. Um die Identifikation mit den Abgeordneten vor Ort und<br />
zugleich den europäischen Gedanken der Wahl zu stärken, scheint<br />
eine Diskussion über eine Reform des Wahlverfahrens zum Europäischen<br />
Parlament notwendig. Eine Reform, bei der eine gute<br />
Balance zwischen Elementen einer Direktwahl in Wahlkreisen und<br />
einer länderübergreifenden Listenwahl zu finden ist.<br />
Andererseits braucht es auch eine bessere Verständlichkeit des<br />
Wahlprogramms zur Europawahl. 2009 hatte die <strong>SPD</strong> die zweifelhafte<br />
Ehre in den Medien für das unverständlichste Wahlprogramm<br />
88
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
gerügt zu werden. Das sollte angegangen werden, indem man beispielsweise<br />
Fachbegriffe und Wortkreationen eindämmt, in Klammern<br />
erklärt oder Info-Boxen einführt, damit sie sinnig sind und<br />
sich von den LeserInnen erschließen lassen und so nicht den Anschein<br />
von rein symbolischen Begrifflichkeiten machen. Die regelmäßige<br />
Einteilung der Verständlichkeit von Wahlprogrammen der<br />
Universität Hohenheim wird anhand eines Punktespektrums vorgenommen.<br />
Dass die Artikel aus dem Politikteil der Bild-Zeitung<br />
dabei als Positivvergleich genommen werden, kann aus unserer<br />
Sicht zwar nicht als Leitlinie für bestens verständliche Texte gelten.<br />
Einen Sinn verkürzen heißt nicht gleich, dass etwas verständlicher<br />
gemacht würde, denn man muss das Niveau nicht senken, um verständlicher<br />
zu machen, was man sagen will. Nichtsdestotrotz ist die<br />
Einstufung als Anzeichen dafür zu werten, dass Sätze wie die folgenden<br />
aus dem Wahlprogramm überarbeitet werden sollten:<br />
„Der unter deutscher Regie eingeführte Makroökonomische Dialog<br />
(MED) zwischen den EU-Finanzministern, der Europäischen<br />
Zentralbank und den Sozialpartnern ist zu stärken und insbesondere<br />
für die Eurozone weiterzuentwickeln. [...] Wir wollen den Internationalen<br />
Währungsfonds (IWF) demokratisch reformieren und<br />
zur zentralen Kontroll- und Koordinationsinstanz für die internationale<br />
Finanzwirtschaft ausbauen. Seine Zusammenarbeit mit dem<br />
Forum für Finanzstabilität (FSF) ist weiter zu verbessern. Gemeinsam<br />
sollen beide Institutionen ein Frühwarnsystem und politische<br />
Handlungsempfehlungen für stabile Finanzmärkte entwickeln.“<br />
Das muss gemeinsam mit dem Schritt zu einem europäischen Programm<br />
unbedingt angegangen werden.<br />
Wenn 2014 die Europawahl anläuft, sind ganze sieben Jahre seit<br />
dem Grundsatzprogramm von Hamburg, fünf Jahre seit der letzten<br />
Europawahl und drei Jahre seit Beschluss des Leitantrages „Neuer<br />
Fortschritt für ein starkes Europa“ vergangen. Genug gewartet. Die<br />
beschworene Europapartei darf auch in ihrer Selbstorganisation<br />
keine Worthülse bleiben!<br />
• Die Europa-Beschlusslage mit Leben füllen<br />
• Die SPE-Grundsatzprogrammdebatte vorantreiben<br />
• Die Wahl der <strong>SPD</strong>-EuropakandidatInnen demokratisieren<br />
• Eine wirklich europäische Wahlkampagne fahren<br />
• Europa in das Parteileben holen<br />
• Europa-Programm verständlicher machen<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 12<br />
Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />
Gleichstellung als zentrale<br />
Querschnittsaufgabe im<br />
Europawahlprogramm verankern<br />
Nur mit einer in sich konsistenten und alle Bereiche umfassenden,<br />
aktiven Frauen- und Gleichstellungspolitik gibt es soziale Gerechtigkeit.<br />
In Europa ist die Sozialdemokratie seit jeher die führende<br />
politische Kraft, wenn es um die Verbesserung der Chancengleichheit<br />
und die Gleichberechtigung von Frauen und Männern geht.<br />
Dank europäischer Richtlinien, Verordnungen und Rechtsprechung<br />
wurde auf der nationalen Ebene die Gleichstellung von Frauen und<br />
Männer vorangebracht.<br />
Um den Fortschritt auf diesem Gebiet weiter zu beschleunigen und<br />
die volle politische, wirtschaftliche und soziale Gleichstellung von<br />
Frauen zu erreichen, brauchen wir moderne Gleichstellungsstrategien<br />
mit konkreten Durchsetzungsmechanismen, die den gesamten<br />
Lebenslauf von Frauen und Männern berücksichtigen.<br />
Eu12<br />
Gleichstellung als zentrale<br />
Querschnittsaufgabe im<br />
Europawahlprogramm verankern<br />
Empfehlung zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag<br />
vom 14.-16. November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
89
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Mit Blick auf die Erarbeitung und spätere Umsetzung des <strong>SPD</strong>/<br />
SPE-Wahlprogramms für die Europawahl 2014 fordern wir daher,<br />
dass<br />
• Frauen – und Gleichstellungspolitik im Europawahlprogramm<br />
der <strong>SPD</strong> als zentrale Querschnittsaufgabe verstanden und in allen<br />
Kapiteln entsprechend berücksichtigt wird<br />
• das Wahlprogramm klare, verbindliche und überprüfbare Zielvorgaben<br />
zum Erreichen tatsächlicher Gleichstellung sowie<br />
Maßnahmen zur konkreten Durchsetzung und ggf. Sanktionierung<br />
bei Nichteinhaltung enthält<br />
• die Sozialdemokratie mit einem modernen, an Partnerschaftlichkeit<br />
orientierten Leitbild auch weiterhin in Europa eine Vorreiterrolle<br />
im Bereich der Frauen- und Gleichstellungspolitik einnimmt<br />
und dafür Sorge trägt, dass gute Beispiele aus einzelnen<br />
Mitgliedsstaaten europaweit eingeführt und damit die gleichstellungspolitischen<br />
Standards auf hohem Niveau in der gesamten<br />
EU angeglichen werden<br />
• das Europawahlprogramm auch auf eine Intensivierung der<br />
gleichstellungspolitischen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten<br />
und die verstärkte Koordinierung im Bereich der<br />
Frauenpolitik setzt<br />
• alle Aussagen und Forderungen des Wahlprogramms vor dem<br />
Hintergrund des im Amsterdamer Vertrag verankerten Prinzips<br />
des Gender-Mainstreamings und –Budgetings gemacht werden<br />
• die Redaktionsgruppe zur Formulierung des Entwurfes für ein<br />
Europawahlprogramm paritätisch mit Frauen und Männern besetzt<br />
sein wird<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich Eu<br />
Antrag 13<br />
Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />
Europäische Förderprogramme<br />
Die sozialdemokratischen Abgeordneten im europäischen Parlament<br />
werden aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass Förderprogramme<br />
aus EU-Mitteln<br />
• bei Erstellung und Vergabe strikt dem Prinzip des „Gender Budgeting“<br />
unterliegen, also Geschlechtergerechtigkeit schon im<br />
Ansatz nachweisen müssen<br />
• stets proaktiv für Gleichstellung wirken – also den Anteil des<br />
bislang im geförderten Bereich unterrepräsentierten Geschlechts<br />
wirksam erhöhen. Förderprogramme, welche bestehende Geschlechterungleichheiten<br />
in Wirtschaft und Politik, Gesundheit<br />
und Sozialwesen, Wissenschaft und Kultur unverändert lassen<br />
oder sogar verfestigen, sind umgehend im Sinne von mehr Geschlechtergerechtigkeit<br />
zu reformieren oder einzustellen.<br />
Eu13<br />
Europäische Förderprogramme<br />
Annahme<br />
55<br />
60<br />
65<br />
90
Familien-, Frauen- und<br />
Gleichstellungspolitik,<br />
Generations- und Seniorenpolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 1<br />
Landesverband Berlin<br />
Unterhaltsvorschussgesetz<br />
Das Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender<br />
Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfalleistungen<br />
(Unterhaltsvorschussgesetz) wird dahingehend geändert,<br />
dass die maximale Bezugsdauer von heute 72 Monaten bis zum 12.<br />
Lebensjahr auf zunächst 96 Monate bis zum 18. Lebensjahr ausgedehnt<br />
wird. Die weitere Ausdehnung bis zum Ende der Ausbildung<br />
der Kinder wird angestrebt.<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 2<br />
Kreisverband Rhein-Neckar (Landesverband Baden-Württemberg)<br />
Ausgrenzung und Diskriminierung<br />
stoppen- Kindergeld reformieren<br />
Die Bundesregierung wird hiermit aufgefordert umgehend einen<br />
Gesetzesentwurf zur Reformierung des Bundeskindergeldgesetzes<br />
und des Einkommenssteuergesetzes vorzulegen, der unbedingt folgende<br />
drei Punkte enthält: Erwachsene Jugendliche sollen, wenn<br />
sie nicht mehr im elterlichen Haushalt leben, selbst das Kindergeld<br />
erhalten und auch die damit verbundene Korrespondenz mit der<br />
Familienkasse eigenständig verantworten. Die bisher erforderliche<br />
Zustimmung der Eltern entfällt ersatzlos.<br />
Dies beendet die bisherige Diskriminierung von jungen Erwachsenen,<br />
die bisher bei allen Kindergeldangelegenheiten auf die Zustimmung<br />
ihrer Eltern angewiesen sind.<br />
1. Ab dem 25. Lebensjahr wird im Falle eines weiteren Kindergeldbezugs<br />
das Kindergeld umbenannt. (z.B. in „Förderleistung“)<br />
Dies beendet die bisherige Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen,<br />
die ein Leben lang Anspruch auf Kindergeld haben,<br />
aber keine „Kinder“ mehr sind.<br />
2. Die in der Großen Koalition umgesetzte Herabsetzung der Kindergeldbezugsgrenze<br />
von 27 auf 25 Jahre wird rückgängig gemacht.<br />
Dies wird der Lebenswirklichkeit heutiger Jugendlicher gerecht,<br />
da die Ausbildungswege immer länger werden und ermöglicht<br />
gerade finanzschwachen Studierenden auch nach dem 25. Lebensjahr<br />
die Fortsetzung ihres Studiums.<br />
Die baden-württembergische Landesregierung wird zusätzlich<br />
aufgefordert einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Bundesrat<br />
vor 2013 zu bringen, da von einer Untätigkeit der Bundesregierung<br />
auszugehen ist.<br />
F1<br />
Unterhaltsvorschussgesetz<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand und an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
F2<br />
Ausgrenzung und Diskriminierung<br />
stoppen- Kindergeld reformieren<br />
Absatz 2 und 3: Ablehnung<br />
Punkt 1: Annahme<br />
Punkt 2: Ablehnung<br />
55<br />
60<br />
65<br />
92
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 3<br />
Landesverband Baden-Württemberg<br />
Ausgrenzung und Diskriminierung<br />
stoppen - Kindergeld reformieren<br />
Die Bundesregierung wird hiermit aufgefordert umgehend einen<br />
Gesetzesentwurf zur Reformierung des Bundeskindergeldgesetzes<br />
und des Einkommenssteuergesetzes vorzulegen, der unbedingt folgende<br />
drei Punkte enthält:<br />
Erwachsene Jugendliche sollen, wenn sie nicht mehr im elterlichen<br />
Haushalt leben, selbst das Kindergeld erhalten und auch die damit<br />
verbundene Korrespondenz mit der Familienkasse eigenständig<br />
verantworten. Die bisher erforderliche Zustimmung der Eltern entfällt<br />
ersatzlos.<br />
Dies beendet die bisherige Diskriminierung von jungen Erwachsenen,<br />
die bisher bei allen Kindergeldangelegenheiten auf die Zustimmung<br />
ihrer Eltern angewiesen sind.<br />
F3<br />
Ausgrenzung und Diskriminierung<br />
stoppen - Kindergeld reformieren<br />
Ablehnung<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 4<br />
Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />
Änderung des §2 Abs. 1 & §2b<br />
Abs. 1 BEEG zur Angleichung des<br />
Bemessungszeitraums<br />
Eine entsprechende Änderung des BEEG ist für die Bezieher von<br />
besonderer Bedeutung, die das Elterngeld zu einem deutlich späterem<br />
Zeitraum nach der Geburt des Kindes in Anspruch nehmen<br />
möchten. Entsprechend muss die Höhe des Elterngelds einen tatsächlichen<br />
Bezug zur aktuellen Gehaltsrealität haben.<br />
Stand jetzt:<br />
§2 (1)„Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens<br />
aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt.“<br />
§2b (1) „Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger<br />
Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die<br />
zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich.“<br />
Stand gem. Antrag:<br />
§2 (1) „Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens<br />
aus Erwerbstätigkeit zum Zeitpunkt der Antragsstellung gewährt.“<br />
§2b (1) „Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger<br />
Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die<br />
zwölf Kalendermonate vor Antragsstellung maßgeblich.“<br />
F4<br />
Änderung des §2 Abs. 1 & §2b<br />
Abs. 1 BEEG zur Angleichung des<br />
Bemessungszeitraums<br />
Ablehnung<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 5<br />
Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />
Schutz von Frauen vor Gewalt<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen,<br />
• einen Gesamtstraftatbestand „häusliche Gewalt“ einzuführen, in<br />
dem sich die Komplexität der Tathandlungen abbildet und die<br />
Erfahrungen mit den bisherigen Maßnahmen (z.B. Wegweisung)<br />
beachtetet werden;<br />
F5<br />
Schutz von Frauen vor Gewalt<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
55<br />
60<br />
65<br />
93
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
• ein umfassendes staatliches Handlungskonzept zum Schutz von<br />
Mädchen und Frauen – vor allem auch von Mädchen und Frauen<br />
mit Behinderungen – vor sexualisierter Gewalt vorzulegen und<br />
für dessen konsequente Umsetzung zu sorgen;<br />
• die polizeiliche oder zivilgerichtliche Wegweisung so auszugestalten,<br />
dass sie den Tatbestand eines Härtefalls nach § 31 Abs. 2<br />
AufenthG (Aufenthaltsgesetz) erfüllt;<br />
• die Umsetzung wenigstens durch Einführung einer Regelung in<br />
der Durchführungsverordnung zum Aufenthaltsgesetz, besser<br />
aber durch Einführung eines Regelbeispiels ins Gesetz durchzuführen;<br />
• sicherzustellen, dass ein koordiniertes und qualitativ abgestimmtes<br />
Vorgehen zur Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes unter<br />
Beteiligung aller relevanten Institutionen und Einrichtungen vor<br />
Ort sowie eine Finanzierung der dazu notwendigen Ressourcen<br />
gewährleistet sind;<br />
• für Sensibilisierung und Schulung aller relevanter Berufsgruppen<br />
(medizinisch-therapeutisches Personal, Polizei, Staatsanwaltschaft,<br />
Richter/innen, Lehrpersonal etc.) zur Lebenssituation<br />
behinderter Mädchen und Frauen sowie für die Schulung von<br />
Mitarbeiter/innen in Behinderteneinrichtungen zum Umgang mit<br />
(sexualisierter) Gewalt zu sorgen (CEDAW-Alternativbericht, S.<br />
41)<br />
Die Schwerpunktverschiebung der Bundesregierung von Frauenpolitik<br />
hin zu Familienpolitik lässt die Bedrohung für gewaltbetroffene<br />
Frauen – für die der gefährlichste Ort nicht selten die Familie<br />
ist – außer Blick geraten. Dies gilt vor allem dann, wenn bestehende<br />
dringend notwendige Unterstützungsangebote wie Frauenhäuser,<br />
ambulante Beratung und spezialisierte Fachberatungsstellen<br />
keine nachhaltige Finanzierung erhalten und allzu oft von Kürzungen<br />
oder Schließung bedroht sind.(CEDAW-Alternativbericht,<br />
S. 41) Außerdem kann Gewalt gegenüber Frauen in Einrichtungen<br />
(Behinderteneinrichtungen, Psychiatrien etc.) und in der Pflege<br />
übersehen werden.<br />
Die von der Bundesregierung eingesetzten Maßnahmen und Vorhaben<br />
wie die Aktionspläne I und II zur Bekämpfung von Gewalt<br />
gegen Frauen sind zu begrüßen, sie müssen aber auch umfassend<br />
und zeitnah umgesetzt werden. Notwendig wäre außerdem eine<br />
konsequente Evaluierung der einzelnen Maßnahmen.<br />
Im 6. Staatenbericht wird unter 5.5 eine positive Bilanz zur Einführung<br />
des Gewaltschutzgesetzes gezogen. Die Formel „Wer schlägt,<br />
der geht“ stimmt mit der Umsetzungspraxis jedoch häufig nicht<br />
überein (6. Staatenbericht, ebd.). Die Autorinnen des Alternativberichts<br />
zum 6. Staatenbericht sehen Hürden für die gewaltbetroffenen<br />
Frauen sowohl im materiellen als auch im Verfahrensrecht,<br />
weshalb viele Frauen entmutigt auf ihre Rechte verzichten. Die Anforderungen<br />
an die Verfahrensführung sind hoch aufgrund der verschiedenen<br />
„Stationen“ (polizeiliche Wegweisung, zivilrechtliches<br />
Erkenntnisverfahren, Zustellung der Beschlüsse, Vollstreckung bei<br />
Verstößen, Strafverfahren). Die Frauen kommen also in vielen Fällen<br />
nicht ohne Weiteres „schnell und einfach zu ihrem Recht“ (6.<br />
Staatenbericht, Kap. 5.9 „Verfahrensrecht“). Diese Gegebenheiten<br />
werden durch ein Motivbündel wie fehlendes Vertrauen in die Justiz,<br />
Ambivalenz und Furcht vor weiterer Gewalt begleitet. Hinzu<br />
kommt ein erheblicher Anteil der Frauen, denen Informationen<br />
über ihre Rechte und Unterstützungsmöglichkeiten fehlen.<br />
Außerdem fehlt eine Beweiserleichterung in Form des sogenannten<br />
prima-facies-Beweises, d.h. bei einem bestimmten Sachvortrag<br />
wird zunächst von dessen Wahrheitsgehalt ausgegangen.<br />
Stattdessen muss nach den Beweislastregeln des Zivilprozessrechts<br />
der Antrag abgewiesen werden, wenn sich Aussage gegen Aussage<br />
gegenüberstehen. Da diese Konstellation bei Gewalt, die sich<br />
hinter verschlossenen Türen abspielt, häufig gegeben ist, bedarf es<br />
hier einer Korrektur. Oft gelingt es den betroffenen Frauen zudem<br />
nicht, Beweismittel beizubringen, bzw. deren Qualität reicht nicht<br />
aus (z.B. ärztliche Atteste), oder sie setzen sich einem hohen Kostenrisiko<br />
aus. Die Beiziehung von Polizeiprotokollen durch die Zivilgerichte<br />
erfolgt oft nicht oder wird mit dem Hinweis auf laufen-<br />
94
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
de Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft nicht genehmigt. Zu<br />
prüfen wäre, ob eine Informationspflicht des Zivilgerichts bei der<br />
Polizei oder Staatsanwaltschaft analog der Anhörung des Jugendamts<br />
möglich wäre. Der gesetzgeberische Aktionsradius erfasst<br />
diese Kritikpunkte nicht.<br />
Der im Staatenbericht hervorgehobene Schutz vor Stalking zeigt<br />
auf, wie viele verschiedene Delikte bei häuslicher Gewalt und<br />
Stalking verwirklicht werden können. (6. Staatenbericht, Kap. 5.8)<br />
Diese Dichte und Komplexität würde sich in der Einführung eines<br />
Gesamtstraftatbestandes „häusliche Gewalt“ besser abbilden und<br />
in der Strafverfolgung zu einer anderen Handhabung führen. (CE-<br />
DAW-Alternativbericht, S. 42)“<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 6<br />
Landesverband Bayern<br />
Frauen und Mädchen mit<br />
Behinderungen vor Missbrauch schützen<br />
Bundestagsfraktion setzt sich für eine breit angelegte Kampagne<br />
des zuständigen Ministeriums für die Rechte von Frauen mit Behinderungen,<br />
insbesondere für Aufklärung und Hilfe bei sexuellem<br />
Missbrauch ein. Ferner muss für Frauen und Mädchen mit Behinderung<br />
Wahlfreiheit bestehen, ob sie von weiblichen oder männlichen<br />
Pflegenden betreut werden wollen.<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 7<br />
Landesverband Berlin<br />
Gewalt gegen Frauen<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen,<br />
• einen Gesamtstraftatbestand „häusliche Gewalt“ einzuführen, in<br />
dem sich die Komplexität der Tathandlungen abbildet und die<br />
Erfahrungen mit den bisherigen Maßnahmen (z.B. Wegweisung)<br />
beachtetet werden;<br />
• ein umfassendes staatliches Handlungskonzept zum Schutz von<br />
Mädchen und Frauen – vor allem auch von Mädchen und Frauen<br />
mit Behinderungen – vor sexualisierter Gewalt vorzulegen und<br />
für dessen konsequente Umsetzung zu sorgen;<br />
• die polizeiliche oder zivilgerichtliche Wegweisung so auszugestalten,<br />
dass sie den Tatbestand eines Härtefalls nach § 31 Abs. 2<br />
AufenthG (Aufenthaltsgesetz) erfüllt;<br />
• die Umsetzung wenigstens durch Einführung einer Regelung in<br />
der Durchführungsverordnung zum Aufenthaltsgesetz, besser<br />
aber durch Einführung eines Regelbeispiels ins Gesetz durchzuführen;<br />
• sicherzustellen, dass ein koordiniertes und qualitativ abgestimmtes<br />
Vorgehen zur Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes unter<br />
Beteiligung aller relevanten Institutionen und Einrichtungen vor<br />
Ort sowie eine Finanzierung der dazu notwendigen Ressourcen<br />
gewährleistet sind;<br />
• für Sensibilisierung und Schulung aller relevanter Berufsgruppen<br />
(medizinisch-therapeutisches Personal, Polizei, Staatsanwaltschaft,<br />
Richter/innen, Lehrpersonal etc.) zur Lebenssituation<br />
behinderter Mädchen und Frauen sowie für die Schulung von<br />
Mitarbeiter/innen in Behinderteneinrichtungen zum Umgang mit<br />
(sexualisierter) Gewalt zu sorgen.<br />
F6<br />
Frauen und Mädchen mit<br />
Behinderungen vor Missbrauch schützen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
F7<br />
Gewalt gegen Frauen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
95
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 8<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Gleichstellungsgesetz für die<br />
Privatwirtschaft<br />
Ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft ist erforderlich.<br />
Folgende Punkte sollte dieses Gesetz berücksichtigen:<br />
• eine Zielvereinbarungen zur Erhöhung der Frauenanteile in Bereichen,<br />
in denen Frauen unterrepräsentiert sind<br />
• die Aufnahme des Gender-Mainstreaming-Prinzips, d.h. die<br />
grundsätzliche Einbeziehung geschlechtsspezifischer Belange<br />
in alle Bereiche, als durchgängiges Leitprinzip im Unternehmen<br />
• Vorschläge zur betrieblichen Umsetzung des Lohngleichheitsgebotes<br />
• konkrete betriebliche Maßnahmen zum Schutz vor sexueller Belästigung<br />
am Arbeitsplatz.<br />
Über diesen Komplex hinaus sollen die Unternehmen weitere Maßnahmen<br />
- je nach Größe in der Anzahl unterschiedlich - zu den<br />
Bereichen „Gleichstellung von Frauen und Männern“ und „Vereinbarkeit<br />
von Familie und Erwerbstätigkeit“ einleiten und in die<br />
Vereinbarung aufnehmen. Durch die Auswahlmöglichkeiten soll<br />
sichergestellt werden, dass gerade auch kleinere und mittlere Betriebe<br />
unternehmens- und branchenspezifische Maßnahmen vereinbaren<br />
können.<br />
F8<br />
Gleichstellungsgesetz für die<br />
Privatwirtschaft<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
30<br />
35<br />
40<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 9<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Aufwertung frauentypischer Berufe<br />
Das Ansehen der Berufe, die zu den so genannten Frauenberufen<br />
zählen, muss eine gesellschaftliche und finanzielle Aufwertung erfahren.<br />
Auch über weitere Dualisierungen von Ausbildungsberufen<br />
statt schulischer Ausbildungssysteme sollte nachgedacht werden.<br />
F9<br />
Aufwertung frauentypischer Berufe<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 10<br />
Landesverband Sachsen-Anhalt<br />
Erhöhung des Frauenanteils und<br />
gesetzliche Mindestquote für die<br />
Aufsichtsräte und Vorstände<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion möge sich dafür einsetzen, dass der<br />
Deutsche Bundestag der Aufforderung in Artikel 3 Abs. 2 des<br />
Grundgesetzes nachkommt und ein Gesetz beschließt, das – gegebenenfalls<br />
durch paritätische Nachbesetzung – eine nachhaltige<br />
Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten und Vorständen bewirkt,<br />
und insbesondere eine nach einer angemessenen und absehbaren<br />
Übergangsfrist zu erreichende gesetzliche Mindestquote für<br />
die Aufsichtsräte und Vorstände aller Unternehmen mit mehr als<br />
500 Mitarbeiter_innen vorsieht. Dabei gelte aber, dass jede Quote<br />
letztlich immer auf ihre Abschaffung hin arbeitet.<br />
F10<br />
Erhöhung des Frauenanteils und<br />
gesetzliche Mindestquote für die<br />
Aufsichtsräte und Vorstände<br />
Erledigt durch den Gesetzentwurf der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion zur<br />
„Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen in Wir<br />
tschaftsunternehmen(ChGlFöG)“ - Drucksache 17/8878<br />
65<br />
96
Anträge<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 11<br />
Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />
LSBTI-Rechte als unveräußerliche<br />
Menschenrechte<br />
Wir erkennen Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, transund<br />
intergeschlechtlichen Menschen als unveräußerliche Menschenrechte<br />
an und werden sie weltweit vertreten.<br />
F11<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
LSBTI-Rechte als universelle<br />
Menschenrechte<br />
Annahme in geänderter Fassung:<br />
Die <strong>SPD</strong> setzt sich weltweit für die Rechte von Lesben, Schwulen,<br />
Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen ein. Für<br />
uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind die Freiheit<br />
der sexuellen Orientierung, die geschlechtliche Selbstbestimmung<br />
und der Schutz vor Diskriminierung universelle Menschenrechte.<br />
(Überwiesen vom a.o. BPT 14.April 2013, III.A25)<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 12<br />
Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />
Neufassung der Rechte trans- und<br />
intergeschlechtlichen Menschen!<br />
Wir werden die Rechte von trans- und intergeschlechtlichen Menschen<br />
stärken und die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
durch Implementierung in das Personenstandsgesetz und die<br />
Sozialgesetzbücher nachhaltig gestalten.<br />
F12<br />
Neufassung der Rechte trans- und<br />
intergeschlechtlichen Menschen!<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
(Überwiesen vom a.o. BPT 14.April 2013, III.A26)<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 13<br />
Landesverband Berlin<br />
Adoptionsrecht<br />
Eingetragene Lebensgemeinschaften werden im Adoptionsrecht<br />
Ehepaaren gleich gestellt.<br />
F13<br />
Adoptionsrecht<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
35<br />
40<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 14<br />
Landesverband Berlin<br />
Anonymisierte Bewerbungsverfahren:<br />
Eigene Forderungen konsequent<br />
umsetzen!<br />
Seit mehreren Jahren fordern wir anonymisierte Bewerbungsverfahren<br />
sowohl für den Öffentlichen Dienst, als auch für die Privatwirtschaft.<br />
Das Pilotprojekt „Anonymisierte Bewerbungsverfahren“<br />
der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist mittlerweile<br />
abgeschlossen und hat klar aufgezeigt, dass Diskriminierungsfaktoren,<br />
die bei üblichen Bewerbungsverfahren greifen und zu Selektion<br />
führen, durch die Anonymisierung zwar nicht vollständig<br />
aufgehoben, aber in großem Maße abgefedert werden können.<br />
Was wir politisch seit Jahren fordern wird bislang noch nicht mal in<br />
der eigenen Partei umgesetzt. Wir fordern die <strong>SPD</strong> auf allen Ebenen<br />
dazu auf, selbst den Anfang zu bereiten: Ab sofort sollen alle<br />
Stellen der <strong>SPD</strong> und durch von ihren Mandatsträger_innen ausgeschriebenen<br />
Stellen mit einem anonymisierten Bewerbungsverfahren<br />
ausgeschrieben werden!<br />
F14<br />
Anonymisierte Bewerbungsverfahren:<br />
Eigene Forderungen konsequent<br />
umsetzen!<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
97
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 15<br />
Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />
Transidentität statt Transsexualität<br />
Die <strong>SPD</strong>-Fraktion im Deutschen Bundestag wird aufgefordert bei<br />
Änderung des Trans-sexuellen Gesetzes auf eine Änderung des<br />
Titels hinzuwirken. Der Titel des Gesetzes soll den politisch korrekten<br />
Titel „Transidentitätsgesetz“ erhalten. Des Weiteren ist der<br />
Begriff „Transsexualität“ gegen den Begriff „Transidentität“ im<br />
Gesetzestext zu erset-zen und das Gesetz zu überarbeiten.<br />
Die <strong>SPD</strong>-Fraktionen in den Landtagen werden darüber hinaus<br />
aufgefordert darauf hin-zuwirken, dass in sämtlichen Lehrmitteln<br />
der Begriff Transsexualität gegen Transiden-tität geändert wird.<br />
Ebenso ist darauf hinzuwirken, dass die Lehrkräfte an Schulen und<br />
Hochschulen den korrekten Begriff in Unterricht und Vorträgen<br />
verwenden.<br />
Die Änderung in den Lehrmitteln ist zwingend geboten, denn nach<br />
wie vor wird in Teilen von Fachkreisen mit völlig verqueren, veralteten<br />
Meinungen argumentiert. Aus diesem Grund ist auch in<br />
noch verwendeten Lehrmitteln in geeigneter Weise die alte Begrifflichkeit<br />
gegen die neue zu tauschen. Die begründete Hoffnung<br />
somit das Bild der Transidentität nicht nur dann in Fachkreisen auf<br />
einen aktuellen Stand zu bringen, sondern auch das Bild in der Öffentlichkeit<br />
wäre somit gegeben. Die Verpflichtung der Lehrkräfte<br />
dient der Vermittlung von Transidentität in der aktuellen wissenschaftlichen<br />
Auslegung.<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 16<br />
Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />
Respekt und Unterstützung für<br />
intersexuelle Menschen<br />
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands tritt für eine Anerkennung<br />
und den Schutz von intersexuellen Menschen als Teil<br />
unserer gesellschaftlichen Vielfalt ein. Daher lehnt die <strong>SPD</strong> geschlechtszuordnende<br />
Operationen im Kindesalter ab.<br />
Antragsbereich F<br />
Antrag 17<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Freiwilliges Engagement stärken!<br />
Freiwilliges Engagement bereichert unsere Gesellschaft und ist in<br />
Deutschland trotz Flexibilisierungen in den Arbeitsverhältnissen<br />
und erhöhtem Leistungsdruck in Schule und Universität immer<br />
noch stark ausgeprägt. So engagieren sich in Deutschland rund ein<br />
Drittel der Wohnbevölkerung ehrenamtlich in Vereinen, Verbänden<br />
oder Organisationen. Freiwilliges Engagement ist gesellschaftliche<br />
Partizipation, um unsere Gesellschaft an vielen Stellen gerechter,<br />
sozialer und vielfältiger zu gestalten. Leider gibt es allerdings in<br />
den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten Tendenzen, die wir als Sozialdemokraten<br />
so nicht mittragen können und wollen.<br />
Abnehmendes Engagement unter Jugendlichen<br />
Das freiwillige Engagement im Ehrenamt nimmt unter Jugendlichen<br />
ab! Dies ist sehr bedauerlich, die Gründe hierfür sind aller-<br />
F15<br />
Transidentität statt Transsexualität<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
F16<br />
Respekt und Unterstützung für<br />
intersexuelle Menschen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
F17<br />
Freiwilliges Engagement stärken!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
98
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
dings klar ausfindig zu machen. So führt die Schulzeitverkürzung<br />
des Gymnasiums und die Verschulung des Studiums dazu, dass<br />
viele Jugendliche unter einem erhöhten Leistungsdruck stehen,<br />
der direkt dazu führt, dass das ehrenamtliches Engagement unter<br />
Jugendlichen stetig abnimmt. Wir Sozialdemokraten fordern daher<br />
die Schulzeitverkürzung von G 9 auf G 8 rückgängig zu machen<br />
und die Studienorganisation soweit zu reformieren, dass es auch<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen wieder möglich wird sich<br />
stärker ehrenamtlich zu engagieren. Auch die inhaltliche Konzeption<br />
von Schulen, Ausbildung und Studium, muss wieder mehr die<br />
Gemeinschafts- und Gesellschaftsaspekte aufgreifen und nicht eine<br />
„Welt der Konkurrenz und des EinzelkämpferInnentums fördern.<br />
Auch für junge Erwerbstätige ist es schwieriger geworden sich ehrenamtlich<br />
zu engagieren. Gerade unter jungen ArbeitnehmerInnen<br />
ist prekäre Beschäftigung mittlerweile leider zum Normalfall geworden.<br />
Um auch hier die gesellschaftliche Teilhabe durch freiwilliges<br />
Engagement wieder zu erhöhen, braucht es Maßnahmen, die<br />
dafür Sorge tragen, dass reguläre Beschäftigung ohne ausufernde<br />
Befristungen und Flexibilitätsansprüchen wieder zum Normalfall<br />
in Deutschland wird!<br />
Grenzen von freiwilligem Engagement<br />
Wir Sozialdemokraten sehen es mit großen Bedenken, dass der<br />
Staat sich immer weiter aus seinen Verpflichtungen stiehlt. Für<br />
uns ist klar, dass freiwilliges Engagement immer als Ergänzung<br />
zur staatlichen Daseinsfürsorge zu sehen ist und nicht zum Ersatz<br />
hierfür werden darf. Dies zeigt sich vor allem auf der kommunalen<br />
Ebene. Für uns ist es untragbar, dass Bedürftige bspw. auf das<br />
freiwillige Engagement der Tafeln angewiesen sind. In einer der<br />
reichsten Volkswirtschaften der Welt müssen Menschen um Essen<br />
betteln. Ein unhaltbarerer Zustand und ein Versagen des Staates<br />
und der Kommunen. Auch wenn bspw. örtliche Fördervereine in<br />
die Pflicht genommen werden, um „öffentliche“ Einrichtungen<br />
weiter zu betreiben, damit sich der Staat oder die Kommune immer<br />
stärker zurückziehen kann, ist aus unserer Sicht unverständlich.<br />
Der Staat und die Kommunen müssen endlich wieder für die Daseinsfürsorge<br />
einstehen und diese nicht privaten Initiativen überlassen.<br />
Deshalb ist es umso wichtiger vor allem die Kommunen<br />
finanziell stärker zu unterstützen, damit sie dieser Aufgabe nachkommen<br />
können.<br />
Gender und freiwilliges Engagement<br />
Auch im Ehrenamt gibt es geschlechterspezifische Unterschiede.<br />
So engagieren sich Frauen hauptsächlich in Schulen, der Kirche<br />
oder im Sozialbereich. Dass gerade freiwilliges Engagement im<br />
Sozialbereich mit starken Belastungen korreliert und häufig auch<br />
zu Überforderungen führt, trifft somit stärker Frauen als Männer.<br />
Wer freiwilliges Engagement fördern will, muss daher die Rahmenbedingungen<br />
auch von staatlicher oder kommunaler Seite soweit<br />
verändern, dass dieses Engagement stärker wertgeschätzt und<br />
die Arbeitsbedingungen verbessert werden, damit sie eben nicht zur<br />
Überforderung oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.<br />
Für uns Sozialdemokraten ist klar, dass freiwilliges Engagement<br />
ein wichtiger Bestandteil einer demokratischen und lebendigen Gesellschaft<br />
ist. Gerade deshalb müssen wir uns dafür stark machen,<br />
dass das Ehrenamt nicht zur Überforderung der Freiwilligen führt<br />
und nicht durch den Staat oder die Kommune für ureigene Aufgaben<br />
vereinnahmt wird!<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
99
Gesundheitspolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 1<br />
Landesverband Bayern<br />
Bausteine für eine sozialdemokratische<br />
Gestaltung des Pflegegeldgesetzes<br />
Pflege ist wie Kindererziehung gesellschaftlich notwendige Arbeit.<br />
Pflegezeiten dürfen kein privates Risiko sein. Sie müssen gesellschaftlich<br />
anerkannt und entsprechend honoriert werden. Dabei<br />
stehen die Bedürfnisse und Interessen der Pflegenden und Pflegebedürftigen<br />
im Mittelpunkt. Der Pflegebegriff muss neu definiert<br />
werden: Gesellschaftliche Teilhabe muss ermöglicht werden. Dabei<br />
sind die Rahmenbedingungen für eine älter werdende Gesellschaft<br />
unter den Gesichtspunkten Mobilität (Baurecht, Stadtplanung, ....)<br />
zu berücksichtigen.<br />
Fürsorgepflicht für pflegende Angehörige ist gesellschaftliche<br />
Aufgabe<br />
Pflege ist eine Anforderung an die Vereinbarkeit von Beruf und<br />
Familie. Sie muss in unserer Gesellschaft so sichergestellt und anerkannt<br />
werden, wie es beispielsweise die Kinderbetreuung (inzwischen)<br />
ist.<br />
Grundvoraussetzungen:<br />
• Pflegezeiten sind nicht planbar, anders als z.B. die Betreuung<br />
von Kindern.<br />
D.h. hohe Flexibiliät und Möglichkeiten für kurzfristiges Agieren<br />
muss ein Pflegegesetz leisten, will es den pflegenden Angehörigen<br />
wirklich helfen.<br />
• Dies bedeutet vor allem, dass ein Rechtsanspruch auf Pflegezeit<br />
sicherzustellen ist<br />
• Pflege ist gesellschaftlich notwendige Arbeit. Daher müssen<br />
Pflegezeiten – ähnlich wie das Elterngeld – mit einer Lohnersatzleistung<br />
ausgestattet werden<br />
• Pflege darf nicht auf dem Rücken der Angehörigen zum privaten<br />
Risiko werden: Lohneinbußen, berufliche Rückschläge der Pflegenden<br />
sind nicht zu akzeptieren.<br />
Um flexibel handeln zu können, ist die von der Arbeitsgruppe „Familienpolitik“<br />
unter Führung von Manuela Schwesig eingebrachte<br />
Initiative „1000-Stunden-Budget“ der richtige Vorschlag: „Arbeitnehmer<br />
erhalten einen rund 6-monatigen Freistellungsanspruch,<br />
der mit einer Lohnersatzleistung ausgestattet ist. Diese rund 1000<br />
Stunden kann man flexibel einsetzen: in verschiedene Zeitabschnitte<br />
einteilen oder auch über Jahre zeitlich strecken“<br />
• Die bereits geltende10-tägige Auszeit, wenn ein Pflegefall in der<br />
Familie eingetreten ist, um die neue Lebenssituation zu organisieren,<br />
muss mit einer Lohnersatzleistung ausgestattet werden<br />
• Wir wollen ein zusätzliches Zeitbudget mit Lohnersatz für die<br />
Sterbebegleitung einführen<br />
• Wir brauchen eine solidarische Bürgerversicherung auch für die<br />
Pflege. Aus diesem Einkommen sind Lohnersatzleistungen zu finanzieren.<br />
Darüber hinaus soll diskutiert werden, wie eine rentenmäßige Anerkennung<br />
von Pflegezeiten zu verbessern ist.<br />
G1<br />
Bausteine für eine sozialdemokratische<br />
Gestaltung des Pflegegeldgesetzes<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 2<br />
Bezirk Braunschweig<br />
Gut versorgt in Stadt und Land.<br />
Wir stehen sowohl im Gesundheitsbereich als auch bei der Pflege<br />
vor großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Insbesondere<br />
die Folgen einer immer älter werdenden Gesellschaft erfordern<br />
G2<br />
Gut versorgt in Stadt und Land.<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
102
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen.<br />
Leider waren die vergangenen Jahre schwarz-gelben Regierungshandelns<br />
im Bund und Niedersachsen geprägt von Tatenlosigkeit<br />
und Rückschritten. Hierfür finden sich zahlreiche Beispiele: Im<br />
Bund wurde eine ungerechte Finanzierungsreform mit unbegrenzten<br />
Zusatzbeiträgen durchgedrückt, während die groß angekündigte<br />
Stärkung der Versorgung insbesondere in ländlichen Räumen<br />
weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Auch auf Landesebene<br />
hat Schwarz-Gelb zum einen die Versorgungsprobleme insbesondere<br />
auf dem Land sträflich vernachlässigt und gleichzeitig folgenschwere<br />
Fehler gemacht (zum Beispiel die Privatisierung der<br />
Landeskrankenhäuser). Nun gilt es, den schwarz-gelben Versäumnissen<br />
und Fehlern eine entschiedene und an den Bedürfnissen der<br />
Patientinnen und Patienten orientierte Gesundheits- und Pflegepolitik<br />
im Bund entgegen zu stellen.<br />
Ein wichtiger Schritt sind die bundespolitischen Maßnahmen im<br />
Regierungsprogramm der <strong>SPD</strong>. Wir fordern daher:<br />
1. Einführung einer Bürgerversicherung<br />
Mit der Bürgerversicherung soll ein einheitlicher Wettbewerbsrahmen<br />
geschaffen werden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen wieder<br />
den gleichen Beitrag leisten, die tatsächliche Parität muss wiederhergestellt<br />
und Zusatzbeiträge abgeschafft werden. Ziel muss es<br />
sein, für alle einen gleich guten Zugang zu medizinischer Versorgung<br />
zu schaffen und die schwarz-gelbe Zwei-Klassen-Versorgung<br />
zu beenden. Deshalb brauchen wir eine einheitliche Honorarordnung<br />
für Ärzte.<br />
2. Eine gute Versorgung für alle<br />
Um eine gute Versorgung auch in strukturschwachen Regionen sicherstellen<br />
zu können, brauchen wir ein ganzes Bündel an Maßnahmen.<br />
Dazu gehören die Erprobung neuer Versorgungformen<br />
wie zum Beispiel neue mobile Versorgungkonzepte, aber auch neue<br />
Kooperations- und Vernetzungsformen zwischen den Leistungserbringern<br />
der verschiedenen Gesundheitsberufe. Zudem müssen wir<br />
für eine bessere Verzahnung des ambulanten und stationären Sektors<br />
sorgen. Nicht zuletzt sind zahlreiche Maßnahmen im Bereich<br />
der medizinischen Ausbildung zur Stärkung der Allgemeinmedizin<br />
und der Versorgung in ländlichen Räumen erforderlich (u.a. weitere<br />
Lehrstühle für Allgemeinmedizin, bessere Weiterbildungsmöglichkeiten,<br />
Anreizsysteme wie „Harz- und Heide-Stipendien“).<br />
3. Eine gute Infrastruktur für die Pflege<br />
Nirgendwo sind die Folgen einer älterwerdenden Gesellschaft so<br />
spürbar wie in der Pflege. Wir müssen die Leistungen der Pflegeversicherung<br />
besser auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen<br />
ausrichten (neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff). Unsere ältere Generation<br />
soll selbstbestimmt in ihrer gewohnten Umgebung alt<br />
werden. Hierzu müssen Wohnungen altersgerecht gestaltet und die<br />
entsprechende Infrastruktur aufgebaut werden – eine Aufgabe, die<br />
Bund, Land und Kommune nur gemeinsam bewältigen können.<br />
Und wir müssen die Attraktivität des Pflegeberufs steigern. Die<br />
Voraussetzungen hierfür sind eine gute Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen<br />
und Entwicklungsperspektiven (konkret heißt dies<br />
u.a.: Einführung eines Mindestlohns, gemeinsame Ausbildung von<br />
Kranken- und Altenpflege).<br />
4. Eine wirkungsvolle Präventionsstrategie<br />
Eine wirkungsvolle Präventionsstrategie muss die Menschen in<br />
ihrem gewohnten Lebensumfeld erreichen (z.B. Schulen, Kindergärten,<br />
Arbeitsplatz). Es müssen diejenigen erreicht werden, die<br />
eben nicht regelmäßig den Arzt aufsuchen und keine Präventionsprogramme<br />
der Krankenkassen nutzen. Ein konsequenter Ausbau<br />
der Prävention zu einer eigenständigen Säule im Gesundheitswesen<br />
geht nur über zusätzliche Mittel und ein verbindliches Präventionsgesetz.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
103
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 3<br />
Landesorganisation Hamburg<br />
Aufteilung der Pflegezeit ermöglichen<br />
Der Bundesparteitag möge die Bundestagsfraktion beauftragen,<br />
sich dafür einzusetzen, das Pflegezeitgesetz insoweit zu ändern,<br />
dass eine mehrmalige Inanspruchnahme der Pflegezeit möglich ist,<br />
solange die Gesamtdauer von sechs Monaten in der Summe nicht<br />
überschritten wird.<br />
G3<br />
Aufteilung der Pflegezeit ermöglichen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 4<br />
Landesverband Sachsen<br />
Pflege und gepflegt werden - eine<br />
Herausforderung für die menschliche<br />
Gesellschaft<br />
Die Pflegeversicherung ist die jüngste Säule im Sozialversicherungssystem<br />
in Deutschland. Seit 1995 werden hierfür Beiträge<br />
erhoben, es ist jedoch absehbar, dass das derzeitige System ohne<br />
notwendige Anpassungen nicht dauerhaft für die Zukunft gerüstet<br />
ist. Angesichts einer steigenden Zahl von Pflegefällen, aber auch<br />
einem insgesamt ausbaufähigen Image der Pflege und des Pflegeberufes<br />
besteht dringender politischer Handlungsbedarf, um den<br />
Bedürfnissen von zu Pflegenden, Angehörigen aber auch den in der<br />
Pflege berufstätigen Menschen gerecht zu werden. Der vorliegende<br />
Antrag soll dabei einige Punkte aufgreifen, stellt jedoch kein allumfassendes<br />
Konzept dar. Wir fordern:<br />
Die Finanzierung<br />
Analog zum Konzept der BürgerInnenversicherung in der Krankenversicherung<br />
soll dieses Konzept auch in der Pflegeversicherung<br />
eingeführt werden. Dabei sollen keine Beitragsbemessungsgrenzen<br />
gelten und alle Arten von Einkommen, also auch aus Kapitaleinkommen<br />
o.ä., herangezogen werden.<br />
Die Pflege<br />
1. Die Einrichtung von Pflegestützpunkten und die Gewährleistung<br />
einer unabhängigen Beratung für Pflegende und deren Angehörige<br />
soll bundesweit eingeführt werden. Trägerinnen dieser Stützpunkte<br />
sollten die Kommunen, sein, denen eine ausreichende Finanzausstattung<br />
zur Erfüllung dieser Aufgabe bereitgestellt wird.<br />
Dafür sind die rechtlichen Bedingungen zu schaffen. Des Weiteren<br />
wird die Schaffung eines Case- und Care-Managements<br />
veranlasst, welches jeden Pflegefall intensiv und individuell bearbeitet<br />
und eine auf die spezifischen Bedürfnisse ausgerichtete<br />
Betreuung sicherstellt. Die Pflegestützpunkte haben dabei auch<br />
den Auftrag, bestehende Angebote für Seniorinnen und Senioren<br />
zu vernetzen und anzubieten. Auch Fragen wie etwa eine PatientInnenverfügung,<br />
Wohnraumberatung oder eine Kontovollmacht<br />
sollten in diese Beratung einfließen, die bestenfalls vor Eintreten<br />
des Pflegefalls erstmalig stattfindet. Eine geeignete Kommunikation<br />
zum Renteneintritt, bei der diese Informationsangebote<br />
dargestellt werden, ist erforderlich. Diese sind barrierefrei und<br />
angepasst an die jeweiligen Fähigkeiten auch zu späteren Zeitpunkten<br />
bereitzustellen.<br />
2. Die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit und Bewilligung von<br />
Pflegestufen muss transparenter und in einer vereinfachten Form<br />
erfolgen. Hierbei soll in der Pflegeberatung auch auf die speziellen<br />
Anforderungen der Prüfung eingegangen werden und ärztliche<br />
Atteste hinzugezogen werden. Eine Verknüpfung mit den<br />
G4<br />
Pflege und gepflegt werden - eine<br />
Herausforderung für die menschliche<br />
Gesellschaft<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
104
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Pflegestützpunkten ist anzustreben. Eine besondere Beratung hat<br />
bei PatientInnen mit Demenzerkrankungen zu erfolgen. Für all<br />
das ist eine unabhängiges Begutachtungssystem zu etablieren.<br />
3. Die Möglichkeit der stundenweisen Verhinderungspflege wird<br />
ausgebaut und kann statt bisher 8 Stunden am Tag bis zu 12<br />
Stunden in Anspruch genommen werden. Dies kann auch über<br />
Nacht erfolgen. Diese stundenweise Verhinderungspflege kann<br />
weiterhin in der häuslichen Umgebung stattzufinden.<br />
Außerdem wird die Zahl der Tage, an denen tageweise Verhinderungspflege<br />
bereitgestellt wird, ausgebaut: es soll weiterhin<br />
28 Tage Urlaub geben. Zusätzlich soll die Verhinderungspflege<br />
aus Gründen wie z.B. Krankheit, Reha-Maßnahmen oder Weiterbildung<br />
ohne zeitliche Befristung möglich sein. Diese tageweise<br />
Verhinderungspflege muss jedoch aufgrund der Belastungen in<br />
einer stationären Einrichtung erfolgen.<br />
4. Das System der Pflegezeit wird überarbeitet und es gibt einen<br />
Rechtsanspruch auf diese 1-jährige Pflegezeit. Die Pflegezeit<br />
wird darüber hinaus staatlich gefördert, so dass die finanziellen<br />
Einbußen für die pflegenden Angehörigen überschaubarer sind.<br />
Eine staatliche Zuzahlung erfolgt analog zum Elterngeld bis zu<br />
einem Niveau von 67% des Nettogehaltes (bis zu einer Grenze<br />
von 1.800 €) wird angestrebt. Anschließend muss es für pflegende<br />
Angehörige einen Rechtsanspruch auf Teilzeitregelung sowie<br />
einen geeigneten Betreuungsplatz für den Pflegebedürftigen geben.<br />
5. Pflege-Selbsthilfegruppen sind im Idealfall mit den Pflegestützpunkten<br />
vernetzt. Sie werden unabhängig von der Mitarbeit von<br />
Pflegefachkräften finanziell und strukturell in ihrer Arbeit unterstützt<br />
und sollen unter anderem Freizeitangebote, aber auch<br />
den Austausch über die Pflege und Beratung ermöglichen. Bei<br />
Bedarf können Pflegefachkräfte durch die Pflegestützpunkte zur<br />
Verfügung gestellt werden, um kompetente Hilfe zu ermöglichen<br />
und Fragen zu beantworten.<br />
6. Die Überwachung und Prüfung von Pflegeheimen und deren<br />
Standards muss konsequenter erfolgen. Es muss deshalb eine<br />
Aufstockung (mindestens Verdopplung) der bei der Heimaufsicht<br />
tätigen PrüferInnen erfolgen, um eine unabhängige, flächendeckende<br />
staatliche Überprüfung gewährleisten zu können, die unangekündigt<br />
erfolgt. Diese Prüfberichte sind der Öffentlichkeit<br />
zugänglich zu machen. Darüber hinaus sollten die Pflege-TÜVs<br />
dahingehend reformiert werden, dass Einzelnoten in den vier<br />
Teilbereichen statt Gesamtnoten vergeben werden. Darüber hinaus<br />
sollen jährliche anonyme Befragungen von ÄrztInnen, PatientInnen,<br />
Angehörigen und Beschäftigten gesetzliche Pflicht<br />
werden. Ziel muss es sein, nicht die dokumentierte, sondern die<br />
tatsächlich erbrachte Leistung am Patienten zu evaluieren.<br />
7. Pflegeeinrichtungen haben grundsätzlich auf die Wünsche ihrer<br />
BewohnerInnen einzugehen und die Privatsphäre zu respektieren.<br />
Darüber hinaus sollen Freizeitangebote, sinnvolle Beschäftigung<br />
und weitere gesundheitsfördernde präventive Maßnahmen<br />
für geistige und körperliche Gesundheit bereit gestellt werden.<br />
Pflegeeinrichtungen sind idealerweise in öffentlicher oder gemeinnütziger<br />
TrägerInnenschaft zu verwalten.<br />
Um besser auf die Bedürfnisse der BewohnerInnen eingehen zu<br />
können, fordern wir den Zusammenschluss des Heimbeirates mit<br />
einem Angehörigenbeirat.<br />
Die Arbeit des Heim-/ Angehörigenbeirates sollte sich dabei<br />
nicht auf die Interessenvertretung vor Ort beschränken. Heim-/<br />
Angehörigenbeiräte sollen mindestens auf Landesebene bestehen<br />
und dabei auch mit der Heimaufsicht zusammenarbeiten.<br />
Die Einrichtungen werden zur Durchführung eines niedrigschwelligen<br />
Beschwerdemanagements verpflichtet.<br />
Der Zusammenschluss der Räte ist sinnvoll, da die Angehörigen<br />
für die Heimbewohner eine wichtige Stütze im Alltag sind und<br />
sie gegenüber der Heimleitung häufig besser die Interessen zu<br />
Pflegenden vertreten können.<br />
8. Wir fordern einen deutlichen infrastrukturellen und finanziellen<br />
Ausbau der Hospizarbeit und der Palliativmedizin.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
105
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Der Pflegeberuf<br />
1. Um die Attraktivität und die gesellschaftliche Anerkennung des<br />
Pflegeberufes zu erhöhen soll eine angemessene Entlohnung eingeführt<br />
werden. Diese Fachkräfte sollen in den Einrichtungen<br />
der Altenpflege einen Anteil an der Belegschaft von mindestens<br />
50 % darstellen. Eine hinreichende Weiterbildungs- und Aufstiegsperspektive<br />
ist zu gewährleisten.<br />
Darüber hinaus sind die Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen<br />
der Pflegekräfte arbeitnehmerInnenfreundlich zu gestalten, getrennte<br />
Schichten zu verbieten und der Schichtbeginn familienfreundlich<br />
zu planen.<br />
Um in der ambulanten Pflege den übermäßigen Zeitdruck zu<br />
verhindern, muss pro Arbeitstag eine Pufferzeit von 30 Minuten<br />
eingeplant werden.<br />
2. In der Pflegewirtschaft soll eine Ausbildungsplatzumlage wieder<br />
eingeführt werden, die diejenigen Einrichtungen bzw. TrägerInnen<br />
von Pflegeheimen belohnt und finanziell fördert, die<br />
ausbilden und jeneN TrägerInnen eine Umlage auferlegt, die in<br />
nicht-ausreichendem Maße ausbilden. Der derzeit bestehende<br />
Aufschlag in Heimen, die ausbilden, wird abgeschafft.<br />
3. Um den MitarbeiterInnen in den Pflegeberufen ist eine hinreichende<br />
vertikale und horizontale Aufstiegs- und Wechselperspektive<br />
zu gewährleisten. Das heißt einerseits, dass ein umfassendes<br />
Weiterbildungsangebot den Aufstieg innerhalb eines Zweigs der<br />
Pflege ermöglicht. Andererseits sollte die Ausbildung der Pflegeberufe<br />
dahingehend modularisiert werden, dass alle Auszubildenden<br />
die gleiche Grundausbildung erhalten und sich erst im<br />
zweiten oder dritten Lehrjahr auf einen bestimmten Zweig spezialisieren.<br />
Dies ermöglicht z.B. einer Altenpflegerin einen späteren<br />
Wechsel zu einer Tätigkeit als Kinderkrankenschwester wenn<br />
eine entsprechende Zusatzqualifikation erworben wird.<br />
4. Wir fordern die Bündelung und die Zusammenarbeit der bestehenden<br />
Pflege-verbände, welche gemeinschaftlich als Lobby für<br />
stationäre Pflegeheime und ambulante Dienste auftreten sollen.<br />
Weiterhin fordern wir, dass die Pflegesätze durch ein pauschales<br />
Verfahren insgesamt deutlich angehoben werden. Die Interessenvertretung<br />
der Pflegewirtschaft ist idealerweise durch die Gründung<br />
einer Pflegekammer sicherzustellen.<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 5<br />
Landesverband Berlin<br />
Pflege aufwerten<br />
- mehr Gehalt für Pflegepersonal!<br />
Seit Jahren wird postuliert, wie wichtig qualitätssichernde und patientenorientierte<br />
Pflege sei und dass diese aufgewertet werden solle.<br />
Tatsächlich bilden die Einkommen der Pflegerinnen und Pfleger<br />
deren hohe gesellschaftliche Bedeutung in keiner Weise ab. Daher<br />
werden wir dafür sorgen, dass die Ausbildungsvergütung und die<br />
Gehälter in der Kranken- und Altenpflege erheblich angehoben<br />
werden:<br />
1. In der nächsten Regierungsverantwortung im Bund wird sich die<br />
<strong>SPD</strong> dafür einsetzen, dass ein zielgenaues Programm zur dauerhaften<br />
Anhebung der Ausbildungsvergütungen und der Gehälter<br />
der Pflegenden um 30 % führt.<br />
2. Die <strong>SPD</strong> wird sich darüber hinaus dafür einsetzen, dass Schülerinnen<br />
und Schüler in der Pflegeausbildung kein Schulgeld bezahlen<br />
müssen.<br />
3. Zur Finanzierung werden die Beitragssätze in der sozialen Pflegeversicherung<br />
und in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
angepasst.<br />
4. Es wird dafür Sorge getragen, dass die Mehrmittel ausschließlich<br />
in höhere Gehälter der Pflegenden fließen.<br />
G5<br />
Pflege aufwerten- mehr Gehalt für<br />
Pflegepersonal!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
106
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 6<br />
Landesverband Berlin<br />
Pflege menschlicher machen<br />
-Bundeseinheitlicher Personalschlüssel<br />
in der stationären Pflege<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion dazu auf, sich für einen<br />
bundeseinheitlichen Personalschlüssel zur Personalbemessung<br />
in der stationären Pflege einzusetzen. Dabei darf der Personalschlüssel<br />
sich in keinem Bundesland verschlechtern. Mehrkosten<br />
sind durch die Pflegeversicherung zu tragen.<br />
G6<br />
Pflege menschlicher machen<br />
-Bundeseinheitlicher Personalschlüssel<br />
in der stationären Pflege<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 7<br />
Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />
Für den Ausbau von Alten-Service-<br />
Zentren bundesweit!<br />
In Deutschland nimmt die Zahl der allein lebenden älteren Menschen<br />
jedweder Art stetig zu. Der demographische Wandel zeigt<br />
deutliche Spuren und stellt uns vor neue, große Herausforderungen.<br />
Die bisherigen Maßnahmen können den Bedürfnissen der<br />
wachsenden Zahl an Senioren nicht gerecht werden. Gerade der<br />
Übergang in diese Lebensphase ist turbulent. Er ist geprägt von<br />
Abschieden und Neuorientierungen; Vereinsamung der Senioren<br />
ist dabei oft eine Folge. Auch kumulieren im höheren Alter soziale<br />
Benachteiligungen; Altersarmut ist nicht selten. Um diesen Bedürfnissen<br />
nachzukommen, gab es schon viele Modellprojekte von<br />
Bund und Ländern. Sie alle fördern ehrenamtliches Engagement<br />
im Alter, verschiedene Beratungen und Bildungsangebote. Jedoch<br />
werden die meisten Versuche nach der Modellphase nicht in die<br />
kommunale Finanzierung übernommen.<br />
Die Alten- und Service-Zentren (ASZ) in München sind ein solches<br />
Projekt, die sich schon seit vielen Jahren bewährt haben. Hier hat<br />
sich die Stadt München mit großen Wohlfahrtsverbänden zusammen<br />
getan und ein flächendeckendes Netz von ASZ gebildet, das<br />
auf die individuellen Bedürfnisse jedes Stadtteils eingehen kann.<br />
Die Arbeit eines ASZ kann grob in zwei Bereiche unterteilt werden:<br />
Es finden hier vielseitige Kultur und Bildungsangebote in Form<br />
von Kursen oder Veranstaltungen statt. Sie haben zum einen das<br />
Ziel, das ASZ zum Treffpunkt zu machen, in dem man Kontakte<br />
knüpfen kann, die auch nach den Kursen weitergeführt werden<br />
können. Damit wirkt es Altersvereinsamung entgegen. Zum anderen<br />
wirken die Kursangebote präventiv gegen eventuellen Gedächtnisverlust.<br />
Hierunter fallen Sprachkurse, Gedächtnistrainings,<br />
Computerkurse usw. sowie Ausflüge, im speziellen Fall etwa zum<br />
Herrenchiemsee und Informationsveranstaltungen zum Thema<br />
‚Wohnen im Alter‘, oder anderen kulturellen Themen. Fitnessangebote<br />
können ebenfalls wahrgenommen werden. Kurse wie z.B.<br />
Tai Chi, Aerobic oder Wirbelsäulengymnastik können sowohl körperlichen<br />
Leiden vorbeugen, als auch vorhandene Leiden mildern.<br />
Auch Beratungsarbeit nimmt einen großen Teil der Arbeit ein.<br />
Sowohl Betroffene als auch Angehörige können hier gezielt Hilfe<br />
erfahren, um mit den verschiedenen Problemen, die im Alter auftauchen<br />
können, wie z.B. Pflegebedürftigkeit, Armut und Demenz,<br />
nicht allein fertig werden zu müssen. Ziel ist es, dass die Betroffenen<br />
möglichst lange ein unabhängiges, würdiges Leben daheim<br />
führen können. Alle Senioren, egal welchen Geschlechts, welcher<br />
Herkunft, Sexualität oder sozialen Situation, können an den Kur-<br />
G7<br />
Für den Ausbau von Alten-Service-<br />
Zentren bundesweit!<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
107
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
sen, Veranstaltungen und Beratungsangeboten teilnehmen. Die<br />
durchweg positive Rückmeldung der Senioren und die wachsende<br />
Nachfrage nach den Angeboten der Alten-Service Zentren, zeigen<br />
die existentielle Lücke, die die ASZ in der ambulanten Altenhilfe<br />
schließen.<br />
Vielerorts erfährt die Altenpolitik einen Zuwachs an Aufmerksamkeit.<br />
Der wachsende Anteil an Senioren in der Bevölkerung, mit<br />
den unterschiedlichsten Lebenslagen und Lebensstilen, fordert<br />
neue Ideen und Antworten, um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken.<br />
Die ASZ in München sind ein Erfolgsprojekt, an denen<br />
man sich orientieren kann und die beispielgebend übertragbar<br />
sind für andere Städte, Kommunen und Gemeinden. Wir fordern<br />
die <strong>SPD</strong> Bundestags Fraktion auf, sich für den Ausbau von Alten-<br />
Service-Zentren bundesweit einzusetzen und die Kommunen beim<br />
Ausbau – auch finanziell – zu unterstützen. Altenplanung darf nicht<br />
länger aus leeren Absichtserklärungen bestehen, sondern muss sich<br />
an Taten messen lassen.<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 8<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Kuranspruch zur Wiederaufarbeitung<br />
eventueller psychischer Traumata nach<br />
Vollzeitpflege<br />
Es wird ein Kuranspruch zur Aufarbeitung von eventueller psychischer<br />
Traumata nach mindestens einjähriger Vollzeitpflege eines<br />
Familienangehörigen eingeführt.<br />
G8<br />
Kuranspruch zur Wiederaufarbeitung<br />
eventueller psychischer Traumata nach<br />
Vollzeitpflege<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 9<br />
Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
im Gesundheitswesen<br />
Gesundheit neu denken: Wo stehen wir -<br />
wo wollen wir hin?<br />
Gesundheit ist keine Ware: Steuerung im Gesundheitswesen<br />
weiterentwickeln<br />
Im Zentrum sozialdemokratischer Gesundheitspolitik stehen die<br />
gute, flächendeckende Versorgung aller Patientinnen und Patienten,<br />
gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und die Gewissheit<br />
der Bevölkerung, in einem solidarisch finanzierten System<br />
jederzeit bedarfsgerecht versorgt zu werden.<br />
Im Zentrum steht insbesondere der betroffene, durch Krankheit,<br />
drohende Krankheit oder Rekonvaleszenz eingeschränkte Mensch.<br />
Er oder sie soll alle Unterstützung zur Vermeidung von Krankheit<br />
erhalten. Im Krankheitsfall soll er oder sie eine hochwertige medizinische<br />
Versorgung erfahren. Dazu gehören alle erforderlichen diagnostischen<br />
und therapeutischen Maßnahmen, Medikamente und<br />
Hilfsmittel. Dazu gehört auch die menschliche Zuwendung und<br />
Empathie, die unsere Gesellschaft von den Heilberufen erwartet,<br />
die unserer Wertordnung entspricht und die für Heilung genauso<br />
unerlässlich ist wie körperliche und pharmakologische Therapie.<br />
Dazu gehört auch die Gewissheit, den Akteuren und Einrichtungen<br />
des Gesundheitswesens, ihrer Kompetenz und ihrem menschlichen<br />
Engagement vertrauen zu können.<br />
Gesundheitswesen ist öffentliche Aufgabe<br />
Das Gesundheitswesen und die gesundheitliche Versorgung gehören<br />
zu den wichtigsten Staatsaufgaben und sind für uns unveräu-<br />
G9<br />
Gesundheit neu denken: Wo stehen wir -<br />
wo wollen wir hin?<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
108
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
ßerlicher Bestandteil der Daseinsvorsorge. Ihre Organisation wird<br />
von Körperschaften öffentlichen Rechts (Krankenkassen, Kassenärztlichen<br />
Vereinigungen und Heilberufekammern) als mittelbare<br />
staatliche Aufgabenwahrnehmung oder in der Krankenhausplanung<br />
und –Versorgung öffentlich gewährleistet. Neue Steuerungen haben<br />
diesen öffentlichen Auftrag weniger erkennbar werden lassen.<br />
Gesundheitspolitik zwischen Versorgung und Effizienz<br />
Gesundheitspolitik befindet sich immer im Spannungsfeld zwischen<br />
Versorgungsoptimierung und Kostenentwicklung. Die Nachfragedefinition<br />
durch die Anbieter führt in einem marktlichen System<br />
notwendig zu Überversorgung und resultierenden hohen Kontroll-<br />
und Regulierungsaufwand. Gleichzeitig entsteht Unter- und<br />
Fehlversorgung, vor allem dort, wo Leistungen sich vordergründig<br />
nicht “rechnen“. Die Kostenfrage dominiert seit den achtziger Jahren<br />
die Gesundheitspolitik, während Versorgungs- und Strukturfragen<br />
lange zurückgetreten sind.<br />
Für uns gilt: der Pflichtbeitrag der Beschäftigten muss sparsam verwendet<br />
werden. Überversorgung, z. B. aus finanziellen Interessen<br />
von Leistungserbringern, bedeutet sowohl Verschwendung als auch<br />
einen Qualitätsmangel und eine unnötige Gefährdung. Die Solidarität<br />
der Beitragszahler kann nur durch rationale Mittelverwendung<br />
gesichert werden.<br />
Die mit dem Kompromiss von Lahnstein begonnene marktorientierte<br />
Wende der Gesundheitspolitik hat auch erhebliche Erfolge<br />
gezeigt: durch die Begrenzung der Honorarsteigerung auf die Lohnentwicklung<br />
konnten die ambulanten Ausgaben gedämpft werden.<br />
Durch den Wettbewerb der Krankenkassen kam es zu einer deutlichen<br />
Effizienzsteigerung und Neuaufstellung. Fallpauschen haben<br />
zu einer deutlichen Verkürzung von Liegezeiten im Krankenhaus<br />
und Stärkung ambulanter Versorgung geführt. Kosten-Nutzen Prüfungen<br />
und Arzneimittelrabattverträge konnten erhebliche Summen<br />
einsparen.<br />
Grenzen der Effizienzverbesserung in vielen Bereichen erreicht<br />
oder überschritten<br />
Inzwischen sind viele dieser Potentiale gehoben und die vorrangig<br />
kostenorientierten, am Produktionssektor orientierten Methoden<br />
stoßen zusehends an Grenzen. Die Stärkung der betriebswirtschaftlichen<br />
Steuerung führte notwendig zu einer Verbreiterung<br />
ökonomischer Kategorien und Denkmuster in der Alltagspraxis<br />
der Akteure. Was im makro-Maßstab wünschenswertes Konzept<br />
ist (Beitragssatzstabilität, sparsamer Ressourcenverbrauch, wettbewerbliche<br />
Allokation wie z. B. beim Arzneimittelhandel), kann<br />
auf der mikro-Ebene der therapeutischen Beziehung zu unerträglichen<br />
Ergebnissen führen: denn hier muss immer die Versorgung<br />
des konkreten Patienten vorgehen.<br />
Im ambulanten Bereich haben Kostensenkungsverfahren zu erheblichen<br />
Ausweichreaktionen bis hin zur regelmäßigen Verletzung<br />
elementarer Regeln der ärztlichen Ethik geführt. Behandlungs- und<br />
Verordnungsverweigerungen trotz Behandlungsbedarf scheinen an<br />
der Tagesordnung. Mit sog. IGeL Leistungen wird regelmäßig ärztliche<br />
Autorität zu gewerblichen Zwecken missbraucht. Die Versorgung<br />
in benachteiligten Regionen und auf dem Land wird zunehmend<br />
schwieriger, während Wohlstandsviertel überversorgt sind.<br />
Die marktmäßige Orientierung und der Versuch, das Handeln der<br />
Heilberufsangehörigen durch externe, monetäre Anreize zu steuern,<br />
verdrängt die unverzichtbare intrinsische Motivation der Heilberufe:<br />
wer ständig auf den eigenen Geldvorteil schauen soll, der<br />
passt sich an und verliert stückweise die Motivation aus dem „Helfersyndrom“<br />
– mit allen beschriebenen schädlichen Folgen von<br />
Qualitätsverlust und Kostensteigerung. Das Ende ökonomisierten<br />
Denkens ist „Missfeldertum“: Versorgung nur für die, bei denen es<br />
sich wirtschaftlich lohnt.<br />
Festbetragsregelungen im Heilmittelbereich führen offenbar zu regelmäßiger<br />
Übervorteilung der Betroffenen. Arzneimittelwechsel<br />
durch Rabattverträge werden teilweise als belasten erlebt und können<br />
zu Complianceproblemen führen. Im Wettbewerb der Kran-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
109
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
kenkassen lässt sich eine wachsende und sachlich nicht begründete<br />
Restriktivität in der Gewährung von Genehmigungsleistungen beobachten.<br />
Im Krankenhausbereich führte die zunehmende Dominanz der<br />
Orientierung auf den Erlöß zu neuen Problemen. So wurden nur<br />
bedingt Krankenhausbetten abgebaut und stattdessen Leistungen<br />
ausgeweitet und im Wettbewerb der Krankenhäuser wettbewerblich<br />
bedingte Investitionen getätigt, die viele Krankenhäuser an<br />
wirtschaftliche Grenzen führen. Trotz Arbeitsverdichtung und Fallzahlsteigerung<br />
wurde insbesondere in der Pflege massiv Personal<br />
abgebaut. Die Folge sind wachsende Risiken durch Überlastung<br />
und Überforderung. Gerade im Gesundheitsbereich sind aber Sicherheitsmargen<br />
unverzichtbar, auch beim Personalbestand. Ein<br />
einheitlicher Preis macht Wettbewerb um Dumpinglöhne und gefährlichen<br />
Personalabbau attraktiv.<br />
Um unter Einsparungsbedingungen die Qualität zu sichern und<br />
einen vermeintlichen Wettbewerb um Qualität zu führen, wurden<br />
umfangreiche, externe Qualitätssicherungsmaßnahmen eingeführt,<br />
die von den Beschäftigten einen hohen dokumentarischen Aufwand<br />
erfordern. Dieser wird in der Regel als der heilberuflichen Aufgabe<br />
wesensfremd, übermäßig und ausufernd empfunden, ohne dass der<br />
Nutzen für die eigene Arbeit und den eigenen Wunsch, Patienten<br />
bestens zu behandeln, erkennbar wäre. Dennoch sind viele Patienten<br />
(und oft sogar Angehörige der Heilberufe) mit der Beurteilung<br />
und Interpretation differenzierter Qualitätsdaten überfordert.<br />
Die Herausforderungen der Zukunft meistern<br />
Heute steht das Gesundheitswesen vor großen und neuen Herausforderungen.<br />
So hat sich die gesundheitliche Lage und Versorgung<br />
sozial benachteiligter Menschen in den letzten Jahren weiter verschlechtert.<br />
Während Ärztemangel auf dem Land nur droht, so ist<br />
er in den sozialen Brennpunkten längst Realität. Der demographische<br />
Wandel führt zwar nur zu marginal höheren Kosten, dafür<br />
aber umso mehr zu einer Umorientierung zu chronischen Krankheiten,<br />
sprechender Medizin und einer stärker personalisierten, am<br />
individuellen Bedarf orientierten Versorgung. Während noch vor<br />
wenigen Jahren die ambulante Bedarfsplanung vor allem Überversorgung<br />
abgewehrt hat, stehen wir heute vor einer völlig neuen<br />
Herausforderung der Versorgungssicherung. Die bedenklichen<br />
Auswirkungen der Ökonomisierung auf die medizinische Ethik<br />
müssen dringend beendet werden. Es gilt, das Primat des öffentlichen<br />
Auftrags und des Vorrang von Versorgung vor Profit neu zu<br />
installieren und Auswüchse wie wirtschaftliche motivierte Leistungsausweitung<br />
und unnötige Behandlungen, Behandlungs- und<br />
Verordnungsverweigerungen, Igel-Leistungen, Unterversorgung<br />
durch Praxisschließungen am Quartalsende zu beseitigen.<br />
Gesundheit ist keine Ware – so muss auch das Gesundheitswesen<br />
gesteuert werden<br />
Notwendig ist eine Umorientierung in der Gesundheitspolitik, die<br />
marktliche und wettbewerbliche Instrumente wieder als Instrumente<br />
begreift, die ihre Tauglichkeit für anstehende Aufgaben beweisen<br />
müssen und zur Wahrnehmung des öffentlichen Sicherstellungsauftrags<br />
nur so weit eingesetzt werden, wie dies schadlos möglich ist<br />
und zu einer besseren Versorgung beiträgt.<br />
Steuerungsidee und Akteure zusammenbringen<br />
Was Makroskopisch sinnvoll klingt, muss in der konkreten Ausführung<br />
noch nicht erfolgreich sein. Maßstab der Gesundheitspolitik<br />
muss nicht nur Effizienz, sondern die konkrete Situation im<br />
Behandlungszimmer sein. Hier, in der unmittelbaren Versorgung,<br />
misst sich der Erfolg gesundheitspolitischer Maßnahmen. Deshalb<br />
wollen wir auch die Wirkung gesundheitspolitischer Initiativen<br />
systematisch mit Methoden der Versorgungsforschung überprüfen.<br />
Effizienz und Qualität sind kein Widerspruch, aber sie haben eine<br />
hierarchische Ordnung: Verbesserung der Effizienz kann zu mehr<br />
Qualität, z. B. durch Vermeidung von Überversorgung führen.<br />
Dennoch hat für uns die gute Versorgung Vorrang vor Wirtschaftlichkeitserwägungen.<br />
110
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Steuerung muss die Leitmotive der Betroffenen beachten, wenn<br />
sie erfolgreich sein will. Eine durch Kostenerwägungen und zunehmend<br />
von (Gesundheits-)ökonomen geprägte Debatte hat die<br />
intrinsischen Motivationselemente in den Heil- und Sozialberufen<br />
zunehmend verkannt. Das Bedürfnis, zu helfen, von empathischen<br />
Motiven getragen und als Beziehungsgestaltung verstanden, ist<br />
kennzeichnend und unverzichtbar für die Heilberufe und die Qualität<br />
ihrer Arbeit. Vor allem Pflege und andere nicht-ärztliche Heilberufe<br />
sind anstrengend, körperlich fordernd, meist im Schichtbetrieb<br />
und schlecht bezahlt. Dies wird für viele durch den sozialen und<br />
ethischen Wert ihrer Arbeit aufgewogen.<br />
Gesundheitspolitik muss die intrinsische Motivation der Akteure<br />
berücksichtigen und wertschätzen. Sie muss ihre Verfahren an die<br />
Mentalität der Betroffenen anpassen. Erforderlich ist deshalb eine<br />
deutlich stärke Ausrichtung der politischen Steuerungsmethoden<br />
weg von marktwirtschaftlichen Instrumenten und hin zu solchen,<br />
die der intrinsischen Motivation entsprechen. Dazu ist vor allem<br />
eine stärkere Einbeziehung sozial- und gesundheitswissenschaftlicher<br />
Expertise erforderlich. Wir wollen Fürsorgemotivation und<br />
Verantwortung stärken. Die Organisation muss stärker diesen Motiven<br />
angepasst werden:<br />
• So hat für viele Heilberufsangehörige die persönliche therapeutische<br />
Beziehung einen hohen Stellenwert. Wachsender Arbeitsdruck,<br />
bürokratische Erfordernisse oder die jahrelang geübte<br />
Drei-Minuten-Medizin haben die Beziehungszeit als zentralen<br />
Wert der Arbeitsmotivation minimiert und gefährden massiv die<br />
Motivation. Persönliche, empathische Beziehungen laufen Gefahr,<br />
durch Distanz, Abgrenzung und zunehmenden Zynismus<br />
ersetzt zu werden.<br />
• So wünschen sich Angehörige aller Heilberufe in ihrem täglichen<br />
Handeln eine Entlastung von kurzsichtigen Ertragserwägungen<br />
im Umgang mit den Patienten und eine Stärkung der<br />
Möglichkeit, flexibler nach aktuellem, tatsächlich erkanntem Bedarf<br />
zu behandeln, ohne dabei Standards und Basiserfordernisse<br />
zu ignorieren.<br />
• Alle Heilberufe treten in eine therapeutische Beziehung zum Patienten,<br />
die nur individuell und autonom gestaltet werden kann.<br />
Regulierungen und wirtschaftlicher Druck werden hier zunehmend<br />
als Einschränkung dieser Aufgabe erlebt.<br />
• So ist der Wert von dokumentarischem Aufwand und externe<br />
Überprüfung, wenn sie nicht als Unterstützung und Arbeitserleichterung<br />
wahrgenommen, wenigen nachvollziehbar.<br />
• Häufig werden Qualität und Effizienz als Widerspruch wahrgenommen,<br />
weil Effizienzerwägungen nicht eindeutig als nachrangig<br />
gekennzeichnet sind – obwohl unzweifelhaft niemandem<br />
eine notwendige Versorgung aus Kostengründen verweigert werden<br />
soll und darf.<br />
• So muss Qualitätssicherung vor allem als Beratung und Hilfe zur<br />
Verbesserung der eigenen Arbeit und damit Unterstützung im eigenen<br />
Anspruch an die Qualität der Hilfe und nur in schweren<br />
Fällen als externe Kontrolle gestaltet sein, wenn sie akzeptiert<br />
und kooperativ gehandhabt werden soll.<br />
• So will eine nachwachsende Ärztegeneration keine Einzelpraxis<br />
als Kleinunternehmen betreiben, sondern in geregelten Arbeitsverhältnissen<br />
mit planbaren Arbeitszeiten die Vereinbarkeit von<br />
Familie und Beruf sicherstellen und eine andere work-life-balance<br />
leben.<br />
Politische, wirtschaftliche und verwaltungsorganisatorische Steuerung<br />
des Gesundheitswesens wurde zu sehr aus den Paradigmen<br />
der Steuernden entwickelt und zu wenig aus der Berufssicht der<br />
Heilberufe gedacht. Hier gilt es dringend umzusteuern.<br />
Gesundheit wieder zur öffentlichen Aufgabe machen<br />
Nötig ist eine deutliche Stärkung der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung<br />
im Gesundheitsbereich. Dazu bedarf es eine Stärkung der<br />
öffentlichen Verantwortung und der öffentlichen Möglichkeiten auf<br />
der jeweils angemessenen Ebene:<br />
• Die ambulante Bedarfsplanung ist als Verhinderungsplanung konzipiert,<br />
um übermäßige Versorgung zu verhindern. Die bisherigen<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
111
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Aufgabenträger und Planungsstrukturen sind aber für eine Sicherstellungsplanung<br />
wenig geeignet, während öffentliche Planungsverantwortliche,<br />
z. B. im Bereich des Rettungsdienstes, Versorgungsorganisation<br />
sehr erfolgreich bestreiten. Deshalb muss für die ambulante<br />
Versorgung die regionale Kompetenz gestärkt werden. Regionale<br />
Gesundheitskonferenzen unter Kommunalem Vorsitz und<br />
Letztentscheidung und unter Beteiligung aller relevanten Akteure<br />
(Leistungserbringer, Kostenträger, Patienten, Träger öffentlicher<br />
Belange) müssen, mit einem entscheidungsrelevanten Anteil des<br />
Budgets von bis zu fünfzig Prozent, die regionale bedarfsgerechte<br />
Versorgung konzipieren und vereinbaren. Insbesondere Standortentscheidungen<br />
und Notdienstversorgung sind hier zu klären.<br />
• Dazu ist – wie in allen Bereich der Daseinsvorsorge – eine<br />
deutliche Aufgabenverlagerung auf die Länder erforderlich mit<br />
einem umfassenden Aufsichts- und Weisungsrecht gegenüber<br />
Selbstverwaltungsorganen, wenn Zweifel an der angemessenen<br />
Aufgabenerfüllung bestehen. Auf Grundlage bundeseinheitlicher<br />
Versorgungsstandards regeln die Länder die Strukturen der Versorgungsplanung<br />
und Sicherstellung in eigener Zuständigkeit.<br />
• Wir wollen ein Stärkung der Krankenhausplanung. Vorrang hat<br />
die gute, bedarfsgerechte, flächendeckende Versorgung. Nachdem<br />
die wettbewerbliche Krankenhaussteuerung kaum Überkapazitäten<br />
abgebaut hat, müssen Krankenhausstrukturen in öffentlicher,<br />
überregionaler Organisation nach Bedarfs- und Qualitätsorientierten<br />
Standards organisiert werden. Bundeseinheitlich<br />
vereinbarte Vorgaben zum Beispiel zu Mindestgrößen und Mindestfallzahlen<br />
spezialisierter Abteilungen und regionale Strukturierung<br />
und Anpassung an regionale Besonderheiten schaffen<br />
eine hochwertige, flächendeckende und möglichst wohnortnahe<br />
Versorgung.<br />
• Öffentliche Verantwortung heißt auch Wahrnehmung der öffentlichen<br />
Pflichten. Die Länder müssen korrespondierend zur Planungsverantwortung<br />
auch ihre Finanzverantwortung zur Finanzierung<br />
der Investitionen wahrnehmen.<br />
• Kommunale MVZ, mit oder ohne Verbindung mit öffentlichen<br />
Krankenhäusern ermöglichen dort, wo es sinnvoll und erforderlich<br />
ist, die Zusammenführung von medizinischen, pflegerischen<br />
und anderen sozialen Einrichtungen. So können in ländlichen<br />
Räumen erhebliche Synergieeffekte erreicht werden, wenn<br />
die medizinische Versorgung gemeinsam mit der notwendigen<br />
Pflegeinfrastruktur und gegebenenfalls auch anderen Einrichtungen<br />
der sozialen Arbeit verbunden werden. Das gleiche gilt in<br />
den schon heute massiv unterversorgten sozialen Brennpunkten.<br />
• Wir wollen die Weiterentwicklung der allgemeinmedizinischen<br />
Versorgung zu einem Primärarztsystem, in dem Ärztinnen und<br />
Ärzte im Team zusammenarbeiten.<br />
• Durch die Stärkung der Kooperation im Bereich der fachärztlichen<br />
Versorgung durch Krankenhaus-MVZ, Belegärzte und andere<br />
Kooperationsformen wollen wir die doppelte Facharztschiene<br />
endlich überwinden.<br />
• Um eine sinnvolle, bedarfsorientierte Versorgung zu entwickeln,<br />
zu planen und zu sichern, ist entsprechend qualifiziertes Personal<br />
erforderlich Wir wollen die Ausbildung medizinisch versierter<br />
Regionalplaner, Gesundheitsgeographen, Medizinsoziologen<br />
etc. voranbringen und entsprechende Ausbildungskapazitäten<br />
schaffen, damit für alle Ebenen der Gesundheitsorganisation<br />
entsprechend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht. Damit<br />
wird insbesondere die kommunale Ebene in die Lage versetzt,<br />
die anstehenden Aufgaben erfolgreich zu meistern.<br />
Die Instrumente als Instrumente sehen<br />
Nötig ist eines neues Gleichgewicht zwischen öffentlicher Planung<br />
und marktwirtschaftlichen Instrumenten. Marktwirtschaftliche Instrumente<br />
und privatwirtschaftlich organisierte Strukturen müssen<br />
auf ihre Tauglichkeit überprüft und der damit verbundene Regulierungsaufwand<br />
ins Verhältnis gesetzt werden.<br />
• Deshalb wollen wir, dass Einrichtungen der medizinischen Versorgung<br />
wie Krankenhäuser und ambulante Versorgungsein-<br />
112
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
richtungen vorrangig als gemeinnützige Einrichtungen geführt<br />
werden und eine konsequente Entwicklung zum Rückbau von<br />
Privatisierung.<br />
• Wir wollen gute Arbeitsbedingungen im Krankenhaus und ambulantem<br />
Gesundheitswesen. Dazu gehören insbesondere gesetzliche<br />
Personalstandards in der Pflege, aber auch in allen anderen<br />
Patientenrelevanten Bereichen.<br />
• Lohndumping wird nicht mehr belohnt. Wettbewerb um schlechte<br />
Löhne nützt niemandem im Gesundheitswesen. Deshalb wollen<br />
wir allgemeinverbindliche Tarife für das Gesundheitswesen<br />
und bis dahin eine Anpassung der Erlöse an den Tarif und die<br />
Personalausstattung.<br />
• Das Modell der Fallpauschale hat seine Wirkungen entfaltet,<br />
zeigt aber inzwischen deutlich ihre Mängel. Alle bekannten Probleme<br />
der marktorientierten Honorierung, die seit langem aus<br />
dem ambulanten Sektor bekannt waren, finden sich in verschärfter<br />
Form. Deshalb muss die Krankenhausfinanzierung wieder am<br />
Leistungsbedarf orientiert werden. Erlöse dürfen nicht länger in<br />
Konflikt mit Versorgungsfragen geraten, sondern einen festgestellten<br />
und vereinbarten Bedarf abdecken.<br />
• In der Arzneimittelversorgung bedarf es eines weiteren Ausbaus<br />
der Nutzenbewertung zu einem effektiven Instrument der Preisund<br />
Qualitätssteuerung. Die erkannten Defizite der Rabattverträge<br />
müssen beachtet und angemessen weiterentwickelt werden.<br />
• Festbetragsregelungen im Bereich der Heil- und Hilfsmittelversorgung,<br />
beim Zahnersatz u. s. w. sind eine Einladung zum<br />
Missbrauch eines Wissengefälles zwischen Leistungsanbieter<br />
und Patient. Sie müssen abgeschafft werden und der Schutz aller<br />
Patienten vor Übervorteilung an erster Stelle stehen.<br />
• Mit der Einführung der Bürgerversicherung und der Schaffung<br />
eines einheitlichen, am Modell der GKV orientierten Krankenversicherungswesens<br />
muss auch die Honorierung medizinischer<br />
Leistungen nach einheitlichen Kriterien erfolgen und die bestehende<br />
Zwei Klassen Medizin überwinden.<br />
• Der Wettbewerb der Krankenkassen muss der Aufgabe angemessen<br />
als Wettbewerb um die Qualität von Versorgung und Versorgungskonzepten<br />
weiterentwickelt werden. Gleichzeitig sind<br />
auch die Krankenkassen einer strikten Kontrolle zu unterwerfen,<br />
um überrestriktive Genehmigungsentscheidungen zu verhindern.<br />
Die Rolle der Patienten in der Versorgungssteuerung stärken<br />
Die Lage und Rolle der Patientinnen und Patienten im Gesundheitswesen<br />
ist bestimmt vom Spannungsfeld zwischen Autonomie<br />
und Selbstbestimmung einerseits und berechtigtem Anspruch auf<br />
Fürsorge und Fürsorglichkeit andererseits. Empathie der Akteure<br />
und genügend Zeit für eine der Intimität körperlicher Untersuchung<br />
angemessene Vertrauensbasis ist ein elementares Patientenrecht!<br />
Patientenautonomie und Eigenverantwortung sind keine Ausrede<br />
zur Reduzierung von Fürsorgeansprüchen und zur Vermeidung<br />
von Fürsorgepflichten. Patienten sollen frei entscheiden dürfen und<br />
können, aber nicht müssen. Sie haben auch einen Anspruch darauf,<br />
sich leiten zu lassen, wenn sie es wünschen, und auf ein Versorgungssystem<br />
zu treffen, dass mit der Abhängigkeit der Patienten<br />
verantwortlich umgeht.<br />
Wir wollen eine deutliche Stärkung der Rolle der Patienten durch<br />
Einbindung in die Steuerungsfunktion regionaler Gesundheitskonferenz,<br />
wie es auch in allen anderen Planungsverfahren geboten ist.<br />
Es geht um einen strategischen Ansatz der Aktivierung der Bürgerinnen<br />
und Bürger vor Ort auch für ihre gesundheitliche Interessenwahrnehmung.<br />
Patientenberatungsstellen müssen ein verlässliches, seriöses, umfassendes<br />
und flächendeckendes Angebot werden, um die Entscheidungsmöglichkeiten<br />
der Patienten zu stärken. Die Beratungsqualität<br />
muss Parameter Qualitätssicherung sein. Ombuds-Leute<br />
oder Patientenvertreter auf Kommunal- und Landesebene müssen<br />
für jeden erreichbar sein und Klärungskompetenzen in Streitfragen<br />
um Verordnungen und Behandlungsverweigerungen erhalten.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
113
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Die Rolle der Selbsthilfe muss ausgebaut werden zu einer autonomen,<br />
von wirtschaftlichen Interessen der Gesundheitswirtschaft<br />
unabhängigen Interessenvertretung.<br />
Wir wollen die Qualität medizinischer Beratungen in Medien und<br />
Internet verbessern, um Patienten vor gefährlicher Falschinformation<br />
zu schützen. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass medizinische<br />
und heilkundliche Beratung sowie jede professionelle oder<br />
in professioneller oder gewerblicher Absicht erbrachte Beratung in<br />
medizinischen und heilberuflichen Fragen eine staatliche Zulassung<br />
in einem Heilberuf oder eine spezielle Zulassung voraussetzt.<br />
Der Beratungsverantwortliche muss eindeutig erkennbar sein.<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 10<br />
Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
im Gesundheitswesen<br />
Sicherstellung der Versorgung<br />
der Bevölkerung mit medizinisch<br />
notwendigen Krankenhausleistungen<br />
durch Änderung der Paragraphen 17b<br />
und 17d des KHG<br />
Forderungen an die Bundespartei und die Bundestagsfraktion: die<br />
Paragraphen 17b und 17d des Krankenhausfinanzierungsgesetzes<br />
zu ändern um die Versorgung der Bevölkerung mit medizinisch<br />
notwendigen Krankenhausleistungen sicherzustellen.<br />
G10<br />
Sicherstellung der Versorgung<br />
der Bevölkerung mit medizinisch<br />
notwendigen Krankenhausleistungen<br />
durch Änderung der Paragraphen 17b<br />
und 17d des KHG<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 11<br />
Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
im Gesundheitswesen<br />
Übergang des Sicherstellungsauftrags für<br />
die ärztliche Versorgung auf die jeweilige<br />
Gebietskörperschaft<br />
Wir fordern die Bundespartei und die Bundestagsfraktion auf im<br />
Sozialgesetzbuch V - Fünftes Buch Gesetzliche Krankenversicherung<br />
– den Sicherstellungsauftrag für die ärztliche Versorgung<br />
ersatzweise den Kommunen zu übertragen durch Einfügung des §<br />
72b SGBV „Übergang des Sicherstellungsauftrags auf die jeweilige<br />
Gebietskörperschaft“<br />
Der neu zu fassende § 72b SGB V muss folgende Grundsätze regeln:<br />
Die jeweilige Gebietskörperschaft hat die ärztliche Versorgung<br />
durch die Einrichtung von Medizinischen Versorgungszentren sicherzustellen.<br />
Die Gebietskörperschaft tritt als Betreiber, bzw.<br />
mehrheitlicher Gesellschafter auf und hat im Rahmen des Sicherstellungsauftrages<br />
ein Vorkaufsrecht für freigewordene oder freiwerdende<br />
Arztpraxen.<br />
G11<br />
Übergang des Sicherstellungsauftrags für<br />
die ärztliche Versorgung auf die jeweilige<br />
Gebietskörperschaft<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
60<br />
65<br />
114
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 12<br />
Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
im Gesundheitswesen<br />
Aufgaben des öffentlichen<br />
Gesundheitsdienstes neu fassen und<br />
Mindeststandards auf Bundesebene<br />
einzuführen<br />
Wir fordern die Bundespartei und die Bundestagsfraktion auf, die Rahmenbedingungen<br />
für die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes<br />
neu zu fassen und Mindeststandards auf Bundesebene einzuführen.<br />
G12<br />
Aufgaben des öffentlichen<br />
Gesundheitsdienstes neu fassen und<br />
Mindeststandards auf Bundesebene<br />
einzuführen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 13<br />
Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
im Gesundheitswesen<br />
Einführung einer Positivliste für<br />
Arzneimittel<br />
Wir fordern die Bundespartei und die Bundestagsfraktion auf sich<br />
für die Einführung einer Positivliste für Arzneimittel einzusetzen.<br />
Die Arzneimittelpositivliste soll durch unabhängige Forschungsinstitute<br />
entwickelt und durch einen Forschungsfond finanziert werden.<br />
G13<br />
Einführung einer Positivliste für<br />
Arzneimittel<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 14<br />
Ortsverein Marienburger Höhe/Itzum (Bezirk Hannover)<br />
Medizinprodukte vor Einführung<br />
eingehend prüfen und verantwortlich<br />
zulassen<br />
Medizinprodukte, die als Implantate in den menschlichen Körper<br />
eingesetzt werden, müssen wie Arzneimittel einem gründlichen<br />
staatlichen Zulassungsverfahren unterzogen werden. Entsprechende<br />
gesetzliche Regelungen sind zu beschließen.<br />
G14<br />
Medizinprodukte vor Einführung<br />
eingehend prüfen und verantwortlich<br />
zulassen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 15<br />
Landesverband Berlin<br />
Patientenquittung für Alle:<br />
Patientenrechte stärken, Transparenz<br />
erhöhen!<br />
Seit bald 10 Jahren haben gesetzlich versicherte Patientinnen und<br />
Patienten in der Arztpraxis und im Krankenhaus das Recht, eine<br />
Patientenquittung zu verlangen. In der Praxis bestehen ganz erhebliche<br />
Hürden, dieses wichtige Instrument zur Erhöhung der Transparenz<br />
zu nutzen. Daher setzt sich die <strong>SPD</strong> in Regierungsverantwortung<br />
dafür ein, die Aushändigung einer Patientenquittung nach<br />
ambulanten und stationären Behandlungen für Leistungserbringer<br />
gesetzlich verpflichtend zu machen.<br />
G15<br />
Patientenquittung für Alle:<br />
Patientenrechte stärken, Transparenz<br />
erhöhen!<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
115
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 16<br />
Landesverband Berlin<br />
Transparenz für Patientinnen und<br />
Patienten: Qualitätsdaten von<br />
Krankenhäusern und Ärzten endlich<br />
veröffentlichen<br />
Die Qualität medizinischer Leistungen variiert erheblich zwischen<br />
verschiedenen Krankenhäusern sowie zwischen niedergelassenen<br />
Ärztinnen und Ärzten. Dennoch haben Patientinnen und Patienten<br />
bisher kaum eine Chance, selbstbestimmt anhand von Qualitätsdaten<br />
ihre Entscheidung für oder gegen einen Leistungserbringer zu<br />
treffen, da diese Daten bisher nur in geringem Maße veröffentlicht<br />
werden.<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion daher auf, sich für<br />
eine einrichtungsbezogene Veröffentlichung von Qualitäts- und<br />
Referenzdaten einzusetzen und damit Patientinnen und Patienten<br />
die Transparenz zu gewährleisten, die ihnen zusteht. Qualitätsberichte<br />
müssen daher für Patienten und Patienten besser lesbar, besser<br />
zugänglich und verständlicher sein.<br />
G16<br />
Transparenz für Patientinnen und<br />
Patienten: Qualitätsdaten von<br />
Krankenhäusern und Ärzten endlich<br />
veröffentlichen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 17<br />
Bezirk Hannover<br />
Beseitigung des generellen<br />
Blutspendeverbots von homo- und<br />
bisexuellen Männern<br />
Wir fordern die Beseitigung des grundsätzlichen Ausschlusses von<br />
homo- oder bisexuellen Männern bei der Blutspende. Die im Fragebogen<br />
für Blutspenden vorhandene Frage zur Sexualität und der<br />
daraufhin folgende Ausschluss sind nicht mehr zeitgemäß und stellen<br />
eine Diskriminierung von Homosexuellen Männern dar.<br />
Wir erachten zudem eine allgemeine Fragestellung auf die sexuelle<br />
Aktivität der Blut spendenden Person ohne eine Geschlechterspezifikation<br />
als sinnvoll. Die Bundesärztekammer ist aufzufordern, ihre<br />
Richtlinien bezüglich der Blutspende dahingehend zu verändern.<br />
G17<br />
Beseitigung des generellen<br />
Blutspendeverbots von homo- und<br />
bisexuellen Männern<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 18<br />
Unterbezirk Lüneburg (Bezirk Hannover)<br />
Beseitigung des generellen<br />
Blutspendeverbots von homo- und<br />
bisexuellen Männern<br />
Wir fordern die Beseitigung des grundsätzlichen Ausschlusses<br />
von homo- oder bisexuellen Männern bei der Blutspende. Die im<br />
Fragebogen für Blutspenden vorhandene Frage zur Sexualität und<br />
der daraufhin folgende Ausschluss sind nicht mehr zeitgemäß und<br />
stellen eine Diskriminierung von Homosexuellen Männern dar. Wir<br />
erachten zudem eine allgemeine Fragestellung auf die sexuelle Aktivität<br />
der blutspendenden Person ohne eine Geschlechterspezifikation<br />
als sinnvoll.<br />
G18<br />
Beseitigung des generellen<br />
Blutspendeverbots von homo- und<br />
bisexuellen Männern<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
116
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 19<br />
Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
im Gesundheitswesen<br />
Kollektive und individuelle Rechte von<br />
Patientinnen und Patienten stärken<br />
In der sozialdemokratischen Gesundheitspolitik haben die Rechte<br />
von Patientinnen und Patienten große Bedeutung. Die <strong>SPD</strong> hat deshalb<br />
in ihrer Regierungszeit verstärkt Patientenrechte im Gesundheitssystem<br />
verankert, insbesondere die Einrichtung des Institutes<br />
für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG),<br />
die Einführung von qualitätsgesicherten Früherkennungsuntersuchungen,<br />
beginnend mit dem Mammografiescreening, Mitberatungs-<br />
und Antragsrechte für Patientenvertreter im gemeinsamen<br />
Bundesausschuss, die Installierung einer unabhängigen Patientenberatung,<br />
die rechtliche Verbindlichkeit von Patientenverfügungen,<br />
sowie die Schaffung des Amtes der oder des Patientenbeauftragten<br />
der Bundesregierung.<br />
Patientinnen und Patienten fühlen sich dennoch häufig als Bittsteller<br />
im Gesundheitssystem und sind im Konfliktfall gegenüber den<br />
Leistungserbringern und den Krankenkassen häufig unterlegen.<br />
Die Mitbestimmungsmöglichkeiten von Patienten auf individueller<br />
und kollektiver Ebene im Gesundheitssystem sind nicht ausreichend.<br />
Ein modernes Patientenrechtegesetz muss deswegen nicht nur das<br />
bisher bestehende Recht zusammenführen und auf Vollzugsdefizite<br />
reagieren. Die Patientenrechte sind weiter zu entwickeln. Es sind<br />
z.B. die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Rechtsanspruch<br />
der Patientinnen und Patienten auf zeitnahe, qualitativ gute<br />
und sichere Behandlung tatsächlich erfüllt wird.<br />
Patientinnen und Patienten sollen dabei von Betroffenen zu Beteiligten<br />
werden. Das setzt auf individueller Ebene eine umfassende<br />
Aufklärung der Patientinnen und Patienten durch die behandelnden<br />
Ärzte voraus, einschließlich diagnostischer und therapeutischer Alternativen.<br />
Partnerschaftliche Entscheidungen von Arzt und Patient<br />
über die durchzuführende Diagnostik und Therapie führen außerdem<br />
zu einer aktiven Krankheitsbewältigung und zu nachweislich<br />
besseren Behandlungsergebnissen. Das führt auch zu einer höheren<br />
Berufszufriedenheit für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte.<br />
Im Falle eines Behandlungsfehlers ist es notwendig, Patientinnen<br />
und Patienten besser zu unterstützen und ihre Rechtsposition zu<br />
stärken. Die Kompetenz und die Erfahrungen von Patientinnen und<br />
Patienten sind über ihre Vereine und Verbände für die Gestaltung<br />
und Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems stärker zu<br />
nutzen. Hierfür kann die Einrichtung einer „Nationalen Patientenstiftung“,<br />
die die Aufgaben der Patientenberatung, Interessenvertretung<br />
und Herstellung der Qualitätstransparenz bündelt, dienen.<br />
Wir wollen folgende konkreten Grundsätze und Vorhaben umsetzen:<br />
Verbesserung der Patientenberatung und der medizinischen<br />
Behandlung<br />
1. Patientinnen und Patienten haben ein Recht auf fachgerechte<br />
Behandlung nach dem wissenschaftlich anerkannten<br />
und gesicherten Qualitätsstandard für die jeweiligen Heilund<br />
Gesundheitsfachberufe.<br />
Diese Forderung setzen ein Qualitätsmanagement und Qualitätssicherungsinstrumente,<br />
die der Patientensicherheit dienen, bei<br />
allen Leistungserbringern voraus. Insbesondere bei chronischen<br />
und schweren Erkrankungen sollen Behandlungsziele vereinbart<br />
werden.<br />
Das Selbstbestimmungsrecht der Patientinnen und Patienten endet<br />
nicht an der Grenze der Einwilligungsfähigkeit. Der mutmaßliche<br />
Wille sowie sprachliche und nichtsprachliche Äußerungen,<br />
G19<br />
Kollektive und individuelle Rechte von<br />
Patientinnen und Patienten stärken<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
117
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
die auf eine Verweigerung der Behandlung schließen lassen, sind<br />
zu berücksichtigen.<br />
Die Behandelnden sind zur Verschwiegenheit über das, was ihnen<br />
im Rahmen des Behandlungsverhältnisses anvertraut wurde<br />
oder bekannt geworden ist, verpflichtet. Es wird eine Regelung<br />
zu den Voraussetzungen geschaffen, unter denen sie nach dem<br />
Tod eines Patienten oder einer Patientin gegenüber deren Erben<br />
und/oder Angehörigen von der Schweigepflicht entbunden sind.<br />
2. Patientinnen und Patienten haben ein Recht auf eine rechtzeitige,<br />
umfassende und verständliche Aufklärung über alle<br />
für die Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechtes über ihre<br />
medizinische Behandlung wesentlichen Punkte einschließlich<br />
Behandlungsalternativen, auch wenn diese vom aufklärenden<br />
Arzt selbst nicht angeboten werden können. Patienten<br />
haben auch ein Recht auf Nichtwissen.<br />
Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sind bis auf ganz<br />
wenige Ausnahmen, wie z. B. Reiseimpfungen, keine notwendigen<br />
medizinischen Leistungen. Für die Beratungsgespräche<br />
zu IGeLn gilt daher eine ganz besondere Sorgfalt. Keinesfalls<br />
dürfen Patienten überrumpelt werden: Sie brauchen ausreichend<br />
Bedenkzeit. Bei IGeLn muss grundsätzlich ein schriftlicher Behandlungsvertrag<br />
geschlossen werden.<br />
In einem persönlichen Gespräch sind Patientinnen und Patienten<br />
umfassend über die Individuelle Gesundheitsleistung aufzuklären,<br />
u. a. auch darüber, warum diese nicht Leistung der Gesetzlichen<br />
Krankenkasse ist, bzw. in welchen Fällen sie es wäre. Diese<br />
Beratungsgespräche sind ausschließlich von den behandelnden<br />
Ärztinnen und Ärzten vorzunehmen, nicht an Dritte zu delegieren<br />
und kein Ersatz für eine schriftliche Aufklärung.<br />
Bei Formverstößen, z. B. fehlenden Informationen im Behandlungsvertrag<br />
oder fehlender schriftlicher Rechnung, sind die Patientinnen<br />
und Patienten nicht verpflichtet, für die Leistung zu<br />
zahlen.<br />
3. Patientinnen und Patienten haben ein Recht auf eine wahrheitsgemäße,<br />
fälschungssichere und vollständige Dokumentation.<br />
Ihnen ist auf Verlagen Einsicht in die Dokumentation zu gewähren<br />
und eine Kopie der Dokumentation auszuhändigen. Die Dokumentation<br />
ist kein Selbstzweck. Sie dient in gleichem Maße<br />
als Gedächtnisstütze für den Behandelnden, dem Informationsfluss<br />
unter verschiedenen Behandelnden und somit dem Behandlungserfolg,<br />
sowie dem Interesse des Patientinnen und Patienten.<br />
In den Patientenakten sind Änderungen und die Person, welche<br />
die Änderungen vorgenommen hat, kenntlich zu machen. Auf<br />
Wunsch sind den Patientinnen und Patienten unverzüglich Kopien<br />
und eine Erklärung über deren Vollständigkeit zur Verfügung<br />
zu stellen.<br />
Eine Einschränkung des Rechts auf Akteneinsicht kann in bestimmten<br />
Fällen, z. B. im Rahmen einer psychiatrischen Behandlung<br />
zur Wahrung medizinisch begründeter Patientenschutzinteressen,<br />
notwendig sein. Diese bedarf jedoch einer schriftlichen<br />
individuellen Begründung von Seiten des behandelnden Therapeuten.<br />
Behandelnde und Pflegende sind auch zur Dokumentation<br />
der von ihnen erbrachten Leistungen und verwendeter Medizinprodukte<br />
verpflichtet. Im Zweifelsfall sind so Patientinnen<br />
und Patienten identifizierbar, die ein bestimmtes mängelbehaftetes<br />
Produkt implantiert bekommen haben.<br />
Patientinnen und Patienten haben das Recht auf eine Gegendarstellung,<br />
wenn sie Fehler in ihren Behandlungsunterlagen bemerken,<br />
z.B. bei der dokumentierten Aufklärung.<br />
4. Patientinnen und Patienten erhalten nach jedem größeren<br />
Eingriff und beim Verlassen des Krankenhauses einen Patientenbrief.<br />
In diesem allgemeinverständlich formulierten Schreiben erhalten<br />
sie Informationen über den durchgeführten Eingriff die<br />
118
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
angewandten Methoden ggf. über verwendete Hilfsmittel und<br />
Implantate, den Verlauf und darüber, ob und zu welchen Komplikationen<br />
es gekommen ist. Der Patientenbrief dient der besseren<br />
Information der Patienten und soll auch die Zahl unnötiger Klagen<br />
senken, die auf der Grundlage von Intransparenz angestrengt<br />
werden. Gleichzeitig erhöht der Patientenbrief die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass die Patientinnen und Patienten bei einem tatsächlichen<br />
Fehler entschädigt werden.<br />
5. Die Sicherheit bei Medizinprodukten muss dringend verbessert<br />
werden.<br />
Es ist nicht nachvollziehbar, dass für Medizinprodukte höherer<br />
Risikoklassen geringerer Sicherheitsstandards gelten als für Medikamente.<br />
Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich auf europäischer<br />
Ebene dafür einzusetzen, dass für Medizinprodukte<br />
höherer Risikoklassen (z. B. alle Produkte, die im menschlichen<br />
Körper verbleiben) europaweit eine einheitliche amtliche Zulassung<br />
eingeführt wird. Um schnell einen besseren Schutz der Patientinnen<br />
und Patienten in Deutschland zu erreichen, soll die Erstattung<br />
durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nur<br />
für diejenigen Produkte übernommen werden, für die ein Patientennutzen<br />
im Verhältnis zu den Risiken nachgewiesen ist (analog<br />
der frühen Nutzenbewertung bei den Arzneimitteln).<br />
Die in Deutschland mit der technischen Prüfung der Medizinprodukte<br />
benannten Stellen, sollen diese Prüfung nicht mehr nur an<br />
Hand eingereichter Papiere vornehmen, sondern an Hand einer<br />
Baumusterprüfung. Die auf dem Markt befindlichen Medizinprodukte<br />
sind durch regelmäßige Stichprobenziehungen mit den<br />
Baumustern zu vergleichen. Im Rahmen unangekündigter Kontrollen<br />
in den Fertigungsbetrieben sollen ebenfalls Stichproben<br />
gezogen und geprüft werden.<br />
Die Hersteller von Medizinprodukten werden verpflichtet eine<br />
Haftpflichtversicherung abzuschließen, so dass sichergestellt ist,<br />
dass im Fall eines Schadens die betroffenen Patientinnen und Patienten<br />
entschädigt werden.<br />
Ein Implantatregister zur Versorgungsforschung und ein Verzeichnis<br />
zur Rückverfolgung bei bekannt gewordenen Problemen<br />
sollen eingerichtet werden.<br />
6. Case- und Care-Management<br />
Fallmanagement muss nicht nur in einzelnen Projekten der Integrierten<br />
Versorgung, sondern auch innerhalb der Regelversorgung<br />
breitere Anwendung finden. Gerade beim Übergang vom<br />
Krankenhaus in den ambulanten Bereich oder beim Vorliegen<br />
von chronischen Erkrankungen, die nicht durch Disease-Management-Programme<br />
erfasst sich, benötigen Patientinnen und<br />
Patienten oft Unterstützung.<br />
Stärkung der kollektiven Beteiligungsrechte der Patientinnen<br />
und Patienten<br />
7. Die unabhängige Patientenberatung Deutschlands (UPD)<br />
braucht ein flächendeckendes Netz von Beratungsstellen,<br />
eine deutlich bessere Personalausstattung als heute und eine<br />
verlässliche Finanzierung, damit sie ihre Aufgaben auch tatsächlich<br />
wahrnehmen kann.<br />
Der mangelnde Bekanntheitsgrad der heutigen UPDs liegt vor<br />
allem daran, dass auf Grund der zu geringen Personalausstattung<br />
die Beratungsstellen schon heute überlastet sind. Eine öffentlichkeitswirksame<br />
Werbung unterbleibt deswegen. Darüber hinaus<br />
ist auch eine stärkere Einbindung der Selbsthilfeorganisationen<br />
in die Arbeit der UPD notwendig.<br />
Die UPD sollte sich darüber hinaus mit bestehenden Institutionen<br />
in den Bereichen der Pflege- und Rehaberatung (z.B. Pflegestützpunkte)<br />
vernetzen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
8. Die Leistungen der Selbsthilfe sollen evaluiert und entsprechend<br />
weitreichender unterstützt werden.<br />
119
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Ehrenamtliche Selbsthilfegruppen sparen dem Gesundheitssystem<br />
nicht nur Transaktions- und Bürokratiekosten, es gibt auch<br />
deutliche Hinweise, dass sie durch ihre Arbeit einen Beitrag zur<br />
Verbesserung der Gesundheit ihrer Mitglieder leisten. Eine wissenschaftliche<br />
Evaluation dieser positiven Effekte soll helfen,<br />
Selbsthilfegruppen zielgerichteter zu fördern und besser in das<br />
Gesundheitssystem zu integrieren (z.B. über Projekte der Integrierten<br />
Versorgung).<br />
9. Die kollektiven Beteiligungsrechte der Patienten und Patientinnen<br />
im Gesundheitswesen über Verbände und fachkundige<br />
Organisationen werden durch Gesetz auf Bundes- wie auf<br />
Landesebene gestärkt und die dafür notwendigen Ressourcen<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
Insbesondere an der Bedarfsplanung der medizinischen Versorgung<br />
sind die Patientenvertretungen zu beteiligen. Die Patientenvertreter<br />
im Gemeinsamen Bundesausschuss müssen ein Stimmrecht<br />
in Verfahrensfragen erhalten. Weiterhin wird ein unabhängiges<br />
„Institut für Patientenbelange“ eingerichtet, das die Patientenvertreter<br />
professionell unterstützt. Damit werden die Vorteile<br />
und der Wissensvorsprung, den die Bänke der Kostenträger und<br />
Leistungserbringer haben, besser ausgeglichen.<br />
10. Neben dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung<br />
sollten in allen Bundesländern Patientenbeauftragte ihre<br />
Arbeit aufnehmen.<br />
Die regionalen Kenntnisse sind hilfreich, sowohl konkrete<br />
Probleme im Einzelfall zu lösen als auch strukturelle Probleme<br />
der Gesundheitsversorgung in der Region zu identifizieren<br />
und zu Verbesserungen zu kommen.<br />
Besserer Umgang mit Behandlungsfehlern<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
11. Wir brauchen einen offenen Umgang mit Fehlern und „Beinahe<br />
Fehlern“ im Gesundheitssystem.<br />
Es ist nicht ehrenrührig einen Fehler zu machen, wohl aber,<br />
diesen zu vertuschen. Notwendig sind Verbesserungen im Bereich<br />
des Risikomanagements. Entsprechende Standards sind so<br />
verbindlich möglich zu festzulegen. Dabei sind alle beteiligten<br />
Berufsgruppen einzubeziehen. Arbeitsrechtliche Sanktionen für<br />
Meldungen eigener und fremder Fehler sind gesetzlich auszuschließen.<br />
12. Die gesetzlichen Krankenkassen und die privaten Krankenversicherungen<br />
müssen ihre Versicherten in Schadensfällen<br />
unterstützen.<br />
Das umfasst Schäden die aus Behandlungsfehlern, fehlerhaften<br />
Medizinprodukten und fehlerhaften Arzneimitteln entstanden<br />
sind. Eine weitergehende Unterstützung von Patientinnen und<br />
Patienten bei Gerichtsprozessen ist zu prüfen.<br />
13. Es soll ein besonderes Mediations- und Schiedsverfahren<br />
für Fälle der Arzt- bzw. Krankenhaushaftung eingeführt.<br />
Dieses Verfahren soll bei einzurichtenden Schlichtungsstellen<br />
durchgeführt werden, in denen Ärzte, Vertreter der Krankenkassen<br />
und der Patienten vertreten sind. Ein Mitglied der<br />
Schlichtungskommission muss die Befähigung zum Richteramt<br />
haben. Die Schlichtungsstelle betreibt zunächst die Sachverhaltsaufklärung<br />
bezüglich der Frage, ob ein für den Schaden<br />
ursächlicher Behandlungsfehler vorliegt und kann dann auf<br />
Antrag der Patientin bzw. des Patienten ein Vergleichsverfahren<br />
durchführen. Das Ergebnis dieses Schlichtungsverfahrens entspricht<br />
in der Wirkung einem gerichtlichen Vergleich und kann<br />
vollstreckt werden. Mit diesen neutralen Schlichtungsstelle<br />
kann eine Zahl von Arzthaftungsprozessen vermieden werden.<br />
Das liegt sowohl im Interesse der Patientinnen und Patienten<br />
als auch der Ärztinnen und Ärzte.<br />
120
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
14. Er wird ein Härtefallfonds aufgelegt, der Patientinnen und<br />
Patienten bei denen ein Behandlungsfehler vermutet wird<br />
und bei denen die Kriterien für einen Härtefall erfüllt sind,<br />
finanzielle Unterstützung gewährt.<br />
Der Fonds tritt zunächst für diejenigen Patientinnen und Patienten<br />
ein, die in einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus<br />
einen Schaden erleiden. Nach Evaluation soll er zu<br />
einem späteren Zeitpunkt alle Patientinnen und Patienten unterstützten,<br />
unabhängig davon, in welchen Einrichtungen oder<br />
von welchen Gesundheitsberufen sie behandelt wurden. Dieser<br />
Härtefallfond ist kein Ersatz für Schadensersatzansprüche, die<br />
durchaus eingeklagt werden sollen.<br />
Bei Durchsetzung eines Schadenersatzanspruches ist bis zur<br />
Höhe der dabei erhaltenen Entschädigung die seitens des Härtefallfonds<br />
erbrachte Zahlung an diesen zurückzuzahlen. Bei eindeutiger<br />
Beweislage und problemlos erscheinender Durchsetzbarkeit<br />
des Schadensersatzanspruches tritt der Härtefallfond<br />
nicht ein. Die Kosten für einen Härtefallfonds sind durch ein<br />
Mischmodell von den Haftpflichtversicherern der Leistungserbringer,<br />
aus den bereits zu erbringenden Zuzahlungen der gesetzlich<br />
Versicherten zum Krankenhausaufenthalt, durch eine<br />
analoge Abgabe der PKV-Versicherten sowie aus Steuermitteln<br />
zu erbringen. In Anlehnung an den Wiener Härtefallfonds und<br />
nach Hochrechnung auf Deutsche Verhältnisse werden die Gesamtkosten<br />
auf höchstens 60 Mio. Euro im Jahr geschätzt.<br />
Darüber hinaus ist zu prüfen, ob alternativ zum bestehenden<br />
Haftungsrecht, eine Überführbarkeit der Haftungsleistung in<br />
die gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), mit dem Leistungsrahmen<br />
des SGB VII möglich ist.<br />
15. Es soll weitergehende Beweiserleichterungen für die Betroffenen<br />
von Behandlungsfehlern und fehlerhaften Medizinprodukten<br />
geben.<br />
Als Ergänzung zum geltenden Recht, wonach eine Beweislastumkehr<br />
nur bei schweren Behandlungsfehlern eintritt, sollen<br />
diese Regelung auch in anderen Fällen greifen, beispielsweise<br />
wenn die Qualitätsberichte eines Krankenhauses vergleichsweise<br />
hohe Komplikationsraten bei bestimmten Eingriffen belegen.<br />
Auch bei unterlassenen Meldungen bei Vorfällen mit Medizinprodukten<br />
durch einen Arzt oder ein Krankenhaus soll eine Beweislastumkehr<br />
zur Anwendung kommen, so dass Patientinnen<br />
und Patienten bei späteren gerichtlichen Auseinandersetzungen<br />
bessergestellt werden. Bei fehlerhaften Serien von Medizinprodukten<br />
wird es den betroffenen Patientinnen und Patienten außerdem<br />
ermöglicht, auch vor Eintritt eines möglichen Schadens<br />
die Medizinprodukte der fehlerhaften Serie auf Kosten des Herstellers<br />
austauschen zu lassen.<br />
16. Die Bundesländer sollen eine gemeinsame Regelung treffen,<br />
mit der alle Ärztinnen und Ärzte verpflichtet werden, in<br />
regelmäßigen Abständen nachzuweisen, dass sie über eine<br />
Haftpflichtversicherung verfügen, die den gesamten Umfang<br />
ihrer Tätigkeit umfasst und in ausreichendem Maße<br />
abdeckt.<br />
Verstöße gegen diese Pflicht werden sanktioniert. Wir brauchen<br />
mehr Qualitätstransparenz für den Patienten. Damit Patientinnen<br />
und Patienten ihr Selbstbestimmungsrecht ausüben können,<br />
müssen sie auch Zugang zu Qualitätsdaten in der ambulanten<br />
und stationären Versorgung einrichtungsbezogen erhalten.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
121
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 20<br />
Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Soziale Gerechtigkeit, gerechtere<br />
Sozialabgaben<br />
Wir fordern die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung<br />
der Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung. Zurzeit beträgt<br />
der Beitragssatz 15,5%. Wir fordern eine Beitragssenkung<br />
von 0,5% auf 15% des Bruttoeinkommens. (Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
jeweils 7,5%).<br />
Darüber hinaus fordern wir die Einführung der Bürgerversicherung<br />
als Voraussetzung zu einer zukünftigen Regierungsbeteiligung! Die<br />
Beiträge zur Pflegeversicherung von derzeit 1,95% sollen sich verändern<br />
auf 2.20%, die ebenfalls paritätisch von Arbeitgebern und<br />
Arbeitnehmern zu zahlen sind.<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 21<br />
Ortsverein München Trudering (Landesverband Bayern)<br />
Aktion gegen MRSA (und anderer<br />
relevanten Krankenhauskeime) - jetzt<br />
Wir fordern von der <strong>SPD</strong>-Fraktion im Bundestag sich gegen die<br />
Zunahme der Verbreitung der Problemkeime, u.a. MRSA, einzusetzen<br />
und die Bundesregierung aufzufordern folgende Maßnahmen<br />
zu ergreifen:<br />
1. Einführung eines strikteren, gesetzlich verbindlichen Aufnahmescreenings<br />
in Krankenhäuser, Schaffung der hierzu nötigen<br />
personellen und baulichen Situation in unseren Krankenhäuser<br />
gemäß dem niederländischen System<br />
2. Einführung von „Hygiene-Kontrolleuren“ in den Krankenhäuser<br />
gemäß schwedischem Vorbildung, die mit der nötigen Kompetenz<br />
gegenüber Klinikleitungen, Verwaltung, Chefärzten und<br />
dem restlichen Klinikpersonal ausgestattet sind<br />
3. Einführung einer strikteren Kleiderordnung gemäß schwedischen<br />
Vorbild unter Einsatz von Einmalwäsche<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 22<br />
Unterbezirk Groß-Gerau (Bezirk Hessen-Süd)<br />
Kreiskrankenhaus muss in öffentlicher<br />
Trägerschaft bleiben<br />
Die <strong>SPD</strong> bekennt sich zum Erhalt der Kreiskliniken in öffentlicher<br />
Trägerschaft. Sie wendet sich entschieden gegen die Privatisierung<br />
öffentlicher Krankenhäuser, denn die Ökonomisierung des Gesundheitswesens<br />
führt zu einer Fehlversorgung der Bevölkerung.<br />
Die Interessen von Pharmaindustrie- und Geräteherstellen werden<br />
bedient, die Patienten werden mit immer mehr Zuzahlungen belastet.<br />
Die Sparzwänge des Bundesgesundheitsministeriums bedrohen<br />
auch die Kreisklinik Groß- Gerau in ihrer Existenz und gefährden<br />
damit die Sicherstellung einer optimalen, wohnortnahen medizinischen<br />
Versorgung.<br />
G20<br />
Soziale Gerechtigkeit, gerechtere<br />
Sozialabgaben<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
G21<br />
Aktion gegen MRSA (und anderer<br />
relevanten Krankenhauskeime) - jetzt<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
G22<br />
Kreiskrankenhaus muss in öffentlicher<br />
Trägerschaft bleiben<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
122
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Wir fordern:<br />
• den Erhalt der wohnortnahen Versorgung<br />
• den Erhalt des hohen medizinischen Standards<br />
• Sicherstellung einer der Verantwortung angemessenen Bezahlung<br />
des Personals<br />
Wir fordern die Akteure aus Bund, Land und den Krankenkassen<br />
auf, die Verantwortung anzunehmen und zu handeln indem die Investitionskostenförderung<br />
des Landes stärker an den tatsächlichen<br />
Investitionserfordernissen ausgerichtet wird. Wir kritisieren die<br />
vom Bund und vom Land auferlegten Sparzwänge beim Personal<br />
und bei den Investitionen, da diese zulasten der Behandlungs- und<br />
Betreuungsqualität in den Krankenhäusern - und damit zulasten der<br />
Patienten gehen. Wir kritisieren den Umgang der Bundesregierung<br />
mit den Milliardengewinnen der Krankenkassen. Wir fordern die<br />
Bundesregierung auf. diese zur Zukunftssicherung des Gesundheitswesens<br />
einzusetzen. Den öffentlichen Krankenhäusern müssen<br />
die zur Ausgabendeckung erforderlichen Einnahmen zur Verfügung<br />
stehen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 23<br />
Landesverband Sachsen<br />
(Neugeborenen) Screening auf<br />
Mukoviszidose (Cystische Fibrose)<br />
als Leistung der gesetzlichen<br />
Krankenversicherungen.<br />
Frühzeitige Diagnose verbessert Therapiechancen. Die Bestrebungen<br />
zur Aufnahme des Screeningverfahrens auf Cystische Fibrose<br />
(Mukoviszidose) in die „Richtlinien des Bundesausschusses der<br />
Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten<br />
bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres“ (Kinder-<br />
Richtlinien) sind zu unterstützen und voranzutreiben.<br />
Das bisher kostenpflichtige Früherkennungsverfahren aus Bestimmung<br />
des Pankreasenzyms immunreaktives Trypsin (IRT) aus einem<br />
getrockneten Tropfen Vollblut soll kostenfrei sein. Auch die<br />
sich bei fortbestehendem Verdacht anschließende Mutationsanalyse<br />
des CFTR- Gens (Chlorid-Ionen-Transporter-Regulatorprotein)<br />
und Erfassung des Pankreatitis-assoziierten Proteins (PAP) oder<br />
erneute IRT-Bestimmung sollen im Leistungskatalog der gesetzlichen<br />
Krankenversicherungen verankert werden.<br />
G23<br />
(Neugeborenen) Screening auf<br />
Mukoviszidose (Cystische Fibrose)<br />
als Leistung der gesetzlichen<br />
Krankenversicherungen.<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 24<br />
Ortsverein Regensburg-Osten (Landesverband Bayern)<br />
Rezeptfreie Abgabe der Pille danach<br />
Auch in Deutschland muss es für Frauen endlich möglich sein,<br />
schnell und unkompliziert Zugang zu Notfallverhütung zu bekommen.<br />
Mit der sogenannten Pille danach (mit dem Wirkstoff Levonorgestrel)<br />
steht ein Medikament zur Verfügung, das insbesondere<br />
in den ersten 24 Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr<br />
wirksam vor einer ungewollten Schwangerschaft schützen<br />
kann. Derzeit darf die Pille danach nur auf Rezept abgegeben werden.<br />
Das bedeutet, dass bei Verhütungspannen, die ja nicht selten<br />
abends oder am Wochenende auftreten, ein Hindernislauf beginnt.<br />
Frauen müssen dann für die Pille danach ins Krankenhaus – aber<br />
es darf keines in kirchlicher Trägerschaft sein, denn dort ist den<br />
Ärztinnen und Ärzten die Verschreibung der Pille danach vom<br />
Dienstherren verboten[1]. In vielen Städten und Regionen sind die<br />
G24<br />
Rezeptfreie Abgabe der Pille danach<br />
Überweisung an Bundestagsfraktion<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
123
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
Krankenhäuser aber überwiegend oder ausschließlich in kirchlicher<br />
Hand.<br />
Medizinisch besteht keine Notwendigkeit, die Pille danach nur auf<br />
Rezept abzugeben. In 28 europäischen Ländern wird die Pille danach<br />
rezeptfrei abgegeben, die Erfahrungen damit sind positiv. Das<br />
zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte<br />
(BfArM) hat schon im Jahr 2003 die rezeptfreie Abgabe der Pille<br />
danach empfohlen. Auf diese Weise könnten Frauen die Pille danach<br />
in der Apotheke bekommen, zusammen mit der erforderlichen<br />
Beratung.<br />
Die Pille danach ist gut verträglich und wirkt umso besser, je<br />
schneller nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr sie eingenommen<br />
wird. Die Pille danach ist keine Abtreibungspille, sie<br />
wirkt nicht bei bestehender Schwangerschaft, sondern sie verhindert<br />
den Eisprung, ähnlich wie die Pille. Das Bundesgesundheitsministerium<br />
muss endlich eine Verordnung zur Aufhebung der Rezeptpflicht<br />
für die Pille danach erlassen. Wir schließen uns damit<br />
einer Kampagne des pro familia-Bundesverbands an. Frauen dürfen<br />
nicht aus ideologischen, medizinfremden Gründen am Zugang<br />
zu Notfallverhütung gehindert werden.<br />
[1] Außer es handelt sich um eine Vergewaltigung, für diesen Fall<br />
hat die Deutsche Bischofskonferenz im Februar 2013 eine Ausnahmeregelung<br />
beschlossen.<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 25<br />
Landesverband Berlin<br />
Verbesserung des <strong>SPD</strong>-Konzeptes zur<br />
Einführung einer Bürgerversicherung in<br />
der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
Die <strong>SPD</strong> hat als einzige Partei ein gangbares Konzept zur Einführung<br />
einer Bürgerversicherung in der Krankenversicherung entwickelt.<br />
Das Konzept kann durch wenige Änderungen hinsichtlich<br />
Klarheit, Akzeptanz und Gerechtigkeit ganz erheblich verbessert<br />
werden. Das Bürgerversicherungskonzept ist daher wie folgt zu<br />
modifizieren:<br />
1. (durchschnittlicher) Bürgerbeitrag und Arbeitgeberbeitrag sollen<br />
die selbe prozentuale Höhe haben,<br />
2. die bestehende unbürokratische Praxis der Verbeitragung aller<br />
Einkommen bei freiwillig Versicherten ist beizubehalten und auf<br />
alle Mitglieder der Bürgerversicherung zu erweitern,<br />
3. der Arbeitgeberbeitrag ist für alle Arbeitnehmer (einschließlich<br />
privat Versicherte) zu bezahlen. Die PKV erhält für ihre Versicherten<br />
(mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung) den<br />
Arbeitgeberanteil aus dem Gesundheitsfonds.<br />
Die Übertragung der individuellen Altersrückstellungen eines<br />
PKV-GKV-Wechslers an den Gesundheitsfonds ist sicherzustellen.<br />
Darüber hinaus ist in der Umsetzung des Bürgerversicherungskonzeptes<br />
zu prüfen,<br />
• wie möglichst schnell die gesamte Wohnbevölkerung in die Bürgerversicherung<br />
aufgenommen werden kann (auch Beamte, Abgeordnete<br />
und weitere Gruppen mit Sonderstatus),<br />
• wie eine individuelle Überforderung von Unternehmen und<br />
Selbstständigen in der Umstellungsphase auf den Lohnsummenbeitrag<br />
vermieden werden kann.<br />
• wie eine dauerhafte Finanzierung des dynamisierten Steuerzuschusses<br />
sichergestellt werden kann.<br />
G25<br />
Verbesserung des <strong>SPD</strong>-Konzeptes zur<br />
Einführung einer Bürgerversicherung in<br />
der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
65<br />
124
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 26<br />
Landesverband Berlin<br />
Angemessene Vergütung von<br />
Psychologischen Psychotherapeuten/-<br />
tinnen in Ausbildung (PiAs) im<br />
Psychotherapeutengesetz festschreiben<br />
Das Psychotherapeutengesetz zur Psychotherapeutenausbildung<br />
muss reformiert werden. Im Psychotherapeutengesetz muss eine<br />
angemessene einheitliche Vergütung des Praktischen Teils der dreijährigen<br />
Ausbildung einheitlich festgeschrieben werden. Denkbar<br />
wäre dabei zum Beispiel eine Orientierung an der „Tarifvertraglichen<br />
vereinbarten Vergütung über das Redaktionsvolontariat“.<br />
Zudem muss sichergestellt sein, dass der Ausbildungscharakter gewahrt<br />
bleibt und keine normalen Planstellen mit Psychotherapeuten<br />
in Ausbildung (PiAs) besetzt werden.<br />
G26<br />
Angemessene Vergütung von<br />
Psychologischen Psychotherapeuten/-<br />
tinnen in Ausbildung (PiAs) im<br />
Psychotherapeutengesetz festschreiben<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 27<br />
Kreisverband Rhein-Neckar (Landesverband Baden-Württemberg)<br />
Eingrenzung Tabakwerbung<br />
Die Bundesregierung wird hiermit aufgefordert umgehend einen<br />
Gesetzesentwurf zur Verbesserung des Jugendschutzes bei Tabakwerbung<br />
vorzulegen. Dieser Gesetzesentwurf muss ein Werbeverbot<br />
für Tabakwerbung in Kinos und für Außenwerbung (Plakate)<br />
beinhalten. Ergänzend soll die Bundesregierung die Umsetzung<br />
dieses Vorhabens auf europäischer Ebene vorantreiben.<br />
Die baden-württembergische Landesregierung wird zusätzlich aufgefordert<br />
einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Bundesrat<br />
vor 2013 zu bringen.<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 28<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Zukunft des Universitätsklinikums<br />
Gießen und Marburg<br />
1. Der Parteitag stellt fest, dass die Privatisierung des Universitätsklinikums<br />
Gießen und Marburg (UKGM) die falsche Entscheidung<br />
war und gescheitert ist. Alle Befürchtungen und Prognosen<br />
der Sozialdemokratie sind eingetreten, insbesondere<br />
• ein erheblicher und gefährlicher Personalabbau<br />
• eine Gefährdung von Forschung und Lehre, wie die Senate<br />
und medizinischen Fachbereiche festgestellt haben,<br />
• die drohende Gefährdung der medizinischen Versorgung, weil<br />
angesichts der Herausforderungen des demographischen Wandels<br />
und des drohenden Ärztemangels eine ausreichende Zahl<br />
von Medizinstudienplätzen unverzichtbar ist.<br />
• wesentliche, vergaberelevante Vertragsbestandteile, wie der<br />
Betrieb der Partikeltherapieanlage oder der dauerhafte Verzicht<br />
auf Investitionsmittel aus Steuergeldern nicht eingehalten<br />
wurden<br />
2. Der Parteitag stellt fest, dass die Landesregierung unter Roland<br />
Koch und Volker Bouffier außerordentlich schlechte Verträge<br />
ausgehandelt hat, die der Mitverantwortung des Landes für<br />
G27<br />
Eingrenzung Tabakwerbung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
G28<br />
Zukunft des Universitätsklinikums<br />
Gießen und Marburg<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktion Hessen<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
125
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Versorgung, Forschung und Lehre in keiner Weise gerecht werden.<br />
Das beschädigte Verhältnis zwischen Landesregierung und<br />
Rhön-AG ist auch ein Ergebnis der schlecht verhandelten Verträge.<br />
Selbst die unzureichenden Möglichkeiten des Vertrags u.a.<br />
zur Rechtsaufsicht wurden von der Landesregierung sträflich<br />
vernachlässigt. Die Landesregierung trägt damit die politische<br />
Verantwortung für die schwierige Lage am UKGM.<br />
3. Der Parteitag stellt fest: Der Ministerpräsident hat wiederholt<br />
sein Wort gebrochen. Alle Versprechungen von CDU und FDP,<br />
insbesondere das vom Ministerpräsidenten versprochene Moratorium<br />
beim Personalabbau, sind nicht eingehalten worden. Berichte<br />
zur Untersuchung durch die Unternehmensberatung Mc-<br />
Kinsey zeigen, dass das Konzept auch ökonomisch gescheitert<br />
ist. Weitere Verschlechterungen, Personalabbau und Arbeitsverdichtung<br />
sind zu erwarten. Wir haben kein Vertrauen in das erneut<br />
angekündigte Moratorium beim Stellenabbau bis kurz nach<br />
der Landtagswahl. Erneut läßt die Landesregierung Beschäftigte<br />
und Patienten im Stich.<br />
4. Der Parteitag stellt fest, dass mit der neuen Vereinbarung zwischen<br />
der Landesregierung und der Rhön Klinikum AG eine private<br />
Fehlkalkulation durch Steuergelder ohne substantielle Vertragsänderungen<br />
ausgeglichen werden sollen. Mit den geplanten<br />
öffentlichen Mitteln hätten die erforderlichen Investitionen von<br />
Anfang an öffentlich finanziert und das Klinikum in Landesbesitz<br />
bleiben können.<br />
5. Der Parteitag bedankt sich bei den zahlreichen Bürgerinnen<br />
und Bürgern, Initiativen sowie dem von Frau Scherer initiierten<br />
Bündnis „Rettet das Uniklinikum“ sowie den Initiatoren des<br />
Marburger Montagsgebets für ihr Engagement und ihren praktischen<br />
Bürgersinn in dieser Frage. Ohne die Aktivitäten der Bürgerinnen<br />
und Bürger wäre die Diskussion zur Zukunft des Uniklinikums<br />
nicht so weit, wie sie ist.<br />
6. Der Parteitag stellt fest: Die <strong>SPD</strong> hat sich von Anfang an um<br />
Alternativvorschläge gekümmert, um ein Gegenmodell zur Privatisierung<br />
anzubieten. Dazu wurden auch schon 2005 Finanzierungsalternativen<br />
für die notwendigen Investitionen vorgeschlagen,<br />
z. B. eine Finanzierung aus Landesmitteln, ein Bürgerfond,<br />
eine Public-Private-Partnership nur zur Baufinanzierung, ein Genossenschaftsmodell<br />
u. s. w. Zahlreiche entsprechende Gespräche<br />
wurden geführt, scheiterten aber am Fehlen jeglicher Diskussionsbereitschaft<br />
der CDU geführten Landesregierung, auch<br />
nur eine Bürgschaft für das Klinikum zu übernehmen. Wir stellen<br />
mit Interesse fest, dass einige unserer Vorschläge nach sieben<br />
Jahren auch von Einzelvertretern der CDU aufgegriffen wurden,<br />
allerdings ohne jede Wirkung auf CDU und FDP in Marburg-<br />
Biedenkopf oder Hessen.<br />
7. Oberstes Ziel muss sein, neben einer optimalen Patientenversorgung<br />
die Zukunftsfähigkeit der Universitätsmedizin in Mittelhessen<br />
weiter zu stärken und die zentrale Rolle, die die Hochschulmedizin<br />
auch für die gesundheitliche Versorgung in Hessen<br />
insgesamt einnehmen kann, auszubauen. Forschung, Lehre<br />
und Krankenversorgung sind nicht zu trennen. Wissenschaftliche<br />
Exzellenz, hochrangige klinische Kompetenz, erstklassige<br />
Ausbildung von Medizinstudentinnen und –studenten und die<br />
Zentralfunktion in der ärztlichen Weiterbildung bilden die Ankerpunkte<br />
dieses Anspruches. Die Vernetzung in der regionalen<br />
Gesundheitsversorgung ist ebenso zu beachten wie die nationale<br />
und internationale Reputation.<br />
8. Der Parteitag fordert alle Sozialdemokratischen Mandatsträger<br />
auf, sich für die Umsetzung der folgenden Forderungen einzusetzen:<br />
a. Die Einführung gesetzlicher Personalstandards für Krankenhäuser<br />
für alle patientenrelevanten Bereiche. Sie sollen so<br />
differenziert sein, dass sie auch den Besonderheiten der Universitätsmedizin<br />
angemessen sind. Sie sind regelmäßig weiterzuentwickeln.<br />
b. Eine auskömmliche Finanzierung dieser Personalstandards<br />
durch die Bürgerversicherung. Dabei soll zur Vermeidung von<br />
126
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Dumpinglöhnen die Krankenhausfinanzierung an den jeweils<br />
gültigen Tarifen der Krankenhäuser ausgerichtet sein.<br />
c. Eine deutliche Stärkung der Möglichkeiten der Krankenhausaufsicht<br />
zur Überprüfung von Versorgungsstandards und der<br />
Sicherung der Qualität, der Einhaltung von Arbeitsvorschriften<br />
u. s. w.<br />
d. Hochschulmedizin dient vorrangig den Erfordernissen von<br />
Forschung und Lehre. Deshalb muss die UKGM als gemeinnützige<br />
Gesellschaft geführt werden. Erwirtschaftete Überschüsse<br />
müssen vollständig im Betrieb reinvestiert werden.<br />
Erforderlich ist eine deutliche Stärkung des Einflusses des<br />
Landes auf die strategische Steuerung des UKGM.<br />
e. Die inzwischen gewachsene Zusammenarbeit der Standorte<br />
Gießen und Marburg mit Profilierung als eines der größten<br />
Universitätsklinika Deutschlands war ein Erfolg und soll weiterentwickelt<br />
und ausgebaut werden. Grundlage bleibt die sog.<br />
„Quertapete“.<br />
f. Wenn sich nach einem Regierungswechsel die realisierbare<br />
Möglichkeit einer Rückführung in Landeseigentum und/oder<br />
eine neue Gesellschaftsform ergibt, so erwarten wir von einer<br />
sozialdemokratisch geführten Landesregierung, dass sie Verhandlungen<br />
mit diesem Ziel aufnimmt. Der Parteitag fordert<br />
die sozialdemokratischen Mandatsträger in Stadt, Kreis und<br />
Land auf, für diesen Fall Vorbereitungen zu treffen durch eine<br />
schrittweise Rücklagenbildung im Landeshaushalt, die Vorbereitung<br />
eines von uns schon 2005 vorgeschlagenen Bürgerbeteiligungsfonds<br />
Universitätsklinikum sowie die Prüfung eines<br />
kommunalen Beteiligungsfonds mit dem Regierungspräsidenten.<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 29<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
Angemessene Vergütung für Medizin-<br />
Studierende im Praktischen Jahr<br />
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands tritt für eine bundesweit<br />
einheitliche, angemessene Vergütung und eine Aufhebung<br />
der Begrenzung auf 590 Euro für Medizin-Studierende, die sich im<br />
Praktischen Jahr befinden, ein.<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 30<br />
Unterbezirk Kassel-Stadt (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Aktuelle Finanznot der Krankenhäuser<br />
beenden; Rahmenbedingungen für<br />
Krankenpflegekräfte<br />
Die Bundestagsfraktion wird gebeten sich dafür einzusetzen, dass<br />
die Finanzierung der Krankenhäuser verbessert wird und somit Arbeitsbedingungen<br />
für die Pflege in den Krankenhäusern verbessert<br />
wird. Die Milliardenüberschüsse in der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
müssen für eine verbesserte Versorgung der Patienten<br />
eingesetzt werden. - Die Finanzierung der Krankenhäuser muss für<br />
die Zukunft adäquat gesichert sein.<br />
G29<br />
Angemessene Vergütung für Medizin-<br />
Studierende im Praktischen Jahr<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
G30<br />
Aktuelle Finanznot der Krankenhäuser<br />
beenden; Rahmenbedingungen für<br />
Krankenpflegekräfte<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
127
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 31<br />
Landesverband Baden-Württemberg<br />
Verbesserung Jugendschutz bei<br />
Tabakwerbung<br />
Die Bundesregierung wird hiermit aufgefordert umgehend einen<br />
Gesetzesentwurf zur Verbesserung des Jugendschutzes bei Tabakwerbung<br />
vorzulegen. Dieser Gesetzesentwurf muss ein Werbeverbot<br />
für Tabakwerbung in Kinos und für Außenwerbung (Plakate)<br />
beinhalten. Ergänzend soll die Bundesregierung die Umsetzung<br />
dieses Vorhabens auf europäischer Ebene vorantreiben.<br />
Die baden-württembergische Landesregierung wird zusätzlich aufgefordert<br />
einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Bundesrat<br />
vor 2013 zu bringen.<br />
G31<br />
Verbesserung Jugendschutz bei<br />
Tabakwerbung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 32<br />
Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />
Einführung und flächendeckende<br />
Sicherstellung eines speziellen<br />
Leichenschaudienstes<br />
1. Alle Bundesländer werden aufgefordert, einen eigenen speziellen<br />
Leichenschaudienst durch Amtsärzte oder beliehene Ärzte<br />
mit besonderen rechtsmedizinischen Kenntnissen, die professionell<br />
und hauptberuflich Leichenschau betreiben, einzuführen<br />
und flächendeckend sicherzustellen.<br />
2. Die Regelung soll verbindlich u.a. in den Landesgesetzen über<br />
das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen erfolgen.<br />
3. Rechtsmedizin und Leichenschaudienst sind mit ausreichenden<br />
personellen und sachlichen Mitteln auszustatten.<br />
Antragsbereich G<br />
Antrag 33<br />
Landesverband Berlin<br />
Mitspracherecht der Länder bei<br />
Neuzulassungen von Arztsitzen stärken<br />
Die <strong>SPD</strong> spricht sich für eine Änderung des § 96 (2) SGB V hinsichtlich<br />
der Zusammensetzung der Zulassungsausschüsse aus. Die<br />
Zulassungsausschüsse, bisher paritätisch von Vertretern der Kassenärztlichen<br />
Vereinigung und der Krankenkassen besetzt, sollen<br />
durch einen Vertreter/ eine Vertreterin der jeweiligen Länder ergänzt<br />
werden.<br />
G32<br />
Einführung und flächendeckende<br />
Sicherstellung eines speziellen<br />
Leichenschaudienstes<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
G33<br />
Mitspracherecht der Länder bei<br />
Neuzulassungen von Arztsitzen stärken<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
60<br />
65<br />
128
Innen- und Rechtspolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 1<br />
110 Kreis Lichtenberg (Landesverband Berlin)<br />
Landesverband Berlin<br />
Keine Wiedereinführung nationaler<br />
Grenzkontrollen<br />
Wir lehnen es ab, dass die EU-Mitgliedsstaaten auf eigene Entscheidung<br />
hin im Schengen-Raum künftig wieder Grenzkontrollen<br />
einführen dürfen. Die Freizügigkeit über die Innengrenzen hinweg<br />
ist ein identitätsstiftendes Merkmal eines zusammenwachsenden<br />
Europas. Erneute Grenzkontrollen stellen einen massiven Rückschritt<br />
dar. Die Wiedereinführung der nationalen Grenzkotrollen,<br />
insbesondere um „illegale“ Einwanderer abzuhalten, empfinden<br />
wir eindeutig für den falschen Weg. Anstatt sowohl die eigenen<br />
Grenzen als auch die Außengrenzen der EU hermetisch abzuriegeln,<br />
brauchen wir in der EU einen humanitären Umgang mit<br />
Flüchtlingen. Statt den Menschen in Europa den Grenzübertritt zu<br />
erschweren, muss es Ziel sein, das Grundrecht der Freizügigkeit<br />
allen Menschen zu gewähren und Grenzen weiter abzubauen. Auch<br />
Deutschland und andere Länder, die keine Außengrenze zu den<br />
Ländern bilden aus welchen eine Vielzahl von Flüchtlingen in die<br />
EU kommt, dürfen sich ihrer Verantwortung in der Flüchtlingspolitik<br />
nicht entziehen. Die Flüchtlinge stellen keine Gefahr für die<br />
EU dar, sondern vielmehr eine Bereicherung. Zudem gehört es zu<br />
unserer Pflicht, uns den Nöten der Flüchtlinge anzunehmen, anstatt<br />
auf hoher See ihren Tod in Kauf zu nehmen und eine „Festung Europa“<br />
zu errichten.<br />
I1<br />
Keine Wiedereinführung nationaler<br />
Grenzkontrollen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und an Gruppe der <strong>SPD</strong>-<br />
Abgeordneten im Europäischen Parlament<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 2<br />
Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />
Für ein Verbot von Spielen mit<br />
simulierten Tötungshandlungen<br />
Die Bundesregierung wird aufge fordert, reale Spiele mit Tötungsoder<br />
Verletzungssimulationen zu verbieten.<br />
Reball gehört – zusammen mit Gotcha, Paintball und dem Lasergame<br />
(alias Laserdrome oder Quasar) – zu einer Gruppe von Mannschaftsspielen,<br />
bei deren unterschiedlichen Spielvarianten jeweils<br />
Gegner mit Hilfe von schusswaffenähnlichen Gerätschaften „ausgeschaltet“<br />
werden. Im Unterschied zum Paintball, bei dem mit<br />
Farbe gefüllte kleine Bälle verschossen werden, die beim Aufprall<br />
zerplatzen und einen Farbfleck hinterlassen, werden beim Reball<br />
wiederverwendbare Bälle ohne Farbwirkung benutzt, deren Trefferwirkung<br />
durch Schiedsrichter beurteilt wird. (vgl. OVG Lüneburg,<br />
Urteil vom 18.02.2010, Az.: 1 LC 244/07, Rn. 2). Beim Laserdrome<br />
wird mit Laserstrahlen auf die Mitspieler bzw. Gegner<br />
geschossen. „Gotcha“ ist eine nur in Deutschland übliche Bezeichnung<br />
für Paintball bzw. bestimmte Paintballvarianten wie z.B. das<br />
Woodland-Paintball (Spielen im Wald und in Tarnkleidung, was<br />
dann eine Nähe zu Wehrsport und Kriegsverherrlichung hat). Die<br />
Bewegungsenergie von Paintball-Kugeln ist ausreichend, um den<br />
Spielern gefährliche Verletzungen im Gesicht zuzufügen. Daher ist<br />
das Tragen einer Schutzmaske auf dem Spielfeld vorgeschrieben<br />
(vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Paintball).<br />
I2<br />
Für ein Verbot von Spielen mit<br />
simulierten Tötungshandlungen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
65<br />
130
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 3<br />
Bezirk Braunschweig<br />
Indect- Nein Danke!<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert keine weiteren EU-Mittel für das Forschungsprojekt<br />
Indect zu gewähren und das Projekt, das die Freiheit der<br />
Menschen unverhältnismäßig einschränkt, zu beenden und bereits<br />
entwickelte Programmteile nicht weiter zu nutzen.<br />
I3<br />
Indect- Nein Danke!<br />
Annahme<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 4<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Staatstrojaner abschaffen -<br />
Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen<br />
- Grundrecht auf digitale Privatsphäre<br />
gewährleisten<br />
Wir sprechen uns konsequent gegen den Einsatz von Software<br />
zur Überwachung und Kontrolle der Bürgerinnen und Bürger aus.<br />
Wir lehnen deshalb auch den Einsatz einer Software, die „nur“ zur<br />
Überwachung der informationstechnischen Kommunikation verwendet<br />
werden soll, ab. Zum Einen, weil unter Experten immer<br />
noch bezweifelt wird, ob es überhaupt technisch möglich ist eine<br />
Software zu programmieren, die den verfassungsmäßigen Anforderungen<br />
genügt. Zum Anderen, weil dieser vom CCC aufgedeckte<br />
Missbrauch eindeutig belegt, dass Behörden die Ihnen zur Verfügung<br />
gestellten Maßnahmen offensichtlich über den legalen Bereich<br />
hinaus ausreizen und dagegen keine wirksamen Kontrollmechanismen<br />
bestehen. Deshalb fordern wir ein sofortiges Ende der<br />
Nutzung und ein Bekenntnis zum Verzicht auf zukünftige Nutzung<br />
des Staatstrojaners durch sämtliche staatliche Behörden.<br />
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum und genau deshalb müssen<br />
die für den Trojaner-Skandal verantwortlichen zur Rechenschaft<br />
gezogen werden. Es kann und darf nicht sein, dass Behörden mehrere<br />
Jahre gegen eindeutige und absichtlich zum Schutz der Bürger_innen<br />
formulierte Grundrechte verstoßen und ohne Konsequenzen<br />
davon kommen.<br />
Es muss außerdem in Erwägung gezogen werden, ob nicht auch<br />
gegen die Herstellerfirma der Software „DigiTask“ ein Verfahren<br />
eingeleitet wird, da diese sich unter Umständen dem Verstoß gegen<br />
§202c StGB „Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von<br />
Daten“ schuldig gemacht hat. Dies muss geprüft werden und darf<br />
nicht unter den Tisch fallen!<br />
Kontrolle, Überwachung und Zensur stehen für ein grundsätzliches<br />
Misstrauen des Staates gegenüber seinen Bewohner_innen und vor<br />
allem im fundamentalen Gegensatz zur Freiheit des Menschen! Wir<br />
sind der festen Überzeugung, dass staatliche Bespitzelung mehr<br />
Schaden als Nutzen bringt! Wir setzen uns deshalb auch weiterhin<br />
für ein freies, selbstbestimmtes Leben und somit auch für ein zensur-<br />
und überwachungsfreies Internet ein!<br />
I4<br />
Staatstrojaner abschaffen -<br />
Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen<br />
- Grundrecht auf digitale Privatsphäre<br />
gewährleisten<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
131
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 5<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Abschaffung des Verfassungsschutzes<br />
Die <strong>SPD</strong> stellt fest, dass das Bundesamt- und ein Großteil der<br />
Landesämter für Verfassungsschutz, insbesondere in der Frage<br />
des Rechten-Terrors in Deutschland, versagt haben. Daher bedarf<br />
es einer umfassenden Neustrukturierung. Die parlamentarischen<br />
Kontrollrechte sind auszuweiten und es ist zu prüfen, ob operative<br />
Maßnahmen zukünftig einer richterlichen Genehmigung bedürfen.<br />
I5<br />
Abschaffung des Verfassungsschutzes<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 6<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Zeit für eine klare Zäsur -<br />
Inlandsgeheimdienste abschaffen<br />
Auch wenn fast eineinhalb Jahre nach der Selbstenttarnung des<br />
„Nationalsozialistischen Untergrunds“ noch viele Fragen offen<br />
sind, zeichnen die bisher bekanntgewordenen Fakten ein verheerendes<br />
Bild der Arbeit der deutschen Sicherheitsbehörden, insbesondere<br />
der Verfassungsschutzbehörden. Die Arbeit der Untersuchungsausschüsse<br />
und -kommissionen, Medienberichte und die<br />
Recherchen antifaschistischer Initiativen zeigen klar, dass es sich<br />
hierbei nicht um eine unglückliche Verkettung von Zufällen/individuellem<br />
Versagen Einzelner handelt, sondern dass die Probleme<br />
tiefer, in der Struktur und der ideologischen Grundausrichtung der<br />
Sicherheitsbehörden liegen.<br />
Ein „weiter so“ darf es nicht geben und eine Belohnung der Sicherheitsbehörden<br />
mit zusätzlichen Befugnissen und Zuständigkeiten<br />
wäre eine grundlegend falsche Antwort.<br />
Die Verfassungsschutzämter haben ihre Unfähigkeit bewiesen,<br />
den hohen und auch selbstgestellten Ansprüchen als „Frühwarnsystem“<br />
gerecht zu werden und sollten daher grundlegend zur<br />
Disposition gestellt werden. Bei der öffentlichen Aufarbeitung des<br />
„NSU-Komplexes“ haben sich die Verfassungsschutzbehörden und<br />
oft auch die sie kontrollierenden Innenministerien bislang wenig<br />
kooperativ verhalten. Die Untersuchungsausschüsse und die Justiz<br />
sind mit Aktenvernichtungen, Verweigerung von (umfassenden)<br />
Aussagegenehmigungen, systematischen Erinnerungslücken,<br />
Schwärzung selbst geheim eingestufter Akten und der insgesamt<br />
mangelnden Bereitstellung von Informationen konfrontiert. Unter<br />
Verweis auf das „Staatswohl“ behindern sie die Aufklärung durch<br />
die Parlamente. Wenn die Verfassungsschutzbehörden ihren Selbsterhaltungstrieb<br />
über die von der Öffentlichkeit und den Parlamenten<br />
eingeforderte schonungslose Aufarbeitung stellen, werden sie<br />
zu einer Gefährdung für unsere Demokratie, dann haben sie ihre<br />
Existenzberechtigung endgültig verspielt.<br />
Charakter eines Geheimdienstes<br />
Neben der Auswertung öffentlich zugänglicher Quellen, die nach<br />
eigenen Angaben den Großteil ihrer Arbeit ausmacht, steht diesen<br />
Inlandsgeheimdiensten ein breites Spektrum an nachrichtendienstlichen<br />
Instrumenten (z.B. Abhör- und Überwachungsmaßnahmen,<br />
V-Leute, etc.) zur Verfügung. Zudem sind Informationen über ihre<br />
personelle Ausstattung, ihre finanziellen Ressourcen, ihre Strukturen<br />
und die Richtlinien, die ihre Arbeit prägen, der Öffentlichkeit<br />
nicht zugänglich.<br />
Diese geheimen Methoden und Strukturen der Verfassungsschutzbehörden<br />
machen ihre demokratische Kontrolle praktisch unmöglich,<br />
da in der Praxis selbst den ParlamentarierInnen in den geheim<br />
I6<br />
Zeit für eine klare Zäsur -<br />
Inlandsgeheimdienste abschaffen<br />
Überweisung an Gesprächskreis Innenpolitik beim <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
132
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
tagenden Kontrollgremien Auskünfte und Akteneinsicht weitestgehend<br />
verwehrt bleiben. Eine Bewertung der Arbeit dieser Behörden<br />
ist daher praktisch nicht möglich.<br />
Die mangelnde Transparenz, die mangelhaften Kontrollmöglichkeiten<br />
und die stetige Wiederholung des Glaubenssatzes ihrer<br />
Notwendigkeit ermöglichte es diesen Behörden ein Eigenleben zu<br />
entwickeln, das oft sogar zu einer Konkurrenz mit anderen Sicherheitsbehörden<br />
führte. Daher wäre es auch nicht ausreichend, lediglich<br />
einzelne Beamte oder die Führungsriege auszutauschen, während<br />
die grundlegenden Strukturen unangetastet blieben. Auch für<br />
die Annahme, dass unter Aufsicht eines sozialdemokratisch geführten<br />
Innenministeriums die Situation grundlegend anders darstellen<br />
würde, sind keine Belege zu finden. Ebenso wenig überzeugend<br />
sind Überlegungen der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion zu einem Umzug<br />
der Geheimdienste nach Berlin, einem „Mentalitätswechsel“ mit<br />
besserer Öffentlichkeitsarbeit und die Verpflichtung zu einem verbesserten<br />
Informationsaustausch. Diese Schlussfolgerungen zeigen<br />
drastisch, dass die bisherige Analysetiefe nicht ausreichend ist.<br />
Diese minimalen Reformen wären lediglich Augenwischerei zur<br />
Beruhigung der Öffentlichkeit.<br />
„V-Leute“<br />
In den Untersuchungsausschüssen und den Medien, kommen immer<br />
wieder BeamtInnen der Inlandsgeheimdienste und konservative<br />
PolitikerInnen zu Wort, die, behaupten dass ein Verzicht<br />
auf V-Leute nicht möglich ist. Wirkliche Argumente für V-Leute<br />
bzw. Belege für den Wert ihrer Arbeit bleiben diese „Sicherheits-<br />
“politikerInnen und „VerfassungsschützerInnen“ schuldig, denn es<br />
handelt sich auch hierbei um einen Glaubensgrundsatz, der weder<br />
belegbar noch angreifbar ist .<br />
Die Hintergründe der zahlreichen bislang im Umfeld des NSU bekannt<br />
gewordenen V-Leute, die das „Trio“ und seine UnterstützerInnen<br />
quasi umzingelten, legen den Verdacht nahe, dass die Bezahlung<br />
aktiver Nazis als V-Leute in der rechten Szene dem Kampf<br />
gegen die extreme Rechte mehr schadet, als sie ihm nützt. Für<br />
Informationen zweifelhafter Qualität wurde erhielten V-Leute Finanzmittel,<br />
Ausrüstung und Informationen, die es ihnen ermöglichten<br />
die rechte Netzwerke und Organisationen mit staatlichen Mitteln<br />
auf- und auszubauen. In einigen Fällen besteht der begründete<br />
Verdacht, dass die V-Leute sogar vor Strafverfolgung geschützt<br />
wurden. Dies legt die Vermutung nahe, dass die V-Leute das Prinzip<br />
wohl teilweise besser durchschaut haben als so einige BeamtInnen<br />
in den Geheimdiensten.<br />
Der Einsatz von V-Leuten ist also grundsätzlich in Frage zu stellen<br />
und ebenso ist zu überprüfen, ob die Notwendigkeit und Erfolgsaussicht<br />
dieser Methode in anderen Sicherheitsbereichen nicht<br />
ebenfalls anzuzweifeln ist. Während der Einsatz von Abhörmaßnahmen<br />
eine richterliche Genehmigung erfordert ist, ist dies beim<br />
Einsatz von V-Leuten nicht der Fall. Eine umfassende unabhängige<br />
wissenschaftliche Evaluation der Instrumente der verdeckten Ermittlung<br />
ist dringend erforderlich.<br />
Extremismustheorie/Diffamierung und Diskreditierung<br />
Die sogenannte „Extremismustheorie“ ist das dogmatische Leitbild<br />
der Inlandsgeheimdienste. Sie wird über dem Verfassungsschutz<br />
nahestehende WissenschaftlerInnen und die eigene Öffentlichkeitsarbeit<br />
offensiv nach „außen“ getragen. Mit dieser Unterstützung<br />
hielt diese wissenschaftlich äußerst umstrittene Theorie Einzug in<br />
gesellschaftliche Debatten. Sie prägt die Arbeit des polizeilichen<br />
Staatsschutzes, der seine fachlichen Kenntnisse primär von den<br />
Inlandsgeheimdiensten bezieht, bestimmt die Förderrichtlinien<br />
staatlicher und staatlich-geförderter Programme gegen „Extremismus“<br />
und findet Verbreitung in der politischen Bildung und sogar<br />
in Schulen. Innerhalb der staatlichen Behörden findet bisher kein<br />
kritischer Diskurs über diese Theorie statt, obwohl bis heute keine<br />
juristische Definition von „Extremismus“ vorliegt. Lediglich<br />
einige engagierte WissenschaftlerInnen und Teile der Zivilgesellschaft<br />
versuchen mittlerweile vermehrt die Extremismustheorie zu<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
133
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
kritisieren und alternative theoretische Ansätze anzubieten. Gegen<br />
die staatliche Dominanz ist hier allerdings schwer anzukommen.<br />
Ein neueres Element des Kampfes um Deutungshoheit ist die sogenannte<br />
„Extremismus-Klausel“, oder auch euphemistisch „Demokratieerklärung“,<br />
die staatliche Förderung letztlich davon abhängig<br />
macht, ob die geförderten Organisationen/Institutionen die Extremismustheorie<br />
teilen. Zustimmung wird mit Förderung belohnt,<br />
Ablehnung führt zum Entzug von finanzieller Förderung und somit<br />
oftmals zum Ende des Projekts. Die Debatte um die Extremismus-<br />
Klausel führte allerdings erstmals seit langem wieder zu einer breit<br />
geführten gesellschaftlichen Debatte um die Extremismustheorie.<br />
Der Kampf um Deutungshoheit wird so weit geführt, dass zivilgesellschaftliche<br />
und antifaschistische Initiativen als „linksextrem“<br />
diffamiert werden und sich als Konsequenz im Verfassungsschutzbericht<br />
wieder finden. Der Inlandsgeheimdienst besitzt hierbei<br />
eine große Macht und nutzt sie auch entsprechend, um seine eigene<br />
Position zu verteidigen. Nimmt man diesen Kampf gegen eine<br />
derartige „hoheitliche Verufserklärung“ (Jürgen Seifert) auf sich,<br />
so steht man vor einer langwierigen und aufwändigen juristischen<br />
Auseinandersetzung. Dies zeigte sich in den letzten Jahren z.B. im<br />
Fall von a.i.d.a., der VVN/BdA, dem Publizisten Rolf Gössner, den<br />
JungdemokratInnen oder sogar der Partei Die Linke.<br />
Dabei muss gerade den zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen<br />
Initiativen zugestanden werden, dass sie trotz erheblich geringerer<br />
Ressourcen oftmals bessere Informationen und analytische<br />
Tiefe bei der Betrachtung neonazistischer Entwicklungen haben,<br />
als der Inlandsgeheimdienst. Sie tragen auch oft erheblich mehr zur<br />
Verteidigung demokratischer Grundwerte bei als die Sicherheitsbehörden,<br />
mit erheblich weniger Ressourcen und ohne den Rückgriff<br />
auf V-Leute oder nachrichtendienstliche Mittel. Dadurch wird die<br />
Deutungshoheit der Sicherheitsbehörden direkt angegriffen und somit<br />
kommt es zu den beschriebenen Verteidigungs- und Diffamierungskampagnen,<br />
die oft den politischen „Segen“ der jeweiligen<br />
Innenministerien haben.<br />
Auch „die anderen“ haben versagt – Zeit für eine grundlegende<br />
Debatte<br />
Gerade im Fall des NSU muss festgestellt werden, dass nicht nur<br />
der Verfassungsschutz, sondern auch der Militärische Abschirmdienst<br />
(MAD), der die Aufgaben des Verfassungsschutzes für den<br />
Bereich der Bundeswehr erfüllen soll, der polizeiliche Staatsschutz<br />
sowie die Staatsanwaltschaften versagt haben. Auch hier ist eine<br />
grundlegende Debatte über Aufgaben, Befugnisse, Zusammenarbeit<br />
erforderlich. An einer grundsätzlichen Debatte über die deutsche<br />
Sicherheitsarchitektur, auch im europäischen und internationalen<br />
Rahmen führt also eigentlich kein Weg vorbei. Dennoch ist<br />
bereits eines jetzt klar: Einem intransparenten und demokratisch<br />
nicht kontrollierbaren Geheimdienst darf der Schutz unserer Verfassung<br />
nicht länger anvertraut werden. Die Inlandsgeheimdienste<br />
und ihre politische Führung legen hier keinerlei Problembewusstsein<br />
an den Tag. Im Gegenzug für bestenfalls kosmetische Reformen<br />
wollen sie mit weitergehenden Zuständigkeiten, erweiterten<br />
Zugriffsmöglichkeiten auf Informationen und mehr Kompetenzen<br />
belohnt werden. Es ist Zeit für eine klare Zäsur – die Inlandsgeheimdienste<br />
müssen abgeschafft werden.<br />
Chance in der Katastrophe – Aufwertung der Zivilgesellschaft<br />
Obwohl es jetzt noch nicht möglich ist ein abschließendes Fazit<br />
über das Versagen und die Neuordnung der Sicherheitsarchitektur<br />
zu ziehen, obwohl sich dies derzeit zahlreiche PolitikerInnen und<br />
Beamte der betroffenen Behörden anmaßen, ist es doch von hoher<br />
Bedeutung einen entscheidenden Punkt herauszustellen. Obschon<br />
die Zukunft der Sicherheitsbehörden ungewiss ist und zu befürchten<br />
ist, dass sich aufgrund der aktuellen Möglichkeiten die Spirale<br />
von Überwachung, Repression und Ausweitung der Kompetenzen<br />
für nicht-kontrollierbare Institutionen fortsetzt, bleibt festzuhalten,<br />
dass die zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Initiativen<br />
und Vereine im Bereich der Beobachtung der neonazistischen Sze-<br />
134
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
ne kompetenter sind als die Behörden, die diese Kompetenz für<br />
sich beanspruchen. Die Auseinandersetzung mit der menschenverachtenden<br />
Ideologie der Neonazis und allgemein mit antidemokratischen<br />
und antipluralistischen Einstellungen kann durch die Zivilgesellschaft<br />
viel besser geleistet werden als durch geheime Beobachtung<br />
und Repression.<br />
Repression ist das Ende einer Eskalationskette von zur Verfügung<br />
stehenden Möglichkeiten und nicht deren Anfang. Der eigentliche<br />
Schutz der Demokratie geschieht also nicht in geheimen und nichtkontrollierbaren<br />
Kellern, sondern jeden Tag auf der Straße, an den<br />
Stammtischen und in der Auseinandersetzung mit Alltagsrassismus<br />
und Faschismus. Die demokratische Praxis der aktiven Bürgerinnen<br />
und Bürger schützt den Kern der Demokratie und sollte daher<br />
besonders gefördert und auch wertgeschätzt werden. Aus der<br />
oftmals verwendeten Floskel „Zivilgesellschaft stärken“ sollte nun<br />
aus der Notwendigkeit heraus eine Tugend gemacht werden. Die<br />
Zivilgesellschaft und auch die Wissenschaft sollte stärker in den<br />
Schutz der Demokratie eingezogen werden, beispielsweise in Form<br />
eines „Demokratie-Instituts“. Dies wäre die passende Antwort einer<br />
modernen und freiheitlichen Demokratie und nicht der Rückgriff<br />
auf mehr geheime und undemokratische Methoden. Auch an<br />
dieser Stelle ist die Rolle der derzeitigen Geheimdienste mindestens<br />
kontraproduktiv, wenn nicht sogar schädlich.<br />
Forderungen<br />
1. Der Verfassungsschutz muss in seiner jetzigen Form abgeschafft<br />
werden. Dies bedeutet die Abwicklung der Inlandsgeheimdienste<br />
in Bund und Ländern.<br />
2. Die Inlandsgeheimdienste stehen in einer Bringschuld: Sie müssen<br />
den Untersuchungsausschüssen und der Justiz umfassenden<br />
Zugang zu ihren Akten und Mitarbeitern einräumen, um eine<br />
Aufklärung des Staatsversagens im Fall NSU zuzulassen.<br />
3. Die Arbeit des polizeilichen Staatsschutzes muss auf den Bereich<br />
der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr beschränkt bleiben.<br />
Bei den jeweils zuständigen Parlamenten sollen unabhängige<br />
„Staatsschutzbeauftragte“ eingerichtet werden, die unabhängig<br />
von den internen Kontrollen der Polizei und Innenverwaltung<br />
die Arbeit des Staatsschutzes überwachen und Beschwerden von<br />
BürgerInnen untersuchen.<br />
4. Eine von den Sicherheitsbehörden unabhängige und international<br />
besetzte Kommission soll von Bund und Ländern zusammen<br />
einberufen werden, um die Erfordernisse an eine moderne und<br />
demokratische Sicherheitsarchitektur zu diskutieren. An der<br />
Arbeit der Kommission sollen auch VertreterInnen zivilgesellschaftlicher<br />
Organisationen, aus der Wissenschaft, DatenschützerInnen<br />
und BürgerrechtlerInnen einbezogen werden. In diesem<br />
Rahmen muss auch eine grundlegende Evaluation des Einsatzes<br />
nachrichtendienstlicher Mittel durch deutsche Sicherheitsbehörden<br />
erfolgen.<br />
5. Die Sicherheitsbehörden müssen sich aus dem Bereich politische<br />
Bildung und der wissenschaftlichen Forschung zurückziehen.<br />
6. Zur wissenschaftlichen Untersuchung autoritärer Einstellungen<br />
und Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in der<br />
deutschen Gesellschaft sowie der Entwicklung der extremen<br />
Rechten soll ein unabhängiges „Demokratie-Institut“ beauftragt<br />
werden. Es ist zu prüfen, dieses Institut an das „IDA - Informations-<br />
und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e.V.“<br />
anzudocken, das schon seit Jahren eine hervorragende Arbeit in<br />
diesem Bereich leistet.<br />
7. Zur Sicherstellung einer langfristigen und projektungebundenen<br />
Förderung und Beratung von zivilgesellschaftlichem Engagement<br />
gegen die extreme Rechte soll die Einrichtung einer unabhängigen<br />
Stiftung erfolgen.<br />
8. Die historischen Wurzeln der Landesämter und des Bundesamtes<br />
für Verfassungsschutz sowie ihre Tätigkeit in den ersten Jahrzehnten<br />
der Bundesrepublik müssen endlich aufgearbeitet werden. Dies<br />
hat durch eine unabhängige wissenschaftliche Kommission zu erfolgen,<br />
die umfassenden Zugang zu den Akten erhält, die im Anschluss<br />
an die zuständigen staatlichen Archive zu überführen sind.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
135
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 7<br />
Sozialistische Jugend Deutschlands-Die Falken<br />
Demokratie? Stärken!<br />
Verfassungsschutz? Abschaffen!<br />
Kaum 70 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus und etwa<br />
20 Jahre nachdem nicht nur in Rostock-Lichtenhagen Neo-Nazis<br />
Häuser anzündeten, Menschen jagten und ermordeten, rief das<br />
Bekanntwerden der heimtückischen Verbrechen des Nationalsozialistischen<br />
Untergrunds fassungsloses Entsetzen hervor. Die Tatsache,<br />
dass über mehrere Jahre eine Gruppe von mindestens drei<br />
rechtsradikalen Terroristinnen und Terroristen gezielt zehn Menschen<br />
auf Grund ihrer vermeintlichen Herkunft ermordeten, ohne<br />
dass ihnen die deutschen Behörden dabei auf die Spur gekommen<br />
wären, schien unvorstellbar. Stattdessen wurden die Ermittlungen<br />
ausschließlich auf den Bereich der sogenannten „Ausländerkriminalität“<br />
beschränkt. Aus den Opfern wurden Täter gemacht, die<br />
sich ihren Tod durch Beteiligung an kriminellen Aktivitäten quasi<br />
selbst zuzuschreiben hätten. Auf die Idee, dass diese Menschen aus<br />
rassistischen Motiven von Neonazis ermordet worden sein könnten,<br />
kam offensichtlich niemand.<br />
Neben der Polizei hat auch vor allem der für die Überwachung von<br />
Neo-Nazis zuständige Verfassungsschutz hat vollständig versagt.<br />
Zwei der Täter, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos waren den Geheimdiensten<br />
schon seit Jahren bekannt. Obwohl nach ihnen gefahndet<br />
wurde, konnten sie unbehelligt in den Untergrund gehen,<br />
aus dem sie mutmaßlich zusammen mit Beate Zschäpe ihre Anschläge<br />
vorbereiteten.<br />
Durch V-Leute rechte Strukturen finanziert<br />
Der Verfassungsschutz war offensichtlich nicht nur unfähig, seine<br />
Aufgabe zu erfüllen, den rechten Terrorismus frühzeitig im Keim<br />
zu ersticken und die Festnahme der Täter voranzutreiben. Vielmehr<br />
hat er über den Umweg der V-Leute den Aufbau rechtsradikaler<br />
Strukturen geradezu finanziell unterstützt. Beispielhaft dafür steht<br />
der Fall Carsten S., der wegen eines eindeutig rassistisch motivierten<br />
versuchten Mordes bereits im Gefängnis saß. Als V-Mann<br />
wurden für ihn durch den Verfassungsschutz Hafterleichterungen<br />
erwirkt, er konnte ein rechtes Szene-Magazin sogar weiter aus der<br />
JVA weiter betreuen. Besonders skandalös ist der Umstand, dass<br />
besagter V-Mann vom Verfassungsschutz in etwa die Summe erhielt,<br />
die er dem Opfer seiner Tat als Schmerzensgeld zahlen musste.<br />
So übernahm der Staat quasi die Geldstrafe eines rassistischen<br />
Gewalttäters. Dies gilt ebenso für den Thüringer Heimatschutz,<br />
die Kameradschaft, der der NSU nahe stand. Sie wurde aus den<br />
Geldern aufgebaut, die die V-Leute des Thüringer Landesamtes für<br />
Verfassungsschutz aus staatlichen Kassen erhalten hatten.<br />
Das Konzept der V-Leute ist auf so vielen Ebenen falsch, dass es<br />
auch mit strengeren Regeln und Gesetzen nicht mehr korrigierbar<br />
ist. Die Gelder an V-Leute fließen oft direkt in die eigentlich zu<br />
bekämpfenden rechten Strukturen. Der Wert der dadurch gewonnenen<br />
vermeintlichen Informationen ist nicht nur zweifelhaft, die<br />
Aussagen haben zudem vor keinem Gericht Bestand. Anstatt Neo-<br />
Nazis dafür zu bezahlen, Informationen zu liefern, ist das Geld in<br />
die Ausbildung von Undercover-Agenten zu investieren.<br />
Die Extremismustheorie liefert die ideologischen Grundlagen<br />
Oftmals werden die Relativierung und damit die Verharmlosung<br />
menschenverachtender Überzeugungen und neo-nazistischer Gewalt<br />
mit der sogenannten Extremismustheorie gerechtfertigt. Diese<br />
wissenschaftlich umstrittene Theorie beruht auf derGrundannahme,<br />
eine Gesellschaft bestünde aus einer „guten“ Mitte und zwei<br />
gleich gefährlichen Rändern. Besonders problematisch wird diese<br />
I7<br />
Demokratie? Stärken!<br />
Verfassungsschutz? Abschaffen!<br />
Überweisung an Gesprächskreis Innenpolitik beim <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
136
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Theorie, wenn ihre Prämissen zu Leitlinien politischen Handelns<br />
werden:<br />
So ist der Verfassungsschutz auf dem rechten Auge blind, während<br />
er gleichzeitig diejenigen kriminalisiert, die sich im Alltag für Demokratie<br />
und Menschlichkeit engagieren. Jeder, der es wagt, die<br />
herrschende Ordnung in Frage zu stellen, wird als Linksextremist<br />
bezeichnet und damit mit mordenden Nazi-Banden auf eine Stufe<br />
gestellt. Praktische Beispiele dafür finden sich viele. Ob die Ausgabe<br />
zum Linksextremismus der Andi-Comics des Verfassungsamts<br />
NRW oder der Fall der Punk Band „Feine Sahne Fischfilet“, der<br />
im VS-Bericht Mecklenburg Vorpommern zwei Seiten gewidmet<br />
wurden – viermal so viel, wie der NPD.<br />
Der Verfassungsschutz ist nicht refomierbar<br />
Der Verfassungsschutz hat bei seiner Aufgabe, Menschen vor rassistischer<br />
Gewalt zu schützen versagt und verfolgt stattdessen die<br />
Menschen, die sich jeden Tag für eine solidarische und offene Gesellschaft<br />
einsetzen. Eine demokratisch-parlamentarische Kontrolle<br />
ist unter diesen Strukturen nicht gegeben. Eine Behörde mit diesen<br />
Arbeitsergebnissen ist untragbar und gehört deshalb als solche aufgelöst.<br />
Wer links- und rechts verwechselt, hat offensichtlich nicht<br />
begriffen, dass es ein erheblicher Unterschied ist, ob man radikal<br />
für die Gleichheit der Menschen eintritt oder ihre Ungleichheit immer<br />
wieder behaupten und gesellschaftlich umsetzen will. Die fatale<br />
Gleichmacherei von „Links- und Rechtsextremen“ lehnen wir<br />
entschieden ab. Wir wissen: Antifaschismus ist kein Verbrechen,<br />
sondern eine Grundvoraussetzung für Demokratie!<br />
Wir brauchen keine Behörde, die die Verfassung beschützt, sondern<br />
eine, die dafür sorgt, dass jeder Mensch in diesem Land sicher<br />
leben kann und keine Angst haben muss, am nächsten Tag<br />
beschimpft, krankenhausreif geschlagen oder ermordet zu werden.<br />
Das sind Aufgaben, wie sie von einzelnen Behörden, wie etwa bestimmten<br />
Abteilungen der Polizei, schon in Teilen übernommen<br />
werden. Der Verfassungsschutz hingegen kann das nicht gewährleisten<br />
und ist in seiner Tiefe nicht mehr reformierbar. Die einzig<br />
konsequente Lehre aus dem NSU Desaster ist, dass die Ämter für<br />
Verfassungsschutz ohne Ausnahme aufgelöstwerden müssen. Dies<br />
ist auch ein notwendiger Schritt auf dem mühsamen Weg, das erschütterte<br />
Vertrauen – insbesondere bei unseren Mitbürgerinnen<br />
und Mitbürgern mit Migrationshintergrund – in die Offenheit und<br />
Solidarität in unserer Gesellschaft wiederherzustellen.<br />
Demokratie stärken!<br />
Dafür braucht es jedoch vor allem eine starke Zivilgesellschaft, die<br />
sich nicht nur den Neo-Nazis in den Weg stellt, sondern den ganz<br />
alltäglichen Rassismus in der Nachbarschaft, auf der Straße und in<br />
den Betrieben benennt und ihn offen kritisiert. Es kann nicht reichen,<br />
menschenverachtende Einstellungen mit Strafverfolgung zu<br />
belegen, stattdessen müssen die Ursachen bekämpft werden. Der<br />
Hass der Asylsuchenden und Roma an Orten wie Berlin-Hellersdorf<br />
oder Duisburg entgegenschlägt ist nur der deutlichste Ausdruck<br />
dafür, wie sehr Rassismus noch immer in der Mitte unserer<br />
Gesellschaft sitzt. Diesem Rassismus entschieden zu begegnen, ist<br />
nicht nur die Aufgabe des Staates. Doch muss der Staat die geeigneten<br />
Rahmenbedingungen dafür schaffen. Dazu gehört die politische<br />
Unterstützung und die dauerhafte finanzielle Förderung von<br />
antifaschistischen Initiativen, Projekten und Jugendverbänden als<br />
Werkstätten der Demokratie.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
137
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 8<br />
Landesverband Baden-Württemberg<br />
Daten der Meldeämter vor<br />
Zweckentfremdung schützen!<br />
Die Daten aller Bürgerinnen und Bürger bei den Meldeämtern sind<br />
vor einer Verwendung, die nicht zu den eigentlichen Erhebungszwecken<br />
gehört, zu schützen. Dies bedeutet insbesondere, dass die<br />
Daten grundsätzlich vor einer Nutzung für Werbung und Adresshandel<br />
geschützt werden müssen. Die derzeit laufende „Fortentwicklung<br />
des Meldewesens“, die eine entsprechende kommerzielle<br />
Nutzung der Daten vorantreibt und selbst die Widerspruchsmöglichkeiten<br />
gegen diese Verwendungen abschafft oder untergräbt,<br />
ist abzulehnen. Die <strong>SPD</strong> steht in der Verantwortung, die Daten der<br />
Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich zu schützen! Deshalb muss<br />
die <strong>SPD</strong> auf Landes- und Bundesebene und im Bundesrat alles tun,<br />
um die Daten gegen Unternehmensinteressen, und auch die finanziellen<br />
Interessen des Staates, zu schützen.<br />
I8<br />
Daten der Meldeämter vor<br />
Zweckentfremdung schützen!<br />
Erledigt durch Regierungshandeln (nach Vermittlungsausschuss)<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 9<br />
Ortsverein Marienburger Höhe/Itzum (Bezirk Hannover)<br />
Neuregelung des Gesetzes über<br />
die Ruhestandsbezüge des<br />
Bundespräsidenten<br />
Die Höhe der Ruhestandsbezüge des Bundespräsidenten ist durch<br />
eine Neufassung des Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten<br />
neu zu regeln. Hierbei sollen die Dauer der Amtszeit,<br />
die Gründe für das Ausscheiden aus dem Amt berücksichtigt werden.<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 10<br />
Unterbezirk Kassel-Land (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Neuregelung der Pensionsansprüche<br />
von Bundespräsidenten/<br />
Bundespräsidentinnen<br />
Der Unterbezirk Kassel-Land der <strong>SPD</strong> unterstützt die Bestrebungen<br />
innerhalb der Bundes-<strong>SPD</strong> zur Neuregelung der Pensionsansprüche<br />
von Bundespräsidenten/Bundespräsidentinnen und der<br />
damit verbundenen Abschaffung des sogenannten „Ehrensoldes“<br />
(Änderung der Beamtenversorgungszuständigkeitsanordnung).<br />
Eine Neuregelung sollte beinhalten, dass ein Rücktritt aus persönlichen<br />
Gründen nicht automatisch zum Bezug der Pension sowie<br />
Nebenleistungen führt. Für Zeiten, in denen staatsanwaltliche Ermittlungen<br />
stattfinden, soll jegliche Art von Leistungen ausgesetzt<br />
werden.<br />
I9<br />
Neuregelung des Gesetzes über<br />
die Ruhestandsbezüge des<br />
Bundespräsidenten<br />
Annahme<br />
I10<br />
Neuregelung der Pensionsansprüche<br />
von Bundespräsidenten/<br />
Bundespräsidentinnen<br />
Erledigt durch Annahme von I9<br />
65<br />
138
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 11<br />
Unterbezirk Schwabach (Landesverband Bayern)<br />
Ablehnung aller Einschränkungen von<br />
Bundestagsabgeordnetenrechten<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich zukünftig mit<br />
aller Kraft dafür einzusetzen, dass die parlamentarischen Rechte<br />
und Möglichkeiten einzelner Abgeordneter, insbesondere solcher<br />
mit von ihrer Fraktionsmeinung abweichenden Ansichten, in<br />
egal welcher Form nicht weiter eingeschränkt werden. Innerhalb<br />
der <strong>SPD</strong>-Fraktion ist künftig darauf zu achten, dass abweichende<br />
Meinungen parlamentarisch Gehör finden und nicht durch interne<br />
Absprachen die Rede eines unliebsamen Fraktionsmitglieds verhindert<br />
wird.<br />
I11<br />
Ablehnung aller Einschränkungen von<br />
Bundestagsabgeordnetenrechten<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 12<br />
Landesverband Bayern<br />
Kein Ende von Stasi-Aufarbeitung<br />
Anfang März 2011 trat nach Joachim Gauck (1990-2000) und Marianne<br />
Birthler (2000-2011) mit Roland Jahn der dritte vom Bundestag<br />
gewählte Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen seinen<br />
Dienst an. In seiner Antrittsrede stellte Roland Jahn klar, dass die<br />
Aufarbeitung der Stasi-Verbrechen und die staatliche Spionage der<br />
DDR noch lange nicht vorbei sei. Bis mindestens 2019 ist vorgesehen,<br />
diese Behörde beizubehalten. Danach sollen die Akten in das<br />
Bundesarchiv übernommen werden und sind dann erstmal nicht<br />
mehr einsehbar.<br />
Die Stasi-Akten sollen auch über das Jahr 2019 hinaus den Betroffenen<br />
sowie der Wissenschaft zugänglich bleiben. Eine geeignete<br />
Aufbewahrung ist dahingehend zu prüfen.<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 13<br />
Landesorganisation Hamburg<br />
Mehr Migrantinnen und Migranten in<br />
den Öffentlichen Dienst<br />
Als vorzuziehende und weniger einschneidende Alternative zum<br />
Zwangsmodell der Quote verlangen wir zunächst eine bundesweite<br />
freiwillige Selbstverpflichtung der Behörden entsprechend dem<br />
Berliner Modell (§ 4 Berliner Gesetz zur Regelung von Integration<br />
und Partizipation vom 9.12.2010). Danach sind alle Behörden verpflichtet<br />
– unter Verzicht auf eine starre Quote – konkrete Zielvorgaben<br />
zur sukzessiven Erhöhung des Migrantenanteils im öffentlichen<br />
Dienst unter Berücksichtigung von Eignung, Befähigung<br />
und Leistung aufzustellen, einzuhalten und regelmäßig im Wege<br />
des Benchmarking und der Berichterstattung über die Personalentwicklung<br />
zu überprüfen. Außerdem sind die Behörden gehalten,<br />
ein aktives Personalmanagement zu betreiben, in Ausschreibungen<br />
gezielt Migranten anzusprechen und im Bewerbungsverfahren<br />
die inter- kulturelle Kompetenz zu berücksichtigen. Diese Art der<br />
freiwilligen Selbstverpflichtung ermöglicht ein Abstellen auf den<br />
Einzelfall.<br />
Wie erfolgreich solche konkreten Zielvorgaben sind, hat die 2006<br />
in Hamburg eingeführte Initiative „Wir sind Hamburg. Bist Du<br />
I12<br />
Kein Ende von Stasi-Aufarbeitung<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
I13<br />
Mehr Migrantinnen und Migranten in<br />
den Öffentlichen Dienst<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
139
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
dabei?“ gezeigt, mit der der Ausbildungsanteil von Jugendlichen<br />
mit Migrations-hintergrund in der allgemeinen Verwaltung, Steuerverwaltung,<br />
Polizei und Feuerwehr von 5,2 % (2006) auf 15 %<br />
(2010) gesteigert wurde. Wir verlangen jedoch nicht nur für den<br />
Ausbildungsbereich, sondern für den gesamten öffentlichen Dienst<br />
(einschließlich Richter, Staatsanwälte, Ministerialbeamte etc.) eine<br />
deutliche Erhöhung des Migrantenanteils.<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 14<br />
Landesverband Berlin<br />
Bleiberechtsregelung ausschließlich<br />
für gut integrierte Jugendliche<br />
und Heranwachsende beschlossen<br />
-Kettenduldung ganz abschaffen<br />
Wir fordern eine umfassende humanitäre Bleiberechtsregelung,<br />
die den gesamten Personenkreis der langjährig geduldeten Menschen<br />
in den Blick nimmt und das Problem der Kettenduldungen<br />
abschließend löst.<br />
I14<br />
Bleiberechtsregelung ausschließlich<br />
für gut integrierte Jugendliche<br />
und Heranwachsende beschlossen<br />
-Kettenduldung ganz abschaffen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 15<br />
Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />
Für ein menschenwürdiges Asylrecht<br />
Die <strong>SPD</strong> soll sich im Europäischen Parlament und im Bundestag<br />
verstärkt dafür einsetzen, die Rechte von flüchtigen Menschen zu<br />
stärken sowie für ein menschenwürdiges Asylrecht zu streiten, das<br />
neben politischer Verfolgung auch ökonomische Ausbeutung(z.B.<br />
Menschenhandel und insbesondere Kinderarbeit nach ILO-Konvention)<br />
im Blick hat und Schutz bietet. Damit einhergehend muss<br />
die Verhinderung der Flucht nach Europa durch FRONTEX und<br />
nationale Grenzschutzkräfte (wie Bundespolizei, Carabinieri, Guardia<br />
Civil u.a.) beendet und jeder/m Flüchtigen die Möglichkeit<br />
zur Asylantragstellung gegeben werden.<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 16<br />
Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />
Menschenwürdiger Umgang mit<br />
Flüchtlingen in den bayerischen<br />
Gemeinschaftsunterkünften<br />
Die Situation in den Gemeinschaftsunterkünften ist alarmierend.<br />
Menschenunwürdige Zustände werden bewusst erzeugt und toleriert,<br />
um eine Integration in die Gesellschaft bereits von der Erstaufnahme<br />
an zu verhindern. Mangelnde Selbstbestimmung, Isolation<br />
und ungewisse Aufenthaltsdauer bestimmen den Alltag von<br />
10.149 Flüchtlingen in 126 bayrischen GU (laut bayrischem Staatsministerium<br />
für Arbeit und Sozialordnung. Stand vom 29.02.2012).<br />
Dieser Umgang mit Menschen bedarf einer dringenden Änderung.<br />
Da sich die Zuständigkeitsbereiche oft überschneiden, sollte die<br />
Verantwortlichkeit gewisser Instanzen generell geklärt und von da<br />
ab eine Verweisung unmöglich gemacht werden. Wir fordern von<br />
den Kommunen:<br />
I15<br />
Für ein menschenwürdiges Asylrecht<br />
Zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag vom 14.-16.<br />
November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
I16<br />
Menschenwürdiger Umgang mit<br />
Flüchtlingen in den bayerischen<br />
Gemeinschaftsunterkünften<br />
Zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag vom 14.-16.<br />
November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
140
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Die kostenlose Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln für<br />
AsylbewerberInnen. Eine derartige Nutzung bleibt Flüchtlingen,<br />
die auf ein monatliches Budget von 40,90 Euro angewiesen sind,<br />
meist verwehrt. Hierfür bieten sich bereits bewährte Systeme, wie<br />
das „Semesterticket“ an, mit dem nicht nur Verkehrsmittel, sondern<br />
auch kulturelle Veranstaltungen besucht werden können. Für dieses<br />
Ticket wäre ein realistischer Grundbetrag fällig, der die Nutzung<br />
über eine bestimmte Frist gewährleistet.<br />
Es darf keine Gebühr für die Stellung eines Antrages auf Verlassen<br />
des Bezirkes erhoben werden. Auf Sachleistungen, wie vorbestimmte<br />
und immer gleiche „Essenspakete“ und Hygieneartikel,<br />
sollte generell verzichtet und stattdessen ein Bargeld- oder Gutscheinsystem<br />
eingeführt werden (hierfür besteht auch eine Zuständigkeit<br />
der Bezirks-, Staats- und Bundesregierung).<br />
Außerdem muss eine sowohl medizinische als auch psychologische<br />
Versorgung gewährleistet sein (Ebenfalls Zuständigkeitsbereich<br />
der Bezirks-, Staats-, und Bundesregierung).<br />
Die Zusammenarbeit und Unterstützung der haupt- und ehrenamtlichen<br />
Mitarbeiter seitens der Behörden sollte intensiviert werden,<br />
vor allem beim Aufbau eines „Patensystems“ (Auch hierfür kann<br />
die Bezirksregierung als mitverantwortlich genannt werden).<br />
von der bayrischen Staatsregierung: Ein verbindlicher Sprachunterricht<br />
muss bei Aufnahme in eine GU gewährleistet sein. Die maximale<br />
Aufenthaltsdauer in GU‘s darf drei Monate betragen. Danach<br />
müssen die Flüchtlinge in dezentralen, staatlichen Unterkünften<br />
untergebracht werden und ein Auszugsrecht in private Wohnungen<br />
besitzen.<br />
von der Bundesregierung: Die Flüchtlinge müssen beim Auszug<br />
aus einer GU eine Arbeitserlaubnis erhalten und dies unabhängig<br />
vom Anerkennungsstatus.<br />
Das bereits erwähnte Monatsbudget von 40,90 Euro muss auf eine<br />
Mindestsumme von 100 Euro angehoben werden, um den Flüchtlingen<br />
den Zugang zu grundlegenden Aktivitäten und Aktionen zu<br />
ermöglichen und ihnen somit die Integration in die Gesellschaft zu<br />
erleichtern.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 17<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Kostenlose Integrationskurse für<br />
ausländische Mitbürger<br />
Jeder Ausländer/Jede Ausländerin darf kostenlos an Integrationskursen<br />
teilnehmen. Dabei wird nicht zwischen EU-BürgerInnen<br />
und Nicht-EU-BürgerInnen unterschieden. Die Kosten sind nicht<br />
den Kommunen anzulasten, sondern vom Bund zu tragen.<br />
I17<br />
Kostenlose Integrationskurse für<br />
ausländische Mitbürger<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 18<br />
Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt<br />
Für eine neue Gesellschafts- und<br />
Teilhabepolitik<br />
Es geht um den Zusammenhalt<br />
Deutschland ist ein vielfältiges Land. Unsere Einwanderungsgesellschaft<br />
braucht eine moderne Politik, von der Kita bis ins Seniorenheim.<br />
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wissen,<br />
es geht vor allem um die soziale Frage. Wir wollen ein gleichberechtigtes<br />
gesellschaftliches Miteinander in Vielfalt. Daher wollen<br />
wir Integrationspolitik neu denken. Dass bedeutet letztlich auch,<br />
I18<br />
Für eine neue Gesellschafts- und<br />
Teilhabepolitik<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
55<br />
60<br />
65<br />
141
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
den Begriff der Integration zu überwinden und durch den selbstverständlichen<br />
gesellschaftlichen Anspruch auf Teilhabe zu ersetzen.<br />
Die soziale Frage in der Einwanderungsgesellschaft zu stellen,<br />
bedeutet für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die<br />
Chancengleichheit auf Bildung und Arbeit in den Fokus zu rücken.<br />
Eine sozialdemokratische Regierungsbeteiligung, die folgende Positionen<br />
nicht berücksichtigt, ist für uns nicht vorstellbar:<br />
1. Sofortige Abschaffung der Optionspflicht und Öffnung der<br />
Mehrstaatigkeit.<br />
2. Bildung und Förderung von Anfang an, d.h. Angebote frühkindlicher<br />
Bildung müssen bundesweit verbessert werden.<br />
3. Gute Ausbildung und Arbeit ist der Schlüssel für Teilhabe.<br />
Wir wollen neue Wege, um Aufstiege unabhängig von der Herkunft<br />
zu ermöglichen. Daher wollen wir eine Offensive für Antidiskriminierungsmaßnahmen:<br />
Die Einführung von anonymisierten<br />
Bewerbungsverfahren und verbindliche Zielvereinbarungen<br />
für den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber sind erste Schritte.<br />
Denn wir wissen: Insbesondere Menschen mit Migrationsbiographie<br />
sind auf dem deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt<br />
strukturell benachteiligt: Sie steigen weniger häufig in Führungspositionen<br />
auf; ihre Jobchancen sind bei gleicher Qualifikation<br />
geringer; sie sind überdurchschnittlich in unattraktiven Arbeitssegmenten<br />
beschäftigt; sie sind besonders häufig prekär beschäftigt<br />
und überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen. Für<br />
Menschen mit ausländischen Bildungsabschlüssen wollen wir<br />
das Anerkennungsgesetz weiterentwickeln und Qualifizierungsmöglichkeiten<br />
ausbauen, um echte Chancen auf eine Anerkennung<br />
zu schaffen.<br />
4. Integration vor Ort – das von Rot-Grün eingeführte und sehr<br />
erfolgreiche Programm „Soziale Stadt“ und die Städtebauforderung<br />
sollen wieder aufleben und gestärkt werden.<br />
Die politischen Kräfte sinnvoll bündeln und verankern<br />
Um die vielfältigen Aktivitäten auf der Bundesebene zu bündeln,<br />
muss ein schlüssiges Gesamtkonzept für Teilhabepolitik entwickelt<br />
werden.<br />
Die Gleichstellung von Bürgerinnen und Bürgern mit und ohne<br />
Migrationsbiographie braucht eine zeitgemäßige ministerielle Verankerung<br />
im Bund. Geschaffen werden muss eine Stelle, die den<br />
„ganzheitlichen“ Blick auf Teilhabepolitik hat und sowohl koordinierend<br />
als auch kontrollierend tätig ist. Eine Staatsministerin ohne<br />
„Unterbau“ ist nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen mehr als eine<br />
„Grußtanten“-Politik ohne exekutive Kompetenz.<br />
Die Landesregierungen unter sozialdemokratischer Beteiligung in<br />
Berlin, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg<br />
zeigen verschiedene Wege der ministeriellen Verankerung:<br />
In der Mehrheit ist das Politikfeld im Arbeitsressort angesiedelt.<br />
Nun ist es an der Zeit, dass wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
diesem Beispiel in einer Regierungsbeteiligung folgen.<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 19<br />
Unterbezirk Düsseldorf (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Menschenwürdige Unterbringung von<br />
Asylbewerber/innen<br />
Die <strong>SPD</strong> setzt sich für eine deutliche Verkürzung der Sperrfrist zur<br />
Arbeitsaufnahme für Asylbewerberinnen und Asylbewerbern ein.<br />
Die Frist soll enden, sobald die Asylsuchenden nicht mehr verpflichtet<br />
sind, in einer Aufnahmeeinrichtung des Landes zu wohnen.<br />
Gemäß § 47 AsylVerfG ist dies spätestens drei Monate nach Antragsstellung<br />
der Fall. Der bislang nach Ablauf der Sperrfrist geltende<br />
nachrangige Arbeitsmarktzugang soll vollständig entfallen.<br />
I19<br />
Menschenwürdige Unterbringung von<br />
Asylbewerber/innen<br />
Zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag vom 14.-16.<br />
November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
142
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 20<br />
Landesverband Bayern<br />
20 Jahre Asylkompromiss - 20 Jahre<br />
Abschaffung des Asylrechts<br />
Unter dem Beifall der AnwohnerInnen und ohne Eingreifen der<br />
Polizei brannten 1991 und ´92 Asylbewerberunterkünfte in Hünxe<br />
und Rostock-Lichtenhagen. Es folgten rechtsradikale Mord- und<br />
Gewaltanschläge auf MigrantInnen in Hoyerswerda, Solingen,<br />
und Mölln. 74% der Deutschen teilten damals Forderungen nach<br />
Einschränkungen des Asylrechts und die Hetzparole des „vollen<br />
Bootes“ war weit über die Stammtische hinaus zu hören. Um die<br />
angeblich bestehende „Überforderung“ der Menschen aufgrund des<br />
Zusammenlebens mit AsylbewerberInnen in Deutschland zu beenden,<br />
forderten CDU/CSU und FDP eine Einschränkung des Asylrechts.<br />
Die Rolle der Täter und der Opfer wurde so auf absurde<br />
Weise verdreht. Nach einigem, teils sehr engagierten Widerstand<br />
gegen die geplanten Asylrechtseinschränkungen knickte die <strong>SPD</strong><br />
aufgrund massiver öffentlicher Kampagnen ein. Die Zustimmung<br />
der <strong>SPD</strong> bescherte daraufhin am 26. Mai 1993 im Bundestag die<br />
verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit um das Grundrecht<br />
auf Asyl in Deutschland faktisch abzuschaffen. Diesen sogenannten<br />
„Asylkompromiss“ bezeichnete die Flüchtlingsorganisation<br />
ProAsyl deshalb zu Recht als “Sieg der Straße und Niederlage des<br />
Rechtsstaats”. Auch 20 Jahre später formieren sich vielerorts Bürgerinitiativen<br />
zur Verhinderung von Asylbewerberunterkünften.<br />
Gewalttätige Übergriffe und die systematische Diskriminierung<br />
von Asylsuchenden sind an der Tagesordnung. Asylsuchende werden<br />
auch 2013 seitens der konservativen Parteien noch unter Generalverdacht<br />
gestellt und müssen hierzulande unter teils menschenunwürdigen<br />
Bedingungen leben. Massive Hetze wird dabei insbesondere<br />
gegen Sinti, Roma und andere ethnische Minderheiten aus<br />
Südosteuropa betrieben. Diese Zustände sind für uns unhaltbar und<br />
müssen endlich beseitigt werden.<br />
Als rechtliche Grundlage jeglicher Verbesserungen fordern wir<br />
deshalb zunächst die längst überfällige Wiedereinführung des vorbehaltslosen<br />
Grundrechts auf Asyl, welches nicht durch einfaches<br />
Bundesgesetz einschränkbar ist und die gleichzeitige Streichung<br />
des Art. 16a Absätze II bis V Grundgesetz.<br />
Reißt die Festung Europa ein!<br />
Deutschland hat auf nationaler und europäischer Ebene darauf hinzuwirken,<br />
dass die Einreise über einen angeblich „sicheren Drittstaat“<br />
nicht mehr zum Ausschluss des Asylrechts führt. Ebenso<br />
bekräftigen wir unsere Forderung nach der Abschaffung der Flughafenschnellverfahren,<br />
in denen Asylanträge ohne hinreichende<br />
materielle Prüfung innerhalb weniger Stunden abgelehnt werden<br />
können. Die Neueinführung einer möglichen Abschiebehaft sogar<br />
während des Asylverfahrens, wie sie für die EU-Mitgliedstaaten im<br />
Entwurf der aktuellen europäischen Dublin-III-Verordnung (auch<br />
für Minderjährige) vorgesehen ist, lehnen wir strikt ab. Deutschland<br />
darf derartige Vorgehensweisen nicht zum Bestandteil seiner<br />
ohnehin schon restriktiven Asylpolitik machen. Die Erneuerung<br />
der Dublin-II Verordnung und der europäischen Aufnahmerichtlinie<br />
hat Deutschland die Chance eröffnet, eine Kehrtwende in der<br />
Asylpolitik zu vollziehen. Diese Chance wurde leider vergeben.<br />
Das ursprünglich geäußerte Ziel der Schaffung von „einheitlichen<br />
Bedingungen“ für Asylsuchende innerhalb der EU wurde weit verfehlt,<br />
da es den Staaten aufgrund von mehreren Ausnahmetatbeständen<br />
und unbestimmten Rechtsbegriffen weiterhin ermöglicht<br />
wird, das Grundrecht auf Asyl de facto auszuschalten.<br />
I20<br />
20 Jahre Asylkompromiss - 20 Jahre<br />
Abschaffung des Asylrechts<br />
Zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag vom 14.-16.<br />
November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
143
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
„Wir erwarten nicht den Himmel – wir fliehen nur vor der Hölle“<br />
Kein Mensch flüchtet freiwillig aus seiner Heimat. Asylsuchende<br />
sind politischer, religiöser und jedweder anderer Art von Verfolgung<br />
und Gewalt ausgesetzt. In der Hoffnung auf ein menschenwürdiges<br />
Leben frei von Angst kommen sie nach Deutschland,<br />
nur um sich weiteren Drangsalierungen durch das Ausländer- und<br />
Asylrecht ausgesetzt zu sehen. Hungerstreiks und Demonstrationen<br />
gegen die unwürdige Behandlung von AsylbewerberInnen gehören<br />
in Deutschland zur traurigen, fast alltäglichen Realität. Die systematische<br />
Diskriminierung von Asylsuchenden beschämt uns zutiefst<br />
und wird von uns nicht akzeptiert.<br />
In Deutschland gab es in den letzten Jahren europaweit nach Frankreich<br />
die zweitmeisten Asylanträge. Pro 1000 Einwohner kommen<br />
jährlich statistisch jedoch nur 0,7 Asylsuchende nach Deutschland,<br />
womit wir uns auf Platz 14 innerhalb der EU (unter Einbeziehung<br />
der Schweiz, Norwegen und Liechtenstein) befinden. Zudem hat<br />
sich die Anzahl der anerkannten Flüchtlinge und AsylbewerberInnen<br />
in Deutschland in der Zeit von 1997 bis 2011 vor allem<br />
durch Abschiebungen und Rückkehr in die Herkunftsländer, aber<br />
auch durch „amtlich bestätigte Integration“ von über 1.000.000<br />
auf 400.000 reduziert. Angesichts dieser Tendenz ist es umso bedauerlicher,<br />
dass Deutschland vermehrt Abschiebungen durchführt<br />
(2011: ca. 8000) und Menschen, die hierzulande geboren und aufgewachsen<br />
sind, völlig grundlos ihrem sozialen Umfeld entreißt.<br />
Die dabei angewandten überfallartigen Praktiken sind rechtsstaatlich<br />
nicht hinnehmbar und daher umgehend einzustellen. Wir fordern<br />
darüber hinaus einen sofortigen Abschiebestopp.<br />
Die Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes sind verfassungswidrig,<br />
weswegen dieses Gesetz umgehend abgeschafft<br />
werden muss. Ebenso ist der zynische Art. 7 Abs. V S. 3 der bayerischen<br />
Durchführungsverordnung Asyl, nach welchem die Unterbringung<br />
der Asylsuchenden ihre Rückkehr ins Herkunftsland fördern<br />
soll, ersatzlos zu streichen. In Bekräftigung dieser Forderungen<br />
und unserer bisherigen Beschlusslagen zum Asylrecht stehen<br />
wir weiterhin für:<br />
• die Abschaffung der Residenzpflicht für AsylbewerberInnen<br />
• die Auflösung der Gemeinschaftsunterkünfte zugunsten eines<br />
Rechts auf freie Wohnungswahl und die Bereitstellung von genug<br />
öffentlich gefördertem Wohnraum<br />
• Frauen, Kinder, Menschen mit Behinderung und Kranke sollen<br />
raus aus den Erstaufnahmeeinrichtungen<br />
• die Abschaffung des Sachleistungs- und Gutscheinprinzips<br />
• eine flächendeckende Gesundheitsversorgung für AsylbewerberInnen<br />
im System der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
• die psychologische Betreuung für traumatisierte Asylbewerber-<br />
Innen unter besonderer Berücksichtigung der Opfer von sexueller<br />
Gewalt<br />
• das Angebot flächendeckender staatlicher Sprachkurse<br />
• eine maximale Aufenthaltsdauer in Erstaufnahmestellen von 6<br />
Wochen<br />
• die Aufhebung des Arbeitsverbots für Asylsuchende und eine automatische<br />
Arbeitserlaubnis mit Verlassen der Erstaufnahmestelle<br />
• den Anspruch auf eine Gleichwertigkeitsprüfung für im Ausland<br />
erworbene Abschlüsse und Qualifikationen<br />
• einen Anspruch auf Teilnahme an staatlich organisierten<br />
Deutschkursen<br />
• einen Anspruch auf reguläre berufliche Weiterbildungsmaßnahmen<br />
• die Abschaffung der Gentests zu Abstammungsnachweiszwecken<br />
von Familienangehörigen der Asylsuchenden<br />
• Aufhebung der Unterscheidung von allgemeinen Gefahren und<br />
individuellen Bedrohungen bei Asylverfahren. Auch die Flucht<br />
von Kriegs- und Konfliktschauplätzen, von Hungernöten oder<br />
ökologischen Katastrophen stellt einen Grund dar<br />
• Schaffung einer Europäischen Asylbehörde und die Benennung<br />
eines/r Kommissar/in der Europäischen Kommission für Migration.<br />
144
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 21<br />
Unterbezirk Münster (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Europäische Asylpolitik umdenken -<br />
Schutz von und nicht vor Geflüchteten!<br />
Die Europäische Union betreibt seit Jahren eine Abschottungsund<br />
Ausgrenzungspolitik an ihren Außengrenzen. Die Mauern der<br />
„Festung Europa“ sind für viele Menschen auf der Flucht zu unüberwindbaren<br />
Hindernissen geworden. An diesen Außengrenzen<br />
sind alleine im Jahr 2007 etwa 2.000 Menschen ums Leben gekommen.<br />
Menschen, die aus Verzweiflung und aus Angst vor Tod, Folter,<br />
Hunger oder Verfolgung, ihre gesamte Existenz aufgaben und<br />
sich mit der Hoffnung auf ein besseres Leben auf den Weg nach<br />
Europa machten. Die Abschottungspolitik der EU hat zu viele Leben<br />
gefordert – wir fordern ein Umdenken! Die Europäische Asylpolitik<br />
muss den Schutz von und nicht vor Geflüchteten zum Ziel<br />
haben.<br />
Durch die sogenannte Dublin-II-Verordnung werden die Asylverfahren<br />
von Menschen in den Ländern behandelt, in denen sie die<br />
EU betreten. Dadurch werden Länder wie Italien oder Griechenland,<br />
die einen großen Teil der europäischen Außengrenzen abdecken,<br />
überfordert. Die Abschottungspolitik ist nur eine logische<br />
Konsequenz dieser Überforderung. Deshalb muss ein europäisches<br />
Umdenken mit der Abschaffung der Dublin-II-Verordnung und der<br />
Ersetzung durch eine neue Verordnung beginnen. Die Geflüchteten<br />
müssen gerecht auf die Staaten der EU verteilt werden, nach Möglichkeit<br />
unter der Berücksichtigung der Wünsche der Geflüchteten.<br />
Die Agentur Frontex operiert als militarisierte Grenzpolizei der<br />
Europäischen Union. Ein großer Teil der Menschenleben, die die<br />
europäische Abschottungspolitik bisher gekostet hat, sind auch auf<br />
den Einsatz von Frontex zurückzuführen. Daher kann eine sozialdemokratische<br />
Flüchtlingspolitik nur die Umstrukturierung von<br />
Frontex fordern.<br />
Unser Ziel ist eine solidarische, menschenwürdige und gerechte<br />
Politik für Geflüchtete. Wir wollen, dass Menschen als Menschen<br />
behandelt werden und eine wahre Chance auf ein neues Leben nach<br />
ihrer Flucht erhalten.<br />
Wir fordern daher:<br />
1. Die schnellstmögliche Ersetzung der Dublin-II-Verordnung<br />
durch eine EU-weite Verordnung über die Aufnahme von Geflüchteten,<br />
die eine gerechte Verteilung von Asylsuchenden unter<br />
der unbedingten Wahrung der Menschenrechte ermöglicht, ohne<br />
einzelne Länder übermäßig zu belasten. Dabei sollen die Wünsche<br />
der Geflüchteten – soweit möglich – berücksichtigt werden.<br />
2. Die sofortige Umstrukturierung von Frontex. Statt einer militärischen<br />
Agentur zur Abwehr von Geflüchteten, sollten Einheiten<br />
zur Verfügung stehen, die Geflüchtete auf hoher See vor dem<br />
Ertrinken bewahren und sie sicher auf das europäische Festland<br />
bringen, wo es ihnen möglich ist einen Antrag auf Asyl zu stellen.<br />
3. Eine neue, EU-weite Bleiberechtsregelung. Menschen, die sich<br />
über lange Zeit ohne Abschluss des Asylverfahrens in der EU<br />
aufhalten, müssen ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten. Familien<br />
dürfen nicht auseinandergerissen werden.<br />
4. Einen sofortigen, EU-weiten Abschiebestopp in alle Länder, in<br />
denen die UN- Menschenrechtskonventionen, sowie die Grundsätze<br />
der europäischen Menschenrechtskonvention verletz werden.<br />
5. Die Abschaffung der Drittstaatenregelung. Das Recht der Freizügigkeit<br />
muss allen Menschen gewährt werden.<br />
6. Die umgehende Abschaffung der zentralen EU-weiten Fingerabdruckspeicherung<br />
für Asylbewerber_innen.<br />
7. Eine effektive Bekämpfung der Menschenschlepperei, durch sichere<br />
Einreisemöglichkeiten für Asylsuchende.<br />
I21<br />
Europäische Asylpolitik umdenken -<br />
Schutz von und nicht vor Geflüchteten!<br />
Zurückgestellt bis zum ordentlichen Bundesparteitag vom 14.-16.<br />
November 2013 in Leipzig, im Hinblick auf einen Initiativantrag<br />
des Parteivorstandes zum Thema Europa<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
145
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
8. Die Gewährleistung der Rechte auf Freizügigkeit, freie Wohnungswahl,<br />
Arbeit, Bildung, gesundheitliche Versorgung und<br />
Zugang zu den Sozialsystemen für alle Menschen.<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 22<br />
Landesverband Berlin<br />
Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!<br />
Wir fordern die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die <strong>SPD</strong>-Landesregierungen<br />
auf, sich geschlossen für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes<br />
einzusetzen und in diesem Sinne die parlamentarischen<br />
Wege über Bundesrat und Bundestag auszuschöpfen.<br />
I22<br />
Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 23<br />
Bezirk Braunschweig<br />
Lockerung der Visabestimmungen<br />
Die Bundestagsfraktion wird beauftragt, sich für eine Lockerung<br />
der Visabestimmungen für türkische Staatsbürger, die in Deutschland<br />
Familienangehörige besuchen möchten, einzusetzen. Langfristig<br />
sollen die Bemühungen der EU, für eine Abschaffung der<br />
Visapflicht für türkische Staatsbürger, unterstützt werden.<br />
I23<br />
Lockerung der Visabestimmungen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 24<br />
Landesorganisation Hamburg<br />
Neubewertung des Aufenthaltsrechts<br />
1. Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion soll sich einsetzen für eine Reform<br />
des Aufenthaltsrechts auf Bundesebene in folgenden Punkten:<br />
Die Erleichterung der Erlangung einer Arbeitserlaubnis im Rahmen<br />
des §10BeschVerfV.<br />
Die Verbesserung der Möglichkeit für eine Aufenthaltserlaubnis<br />
bei Langzeitgeduldeten Menschen.<br />
2. Eine konsequente und gesetzliche Umsetzung des auf der Integrationsministerkonferenz<br />
beschlossenen Vorschlags zur „Nachhaltigen<br />
Integration“.<br />
3. Eine kritische Neubewertung der Dublin-II-Verordnung.<br />
4. Die <strong>SPD</strong> wird die öffentliche Debatte über das Aufenthaltsrecht<br />
und die damit verknüpften Themen aktiv führen. In dieser Debatte<br />
werden wir rassistische Ressentiments, Unwahrheiten und<br />
Verschleierungen entschieden zurück weisen.<br />
I24<br />
Neubewertung des Aufenthaltsrechts<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 25<br />
Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />
Keine Optionspflicht bei doppelter<br />
Staatsbürgerschaft!<br />
Wir fordern die Abschaffung der Optionspflicht für Bürgerinnen<br />
und Bürger mit doppelter Staatsangehörigkeit, da diese die Integration<br />
nicht fördert.<br />
I25<br />
Keine Optionspflicht bei doppelter<br />
Staatsbürgerschaft!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
146
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 26<br />
020 Kreis Friedrichshain-Kreuzberg (Landesverband Berlin)<br />
Antrag auf Gleichstellung aller<br />
deutschen Staatsbürger ungeachtet ihrer<br />
Herkunft bei allen Behörden im In- und<br />
Ausland<br />
Die Abgeordneten im Bundestag sollen sich dafür einsetzen, dass<br />
alle deutschen Staatsbürger – auch später Eingebürgerte und bei<br />
Geburt eingebürgerte Personen mit Migrationshintergrund –bei allen<br />
öffentlichen Institutionen im In- und Ausland gleich behandelt<br />
werden und nicht aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert werden.<br />
I26<br />
Antrag auf Gleichstellung aller<br />
deutschen Staatsbürger ungeachtet ihrer<br />
Herkunft bei allen Behörden im In- und<br />
Ausland<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 27<br />
Landesverband Berlin<br />
NPD Verbotsverfahren<br />
Ein neues NPD Verbotsverfahren ist einzuleiten. Die Verantwortlichen<br />
sind gehalten, dieses so vorzubereiten, dass das Verbot nicht<br />
nur vor dem Bundesverfassungsgericht, sondern gegebenenfalls<br />
auch vor europäischen Gerichten Bestand hat.<br />
I27<br />
NPD Verbotsverfahren<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 28<br />
Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Verbot der NPD<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, Gesetzesinitiativen<br />
zu ergreifen, um neonazistischen Aktivitäten in Deutschland<br />
dauerhaft den Boden zu entziehen. Hierzu gehören:<br />
• ein völliges Zurückziehen von V-Leuten des Verfassungsschutzes<br />
aus neonazistischen Organisationen,<br />
• ein Verbot der NPD.<br />
I28<br />
Verbot der NPD<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 29<br />
Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Rassismus und Rechtsextremismus<br />
bekämpfen<br />
Rassismus und Rechtsextremismus hat in einer demokratischen<br />
und weltoffenen Gesellschaft keinen Platz. Aus diesem Grund stellen<br />
wir folgende Forderungen:<br />
• Unterstützung der Initiativen gegen Rechts (z. B. Aufklärungsarbeit<br />
an Schulen) durch finanzielle Hilfen und Streichen der<br />
Extremismusklausel im Bundesprogramm „Toleranz fördern –<br />
Kompetenz stärken“<br />
• Abschalten der V-Leute aus der NPD<br />
• Verbot der NPD<br />
I29<br />
Rassismus und Rechtsextremismus<br />
bekämpfen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
147
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 30<br />
Arbeitskreis Jüdische Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
Projekte gegen Rassismus und<br />
Antisemitismus stärken<br />
Projekte gegen Rassismus und Antisemitismus stärken– Förderprogramme<br />
für Vielfalt, Toleranz und Demokratie verstetigen - Extremismusklausel<br />
abschaffen<br />
Der Erhalt einer demokratischen und offenen Gesellschaft und der<br />
Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen der<br />
Intoleranz erfordert nachhaltig geförderte zivilgesellschaftliche<br />
Initiativen. Die von einer Schwarz-Gelben Bundesregierung verantwortete,<br />
chaotische Förderpolitik hat jedoch über Jahre hinweg<br />
jegliche langfristige Arbeit verhindert und durch die einseitige<br />
Konzentration auf Modellprogramme und unrealistische Drittmittelvorgaben<br />
die Arbeit wichtiger Initiativen mehr gehemmt als unterstützt.<br />
Durch das Auslaufen der Bundesprogramme Ende 2013<br />
sehen sich etablierte und erfolgreiche Initiativen in ihrer Existenz<br />
gefährdet. Wertvolle Expertise droht verloren zu gehen. Hinzu<br />
kommt, dass der Einsatz um Demokratie und Toleranz auch durch<br />
ideologisierte Auflagen wie die so genannte „Extremismusklausel“<br />
massiv gestört wird. Diese stellt den Kampf gegen Rechtsextremismus<br />
unter den Generalverdacht der Verfassungsfeindlichkeit, was<br />
auch in Anbetracht der deutschen Geschichte nicht nur faktisch und<br />
historisch falsch, sondern auch moralisch bedenklich ist.<br />
Mit dem Ziel, Toleranz, Solidarität und demokratisches Bewusstsein<br />
zu fördern und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit effektiv<br />
zu bekämpfen, steht die <strong>SPD</strong> für eine staatliche Unterstützung,<br />
die langfristig und verantwortlich das Engagement in der Zivilgesellschaft<br />
staatlich unterstützt. Konkret bekennt sich die <strong>SPD</strong><br />
zu folgenden Zielen:<br />
a) Die Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und anderen<br />
Formen der Intoleranz ist eine Langzeitaufgabe, welche eine Verstetigung<br />
bisherig erfolgreicher Arbeit verlangt. Staatliche Förderstrukturen<br />
stehen in der Pflicht, die Arbeit zivilgesellschaftlicher<br />
Institutionen durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen.<br />
Das weitere Bestehen und die Ausweitung von Modellprojekten,<br />
die sich als erfolgreich erwiesen haben, muss gesichert sein. Um<br />
die institutionelle Kontinuität der bisherigen Initiativen und die<br />
Entwicklung neuartiger Projekte gleichermaßen zu fördern, sind<br />
die bisherigen Bundesmittel des auslaufenden Programmes „TO-<br />
LERANZ FÖRDERN - KOMPETENZ STÄRKEN“ von 24 Mio<br />
€ auf mindestens 48 Mio € zu verdoppeln und je zur Hälfte für<br />
Modellprojekte und institutionelle Förderung aufzuwenden.<br />
b) Notwendige Initiativen gegen Rassismus, Antisemitismus und<br />
andere Formen der Intoleranz dürfen nicht an unrealistischen<br />
Drittmittelvorgaben scheitern. Es ist für viele NGOs unzumutbar,<br />
wenn sie eine Kofinanzierungsquote von 50% erfüllen müsse.<br />
Dies bringt gerade für kleine Institutionen einen massiven<br />
Mehraufwand mit sich, wodurch effizientes Arbeiten sehr stark<br />
erschwert wird. Solch starre Vorgaben gehören durch ein flexibles<br />
Modell ersetzt oder möglichst ganz abgeschafft.<br />
c) Die Mordserie des NSU hat uns allen vor Augen geführt, dass der<br />
Rechtsextremismus in Deutschland eine tödliche Gefahr bleibt und<br />
niemals unterschätzt werden darf. Dessen Bekämpfung darf nicht<br />
aus ideologischen Gründen durch die „Extremismusklausel“ und<br />
die damit einhergehende Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus<br />
erschwert werden. In der <strong>SPD</strong> darf die Totalitarismustheorie<br />
niemals die Grundlage einer (Förder)politik darstellen.<br />
d) Der Bericht des vom Bundestag eingesetzten Expertengremiums<br />
zu Antisemitismus wie auch aktuelle Ansätze der Vorurteilsforschung<br />
belegen zweifelsfrei, dass Antisemitismus nicht nur ein<br />
Problem der Ränder, sondern auch der Mitte der Gesellschaft<br />
I30<br />
Projekte gegen Rassismus und<br />
Antisemitismus stärken<br />
Annahme in geänderter Fassung:<br />
Projekte gegen Rassismus und Antisemitismus stärken– Förderprogramme<br />
für Vielfalt, Toleranz und Demokratie verstetigen - Extremismusklausel<br />
abschaffen<br />
Der Erhalt einer demokratischen und offenen Gesellschaft und der<br />
Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen der<br />
Intoleranz erfordert nachhaltig geförderte zivilgesellschaftliche<br />
Initiativen. Die von einer Schwarz-Gelben Bundesregierung verantwortete,<br />
chaotische Förderpolitik hat jedoch über Jahre hinweg<br />
jegliche langfristige Arbeit verhindert und durch die einseitige<br />
Konzentration auf Modellprogramme und unrealistische Drittmittelvorgaben<br />
die Arbeit wichtiger Initiativen mehr gehemmt als unterstützt.<br />
Durch das Auslaufen der Bundesprogramme Ende 2013<br />
sehen sich etablierte und erfolgreiche Initiativen in ihrer Existenz<br />
gefährdet. Wertvolle Expertise droht verloren zu gehen. Hinzu<br />
kommt, dass der Einsatz um Demokratie und Toleranz auch durch<br />
ideologisierte Auflagen wie die so genannte „Extremismusklausel“<br />
massiv gestört wird. Diese stellt den Kampf gegen Rechtsextremismus<br />
unter den Generalverdacht der Verfassungsfeindlichkeit, was<br />
auch in Anbetracht der deutschen Geschichte nicht nur faktisch und<br />
historisch falsch, sondern auch moralisch bedenklich ist.<br />
Mit dem Ziel, Toleranz, Solidarität und demokratisches Bewusstsein<br />
zu fördern und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit effektiv<br />
zu bekämpfen, steht die <strong>SPD</strong> für eine staatliche Unterstützung,<br />
die langfristig und verantwortlich das Engagement in der Zivilgesellschaft<br />
staatlich unterstützt. Konkret bekennt sich die <strong>SPD</strong><br />
zu folgenden Zielen:<br />
a) Die Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und anderen<br />
Formen der Intoleranz ist eine Langzeitaufgabe, welche eine Verstetigung<br />
bisherig erfolgreicher Arbeit verlangt. Staatliche Förderstrukturen<br />
stehen in der Pflicht, die Arbeit zivilgesellschaftlicher<br />
Institutionen durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen. Das<br />
weitere Bestehen und die Ausweitung von Modellprojekten, die sich<br />
als erfolgreich erwiesen haben, muss gesichert sein. Um die institutionelle<br />
Kontinuität der bisherigen Initiativen und die Entwicklung<br />
neuartiger Projekte gleichermaßen zu fördern, sind die bisherigen<br />
Bundesmittel des auslaufenden Programmes „TOLERANZ FÖR-<br />
DERN - KOMPETENZ STÄRKEN“ (derzeit 24 Mio €), deutlich<br />
zu erhöhen auf mindestens 48 Mio € zu verdoppeln und je zur Hälfte<br />
für Modellprojekte und institutionelle Förderung aufzuwenden.<br />
b) Notwendige Initiativen gegen Rassismus, Antisemitismus und<br />
andere Formen der Intoleranz dürfen nicht an unrealistischen<br />
Drittmittelvorgaben scheitern. Es ist für viele NGOs unzumutbar,<br />
wenn sie eine Kofinanzierungsquote von 50% erfüllen müsse. Dies<br />
bringt gerade für kleine Institutionen einen massiven Mehraufwand<br />
mit sich, wodurch effizientes Arbeiten sehr stark erschwert wird.<br />
Solch starre Vorgaben gehören durch ein flexibles Modell ersetzt<br />
oder möglichst ganz abgeschafft.<br />
c) Die Mordserie des NSU hat uns allen vor Augen geführt, dass der<br />
Rechtsextremismus in Deutschland eine tödliche Gefahr bleibt und<br />
niemals unterschätzt werden darf. Dessen Bekämpfung darf nicht<br />
aus ideologischen Gründen durch die „Extremismusklausel“ und<br />
die damit einhergehende Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus<br />
erschwert werden. In der <strong>SPD</strong> darf die Totalitarismustheorie<br />
niemals die Grundlage einer (Förder)politik darstellen.<br />
d) Der Bericht des vom Bundestag eingesetzten Expertengremiums<br />
zu Antisemitismus wie auch aktuelle Ansätze der Vorurteilsforschung<br />
belegen zweifelsfrei, dass Antisemitismus nicht nur<br />
ein Problem der Ränder, sondern auch der Mitte der Gesellschaft<br />
148
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
darstellt. Ähnliches gilt auch für andere Formen gruppenbezogener<br />
Menschenfeindlichkeit, beispielsweise dem Rassismus. Der<br />
Bundesparteitag spricht sich dafür aus, dass gerade im Bereich<br />
der schulischen und außerschulischen Bildung auch der gesellschaftliche<br />
Mainstream in den Blick gerückt und hierbei Vorurteilsstrukturen<br />
angemessen bearbeitet werden.<br />
darstellt. Ähnliches gilt auch für andere Formen gruppenbezogener<br />
Menschenfeindlichkeit, beispielsweise dem Rassismus. Solche<br />
Vorurteilsstrukturen müssen auch im Bereich der schulischen<br />
und außerschulischen Bildung thematisiert werden.<br />
1<br />
5<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 31<br />
Landesverband Berlin<br />
Resolution zu rechtem Terror<br />
Gemeinsam gegen Verharmlosung und rechten Terror – für ein pluralistisches<br />
und tolerantes Deutschland<br />
Wir trauern um Theodoros Boulgarides; Michèle Kiesewetter; Habil<br />
Kılıç Mehmet Kubaşık, Abdurrahim Özüdoğru, Enver Şimşek,<br />
Süleyman Taşköprü, Yunus Turgut, İsmail Yaşar und Halit Yozgat.<br />
Sie mussten sterben, weil sie nicht in das Bild der Rechtsextremen<br />
passten.<br />
Die Berliner <strong>SPD</strong> ist schockiert darüber, dass eine solche Anzahl<br />
an Morden geschehen konnte, ohne dass die Ermittlungsbehörden<br />
den Zusammenhang zwischen diesen rassistischen Morden erkannt<br />
haben. Eine Analyse der Versäumnisse ist dringend geboten. Wir<br />
fordern, notwendige Konsequenzen zu ziehen, damit sich derartiges<br />
in Zukunft nicht wiederholen kann.<br />
Mehr als 150 Opfer rechtsextremistischer Gewalttaten sprechen für<br />
sich. Der Handlungsbedarf ist unübersehbar geworden. Wir müssen<br />
die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen – in finanzieller und<br />
organisatorischer Hinsicht. Wir benötigen aber auch einen Mentalitätswechsel.<br />
Die Berliner <strong>SPD</strong> steht für ein Deutschland, in dem Menschen<br />
ohne Angst verschieden sein können und sich sicher fühlen.<br />
Wir stehen ein für ein Land, in dem Freiheit und Respekt, Vielfalt<br />
und Weltoffenheit lebendig sind. Die Würde des Menschen ist unantastbar.<br />
Wir wenden uns entschieden gegen die andauernde Verharmlosung<br />
rechtsextremistischer Gewalt. Nicht nur wurden Bundesmittel zur<br />
Bekämpfung rechtsextremistischer Gewalt gekürzt und umgewidmet<br />
auch zur Bekämpfung angeblicher linksextremistischer Gefahren.<br />
Menschen, die in Ostdeutschland manchmal unter Gefahr für<br />
Leib und Leben gegen rechte Alltagsgewalt kämpfen, werden noch<br />
dazu via „Extremismusklausel“ unter den Generalverdacht linksextremistischer<br />
Gesinnung gestellt.<br />
Für der Berliner <strong>SPD</strong> ist auch klar: Wir brauchen endlich ein Verbot<br />
der menschenverachtenden NPD. Wir können rechtsextremistische<br />
Gesinnungen damit nicht verhindern. Wir können jedoch damit<br />
verhindern, dass rechter Terror mit staatlichen Mitteln unterstützt<br />
wird, und die NPD unter dem Schutz des Parteienprivilegs Raum<br />
für die öffentliche Darstellung bekommt.<br />
Wir müssen uns entschieden gegen Strukturen stellen, welche die<br />
Verbreitung rechtsextremistischen Gedankengutes fördern oder tolerieren.<br />
Wir müssen Gesicht zeigen gegen offene und verdeckte<br />
Diskriminierungen bestimmter Gruppen von Menschen. Gruppenbezogene<br />
Menschenfeindlichkeit richtet sich im Endeffekt gegen<br />
die pluralistische Demokratie an sich.<br />
Die Verharmlosung rechter Gewalt muss beendet werden. Nie wieder<br />
rechter Terror in Deutschland!<br />
I31<br />
Resolution zu rechtem Terror<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm und Annahme von I30<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
149
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 32<br />
Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern)<br />
Wider die Extremismustheorie - Nein zur<br />
Extremismusklausel!<br />
Das Extremismus-Schema, das seit ca. 1973 von den deutschen<br />
Behörden angewendet wird um die äußersten Ränder des politischen<br />
Spektrums zu kategorisieren, beherrscht den politischen Diskurs<br />
durch und durch. So legte das Bundesfamilienministerium unter<br />
Ministerin Kristina Schröder ein Programm gegen Extremismus<br />
auf. Dies bedeutet in der Realität nur, dass bestehende Gelder zum<br />
Kampf gegen Rechtsextremismus nun dem Kampf gegen alle sogenannten<br />
Extremismusformen dienen sollen. Sprich, die einfache<br />
Gleichsetzung von Linksextremismus mit dem Rechtextremismus.<br />
Hinzu kommt nun noch die Extremismusklausel, deren Unterzeichnung<br />
die Bedingung für Fördermittel vom Bund ist.<br />
Das angesprochene Extremismus-Schema, welches sich aus der in<br />
der Wissenschaft hoch umstritten Extremismustheorie ergibt, geht<br />
von einer konstruierten Normalverteilung politischer Ansichten<br />
aus. Es wird davon ausgegangen, dass die sogenannte politische<br />
Mitte demokratisch und rechtsstaatlich ist, die jeweiligen linken<br />
und rechten Ränder hingegen antidemokratisch sind. Dies wird vor<br />
allem an der bestehenden freiheitlichen Grundordnung und insbesondere<br />
auch am bestehenden Verfassungsstaat festgemacht. Allerdings<br />
verkennt dieses Schema massiv, dass es in der Gesellschaft<br />
keine Normalverteilung gibt. Vielmehr sind Rassismus, Antisemitismus,<br />
Homophobie, Sexismus und Sozialdarwinismus nicht nur<br />
an den Rändern der Gesellschaft zu finden, sondern vielmehr die<br />
traurige Realität der sogenannten demokratischen Mitte.<br />
Aufgrund der Historie hat man allen Grund von dieser Annahme<br />
auszugehen. Es waren die christlichen und liberalen Abgeordneten<br />
der Mitte, die Hitlers Ermächtigungsgesetz billigten. Ebenso der<br />
Terror der SA und der NationalsozialistInnen, der zu einem inszenierten<br />
Bürgerkrieg führte, wurde von der bürgerlichen Ordnung<br />
gestützt.<br />
So zeigt eine Studie der FES wie stark nationalsozialistisches Gedankengut<br />
noch in der Mitte der Gesellschaft verankert ist. So bejahten<br />
37 % der Befragten den Satz: „Die Ausländer kommen nur<br />
hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“ Ebenso ließ sich bei<br />
ca. 18 % der Befragten eine antisemitische Einstellung feststellen.<br />
11 % der Befragten gaben an, dass der Nationalsozialismus seine<br />
guten Seiten hatte. Aufgrund der Studie lässt sich bei ca. 9 % der<br />
Deutschen auf ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild schließen.<br />
Dies zeigt deutlich wie sehr menschfeindliches Gedankengut in<br />
der Mitte der Gesellschaft verwurzelt ist. Es ist daher nicht verwunderlich,<br />
dass auch die Politik diese Einstellungen immer mehr<br />
bedient. Das zeigt etwa Roland Koch in seinen Wahlkämpfen oder<br />
Thilo Sarrazin mit seinen sozialdarwinistischen Vorstellungen von<br />
der Wertigkeit von Menschen. Hierbei handelt es sich um den „Extremismus<br />
der Mitte“, einer beschreibenden Theorie über antidemokratische<br />
Tendenzen in der Gesellschaft, die international anerkannt<br />
ist, jedoch gerne von der bürgerlichen Mitte in der BRD<br />
ausgeblendet wird.<br />
Das Extremismus-Schema führt zu einer Gleichsetzung von Linksextremismus<br />
und Rechtsextremismus. Dieses Schema setzt voraus,<br />
dass es sich um ähnliche Formen handelt. Dabei ist weder historisch<br />
noch inhaltlich ein Indiz für eine Ähnlichkeit oder gar gedanklicher<br />
Zusammenhang zu finden. Vielmehr ist historisch nie<br />
von Linksextremismus gesprochen worden, nur der Begriff Rechtsextremismus<br />
ist historisch gebräuchlich gewesen.<br />
Diese Formen von Begrifflichkeit des Extremismus wurden in den<br />
1970ern vorangetrieben. Den Begriff, den heute Behörden, Verfassungsschutzämter<br />
und die Bundeszentrale für politische Bildung<br />
nutzen, stammt von Eckard Jesse. Jesse jedoch steht im äußerst<br />
I32<br />
Wider die Extremismustheorie - Nein zur<br />
Extremismusklausel!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm und Annahme von I30<br />
150
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
engen Kontakt zur Neuen Rechten, veröffentlichte ein Buch zusammen<br />
mit einem Holocaustleugner und arbeitet eng mit bekennenden<br />
Nazis zusammen. Hier lässt sich erkennen, wessen Kind<br />
in Deutschland die neue Einteilung in Extremismuskategorien ist.<br />
Dennoch wird Jesse weiterhin von den staatlichen Institutionen<br />
hofiert. Dieses Extremismus-Schema, mit dem Bild der guten demokratischen<br />
Mitte, verharmlost somit die Dimension der Rechten<br />
Gefahr. Linksextremismus und Rechtsextremismus werden auf die<br />
gleich Stufe gestellt, nämlich die gleiche Stufe der Verfassungsfeindlichkeit<br />
und die gleiche Stufe der Gewaltbereitschaft. Damit<br />
wird den qualitativen Unterschieden nicht ausreichend Rechnung<br />
getragen, zu wenig differenziert und es werden linke und antifaschistische<br />
Aktivitäten zu leicht kriminalisiert. Rechtsextremistische<br />
Gewalt richtet sich gegen unbeteiligte Menschen, deren<br />
Opferrolle sich aus folgendem ergibt: die nicht beeinflussbare<br />
Herkunft, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung. Rechtsextreme<br />
Gewalt richtet sich geschlossen und massiv gegen alle, die dem<br />
ideologischen Weltbild nicht entsprechen. Auch die schwere der<br />
Delikte der Rechtsextremen sprechen eine klare Sprache: 137 Morde<br />
an Menschen, die nicht in das rassistische Weltbild passten.<br />
Es ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, dass es auch Gewalt<br />
bei angeblich linken Gruppierungen gibt. Doch diese Gewalt<br />
ist nicht zielgerichtet und von ihrer Intensität weit unter der Vernichtungslogik<br />
des Rechtsextremismus. Diese verurteilt die Würzburg<strong>SPD</strong>,<br />
da sie sich für den gewaltlosen Widerstand in Form des<br />
zivilen Ungehorsams ausspricht.<br />
Die Gleichsetzung und die Verwendung des Begriffes Linksextremismus<br />
erfolgen in der öffentlichen Debatte oft bewusst mit<br />
Diffamierungsabsicht. Wo Linksextremismus beginnt und endet<br />
bleibt mehr als schwammig und dient somit leicht dazu alle linken<br />
Positionen zu diskreditieren. Denn nach dem jetzigen Maßstab fallen<br />
schnell linke Gruppierungen unter den Extremismusverdacht,<br />
da sie das kapitalistische System in Frage stellen. Schnell sind sie<br />
Verfassungsfeinde, obwohl das Grundgesetz sich nicht zum Kapitalismus<br />
oder einer Wirtschaftsform bekennt. Mit solcher Vorgehensweise<br />
wird der Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus<br />
gezielt geschwächt. Unter diesem Lichte ist die Extremismusklausel<br />
zu verstehen. Sie baut auf der Extremismustheorie auf.<br />
Sie ist höchst bedenklich. Denn ab jetzt bekommt nur noch diejenige<br />
Gruppierung eine Förderung, die im Verfassungsschutzbericht<br />
nicht als extremistisch bzw. kapitalismusfeindlich eingestuft wird.<br />
Mit Hilfe des Verfassungsschutzes findet eine Gesinnungsprüfung<br />
über die vermeintliche Verfassungstreue unter Rückgriff auf<br />
geheimdienstliche Methoden statt. Somit definiert die Regierung<br />
welche Gruppierung als verfassungsfeindlich gilt und welche nicht.<br />
Dieses Vorgehen ist klar antidemokratisch und schützt bestimmt<br />
nicht die Demokratie, sondern höhlt sie aus.<br />
Die alltägliche Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus<br />
wird von linken und antifaschistischen Gruppen geführt. Sie sind<br />
es die sich für unsere Demokratie einsetzen und dem Faschismus<br />
die Stirn bieten. Doch viele haben vom Verfassungsschutz den<br />
Stempel „linksextrem“ bekommen und verlieren nun ihre Grundlage<br />
für den Kampf gegen Rechtsextremismus aufgrund der Klausel.<br />
Viele Gerichtsverfahren zeigen, dass der Verfassungsschutz<br />
oft grundlos Gruppierung als linksextrem bezeichnet, da diese<br />
sich etwa kritisch mit dem Kapitalismus auseinandersetzen. Somit<br />
werden linke Gruppen kriminalisiert und mit Rechtextremen auf<br />
eine Stufe gestellt. Daher fordern wir, dass endlich das Schwarzweiß-Denken<br />
der Extremismustheorie beendet wird. Wir lehnen<br />
ein solches undifferenziertes Denken ab und wehren uns dagegen,<br />
dass linke Gruppierungen mit Rechtsextremen, RassistInnen, AntisemitInnen,<br />
StalinistInnen in einen Topf geworfen werden und somit<br />
deren Gewalt verharmlost wird. Die Extremismusklausel muss<br />
wieder zurückgenommen werden, da sie einen effektiven Kampf<br />
gegen Rechtsextremismus verhindert und für einen demokratischen<br />
Staat nicht tragbar ist.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
151
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 33<br />
Landesverband Sachsen-Anhalt<br />
„Waffengleichheit“ beim Lobbyismus<br />
Die Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für die Umsetzung<br />
folgender Maßnahmen einzusetzen:<br />
Regulierung des Lobby-Betriebes auf Bundesebene:<br />
1. Schaffung eines verbindlichen Lobby-Registers, in dem sich alle<br />
Organisationen sowie deren Mitarbeiter/innen, die im Bereich<br />
der politischen Interessenvertretung aktiv sind, registrieren müssen.<br />
2. Schaffung von sinn- und maßvollen Transparenzregeln, denen<br />
im Rahmen eines Verhaltenskodex sowohl die Mandatsträger/<br />
innen als auch die Interessenvertreter/innen unterliegen.<br />
a) Über die Befolgung des Verhaltenskodex auf Seiten der Mandatsträger/innen<br />
wacht das Bundestagspräsidium. Verstöße<br />
können mit einem Ordnungsgeld belegt werden.<br />
b) Über die Befolgung des Verhaltenskodex auf Seiten der Interessenvertreter/innen<br />
wacht ein eigens dafür zu gründender<br />
Dachverband der im Lobby-Register aufgeführten Organisationen.<br />
Die Mitgliedschaft in diesem Verband ist verpflichtend.<br />
Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Belegung von<br />
Verstößen gegen den Verhaltenskodex mit Bußgeldern sind zu<br />
schaffen.<br />
3. Externe Mitarbeiter/innen in Bundeseinrichtungen sind als solche<br />
der Öffentlichkeit bekannt zu machen.<br />
4. Die Beteiligung von externen Mitarbeiter/innen und Organisationen<br />
an der Erarbeitung von Gesetzes- und sonstigen Beschlussvorlagen<br />
ist im Rahmen eines „Footprints“ kenntlich zu machen.<br />
Stärkung der Expertise der Mandatsträger/innen:<br />
1. Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages sind kontinuierlich<br />
auszubauen. Als Personalschlüssel ist anzustreben, dass<br />
auf eine/n Bundestagsabgeordnete/n mindestens ein/e Mitarbeiter/in<br />
in den Wissenschaftlichen Diensten kommt.<br />
2. Die finanziellen Zuwendungen für Bundestagsabgeordnete<br />
zweckgebunden zur Beschäftigung eigener wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter/innen sind auszuweiten.<br />
I33<br />
„Waffengleichheit“ beim Lobbyismus<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 34<br />
Landesverband Berlin<br />
Ein Mandat, eine Aufgabe, eine<br />
Verantwortung<br />
Die <strong>SPD</strong> begrüßt und unterstützt die Position der <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion<br />
für „Mehr Transparenz im Deutschen Bundestag“<br />
vom 16.10.2012. Da dieser Antrag in der 17. Wahlperiode an der<br />
Mehrheit der schwarz-gelben Regierungskoalition gescheitert ist,<br />
wird die <strong>SPD</strong> des 18. Bundestages aufgefordert, diese Position zu<br />
Beginn der Legislaturperiode wieder aufzugreifen und gesetzgeberisch<br />
umzusetzen. Im Einzelnen fordern wir,<br />
• dass alle etwaigen Nebenverdienste von Volksvertretern in voller<br />
Höhe, mit Angabe des Grundes der Zahlung bzw. der Tätigkeit,<br />
des Ortes der Tätigkeitausübung, sowie der Nennung des Auftraggebers<br />
(soweit rechtlich möglich) und des Zahlungsorgans,<br />
spätestens am darauffolgenden Monatsende nach Ausübung einer<br />
Nebentätigkeit beim Präsidenten der jeweiligen Gremien<br />
angezeigt werden und auf einer öffentlich zugänglichen Internet-Seite<br />
des jeweiligen Gremiums, sowie auf der persönlichen<br />
Internet-Seite des Mandatsträgers, publiziert werden.<br />
I34<br />
Ein Mandat, eine Aufgabe, eine<br />
Verantwortung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
152
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
• dass im Falle einer Doppelfunktion Abgeordneter (z.B. als Bundestagsabgeordneter<br />
und Vorsitzender oder Generalsekretär einer<br />
Partei) und Funktionsträger eine weitgehende Anrechnung<br />
der Abgeordnetenbezüge auf die Bezüge als Funktionsträger erfolgt<br />
• dass jedwede Form der Vorteilsgewährung unter Strafe gestellt<br />
wird, und dass Sanktionen im Falle der Verletzung des Transparenzgebots<br />
oder im Falle der Abgeordnetenbestechung oder<br />
im Falle der nachweislichen Vernachlässigung des Mandats zugunsten<br />
Dritter gegenüber heute spürbar verschärft werden bzw.<br />
beim wiederholten Verstoß bis hin zum sofortigen Verlust des<br />
Mandats führen können.<br />
• eine Karenzzeit von 18 Monaten bevor Regierungsvertreter nach<br />
Ihrem Ausscheiden aus dem Amt neu in einem Privatunternehmen<br />
tätig werden dürfen, wenn dieses Unternehmen von ihren<br />
Entscheidungen und Positionen als Volksvertreter berührt wurde<br />
(sog. „Drehtür“-Effekt, wie im Fall von Wolfgang Clement,<br />
2006).<br />
Ergänzend sind folgende Begleitmaßnahmen anzustreben:<br />
• Die sofortige Ratifizierung des „Übereinkommen der Vereinten<br />
Nationen gegen Korruption“ (UNCAC) von 2005, das die<br />
Bundesrepublik Deutschland wie 161 andere Länder zwar unterzeichnet,<br />
aber im Gegensatz zu 140 dieser Länder noch nicht<br />
ratifiziert hat (Stand 24.09.2012).<br />
• Die Gleichsetzung von gewählten Volksvertretern mit Beamten<br />
bei der Annahme von Geschenken und anderen Vorteilnahmen<br />
im Amt (Bestechlichkeit). Es ist in einer demokratischen Gesellschaft<br />
weder ethisch vertretbar, noch politisch zielführend, wenn<br />
Beamte (welche Staatsdiener sind) sich – zu Recht – strengen<br />
Antikorruptionsgesetzen unterwerfen müssen, während Volksvertreter<br />
(welche Staatsdiener auf Zeit sind) im Wesentlichen<br />
davon ausgenommen werden.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 35<br />
Landesverband Sachsen<br />
Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität<br />
Die Abgeordneten der <strong>SPD</strong> setzen sich, auch über die Grenzen der<br />
Legislaturperioden hinweg, dafür ein, die Abteilungen für Wirtschaftskriminalität<br />
in den Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden<br />
personell, finanziell und organisatorisch besser auszustatten.<br />
I35<br />
Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität<br />
Annahme<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 36<br />
Landesverband Sachsen-Anhalt<br />
UN-Konvention gegen Korruption<br />
ratifizieren<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für die Ratifizierung<br />
des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption<br />
(UNCAD) umgehend einzusetzen. Das Übereinkommen<br />
der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAD) ist umgehend<br />
zu ratifizieren.<br />
I36<br />
UN-Konvention gegen Korruption<br />
ratifizieren<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
153
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 37<br />
Kreisverband Böblingen (Landesverband Baden-Württemberg)<br />
Abschaffung bzw. Verhinderung des<br />
„Warnschussarrestes“<br />
Die schwarz-gelbe Regierung im Bund arbeitet momentan einen<br />
Gesetzesentwurf zum so genannten „Warnschussarrest“ aus, unter<br />
dieser Art von Arrest versteht man die Möglichkeit jugendliche<br />
StraftäterInnen für bis zu 4 Wochen in eine Justizvollzugsanstalt<br />
einzuweisen um so eine Warnung auszusprechen und Abschreckung<br />
vor weiteren Straftaten zu erzielen.<br />
Wir fordern die <strong>SPD</strong> auf dieses Gesetzesvorhaben im Bundesrat<br />
zu blockieren, bzw. bei einem Wahlsieg 2013 im Bund dieses Gesetz<br />
rückgängig zu machen und Gewaltpräventionsmaßnahmen an<br />
Schulen zu fördern.<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 38<br />
Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Familie ist bunt: Die Ehe für Lesben und<br />
Schwule öffnen<br />
Die <strong>SPD</strong> unterstützt den Beschluss des Bundesparteitags, die Ehe<br />
auch für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Dazu soll § 1353<br />
des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dahingehend ergänzt werden,<br />
dass auch gleichgeschlechtliche Paare eine Ehe eingehen können.<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 39<br />
Landesverband Berlin<br />
Gerechtigkeit im Sorgerecht<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, das BGB dahingehend<br />
zu ändern, dass das kleine Sorgerecht (§1687b BGB sowie §9<br />
LPartG) auch für die EhepartnerInnen und LebenspartnerInnen von<br />
gemeinsam sorgeberechtigten Eltern offensteht. Dies soll im Einvernehmen<br />
mit beiden sorgeberechtigten Eltern geschehen.<br />
I37<br />
Abschaffung bzw. Verhinderung des<br />
„Warnschussarrestes“<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
I38<br />
Familie ist bunt: Die Ehe für Lesben und<br />
Schwule öffnen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
I39<br />
Gerechtigkeit im Sorgerecht<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 40<br />
Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />
Rehabilitierung und Entschädigung der<br />
nach 1945 nach § 175 StGB Verurteilten<br />
Wir werden die nach 1945 nach § 175 StGB Verurteilten rehabilitieren<br />
und entschädigen.<br />
I40<br />
Rehabilitierung und Entschädigung der<br />
nach 1945 nach § 175 StGB Verurteilten<br />
Annahme in Fassung der Antragskommission:<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, Maßnahmen zur<br />
Rehabilitierung und Unterstützung für die nach 1945 in beiden<br />
deutschen Staaten (ausschließlich) wegen einvernehmlicher homosexueller<br />
Handlungen Verurteilten zu erarbeiten.<br />
154
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 41<br />
Ortsverein Waldbröl (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Änderung des Prostitutionsgesetzes<br />
Die <strong>SPD</strong> setzt sich für die Änderung des Prostitutionsgesetzes ein,<br />
um Menschenhandel und Zwangsprostitution zu bekämpfen. Deshalb<br />
tritt die <strong>SPD</strong> für folgende gesetzlichen Änderungen ein:<br />
• Für die Bestrafung von Freiern von Zwangsprostituierten,<br />
• Für die Bestrafung von sexuellen Dienstleistungen, die gegen<br />
den Willen der Prostituierten ausgeübt werden,<br />
• Für die Meldepflicht von Prostituierten,<br />
• Für eine Erlaubnispflicht von Bordellen, vorbestrafte Personen<br />
dürfen keine solche Erlaubnis erhalten,<br />
• Für ein Mindestalter von Prostituierten von 21 Jahren.<br />
I41<br />
Änderung des Prostitutionsgesetzes<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 42<br />
Unterbezirk Kassel-Stadt (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Änderung des § 86 StGB: Verbreiten von<br />
Propagandamitteln verfassungswidriger<br />
Organisationen<br />
Der § 86 StGB soll so geändert werden, dass der Handel mit Propagandamitteln,<br />
die nach ihrem <strong>Inhalt</strong> dazu bestimmt sind, Bestrebungen<br />
einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation<br />
fortzusetzen, d.h. mit Gegenständen, die Nazi-Organisationen wie<br />
NSDAP, SS, SA, NSKK, zuzuordnen sind, bzw. deren Symbole<br />
tragen, wie Orden und Ehrenzeichen der Wehrmacht, verboten ist<br />
und ausschließt, dass diese Gegenstände gehandelt werden, in dem<br />
die eindeutigen NS-Symbole wie Hakenkreuz und SS-Runen abgedeckt<br />
werden.<br />
Im Handel mit NS-Symbolen ist nicht erkennbar, dass die Ausnahmetatbestände<br />
des ( 86 StGB ) abgedeckt werden: „(3) Absatz 1 gilt<br />
nicht, wenn das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen<br />
Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen,<br />
der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre,<br />
der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder<br />
der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.“<br />
I42<br />
Änderung des § 86 StGB: Verbreiten von<br />
Propagandamitteln verfassungswidriger<br />
Organisationen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 43<br />
Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Vorschlag zur Einschränkung der<br />
Strafaussetzung zur Bewährung bei<br />
rechtsradikalen Straftaten<br />
Im Zusammenhang mit den rechtsextremistischen Gewalttaten soll<br />
folgender Vorschlag dahingehend unterbreitet werden, die Straffaussetzung<br />
zur Bewährung bei rechtsextremen Gewalttaten einzuschränken.<br />
Die <strong>SPD</strong> schlägt vor, den bisherigen § 56 Strafgesetzbuch, wie<br />
folgt zu ergänzen (Änderungen unterstrichen):<br />
§ 56 Strafaussetzung<br />
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem<br />
Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung<br />
aus, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich<br />
I43<br />
Vorschlag zur Einschränkung der<br />
Strafaussetzung zur Bewährung bei<br />
rechtsradikalen Straftaten<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
155
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig<br />
auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten<br />
mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit<br />
des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein<br />
Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen<br />
zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu<br />
erwarten sind.<br />
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1<br />
auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei<br />
Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach<br />
der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten<br />
besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung<br />
ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch<br />
die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.<br />
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs<br />
Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die<br />
Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.<br />
Die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet in aller Regel<br />
die Vollstreckung der Freiheitsstrafe, wenn die Tat aus rassistischen<br />
Motiven oder gezielt aus Verachtung gegen eine<br />
bestimmte Bevölkerungsgruppe begangen wurde oder sich<br />
gezielt gegen die freiheitlich, demokratischen Grundordnung<br />
richtete oder dazu dienen sollte, die Bevölkerung einzuschüchtern<br />
und ihr Vertrauen in die Durchsetzbarkeit staatlichen<br />
Rechts zu erschüttern. Entgegen Satz 2 kann eine Strafaussetzung<br />
zur Bewährung dann erfolgen, wenn die Voraussetzungen<br />
des §46 b Abs. 1, Nr.1 oder Nr.2 mit der Maßgabe,<br />
dass es sich nicht um Straftat im Sinne des § 100 a Abs. 2 der<br />
Strafprozessordnung zu handeln braucht, in Verbindung mit §<br />
46 b Abs. 2 und Abs. 3 in entsprechender Anwendung gegeben<br />
sind.<br />
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt<br />
werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft<br />
oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht<br />
ausgeschlossen.<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 44<br />
Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />
Schaffung einer neuer Verfahrensart<br />
vor dem Bundesverfassungsgericht zur<br />
Überprüfung von Rechtsakten der EU<br />
1. Als neue Verfahrensart vor dem Bundesverfassungsgericht wird<br />
ein Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 d. Grundgesetz eingefügt, damit das<br />
Bundesverfassungsgericht entscheidet: „bei Meinungsverschiedenheiten<br />
oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit<br />
von Rechtsakten der Europäischen Union mit diesem<br />
Grundgesetze, insbesondere hinsichtlich des Umfangs der übertragenen<br />
Hoheitsrechte und der Wahrung der Verfassungsidentität,<br />
auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder<br />
eines Viertels der Mitglieder des Bundestages;“<br />
2. Nähere Verfahrensbestimmungen werden in das Bundesverfassungsgerichtsgesetz<br />
aufgenommen. Das Verfahren wird als Verfahren<br />
der objektiven Rechtskontrolle ausgestaltet, vergleichbar<br />
mit der abstrakten Normenkontrolle. Eine Klagefrist wird nicht<br />
vorgesehen. Klagegegenstand soll jeder Rechtsakt der Europäischen<br />
Union und ihrer Organe sein können, unabhängig davon,<br />
welchen Mitgliedstaat er konkret betrifft.<br />
3. Für den Fall, dass derartige Regelungen geschaffen sind, werden<br />
die <strong>SPD</strong>-Bundestagsabgeordneten und die Landesregierungen<br />
mit <strong>SPD</strong>-Beteiligung aufgefordert, gegen das Urteil des EuGH in<br />
der Rechtssache C-617/10 ein Verfahren anzustrengen, um eine<br />
I44<br />
Schaffung einer neuer Verfahrensart<br />
vor dem Bundesverfassungsgericht zur<br />
Überprüfung von Rechtsakten der EU<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
156
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
verbindliche Klärung bezüglich der Reichweite der Kompetenzen<br />
der EU herbeizuführen.<br />
4. Der Europäische Gerichtshof wird aufgefordert, seine Kompetenzen<br />
nicht zu überschreiten und die Hoheitsrechte der Mitgliedstaaten<br />
der EU zu wahren.<br />
1<br />
5<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 45<br />
Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Straftatbestand Mobbing einführen<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert sich dafür einsetzen,<br />
dass Mobbing als Straftatbestand anzuerkennen und auf Bundesebene<br />
ein entsprechendes Gesetz verabschiedet wird. Mobbing<br />
am Arbeitsplatz, aber auch im Alltag, ist ein zu bedeutendes gesellschaftliches<br />
Problem um mit dem Verweis auf bestehende Anlaufstellen<br />
dieses Vorhaben zu blockieren.<br />
I45<br />
Straftatbestand Mobbing einführen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
10<br />
15<br />
20<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 46<br />
Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />
Streichung des Art. 118 GG zur<br />
Neugliederung des Landesgebiets im<br />
Südwesten<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf<br />
in den Deutschen Bundestag einzubringen, der die ersatzlose<br />
Streichung des Art. 118 Grundgesetz vorsieht.<br />
Art. 118 des Grundgesetzes in der derzeit gültigen Fassung lautet:<br />
„Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden<br />
und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann<br />
abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung<br />
der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung<br />
nicht zustande, so wird die Neugliederung durch Bundesgesetz geregelt,<br />
das eine Volksbefragung vorsehen muß.“<br />
Art. 118 GG enthält eine Sonderregelung gegenüber Art. 29 GG.<br />
Sie erlaubt eine Neugliederung im südwestdeutschen Raum in einem<br />
einfacheren Verfahren, als es in Art. 29 GG geregelt ist (vgl.<br />
Jarass/Pieroth, GG, Art. 118 Rn. 1). In grundgesetzkonformer Weise<br />
wurde im Verfahren des Art. 118 Satz 2 GG durch die Gesetze<br />
vom 4.5.1951 das Land Baden-Württemberg geschaffen. Die<br />
Bildung des Südweststaates wurde danach wie vom Bundesgesetz<br />
vorgesehen in einer Volksabstimmung am 9.12.1951 bestätigt. In<br />
drei von vier Abstimmungsbezirken wurde eine Mehrheit erreicht,<br />
was nach dem Bundesgesetz für die Bildung des Landes Baden-<br />
Württemberg ausreichte. Art. 118 GG hat heute keine Bedeutung<br />
mehr und wurde – wohl nur aus „verfassungs¬historischen Gründen“<br />
– im Grundgesetz belassen. Es macht jedoch keinen Sinn,<br />
eine seit nunmehr über 61 Jahren völlig funktionslose Regelung<br />
beizubehalten. Auch der Passus zur Möglichkeit des Beitritts anderer<br />
Teile Deutschlands zum Bundesgebiet (Art. 23 Satz 2 GG alter<br />
Fassung) wurde nach der Wiedervereinigung, als sie ihren Zweck<br />
erfüllt hatte, aufgehoben.<br />
I46<br />
Streichung des Art. 118 GG zur<br />
Neugliederung des Landesgebiets im<br />
Südwesten<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
157
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 47<br />
Unterbezirk Diepholz (Bezirk Hannover)<br />
Weitere Maßnahmen zur Modernisierung<br />
des Urheberrechts<br />
Um folgende Punkte sollte das Thesenpapier der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
konkretisiert und ergänzt werden:<br />
1. Das Urheberrecht muss so ausgestaltet werden, dass insbesondere<br />
grundrechtlich geschützte Positionen wie die Allgemeine<br />
Handlungsfreiheit, Informationelle Selbstbestimmung, Eigentum<br />
und Arbeit möglichst angemessen und effektiv garantiert werden<br />
können. Nur unter dieser Prämisse kann ein neues Urheberrecht<br />
in der gegebenen Rechts- und Wirtschaftsordnung Bestand haben.<br />
2. Die exzessiv betriebene Abmahn-Industrie durch Anwälte und<br />
Inkasso-Unternehmen ist zu stoppen. Nach Vorbild des Gesetzes<br />
zum Unlauteren Wettbewerb sollten Einzelpersonen nicht mehr<br />
ohne Weiteres klagen dürfen. Vielmehr sollte dies nur staatlich<br />
autorisierten Verbänden möglich sein.<br />
3. In Fällen einer Abmahnung darf es nicht mehr per se zu astronomisch<br />
hohen Schadensersatzforderungen kommen. Die heute gesetzlich<br />
bestehende, aber undeutliche Unterscheidung zwischen<br />
erheblicher und unerheblicher Urheberrechtsverletzung muss<br />
vom Gesetzgeber präziser gefasst werden.<br />
4. Zum Schutze Minderjähriger im Umgang mit dem Urheberrecht<br />
im Internet muss von staatlicher Seite mehr Aufklärung betrieben<br />
werden. In Ansehung der großen Bedeutung des Internets im<br />
täglichen Leben ist auch die Möglichkeit bereits früh ansetzender<br />
schulischer Bildungsmaßnahmen allgemein zum Verhalten<br />
im Internet zumindest zu prüfen.<br />
5. Ebenfalls in Betracht gezogenen werden sollte ein nicht lediglich<br />
vom Schutzrecht des Urhebers, sondern vom Bildungsinteresse<br />
der Öffentlichkeit betrachtendes Urheberrecht. So könnten<br />
Werke, die etwa eine hohe Bedeutung für die öffentliche Bildung<br />
oder für die Wissenschaft haben, mit weniger restriktiven Gesetzen<br />
für Nutzer wie Schüler und Wissenschaftler zugänglich und<br />
verwendbar gemacht werden.<br />
6. Ein über die staatlichen Grenzen hinausgehendes einheitliches<br />
Urheberrecht ist notwendig, um der Globalität des Urheberrechts,<br />
insbesondere im Internet, Rechnung zu tragen. Daher<br />
müssen Anstrengungen unternommen werden, um ein internationales<br />
völkerrechtliches Abkommen zum Urheberrecht zu etablieren.<br />
Aufgrund der Komplexität dieses Verfahrens ist vorab bzw.<br />
parallel auch eine Verordnung oder Richtlinie innerhalb der EU<br />
zu erstreben.<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 48<br />
Landesverband Sachsen<br />
Sozialdemokratisches Standpunktepapier<br />
zum Urheberrecht<br />
UrheberInnenrechte im eigenen Gebrauch<br />
Wir fordern die Verankerung der Fair-Use-Regel im UrheberInnenrecht.<br />
Fremde Werke sollen in Ausschnitten in eigenen Werken unter<br />
Nennung der Quelle auch ohne die Zustimmung des ursprünglichen<br />
Urhebers verwendet werden können. Dabei darf das eigene<br />
Werk nicht kommerziell verbreitet werden und muss eine ausreichende<br />
Schöpfungshöhe erreichen.<br />
I47<br />
Weitere Maßnahmen zur Modernisierung<br />
des Urheberrechts<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
I48<br />
Sozialdemokratisches Standpunktepapier<br />
zum Urheberrecht<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
158
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Wir fordern eine starke internationale Zusammenarbeit zur Harmonisierung<br />
des UrheberInnenrechts, um für VerbraucherInnen und<br />
KünstlerInnen die Rechtssicherheit zu erhöhen und klare Rahmenbedingungen<br />
für den Vertrieb und die Verteilung von Werken zu<br />
schaffen. VerwerterInnen und KünstlerInnen sollen stärker dafür<br />
Sorge tragen, dass auch digitale Werke legal zur Verfügung gestellt<br />
werden.<br />
Zudem kritisieren wir eine pauschale Ablehnung der Kulturflatrate<br />
sowie ähnlicher Systeme und fordern stattdessen eine politische<br />
Diskussion auf Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen.<br />
Vergleichend können hierfür die Arbeitsweisen der GEMA oder der<br />
VG Wort herangezogen werden.<br />
UrheberInnenrecht und Journalismus<br />
Wir wollen den Standpunkt der JournalistInnen gegenüber den Verlagen<br />
stärken und wirksame Sanktionen gegen Verlage bei Nichteinhaltung<br />
von Verträgen einführen. Ein sogenannter „Total-Buy-<br />
Out“ von UrheberInnenrechten muss verhindert werden.<br />
Die Freiheit der Presse gebietet es, dass JournalistInnen über die<br />
gleichen Möglichkeiten des Informationszugangs verfügen. Deshalb<br />
soll das Recht, Informationen exklusiv zu verbreiten, nur noch<br />
mit festgelegtem, kurzfristigem Zeitrahmen abgeschlossen werden<br />
dürfen. Für die Verfolgung einer unerlaubten Verwendung von Werken<br />
sind bereits ausreichend Mittel vorhanden.<br />
Wir lehnen ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage ab. Es muss<br />
auch in Zukunft die Möglichkeit gewahrt bleiben, im Netz auf Presse-Artikel<br />
zu verweisen und dazu Anrisse und Überschriften aus<br />
den Artikeln zu verwenden. Es ist bereits heute technisch möglich,<br />
News-Aggregatoren den Zugriff auf eine Website zu verwehren.<br />
UrheberInnenrecht und Gesetz<br />
Die Maßnahmen zur Wahrung der UrheberInnenrechte oder der<br />
Verfolgung von UrheberInnenrechtsverletzungen dürfen nicht in<br />
die Grundrechte der Menschen eingreifen. Eine <strong>Inhalt</strong>sfilterung des<br />
Internets darf nicht vorgenommen werden. Die StörerInnenhaftung<br />
muss abgeschafft werden. Sie ist ein massives Hindernis bei der<br />
Entwicklung von offenen Netzwerken in Städten und öffentlichen<br />
Gebäuden.<br />
Wir fordern, wo es möglich, das Löschen von illegalen <strong>Inhalt</strong>en,<br />
statt sie zu sperren. Es gibt bereits genügend Möglichkeiten, illegale<br />
<strong>Inhalt</strong>e zu löschen. Der Aufbau einer Sperrinfrastruktur ist nicht<br />
zielführend, sondern Vorwand für die Ermöglichung von Zensurmaßnahmen.<br />
Wir wollen über Ländergrenzen hinweg das Löschen<br />
von illegalen <strong>Inhalt</strong>en erleichtern.<br />
UrheberInnenrecht und Forschung<br />
Im Bereich der Forschung und Wissenschaft fordern wir eine Stärkung<br />
der UrheberInnen. Hierzu bedarf es eines klar garantierten<br />
Zweitverwertungsrechts für AutorInnen. Grundsätzlich bekennen<br />
wir uns zum Prinzip von Open Access. Wissenschaftliche Werke,<br />
die von der Öffentlichkeit (teil-)finanziert wurden, müssen dieser<br />
frei zur Verfügung gestellt werden.<br />
UrheberInnenrecht und verwaiste Werke bzw. vergriffene Werke<br />
Hat für ein verwaistes Werk eine sorgfältige Suche ergeben, dass<br />
ein/e UrheberIn nicht feststellbar ist, wird das Werk gemeinfrei. Für<br />
die Suche sollen die Nationalbibliotheken oder andere vergleichbare<br />
wissenschaftliche Einrichtungen verantwortlich sein. Sie können<br />
nach eigenem Interesse den Suchauftrag an Verwertungsgesellschaften<br />
erteilen. Dabei ist zu beachten, dass die „sorgfältige Suche“<br />
nicht durch unüberwindbare Reglementierungen verhindert<br />
wird. Eine Definition der „sorgfältige Suche“ muss daher im Einzelfall<br />
erfolgen. Im Umgang mit vergriffenen Werken sprechen wir<br />
uns für eine Regelung auf nationaler Ebene aus, die unabhängig<br />
vom Ausgang des Richtlinienverfahrens für verwaiste Werke auf<br />
europäischer Ebene erfolgt. Ziel muss es sein, dass auch vergriffene<br />
Werke mit bestehendem UrheberInnenrecht digitalisiert für<br />
die Bibliotheken zur Verfügung stehen. Hierzu empfehlen wir die<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
159
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Eckpunkte der Deutschen Literaturkonferenz, die von AutorInnen,<br />
Verlagen, Verwertungsgesellschaften und Bibliotheken gemeinsam<br />
formuliert wurden:<br />
• Einräumung digitaler Rechte für vergriffene Werke, die vor dem<br />
1. Januar 1966 erschienen sind, durch die Rechteinhaber (Autoren<br />
und Verlage) an eine Verwertungsgesellschaft<br />
• Lizenzierung der digitalen Bibliotheksnutzungen durch die Verwertungsgesellschaft<br />
gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung<br />
• Gesetzliche Vermutungsregelung, um auch die Rechtewahrnehmung<br />
für „Außenseiter“, die ihre Rechte keiner Verwertungsgesellschaft<br />
eingeräumt haben, zu gewährleisten<br />
• Möglichkeit der Rechteinhaber, einer Nutzung durch die Bibliotheken<br />
zu widersprechen.<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 49<br />
Unterbezirk Uelzen/Lüchow-Dannenberg (Bezirk Hannover)<br />
Keine Winterwahlkämpfe!<br />
Bei der zukünftigen Festsetzung von Wahlterminen sind Winterwahlkämpfe<br />
im Zeitraum von Dezember bis März auszuschließen.<br />
I49<br />
Keine Winterwahlkämpfe!<br />
Ablehnung<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 50<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
Änderung der Wahlgesetze zugunsten<br />
einer Bestimmung der Kandidaten/innen<br />
durch Urwahl aller Parteimitglieder<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktion werden<br />
aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass das Bundeswahlgesetz,<br />
das Landtagswahlgesetz und das Kommunalwahlgesetz in der<br />
Weise geändert werden, dass die Aufstellung von Wahlbewerbern<br />
für Bundestags-, Landtags-, Kommunalwahlen sowie für die Wahlen<br />
der Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte in einer<br />
Urwahl aller Parteimitglieder unter Einschluss von Briefwahl erfolgen<br />
kann.<br />
Antragsbereich I<br />
Antrag 51<br />
Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />
Bedürfnissen von Opfern schwerer<br />
Gewalt Rechnung tragen- für eine<br />
Einschränkung von gerichtlichen<br />
Absprachen<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />
§ 257 c StPO wird um einen Absatz 6 ergänzt:<br />
(6) Bei schweren Gewalt- und Sexualverbrechen ist eine Verständigung<br />
nur möglich, wenn neben Staatsanwaltschaft und Angeklagter<br />
auch die geschädigte Person dem zustimmt.<br />
I50<br />
Änderung der Wahlgesetze zugunsten<br />
einer Bestimmung der Kandidaten/innen<br />
durch Urwahl aller Parteimitglieder<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
I51<br />
Bedürfnissen von Opfern schwerer<br />
Gewalt Rechnung tragen- für eine<br />
Einschränkung von gerichtlichen<br />
Absprachen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
65<br />
160
Medien- und Kulturpolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 1<br />
Ortsverein Wabern-Uttershausen (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Diskriminierungsfreier Breitbandzugang<br />
Die <strong>SPD</strong> nimmt in Ihr Parteiprogramm das Ziel auf, jeden Bürger<br />
und jeder Bürgerin diskriminierungsfrei und gleichberechtigt einen<br />
Zugang zu schnellem Internet (50 MBit/s bis 2014, 100 MBit/s bis<br />
2018) zu Verfügung zu stellen. Genau wie Wasser, Strom, Telefon<br />
und Kinderbetreuungsplatz gehört schnelles Internet mittlerweile<br />
zu den Grundbedürfnissen des Menschen und darf nicht länger<br />
vom Wohnort abhängen.<br />
M1<br />
Diskriminierungsfreier Breitbandzugang<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 2<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Für ein barrierefreies Netz!<br />
Moderne Kommunikationsinstrumente und vor allem das Internet sind<br />
aus unserem Alltag kaum noch weg zu denken und deren Nutzung<br />
wird in vielen Angelegenheiten (Informationsrecherche, berufliche<br />
Anforderungen) als selbstverständlich angesehen.<br />
Digitale Teilhabe ist somit zu einer wesentlichen Dimension von<br />
Chancengleichheit geworden. Die digitale Spaltung in Abgehängte<br />
und kompetente Nutzerinnen und Nutzer gilt es somit nicht nur hinsichtlich<br />
des technischen Zugangs zum Netz, sondern auch in der Nutzung<br />
des Netzes zu überwinden. Daher fordern wir endlich ein barrierefreies<br />
Netz zu realisieren, welches von allen Nutzerinnen und Nutzern,<br />
unabhängig von deren körperlichen, sozialen oder technischen<br />
Möglichkeiten uneingeschränkt (barrierefrei) genutzt werden kann:<br />
Wir fordern daher:<br />
• Die Anpassung der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung<br />
(BITV) an den WCAG 2.0 Standard.<br />
• Die Ausweitung der BITV mit einer Verpflichtungsbestimmung<br />
auf die Einrichtungen und Körperschaften der Länder.<br />
• Menschen mit Behinderungen sind aktive Netz-User. Ihre besonderen<br />
Anwendungsbedürfnisse gilt es mindestens anhand von<br />
Selbstverpflichtungsvereinbarungen auch in der Privatwirtschaft<br />
zu befriedigen. Der WCAG 2.0 Standard muss eine tatsächliche,<br />
allumfassende Berücksichtigung finden.<br />
• Eine Prüfung, inwiefern Software-Hersteller verpflichtet werden<br />
können, in ihren Anwendungen (z.B. Webbrowser) einen Schutz<br />
vor barrierefördernden Web-<strong>Inhalt</strong>en (z.B. durch Blockieren) einzubauen.<br />
Ein breites Schulungsangebot für Webautorinnen und<br />
Webautoren in öffentlichen Einrichtungen in Bezug auf die barrierefreie<br />
Gestaltung von Web-Angeboten soll etabliert werden.<br />
• Betreiber von Web-Diensten wollen wir dazu verpflichten, alle<br />
ihre Web-Angebote nach Maßgabe der BITV umzusetzen.<br />
• Förderung von entsprechenden FuE-Projekten (Forschung und<br />
Entwicklung), die sich mit einem barrierefreien Netz auseinandersetzen.<br />
• Die Prämierung, Popularisierung und Förderung von besonders<br />
gelungenen und fortschrittlichen barrierefreien Web-Angeboten.<br />
• Web-Angebote, insbesondere von Behörden öffentlichen Rechts,<br />
sollen multilingual angeboten werden. Menschen nichtdeutscher<br />
Herkunft (politische Flüchtlinge, EU-Ausländer) müssen Onlinedienste<br />
verstehen können.<br />
• Menschen, die nicht mit den Möglichkeiten und Methoden moderner<br />
Kommunikation aufgewachsen sind, – oftmals Rentnerinnen<br />
und Rentner, sozial benachteiligte Schichten, Migrantinnen<br />
und Migranten – muss das Netz anhand von Kursangeboten und<br />
Informationskampagnen zugänglicher gemacht werden.<br />
M2<br />
Für ein barrierefreies Netz!<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
162
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 3<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Ausbau der Hochgeschwindigkeits-<br />
Telekommunikationsnetze<br />
- Netzpläne privater Betreiber in die<br />
öffentliche Hand!<br />
Private Hand verpflichten – Das Internet als Grundrecht<br />
Jeder Bundesbürger soll ein Recht auf einen schnellen Internetzugang<br />
haben. Dazu sollen wie im Energiewirtschaftsgesetz 4, § 36<br />
„Grundversorgungspflicht“ beschrieben, Netzbetreiber für Telekommunikationsnetze<br />
dazu verpflichtet werden, eine Grundversorgung<br />
mit Hochgeschwindigkeitsinternetverbindungen flächendeckend<br />
für jeden Haushalt in Deutschland zu gewährleisten. Folgende<br />
technische Möglichkeiten wären denkbar: Kabel (z. B. Telefonkabel<br />
aus Kupfer), Funk (z. B. Mobilfunk oder auch Amateurfunk),<br />
optische Einrichtungen (z. B. Telefonleitungen aus Glasfaser, sog.<br />
OPAL-Netze), Satellitennetze, feste und mobile terrestrische Netze,<br />
Stromleitungssysteme (sofern geeignet), Hörfunk- und Fernsehnetze<br />
oder Kabelfernsehnetze.<br />
Sofern sich private Telekommunikationsunternehmen nicht zum<br />
benötigten Ausbau verpflichten lassen (rechtliche Rahmenbedingungen...),<br />
muss darauf hingewirkt werden, dass diese zumindest<br />
ihr Wissen preisgeben. Oftmals haben die Kommunen keinen<br />
Überblick über das verfügbare Netz in ihrem Einzugsbereich. Die<br />
TK-Unternehmen müssen, wenn sie selbst den Ausbau nicht sicherstellen,<br />
die öffentliche Hand bei der Umsetzung solcher Netze<br />
unterstützen. Mit den von den privaten Unternehmen bereit gestellten<br />
Netzplänen sollten die kommunalen Versorgungsunternehmen<br />
(z.B. Stadtwerke), in die Lage versetzt werden, die flächendeckende<br />
Breitbandversorgung umzusetzen. Dabei müssen sie auch<br />
finanziell von der Bundesregierung unterstützt werden, die den<br />
dringend notwendigen Ausbau im ländlichen Raum lange vor sich<br />
her geschoben hat. Gerade der größte Netzanbieter in Deutschland,<br />
die Deutsche Telekom, ein Unternehmen aus ehemals öffentlicher<br />
Hand, dass früher mit Steuergeldern die TK-Netze ausgebaut hat,<br />
sollte verpflichtet werden, ihre Netzpläne offen zu legen.<br />
Die Kommunen oder kommunale Genossenschaften müssen auch<br />
finanziell dazu befähigt werden, die TK-Netze in Eigenregie weiter<br />
auszubauen. Durch die Bereitstellung kostenfreier Darlehen durch<br />
die Bundesregierung können die Kommunen schon kurz nach dem<br />
Aufbau der Netze Wertschöpfung aus dem neuen Angebot ziehen.<br />
M3<br />
Ausbau der Hochgeschwindigkeits-<br />
Telekommunikationsnetze - Netzpläne<br />
privater Betreiber in die öffentliche<br />
Hand!<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 4<br />
Landesverband Sachsen-Anhalt<br />
Förderung des Breitband-Internets in<br />
Deutschland<br />
Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt und die Bundesregierung<br />
werden dazu aufgefordert, sich für die Etablierung eines<br />
Internet-Breitband-Netzes einzusetzen und hierfür auf die für die<br />
Etablierung der dazu notwendigen Infrastrukturmaßnahmen verantwortlichen<br />
Unternehmen positiv einzuwirken. Außerdem soll<br />
die Notwendigkeit einer schnellen Internet-Infrastruktur auch im<br />
ländlichen Bereich in das allgemeine Bewusstsein gerückt werden,<br />
so dass die Bundesrepublik Deutschland auf diesem für die hiesige<br />
Wirtschaft immens wichtigen Gebiet nicht den Anschluss verliert.<br />
M4<br />
Förderung des Breitband-Internets in<br />
Deutschland<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
163
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 5<br />
Landesverband Baden-Württemberg<br />
Freies W-LAN ermöglichen -<br />
Störerhaftung abschaffen<br />
Wir fordern in Deutschland den Betrieb frei nutzbarer W-LAN-<br />
Netze sowohl für Firmen als auch für Bürgerinnen und Bürger zu<br />
ermöglichen. Hierfür gilt es die zivilrechtliche Störerhaftung für<br />
Internetzugänge abzuschaffen, von der registrierte Internetserviceprovider<br />
bereits jetzt ausgenommen sind. Genau wie Internetserviceprovider<br />
von der Störerhaftung freigestellt sind, so solle jeder<br />
Kleinanbieter eines freien W-LAN-Netzes, der einen Internetzugang<br />
innerhalb seiner geringen Reichweite anbietet, ebenfalls von<br />
der Störerhaftung freigestellt sein. Die Störerhaftung ist ohnehin<br />
ein rein zivilrechtlicher Anspruch, der bei der Verfolgung von<br />
Straftaten nicht weiterhilft.<br />
Wir stellen uns grundsätzlich gegen Forderungen, die grundsätzliche<br />
Identifizierbarkeit im Internet zur Pflicht zu machen.<br />
In der Ermöglichung von flächendeckenden freien W-LAN-Netzen<br />
sehen wir einen wichtigen Schritt in Richtung vom Internetzugang<br />
als Grundrecht für alle.<br />
M5<br />
Freies W-LAN ermöglichen -<br />
Störerhaftung abschaffen<br />
Überweisung an die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 6<br />
Landesverband Berlin<br />
Stopp für ACTA!<br />
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion und die Fraktion der<br />
Sozialisten und Demokraten im Europa-Parlament werden aufgefordert,<br />
das ACTA-Abkommen abzulehnen.<br />
Das ACTA-Abkommen (Anti Counterfeiting Trade Agreement)<br />
gefährdet - entgegen seinem formulierten Anspruch – das Recht<br />
auf informationelle Selbstbestimmung und die Rechte von Urhebern<br />
im Internet. Es kann durch die systematische Speicherung von<br />
Nutzerdaten und durch eine damit einher gehende massenhafte Abmahnpraxis<br />
dazu führen, potenziell alle Internet-Nutzer/innen zu<br />
kriminalisieren. ACTA dient in erster Linie nicht dem Schutz von<br />
Urheberinnen und Urhebern, sondern den Interessen großer Industrien<br />
(z. B. Unterhaltungs-, Computer-, Elektronik-, Agrar-, Pharma-<br />
und Verlagsindustrie). Die sozialdemokratischen Mandatsträger/innen<br />
auf Bundes- und europäischer Ebene werden aufgefordert,<br />
sich gegen die Ratifizierung des ACTA-Abkommens durch<br />
die Bundesregierung einzusetzen. Dasselbe gilt für die Umsetzung<br />
von ACTA in nationales Recht. Die <strong>SPD</strong> setzt sich für ein modernes<br />
Urheberrecht ein, das die legitimen Rechte von Urheberinnen<br />
und Urhebern auf angemessene Vergütung ebenso berücksichtigt<br />
wie die Freiheit der Informations- und Wissensbeschaffung.<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 7<br />
Unterbezirk Rheinisch-Bergischer-Kreis (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Keine Volumendrosselung bei Internet-<br />
Flatrateanschlüssen<br />
Die Deutsche Telekom hat angekündigt, für alle Breitbandanschlüsse<br />
im Festnetz eine Volumendrosselung einzuführen. Das<br />
M6<br />
Stopp für ACTA!<br />
Erledigt durch Ablauf EU-Ebene<br />
M7<br />
Keine Volumendrosselung bei Internet-<br />
Flatrateanschlüssen<br />
Überweisung an die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
164
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
bedeutet, dass nach Erreichen eines bestimmten monatlichen Datenvolumens<br />
die Datenrate gedrosselt wird. Dies hat zur Folge,<br />
dass der Kunde in seiner Internetnutzung bis zum Ende des Monats<br />
stark eingeschränkt wird. Verbraucht ein Kunde jedoch weniger als<br />
das maximale Datenvolumen, verfällt es am Ende des Monats.<br />
Die gedrosselte Datenrate liegt bei lediglich bei 384 kBit/s. Mit<br />
dieser Leistung könnte man gerade noch einfache E-Mails abrufen<br />
oder Internet-Radio hören. Für die Nutzung Multimedialer <strong>Inhalt</strong>e,<br />
benötigt man derzeit mindestens 3000 bis 6000 kBit/s.<br />
Je nach Bandbreite des Internetanschlusses soll wie folgt gedrosselt:<br />
• Internetanschluss mit einer Bandbreite von bis zu 16 Mbit/s<br />
(ADSL2+): 75 GByte Transfervolumen. Bei voller Ausnutzung<br />
der Bandbreite bedeutet dies, dass das Volumen in 10,55 Stunden<br />
verbraucht ist<br />
• 50 Mbit/s (VDSL): 200 GByte Transfervolumen – 9,19 Stunden<br />
• 100 Mbit/s (Glasfaseranschluss oder VDSL-Vectoring): 300<br />
GByte – 6,59 Stunden<br />
• 200 Mbit/s (Glasfaseranschluss): 400 GByte – 4,40 Stunden<br />
Die Telekom begründet die Drosselung und Volumenbeschränkung<br />
mit einem unbewiesenen Zusammenhang zwischen dem notwendigen<br />
Ausbau der Bandbreitenversorgung (Netzausbau), dem Datenvolumen<br />
der sogenannten „Vielserver“, zu dem sie übrigens<br />
gesetzlich verpflichtet ist (Telekommunikationsgesetz). Wissenschaftliche<br />
Studien konnten diesen Zusammenhang nicht bestätigen.<br />
Einige Artikel in der Presse weisen gerade auch den Kostenaspekt<br />
vehement zurück (1Gbyte kostet 1 Cent - Quelle: http://<br />
www.golem.de/news/drosselung-1-gbyte-kostet-die-telekom-unter-1-cent-1305-99058.html).<br />
Die eigenen Multimediadienste will<br />
die Telekom übrigens von der Volumenbeschränkung ausnehmen,<br />
was die Wettbewerbsfähigkeit andere Anbieter natürlich stark beeinträchtigen<br />
würde.<br />
Ein Ausbau der Netzinfrastruktur ist gerade im ländlichen Raum<br />
dringend notwendig. Die meisten Internetanschlüsse haben höchstens<br />
eine Bandbreite von 16 Mbit/s, in der Regel aber lediglich 0,5<br />
bis 6 Mbit/s. Es gibt schon seit Jahren massive Beschwerden vom<br />
ansässigen Gewerbe, die immer mehr auf eine schnelle Internetverbindung<br />
angewiesen sind. Zum Teil wird der Gedanke geäußert<br />
abzuwandern. Nicht zu vergessen sind auch die Heimarbeitsplätze,<br />
die nur über das Internet möglich sind (Pendler) und die Jugendlichen,<br />
die mangels Städtischen Freizeitangeboten vermehrten Bedarf<br />
an schnellen Internetzugängen haben.<br />
Darüber hinaus hat die Telekom angekündigt, bei Neubaugebiete<br />
im ländlichen Raum zu prüfen, ob ein Festnetzanschluss nötig ist<br />
oder sich ein drahtloser Anschluss (LTE) als „gleichwertige Alternative“<br />
eignet. Dies hätte aber zur Folge, dass viele neue Handy-<br />
Masten aufgestellt werden müssten und die Bandbreite abnimmt<br />
je mehr Kunden online sind. Die Belastung der Anwohner durch<br />
Funkwellen würde stark steigen.<br />
Wir fordern:<br />
• Gewährleistung des ungehinderten und unbegrenzten Zugangs<br />
zum Internet muss auf der Basis der heutigen Preisstruktur für<br />
alle Internetnutzer bezahlbar bleiben.<br />
• Keine Beschränkung der Geschwindigkeit<br />
• Festnetzanschluss mit Breitbandversorgung für jeden Haushalt<br />
mit zukunftssicherer Geschwindigkeit (mind. ADSL2+)<br />
• Keine nachteilige Abänderung des Telekommunikationsgesetzes<br />
zur bundesweiten Mindestversorgung.<br />
• Anpassung der Mindestversorgungsgeschwindigkeit auf zukünftig<br />
benötigte.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
165
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 8<br />
Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />
ACTA Abkommen<br />
1. Wir fordern alle Gliederungen der <strong>SPD</strong> auf, sich aktiv gegen die<br />
eine Unterzeichnung des ACTA Abkommens einzusetzen, insbesondere:<br />
• <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion<br />
• Group of the progressive Alliance of the Socialist & Democrats<br />
in the European Parliament<br />
2. Zugleich fordern wir dass eine differenzierte und zeitgemäße<br />
Regelung der Verwertungsrechte für Computerprogramme, Literatur,<br />
technische Erfindungen und Arzneimittel vorausschauend<br />
diskutiert und dann verabschiedet wird.<br />
• Dabei sind sämtliche betroffenen Interessengruppen, auch die<br />
Konsumenten, einzubeziehen.<br />
• Und es ist für einen fairen Ausgleich zwischen Urhebern,<br />
Schriftstellern, Journalisten und Konsumenten zu sorgen, der<br />
die Interessen ALLER Seiten berücksichtigt.<br />
3. Zur Konkretisierung der Punkte 2 und 3 sollen insbesondere folgende<br />
Gesichtspunkte berücksichtigt werden:<br />
1. Internetdienstleister dürfen im Zusammenhang mit ACTA<br />
nicht zu Maßnahmen der Vorratsdatenspeicherung verpflichtet<br />
werden. wie der Protokollierung und Überwachung des Datenverkehrs<br />
im Internet. Hierzu gehören auch weitergehende<br />
Maßnahmen wie die Abschaltung von Internetzugängen.<br />
2. Schriftsteller, Autoren, Journalisten, Künstler, Erfinder und<br />
Ingenieure und müssen auch in einer offenen und freien Informationsgesellschaft<br />
eine sichere und verlässlich Erwerbsgrundlage<br />
besitzen.<br />
3. Wer ein künstlerisches Werk erwirbt, der erwirbt damit auch<br />
das Recht dieses Werk uneingeschränkt zu konsumieren. Maßnahmen,<br />
die Werke in verschlüsselter Form anbieten, um dadurch<br />
den Konsum eines Werkes in Dauer oder Umfang einzuschränken,<br />
sind vom Gesetzgeber zu verbieten.<br />
4. Das Verwertungs- und Patentrecht muss so angepasst werden,<br />
dass auch im Internetzeitalter ein angemessener Schutz von<br />
riskanten und teueren Entwicklungsinvestitionen gesichert ist.<br />
5. Das Urheberrecht ist so anzupassen, dass Innovationen nicht<br />
gehemmt werden. Hierzu ist ein Ausgleich zu schaffen zwischen<br />
der notwendigen Offenlegung von Wissen zu Förderungen<br />
von weiteren Innovationen und dem Schutz von neuen<br />
Erfindungen.<br />
6. Die Entstehung neuer, kostengünstiger Vertriebswege über das<br />
Internet muss gefördert werden und Rechtssicherheit erhalten.<br />
7. Das Verwertungsrecht muss sich vorrangig an den Interessen<br />
der Autoren, und weniger an den Interessen der Verwertungsindustrie<br />
orientieren.<br />
8. Die Gesetzgebung muss dafür sorgen, dass im Urheberrechtsgesetz<br />
eine Klausel enthalten ist, die den Gebrauch künstlerischer<br />
Werke zu nichtkommerziellen Zwecken oder solchen<br />
mit geringem Wirtschaftlichkeitsgrad großzügig ermöglicht<br />
(Fair Use-Regelungen/Bagatellklausel).<br />
M8<br />
ACTA Abkommen<br />
Erledigt durch Ablauf EU-Ebene<br />
60<br />
65<br />
166
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 9<br />
Arbeitskreis Jüdische Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
Sicherung der Menschenwürde in der<br />
digitalen Gesellschaft<br />
Die Verteidigung der Bürgerrechte gehört zum unumgänglichen<br />
Wertekanon der Sozialdemokratie. Dieses Grundverständnis, welches<br />
auch die Basis unserer rechtstaatlichen Demokratie ist, basiert<br />
auf ein Menschenbild, das sich aus der christlich-jüdischen Tradition<br />
und dem Humanismus in langen politischen und teilweise<br />
gewaltsamen Auseinandersetzungen herausgebildet hat. Aus dem<br />
Prinzip der Machteinschränkung des Staates zugunsten der Menschenwürde<br />
und damit der Freiheit des Einzelnen sind die Verfassungen<br />
der „westlichen“ demokratischen Staaten entstanden. Aus<br />
dem Ziel der Verteidigung ihrer Demokratien heraus hat sich eine<br />
europäische und transatlantische Wertegemeinschaft entwickelt,<br />
die der Zusammenarbeit von demokratischen Staaten innerhalb der<br />
NATO und der EU ihre Grundlage gibt. Zu dieser Grundlage gehört<br />
die Einigkeit darüber, dass der Schutz der Demokratie nicht<br />
durch ihre Schwächung erreicht werden kann und darf. Im Zentrum<br />
der Politik der Sozialdemokratie im Internetzeitalter steht die Gewährleistung<br />
der Menschenwürde und der Freiheit des Einzelnen in<br />
der digitalen Gesellschaft durch das Recht. Hierbei gilt die zentrale<br />
Vorgabe unseres Grundgesetzes, dass der Mensch nicht zum Objekt<br />
staatlichen Handelns degradiert werden darf.<br />
Die <strong>SPD</strong> setzt sich dafür ein, dass innerhalb der EU und der NATO<br />
ein gemeinsamer, offener demokratische Diskurs und eine rechtlich<br />
wirksame Entscheidungsfindung stattfindet, welche einen rechtstaatlichen<br />
und die individuelle Freiheit sichernden Umgang mit<br />
den neuen technischen Möglichkeiten der digitalen Datenerfassung<br />
und Datenanalyse in einer globalisierten Welt gewährleistet.<br />
Im Umgang mit der notwendigen Abwehr gegen terroristische Gefahren<br />
muss besonders darauf geachtet werden, dass rechtsstaatliche<br />
Prinzipien in vollem Umfang gewahrt werden. Nur so ist auch<br />
ein effizienter Schutz gegen solche Gefahren möglich. Der Skandal<br />
und die damit einhergehende Debatte um den ehemaligen Systemadministrator<br />
Eduard Snowden hat deutlich gemacht, dass mit der<br />
Begründung der Gefahrenabwehr die Privatsphäre als Schutzrecht<br />
von Menschen massiv beeinträchtigt, ja gar disponibel, wird.<br />
Mit ihrer Politik zeigt die <strong>SPD</strong>, dass sie seit ihren Anfängen die<br />
Partei des demokratischen Rechtstaates ist. Die Bürger können sich<br />
auch weiterhin darauf verlassen, dass die Sozialdemokratie auch in<br />
der neuen digitalen Welt die Partei des demokratischen Rechtstaates<br />
bleibt und für die Durchsetzung des Rechts zum Schutze der<br />
Menschenwürde und der Freiheit des Einzelnen kämpft.<br />
M9<br />
Sicherung der Menschenwürde in der<br />
digitalen Gesellschaft<br />
Annahme in Fassung der Antragskommission<br />
Die Verteidigung der Bürgerrechte gehört zum unumgänglichen<br />
Wertekanon der Sozialdemokratie. Dieses Grundverständnis, welches<br />
auch die Basis unserer rechtstaatlichen Demokratie ist, basiert<br />
auf ein Menschenbild, das sich aus der christlich-jüdischen Tradition<br />
und dem Humanismus in langen politischen und teilweise<br />
gewaltsamen Auseinandersetzungen herausgebildet hat. Aus dem<br />
Prinzip der Machteinschränkung des Staates zugunsten der Menschenwürde<br />
und damit der Freiheit des Einzelnen sind die Verfassungen<br />
der „westlichen“ demokratischen Staaten entstanden. Aus<br />
dem Ziel der Verteidigung ihrer Demokratien heraus hat sich eine<br />
europäische und transatlantische Wertegemeinschaft entwickelt,<br />
die der Zusammenarbeit von demokratischen Staaten, […] europäischen<br />
sowie transatlantischen Partnern ihre Grundlage gibt. Zu<br />
dieser Grundlage gehört die Einigkeit darüber, dass der Schutz der<br />
Demokratie nicht durch ihre Schwächung erreicht werden kann<br />
und darf. Im Zentrum der Politik der Sozialdemokratie im Internetzeitalter<br />
steht die Gewährleistung der Menschenwürde und<br />
der Freiheit des Einzelnen in der digitalen Gesellschaft durch das<br />
Recht. Hierbei gilt die zentrale Vorgabe unseres Grundgesetzes,<br />
dass der Mensch nicht zum Objekt staatlichen Handelns degradiert<br />
werden darf.<br />
Die <strong>SPD</strong> setzt sich dafür ein, dass innerhalb der […] europäischen<br />
sowie transatlantischen Partnerschaften ein gemeinsamer, offener<br />
demokratische Diskurs und eine rechtlich wirksame Entscheidungsfindung<br />
stattfindet, welche einen rechtstaatlichen und die individuelle<br />
Freiheit sichernden Umgang mit den neuen technischen<br />
Möglichkeiten der digitalen Datenerfassung und Datenanalyse in<br />
einer globalisierten Welt gewährleistet.<br />
Im Umgang mit der notwendigen Abwehr gegen terroristische Gefahren<br />
muss besonders darauf geachtet werden, dass rechtsstaatliche<br />
Prinzipien in vollem Umfang gewahrt werden. Nur so ist auch<br />
ein effizienter Schutz gegen solche Gefahren möglich. Der Skandal<br />
und die damit einhergehende Debatte um den ehemaligen Systemadministrator<br />
Eduard Snowden hat deutlich gemacht, dass mit der<br />
Begründung der Gefahrenabwehr die Privatsphäre als Schutzrecht<br />
von Menschen massiv beeinträchtigt, ja gar disponibel, wird.<br />
Mit ihrer Politik zeigt die <strong>SPD</strong>, dass sie seit ihren Anfängen die<br />
Partei des demokratischen Rechtstaates ist. Die Bürger können sich<br />
auch weiterhin darauf verlassen, dass die Sozialdemokratie auch in<br />
der neuen digitalen Welt die Partei des demokratischen Rechtstaates<br />
bleibt und für die Durchsetzung des Rechts zum Schutze der<br />
Menschenwürde und der Freiheit des Einzelnen kämpft.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 10<br />
Landesverband Sachsen-Anhalt<br />
Anpassung der GEZ-<br />
Befreiungstatbestände<br />
Der Rundfunkstaats- und Rundfunkgebührenstaatsvertrag sind derart<br />
anzupassen, dass Auszubildenden, Schüler_Innen und Studierenden<br />
und Empfängern von Wohngeld eine Gebühren-/Beitragsbefreiung<br />
ermöglicht wird.<br />
M10<br />
Anpassung der GEZ-<br />
Befreiungstatbestände<br />
Überweisung an Medienkommission beim <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
55<br />
60<br />
65<br />
167
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 11<br />
Landesverband Berlin<br />
GEMA-Gebühren nicht erhöhen<br />
Die Fraktion der <strong>SPD</strong> im Deutschen Bundestag wird aufgefordert,<br />
sich dafür einzusetzen, dass die GEMA-Gebühren in ihrem alten<br />
Format erhalten bleiben und nicht erhöht werden.<br />
M11<br />
GEMA-Gebühren nicht erhöhen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 12<br />
Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />
Wirksame Maßnahmen zur Eindämmung<br />
sexistischer Werbung<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für eine wirksame<br />
unabhängige Kontrolle außerhalb des Werberats einzusetzen<br />
und die Privatwirtschaft in diese Bemühungen einzubeziehen, um<br />
sexistische und rassistische Werbung zu unterbinden;<br />
Sanktionen empfindlicher finanzieller Art gegen sexistische und<br />
rassistische Werbung zu verhängen, die nicht ausgesetzt werden<br />
dürfen. (Alternativbericht zum 6. Bericht der Bundesrepublik<br />
Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung<br />
jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW).<br />
M12<br />
Wirksame Maßnahmen zur Eindämmung<br />
sexistischer Werbung<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich M<br />
Antrag 13<br />
Landesverband Berlin<br />
Wirksame Maßnahmen zur Eindämmung<br />
sexistischer und rassistischer Werbung<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert,<br />
• sich für eine wirksame unabhängige Kontrolle außerhalb des<br />
Werberats einzusetzen und die Privatwirtschaft in diese Bemühungen<br />
einzubeziehen, um sexistische und rassistische Werbung<br />
zu unterbinden;<br />
• Sanktionen empfindlicher finanzieller Art gegen sexistische und<br />
rassistische Werbung zu verhängen, die nicht ausgesetzt werden<br />
dürfen.<br />
M13<br />
Wirksame Maßnahmen zur Eindämmung<br />
sexistischer und rassistischer Werbung<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
55<br />
60<br />
65<br />
168
Organisationspolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 1<br />
Parteivorstand<br />
§ 10 a Öffnung für Gastmitglieder und<br />
Unterstützer/-innen<br />
(2) Der Antrag auf Gastmitgliedschaft ist schriftlich zu stellen und<br />
mit der Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit der Partei<br />
verbunden. Gastmitglieder zahlen den Beitrag nach § 1 Abs.<br />
6 FO. Die Gastmitgliedschaft gilt für ein Jahr. Sie kann längstens<br />
um ein weiteres Jahr verlängert werden. §§ 3 bis 7 Organisationsstatut<br />
gelten sinngemäß.<br />
(3) Interessierte können ohne Mitglied der <strong>SPD</strong> zu werden, den<br />
Status einer Unterstützerin oder eines Unterstützers erhalten.<br />
Unterstützerinnen und Unterstützer können in einer Arbeitsgemeinschaft<br />
oder einem Themenforum die vollen Mitgliedsrechte<br />
wahrnehmen. Vertreterinnen und Vertreter dieser<br />
Arbeitsgemeinschaft in Gremien der Partei müssen Parteimitglied<br />
sein. Der Unterstützerantrag ist schriftlich zu stellen und<br />
mit der Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit der Partei<br />
verbunden. Unterstützerinnen und Unterstützer zahlen den<br />
Beitrag nach § 1 Abs. 6 FO. Für die Nur-Juso-Unterstützermitgliedschaft<br />
in der Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen<br />
und Jungsozialisten ist der ermäßigte Beitrag nach § 1 Absatz<br />
6 FO zu zahlen.<br />
(6) Wer Mitglied ist oder war, kann kein Gastmitglied oder Unterstützerin<br />
und Unterstützer werden. Ein Gastmitglied kann<br />
nicht gleichzeitig Unterstützer bzw. Unterstützerin sein<br />
und umgekehrt. Über Ausnahmen entscheidet der zuständige<br />
Gliederungsvorstand.<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 2<br />
Ortsverein Leipzig-Ost (Landesverband Sachsen)<br />
§ 10a Öffnung für Gastmitglieder und<br />
Unterstützer/-innen<br />
In §10a Abs. 3 S. 2 OrgStatut werden die Worte „die vollen Mitgliedsrechte<br />
wahrnehmen“ ersetzt durch die Worte „die Rechte gemäß<br />
Abs. 1 wahrnehmen“.<br />
O1<br />
§ 10 a Öffnung für Gastmitglieder und<br />
Unterstützer/-innen<br />
Annahme<br />
O2<br />
§ 10a Öffnung für Gastmitglieder und<br />
Unterstützer/-innen<br />
Ablehnung<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 3<br />
Parteivorstand<br />
§ 15 Parteitag, Zusammensetzung<br />
2) Mit beratender Stimme nehmen am Parteitag teil:<br />
1. Die beratenden Mitglieder des Parteivorstandes;<br />
2. die Mitglieder der Kontrollkommission und der Bundesschiedskommission;<br />
3. ein Zehntel der stimmberechtigten Mitglieder des Parteikonvents<br />
4. 3. ein Zehntel der Bundestagsfraktion;<br />
5. 4. ein Zehntel der Gruppe der <strong>SPD</strong>-Abgeordneten im Europaparlament;<br />
6. 5. jeweils ein/e Delegierter/e der Arbeitsgemeinschaften, Themenforen<br />
und Arbeitskreise auf Bundesebene.<br />
O3<br />
§ 15 Parteitag, Zusammensetzung<br />
Annahme<br />
170
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 4<br />
Stadtverband Bochum 3 (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
§ 15 Parteitag, Zusammensetzung<br />
In § 15 Abs. 1 Ziff. 1 des Organisationsstatutes werden im Text hinter<br />
Satz 3 „…auf die Bezirke verteilt.“ zwei weitere Sätze eingefügt:<br />
Im Sinne einer Leitzahl sollen mindestens 51 % der Delegierten<br />
aus ehrenamtlich tätigen Mitgliedern bestehen. Als ehrenamtlich<br />
gilt, wer keine/kein hauptamtliche/r MandatsträgerIn bzw. FunktionsträgerIn<br />
ist und wer nicht bei der Partei in einem Beschäftigungsverhältnis<br />
steht.<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 5<br />
Parteivorstand<br />
§ 18 Einberufung des ordentlichen<br />
Parteitages<br />
(1) Die Einberufung des Parteitages soll spätestens drei Monate<br />
vorher mit der vorläufigen Tagesordnung veröffentlicht werden.<br />
Die Veröffentlichung der Tagesordnung soll mindestens<br />
dreimal einmal in angemessenenr Zwischenräumen Zeit wiederholt<br />
werden.<br />
(3) Der Parteivorstand bittet nahe stehende Organisationen um Stellungnahmen<br />
und inhaltliche Anträge. Es gilt die Antragsfrist des<br />
Abs. 2. ordentlichen bzw. außerordentlichen Parteitages.<br />
O4<br />
§ 15 Parteitag, Zusammensetzung<br />
Ablehnung<br />
O5<br />
§ 18 Einberufung des ordentlichen<br />
Parteitages<br />
Annahme<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 6<br />
Stadtverband Bochum 3 (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
§ 18 Einberufung des ordentlichen<br />
Parteitages<br />
§ 18 Abs. 2 Satz 2 des Organisationsstatutes wird wie folgt geändert:<br />
Für Anträge des Parteivorstandes gilt ……(dieselbe gestrichen)<br />
eine Frist von drei Monaten.<br />
O6<br />
§ 18 Einberufung des ordentlichen<br />
Parteitages<br />
Ablehnung<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 7<br />
Stadtverband Bochum 3 (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
§ 19 Antragskommission<br />
§ 19 des Organisationsstatutes erhält einen zusätzlichen Absatz 2.<br />
Der bisherige Text wird zu Absatz 1. Als § 19 Abs. 2 des Organisationsstatutes<br />
wird eingefügt:<br />
(2) Die Antragskommission hat die eingehenden Anträge so vorzubereiten,<br />
dass sie das Meinungsspektrum aus den Organisationsgliederungen<br />
widerspiegeln. Dabei hat sich die Kommission<br />
selbst jeder eigenen Wertung zu enthalten. Die Anträge<br />
werden in einem Stufenverfahren zur Abstimmung gestellt, d.<br />
h. der jeweils weitestgehende Antrag wird zuerst aufgerufen<br />
und bei Ablehnung folgt die jeweilige Abstimmung über den<br />
themengleichen Antrag mit der nächstgeringeren Forderung.<br />
O7<br />
§ 19 Antragskommission<br />
Ablehnung<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
171
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 8<br />
Parteivorstand<br />
§ 22 Fristen des außerordentlichen<br />
Parteitages<br />
(3) Der Parteivorstand bittet nahestehende Organisationen<br />
um Stellungnahmen und inhaltliche Anträge. Es gilt die<br />
Antragsfrist des Abs. 1.<br />
(3) (4) Im Übrigen gelten für die außerordentlichen Parteitage die<br />
§§ 15 und 16 entsprechend.<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 9<br />
Landesverband Bayern<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />
§ 23 Parteivorstand<br />
Die Arbeitsgemeinschaften AsF, AfA, Jusos und 60 plus sind die<br />
Leistungsträger bei den Wahlkämpfen und sonstigen arbeitsintensiven<br />
Veranstaltungen. Entsprechend des <strong>SPD</strong>-Organisationsstatuts<br />
sind die Arbeitsgemeinschaften aber im Parteivorstand nicht mit<br />
Sitz und Stimme vertreten. Aus diesem Grund soll das Organisationsstatut<br />
derart geändert werden, dass sie zukünftig im Bundesvorstand<br />
mit Sitz und Stimme vertreten sind.<br />
Dies kann wie folgt geschehen:<br />
§ 23 Abs. 1 Buchstabe f) ist dahingehend zu ändern, dass die Zahl<br />
der Mitglieder des Parteivorstandes insgesamt nicht mehr als 31<br />
betragen darf.<br />
Anzufügen in Abs. 1 ist der Buchstabe g) mit folgendem Text:<br />
je eine Vertretung der Arbeitsgemeinschaften AsF, AfA, Jusos und<br />
60 plus. Sie können nur auf Vorschlag der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft<br />
gewählt werden.<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 10<br />
Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der <strong>SPD</strong><br />
§ 23 Parteivorstand<br />
Das Organisationsstatut der <strong>SPD</strong> wird in § 23 Absatz 8 geändert.<br />
Nach „Kontrollkommission“ wird eingefügt „und die Vorsitzenden<br />
der Arbeitsgemeinschaften auf Bundesebene nehmen ...“.<br />
O8<br />
§ 22 Fristen des außerordentlichen<br />
Parteitages<br />
Annahme<br />
O9<br />
§ 23 Parteivorstand<br />
Überweisung an organisationspolitische Kommission beim <strong>SPD</strong>-<br />
Parteivorstand<br />
O10<br />
§ 23 Parteivorstand<br />
Ablehnung<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 11<br />
Landesverband Schleswig-Holstein<br />
§ 23 Parteivorstand<br />
Das Organisationsstatut der <strong>SPD</strong> wird in § 23 wie folgt ergänzt:<br />
„Zur Durchführung der Parteivorstandsbeschlüsse und zur<br />
laufenden politischen und organisatorischen Geschäftsführung<br />
der Partei wählt der Parteivorstand aus seiner Mitte den geschäftsführenden<br />
Vorstand (Parteipräsidium). Dem Präsidium<br />
gehören die Parteivorstandsmitglieder nach Abs. 1 lit. a-e sowie<br />
eine vom Parteivorstand festzulegende Zahl weiterer Mitglieder<br />
an.“<br />
O11<br />
§ 23 Parteivorstand<br />
Annahme<br />
172
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 12<br />
Parteivorstand<br />
§ 25 Rechte des Parteivorstandes<br />
(2) Dem für die Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglied<br />
des Parteivorstands (Schatzmeister/in) obliegt<br />
des Weiteren die Wahrnehmung der dem Parteivorstand<br />
in Absatz 1 übertragenen Rechte. Das Recht der/des<br />
Vorsitzenden, der stellvertretenden Vorsitzenden sowie<br />
der/des Generalsekretärin/ Generalsekretärs, die Partei<br />
gerichtlich und außergerichtlich gemäß der hierfür vom<br />
Parteivorstand erteilten Vollmacht zu vertreten, bleibt davon<br />
unberührt.<br />
(2) (3) Er ist ermächtigt, die sonst nicht übertragbaren Persönlichkeitsrechte<br />
der Partei als einer Körperschaft, insbesondere das<br />
Namensrecht, in eigenem Namen geltend zu machen.<br />
(3) (4) Der Parteivorstand erlässt Richtlinien über Abstimmungsverfahren,<br />
einschließlich der Willensbildung unter Abwesenden.<br />
(4) (5) Die Delegierten zum alle 2 Jahre stattfindenden Kongress<br />
der SPE werden auf dem Bundesparteitag gewählt. Der <strong>SPD</strong>-<br />
Parteivorstand hat bei seinem Vorschlag die Geschlechterquote<br />
zu berücksichtigen und auf die Berücksichtigung der Bezirke/Landesverbände<br />
zu achten. Die Bezirke/Landesverbände<br />
schlagen dafür dem Parteivorstand sowohl Frauen als auch<br />
Männer in der gleichen Anzahl entsprechend ihrer Mitgliederstärke<br />
vor.<br />
O12<br />
§ 25 Rechte des Parteivorstandes<br />
Annahme<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 13<br />
Parteivorstand<br />
§ 28 Zusammensetzung und Einberufung<br />
des Parteikonvents<br />
(7) Bis zur Wahl der Parteikonventsdelegierten in den Bezirken,<br />
nehmen die Delegierten zum Bundesparteitag das Delegationsrecht<br />
entsprechend wahr.<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 14<br />
Stadtverband Bochum 3 (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
§ 28 Zusammensetzung und Einberufung<br />
des Parteikonvents<br />
In § 28 Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe a) des Organisationsstatutes wird<br />
ein letzter Satz eingefügt::<br />
Im Sinne einer Leitzahl sollen mindestens 51 % der Delegierten<br />
aus ehrenamtlich tätigen Mitgliedern bestehen. Als ehrenamtlich<br />
gilt, wer keine/kein hauptamtliche/hauptamtlicher Mandats- oder<br />
FunktionsträgerIn ist. und wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis<br />
bei der Partei steht.<br />
O13<br />
§ 28 Zusammensetzung und Einberufung<br />
des Parteikonvents<br />
Annahme<br />
O14<br />
§ 28 Zusammensetzung und Einberufung<br />
des Parteikonvents<br />
Ablehnung<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
173
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 15<br />
Parteivorstand<br />
§ 3 Allgemeine Grundsätze<br />
(1) Wahlen sind geheim, soweit satzungsmäßig nicht offen gewählt<br />
werden kann. Geheim sind insbesondere die Wahl von<br />
a) Vorständen,<br />
b) Parteiräten und Parteiausschüssen,<br />
c) Parteitagsdelegationen, und Delegationen zum Parteikonvent<br />
und zum SPE-Kongress,<br />
d) Schiedskommissionen,<br />
e) Kandidatinnen und Kandidaten für öffentliche Wahlämter,<br />
f) Vertreterinnen und Vertretern zur Aufstellung von Kandidatinnen<br />
und Kandidaten für öffentliche Wahlämter.<br />
O15<br />
§ 3 Allgemeine Grundsätze<br />
Annahme<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 16<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
§ 8 Wahl gleichartiger Parteiämter /<br />
Listenwahl<br />
In der Wahlordnung der <strong>SPD</strong> wird in § 8 Absatz 2 als letzter Satz<br />
eingefügt:<br />
Abweichend von dieser Regelung können Bezirkssatzungen und<br />
Unterbezirksstatute ein anderes Wahlverfahren zur Mindestabsicherung<br />
von Frauen und Männern in Funktionen der Partei vorsehen.<br />
O16<br />
§ 8 Wahl gleichartiger Parteiämter /<br />
Listenwahl<br />
Ablehnung<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 17<br />
Unterbezirk Kulmbach (Landesverband Bayern)<br />
zur Wahlordnung<br />
Die einschlägigen Bestimmungen zur Wahlordnung u. A. so zu ändern,<br />
dass künftig eine Urwahl (Wahlberechtigung für jedes <strong>SPD</strong>-<br />
Mitglied der jeweils zuständigen Ebene) für folgende Bereiche<br />
stattfinden muss:<br />
• Wahl der/des Kreisvorsitzenden<br />
• Wahl der/des Unterbezirksvorsitzenden<br />
• Wahl der/des Bezirksvorsitzenden<br />
• Wahl der/des Landratskandidatin/-en<br />
• Wahl der/des Oberbürgermeisterkandidatin /-en<br />
• Wahl der/des Stimmkreiskandidatin/-en für die Bezirkstagswahl<br />
• Wahl der/des Stimmkreiskandidatin/-en für die Landtagswahl<br />
• Wahl der/des Stimmkreiskandidatin/-en für die Bundestagswahl<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 18<br />
Parteivorstand<br />
§ 1 Mitgliedsbeiträge<br />
5) Für Mitglieder ohne Erwerbseinkommen, ohne Pensionen, ohne<br />
Renteneinkünfte oder ohne vergleichbare Einkommen beträgt<br />
der monatliche Mitgliedsbeitrag 2,50 Euro. Für Mitglieder, die<br />
zugleich einer anderen Partei angehören, die Mitglied der Sozialdemokratischen<br />
Partei Europas (SPE) ist, beträgt der monatliche<br />
O17<br />
zur Wahlordnung<br />
Ablehnung<br />
O18<br />
§ 1 Mitgliedsbeiträge<br />
Annahme<br />
174
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Beitrag 2,50 Euro, wenn sie ihre Beitragsverpflichtungen gegenüber<br />
dieser Schwesterpartei erfüllen.<br />
1<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 19<br />
Parteivorstand<br />
§ 5 Kassenführung<br />
(2) Dem für die Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglied<br />
des Parteivorstands (Schatzmeister/-in) obliegt des Weiteren<br />
die Wahrnehmung der dem Parteivorstand in § 25 Abs.<br />
1 Organisationsstatut übertragenen Rechte. Das Recht der/des<br />
Vorsitzenden, der stellvertretenden Vorsitzenden sowie der/des<br />
Generalsekretärin/Generalsekretärs, die Partei gerichtlich und<br />
außergerichtlich gemäß der hierfür vom Parteivorstand erteilten<br />
Vollmacht zu vertreten, bleibt davon unberührt.<br />
(3) (2) Das für Finanzangelegenheiten zuständige Vorstandsmitglied<br />
erstattet der Jahreshauptversammlung (Parteitag) den<br />
Finanzbericht.<br />
(4) (3) Ortsvereine und sonstige Organisationsformen unterhalb der<br />
Unterbezirksebene, die in zwei aufeinander folgenden Jahren<br />
nicht fristgerecht einen ordnungsgemäßen Rechenschaftsbericht<br />
erstellt haben, verlieren das Recht zur Kassenführung. Der jeweilige<br />
Bezirksvorstand stellt den Verlust des Rechtes zur Kassenführung<br />
fest und beschließt auf Antrag der jeweiligen Organisationsform,<br />
dass ob die betroffene Gliederung bzw. Organisationsform<br />
das Recht zur Kassenführung wiedererlangt. Das<br />
Nähere regelt eine vom Parteivorstand zu erlassende Richtline.<br />
O19<br />
§ 5 Kassenführung<br />
Annahme<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 20<br />
Parteivorstand<br />
§ 8 Kreditaufnahmen<br />
(4) Für die Ausübung des Vetorechts durch die jeweils übergeordnete<br />
Organisationsebene gemäß Abs. 2 und 3 erlässt der Parteivorstand<br />
im Einvernehmen mit dem Parteirat Richtlinien.<br />
O20<br />
§ 8 Kreditaufnahmen<br />
Annahme<br />
35<br />
40<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 21<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Lobbyismus bekämpfen, Transparenz<br />
schaffen<br />
Die <strong>SPD</strong> steht zu ihren Beschlüssen, den finanziellen Hintergrund<br />
von InteressenvertreterInnen durch die Einführung eines Lobbyregisters<br />
transparent zu machen, sowie die gesetzlichen Regelungen<br />
für Parteispenden auch für Parteiensponsoring anzuwenden und die<br />
Gültigkeit dieser Regelungen auch auf Listenverbindungen auszuweiten.<br />
Dabei wollen wir mit gutem Beispiel vorangehen.<br />
Auch ohne eine gesetzliche Regelung sollen deshalb in der <strong>SPD</strong><br />
zukünftig<br />
• sämtliche Parteispenden veröffentlicht werden, auch wenn sie weniger<br />
als 10000 Euro betragen und somit keine gesetzliche Veröffentlichungspflicht<br />
besteht. Dabei sollen Spenden von Unternehmen,<br />
Verbänden, Vereinen etc. namentlich, Spenden von natürlichen<br />
Personen, für die keine gesetzliche Veröffentlichungspflicht<br />
besteht, in geeigneter Weise anonymisiert veröffentlicht werden,<br />
O21<br />
Lobbyismus bekämpfen, Transparenz<br />
schaffen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
175
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
• die vollständigen Einnahmen durch Sponsoring, beispielsweise<br />
bei Parteitagen, aufgeschlüsselt nach den SponsorInnen veröffentlicht<br />
werden und<br />
• die Geldflüsse zwischen der <strong>SPD</strong>, ihren Unternehmensbeteiligungen<br />
und Dritten soweit veröffentlicht werden, wie es rechtlich<br />
möglich und zum Ausschluss einer verdeckten Parteienfinanzierung<br />
nötig ist. Die Unternehmen, an denen die <strong>SPD</strong> beteiligt<br />
ist, sollen diesem Transparenzgedanken bei Vertragsschlüssen<br />
Rechnung tragen.<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 22<br />
Kreisverband Stuttgart (Landesverband Baden-Württemberg)<br />
Beitragsfreiheit im Pflegefall<br />
Die <strong>SPD</strong> prüft, wie bei mittellosen pflegebedürftigen Parteimitgliedern<br />
eine beitragsfreie Mitgliedschaft ermöglicht werden kann.<br />
O22<br />
Beitragsfreiheit im Pflegefall<br />
Erledigt<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 23<br />
Kreisverband Herford (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Auskömmliche Finanzierung der<br />
Ortsvereine sicherstellen<br />
Die Ortsvereine brauchen eine solide finanzielle Basis. Um diese<br />
dauerhaft zu gewährleisten, erarbeitet der Bundesvorstand neue,<br />
belastbare Konzepte zur auskömmlichen Mittelverteilung, die zu<br />
einer spürbaren und nachhaltigen Verbesserung der finanziellen<br />
Ausstattung der Ortsvereine führen.<br />
O23<br />
Auskömmliche Finanzierung der<br />
Ortsvereine sicherstellen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landesverbände und <strong>SPD</strong>-Bezirke<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 24<br />
Ortsverein Nienburg (Bezirk Hannover)<br />
Kanzlerkandidatin/Kanzlerkandidat per<br />
Urwahl wählen<br />
Die <strong>SPD</strong> wählt den Kandidaten/die Kandidatin für das Amt der<br />
Bundeskanzlerin/des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland<br />
künftig per Urwahl. Ausnahme: Das Amt wird bereits von<br />
einem/einer Sozialdemokraten/Sozialdemokratin besetzt und die<br />
Person wird wieder kandidieren.<br />
O24<br />
Kanzlerkandidatin/Kanzlerkandidat per<br />
Urwahl wählen<br />
Ablehnung<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 25<br />
Landesverband Sachsen-Anhalt<br />
Bestimmung Spitzenkandidaten durch<br />
Parteibasis<br />
Die <strong>SPD</strong> befürwortet die Bestimmung der Spitzenkandidatin/ des<br />
Spitzenkandidaten der Bundes- und Landtagswahlen durch Direktwahl.<br />
In diesem Zusammenhang wird ein Wahlrecht für Nichtmitglieder<br />
abgelehnt.<br />
O25<br />
Bestimmung Spitzenkandidaten durch<br />
Parteibasis<br />
Erledigt durch Organisationsstatut<br />
176
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 26<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
Verbindliche Urwahl der/des<br />
Kanzlerkandidaten<br />
Der Kanzlerkandidat oder die Kanzlerkandidatin der <strong>SPD</strong> muss<br />
durch einen Mitgliederentscheid bestimmt werden, soweit es mehr<br />
als eine Kandidatin / einen Kandidaten gibt.<br />
O26<br />
Verbindliche Urwahl der/des<br />
Kanzlerkandidaten<br />
Ablehnung<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 27<br />
Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Zur Wahl von Spitzenkandidat/innen<br />
Spitzenkandidat/innen der <strong>SPD</strong> auf Bundes- und Landesebene sollen<br />
zukünftig basisdemokratisch von den Parteimitgliedern gewählt<br />
werden. Auch auf kommunaler Ebene soll diese Möglichkeit zunehmend<br />
umgesetzt werden. Dies wäre ein entscheidendes Signal<br />
hinsichtlich der vom Parteivorstand ausgegebenen Transparenz und<br />
Mitgliederbeteiligung in der <strong>SPD</strong>. Erweist sich diese Maßnahme<br />
als erfolgreich, wird der zweite Schritt sein, vergleichbare Entscheidungsverfahren<br />
nicht nur auf personeller, sondern auch auf<br />
inhaltlicher Ebene umzusetzen.<br />
O27<br />
Zur Wahl von Spitzenkandidat/innen<br />
Überweisung an organisationspolitische Kommission beim <strong>SPD</strong>-<br />
Parteivorstand<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 28<br />
Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg(Bezirk Hessen-Nord)<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
<strong>SPD</strong>-Intranet<br />
Transparenz bedeutet auch, dass alle Genossinnen und Genossen<br />
die Möglichkeit haben, sich über Vorstandssitzungen und Beschlüsse<br />
auf allen Ebenen zu informieren. Dafür soll ein <strong>SPD</strong>-internes<br />
Intranet geschaffen werden, in dem die Mitglieder Einsicht in<br />
Beschlussprotokolle und verabschiedeter Anträge bekommen.<br />
O28<br />
<strong>SPD</strong>-Intranet<br />
Ablehnung<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 29<br />
Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Mitgliederoffener Jourfix von<br />
Parteitagen<br />
Um die Beteiligungsmöglichkeiten möglichst vieler Genossinnen<br />
und Genossen zu gewährleisten, soll vor allen Unterbezirks-, Bezirks-,<br />
Landes- und Bundesparteitagen ein mitgliederoffener Jourfix,<br />
an dem alle <strong>SPD</strong>-Mitglieder teilnehmen dürfen, stattfinden.<br />
O29<br />
Mitgliederoffener Jourfix von<br />
Parteitagen<br />
Ablehnung<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
177
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 30<br />
Landesverband Berlin<br />
SPE-Logo auf <strong>SPD</strong> Materialien nach<br />
und nach einführen!<br />
Die <strong>SPD</strong> wird erstmalig für die Wahlen zum Europäischen Parlament<br />
2014 die Werbematerialien – insbesondere die Plakate – neben<br />
dem <strong>SPD</strong>-Logo auch mit dem SPE-Logo versehen. Daneben<br />
wird das SPE-Logo auch in das <strong>SPD</strong>-Parteibuch sowie die „<strong>SPD</strong>-<br />
Card“ eingedruckt. Jedes neu aufgenommene Mitglied erhält Informationen<br />
über Organisation und Aufgaben der SPE. Nach Evaluierung<br />
der Erfahrungen wird das Logo auch bei weiteren Wahlen,<br />
insbesondere zum Deutschen Bundestag, verwandt.<br />
O30<br />
SPE-Logo auf <strong>SPD</strong> Materialien nach<br />
und nach einführen!<br />
Überweisung an organisationspolitische Kommission beim <strong>SPD</strong>-<br />
Parteivorstand<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 31<br />
Landesverband Berlin<br />
Gründung eines Museums der<br />
Arbeiterbewegung<br />
Der Parteivorstand der <strong>SPD</strong> wird beauftragt, einen Träger zur<br />
Gründung eines „Museums der Arbeiterbewegung in Deutschland“<br />
mit Sitz in Berlin zu initiieren. Zu diesem Zweck ist eine enge<br />
Zusammenarbeit mit dem Archiv der Sozialen Demokratie der<br />
Friedrich-Ebert-Stiftung, den Gewerkschaften, der Sozialistischen<br />
Jugend Deutschlands – Die Falken, den Naturfreunden, der Arbeiterwohlfahrt,<br />
dem Arbeitersamariterbund, der Arbeitsgemeinschaft<br />
der deutschen Volksbühnen-Vereine sowie weiteren Organisationen,<br />
die der Tradition der Arbeiterbewegung verbunden sind, anzustreben.<br />
O31<br />
Gründung eines Museums der<br />
Arbeiterbewegung<br />
Überweisung an Historische Kommission beim <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 32<br />
Unterbezirk Rheinisch-Bergischer-Kreis (Landesverband<br />
Nordrhein-Westfalen)<br />
Altersgruppen in den Vorständen und<br />
Arbeitskreisen der <strong>SPD</strong><br />
In den Vorständen, Arbeitskreisen und anderen Organisationseinheiten<br />
der <strong>SPD</strong> ist darauf zu achten, dass Mitglieder aller Altersgruppen<br />
angemessen vertreten sind.<br />
O32<br />
Altersgruppen in den Vorständen und<br />
Arbeitskreisen der <strong>SPD</strong><br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 33<br />
Landesverband Bayern<br />
Arbeitsgemeinschaften auf allen Ebenen<br />
arbeitsfähig halten<br />
Der PV wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es auf keiner<br />
Gliederungsebene zu einer personellen oder finanziellen Schlechterstellung<br />
der Arbeitsgemeinschaften (AsF, JUSOS, 60plus, AfA)<br />
durch die Parteireform kommt.<br />
O33<br />
Arbeitsgemeinschaften auf allen Ebenen<br />
arbeitsfähig halten<br />
Ablehnung<br />
178
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 34<br />
Landesverband Bayern<br />
Resolution (Arbeitsgemeinschaften)<br />
Anlässlich der beschlossenen Änderungen der Grundsätzen und<br />
Richtlinien für die Tätigkeiten der Arbeitsgemeinschaften, stellen<br />
wir fest:<br />
„Die Arbeitsgemeinschaften sind Teile der <strong>SPD</strong>. Sie sind Bindeglied<br />
zu den gesellschaftlichen Gruppen, die sich in den politischen<br />
Bereichen engagieren, für die die Arbeitsgemeinschaften<br />
in der <strong>SPD</strong> zuständig sind. Die Arbeitsgemeinschaften bieten die<br />
Möglichkeit, die unterschiedlichsten Schichten und Gruppen der<br />
Gesellschaft anzusprechen, sie verfügen über Kompetenz und Kontakte<br />
in diese Bereiche. Das muss konstruktiv für die Arbeit der<br />
<strong>SPD</strong> genutzt werden.“<br />
Als Scharnier zu gesellschaftlichen Gruppen stehen die Arbeitsgemeinschaften<br />
in der <strong>SPD</strong> nicht nur in anstehenden Wahlkampfzeiten<br />
auf Landes- und Bundesebene in der ersten Reihe. Durch die<br />
erfolgreiche Netzwerkarbeit bei Frauen und auf gleichstellungspolitischer<br />
Ebene, im Jugendbereich, auf der ArbeitnehmerInnenseite,<br />
bei den Selbständigen, den Älteren, den MigrantInnen, JuristInnen,<br />
im Gesundheitswesen, im Bildungsbereich, bei Selbst Aktiv und<br />
bei Lesben und Schwulen tragen wir mit unserer politischen Arbeit<br />
einen wesentlichen Anteil an der gesellschaftlichen Verankerung<br />
der <strong>SPD</strong> als Volkspartei und zur Bindung dieser Zielgruppen an die<br />
<strong>SPD</strong>.<br />
Dies wurde bisher auch von der Parteispitze so gesehen und bestätigt.<br />
Der vorgelegte Richtlinienentwurf spiegelt jedoch nicht die innerparteiliche<br />
und außerparteiliche Rolle der Arbeitsgemeinschaften<br />
wider. Im Falle einer Verabschiedung des Entwurfs in der vorgelegten<br />
Fassung sind weitgehende negative Auswirkungen auf die<br />
Wahrnehmung der Gesamtpartei in der Öffentlichkeit zu erwarten.<br />
Konkret befürchten wir folgendes:<br />
1. Die starke Verkleinerung der Vorstände hat gravierende Auswirkungen<br />
auf die Erfüllung der Aufgaben der jeweiligen Arbeitsgemeinschaften.<br />
Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Vernetzung<br />
und Präsenz in anderen Organisationen auf nationaler und<br />
internationaler Ebene, die Vernetzung in die Regionen sowie die<br />
inhaltliche politische Arbeit. Darüber hinaus werden die Kampagnenfähigkeit<br />
sowie die politische Außenwirkung massiv beeinträchtigt.<br />
2. Die ehrenamtliche Tätigkeit von Berufstätigen teilweise mit familiären<br />
Verpflichtungen in den Gremien auf Bundesebene wird<br />
kaum mehr möglich sein, da das aufzuwendende Zeitbudget nur<br />
noch in Verbindung mit einem Hauptamt oder Mandat und ohne<br />
weitere familiäre Verpflichtungen bewältigt werden kann.<br />
3. Viele Regionen können so in der politischen Vorstandsarbeit<br />
nicht mehr angemessen vertreten sein. Das hat massive Auswirkungen<br />
auf die bundesweite innerparteiliche Vernetzung und den<br />
politischen Austausch zwischen den Regionen. Dies trifft auch<br />
auf die vorgeschlagene Verringerung der Delegiertenzahlen für<br />
die Bundeskonferenzen zu. Die beabsichtigte Verkürzung der<br />
Dauer der Bundeskonferenzen führt nicht zu mehr, sondern zu<br />
weniger Beteiligungsmöglichkeiten auf Bundesebene.<br />
4. Die vorgeschlagenen Änderungen haben massive Auswirkungen<br />
auf unsere Arbeit in den jeweiligen Landesverbänden und Bezirken<br />
durch mangelnde Anbindung an die Bundesebene, mangelnde<br />
politische Kommunikation und Einschränkungen in der<br />
Kampagnenfähigkeit.<br />
Die Arbeitsgemeinschaften haben bisher sowohl die politischen<br />
Forderungen ihrer Zielgruppen mit beeinflusst und in die <strong>SPD</strong> eingebracht<br />
ebenso wie sie für Forderungen und <strong>Inhalt</strong>e der <strong>SPD</strong> bei<br />
ihren Zielgruppen geworben haben. Diese Zielgruppenarbeit ist mit<br />
dem neuen Richtlinienentwurf nicht mehr möglich.<br />
O34<br />
Resolution (Arbeitsgemeinschaften)<br />
Erledigt durch beschlossene Richtlinie<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
179
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
Für uns sind solche Einschnitte bei der Zielgruppenarbeit der <strong>SPD</strong><br />
das grundfalsche politische Signal auf allen Ebenen und nicht akzeptabel.<br />
Gerade im Vorfeld zu den anstehenden Landtagswahlen<br />
und insbesondere zur Bundestagswahl 2013 darf eine Volkspartei<br />
ein solches Signal nicht aussenden. Dies würde nur missverstanden<br />
als Missachtung und mangelnde Wertschätzung politischer Zielgruppenarbeit.<br />
In der Vergangenheit hat sich die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer<br />
Frauen im offenen Dialog mit der Parteiführung stets<br />
konstruktiv und kompromissbereit bei notwendigen innerparteilichen<br />
Veränderungen und der Diskussion um Einsparungen verhalten.<br />
Ein solcher Dialog mit uns fand im Vorfeld der Vorlage dieses<br />
Richtlinienentwurfs nicht statt. Allein die Tatsache, dass die Vorsitzenden<br />
der Arbeitsgemeinschaften - und auch nur diese - nicht<br />
einmal 24 Stunden vor dem anberaumten Gespräch mit der Generalsekretärin<br />
erst den Richtlinien-Entwurf zugeleitet bekamen, widerspricht<br />
einer offenen, demokratischen Diskussionskultur innerhalb<br />
unserer Partei.<br />
Neben dem inakzeptablen <strong>Inhalt</strong> des Entwurfs ist für uns auch das<br />
gewählte Verfahren nicht annehmbar. Im Interesse der Gesamtpartei<br />
fordern wir die Parteispitze und die Landesverbände und Bezirke<br />
auf, den Arbeitsgemeinschaften die Wertschätzung nicht zu<br />
entziehen und die politische Handlungs- und Kampagnenfähigkeit<br />
zu erhalten und von der geplanten Änderung Abstand zu nehmen.<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 35<br />
Unterbezirk Uelzen/Lüchow-Dannenberg (Bezirk Hannover)<br />
Partizipation der Arbeitsgemeinschaften<br />
ausbauen<br />
Bei Bundesparteitagen ist die Beteiligung der unterschiedlichen<br />
Arbeitsgemeinschaften auszubauen. Hierzu sollen die Arbeitsgemeinschaften,<br />
analog zu den Regelungen anderer Gliederungen<br />
und unter den Einschränkungen des §10 Organisationsstatut, eigene<br />
Delegierte zum Bundesparteitag entsenden können.<br />
O35<br />
Partizipation der Arbeitsgemeinschaften<br />
ausbauen<br />
Ablehnung<br />
45<br />
50<br />
55<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 36<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Landesverband Bayern<br />
<strong>SPD</strong>-Mitgliederbegehren vereinfachen<br />
Wir fordern, dass <strong>SPD</strong>-Mitgliederbegehren nicht mehr nur auf dem<br />
Papier (Unterschriftenlisten) unterstützt werden können, sondern<br />
dass eine Abstimmung auch online möglich ist. Durch eine Identifizierung<br />
mit der <strong>SPD</strong>-Mitgliedsnummer kann gewährleistet werden,<br />
dass jedes Mitglied nur einmal abstimmt.<br />
O36<br />
<strong>SPD</strong>-Mitgliederbegehren vereinfachen<br />
Annahme<br />
60<br />
65<br />
180
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 37<br />
Unterbezirk Neuburg-Schrobenhs.<br />
Unterbezirk Eichstätt<br />
Unterbezirk Ingolstadt Stadt<br />
(Landesverband Bayern)<br />
Elektronische Unterschrift bei<br />
Mitgliederbegehren<br />
Derzeit muss die Unterschrift zur Unterstützung eines Mitgliederbegehrens<br />
postalisch geleistet werden. Dies erschwert die Unterstützung<br />
eines Mitgliederbegehrens unnötigerweise und ist schlicht<br />
nicht mehr zeitgemäß. Da sowohl Bayern<strong>SPD</strong> als auch Bundes<strong>SPD</strong><br />
auf ihren Seiten (http://bayernspd.de, https://www.spd.de) bereits<br />
Lösungen implementiert haben, die es ermöglichen, Mitglieder zu<br />
identifizieren, und exklusiv für Mitglieder Funktionalität zur Verfügung<br />
zu stellen, könnte hier die elektronische Unterschrift zur<br />
Unterstützung eines Mitgliederbegehrens implementiert werden.<br />
Wir fordern den Bundesparteitag auf, für eine Umsetzung des § 13<br />
(7) des Organisationsstatutes zu stimmen, die eine elektronische<br />
Teilnahme an einem Mitgliederbegehren ermöglicht. Der Bundesvorstand<br />
wird beauftragt beim nächsten Bundesparteitag eine entsprechende<br />
Verfahrensrichtlinie vorzulegen.<br />
O37<br />
Elektronische Unterschrift bei<br />
Mitgliederbegehren<br />
Erledigt durch Annahme von O36<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 38<br />
Landesverband Berlin<br />
Partizipation leben<br />
Der Parteivorstand wird aufgefordert den Zeitrahmen von der Vorstellung<br />
von Thesen, Leitanträgen, Wahl- und Parteiprogrammen<br />
so zu wählen, dass alle Gliederungen der Partei eine angemessen<br />
Möglichkeit bekommen, die Themen zu diskutieren und etwaige<br />
Änderungsanträge zu formulieren und einzureichen.<br />
O38<br />
Partizipation leben<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
30<br />
35<br />
40<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 39<br />
Kreisverband Rhein-Neckar (Landesverband Baden-Württemberg)<br />
Priorisierung der Anträge<br />
Die <strong>SPD</strong> soll künftig auf Bundesdelegiertenkonferenzen bzw. Bundesparteitagen<br />
ein Alex-Müller-Verfahren anwenden.<br />
O39<br />
Priorisierung der Anträge<br />
Ablehnung<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 40<br />
Landesverband Berlin<br />
Keine Soziale Gerechtigkeit ohne soziales<br />
Handeln<br />
Glaubwürdiger Wahlkampf funktioniert nur mit fair gehandelten<br />
Wahlkampfmaterialien.<br />
Die <strong>SPD</strong> strebt auf allen politischen Ebenen an, künftig fair gehandeltes<br />
Material (per Siegel) für ihren Wahlkampf, ihre Öffentlichkeitsarbeit<br />
und Mitgliederwerbung einzusetzen. Dabei müssen<br />
O40<br />
Keine Soziale Gerechtigkeit ohne soziales<br />
Handeln<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
55<br />
60<br />
65<br />
181
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
ökologische Nachhaltigkeitskriterien ebenso berücksichtigt werden<br />
wie die sozialen Produktionsbedingungen.<br />
Das heißt:<br />
• kurze Transportwege statt Fernreisen<br />
• keine Kinderarbeit<br />
• kein Lohndumping<br />
• möglichst kein Erdöl<br />
• Sozialbanken bevorzugen<br />
• etc. (entsprechend Vorgaben für Fair-Trade- und Biosiegeln)<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 41<br />
Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />
Wiedergabe der Begründung von<br />
Parteitagsanträgen in den digitalen<br />
Antragsbüchern<br />
1. Bei allen Parteitagen werden zukünftig die Antragsbücher in digitaler<br />
Form / Dateiform zur Verfügung gestellt.<br />
2. Die jeweiligen Parteigremien entscheiden in eigener Verantwortung,<br />
ob sie Antragsbücher daneben zusätzlich generell oder nur<br />
auf Anforderung in Papierform bereitstellen. Zur Vermeidung<br />
von Diskriminierungen erhalten Parteimitglieder auf Wunsch die<br />
Antragsbücher für die bevorstehenden Parteitage in Papierform.<br />
3. Zumindest in die digitalen Antragsbücher werden zukünftig auch<br />
die Begründungen der Anträge bis zu einer Länge von 15.000<br />
Zeichen inklusive Leerzeichen je Antrag aufgenommen.<br />
O41<br />
Wiedergabe der Begründung von<br />
Parteitagsanträgen in den digitalen<br />
Antragsbüchern<br />
Überweisung an organisationspolitische Kommission beim <strong>SPD</strong>-<br />
Parteivorstand<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 42<br />
Landesverband Berlin<br />
Barrieren abschaffen! Menschen mit<br />
Behinderung muss die aktive Parteiarbeit<br />
ermöglicht werden<br />
Deutschlandweit geht von der <strong>SPD</strong> eine progressive Politik für<br />
Menschen mit Behinderung aus, die sich durch Personenorientierung,<br />
den Abbau von Barrieren und zielgerichtete Hilfe auszeichnet.<br />
Dies zeigt sich unter anderem in einem umfassenden Antrag<br />
zur Inklusion, den der Bundeskongress der Jusos im November<br />
2012 beschlossen hat, und auch darin, dass wichtige politische<br />
Maßnahmen zugunsten einer inklusiven Gesellschaft fest im Entwurf<br />
des Regierungsprogramms der <strong>SPD</strong> für 2013 verankert worden<br />
sind.<br />
Trotz dieses Einsatzes für einen politischen Wandel und für eine<br />
inklusive Gesellschaft, in der alle Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit<br />
und Vielfalt gleichberechtigt zusammenleben dürfen und<br />
an der alle teilhaben können, ist die <strong>SPD</strong> einen wichtigen Weg noch<br />
nicht gegangen: die eigene Partei inklusiv zu gestalten!<br />
Die Prämisse guter Politik für – und vor allem nicht (unbeabsichtigt)<br />
gegen – Menschen mit Behinderung muss lauten: „Nichts über<br />
uns ohne uns!“. Nur Betroffene selbst können bemessen, welche<br />
Auswirkungen politische Maßnahmen in ihrer Lebenswirklichkeit<br />
haben werden. Es ist darum unabdingbar, Menschen mit Behinderung<br />
aktiv in den politischen Prozess mit einzubeziehen, wenn es<br />
um ihre eigenen Belange geht.<br />
Sofern Menschen mit Behinderung bislang überhaupt in der deutschen,<br />
europäischen und internationalen Politik angehört wurden,<br />
fand dies zumeist in Form von Konsultationen von Behindertenverbänden<br />
statt. Solche Interessenvertretungen nehmen ohne Zwei-<br />
O42<br />
Barrieren abschaffen! Menschen mit<br />
Behinderung muss die aktive Parteiarbeit<br />
ermöglicht werden<br />
Annahme in geänderter Fassung:<br />
Wir wollen die politische Mitentscheidung und Teilhabe nach Art.<br />
29 der UN-Behin-dertenrechtskonvention sichern. Dazu gehört<br />
neben der barrierefreien Ausübung von Mandaten auf allen politischen<br />
Ebenen insbesondere den Parlamenten und kommunalen<br />
Gremien auch die Mitarbeit in Parteien nach Art. 21 Absatz 1 GG.<br />
Wir fordern daher den Gesetzgeber auf ein Gesetz zur politischen<br />
Teilhabe und Partizipation zu erlassen.<br />
Die Prämisse guter Politik für – und vor allem nicht (unbeabsichtigt)<br />
gegen – Menschen mit Behinderung muss lauten: „Nichts über<br />
uns ohne uns!“. Nur Betroffene selbst können bemessen, welche<br />
Auswirkungen politische Maßnahmen in ihrer Lebenswirklichkeit<br />
haben werden. Es ist darum unabdingbar, Menschen mit Behinderung<br />
aktiv in den politischen Prozess mit einzubeziehen, wenn es<br />
um ihre eigenen Belange geht.<br />
182
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
fel eine Rolle von unschätzbarem Wert ein. Allerdings dürfen sie<br />
nicht als Ersatz für die Parteimitgliedschaft einzelner Menschen<br />
mit Behinderung betrachtet werden – insbesondere vor dem Hintergrund,<br />
dass die Erfahrungen von Menschen, die tagtäglich auf<br />
Benachteiligungen stoßen, in einer bislang noch nicht inklusiven<br />
Gesellschaft auch die Perspektive auf andere Fragen sozialer Ungleichheit<br />
gewinnbringend erweitern kann.<br />
Innerhalb der <strong>SPD</strong> sind Menschen mit Behinderung bislang vor<br />
allem in der AG Selbst Aktiv organisiert. Einerseits muss die AG<br />
von Parteiseite weiter in ihrem Aufbau und in ihrer bundesweiten<br />
Vernetzung unterstützt werden, andererseits muss allen Partei- und<br />
Juso-Mitgliedern auch über diese auf die Probleme der Behindertenpolitik<br />
ausgerichtete AG hinaus eine aktive Parteimitgliedschaft<br />
ohne Barrieren in vollem Umfang ermöglicht werden!<br />
Das bedeutet, dass sämtliche Organisations- und Veranstaltungsund<br />
Kommunikationsstrukturen innerhalb der <strong>SPD</strong> im Sinne eines<br />
Disability Mainstreamings in Bezug auf ihre Barrierefreiheit hinterfragt<br />
werden müssen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass Barrieren<br />
nicht per se existieren, sondern erst durch etwas bei etwas zustande<br />
kommen. Eine Barriere entsteht dadurch, dass ein Mensch,<br />
der nicht hören kann und nur die Gebärdensprache versteht, bei<br />
einer Lesung keine Übersetzung bekommt. Eine Barriere entsteht,<br />
wenn ein Mensch, der im Rollstuhl fährt und das Stockwerk wechseln<br />
möchte, keinen Fahrstuhl vorfindet. Eine Barriere entsteht,<br />
wenn ein Mensch, der Braille-Schrift liest und etwas über die <strong>SPD</strong><br />
erfahren möchte, keine entsprechenden Broschüren erhält. Eine<br />
Barriere entsteht, wenn ein Mensch, der sich mit einfachen Worten<br />
und Sätzen verständigt und sich auf der Internetseite der <strong>SPD</strong> informiert,<br />
nur komplizierte Worte und Sätze zu lesen bekommt. Die<br />
Reihe an Beispielen ließe sich beliebig fortsetzen.<br />
Die <strong>SPD</strong> muss ein Bewusstsein für solche möglichen Barrieren<br />
entwickeln und sie anschließend systematisch und umfassend abbauen.<br />
Dies bedeutet sowohl dauerhafte Veränderungen wie den<br />
Umbau oder Wechsel von Parteiräumlichkeiten oder die Umgestaltung<br />
von Informationsmaterialien, als auch situationsbezogene<br />
Angebote, wie beispielsweise die barrierefreie Ausrichtung von<br />
Veranstaltungen auf Anmeldung.<br />
„Die <strong>SPD</strong> ist und bleibt die große politische Kraft für Demokratie<br />
und Emanzipation in Deutschland.“, heißt es in dem Entwurf des<br />
Regierungsprogramms 2013. Diesem Anspruch kann die <strong>SPD</strong> nur<br />
gerecht werden, wenn ihre Politik von Mitgliedern gestaltet wird,<br />
die die bunte Vielfalt an Lebensweisen in unserer Gesellschaft widerspiegeln.<br />
Menschen mit Behinderung tragen mit einem Bevölkerungsanteil<br />
von ca. 10 % enorm zu dieser Vielfalt bei. Eine aktive<br />
Parteiarbeit ohne Barrieren muss bei den Jusos und in der <strong>SPD</strong><br />
selbstverständlich werden!<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 43<br />
Landesverband Berlin<br />
Ein weiterer Schritt zur barrierefreien<br />
Gesellschaft: Die <strong>SPD</strong> als Hörbuch<br />
AnalphabetInnen und Menschen mit Sehbehinderungen sind im<br />
Alltag sowie in der Nutzung politischer Informationsmöglichkeiten<br />
stark eingeschränkt. Wir möchten diese Menschen in ihrem Recht<br />
auf politische Teilhabe und Meinungsbildung unterstützen und prüfen<br />
daher die Veröffentlichung unseres Grundsatzprogrammes, unserer<br />
Regierungsprogramme auf Bundes- und Landesebene sowie<br />
Informationen über die KandidatInnen der <strong>SPD</strong> bei Landtags- und<br />
Bundestagswahlen als Hörbuch.<br />
O43<br />
Ein weiterer Schritt zur barrierefreien<br />
Gesellschaft: Die <strong>SPD</strong> als Hörbuch<br />
Annahme in geänderter Fassung und erledigt durch Praxis<br />
AnalphabetInnen und Menschen mit Sehbehinderungen sind im<br />
Alltag sowie in der Nutzung politischer Informationsmöglichkeiten<br />
stark eingeschränkt. Wir möchten diese Menschen in ihrem Recht<br />
auf politische Teilhabe und Meinungsbildung unterstützen und<br />
prüfen daher die Veröffentlichung unseres Grundsatzprogrammes,<br />
unserer Regierungsprogramme auf Bundes- und Landesebene. [...]<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
183
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 44<br />
Arbeitsgemeinschaft Selbst Aktiv<br />
Zeitlich befristete Quote nach Art. 29<br />
UN-BRKV<br />
Der Parteitag möge beschließen: Kein Menschenbild von Menschen<br />
erster und zweiter Ordnung in der politischen Mitentscheidung,<br />
Menschen mit Behinderungen mit zeitlich befristeter Quote,<br />
politische Mitentscheidung nach Art.29 der UN-Behindertenrechtskonvention<br />
sichern.<br />
Nicht nur Aktives Wahlrecht stärken, sondern Passives Wahlrecht<br />
als demokratische Mitentscheidung sofort umsetzen. Bei der bevorstehenden<br />
Europawahl hier die Mitentscheidung behinderter<br />
Menschen neben anderen benachteiligten Bevölkerungsgruppen,<br />
wie Frauen, Migrantinnen und Migranten sichern, entsprechend<br />
des Bevölkerungsanteils von 8Mio. Schwerbehinderten jeden 10.<br />
Platz für einen Menschen mit einer Behinderung reservieren. Dies<br />
gilt auch für alle künftigen Bundes-, Landtags- und Kommunalwahlen.<br />
Wer Quote oder Quoren für sich durchsetzt und dies selbstverständlich<br />
Menschen mit Behinderungen nicht zubilligt, hat ein<br />
Menschenbild von Menschen erster und zweiter Ordnung. Dies ist<br />
mit sozialdemokratischem Grundverständnis unvereinbar, zumal<br />
Menschen mit Behinderungen die weltweit am meisten diskriminierte<br />
und politisch unterrepräsentierteste Bevölkerungsgruppe<br />
ist. Die <strong>SPD</strong> ist für alle da. Von daher ist es im Rahmen der UN-<br />
Behindertenrechtskonvention und Art.4 Abs.3, Art.3 sowie Art.29<br />
erforderlich, behinderte Menschen als Mitentscheider über eine vorübergehende<br />
Quote abzusichern. Ein Gutachten zum aktiven und<br />
passiven Wahlrecht, wie es die schwarz/gelbe Bundesregierung für<br />
Ende 2012 angekündigt hat und auch Teil der Bundesratsinitiative<br />
4913 ist, brauchen wir nicht. Wir lassen uns das Handeln nicht von<br />
der Hinhaltetaktik von schwarz/gelb vorgeben. Wir handeln jetzt.<br />
O44<br />
Zeitlich befristete Quote nach Art. 29<br />
UN-BRKV<br />
Ablehnung<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 45<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
Unvereinbarkeit mit der Deutschen<br />
Burschenschaft<br />
Wir fordern den Parteivorstand der <strong>SPD</strong> auf, eine Mitgliedschaft in<br />
einer Burschenschaft, die dem Verband der „Deutschen Burschenschaft“<br />
angehört, mit einer <strong>SPD</strong>-Mitgliedschaft für unvereinbar zu<br />
erklären.<br />
O45<br />
Unvereinbarkeit mit der Deutschen<br />
Burschenschaft<br />
Annahme<br />
55<br />
60<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 46<br />
Landesverband Bayern<br />
Unvereinbarkeit mit den Grauen Wölfen<br />
Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, die Mitgliedschaft bei den Grauen<br />
Wölfen in ihrer Unvereinbarkeitsklausel mit aufzunehmen.<br />
O46<br />
Unvereinbarkeit mit den Grauen Wölfen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
65<br />
184
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 47<br />
Unterbezirk Bochum (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Kein Platz für Faschismus in der <strong>SPD</strong> -<br />
egal welcher Coleur<br />
Der Einfluss extrem rechter und ultranationalistisch-islamischer<br />
türkischer Organisationen ist in den vergangenen Jahren bundesweit<br />
gewachsen. In Deutschland sind unter anderem ADÜTF<br />
(Föderation der Idealistenvereine in Europa), ATB (Europäisch-<br />
Türkische Einheit) und ATIB (Türkisch Islamische Union Europa)<br />
aktiv. Ein Teil ihres Erfolgskonzepts ist, dass die lokalen Mitgliedsvereine<br />
häufig als türkische Selbsthilfeorganisationen etablieren<br />
konnten. Sie haben Einfluss auf Kultur- und Elternvereine, Fußballclubs<br />
und Moscheen – und damit auf das soziale Leben der<br />
türkischsprachigen Bevölkerung in Deutschland. Dass die Vereine<br />
von Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte akzeptiert werden,<br />
ist eine wichtige Basis für diesen Erfolg. Gleichzeitig verbreiten<br />
die Gruppen nationalistische Ideologien und schüren auch Konflikte<br />
mit ethnischen Minderheiten. Es handelt sich um eine neue Form<br />
von Rechtsextremismus, nämlich den „ethnischen Nationalismus“.<br />
Die „Föderation der Demokratischen Türkischen Idealistenvereine<br />
in Deutschland e.V.“ , nachfolgend nur noch als Ülkücü bezeichnet,<br />
sind eine Gruppierung türkischer Nationalisten die sich für die „besonders<br />
türkischen Eigenschaften“ der Türkinnen und Türken einsetzen,<br />
ihre Verbreitung fördern wollen und in letzter Konsequenz<br />
für ein Großtürkisches Reich, das fiktive Reich „Turan“ einstehen.<br />
„Turan“ erstreckt sich vom Balkan bis zur „Behringstraße“. Dieses<br />
Ziel findet sich auch in den Symbolen der Bewegung wieder; die<br />
rote Flagge mit den drei Halbmonden steht hierbei für die Eroberung<br />
der drei islamischen Kontinente (Afrika, Europa und Asien).<br />
Bei der Verfolgung des Ziels schrecken sie weder vor Gewalt noch<br />
Volksverhetzungen zurück.<br />
Der Gründer der Organisation, Alperslan Türkes, konzentrierte sich<br />
in den 60er Jahren hauptsächlich darauf für sich und seine Ziele<br />
zu werben. Mit der Gründung von Kommandolagern, den „Grauen<br />
Wölfen“, wurde Jugendlichen eine politische, wie auch militärische<br />
Ausbildung vermittelt und schließlich die Partei MHP gegründet.<br />
In Hochzeiten hatten diese Lager um die 100.000 Mitglieder.<br />
Wie in allen Teilen Europas und weltweit, erstarkte 1968 die Linke-Bewegung.<br />
Gegen diese Bewegung führten die „Grauen Wölfe“<br />
zunehmend Gewaltaktionen durch. Zu den verfolgten gehörten neben<br />
Jüdinnen und Juden, Christinnen und Christen, Linken, Kommunistinnen<br />
und Christen, sowie Kurdinnen und Kurden auch Sozialdemokratinnen<br />
und Sozialdemokraten.<br />
Der Verfassungsschutz NRWs erläutert in einer Publikation „Türkischer<br />
Extremismus“, dass die Ülkücü-Bewegung auch in Deutschland<br />
mit ca. 7000 Mitgliedern vertreten ist und ihr Verhalten sich<br />
der Deutschen Neonazistische Szene im Bezug auf den Nationalsozialismus<br />
ähnelt. Tausende weitere besuchen die Einrichtungen,<br />
Moscheen, Sportvereine, Kulturvereine der Bewegung.<br />
Die Ülkücü zeichnen sich dabei intern durch eine strenge Hierarchie<br />
aus, die einem Führerkult gleicht, wobei ihre Organisation<br />
faschistoide Züge annimmt. Bei einer Moscheeeinweihung 1995<br />
in Berlin überreichten die Ülkücü türkische Ausgaben von Hitlers<br />
Hetzschrift „Mein Kampf“, wie das Zentrum Demokratische<br />
Kultur in ihrem Bericht „Demokratiegefährdende Phänomene<br />
in Kreuzberg und Möglichkeiten der Intervention - ein Problemaufriss“<br />
hinweist. Dergleichen wiederholte und wiederholt sich<br />
regelmäßig in der Türkei wie hierzulande, somit ist davon auszugehen,<br />
dass die Ülkücü Sympathien für den Nationalsozialismus<br />
empfinden und offen dazu stehen. Der Gründer der Bewegung und<br />
„ewiger Führer“ Alperslan Türkes sieht sich in direkter Nachfolge<br />
zu Adolf Hitler.<br />
O47<br />
Kein Platz für Faschismus in der <strong>SPD</strong> -<br />
egal welcher Coleur<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
185
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Darüber hinaus weisen die Ülkücü ein hohes Maß an türkischem<br />
Nationalismus auf, was bei weitem das Niveau des Patriotismus<br />
verlassen hat, da sie glauben, das Türkische Volk und seine Eigenschaften,<br />
welche sie selbst definieren, das höchste zu erreichende<br />
Gut sei und stehe deshalb auf natürlicher Weise über andere Völker.<br />
Die Verbreitung des Türkischen sowie die Errichtung eines imperialen<br />
Panturkistischen Großreiches, sind erklärtes Ziel. Dies untermauern<br />
sie mit einem sehr martialischen Schwur, der besonders in<br />
seiner Endung den Imperialismus dieser Organisation verdeutlicht,<br />
aber auch die rassistische ideologische Richtung aufzeigt:<br />
„Ich schwöre bei Allah, dem Koran, dem Vaterland, bei meiner<br />
Flagge Meine Märtyrer, meine Frontkämpfer sollen sicher sein<br />
Wir, die idealistische türkische Jugend, werden unseren Kampf<br />
gegen Kommunismus, Kapitalismus, Faschismus und jegliche Art<br />
von Imperialismus fortführen<br />
Unser Kampf geht bis zum letzten Mann, bis zum letzten<br />
Atemzug,bis zum letzten Tropfen Blut<br />
Unser Kampf geht weiter, bis die nationalistische Türkei, bis das<br />
ReichTuran erreicht ist. Wir, die idealistische türkische Jugend,<br />
werden niemals aufgeben, nichtwanken, wir werden siegen, siegen,<br />
siegen. Möge Allah die Türken schützen und sie erhöhen“<br />
Alles Vorgenannte allein würde schon die Erkenntnis rechtfertigen,<br />
dass die Ülkücü gegen den Prozess der Integration der türkischen<br />
Minderheit in Deutschland in die Gesamtdeutsche Gesellschaft<br />
hetzen, sich dazu antidemokratisch gebären, doch der Verfassungsschutz<br />
NRWs weist darüberhinaus noch auf die hohe Gewaltbereitschaft,<br />
die unter ihren Mitgliedern herrscht, hin.<br />
„Ihre Ideologie lebt wesentlich von Feindbildern. „Innere“ und<br />
„Äußere“ Feinde werden permanent thematisiert. Am Beispiel des<br />
Kurdenkonflikts wird den Verschwörungstheorien entsprechend ein<br />
Komplott der ausländischen Feinde beschrieben. Dabei wird eine<br />
Kollaboration zwischen Kurden und Israel (den Juden) behauptet.<br />
Ebenso wird die gesamte Entwicklung im Nordirak mit Verschwörungstheorien<br />
erklärt. Bezüglich der Kurden beschreibt die Bewegung<br />
die kombinierten Gefahren des Kommunismus, Separatismus<br />
und Zionismus. Anhand dieses Konfliktes kann sie alle möglichen<br />
Feindbilder, von den Griechen bis zu den Amerikanern auflisten<br />
und Ängste in der Bevölkerung über Bedrohungsszenarien und<br />
verschiedene Variationen der Verschwörungstheorien wachrufen.<br />
Vor diesem Hintergrund bietet die Bewegung der Grauen Wölfe,<br />
mit ihrer ethnisch (rassistisch)-nationalistisch orientierten, stark islamisch<br />
gefärbten Ideologie, mit ihrer Gewaltbereitschaft und den<br />
am Führerprinzip ausgerichteten totalitären Strukturen Nährboden<br />
auch für islamistisch geprägte extremistischen Bewegungen.“<br />
Betroffen sind davon alle, die als Feindbild für die Ülkücü herhalten.<br />
Immer wieder finden sich verdeckte, oder sogar offene Aufrufe<br />
zur Gewalt an Andersdenkenden.<br />
Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dürfen nicht<br />
zulassen, dass Menschen, welche eine rassistische und faschistoide<br />
Ideologie verfolgen sich in etablierten Organisationen unter dem<br />
Deckmantel der Seriosität niederlassen.<br />
Bei der <strong>SPD</strong> werden wir niemals akzeptieren, dass gegen Andersdenkende<br />
oder Kurden, Armenier, Juden, Amerikaner, Homosexuelle<br />
und Linksdenkende gehetzt wird.<br />
Mit aller Härte gehen die Ülkücü dabei gegen Sozialdemokratinnen<br />
und Sozialdemokraten vor, stören aber auch in Deutschland Linksdenkende<br />
Türkinnen und Türken bei Veranstaltungen. In der Türkei<br />
führen ihre Hetzen zu teils blutigen Auseinandersetzungen mit<br />
Toten während in Deutschland das Verhalten der Organisation den<br />
Separatismus fördert.<br />
Der Versuch der Türkischen Nazis die CDU, aber auch die <strong>SPD</strong><br />
zu unterlaufen geht an einigen Stellen auf. Das deutsch-türkische-<br />
Forum (DTF) der CDU ist bereits in der Presse gewesen wegen<br />
einiger Mitglieder aus dem türkischen rechtsextremen Spektrum.<br />
Wir als <strong>SPD</strong> sagen deshalb, dass solch eine Organisation niemals<br />
mit der Mitgliedschaft in der <strong>SPD</strong> vereinbar sein kann, denn wer<br />
<strong>SPD</strong>-Mitglied werden will und ist, ist sich bewusst, dass sich die<br />
<strong>SPD</strong> für ein demokratisches Deutschland der Völkerverständigung<br />
186
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
mit Vielfalt und Toleranz einsetzt. Volksverhetzungen ganz gleich<br />
gegen welche Ethnien oder Glaubensgemeinschaften, Übergriffe<br />
gegen Linksdenkende und Homosexuelle und Imperialistische<br />
Wunschvorstellungen längst vergangener Epochen werden bei der<br />
<strong>SPD</strong> nicht toleriert. Eine gutgemeinte Offenheit für Migrantenorganisationen<br />
wie den Ülkücü ist hier an der falschen Stelle.<br />
Für die Sozialdemokratie gilt: Wir dulden keinen Rassismus, Nationalismus<br />
oder Faschismus egal welcher Couleur er ist!<br />
Der Bundesparteitag der <strong>SPD</strong> fordert den <strong>SPD</strong>-Parteivorstand auf,<br />
einen Unvereinbarkeitsbeschluss zwischen der <strong>SPD</strong>-Mitgliedschaft<br />
und der „Föderation der Demokratischen Türkischen Idealistenverein<br />
in Deutschland e.V.“ (ADÜTF), der ATB oder ATIB auch<br />
genannt „Ülkücü“ („Idealisten“) oder „Bozkurt“ („Graue Wölfe“)<br />
zu fassen.<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 48<br />
Bezirk Hannover<br />
Resolution: Gegen Sexismus und<br />
Diskriminierung<br />
Die in den vergangenen Monaten geführte Debatte über sexistische<br />
Äußerungen von Politikern gegenüber Journalistinnen hat das<br />
überwunden geglaubte Thema der Diskriminierung von Frauen<br />
aufgrund ihres Geschlechts durch herabwürdigende, sexuell motivierte<br />
Äußerungen und Verhalten erneut in den Fokus gerückt.<br />
Wir wollen, dass sich die <strong>SPD</strong> solchem Verhalten aktiv entgegenstellt!<br />
Wir wollen erreichen, dass die Mitglieder und Gremien der<br />
<strong>SPD</strong> und ihre Funktionäre<br />
• das Thema „Sexismus“ aufgreifen und sich klar gegen jede Form<br />
von Verächtlichmachung von Frauen, sei es verbal, durch Gesten,<br />
Redewendungen oder Herstellung von sexualisierten Zusammenhängen<br />
wenden,<br />
• Sensibilität gegenüber offener und versteckter Diskriminierung<br />
entwickeln,<br />
• Hinweise auf sexistisches Verhalten ernst nehmen und nicht diejenigen<br />
verunglimpfen, die darauf hinweisen oder sich davon betroffen<br />
fühlen,<br />
• Anspielungen auf Sexualverhalten und körperliche Erscheinung<br />
in herabwürdigender, kompromittierender Form ächten,<br />
• in jeder Form der Kommunikation – auch in Formen von Social<br />
media - und Veranstaltungen einen respektvollen Umgang miteinander<br />
anstreben,<br />
• dominantes, männliches Redeverhalten thematisieren und durch<br />
persönliche Verhaltensänderungen sowie strukturelle Vorkehrungen<br />
(u.a. quotierte Redelisten, Begrenzung von Redezeiten,<br />
gendergerechte Sprache, mehr Beteiligung von Frauen bei Veranstaltungen)<br />
vermeiden,<br />
• auf geschlechtersensible Verhaltensweisen – z. B auch auf ungewollte<br />
körperliche Übergriffe beim verbreiteten „social kissing“<br />
- achten und einüben, dies insbesondere bei Abhängigkeitsverhältnissen<br />
zwischen Genossinnen und Genossen.<br />
O48<br />
Resolution: Gegen Sexismus und<br />
Diskriminierung<br />
Überweisung an die organisationspolitische Kommission beim<br />
<strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
187
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 49<br />
Landesverband Berlin<br />
Geschlechteridentität in Parteiformularen<br />
der <strong>SPD</strong><br />
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands wird aufgefordert,<br />
sämtliche Formulare der <strong>SPD</strong> und aller ihrer Gliederungen in Papierform<br />
und online zu ergänzen, in denen eine Angabe zum Geschlecht<br />
vorzunehmen ist. Neben den Kategorien „weiblich“ und<br />
„männlich“ werden die Möglichkeiten „keine Angabe“ oder einen<br />
Freitext einzufügen angeboten.<br />
O49<br />
Geschlechteridentität in Parteiformularen<br />
der <strong>SPD</strong><br />
Überweisung an organisationspolitische Kommission beim <strong>SPD</strong>-<br />
Parteivorstand<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 50<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Streichung des Begriffs „sozial<br />
schwach“ aus dem sozialdemokratischen<br />
Sprachgebrauch<br />
Wir fordern die Partei auf allen Gliederungsebenen auf, den Begriff<br />
„sozial schwach“ als Bezeichnung für Menschen mit geringem<br />
Einkommen aus dem sozialdemokratischen Sprachgebrauch zu<br />
streichen, da er diskriminierend ist. Außerdem sind auch viele ärmere<br />
Menschen – die <strong>SPD</strong> ist dafür ein beredtes Beispiel – gesellschaftlich<br />
engagiert, was das Gegenteil von „sozial-schwach“ ist.<br />
O50<br />
Streichung des Begriffs „sozial<br />
schwach“ aus dem sozialdemokratischen<br />
Sprachgebrauch<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich O<br />
Antrag 51<br />
Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />
Dynamisierung der Mitgliedsbeiträge<br />
fairer gestalten<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />
Mit der jeweiligen Übersendung der Beitragsbescheinigung erfolgt<br />
eine Information der Mitglieder über die jährliche Anpassung<br />
der Mitgliedsbeiträge zum Jahresbeginn. Dabei wird auch auf die<br />
Möglichkeit des Widerspruchs zur Erhöhung des persönlichen Mitgliedsbeitrags<br />
hingewiesen. Die Finanzordnung der <strong>SPD</strong> ist entsprechend<br />
anzupassen.<br />
O51<br />
Dynamisierung der Mitgliedsbeiträge<br />
fairer gestalten<br />
Überweisung an die Organisationspolitische Kommission beim<br />
<strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
55<br />
60<br />
65<br />
188
Sozialpolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 1<br />
Kreisverband Saarbrücken-Stadt (Landesverband Saar)<br />
Soziale Sicherungssysteme stärken -<br />
Kinder- und Altersarmut jetzt bekämpfen!<br />
Die Absicherungssysteme und -mechanismen gegen die Lebensrisiken<br />
Arbeitslosigkeit, Alter, Krankheit und Armut wurden in den<br />
vergangenen 15 Jahren drastisch geschwächt. Diese Entwicklungen<br />
schlagen sich nicht nur im Gerechtigkeitsgefühl der Bürgerinnen<br />
und Bürger, sondern auch in den Lebenswirklichkeiten der<br />
Menschen nieder. Kinder- und Altersarmut sind Fehlentwicklungen<br />
einer Sozialpolitik, die Missstände in der Armutsentwicklung nicht<br />
rechtzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen ergriffen hat. Die Folgekosten<br />
der Armutsentwicklung werden die Sozialsysteme langfristig<br />
erdrücken und das Solidaritätsgefüge in unserer Gesellschaft<br />
völlig aushebeln.<br />
Wir fordern daher sofortige Gegenmaßnahmen zur Bekämpfung<br />
von Altersarmut sowie Maßnahmen zur Stärkung von Teilhabe von<br />
Kindern, die von Armut betroffen und bedroht sind.<br />
Wir stehen für eine armutsfeste Arbeitsmarktpolitik! Wir fordern:<br />
• Versicherte, die dem Alterssicherungssystem langjährig – gemessen<br />
an der Erwerbsbiografie- als Beschäftigte angehört und<br />
Beiträge gezahlt haben, müssen im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit<br />
eine Rente erhalten, die es ermöglicht, den im Berufsleben<br />
erarbeiteten Lebensstandard armutsfest aufrecht zu erhalten.<br />
Wer über 30 Jahre regelmäßig in das Beitragssystem eingezahlt<br />
hat, der darf nicht durch Erwerbsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit<br />
in Armut enden.<br />
• Eine bessere Absicherung der Risiken Berufsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit,<br />
insbesondere die Bemessung des ALG I-Bezugs<br />
an der Dauer der erbrachten Erwerbstätigkeit.<br />
• Eine Anpassung der Löhne der Zeitarbeitnehmer/-innen nach einer<br />
spezifischen Einarbeitungsfrist an die Bezahlung der Stammbelegschaft.<br />
• Eine Verteuerung der Leiharbeit um 20 v.H. im Vergleich zum<br />
branchenüblichen Stundenlohn.<br />
Die sozialen Sicherungssysteme müssen zukunftssicher sein! Wir<br />
fordern:<br />
• Die gesetzliche Rentenversicherung ist die wichtigste Absicherung<br />
im Alter. Auf diese müssen sich alle Anstrengungen - insbesondere<br />
die staatlichen Zuschüsse - fokussieren.<br />
• Die gesetzliche Rentenversicherung muss auf alle Erwerbstätigen<br />
ausgedehnt werden, dies beinhaltet eine Abkehr vom berufsständischen<br />
System (z.B. für Beamte und Selbständige).<br />
• Die Bereinigung der Rentenformel um die Kürzungsfaktoren<br />
Nachhaltigkeits- und Riesterfaktor. Stattdessen fordern wir eine<br />
Wertschöpfungsabgabe nach dem Umsatz eines Unternehmens<br />
im Verhältnis zu Lohnsumme und Beschäftigtenzahl.<br />
• Den Ausbau der Grundsicherung im Alter, insbesondere die Berücksichtigung<br />
der Zuzahlungen im Gesundheitswesen.<br />
• Eine Reform der Kranken- und Pflegeversicherung als Bürgerversicherung,<br />
d.h. das Einzahlen aller Versicherten in eine gemeinsame<br />
Kasse, private Versicherungen dürfen nur als Zusatzversicherungen<br />
dienen. Darüber hinaus fordern wir die Rücknahme<br />
des Pflegeversicherungsbeitrags für Rentnerinnen und<br />
Rentner.<br />
• Zuzahlungen im Gesundheitssystem sind zurückzudrängen.<br />
Altersarmut ist weiblich. Deshalb fordern wir:<br />
• Die gesellschaftlichen Aufgaben der Kindererziehung und Pflege<br />
von Angehörigen sind in einem Modell der Gesamtleistungsbewertung<br />
anzuerkennen. Alle Zeiträume der Kindererziehung sind<br />
dabei gleich zu bewerten. Die Finanzierung dieser gesellschaftlichen<br />
Aufgaben hat aus Steuermitteln zu erfolgen.<br />
S1<br />
Soziale Sicherungssysteme stärken -<br />
Kinder- und Altersarmut jetzt bekämpfen!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
190
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
• Die Steigerung der Erwerbsquote von Frauen durch eine familienfreundliche<br />
Bildungs- und Sozialpolitik und die Ermöglichung<br />
geschlossener Versicherungsbiografien.<br />
• Die sofortige Abschaffung des Betreuungsgeldes und die Stärkung<br />
des Bezugs von Elterngeld für Männer.<br />
• Einen verbesserten Zugang von Frauen zu Führungspositionen<br />
durch eine gesetzliche Mindestquote in Verwaltungs- und Aufsichtsräten.<br />
• Eine gesetzliche Verankerung des Equal-Pay-(gleicher Lohn)-<br />
Grundsatzes.<br />
Paritätische Finanzierung statt Privatisierung zu Lasten der Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer! Wir fordern:<br />
• Die Beibehaltung der paritätischen Finanzierung der Alterssicherung.<br />
• Die betriebliche Altersversorgung mit paritätischer Arbeitgeberbeteiligung<br />
muss verpflichtend eingeführt werden.<br />
• Die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe nach Umsatz eines<br />
Unternehmens im Verhältnis zu Lohnsumme und Beschäftigtenzahl,<br />
die kapitalintensive Betriebe stärker an der Finanzierung<br />
der Rentenversicherung beteiligt.<br />
• Eine Verbesserung der Einnahmesituation der Rentenversicherung<br />
durch allgemeine Versicherungs- und Beitragspflicht der<br />
gesamten Erwerbsbevölkerung.<br />
• Die Rückführung der Fördermittel der Riesterrente in die gesetzliche<br />
Rentenversicherung, wobei bestehende Rechtsansprüche<br />
erfüllt werden müssen.<br />
Inklusion erleichtern – gesellschaftliche Teilhabe schützt Kinder<br />
und Jugendliche vor dem Armutsteufelskreis Wir fordern:<br />
• Den Ausbau staatlicher Förderprogramme, finanziert durch den<br />
Bund, zur Ermöglichung von Teilhabe von Kindern und Jugendlichen.<br />
Dies betrifft im Einzelnen:<br />
- Bildungsmittel (wie z. B. Bücher),<br />
- Freizeitmaßnahmen (wie z. B. gemeinsame Klassenfahrten<br />
oder Ausflüge),<br />
- Mitgliedschaftsgebühren im Vereinswesen,<br />
- Ausrüstung für Sportvereine.<br />
• Diese Förderprogramme sind im Einzelnen möglichst unbürokratisch<br />
zu halten und in der Bevölkerung durch geeignete Kampagnen<br />
offensiv zu bewerben.<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 2<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />
Solidarität statt Altersarmut<br />
Die gesetzliche Rentenversicherung muss gestärkt und ausgebaut<br />
werden<br />
Langzeitarbeitslosigkeit, atypische Beschäftigung und die Ausweitung<br />
von Niedriglohnsektoren haben in den letzten zwei Jahrzehnten<br />
zunehmend unsere Arbeitswelt geprägt. Das Arbeitsleben vieler<br />
Menschen ist brüchiger und poröser geworden. Auf Grundlage von<br />
Erwerbsbiographien mit Phasen der Unterbrechung und geringer<br />
Entlohnung droht künftig vielen Millionen von Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmern Armut im Alter bzw. ein Alterseinkommen, das<br />
der Lebensleistung der Menschen nicht mehr gerecht wird. Es besteht<br />
perspektivisch die Gefahr, dass die gesetzliche Rente selbst<br />
nach sehr langen Beitragszeiten auf ein Grundsicherungsniveau reduziert<br />
wird, das Bedürftigen auch ohne jahrzehntelange Beitragsleistung<br />
zustünde. Dies würde die gesellschaftliche Akzeptanz des<br />
Generationenvertrages bzw. der gesetzlichen Rente aushöhlen und<br />
das Tor für neoliberale Systemveränderer weit aufstoßen.<br />
Die Rentenpolitik der letzten beiden Jahrzehnte stand vor allem<br />
unter dem Diktat niedriger Lohnnebenkosten. Rentenzahlungen<br />
wurden durch Verschärfung der Zugangsbestimmungen und durch<br />
Absenkung des Rentenniveaus kontinuierlich reduziert. Dadurch<br />
S2<br />
Solidarität statt Altersarmut<br />
Überweisung an die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
191
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
hat die Rente in der Bevölkerung stark an Reputation verloren und<br />
das Vertrauen der Menschen in die staatlichen Systeme der sozialen<br />
Sicherung Schaden genommen. Um in Zukunft eine massive Zunahme<br />
von sozialer Ungleichheit und Armut bei älteren Menschen<br />
zu verhindern, muss die Rentenpolitik neu ausgerichtet werden.<br />
Lebensstandard im Alter<br />
Mit der Deckelung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung<br />
auf maximal 22 Prozent für das Jahr 2030 und die<br />
Jahre bis dorthin, wie sie seit 2002 gesetzlich vorgeschrieben ist,<br />
wurde ein einschneidender rentenpolitischer Paradigmenwechsel<br />
vorgenommen. Denn bis zu diesem Zeitpunkt verfolgte die Rentenpolitik<br />
das primäre Ziel, den erarbeiteten Lebensstandard nach<br />
45 Versicherungsjahren mit Durchschnittsverdienst allein durch die<br />
gesetzliche Rente abzusichern. Die Abkehr der Rentenpolitik vom<br />
Ziel der Lebensstandardsicherung bzw. die Ausrichtung auf das alleinige<br />
Ziel der Beitragsstabilität erfolgte um den Preis einer drastischen<br />
Absenkung der künftigen Rentenleistungen um knapp ein<br />
Viertel bis 2030.<br />
Das Sicherungsziel der gesetzlichen Rente wird grundsätzlich<br />
durch das sog. Rentenniveau bzw. Standardrentenniveau ausgedrückt.<br />
Es basiert auf der Annahme einer durchschnittlichen Erwerbsbiographie<br />
mit 45 Entgeltpunkten (45 Jahre Beitragszahlung<br />
jeweils mit dem Durchschnittsverdienst aller Versicherten). Die<br />
daraus resultierende Rente wird dann ins Verhältnis gesetzt zum<br />
aktuellen Durchschnittsentgelt der Versicherten. Das Rentenniveau<br />
gibt daher Auskunft über die Teilhabeposition der Rentner im Verhältnis<br />
zu den Erwerbstätigen.<br />
Bis zum Jahr 2005 wurde als relevante Messlatte das sog. „Nettorentenniveau“<br />
verwendet. Der Jahresbetrag der Nettostandardrente<br />
(Bruttostandardrente aus 45 Entgeltpunkten abzüglich der Rentnerbeiträge<br />
zur Kranken- und Pflegeversicherung) wurde rechnerisch<br />
ins Verhältnis gesetzt zum durchschnittlichen Nettoarbeitsverdienst<br />
der Aktiven (Bruttolöhne abzüglich Steuern und Sozialabgaben,<br />
entnommen aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung). Als<br />
unterer Richtwert für eine lebensstandardsichernde gesetzliche Altersrente<br />
galt bis 1998 ein Nettorentenniveau von ca. 70 Prozent.<br />
Mit 45 durchschnittlichen Beitragsjahren konnte also eine Nettorente<br />
erzielt werden, die 70 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens<br />
entsprach. Infolge der Riester-Reformen und des<br />
RV-Nachhaltigkeitsgesetzes wurde eine drastische Absenkung des<br />
Nettorentenniveaus auf nur mehr 58,5 Prozent für das Jahr 2030<br />
vorgenommen. Durch den Übergang auf die sog. nachgelagerte<br />
Besteuerung der Renten durch das Alterseinkünftegesetz sinkt das<br />
Rentenniveau für den Rentenzugang des Jahres 2030 sogar auf nur<br />
mehr 52,5 Prozent.<br />
Der Übergang auf die nachgelagerte Besteuerung hat das bis dato<br />
geltende Nettorentenniveau als allgemeine Messlatte zur Bestimmung<br />
des Sicherungsziels der Rente faktisch ausgehebelt. Denn<br />
künftig entscheidet das Rentenzugangsjahr über die Höhe des<br />
Anteils der Rente, der besteuert wird. Seither verwendet der Gesetzgeber<br />
daher nicht mehr das Nettorentenniveau, um sein Sicherungsziel<br />
zu beschreiben, sondern das sog. „Sicherungsniveau vor<br />
Steuern“. Dabei wird von der steuerlichen Belastung sowohl der<br />
Arbeitsentgelte als auch der Renten abgesehen. Gemessen an diesem<br />
„Sicherungsniveau vor Steuern“ sinkt das gesetzliche Rentenniveau<br />
von anfänglich 53 Prozent in 2000 auf nur mehr 43 Prozent<br />
im Jahr 2030.<br />
Die Niveaukürzungen wurden dabei im Kern durch die Einführung<br />
des sog. „Riester-Faktors“ und des sog Nachhaltigkeitsfaktors in<br />
die Rentenformel bewerkstelligt. Der Riester-Faktor unterstellt<br />
fiktiv, dass alle Arbeitnehmer 4 Prozent ihres jährlichen Bruttoeinkommens<br />
für private Altersvorsorge aufwenden. Damit wird<br />
die Entwicklung der Nettoentgelte niedriger ausgewiesen als sie<br />
tatsächlich stattfindet, weil nicht der tatsächlich viel niedrigere<br />
Verbreitungs- und Durchdringungsgrad der Riestervorsorge berücksichtigt<br />
wird. Der Nachhaltigkeitsfaktor soll dagegen auch die<br />
künftigen Veränderungen im Verhältnis von Rentnern zu Beitrags-<br />
192
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
zahlern widerspiegeln. Der Anstieg der Renten wird bei einer Erhöhung<br />
der Zahl der Rentner im Verhältnis zur Zahl der Beitragszahler<br />
gedämpft. Im Ergebnis wurden damit die Renten effektiv von<br />
der Lohnentwicklung abgekoppelt.<br />
Die Konsequenzen für das System der gesetzlichen Rentenversicherung<br />
sowie für dessen Akzeptanz sind weitreichend. Denn mit<br />
der drastischen Absenkung des Rentenniveaus steigt die Anzahl<br />
der künftig erforderlichen Beitragsjahre signifikant an, um einen<br />
zahlbaren Rentenanspruch wenigstens in Höhe der vorleistungsunabhängigen<br />
sozialen Grundsicherung erwerben zu können. Anders<br />
ausgedrückt: trotz jahrzehntelanger Beitragszahlung droht künftig<br />
Sozialbedürftigkeit bzw. eine Anspruchshöhe, die auch ohne Beitragsleistung<br />
zustünde.<br />
So reichten im Jahr 2006 für einen Durchschnittsverdiener noch<br />
26,5 Beitragsjahre aus, um einen Nettorentenanspruch auf Höhe<br />
der sozialen Grundsicherung zu erwerben. Im Jahr 2009 waren es<br />
schon 27,5 Jahre. Infolge der weiteren Absenkung des Rentenniveaus<br />
wird die Zahl der erforderlichen Beitragsjahre mit Durchschnittsverdienst<br />
um weitere fünf Jahre auf dann etwa 32,5 Jahre<br />
ansteigen. Erst jenseits dieser Schwelle wird der Durchschnittsverdiener<br />
(derzeit gut 2.500 Euro brutto monatlich) einen Anspruch<br />
oberhalb der Sozialbedürftigkeit erwerben können. Während sich<br />
die Position der Durchschnittsverdiener also relativ verschlechtern<br />
wird, werden die Beschäftigten in Niedriglohnregionen oder Niedriglohnsektoren<br />
kaum mehr Rentenansprüche oberhalb des Grundsicherungsniveaus<br />
erwerben können. Denn mit einem Verdienst<br />
von ca. 75 Prozent des Durchschnitts wird die Sozialhilfeschwelle<br />
künftig erst nach gut 43 Beitragsjahren erreicht sein (heute: nach<br />
35,5 Jahren). Es ist dabei zu berücksichtigen, dass ein Wert von 75<br />
Prozent des Durchschnittseinkommens aller Versicherten (monatlich<br />
1.875 Euro brutto) immer noch deutlich über dem anvisierten<br />
Mindestlohnniveau von derzeit 8,50 Euro liegt (ca. 1.470 Euro bei<br />
Vollzeittätigkeit).<br />
Wir können nicht akzeptieren, dass Altersarmut wieder zu einem<br />
Massenphänomen in unserer Gesellschaft wird. Denn es ist eine<br />
der großen zivilisatorischen Leistungen des solidarischen und umlagefinanzierten<br />
Rentensystems, die Altersarmut weitgehend zurückgedrängt<br />
zu haben. Die Reichtums- und Armutsberichte der<br />
Bundesregierung belegen, dass das Risiko von Altersarmut bislang<br />
unterdurchschnittlich stark ausgeprägt ist. Doch die derzeit vergleichsweise<br />
günstige Einkommenssituation im Alter beruht auf<br />
den kontinuierlichen, von Arbeitslosigkeit wenig betroffenen Erwerbsbiographien<br />
der 50er bis 80er Jahre.<br />
Vor Einführung der dynamischen Altersrente im Jahr 1957 befand<br />
sich die gesetzliche Rente dagegen auf dem Niveau eines begrenzten<br />
Einkommenszuschusses im Alter und konnte daher Altersarmut<br />
nicht wirksam verhindern. Eine lebensstandardsichernde Altersversorgung<br />
stellt deshalb einen fundamentalen gesellschaftlichen<br />
Fortschritt dar, der auch künftig durch einen vernünftigen Vorsorge-Mix<br />
aus umlagefinanzierter staatlicher Rente als Hauptsäule der<br />
Alterssicherung, Betriebsrentenansprüchen und übergangsweise<br />
auch durch die staatlich geförderte Zusatzvorsorge (Riester-Rente)<br />
gesichert werden muss. Die Rentenpolitik muss sich vorrangig<br />
daran messen lassen, ob sie diesen Fortschritt bewahrt. Die langfristige<br />
Stabilisierung der Beitragssätze ist beschäftigungspolitisch<br />
sicherlich sinnvoll. Doch die Rentenpolitik muss – weil die gesetzliche<br />
Rente als beitragsfinanzierte Versicherung organisiert ist - zunächst<br />
ein angemessenes Sicherungsziel definieren. Der Generationenvertrag<br />
wird nur dann eine Zukunft haben, wenn Altersarmut<br />
in großem Stil zuverlässig vermieden werden kann und die Altersrenten<br />
nach lebenslanger Erwerbsarbeit und Beitragszahlung den<br />
erarbeiteten Lebensstandard absichern können. Die Rentenpolitik<br />
darf sich deshalb nicht auf das Ziel einer langfristigen Stabilität der<br />
Beitragssätze verengen lassen. Dies gilt vor allem dann, wenn der<br />
Beitragsanteil der Arbeitgeber de facto eingefroren wird, die Aufwendungen<br />
für eine private Altersvorsorge aber ausschließlich den<br />
Versicherten aufgebürdet werden.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
193
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Risiken kapitalgedeckter Privatvorsorge<br />
Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund der globalen Finanzkrise,<br />
die die neoliberalen Protagonisten einer vorwiegend kapitalgedeckten<br />
Altersvorsorge gründlich blamiert hat. Im Krisenjahr 2008 haben<br />
die privaten Pensionsfonds nach OECD-Angaben weltweit insgesamt<br />
23% ihres Werts eingebüßt, was rund 5,4 Billionen Dollar<br />
entspricht. Das bedeutet, dass viele Menschen einen beträchtlichen<br />
Teil ihrer in Altersvorsorgeplänen und anderen Vermögenswerten<br />
angelegten Altersersparnisse verloren haben. Alle über 45-Jährigen<br />
müssen nach OECD-Berechnungen mit Einbußen ihrer Pensionsansprüche<br />
von 17-25 Prozent rechnen. Damit sind die eklatanten<br />
Risiken einer zu starken Säule der privaten und kapitalgedeckten<br />
Altersversorgung evident geworden. Die Ausweitung kapitalgedeckter<br />
Elemente in der Altersversorgung hat in den letzten Jahrzehnten<br />
einen spekulationsgetriebenen Finanzkapitalismus befeuert,<br />
der auf kurzfristige Renditen statt auf nachhaltige Unternehmensentwicklung<br />
setzt. Diese Entwicklung muss grundlegend korrigiert<br />
werden, wenn der Wandel hin zu einem auf Nachhaltigkeit<br />
und sozial-ökologischer Verantwortung basierenden Wirtschaftsmodell<br />
gelingen soll.<br />
Auch die Annahmen zur langfristigen Renditeentwicklung der<br />
staatlich geförderten kapitalgedeckten Privatvorsorge („Riester-<br />
Rente“) mit jahresdurchschnittlich 4 Prozent stehen vor dem Hintergrund<br />
der jüngsten Finanzmarktentwicklungen auf tönernen Füßen.<br />
In den ursprünglichen Szenarien, die dieser Teilprivatisierung<br />
der Altersvorsorge zugrundelagen, wurde nachgerade ein Kardinalfehler<br />
der damaligen Privatisierungs- und Finanzmarkteuphorie<br />
auch von regierungsamtlicher Seite nachvollzogen: Bei Annahme<br />
eines jahresdurchschnittlich realen Wirtschaftswachstums von<br />
1,7 Prozent wurde dennoch eine Kapitalverzinsung (der Riester-<br />
Produkte) von 4 Prozent erwartet (Rürup-Kommission). Ein derartiges<br />
Auseinanderklaffen der realen Wachstumsentwicklung von<br />
der (fiktiven) Kapitalverzinsung impliziert dabei einen ständig fallenden<br />
Anteil der Löhne am Volkseinkommen und geht damit von<br />
einer fatalen langfristigen Umverteilung zugunsten der Kapitaleinkommen<br />
aus. Dass sich aufgrund einer derartigen Entkoppelung<br />
der fiktiven Kapitalverzinsung von der realen Wertschöpfung spekulative<br />
Blasen bilden und Finanzmarktkrisen die Renditen beeinträchtigen,<br />
wurde geflissentlich ausgeblendet.<br />
Für die Arbeitnehmerseite bedeutete die Teilprivatisierung auch<br />
keineswegs eine Entlastung von den Kosten einer lebensstandardsichernden<br />
Altersvorsorge. Denn statt eines höheren Rentenbeitrages<br />
müssen jetzt höhere Aufwendungen für die private Zusatzvorsorge<br />
geleistet werden. Die private freiwillige Altersvorsorge wirkt dabei<br />
höchst ungerecht, weil sich längst nicht alle Versicherten lebenslang<br />
eine zusätzliche Privatvorsorge leisten können. Fakt ist,<br />
dass Riester-Produkte von den Personen, die nach der heutigen<br />
Gesetzeslage am dringendsten zusätzliche Altersversorgung benötigen<br />
würden, am wenigsten in Anspruch genommen werden – sie<br />
können sich Riester schlicht und ergreifend nicht leisten. Viele Beschäftigte<br />
werden daher das reduzierte gesetzliche Rentenniveau<br />
nicht mit zusätzlichen privaten Prämienzahlungen kompensieren<br />
können. Es muss daher im Zuge der Teilprivatisierung mit einer<br />
Zunahme der Einkommensungleichheit im Alter gerechnet werden.<br />
Zudem sind die geförderten Altersvorsorgeprodukte mit zahlreichen<br />
gravierenden Mängeln behaftet, wie eine umfängliche Studie<br />
der Verbraucherzentrale im Jahr 2009 ergeben hat (keine nutzbaren<br />
Kosteninformationen, fehlende Markttransparenz u.a.). Die Teilprivatisierung<br />
der Altersversorgung wird daher weder hinsichtlich der<br />
Reichweite noch hinsichtlich der Renditeentwicklung die Lücken<br />
schließen können, die infolge der Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus<br />
entstanden sind.<br />
Produktivität schlägt Demographie<br />
Die kapitalgedeckte private Vorsorge kann zudem auch nicht gegen<br />
die demographische Entwicklung wirken, weil jeder Aufwand<br />
einer Periode immer aus dem laufenden Volkseinkommen bezahlt<br />
werden muss. Im Rahmen einer Kapitaldeckung führt die Alte-<br />
194
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
rung der Gesellschaft zu niedrigeren Renditen, weil der Anteil der<br />
Älteren steigt, die sich zur Finanzierung des Altenteils entsparen<br />
und ihre Eigentumstitel verkaufen müssen; während gleichzeitig<br />
aber – auch im Weltmaßstab - der Anteil der Jüngeren sinkt, die<br />
diese Eigentumstitel nachfragen können. Bei steigendem Angebot<br />
und sinkender Nachfrage sinkt somit die Kapitalverzinsung. Weil<br />
Kapitaldeckung nicht nur über das Horten von Konsumgütern und<br />
Bargeld erfolgen kann, ist es realwirtschaftlich nicht möglich, dass<br />
jede Generation für sich selber vorsorgt. Vielmehr ist jede Generation<br />
immer auf die Solidarität der nachfolgenden (Erwerbstätigen-)<br />
Generation angewiesen. Zur Generationensolidarität kann es daher<br />
gesellschaftlich keine vernünftige Alternative geben. Die Beiträge<br />
der erwerbstätigen Generation bilden hierbei nicht nur die Basis<br />
für die eigene Alterssicherung, sondern stellen auch eine Gegenleistung<br />
für die Leistungen der älteren Generation dar, die sie für<br />
die jeweils jüngeren Altersgruppen erbracht haben (Unterhalt, Erziehung,<br />
Ausbildung, größerer volkswirtschaftlicher Kapitalstock).<br />
In umlagefinanzierten Systemen erfolgen die Anpassungen, orientiert<br />
auch der jeweiligen Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung,<br />
über politische Entscheidungsprozesse. Der demographische<br />
Wandel ist ja auch kein neues Phänomen. Schon seit Gründung der<br />
deutschen Rentenversicherung im vorletzten Jahrhundert verändert<br />
sich die Relation von Jüngeren und Älteren (fortlaufend steigende<br />
Lebenserwartung, sinkende Geburtenraten). Die daraus resultierenden<br />
Verschiebungen in der Altersstruktur führen unbestritten dazu,<br />
dass eine abnehmende Anzahl von Menschen im erwerbsfähigen<br />
Alter einer steigenden Anzahl von Menschen im Rentenalter gegenübersteht.<br />
So entfielen im Jahr 1900 noch 12,5 Erwerbsfähige<br />
auf eine Person im Rentenalter (65); im Jahr 1950 waren es nur<br />
noch 7 Erwerbsfähige, in 1975 waren es 4,5 und heute sind es noch<br />
3,3 Erwerbsfähige. Im Jahr 2030 werden es nur mehr 2,3 Personen<br />
sein. Doch trotz der sich ständig verschlechternden Relation der<br />
Älteren zu den Jüngeren sowie einer im Zeitverlauf zunehmenden<br />
Beitragsbelastung der Aktiven ist der Lebensstandard der jeweils<br />
erwerbstätigen Generation im Zeitverlauf ebenfalls angestiegen.<br />
Der Schlüssel für das Verständnis dieser nur scheinbar paradoxen<br />
Entwicklung (steigender Lebensstandard trotz steigender „Alterslast“)<br />
liegt in der ansteigenden Arbeitsproduktivität. Infolge des<br />
technisch-arbeitsorganisatorischen Fortschritts und besserer Ausbildung<br />
kann ein Erwerbstätiger pro durchschnittliche Arbeitsstunde<br />
einen höheren Output produzieren. Die steigende Beitragslast<br />
im Zuge der Alterung ist also eine relative Mehrbelastung der<br />
künftig Erwerbstätigen insoweit, als ein höherer Anteil des Einkommens<br />
der Aktiven des Jahres 2030 für die Altersversorgung abgezweigt<br />
werden muss. Diese relative Mehrbelastung führt jedoch<br />
wegen der steigenden Arbeitsproduktivität eben nicht zu einem<br />
abnehmenden Lebensstandard der künftigen Erwerbstätigengenerationen,<br />
sondern - wie in der Vergangenheit auch – zu einem Anstieg<br />
des künftigen Lebensstandards. Nach den Berechnungen der<br />
Rürup-Kommission wird die Arbeitsproduktivität im langfristigen<br />
Durchschnitt mit 1,8 Prozent jährlich ansteigen, sodass das preisbereinigte<br />
Bruttoinlandsprodukt von 2002 bis 2040 von 1,98 Bio.<br />
Euro auf dann 3,63 Bio. Euro ansteigen wird. Da sich zudem die<br />
Bevölkerungszahl vermindert, wird das verteilbare Sozialprodukt<br />
pro Kopf sogar noch stärker ansteigen (von 24.200 Euro auf 46.500<br />
Euro pro Jahr). Die erwerbstätige Bevölkerung wird also künftig<br />
wegen der steigenden Produktivität und trotz höherer „Alterslast“<br />
eine deutlich höhere Kaufkraft erreichen als die heutige Erwerbstätigengeneration<br />
trotz vergleichsweise niedrigerer Beitragslast.<br />
Das Risiko von Altersarmut gezielt bekämpfen<br />
Der Befund, wonach sich das Risiko von Altersarmut in den<br />
nächsten Jahrzehnten signifikant erhöht (Anwartschaften der Geburtsjahre<br />
1942 – 1961), wird sowohl von der Studie „Altersvorsorge<br />
in Deutschland 2005“ (Deutsche Rentenversicherung Bund<br />
/ Bundesarbeitsministerium) als auch durch eine aktuelle Studie<br />
des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung vom März 2010<br />
(„Erwerbsbiographien und Alterseinkommen im demographischen<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
195
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Wandel – eine Mikrosimulationsstudie für Deutschland“) bestätigt.<br />
Das Risiko der Altersarmut liegt primär in der Erwerbsphase begründet<br />
(zunehmende Arbeitslosigkeit und niedrige Lohnpositionen).<br />
Mit einer sozial orientierten Arbeits- und Beschäftigungspolitik –<br />
angefangen von der Begrenzung der Leiharbeit über die Einführung<br />
des gesetzlichen Mindestlohnes bis hin zur Durchsetzung<br />
einer produktivitätsorientierten Lohnpolitik – wollen wir die Ursachen<br />
dieser Entwicklung konsequent bekämpfen, damit künftig<br />
wieder kontinuierliche und auf guter Arbeit basierende Erwerbsbiographien<br />
entstehen können. Für die zurückliegenden zwei<br />
Jahrzehnte sind jedoch bereits Rentenanwartschaften entstanden,<br />
die auf unterbrochenen Versicherungsverläufen und zunehmender<br />
Niedriglohnarbeit beruhen und damit das Risiko der Altersarmut in<br />
sich tragen.<br />
Akzeptanz für die gesetzliche Rentenversicherung sinkt<br />
Wenn heute bereits in einigen Regionen Deutschlands die Durchschnittsrente<br />
um oder gar unter dem Satz der Grundsicherung im<br />
Alter liegt und das Rentenniveau absehbar weiter sinkt, wird die<br />
Akzeptanz des solidarisch und umlagefinanzierten gesetzlichen<br />
Rentenversicherungssystems weiter absinken. Die Rufe nach Abschaffung<br />
der gesetzlichen Rentenversicherung und nach mehr sogenannter<br />
„Eigenverantwortung“ würden lauter.<br />
Wir plädieren daher für einen grundlegenden Kurswechsel in der<br />
Rentenpolitik. Wir wollen das System der gesetzlichen Alterssicherung<br />
so reformieren, dass die Ziele der Lebensstandardsicherung<br />
und der strukturellen Armutsfestigkeit wieder innerhalb des gesetzlichen<br />
Rentensystems erreicht werden können. Nur die Rückkehr<br />
zu einer lebensstandardsichernden Altersrente kann der jahrzehntelangen<br />
Arbeits- und Beitragsleistung der Versicherten gerecht<br />
werden und kann neues Vertrauen in den Generationenvertrag begründen.<br />
Wir schlagen zur Umsetzung und Finanzierung einer lebensstandardsichernden<br />
Rente folgende Maßnahmen vor:<br />
Eckpunkte eines neuen Generationenvertrages<br />
Anhebung des Rentenniveaus und Streichung des Nachhaltigkeitsfaktors<br />
Die Definition des Rentenniveaus muss dem Ziel entsprechen, nach<br />
45 Beitragsjahren mit durchschnittlichem Verdienst einen lebensstandardsichernden<br />
Rentenanspruch zu erwerben. Dieser entsprach<br />
nach altem Recht einem Nettorentenniveau von etwa 70 Prozent<br />
des durchschnittlichen Nettoeinkommens aller Versicherten. Nachdem<br />
durch den unumkehrbaren Übergang auf die nachgelagerte<br />
Rentenbesteuerung der Rückgriff auf das Nettorentenniveau alter<br />
Prägung jedoch nicht mehr möglich ist, muss ein Rentenniveau<br />
definiert werden, das dieses von der steuerlichen Seite abstrahiert.<br />
Geeignet wäre hierfür ein „Rentenniveau nach Sozialversicherungsbeiträgen“:<br />
dieses setzt die Nettostandardrente nach 45 Beitragsjahren<br />
ins Verhältnis zum durchschnittlichen Bruttoeinkommen<br />
nach Abzug sämtlicher Sozialbeiträge der Arbeitnehmer. Die<br />
Einkommenssteuer bleibt unberücksichtigt. Das „Rentenniveau<br />
nach Sozialversicherungsbeiträgen“ entsprach im Jahr 2000 etwa<br />
einem Wert von 56 Prozent (heute: 52,3 Prozent) und ist wieder auf<br />
diesen Wert anzuheben und konstant zu halten.<br />
Die künftige Rentenformel würde deutlich vereinfacht, denn es<br />
gehen nur mehr die Entwicklung der Bruttolöhne sowie die Veränderung<br />
der Sozialversicherungsbeiträge in die Berechnung der<br />
Rentensteigerungen ein. Der „Nachhaltigkeitsfaktor“ ist aus der<br />
Rentenformel herauszunehmen. Der „Riester-Faktor“ darf höchstens<br />
in dem Maße in der Formel berücksichtigt werden, wie er der<br />
tatsächlichen Verbreitung und Durchdringung der Riester-Produkte<br />
entspricht. Nachdem eine lebensstandardsichernde Altersrente wieder<br />
im Rahmen des gesetzlichen Rentensystems anvisiert wird,<br />
kann sich die steuerliche Förderung von Riester-Produkten auf die<br />
bestehenden Verträge beschränken. Ein Förderung von Neuverträgen<br />
wird damit hinfällig.<br />
196
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Mindestbeitragsbemessungsgrundlage durch gesetzlichen<br />
Mindestlohn<br />
Da sich die individuelle Einkommensposition im Erwerbsleben in<br />
der späteren Rente widerspiegelt, kommt einem gesetzlichen Mindestlohn<br />
eine Schlüsselrolle bei der Vermeidung von Altersarmut<br />
zu. Denn ein gesetzlicher Mindestlohn zöge für alle Vollzeitbeschäftigten<br />
einen nicht unterschreitbaren Sockel für beitragsfinanzierte<br />
Rentenanwartschaften ein. Um einen Rentenanspruch mindestens<br />
in Höhe des Grundsicherungsbedarfs zu erwerben, wären<br />
derzeit ca. 27,5 Entgeltpunkte erforderlich. Diesen entspräche gegenwärtig<br />
ein Mindestlohn von ca. 8,70 Euro in den alten Ländern<br />
bzw. 8,20 Euro in den neuen Ländern. Mit der damit bewirkten Sockelung<br />
der Rentenanwartschaften würde ein nachhaltiger Beitrag<br />
zur Reduzierung des Armutsrisikos im Alter geleistet, weil bereits<br />
eine der Ursachen im vorgelagerten System der Erwerbsarbeit entschärft<br />
würde. Dies gilt umso mehr, als der gesetzliche Mindestlohn<br />
durch entsprechende Regelungen dynamisiert wird.<br />
Ausweitung der „Rente nach Mindesteinkommen“<br />
Bereits seit der Rentenreform 1972 existiert im geltenden Rentenrecht<br />
eine Norm (§262 SGB VI), die eine höhere Bewertung von<br />
Zeiten der Niedriglohntätigkeit vorsieht (sog. „Rente nach Mindesteinkommen“),<br />
falls bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.<br />
Damit sollen regional- und branchenbedingte Lohngefälle partiell<br />
ausgeglichen werden. Die Regelung greift für langjährig Versicherte,<br />
die mindestens 35 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten aufweisen.<br />
Hierzu zählen sämtliche Beitrags-, Ausfall- und Ersatzzeiten sowie<br />
alle Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten, damit<br />
insbesondere auch Frauen von der Regelung profitieren können.<br />
Bei Erfüllung dieser Voraussetzung werden alle Beitragszeiten mit<br />
Niedriglöhnen um 50 Prozent aufgewertet, maximal bis zu einer<br />
Höhe von 75 Prozent des Durchschnittsverdienstes (ein Monatsverdienst<br />
von 1000 Euro wird also in der Rentenberechnung fiktiv<br />
so behandelt, als sei ein Entgelt von 1500 Euro erzielt worden).<br />
Allerdings ist die Regelung begrenzt auf Beitragszeiten, die bis<br />
31.12.1991 zurückgelegt wurden. Damit werden die problematischen<br />
Entwicklungen der letzten Jahrzehnte nicht mehr von der Regelung<br />
erfasst. Wir schlagen deshalb vor, die Regelung der Rente<br />
nach Mindesteinkommen zunächst auf alle Beitragszeiten bis zum<br />
31.12.2010 auszuweiten. Nach tatsächlicher Einführung eines gesetzlichen<br />
Mindestlohnes, der auch zu einer entsprechenden Steigerung<br />
der Rentenanwartschaften führt, kann über einen endgültigen<br />
Zeitpunkt entschieden werden.<br />
Bessere Bewertung von Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit<br />
Die Zeiten des Bezugs von Arbeitslosenhilfe bis 31.12.2004 sowie<br />
der Grundsicherung für Arbeitssuchende ab 01.01.2005 sollen<br />
künftig wieder als beitragsgeminderte Zeiten in der Rentenberechnung<br />
Berücksichtigung finden. Sie werden damit in der Rentenberechnung<br />
mit dem Wert berücksichtigt, der dem durchschnittlichen<br />
Wert der Beitragszeiten des jeweiligen Versicherten entspricht.<br />
Damit spiegelt sich die jeweilige Lebensleistung der Versicherten<br />
angemessen in der Bewertung dieser Zeiten wieder. Um eine<br />
Schlechterstellung von Beziehern des regulären Arbeitslosengeldes<br />
I zu verhindern, soll maximal ein Wert von 0,5 Entgeltpunkten für<br />
jedes Bezugsjahr gewährt werden (entspricht einem halben Durchschnittsverdienst).<br />
Die jährliche Rentenanwartschaft erhöht sich<br />
damit von etwa 2,19 Euro (geltende Regelung) auf bis zu 13,60<br />
Euro (halber Durchschnittsverdienst). Damit eine Subventionierung<br />
hoher Arbeitseinkommen unterbleibt, soll die Regelung nur<br />
für Versicherte greifen, die zum Zeitpunkt des Rentenbeginns nicht<br />
mehr als 35 Entgeltpunkte aufweisen.<br />
Reform der Renten wegen Erwerbsminderung<br />
Die gesetzliche Rentenversicherung sichert seit jeher nicht nur das<br />
Altersrisiko ab, sondern dient ebenso zur Absicherung bei Erwerbsunfähigkeit.<br />
Bei voller Erwerbsminderung nimmt die Erwerbsminderungsrente<br />
daher eine Lohnersatzfunktion ein. Doch mit der Ein-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
197
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
führung von sog. „versicherungsmathematischen Abschlägen“ von<br />
bis zu 10,8 Prozent bei einem Bezug der Erwerbsminderungsrente<br />
vor Vollendung des 63. Lebensjahres wurde die Lohnersatzfunktion<br />
dieser Rente massiv beeinträchtigt. Trotz verlängerter Zurechnungszeit<br />
liegt der durchschnittliche Zahlbetrag einer vollen Erwerbsminderungsrente<br />
spürbar unter dem der Altersrenten. Die im<br />
Jahr 2000 eingeführten Abschläge bei einer eintretenden Erwerbsminderung<br />
sind systematisch jedoch nicht zu rechtfertigen, da die<br />
Erwerbsgeminderten über keine individuelle Wahlmöglichkeit<br />
hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Einschränkungen und der daran<br />
anknüpfenden Rente verfügen. Weil sich jedoch viele Erwerbsgeminderte<br />
eine Erwerbsminderungsrente auf dem heutigen Niveau<br />
buchstäblich nicht leisten können, wird oftmals – trotz eindeutiger<br />
Diagnosen - auf Kosten der eigenen Gesundheit weitergearbeitet.<br />
Um diese problematischen Entwicklungen einzudämmen, sind<br />
Renten wegen voller Erwerbsminderung künftig in jedem Falle<br />
wieder ohne Abschläge zu gewähren (entspricht zur Finanzierung<br />
einem zusätzlichen Beitragsvolumen von ca. 0,4 Prozentpunkten<br />
im Jahr 2030 nach internen Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung<br />
Bund).<br />
Zurechnungszeiten müssen bis zum 62. Lebensjahr angehoben<br />
werden. Arbeitslose ab 60 Jahre mit Leistungsminderung, aber<br />
ohne Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente, sollen einen<br />
Anspruch auf eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung<br />
bekommen. Das Erwerbsminderungsrisiko ist auch in der zweiten<br />
und dritten Säule der Alterssicherung zu einheitlichen Konditionen<br />
für die Versicherten abzusichern.<br />
Lebensarbeitszeit mit sozialem Augenmaß und flexibel gestaltbar<br />
Angesichts des sich verschiebenden Altersaufbaus der bundesdeutschen<br />
Bevölkerung sowie verlängerter Rentenlaufzeiten ist es<br />
grundsätzlich richtig, den Menschen eine längere Erwerbsphase<br />
zu ermöglichen. Kein Beschäftigter kann und soll daran gehindert<br />
werden, freiwillig auch über das 65. Lebensjahr hinaus zu arbeiten.<br />
Das ist schon jetzt neben einem Rentenbezug oder mit Zuschlägen<br />
von 0,5% pro Monat möglich. Das deutsche Rentenrecht ist damit<br />
bereits jetzt flexibler als in der öffentlichen Debatte oft behauptet<br />
wird.<br />
Weitreichende Veränderungen der Lebensarbeitszeit können jedoch<br />
nicht vorgenommen werden, ohne die Wirkungen auf Gesundheit<br />
und Arbeitsfähigkeit sowie auf die realen Beschäftigungschancen<br />
der Menschen im Alter zu berücksichtigen. So bestätigen die vorliegenden<br />
Daten der Bundesregierung die schmerzhafte Alltagserfahrung<br />
der älteren Beschäftigten: nur etwa 10 Prozent der 64jährigen<br />
Arbeitnehmer befinden sich in einem sozialversicherungspflichtigen<br />
Arbeitsverhältnis.<br />
Nur sozialversicherte Arbeitsplätze dürfen in die Bewertung einbezogen<br />
werden, denn mit ungeschützten Arbeitsverhältnissen können<br />
keine oder nur sehr geringe Rentenanwartschaften erworben<br />
werden. Damit ist klar: Für eine Mehrheit der über 65-Jährigen<br />
entpuppen sich die regierungsamtlich unterstellten Beschäftigungschancen<br />
als bloßes Trugbild. Die Behauptungen der Bundesregierung<br />
gehen an der Realität des Arbeitsmarktes vorbei. Dies gilt insbesondere<br />
auch vor dem Hintergrund eines permanent steigenden<br />
Leistungs- und Arbeitsdrucks in den Unternehmen.<br />
Mit der „Rente mit 67“ soll der Beitragssatzanstieg begrenzt werden.<br />
Die langfristige Stabilisierung der Beitragssätze ist beschäftigungspolitisch<br />
sinnvoll. Der Beitragssatzeffekt der Altersgrenzenanhebung<br />
auf das 67. Lebensjahr ist allerdings selbst in der<br />
langfristigen Perspektive höchst begrenzt. Der Beitragssatz der<br />
gesetzlichen Rentenversicherung wird nur um etwa 0,3 bis 0,5<br />
Punkte niedriger ausfallen als ohne Anhebung der Altersgrenzen.<br />
Die Auswirkungen auf die persönlich-individuelle Lebensplanung<br />
von Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie<br />
auf das Versorgungsniveau jener Menschen, die nicht bis zum 67.<br />
Lebensjahr arbeiten können, sind dagegen nicht akzeptabel. Gerade<br />
gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitnehmer, die formal dem<br />
Arbeitsmarkt noch zur Verfügung stehen, verfügen wegen ihrer<br />
198
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
verminderten Leistungsfähigkeit faktisch kaum noch über reale Beschäftigungsperspektiven.<br />
Sie wären mit beträchtlichen Kürzungen<br />
ihrer Rentenansprüche konfrontiert.<br />
Die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre war die größte<br />
sozialpolitische Fehlentscheidung, sie ist und bleibt politisch falsch<br />
und muss umgehend zurückgenommen werden.<br />
Wir plädieren deshalb dafür, die Regelaltersgrenze für einen abschlagsfreien<br />
Rentenbezug wieder auf das 65. Lebensjahr festzusetzen<br />
und die Abschläge der vorgezogenen Altersrenten (Altersrenten<br />
von 60-65) wieder auf dieser Grundlage zu berechnen. Wir<br />
setzen vorrangig auf flexible Übergänge vom Arbeitsleben in den<br />
Ruhestand, auf erweiterte Möglichkeiten des Bezuges von Teilrenten<br />
sowie auf durchgreifende Konzepte zur Humanisierung der<br />
Arbeitswelt, die es älteren Menschen erlaubt, freiwillig länger im<br />
Betrieb zu verbleiben und die letztlich eine höhere Beschäftigungsquote<br />
älterer Arbeitnehmer ermöglicht. Wir wollen damit die Weichen<br />
stellen, damit das reale Renteneintrittsalter deutlich ansteigen<br />
kann. Denn viele Studien belegen: Alter bedeutet nicht weniger<br />
Leistungsfähigkeit im Beruf. Vielmehr verschieben sich lediglich<br />
die Parameter, mit denen Leistungsfähigkeit gemessen werden<br />
kann. So nimmt die körperliche Belastbarkeit mit zunehmendem<br />
Alter ab. Dafür steigen aber etwa Erfahrungswissen, Qualitätsbewusstsein<br />
oder die Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu lösen. Ältere<br />
Arbeitnehmer sind damit ein wichtiger Garant für unseren wirtschaftlichen<br />
Erfolg.<br />
Die durch die Bundesagentur für Arbeit geförderte Altersteilzeit ist<br />
fortzusetzen, auch, um mehr jungen Erwachsenen nach ihrer Berufsausbildung<br />
einen gesicherten und unbefristeten Arbeitsplatz<br />
anbieten zu können. Die Teilrente ist weiterzuentwickeln, indem<br />
eine „Altersrente wegen Teilrentenbezug“ mit dem vollendeten 60.<br />
Lebensjahr geschaffen wird. Damit kann parallel zur Altersteilzeit<br />
eine Teilrente bezogen werden. Anfallende Abschläge übernimmt<br />
der Arbeitgeber, damit der Arbeitnehmer beim Erreichen der Regelaltersgrenze<br />
abschlagsfrei in Vollrente gehen kann. Die Hinzuverdienstgrenzen<br />
sollen neu geregelt werden, wobei darauf zu achten<br />
ist, dass dadurch nicht der Grundsatz der Lebensstandardsicherung<br />
umgangen wird.<br />
Echte Maßnahmen für altersgerechtes Arbeiten praktiziert nicht<br />
einmal ein Fünftel aller Betriebe. Berufliche Weiterbildung hinkt<br />
dem europäischen Durchschnitt hinterher und bezieht sich insbesondere<br />
auf jüngere und ohnehin bereits gut qualifizierte Personen.<br />
Diese Ignoranz betrieblicher Personalpolitik gegenüber dem demografischen<br />
Wandel muss überwunden werden. Ein bundeseinheitliches<br />
Weiterbildungsgesetz und eine Umlage für weiterbildungsabstinente<br />
Betriebe sollen eingeführt werden.<br />
Eine Verpflichtung zu höheren Investitionen in die betriebliche Gesundheitsförderung<br />
soll eingeführt werden. Arbeitsplätze für Menschen<br />
mit Behinderung und Leistungseinschränkungen müssen<br />
erhalten und neu geschaffen werden. Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit<br />
und Eingliederungsmaßnahmen müssen besser durchgesetzt<br />
werden. Die zunehmende Verdichtung der Arbeit muss gestoppt<br />
werden. Ab einem Alter von 62 soll kein Einsatz in einer Dauerwechselschicht<br />
mehr möglich sein. Betriebsräte sollen ein Initiativrecht<br />
für Maßnahmen der Gesundheitsförderung, altersgerechten<br />
Arbeitsbedingungen und Sonderurlaub bekommen.<br />
Finanzielle Stärkung der Gesetzlichen Rentenversicherung<br />
In einer alternden Gesellschaft lassen sich die steigenden Kosten<br />
der Alterssicherung grundsätzlich nicht wegreformieren – unabhängig<br />
vom gewählten Finanzierungssystem. Politisch entschieden<br />
werden kann, wie die Traglast zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen<br />
Gruppen verteilt sein wird und wie dafür gesorgt wird,<br />
dass durch Gute Arbeit, Beschäftigung und qualitatives Wachstum<br />
die Grundlagen der Sozialsysteme gestärkt werden.<br />
Mit der Revitalisierung einer lebensstandardsichernden gesetzlichen<br />
Altersrente wollen wir diese Entwicklungen gestalten. Der<br />
Paradigmenwechsel zur Teilprivatisierung im Rahmen der Riester-<br />
Rente bedeutete eine spürbare Mehrbelastung für die Arbeitneh-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
199
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
merhaushalte. Vier Prozent des Bruttoeinkommens müssen alleine<br />
vom Arbeitnehmer aufgebracht werden, um die Kürzung der<br />
gesetzlichen Rente wenigstens zum Teil zu kompensieren (eine<br />
4-prozentige Kapitalverzinsung bis 2030 einmal unhinterfragt unterstellt).<br />
Für eine volle Kompensation der Niveauabsenkung wäre<br />
der Einsatz von ca. 6 Prozent des Bruttoeinkommens bis zum Jahr<br />
2030 erforderlich. Durch die Teilprivatisierung kann somit mitnichten<br />
eine Senkung des finanziellen Gesamtaufwandes für eine<br />
lebensstandardsichernde Altersvorsorge erreicht werden.<br />
Wenn nun aber die Lebensstandardsicherung wieder im Rahmen<br />
des gesetzlichen Rentensystems organisiert wird, muss der erforderliche<br />
Finanzbedarf grundsätzlich mit Beitragsmitteln und mit<br />
dem aus Steueraufkommen finanzierten Bundeszuschuss gedeckt<br />
werden.<br />
Für eine finanzielle Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung<br />
ist ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn und eine Neuordnung<br />
des Arbeitsmarktes („Gute Arbeit“) nötig. Dabei ist ein<br />
besonderes Augenmerk auf deutliche Verbesserungen zugunsten<br />
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der Leiharbeit, der<br />
Befristung von Arbeitsverhältnissen und der Eingrenzung von Minijobs<br />
und anderen prekären Arbeitsformen zu legen. Alle Beschäftigungsverhältnisse<br />
müssen sozialversicherungspflichtig werden.<br />
Die Schwarzarbeit ist wirkungsvoller zu bekämpfen. Wir streben<br />
die Anhebung der Grundlohnsumme und der Lohnquote durch<br />
gesetzlich flankierte höhere Tarifabschlüsse und wirksame Anti-<br />
Lohndumping-Maßnahmen an. Dies schließt das Vergaberecht und<br />
die Regelungen für Werkverträge und Praktika ein. Darüber hinaus<br />
ist zu prüfen, ob Arbeitgeber mit überdurchschnittlich gesundheitlich<br />
bedingten Frühverrentungsquoten zu einem zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag<br />
herangezogen werden.<br />
Die heute für die Subventionierung privater Altersvorsorge eingesetzten<br />
Steuermittel müssen in die gesetzliche Rentenversicherung<br />
umgeleitet werden. Dabei gilt ein Vertrauensschutz für bestehende<br />
Verträge. Der Bundeszuschuss ist so zu erhöhen, dass wirklich alle<br />
versicherungsfremden Leistungen von allen Steuerzahlern finanziert<br />
werden. Zur Refinanzierung von z. B. der Anerkennung von<br />
Pflege- und Kindererziehungszeiten gehört auch eine gerechtere<br />
Besteuerung insgesamt, vor allem bei Kapitalerträgen und hohen<br />
Vermögen.<br />
Die bisherige Pflichtversicherungsgrenze und die Beitragsbemessungsgrenze<br />
sind abzuschaffen. Bei sehr hohen Einkommen setzen<br />
wir uns für eine verfassungskonforme Abflachung des Äquivalenzprinzips<br />
ein, also eine geringere Bewertung von Entgeltpunkten<br />
ab einer bestimmten Höhe. Das Bundesverfassungsgericht<br />
(BVerfGE 53, 257) hat die Rahmenbedingungen dafür aufgezeigt<br />
und darauf hingewiesen, dass das Rentenversicherungsverhältnis<br />
im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an<br />
eben nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich<br />
auch auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs<br />
beruht.<br />
Ziel Erwerbstätigenversicherung<br />
Die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland ist seit Ende<br />
des 19. Jahrhunderts als Pflichtversicherung der Arbeiter bzw.<br />
der Angestellten organisiert, die lediglich mit ihren Entgelten bis<br />
zur Beitragsbemessungsgrenze der Versicherungspflicht unterliegen.<br />
Daneben existieren verschiedene Sonderversorgungssysteme<br />
der Alterssicherung, wie die Alterssicherung der Landwirte, die<br />
Beamtenpensionen oder die zahlreichen berufsständischen Versorgungseinrichtungen<br />
(obligatorische Alterssicherungssysteme).<br />
Auch diese sind über Generationen historisch gewachsen. Finanzierungsmodalitäten<br />
und vor allem die jeweiligen Leistungsniveaus<br />
der verschiedenen Sicherungssysteme unterscheiden sich dabei in<br />
signifikanter Weise.<br />
Im Rahmen dieser Zersplitterung der Altersversorgung werden<br />
gleiche soziale Tatbestände ungleich behandelt und auf unterschiedlichen<br />
Niveaus abgesichert. Auf der anderen Seite wird<br />
der soziale Sicherungsbedarf bestimmter Personengruppen nicht<br />
200
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
oder nur sehr unzureichend abgedeckt (u.a. Niedriglöhner, kleine<br />
Selbständige). Vor allem aber die rasanten Veränderungen in der<br />
Arbeitswelt und die Erosion der klassischen jahrzehntelangen Erwerbsbiographie<br />
ohne Wechsel und Brüche bzw. die mitunter fließenden<br />
Grenzen zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbständigkeit<br />
stellen die Altersversorgung vor neue Herausforderungen.<br />
Um die Traglast der relativen Belastungen des demographischen<br />
Wandels möglichst gerecht zu verteilen und eine lebensstandardsichernde<br />
Altersversorgung unabhängig von der gewählten Form der<br />
Erwerbstätigkeit zu gewährleisten, ist die Rentenversicherung in<br />
der langfristigen Perspektive zu einer Erwerbstätigenversicherung<br />
weiterzuentwickeln. In der Erwerbstätigenversicherung werden<br />
alle obligatorischen Alterssicherungssysteme zusammengeführt<br />
und alle Erwerbstätigen (Arbeitnehmer wie Selbständige) in einer<br />
gemeinsamen Versicherung zu gleichen Konditionen abgesichert.<br />
Auf die historisch gewachsenen Ansprüche in den Sonderversorgungssystemen<br />
besteht freilich ein eigentumsähnlicher Bestandsschutz.<br />
Die Alterssicherung von Millionen von Erwerbstätigen<br />
basiert auf dem Vertrauen in die Fortexistenz des jeweiligen Versorgungssystems,<br />
dem sie angehören. Deshalb kann die Weiterentwicklung<br />
zu einer Erwerbstätigenversicherung nur schrittweise im<br />
Rahmen einer Stichtagsregelung vollzogen werden. Dabei werden<br />
jene Selbständige, Beamte, Abgeordnete oder freiberuflich Tätigen<br />
in die Versicherungspflicht einbezogen, die zum Stichtag noch<br />
nicht in einem obligatorischen Alterssicherungssystem versichert<br />
sind. Im Rahmen der Übergänge der Sonderversorgungssysteme in<br />
die Erwerbstätigenversicherung sind die jeweils nach altem Recht<br />
noch erworbenen Anwartschaften zu gewährleisten. Der Übergang<br />
wird daher ein bis zwei Generationen in Anspruch nehmen. Doch<br />
perspektivisch wird damit die Alterssicherung unabhängig von der<br />
gewählten Erwerbsform und dem bezogenen Einkommen auf eine<br />
möglichst breite Beitragszahlerbasis gestellt.<br />
Der vollständige Umbau des Systems ist somit ein jahrelanger<br />
Prozess, der jedoch gerade deshalb unverzüglich eingeleitet werden<br />
muss. An der paritätischen Finanzierung durch Arbeitnehmer<br />
und Arbeitgeber halten wir fest. Die Erweiterung der gesetzlichen<br />
Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung ist die<br />
perspektivische Antwort auf eine veränderte Arbeitswelt und sorgt<br />
zudem für ein hohes Maß an sozialer Gerechtigkeit, weil die unterschiedlichen<br />
Konditionen und Versorgungsniveaus der einzelnen<br />
Alterssicherungssysteme auf Basis einer lebensstandardsichernden<br />
Versorgung angeglichen werden können.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 3<br />
Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Rentenabsicherung<br />
Zur Vermeidung von Altersarmut und zur Gewährleistung einer<br />
langfristigen Rentenabsicherung bedarf es einer veränderten Rentenberechnung:<br />
Ab dem Jahrgang 1990 wird die Rentengrundlage in ein dreisäuliges<br />
Rentensystem überführt. Zum Rentenbeginn 2050 wird die<br />
Untergrenze des Rentenbezuges 1000 Euro betragen, zuzüglich<br />
entsprechender Inflationsrate. Die Obergrenze sollte entsprechend<br />
festgelegt werden. Die gesetzlich festgelegte private Vorsorge sollte<br />
8 -10% des Bruttoverdienstes entsprechen. Dabei bietet sich eine<br />
steuerfinanzierte Gehaltsumwandlung an. Bei Bedarf und finanzieller<br />
Möglichkeit kann eine weitere freiwillige private Vorsorge<br />
abgeschlossen werden. Die Mindestrente würde so bei einem Arbeitnehmer<br />
ab 2050 bei mindestens 1400 Euro liegen. Die Überführungszeit<br />
sollte Dekadenweise erfolgen, indem die oberen Rentenbezüge<br />
eingefroren werden und die unteren progressiv angehoben<br />
werden. Zur breiteren Finanzierung werden auch Beamte und<br />
S3<br />
Rentenabsicherung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
201
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
Selbstständige herangezogen, sodass der prozentuale Rentenabzug<br />
vom Bruttolohn sinkt.<br />
Das Renteneintrittsalter ab 67 Jahre wird flexibilisiert nach Bedarf<br />
und Wunsch. Ein finanzieller Anreiz in Form einer Teilrentenauszahlung<br />
gewährt dem Nutzer einer weiteren Beschäftigung ein höheres<br />
Einkommen, der Rentenkasse Einsparungen.<br />
10<br />
15<br />
20<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 4<br />
Ortsverein Petersberg (FD) (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Abschaffung der Anwartschaftsvorteile<br />
Abschaffung der Anwartschaftsvorteile in der Rentenversicherung<br />
für die Bewohner der „neuen Bundesländer“. Die Rentenberechnungsvorschriften<br />
in der BRD sind schnellstmöglich einheitlich<br />
zu gestalten, so dass die Besserstellung auf Grund des Wohnsitzes<br />
entfällt.<br />
S4<br />
Abschaffung der Anwartschaftsvorteile<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 5<br />
Ortsverein Köln-Dellbrück (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Zur Reform der Rentengesetzgebung<br />
Der Parteitag möge beschließen, dass<br />
a) für den Fall, dass die <strong>SPD</strong> nach den Wahlen zum Deutschen<br />
Bundestag am 22.09.2013 in welcher Form auch immer an der<br />
zu bildenden Bundesregierung beteiligt ist, die unter den Ziffern<br />
1.bis 3. aufgeführten Ziele einer Reform der gesetzlichen Rentenversicherung<br />
in das Regierungsprogramm 2013-2017 und<br />
b) für den Fall, dass es aufgrund des Wahlergebnisses zu keiner<br />
Regierungsbeteiligung kommt, die o.a. Reformziele in das Rentenkonzept<br />
der <strong>SPD</strong> für die darauffolgenden Bundestagswahlen<br />
aufgenommen werden.<br />
1. Das Leistungsziel der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) ist<br />
neu zu definieren, da das mit der Rentenreform 2001 angestrebte<br />
Ziel, Altersarmut über die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung<br />
in Verbindung mit der privaten Altersvorsorge zu<br />
verhindern, nicht erreicht worden ist. Die Sicherungslücke zwischen<br />
gesetzlicher Rente und dem individuell angestrebten Lebensstandard<br />
kann bei einen derzeitigen Rentenniveau von rund<br />
50 % mit sinkender Tendenz auf 43% ab dem Jahre 2025 für die<br />
meisten Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher weder über<br />
eine kapitalgedeckte private Vorsorge (Riesterrente), die sich viele<br />
Niedriglohnbezieher/innen nicht leisten können, noch über die<br />
(ebenfalls kapitalgedeckte) Betriebliche Altersvorsorge (BAV) auf<br />
absehbare Zeit geschlossen werden. Das ergibt sich u.a. aus dem<br />
Verbreitungsgrad der letztgenannten Vorsorgewege und nicht zuletzt<br />
aus dem Zinsverfall auf den Finanzmärkten. Daher muss das<br />
Leistungsziel der GRV wieder auf die Lebensstandardsicherung<br />
abheben und das Rentenniveau sukzessiv angehoben werden.<br />
2. Die Rentenanpassungsformel ist zu verändern, indem zumindest<br />
der Nachhaltigkeitsfaktor abgeschafft wird, dessen anpassungsmindernde<br />
Wirkung dauerhaft und kumulativ ist. Aufgrund der<br />
demografischen Entwicklung ist mit einem deutlichen Rückgang<br />
der Beitragszahlenden zu rechnen ist, daher werden aufgrund des<br />
Nachhaltigkeitsfaktors zukünftige Rentenanpassungen erheblich<br />
niedriger ausfallen.<br />
3. Ab 2013 werden keine weiteren Absenkungen des Beitragssatzes<br />
der GRV vorgenommen, stattdessen wird eine schrittweise Erhöhung<br />
um jährlich 0,3 Prozentpunkte bis 2030 zur Schaffung einer<br />
Demografie-Reserve analog dem DGB-Konzept 2012/2013<br />
eingeführt.<br />
S5<br />
Zur Reform der Rentengesetzgebung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
202
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 6<br />
Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Rentenniveau<br />
Der <strong>SPD</strong>-Bundesparteitag lehnt eine Absenkung des Rentenniveaus<br />
auf 43 % ab und fordert, dass sich der <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
und die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion dafür einsetzen, dass das Rentenniveau<br />
auch künftig über 50 % des zuletzt erhaltenen Gehalts/Lohnes<br />
(Eckrente) liegt.<br />
S6<br />
Rentenniveau<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm und Beschluss des Parteikonvents<br />
vom November 2012<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 7<br />
Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Rentenpunkte für Kindererziehungszeiten<br />
Der <strong>SPD</strong>-Bundesparteitag fordert, dass für Kinder, die vor dem<br />
1.1.1992 geboren wurden, ebenso drei Rentenpunkte als Kindererziehungszeit<br />
angerechnet werden, wie für Kinder, die ab dem<br />
1.1.1992 geboren sind.<br />
S7<br />
Rentenpunkte für Kindererziehungszeiten<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 8<br />
Bezirk Braunschweig<br />
Wiedereinführung der staatlich<br />
geförderten Altersteilzeitregelung<br />
Die neue <strong>SPD</strong>-geführte Bundesregierung wird aufgefordert, zusätzlich<br />
zu vorhandenen Elementen weitere hinzuzufügen, insbesondere<br />
neue, flexible Formen der Altersteilzeit.<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 9<br />
Ortsverein Mühlenkamp (Landesorganisation Hamburg)<br />
Landesorganisation Hamburg<br />
Kapitalgedeckte Altersvorsorge auch<br />
durch DRV<br />
Alle marktgängigen, steuerlich geförderten Formen kapitalgedeckter<br />
Altersvorsorge (Riester-, Rürup- und Betriebsrenten, etc.)<br />
müssen auch von der Deutschen Rentenversicherung angeboten<br />
werden, damit die Versicherten die Wahl haben, Verträge auch bei<br />
einem öffentlichen Anbieter ohne Gewinnorientierung abschließen<br />
zu können, der dem Sozialstaat aktiv verpflichtet ist. Die bisher für<br />
die DRV in dieser Hinsicht geltenden gesetzlichen Beschränkungen<br />
sind aufzuheben.<br />
S8<br />
Wiedereinführung der staatlich<br />
geförderten Altersteilzeitregelung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
S9<br />
Kapitalgedeckte Altersvorsorge auch<br />
durch DRV<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm und Beschluss des Parteikonvents<br />
vom November 2012<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
203
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 10<br />
Ortsverein Petersberg (FD) (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Pensionen der Beamten<br />
Die Pensionen der Beamten sollen zukünftig prozentual nicht die<br />
Steigerungsraten der Bezüge aus der Rentenversicherung übersteigen<br />
dürfen. Es darf nicht mehr vorkommen, dass wie im letzten<br />
Jahr die Renten um 2 % gestiegen sind und die Pensionen (auf viel<br />
höherem Niveau) um 3 % erhöht wurden. Beide Systeme sind bei<br />
den jährlichen Anpassungen prozentual gleichzustellen.<br />
S10<br />
Pensionen der Beamten<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 11<br />
Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Anpassung Rentensystem Landwirtschaft<br />
Das Rentensystem der Landwirtschaft soll an das öffentliche Rentensystem<br />
in Bezug auf Beitragsdauer und Ansprüche angepasst<br />
werden.<br />
S11<br />
Anpassung Rentensystem Landwirtschaft<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand und <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 12<br />
Unterbezirk Stade (Bezirk Nord-Niedersachsen)<br />
Bezirk Nord-Niedersachsen<br />
Wir wollen die inklusive Gesellschaft!<br />
Ende 2006 verabschiedete die Generalversammlung der UNO das<br />
Übereinkommen zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung.<br />
Dieses Übereinkommen wurde bis heute von ca. 100<br />
Staaten ratifiziert, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland.<br />
Durch die Ratifizierung wurde das Übereinkommen geltendes<br />
Recht in Deutschland und muss von allen staatlichen Akteuren befolgt<br />
werden. Doch leider heißt das nicht gleichzeitig, dass die gut<br />
ausgearbeiteten Ziele des Übereinkommens rasch umgesetzt wurden.<br />
In der Konvention werden sehr viele wichtige soziale Rechte erläutert,<br />
die den Menschen, die behindert werden, die vollständige<br />
Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen sollen.<br />
Gleiches Recht für alle.<br />
Mit der Unterzeichnung der Konvention haben sich die Vertragsstaaten<br />
dazu verpflichtet anzuerkennen, dass alle Menschen vor<br />
dem Gesetz gleich sind und gleichberechtigt behandelt werden<br />
müssen. Das bedeutet, dass auch beeinträchtigte Menschen die<br />
gleichen Rechte haben, wie Menschen ohne Beeinträchtigung,<br />
also das Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit, das Recht<br />
auf Zugang zur Justiz und natürlich auch das Recht auf Leben, um<br />
hier nur ein paar zu nennen. Ebenfalls sieht die Konvention vor<br />
Entmündigungen und ähnliche Eingriffe in die persönliche Rechte<br />
möglichst zu vermeiden. Daher sollen die Unterzeichner der Konvention<br />
dafür Sorge tragen, dass beeinträchtigte Menschen soweit<br />
Unterstützung unterhalten, dass sie ihre Rechte und Funktionen als<br />
Rechtsperson ausüben können.<br />
In Artikel 29 wird ein weiterer wichtiger Punkt genannt und zwar<br />
die Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben. Die Vertragsstaaten<br />
haben sich dazu bereit erklärt, Menschen, die behindert<br />
werden, die gleichen Chancen zu geben wie Menschen ohne Behinderung.<br />
Das heißt im Einzelnen die Möglichkeiten zu haben,<br />
wählen zu gehen und/oder sich selbst wählen zu lassen, in einer<br />
S12<br />
Wir wollen die inklusive Gesellschaft!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
204
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
politischen Organisation mitzuarbeiten oder selbst Interessenverbände<br />
zu gründen.<br />
Wir fordern:<br />
• Gleiches Recht für alle.<br />
• Keine Diskriminierung von Menschen, die behindert werden.<br />
Dies heißt unter anderem, dass keinem Menschen, der während<br />
seiner Berufszeit eine Beeinträchtigung erleidet, deswegen der<br />
Arbeitsplatz gekündigt werden darf oder dass keinem Kind mit<br />
Handicap der Platz in der örtlichen Krippe oder Schule verweigert<br />
werden darf. Ausnahmen für Kleinbetriebe müssen vereinbart<br />
werden.<br />
• Die Eigenständigkeit von beeinträchtigten Menschen zu fördern<br />
und zu unterstützen, um dies zu gewährleisten, müssen verschiedene<br />
Unterstützungs- und Assistenzleistungen aufgebaut werden.<br />
Dass Wahllokale barrierefrei zu erreichen sein müssen.<br />
Der Wahlvorgang muss barrierefrei durchzuführen sein. Jedes<br />
Wahllokal soll daher bei jeder Wahl die Wahlschablonen für Sehbehinderte<br />
bereithalten.<br />
Wir fordern die Bundesregierung daher auf, in Dialog mit Sehbehinderten<br />
zu treten, um bundeseinheitliche Wahlschablonen herzustellen.<br />
Die dabei entstehenden Kosten muss der Veranlasser weiterhin<br />
tragen.<br />
Keine Barrieren! Weder in den Köpfen noch sonst wo.<br />
Die Konvention definiert die Behinderung eines Menschen nicht<br />
als feststehenden Zustand, sondern als ein sich ständig verändernden<br />
Prozess. Menschen mit Beeinträchtigungen werden nicht durch<br />
ihre Beeinträchtigung behindert, wie z.B. Blindheit, Lernstörungen,<br />
körperliche Einschränkungen und weitere. Sie werden behindert,<br />
da sie auf einstellungs‐ und umweltbedingte Barriere stoßen<br />
und diese Barrieren hindern sie daran vollständig am gesellschaftlichen<br />
Leben teilnehmen zu können. Daher auch die Formulierung<br />
„Menschen, die behindert werden“. Denn sie selbst können nichts<br />
für ihr Schicksal.<br />
Folgerichtig geht die Konvention noch weiter auf die Barrierefreiheit<br />
ein. Die Vertragsstaaten werden dazu verpflichtet Hindernisse<br />
und Zugangsbarrieren zu beseitigen. Dies betrifft nicht nur den öffentlich<br />
Raum, wie Schulen, öffentlicher Nahverkehr, medizinische<br />
Einrichtungen und ähnliches, sondern auch Wohnhäuser und Arbeitsstätten.<br />
Darunter fällt auch der Aspekt des „Universelle[n] Design“.<br />
„Universelles Design“ bedeutet Produkte und Gebäudeteile<br />
möglichst so zu entwerfen, dass sie möglichst ohne große Anpassungsschwierigkeiten<br />
von Menschen, die behindert sind verwendet<br />
werden können.<br />
Ein weiterer wichtiger Punkt der Barrierefreiheit ist das in Artikel<br />
21 festgeschriebene Recht auf freie Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit<br />
und den Zugang zu Information. Dahingehend haben sich<br />
die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, alle Informationen, die für<br />
die Allgemeinheit bestimmt sind, so zu verbreiten, dass sie für alle<br />
Menschen zur Verfügung stehen. Dazu soll im Umgang mit Behörden<br />
die Verwendung von Gebärdensprache, Brailleschrift und<br />
weiteren Kommunikationsform akzeptiert und erleichtert werden.<br />
Wir fordern:<br />
• Alle öffentlichen Gebäude barrierefrei zu gestalten.<br />
• Die allgemeingültigen Normen(DIN) für Gebäude, Geräte und<br />
Dienstleistungen so zu ändern, dass die Barrierefreiheit zum Regelfall<br />
wird.<br />
• Den Umbau von Wohnhäusern und Arbeitsstätten zu barrierefreien<br />
Gebäuden durch öffentliche Mittel zu fördern.<br />
• Die Verwendung von Gebärdensprache, Brailleschrift und anderen<br />
Kommunikationsformen in allen Lebensbereichen zu akzeptieren<br />
und zu fördern.<br />
• Einen barrierefreien Zugang zu (öffentlichen) Webinhalten<br />
• Einen barrierefreien Zugang zu allen öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
205
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Selbst bestimmen, wie man Leben will.<br />
Die Vertragsstaaten müssen gewährleisten, dass Menschen, die<br />
behindert werden, die gleichen Wahlmöglichkeiten haben, wie<br />
Menschen ohne Behinderung. Explizit wird die freie Wahl des<br />
Aufenthaltsortes genannt. Daher soll auf vollstationäre Versorgung<br />
verzichtet werden, außer die betroffene Person wünscht dies ausdrücklich.<br />
Stattdessen sollen gemeindenahe Wohnformen und Unterstützungsdienste<br />
eingerichtet werden.<br />
Wir fordern:<br />
• Menschen, die behindert werden, die gleichen Wahlmöglichkeiten<br />
zu geben wie anderen Menschen (Wohnort, Arbeitsstätte,<br />
etc.)<br />
• Ausbau des gemeindenahen Wohnens<br />
• Ausbau der Unterstützungsdienste<br />
Inklusive Bildung bedeutet: Keine Ausgrenzung!<br />
In Artikel 24 haben sich die Vertragsstaaten dazu verpflichtet ein<br />
inklusives Bildungssystem einzuführen. Das heißt, dass Menschen,<br />
mit Beeinträchtigungen nicht vom allgemeinen Bildungssystem<br />
und besonders Kinder, die behindert werden, nicht vom unentgeltlichen<br />
und obligatorischen Grundschulunterricht oder von der weiterführenden<br />
Schulbildung ausgeschlossen werden dürfen. Dem<br />
gemäß müssen Menschen, die behindert werden, mit anderen Schülern<br />
gemeinsam Zugang zu einer integrativen, hochwertigen und<br />
unentgeltlichen Schulbildung bekommen. Damit Menschen, die<br />
behindert werden, die Möglichkeit besitzen, die volle und gleichberechtigte<br />
Teilhabe an der Gesellschaft zu erlangen, muss gewährleistet<br />
werden, dass sie lebenspraktische Fertigkeiten und soziale<br />
Kompetenzen erlernen. Darunter fallen Kommunikationsfähigkeiten,<br />
wie Gebärdensprache und Brailleschrift, und Orientierungsund<br />
Mobilitätsfertigkeiten.<br />
Des Weiteren müssen die Vertragsstaaten dafür Sorge tragen, dass<br />
Lehrkräfte oder betreuende Kräfte eingestellt werden, die in Gebärdensprache<br />
und Brailleschrift ausgebildet sind. Dazu soll es<br />
noch Schulungen geben, die bei Lehrkräften, anderen Fachkräften<br />
und Angestellten im Bildungswesen das Bewusstsein für Behinderungen<br />
schärfen und ihnen die Verwendung von ergänzenden und<br />
alternativen Formen der Kommunikation beibringen sowie pädagogische<br />
Verfahren und Materialien zur Unterstützung von Menschen,<br />
die behindert werden.<br />
Nicht nur zur schulischen Bildung müssen Menschen, die behindert<br />
werden, gleichberechtigt und ohne Diskriminierung Zugang<br />
haben, sondern auch zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung<br />
und ähnlichem.<br />
Wir fordern:<br />
• Keine Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen, die behindert<br />
werden, im Bildungssystem.<br />
• Bildungseinrichtungen dürfen beeinträchtigten Menschen den<br />
Zugang zur Bildungseinrichtung nicht verweigern.<br />
• Ausbau der Gesamtschulen. Damit keine sozialen Hürden zwischen<br />
Kindern aufgebaut werden.<br />
• Den pädagogischen Schwerpunkt in der Lehrkräfteausbildung<br />
erhöhen.<br />
• Mehr Lehrerinnen und Lehrer einstellen und mehr Räume zur<br />
Verfügung stellen, für kleinere Klassen und bessere Differenzierung,<br />
zur Unterstützung von beeinträchtigten Schülern<br />
• Einstellen von Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeitern, die<br />
in Gebärdensprache und Brailleschrift ausgebildet sind.<br />
• Die Schulung von Betreuerinnen und Betreuern in KiTas im Bereich<br />
der Früherkennung von Behinderungen.<br />
• Landesweite Beratungsstellen für Eltern und Lehrerinnen und<br />
Lehren mit behinderten und auffälligen, zum Beispiel autistischen<br />
Kindern/Schüler_Innen.<br />
• hochwertige und flächendeckende Handreichungen für Lehrpersonal,<br />
wie mit Nachteilausgleich bei behinderten Schülerinnen<br />
und Schülern zu verfahren sei.<br />
206
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
• Die intensive Vorbereitung von Schulträgern und Schulen auf inklusiven<br />
Schulunterricht.<br />
Gute Arbeit heißt gleiche Chancen.<br />
Im Artikel 27 erkennen die Vertragsstaaten das gleichberechtigte<br />
Recht von Menschen, die behindert werden, auf Arbeit an. Sie<br />
sollen selbst die Möglichkeit bekommen ihren Lebensunterhalt zu<br />
verdienen in einem offenen und inklusiven Arbeitsmarkt. Dabei<br />
sollen Menschen, die behindert werden, die gleiche Rechte bekommen,<br />
wie alle anderen Arbeitnehmer_Innen so z.B. Arbeitnehmerund<br />
Gewerkschaftsrechte. Außerdem sollen Menschen mit Beeinträchtigungen<br />
im öffentlichen Sektor eingestellt werden und durch<br />
geeignete Maßnahmen soll auch die Anstellung im privaten Sektor<br />
gefördert werden. Dazu soll auch der berufliche Wiedereinstieg<br />
und die berufliche Rehabilitation unterstützt werden, für die Menschen,<br />
die erst während ihrer Beschäftigungszeit eine Beeinträchtigung<br />
erleiden. Ebenso soll gefördert werden, dass beeinträchtigte<br />
Menschen sich selbstständig machen.<br />
Wir fordern:<br />
• Menschen, die behindert werden, sollten möglichst ihren Lebensunterhalt<br />
selbst finanzieren können.<br />
• Unser Ziel ist es, Personen mit Beeinträchtigungen im freien Arbeitsmarkt<br />
zu beschäftigen. Es muss daneben aber auch weiterhin<br />
geschützte Arbeitsplätze geben.<br />
• Die Unterstützung durch Arbeitsassistenz zu fördern.<br />
• Die barrierefreie Gestaltung des Arbeitsplatzes.<br />
• Die Eingliederungshilfe auszubauen.<br />
• Alle Arbeitgeber müssen einen bestimmten Prozentsatz von Stellen<br />
mit beeinträchtigten Menschen besetzen. Der Prozentsatz<br />
soll in Absprache mit den Betroffenenverbänden ermittelt werden.<br />
Es darf künftig grundsätzlich nicht mehr möglich sein, sich<br />
von dieser Verpflichtung frei zu kaufen.<br />
• Dass sich der private Sektor nicht mehr durch geringe Geldzahlungen<br />
davon entbinden kann, Menschen mit Beeinträchtigungen<br />
einzustellen. Eine neue Regelung muss gefunden werden.<br />
Die inklusive Gesellschaft.<br />
Im Endeffekt geht es nur um die Frage in welcher Gesellschaft wir<br />
leben wollen! Das kann nur eine inklusive Gesellschaft sein, in der<br />
niemand ausgegrenzt wird.<br />
Behinderungen, Geschlecht, Sexualität, Religionszugehörigkeit<br />
und vieles mehr darf nicht zu Diskriminierungen und Ausgrenzung<br />
führen. Daher müssen wir uns als Sozialdemokraten innerhalb und<br />
außerhalb der Politik für eine inklusive Gesellschaft einsetzen. Um<br />
die bestmöglichste Umsetzung dieser Konvention zu erreichen und<br />
damit die inklusive Gesellschaft, müssen wir uns mit den Betroffenenverbänden<br />
und Experten austauschen. Dabei sollte uns als Leitgedanke<br />
dienen: „Es ist normal verschieden zu sein“.<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 13<br />
Arbeitsgemeinschaft Selbst Aktiv<br />
Novellierung SGB IX<br />
Der Parteitag möge beschließen: Echte Novellierung der Eingliederungshilfe<br />
verwirklichen. Mittel der Eingliederungshilfe zu<br />
Gunsten behinderter Menschen aus der Sozialhilfe herausnehmen<br />
und im Rahmen eines einkommens- und vermögensunabhängigem<br />
Leistungsgesetzes oder eines 3.Buches im Rahmen des SGBIX zu<br />
verwirklichen. Hierzu gehört ebenfalls ein einkommens- und vermögensunabhängiges<br />
Teilhabegeld für Menschen mit Behinderungen<br />
in Weiterentwicklung der landesweiten Blindengeldgesetze.<br />
S13<br />
Novellierung SGB IX<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
207
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 14<br />
Unterbezirk Kassel-Land (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Inklusion darf keine Frage der<br />
Kassenlage auf kommunaler Ebene sein<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die Hessische <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktion<br />
werden gebeten, sich im Rahmen der Umsetzung der UN-<br />
Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) für folgende Forderungen<br />
einzusetzen:<br />
• Bund, Land und Kommunen sind gemeinsam verpflichtet, daher<br />
müssen bei der Umsetzung der UN-BRK Zuständigkeiten und<br />
Finanzierungen eindeutig geklärt werden.<br />
• Dabei gilt das Konnexitätsprinzip, insbesondere im Bildungsbereich,<br />
da Bildung vornehmlich Landesaufgabe ist.<br />
• Die Kommunen müssen bei der Umsetzung der UN-BRK finanziell<br />
unterstützt werden. Inklusion darf keine Frage der Kassenlage<br />
auf kommunaler Ebene sein.<br />
• Es müssen Förderprogramme von Bund und Land für die barrierefreie<br />
Sanierung öffentlicher Gebäude aufgelegt werden.<br />
• Es muss zu einer Entlastung bei der SchülerInnenbeförderung<br />
kommen.<br />
Wenn mehr Kinder mit Förderbedarf die Regelschule besuchen,<br />
entstehen Mehrkosten für die Schulträger vor Ort.<br />
• Es müssen mehr Personalmittel für die Inklusion im Landeshaushalt<br />
für Schulen bereitgestellt werden.<br />
• Es darf keine neuen Steuerentlastungen mit weiteren Steuerausfällen<br />
für die Kommunen geben, da die Kommunen mit 15 Prozent<br />
an der Einkommensteuer beteiligt sind.<br />
S14<br />
Inklusion darf keine Frage der<br />
Kassenlage auf kommunaler Ebene sein<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 15<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />
Förderung von Beschäftigung von<br />
Menschen mit Behinderungen<br />
Der Bundesparteitag der <strong>SPD</strong> beschließt:<br />
1. Die Beschäftigungsquote nach § SGB IX ist auch für private Arbeitgeber<br />
wieder auf mindestens 6 % anzuheben.<br />
2. Die Ausgleichsabgabe für nicht besetzte Pflichtarbeitsplätze<br />
muss deutlich erhöht und dynamisiert werden.<br />
3. Eine gestaffelte Steuererleichterung für die Betriebe, die schwerbehinderte<br />
Menschen über dem Durchschnitt beschäftigen oder<br />
ausbilden.<br />
S15<br />
Förderung von Beschäftigung von<br />
Menschen mit Behinderungen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 16<br />
Ortsverein Stuttgart-Ost (Landesverband Baden-Württemberg)<br />
Berufliche Rehabilitation und Integration<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen, dass die Sozialgesetzbücher<br />
SGB II-IX, XII und das Bundesversorgungsgesetz (BVersG)<br />
entsprechend der beruflichen Rehabilitation und Integration geändert<br />
werden. Eine soziale und berufliche Rehabilitation, Berufsbildung<br />
(in Berufsbildungswerken BBW) und Berufsförderung in<br />
Berufsförderungswerken (BFW) soll den Zweck verfolgen, auf<br />
Nachweis die Klienten (wieder) auf den freien Arbeitsmarkt zurückzuführen<br />
und anfangs auch zu begleiten.<br />
S16<br />
Berufliche Rehabilitation und Integration<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
208
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Im Einzelnen:<br />
1. Die Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM), BBW und<br />
BFW müssen künftig protokollieren, was der Bedarf der Klienten<br />
ist. Damit der Kostenträger auch Bescheid weiß. Ebenso soll<br />
der Bedarf der Klienten selbst protokolliert werden. Eine Re-<br />
Integration auf den freien Arbeitsmarkt muss oberste Direktive<br />
sein, auch wenn diese nicht alle Klienten erreichen können. Ein<br />
Versuch sollte allemal stattfinden können. Der Wert der Arbeit<br />
und das Selbstbewusstsein der Klienten soll in den Vordergrund<br />
gestellt werden.<br />
2. Es soll ein Gesetz für die “Unterstützende Beschäftigung” entstehen.<br />
Der Arbeitsplatz auf dem freien Arbeitsmarkt soll vom<br />
bisherigen Rehabilitationsträger (übergangsweise) weiter betreut<br />
werden. Zudem soll der Differenzbetrag zur Vollzeit- bzw.<br />
Teilzeitstelle durch den Kostenträger gedeckt werden. Minijobs<br />
bzw. Zeitarbeit bzw. Jobleasing ist zu unterlassen. Ebenso sollte<br />
es Unterstützung geben bei der eventuellen Umgestaltung des<br />
Arbeitsplatzes aufgrund der Schwerbehinderung (hierfür gibt es<br />
bereits ein Gesetz, doch in dieser Kombination nicht). Der Wert<br />
der Arbeit und das Selbstbewusstsein der Klienten soll weiter in<br />
den Vordergrund gestellt werden (es hört sich schon anders an,<br />
wenn ein Mensch angibt, er schafft beispielsweise beim Daimler<br />
statt beim Rehazentrum XY).<br />
3. Alle öffentliche Orte und Arbeitsplätze sollen für Schwerbehinderte<br />
zugänglich gemacht werden, gleich welche Behinderung.<br />
Dies gilt auch für Alter und Geschlecht etc. (Stichwort Inklusion)<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 17<br />
Landesverband Bayern<br />
Elternassistenz für Eltern mit<br />
Behinderungen<br />
Die Bundestagsfraktion setzt sich für eine Elternassistenz für<br />
Eltern mit Behinderungen ein.<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 18<br />
Ortsverein Mainz-Finthen (Landesverband Rheinland-Pfalz)<br />
Umstrukturierung des sozialen Netzes<br />
Im Interesse angemessener Renten, vertretbarer Leistungen für<br />
Arbeitslose und einer gerechten Lastenverteilung strebt die <strong>SPD</strong><br />
eine Umstrukturierung des sozialen Netzes an. Die Sozialversicherungsbeiträge<br />
von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sollen ersetzt<br />
werden durch einen Beitrag, den alle Unternehmen und Selbstständige<br />
– unter Berücksichtigung von Freibeträgen – unabhängig von<br />
der Zahl der Beschäftigten zu leisten haben. Der Beitrag könnte<br />
beispielsweise am Umsatz bemessen werden. Ausgehend von einer<br />
Grundversorgung wären anstelle von Beitragskonten Arbeitszeitkonten<br />
als Grundlage zur Aufstockung der Grundbezüge zu führen.<br />
S17<br />
Elternassistenz für Eltern mit<br />
Behinderungen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
S18<br />
Umstrukturierung des sozialen Netzes<br />
Ablehnung<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
209
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 19<br />
Unterbezirk Fulda (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Paritätische Finanzierung Sozialabgaben<br />
Der <strong>SPD</strong>-Bundesparteitag fordert die Wiedereinführung der paritätischen<br />
Finanzierung der Sozialabgaben. Die von der schwarz-gelben<br />
Koalition durchgesetzte Einfrierung der Arbeitgeberbeiträge ist<br />
rückgängig zu machen.<br />
S19<br />
Paritätische Finanzierung Sozialabgaben<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 20<br />
Landesorganisation Hamburg<br />
Hinzuverdienstgrenzen für Bezieher von<br />
Hartz IV<br />
Der Bundesparteitag möge die Bundestagsfraktion beauftragen zu<br />
prüfen, ob und in welcher Höhe die Zusatzverdienstmöglichkeiten<br />
für die ALG II leistungsberechtigten Personen durch eine verbesserte<br />
Anrechnungsregel verbessert werden kann.<br />
S20<br />
Hinzuverdienstgrenzen für Bezieher von<br />
Hartz IV<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 21<br />
Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen<br />
Geschlechtergerechtigkeit bei den<br />
Sozialwahlen<br />
Die <strong>SPD</strong> wird sich dafür einsetzen, dass die Ergebnisse der Sozialwahlen<br />
geschlechtergetrennt ausgewiesen werden.<br />
Um der Benachteiligung der Frauen im System der sozialen Sicherung<br />
entgegenzuwirken, fordern wir die Fraktion der <strong>SPD</strong> im Bundestag<br />
konkrete Regelungen zur Durchsetzung einer geschlechtergerechten<br />
Besetzung der Selbstverwaltungsorgane gesetzlicher Sozialversicherungsträger<br />
– wie beispielsweise durch die Quotierung<br />
der Vorschlagslisten - zu treffen.<br />
S21<br />
Geschlechtergerechtigkeit bei den<br />
Sozialwahlen<br />
Annahme in geänderter Fassung<br />
Frauen sind in der Selbstverwaltung der gesetzlichen Sozialversicherungen<br />
nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Die <strong>SPD</strong><br />
fordert, dass mit einer verpflichtenden Quotierung der Vorschlagslisten<br />
eine geschlechtergerechte Besetzung der Selbstverwaltungsgremien<br />
ermöglicht wird. Die Ergebnisse der Sozialwahlen sollen<br />
getrennt nach Geschlechtern ausgewiesen werden.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 22<br />
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten<br />
Unterstützung von Kommunen mit<br />
hohem Arbeitslosenanteil<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion möge einen Gesetzentwurf in den<br />
Bundestag einbringen, der die Finanzierung der Transferleistungen<br />
nach dem SGB II neu regelt. Die Transferleitungen nach dem SGB<br />
II dürfen nicht länger zu Lasten des kommunalen Haushaltes gehen.<br />
S22<br />
Unterstützung von Kommunen mit<br />
hohem Arbeitslosenanteil<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
65<br />
210
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich S<br />
Antrag 23<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
Ein Armutszeugnis für die Schwarz-<br />
Gelbe Bundesregierung<br />
Mit dem vorliegenden und umstrittenen 4. Armuts- und Reichtumsbericht<br />
der Bundesregierung stellt diese sich und ihrer Arbeit<br />
unwillentlich ein Armutszeugnis sonder-gleichen aus. Selbst eine<br />
durch die Ministerien bearbeitete und geschönte Fassung vermag<br />
nicht über die grundsätzliche Entwicklung hinwegzutäuschen,<br />
dass die Ungleichheit in der Gesellschaft zunimmt. Die Hälfte der<br />
Menschen in Deutschland verfügt nur über rund 1% des gesamten<br />
Nettovermögens - nur ein Bruchteil gegenüber 4% von 1998. Das<br />
reichste Zehntel verfügt jedoch über mehr als 53% des gesamten<br />
Nettovermögens, und bereichert sich zunehmend. Während die<br />
Reichen immer reicher werden, sehen sich immer mehr Menschen<br />
von Armut bedroht - in manchen Bundesländern mehr als 20%.<br />
Und damit ist zunächst nur das rein materielle Armutsrisiko erfasst.<br />
Ein Blick auf Ungleichheit in Bildung, Gesundheitswesen, Möglichkeiten<br />
zur gesellschaftlichen Teilhabe macht deutlich: wir müssen<br />
umdenken.<br />
Für uns ist klar, dass auch Maßnahmen der Agenda 2010 überprüft<br />
und vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen korrigiert werden<br />
müssen. Wir stehen zu den Erfolgen sozialdemokratischer Politik,<br />
sowie auch zu deren Fehlern. Wir wollen auf der Grundlage dieser<br />
Erfahrung mit der Sozialdemokratischen Partei in Regierungsverantwortung<br />
für mehr Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft kämpfen.<br />
Wir verurteilen scharf den Versuch, kritische Fakten aus dem Bericht<br />
zu streichen oder zu umschreiben. Armut, Ungleichheit und<br />
Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft kann man nicht mit dem<br />
Rotstift bekämpfen, nicht mit Zensur, nicht indem man Definitionen<br />
verändert oder die Augen davor verschließt. Wir verlangen<br />
stattdessen eine konsequente soziale Politik, die auf Gerechtigkeit,<br />
Chancengleichheit und Umverteilung setzt.<br />
Wir fordern für den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung:<br />
• Erstellung durch eine unabhängige Kommission unter Mitwirkung<br />
von Experten, Vertretern der Sozialverbände und Gewerkschaften.<br />
• Vollumfängliche Erhebung auch individuellen Besitzes.<br />
• Darstellung des tatsächlichen Ausmaßes bestehender Armut.<br />
• Erarbeitung einer für Deutschland gültigen, objektiven Definition<br />
von Armut anhand des Einkommens, des Vermögens und der<br />
Lebensunterhaltskosten eines Haushaltes.<br />
S23<br />
Ein Armutszeugnis für die Schwarz-<br />
Gelbe Bundesregierung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
211
Stadtentwicklung, Wohnen,<br />
Kommunalpolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich K<br />
Antrag 1<br />
Ortsverein M-Neuhausen (Landesverband Bayern)<br />
Mietrecht sozial gerecht gestalten<br />
1. Die <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion arbeitet darauf hin, dass die Kappungsgrenzen<br />
nach §558, Abs 3 BGB von derzeit 20% auf 10%<br />
herabgesetzt wird.<br />
2. Die Definition der ortsüblichen Vergleichsmiete wird soweit verändert,<br />
dass nicht mehr die Mietveränderungen der letzten vier<br />
Jahre berücksichtigt werden, sondern auch die Einbeziehung<br />
sämtlicher Bestandsmieten.<br />
3. Die staatliche Förderung von Wohnungsbaugenossenschaften<br />
wird ausgeweitet und durch Instrumente wie der Schaffung von<br />
Erbbaurechten stärker gefördert.<br />
K1<br />
Mietrecht sozial gerecht gestalten<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Antragsbereich K<br />
Antrag 2<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Verbindliche finanzielle Stärkung der<br />
regionalen Sozialplanung im ländlichen<br />
Raum<br />
Wir fordern eine verstärkte und verbindliche finanzielle Unterstützung<br />
der Sozialraumorientierung im ländlichen Raum. Gerade in<br />
ländlichen Regionen ist eine stärkere Gewichtung der Analyse von<br />
sozialen Infrastrukturen wichtig, um adäquat auf die Gestaltung<br />
von Lebenswelten eingehen zu können. Dies bezieht sich auf alle<br />
im SGB II, VIII und XII angegebenen Leistungen um eine kinder-,<br />
jugend-, familienfreundliche und inklusive Lebenswelt zu gestalten.<br />
Voraussetzung dafür ist, dass auf der Grundlage einer regionalen<br />
Sozialplanung, d.h. verbindliche Datenerhebung der Bevölkerungsstruktur<br />
und der sozialen Infrastruktur, gearbeitet wird. Die<br />
einzelnen Landkreise sollen hierzu finanzielle Mittel zur Verfügung<br />
stellen, um einen regionalen Sozialatlas zu erstellen. Diese Erstellung<br />
soll für alle regionalen Verwaltungsinstanzen verbindlich sein<br />
und bedarf finanzieller Unterstützung von Land und Bund.<br />
Neue gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen stellen<br />
für Kommunen stets neue Herausforderungen dar. Herausforderungen<br />
bestanden immer, die Dimensionen und Qualitäten haben<br />
sich jedoch stark verändert. Die steigenden Sozialausgaben sind für<br />
einzelne Kommunen nicht mehr zu bewältigen. An diesem Punkt<br />
darf die Hauptfrage jedoch nicht mehr ausschließlich die Finanzierungsmöglichkeit<br />
sein, sondern vielmehr die Erschließung von<br />
Ressourcen und neuen Handlungsspielräumen.<br />
Durch eine integrierte Sozialplanung in der kommunalen Finanzplanung<br />
entstehen neue Möglichkeiten frühzeitig Demografie bedingte<br />
und wirtschaftsstrukturelle Entwicklungen zu erkennen und<br />
deren Auswirkungen auf die öffentlichen Budgetstrukturen deuten<br />
und erkennen zu können. Dabei nimmt die regionale Sozialplanung<br />
die Rolle im Spannungsfeld der mittel- und langfristigen Auswirkungen<br />
des demografischen Wandels auf das soziale Miteinander,<br />
der ökonomischen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft und der sozialen<br />
Sicherungssysteme ein.<br />
K2<br />
Verbindliche finanzielle Stärkung der<br />
regionalen Sozialplanung im ländlichen<br />
Raum<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
65<br />
214
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich K<br />
Antrag 3<br />
Landesverband Berlin<br />
Seniorengerechte Zusatzangebote bei<br />
Mietwohnungen<br />
Die <strong>SPD</strong>-Fraktionen auf Landes- und Bundesebene wird aufgefordert,<br />
zu prüfen, dass dem zunehmenden Bedarf alter und behinderter<br />
Menschen an abschließbaren, barrierefrei zugänglichen Räumen<br />
für Mobilitätshilfen, u. a. Rollstühle, Rollatoren bei Mietwohnungen<br />
entsprochen wird.<br />
Antragsbereich K<br />
Antrag 4<br />
Landesverband Berlin<br />
Aufhebung des Rückbaugebots<br />
Es werden gesetzgeberische Voraussetzungen geschaffen, um Vermieter<br />
daran zu hindern, Wohnungsrückbauten von senioren- und<br />
behindertengerechten Umbauten zu verlangen.<br />
K3<br />
Seniorengerechte Zusatzangebote bei<br />
Mietwohnungen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
K4<br />
Aufhebung des Rückbaugebots<br />
Annahme<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
215
Steuer-, Finanz- und<br />
Wirtschaftspolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 1<br />
Landesverband Sachsen<br />
Steuerfahndung statt<br />
Steuerhinterziehung<br />
Für uns ist klar, dass wir mehr Geld in den Staatskassen brauchen,<br />
um auch mehr Geld für öffentliche Investitionen bereithalten<br />
zu können. Dabei gibt es generell zwei Lösungen. Die eine sind<br />
Steuererhöhungen. Diese sozialverträglich auszugestalten, so dass<br />
nicht der private Konsum einbricht, ist dabei die Herkulesaufgabe.<br />
Die zweite Möglichkeit besteht darin, die Steuern auch wirklich<br />
einzutreiben, die dem Staat zustehen. Während der Großteil der<br />
Menschen sich ehrlich an der Finanzierung des Staates beteiligt,<br />
nehmen sich andere heraus und hinterziehen Gelder, die der Gemeinschaft<br />
zustehen. Es ist wichtig, dass alle Teile der Bevölkerung<br />
ihren gerechten Anteil an der Finanzierung des Staates leisten.<br />
Daher ist es wichtig, dass der Staat auch alle Steuern effektiv eintreibt,<br />
die ihm zustehen.<br />
Jede Form der Steuerhinterziehung schadet der Gemeinschaft, entweder<br />
in Form von höheren Steuern für die ehrlich Zahlenden oder<br />
durch geringerer staatliche Aufträge und Beschäftigung, die auch<br />
als Dienstleistung allen Bürger_innen zu Gute kommen würden.<br />
Wir wollen in einem Staat leben, der gut finanziert ist, um Gutes zu<br />
tun und in dem sich jeder Mensch seiner Verantwortung für die Gesellschaft<br />
bewusst ist. Der mit Abstand größte Teil der Einnahmen<br />
für den Staat kommt durch die Einkommens- / Lohnsteuer und die<br />
Umsatzsteuer zustande. Die großen Summen, die von einigen gut<br />
verdienenden Menschen und Unternehmen zu zahlen sind, verleiten<br />
zum Steuerbetrug. In der Regel lassen sich durch Steuerhinterziehung<br />
zugleich Hinterziehung bei den Sozialversicherungen, unzulässig<br />
gezahlte Sozialleistungen oder auch kriminelle Geschäfte<br />
aufdecken. Gerade deswegen ist eine effiziente Steuerfahndung für<br />
unsere Gesellschaft doppelt wichtig. In ganz Deutschland gibt es<br />
2.600 Steuerfahnder_innen, aber allein 33mal mehr Steuerberater_<br />
innen. Ihre Arbeit lässt sich jedoch kaum voneinander unterscheiden,<br />
bis darauf, dass die Steuerfahndung ein bürokratischer Akt<br />
ist und das letztendliche Durchgreifen bei aufgespürten Vergehen<br />
ebenfalls zeitintensiv ist.<br />
Notwendig für das Eingreifen der Steuerfahndung ist ein Anfangsverdacht,<br />
z. B. durch eine Mitteilung des Finanzamtes oder auch<br />
durch eine Anzeige in der Bevölkerung. Doch bislang ist es so,<br />
dass die Steuerfahndung nicht einmal ansatzweise allen Verdächtigungen<br />
nachgehen kann, da sie nicht genügend Personal hat. Doch<br />
warum werden dann nicht mehr Beamt_innen in der Steuerfahndung<br />
eingesetzt? Das Problem besteht vor allem in der geringen<br />
Korrelation der Profiteure und der Zahlenden. Während die meisten<br />
Steuernachzahlungen für den Bund anfallen, tragen allein die<br />
Länder die Kosten für die Fahndung. Ein Land wie Hessen hat also<br />
wenig Interesse daran, die eigenen gutverdienenden Menschen und<br />
Unternehmen mit übertriebener Steuerfahndung zu ärgern, wenn<br />
doch die Erträge zum Großteil an den Bund fließen. Welches Land<br />
sollte da ein Interesse haben, Gelder für andere einzutreiben und so<br />
ggf. Investoren zu vergraulen, auch wenn es betrügerische sind?!<br />
Um das Problem der personellen Situation der Steuerfahndung verbessern<br />
zu können, bedarf es einer strukturellen Wende.<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert daher:<br />
Die Anzahl der Mitarbeiter_innen in der allgemeinen Steuerverwaltung<br />
und in der Steuerfahndung muss sich bundesweit deutlich<br />
erhöhen. Es müssen in einem angemessenen Zeitraum so viele<br />
Fahnder_innen eingesetzt werden, wie es braucht, um alle Anfangsverdächtigungen<br />
abarbeiten zu können.<br />
Um allerorts Anreize zu schaffen, die Steuerfahndung auszuweiten,<br />
fordern wir, Kosten und Erträge der Steuerfahndung zusammen zu<br />
StW1<br />
Steuerfahndung statt<br />
Steuerhinterziehung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
218
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
fassen. Das kann dadurch geschehen, dass die in einem Land „erwirtschafteten“<br />
Erträge auch teilweise in diesem Land bleiben, unabhängig<br />
davon, wem bei rechtmäßiger Abführung der Steuer diese<br />
zugeflossen wäre. Auch andere Modelle sind denkbar, solang sie<br />
Anreize schaffen, die tatsächliche Zahl an Steuerfahnder_innen bis<br />
zu ihrer wirtschaftlichen und ordnungspolitischen Maximalgrenze<br />
auszureizen.<br />
1<br />
5<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 2<br />
Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />
Für einen säkularen Staat - gegen<br />
Steuermissbrauch für religiöse Zwecke<br />
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands setzt sich für ein Gesetz<br />
zur endgültigen Abgeltung sämtlicher Säkularisierungszahlungen<br />
ein.<br />
StW2<br />
Für einen säkularen Staat - gegen<br />
Steuermissbrauch für religiöse Zwecke<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
10<br />
15<br />
20<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 3<br />
Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Steuerpolitik<br />
Die <strong>SPD</strong> und <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion werden aufgefordert, sich<br />
aktiv für eine gerechtere Steuerpolitik einzusetzen.<br />
Die seit Jahren fortgesetzten steuerpolitischen Vergünstigungen für<br />
Unternehmer, Reiche und Vermögende müssen beendet werden. Das<br />
hochkonzentrierte private Vermögen muss seinen angemessenen<br />
Beitrag an der Finanzierung der notwendigen Staatsausgaben leisten.<br />
Jetzt müssen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten mit der<br />
Wiedereinführung der Vermögenssteuer Solidarität von denjenigen<br />
einfordern, die jahrelang von der Politik der Umverteilung von unten<br />
nach oben profitiert haben und in deren Händen sich 66,6% des<br />
Nettovermögens konzentrieren. Deshalb fordern wir die Anhebung<br />
des Spitzensteuersatzes auf 50% und die Verbreiterung der Finanzierungsgrundlage<br />
bei der Erhebung der Vermögenssteuer. Im Interesse<br />
eines sozialen Lastenausgleichs sollen die reichsten 10% der<br />
Vermögenden eine Vermögensabgabe in Höhe von 1% zahlen. Diese<br />
Regelung soll erst ab einem Nettovermögen von € 500.000,- für<br />
Ledige und € 1.000.000,- für Verheiratete gelten.<br />
Die Erbschaftssteuer in Deutschland muss reformiert werden. Es<br />
kann nicht sein, dass große Vermögen von Generation zu Generation<br />
weitergegeben werden, ohne dass in bedeutendem Maße Steuern<br />
gezahlt werden. Die vielen Ausnahmen bei der Erbschaftssteuer<br />
müssen beseitigt werden.<br />
Unternehmensgewinne müssen wieder stärker besteuert werden.<br />
1998 lag der Körperschaftssteuersatz noch bei 45% - heute nur<br />
noch bei 15%. Wir fordern eine Anhebung auf 35%.<br />
StW3<br />
Steuerpolitik<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 4<br />
Unterbezirk München-Stadt (Landesverband Bayern)<br />
Abschaffung des Ehegattensplittings<br />
Das Ehegattensplitting muss (soweit verfassungsrechtlich zulässig)<br />
abgeschafft werden. Es sollen Modelle entwickelt werden, die Kinder<br />
und nicht den reinen Ehestatus fördern. Für langjährige Ehen<br />
soll es Übergangsregelungen geben.<br />
StW4<br />
Abschaffung des Ehegattensplittings<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
60<br />
65<br />
219
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 5<br />
Landesverband Berlin<br />
Steuerliche Gleichbehandlung von<br />
Luft-, Schiffs- und Schienenverkehr<br />
ermöglichen<br />
Die <strong>SPD</strong>-Fraktion im Deutschen Bundestag wird aufgefordert, sich<br />
für die Abschaffung des Ausnahmetatbestands der steuerfreien Verwendung<br />
von Energieerzeugnissen in der Binnenschifffahrt sowie<br />
von Flugbenzin gemäß § 27 des Energiesteuergesetzes einzusetzen.<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 6<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Sicherung der Gewerbesteuer als<br />
Einnahme für die Kommunen<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, ein Gesetz zu entwerfen,<br />
welches Steuerschlupflöcher für Unternehmen schließt. Es<br />
soll somit zukünftig nicht mehr möglich sein, dass große Unternehmen<br />
ihre Gewinne so „klein rechnen“, dass sie keine Gewerbesteuer<br />
leisten müssen.<br />
StW5<br />
Steuerliche Gleichbehandlung von<br />
Luft-, Schiffs- und Schienenverkehr<br />
ermöglichen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
StW6<br />
Sicherung der Gewerbesteuer als<br />
Einnahme für die Kommunen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 7<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
Gerechtigkeit statt Steuerhinterziehung<br />
Mit der Veröffentlichung des Internationalen Konsortiums für investigative<br />
Journalisten über die Transaktionen mit sogenannten<br />
„Steueroasen“ ist ein Teil der Fakten über systematische Steuerhinterziehung<br />
auf dem Tisch. Jetzt müssen endlich die Konsequenzen<br />
gezogen werden.<br />
Während sich jeder Normalverdiener seiner gesellschaftlichen Verantwortung<br />
stellt und mit seinen Steuern dazu beiträgt, dass Gemeinschaft<br />
funktioniert, dass Bildung, Gesundheit und Sicherheit<br />
für alle finanziert werden, stiehlt sich eine größere Gruppe von<br />
Gutverdienenden aus der Verantwortung, die selbst jahrelang von<br />
der Infrastruktur und der Stabilität der Bundesrepublik profitiert<br />
haben und hier ihren Reichtum mehren konnten.<br />
Alleine in der Schweiz liegen laut der Beratungsgesellschaft<br />
KPMG und dem Genfer Forschungsinstitut Helvea 800 Milliarden<br />
Franken Schwarzgeld das aus EU-Ländern stammt, davon soll rund<br />
ein Drittel aus Deutschland kommen. Jeder deutsche Steuerzahler<br />
zahlt wegen dieser Steuerhinterziehung jedes Jahr mindestens 500-<br />
1000 Euro Steuern mehr als er müsste, um öffentliche Daseinsvorsorge<br />
zu finanzieren. Diesen Zustand zu beenden, ist ein Gebot der<br />
Gerechtigkeit. Steuerbetrug ist eine Straftat, die das Vertrauen in<br />
den Rechtsstaat untergräbt.<br />
Die <strong>SPD</strong> begrüßt deshalb den 8-Punkte-Plan des Kanzlerkandidaten<br />
Peer Steinbrück zur Bekämpfung der Steuerflucht und Steuerverkürzung.<br />
Schaffung vollständiger Transparenz<br />
Die Anonymität der in den Steueroasen geparkten Vermögen muss<br />
durch die Einführung eines automatischen Informationsaustausches<br />
über die Vermögen und Erträge der ausländischen Bürgerinnen und<br />
StW7<br />
Gerechtigkeit statt Steuerhinterziehung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
220
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Bürger durchbrochen werden. Notfalls mit Hilfe von Strafsteuern auf<br />
alle deutschen Erträge für unkooperative Unternehmen.<br />
Wir wollen dass Briefkastenfirmen und Stiftungen, deren wirtschaftlich<br />
Berechtigte anonym bleiben, international verboten werden.<br />
Erneuerte Schwarze Listen für Steueroasen<br />
Es muss mehr Druck auf Steueroasen ausgeübt werden. Dazu müssen<br />
– mindestens europaweit, besser aber weltweit – die Länder auf<br />
schwarze Listen gesetzt werden, die ihre Verpflichtungen zum Informationsaustausch<br />
nicht einhalten oder die zu keinem automatischen<br />
Informationsaustausch bereit sind. Es ist zu prüfen, ob Strafsteuern<br />
auf alle Finanztransaktionen in diese Länder als Druckmittel<br />
eingesetzt werden können.<br />
Härtere Strafen<br />
Alle in Deutschland tätigen Finanzinstitute müssen sich verpflichten,<br />
keine Bankprodukte und -dienstleistungen anzubieten, mit<br />
denen ihre Kunden Steuern hinterziehen können. Darüber hinaus<br />
müssen Finanzinstitute deutlich zur Rechenschaft gezogen werden,<br />
wenn sie nachweislich Beihilfe zum Steuerbetrug leisten oder die<br />
Kooperation mit den Steuerbehörden verweigern. Das reicht von<br />
Strafzahlungen bis zum Entzug der Banklizenz.<br />
Die Verjährungsfristen von Steuerrechtsverstößen sollen künftig<br />
zumindest die Laufzeit verdächtiger Finanzkonstrukte abdecken<br />
und nicht mehr nach zehn Jahren automatisch auslaufen.<br />
Fahndungsdruck erhöhen<br />
Um die Finanzbehörden bei der Aufdeckung und Verhinderung von<br />
Steuerstraftaten zu unterstützen, muss in Deutschland eine bundesweite<br />
Steuerfahndung aufgebaut werden, die für die Ermittlungen<br />
in Fällen grenzüberschreitender Steuerkriminalität von erheblicher<br />
bzw. grundsätzlicher Bedeutung zuständig ist.<br />
Verschärfung des deutschen Steuerrechts<br />
Schlupflöcher im deutschen Steuerrecht, die Spielräume für steuerliche<br />
Vermeidungsstrategien eröffnen, müssen geschlossen werden.<br />
So muss etwa im Außensteuergesetz eine unmittelbare Hinzurechnung<br />
der Einkünfte ausländischer Stiftungen zu den deutschen Begünstigten<br />
erreicht werden.<br />
Keine lückenhaften Steuerabkommen mehr zulassen<br />
Wir wollen, dass es künftig keine Steuerbegünstigungen und -befreiungen<br />
aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen mit Steueroasen<br />
gibt. Bereits bestehende Doppelbesteuerungsabkommen<br />
mit Steueroasen müssen neu verhandelt und gegebenenfalls ausgesetzt<br />
werden. Das gilt insbesondere für das Abkommen mit der<br />
Schweiz.<br />
Gewinnverlagerung in Steueroasen bekämpfen<br />
Häufig verlagern internationale Konzerne über trickreiche Finanzierungsgeschäfte<br />
und Lizenzvereinbarungen mit Tochterunternehmen<br />
Gewinne in Steueroasen und vermeiden auf diese Weise<br />
Steuerzahlungen. Die Praktiken der internationalen Konzerne sind<br />
oftmals formal legal, aber sie stehen im Widerspruch zur Intention<br />
der Steuergesetze. Deshalb müssen mindestens die bereits bestehenden<br />
Empfehlungen von OECD und Europäischer Kommission<br />
zur Bekämpfung aggressiver Steuerplanung internationaler Konzerne<br />
umgehend in nationales Recht umgesetzt werden.<br />
Steuerdumping in Europa verhindern<br />
Der schädliche Steuerwettbewerb in Europa muss beendet werden.<br />
Mindestens für den Euroraum ist eine gemeinsame Bemessungsgrundlage<br />
und die Vereinbarung von Mindeststeuersätzen bei der<br />
Körperschaftsteuer notwendig.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
221
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 8<br />
Ortsverein Winsen (Bezirk Hannover)<br />
Für ein weltweites Verbot aller<br />
Finanzwetten und Derivate<br />
1. Die SPE-Fraktion im Europäischen Parlament und die <strong>SPD</strong>-<br />
Bundestagsfraktion werden aufgefordert, ihren Einfluss geltend<br />
zu machen, um ein Verbot aller spekulativen Finanzprodukte wie<br />
Finanzwetten, Derivate und Zertifikate durchzusetzen.<br />
2. Dieses Verbot soll nach Möglichkeit weltweit gelten. Andernfalls<br />
sollte ein Anfang in Europa gemacht werden. Sollten Länder<br />
wie Großbritannien oder Irland ihre Mitarbeit verweigern, ist<br />
eine vertiefte Zusammenarbeit in Europa anzustreben.<br />
3. Länder, die an der Spekulation festhalten, sollen auch die Risiken<br />
allein tragen.<br />
4. Flankierend soll verhindert werden, dass Rechtssubjekte (Einzelpersonen,<br />
Unternehmen etc.) aus den beteiligten Mitgliedstaaten<br />
in entsprechende Finanzprodukte investieren, die an anderen Finanzplätzen<br />
gehandelt werden. So weit wie möglich sollen auch<br />
multinationale Konzerne einbezogen werden.<br />
5. Der rechtliche Rahmen im Völkerrecht, Europarecht und im nationalen<br />
Recht ist entsprechend anzupassen.<br />
Die Finanzkrise ist nicht vorbei. Sie macht nur eine Pause, wird<br />
aber erneut ausbrechen, weil die strukturellen Ursachen nicht beseitigt<br />
sind. Die Finanzkrise hat verschiedene Ursachen: Sie ist<br />
erstens eine Verschuldungskrise (insbesondere, aber nicht nur eine<br />
Staatsverschuldungskrise), zweitens eine Wirtschaftskrise (mangelnde<br />
Wettbewerbs¬fähigkeit vor allem südeuropäischer Staaten)<br />
und drittens eine Finanzmarktkrise (Spekulationsblasen durch Finanzwetten<br />
und Derivate).<br />
Die Staatsverschuldung ist nicht zu Unrecht im Fokus der Öffentlichkeit.<br />
Daneben werden aber die systemischen Risiken des weltweiten<br />
Finanzmarktkapitalismus und bestimmter Finanzmarktprodukte<br />
unterschätzt. Die Analyse und auch die bisher diskutierten<br />
und umgesetzten Regelungsansätze greifen hier bisher viel zu kurz:<br />
Ein Trennbankensystem mag die Transparenz des Bankensystems<br />
ein wenig erhöhen. Allerdings führt etwa die Neugliederung einer<br />
deutschen X-Bank in eine „X-Bank-Holding“ mit zwei Töchtern,<br />
der Tochter 1 „X-Geschäftskunden- und Privatkunden¬bank“ für<br />
das Einlagen- und Kreditgeschäft und der Tochter 2 „X-Investmentbank“<br />
nicht dazu, dass die Risiken verschwinden. Sowohl die<br />
geschäftlichen Risiken laufen bei der Holding zusammen, und die<br />
Risiken für das Finanzsystem und den Staat bleiben bei systemrelevanten<br />
Banken bestehen, denn irgendwo kommt das Geld, mit dem<br />
die Investmentbanken arbeiten, ja her. Die Lehmann brothers-Pleite<br />
hatte ihre Folgen. In den USA galt von 1933 bis 1999 das Trennbankensystem.<br />
Lehman brothers war eine reine Investmentbank,<br />
und das Trennbankensystem hätte die Pleite 2008 nicht verhindert.<br />
Deutschland ist aber bisher mit einem (Universal-) Bankensystem<br />
mit den drei Säulen der öffentlich-rechtlichen Banken (Sparkassen<br />
und Landesbanken), Genossenschaftsbanken und Privatbanken<br />
bisher trotz erheblicher Probleme relativ gut gefahren. In die Krise<br />
gekommen sind aber sowohl Privatbanken (HypoReal, Commerzbank,<br />
IKB) als auch öffentlich-rechtliche Banken (BayernLB,<br />
SachsenLB, WestLB etc.). Es kommt daher primär nicht auf die<br />
Organisationsform und Trägerschaft der Banken an, sondern auf<br />
das Geschäftsmodell und die getätigten Geschäfte.<br />
Auch eine verbesserte Regulierung, die jedes Finanzprodukt einer<br />
Regulierung unter¬wirft, ist zwar sinnvoll und anzustreben, wird<br />
aber letztlich aufgrund der strukturellen Marktintransparenz nicht<br />
ausreichend sein, um die systemischen Risiken der Finanzprodukte<br />
in den Griff zu bekommen.<br />
Eine Regulierung muss daher an den Finanzprodukten selbst bzw.<br />
an der Art der Finanzprodukte ansetzen. Solange Geld in bestimm-<br />
StW8<br />
Für ein weltweites Verbot aller<br />
Finanzwetten und Derivate<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und S&D Fraktion im<br />
Europäischen Parlament<br />
222
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
te Finanzprodukte fließt, sind die Risiken nicht beseitigt. Die Vielfalt<br />
der Finanzprodukte ist fast unübersehbar: Beispielsweise werden<br />
für Siemens an Wertpapieren gehandelt 8 Aktien, 9 Fonds, 20<br />
Anleihen und 11.630 Zertifikate. Für die Deutsche Bank AG sind<br />
es 1 Aktie, 4 Fonds, 757 Anleihen und 20.552 Zertifikate (Quelle:<br />
www.finanzen.net, Stand: 11.9.2013). Weltweit dürfte die Anzahl<br />
aller gehandelten Finanzprodukte so groß sein, dass keine Regulierung<br />
hier jemals einen Überblick behalten kann. Die Produktvielfalt<br />
und die Marktintransparenz sind von den Finanzmarktakteuren,<br />
die die Finanzprodukte schaffen, gewollt. Eine Regulierung muss<br />
daher nicht am einzelnen Finanzprodukt, sondern an der Art der<br />
Finanzprodukte ansetzen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 9<br />
Landesorganisation Hamburg<br />
Regulierung der „Schattenbanken“<br />
1. Für Unternehmen, deren Hauptzweck der Betrieb von Finanzgeschäften<br />
ist, die also Kapital von Investoren sammeln und anlegen,<br />
sollen dieselben Gesetzesvorschriften und Regeln gelten<br />
wie für Banken (insbesondere die Regeln über die Ausstattung<br />
mit Eigenkapital).<br />
2. Soweit diese Unternehmen forderungsbasierte Wertpapiere ausgeben<br />
(„Asset Backed Securities” oder „Mortgage Backed Securities”),<br />
ist von der zuständigen Finanzaufsichts-behörde vor<br />
Erteilung der Genehmigung der Emission sicherzustellen, dass<br />
maximal 90 Prozent der zugrundeliegenden Forderungen über<br />
dieses Finanzierungsinstrument am Markt platziert werden. Das<br />
bedeutet, dass sowohl die Emittenten als auch die den Vertrieb<br />
übernehmenden Unternehmen (also Banken oder Versicherungsunternehmen)<br />
zur Absicherung jeweils mindestens 10 Prozent<br />
des Anlagebetrages in der Bilanz behalten müssen.<br />
3. Zukünftig soll keine Mehrfachverbriefung von Kreditforderungen<br />
mehr erlaubt sein. Deshalb sind der Finanzaufsichtsbehörde<br />
die zugrunde liegenden Kreditverträge eindeutig identifizierbar<br />
offen zulegen. Erst nach der Prüfung lässt sie die Verbriefung der<br />
Forderungen zum Handel zu.<br />
StW9<br />
Regulierung der „Schattenbanken“<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 10<br />
Ortsverein Kiel-Russee-Hammer (Landesverband Schleswig-<br />
Holstein)<br />
Steuerschlupflöcher schließen<br />
-öffentliche Haushalte ausfinanzieren -<br />
Benachteiligung von Arbeitnehmer/innen<br />
und kleinen Betrieben abbauen<br />
Die Mitglieder der <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion werden gebeten folgende<br />
Gesetzesvorhaben im Bundesrat zu initiieren bzw. im Deutschen<br />
Bundestag einzubringen:<br />
a) Die Bezugsgröße für die Besteuerung von großen / international<br />
verflochtenen Unternehmen auf den bei der Bilanz ohnehin ermittelten<br />
Gewinn vor Zinsen und Steuern gesetzlich neu zu fassen.<br />
Anlass: Würden die Unternehmenssteuern auf dieser beschriebenen<br />
Basis direkt beim Betrieb erhoben - egal ob der Eigentümer<br />
Aus- oder Inländer ist -, könnten keine in Deutschland erwirtschafteten<br />
Gewinne mehr unversteuert abfließen.<br />
b) Die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten für Aufwendungen, die<br />
in Deutschland nicht zuversteuerten Erträgen führen, u.a. für<br />
StW10<br />
Steuerschlupflöcher schließen<br />
-öffentliche Haushalte ausfinanzieren -<br />
Benachteiligung von Arbeitnehmer/innen<br />
und kleinen Betrieben abbauen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
223
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Produktionsverlagerungen ins Ausland, ersatzlos streichen.<br />
Anlass: Mit diesen bestehenden steuerlichen Abzugsmöglichkeiten<br />
subventioniert der Staat u.a. die Verlagerung von Unternehmen<br />
ins Ausland. Hier werden falsche finanzielle Anreize geboten.<br />
So mindern die Kosten für den Umzug in Deutschland die<br />
Steuerlast und die Gewinne fallen am neuen Standort an.<br />
c) Die sogenannte steuerliche Organschaft ist aufzuheben und die<br />
damit verbundene Verlustrechnung zwischen Konzerngesellschaften<br />
bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer ist abzuschaffen.<br />
Anlass: Die Regeln zur Gewinn- und Verlustrechnung<br />
im Konzern erlauben es Unternehmen, die Erträge profitabler<br />
Betriebe gegen die Verluste anderer Betriebe im Unternehmensverbund<br />
aufzurechnen. Im Ergebnis vermindert sich das Steueraufkommen.<br />
Konzerne haben einen Steuervorteil gegenüber<br />
kleineren Unternehmen und viele Kommunen nehmen kaum<br />
Gewerbesteuern ein – obwohl die örtliche Niederlassung eines<br />
großen Konzerns hohe Überschüsse erwirtschaftet.<br />
d) Die Verlustvorträge sind, wie es in vielen EU-Ländern üblich ist,<br />
nach wenigen Jahren abzuschmelzen. Anlass: Verlustvorträge<br />
eröffnen Unternehmen die Möglichkeit, einmal angefallene Verluste<br />
beliebig lange vor sich her zu schieben und sie in guten<br />
Jahren gegen einen Teil der Gewinne aufzurechnen. So hatten<br />
die Kapitalgesellschaften in 2006 in Deutschland 576 Milliarden<br />
Euro zur Steuer mindernden Verrechnung mit kommenden Gewinnen<br />
aufgetürmt.<br />
e) Die schrittweise Einführung bzw. Annäherung der Buchwerte<br />
an die Verkehrswerte von Vermögensgegenständen – vor allem<br />
Grundstücke und Immobilien –, um deren Wertzuwächse jährlich<br />
als steuerpflichtigen Gewinn gesetzlich anrechnen zu lassen.<br />
Anlass: Erst bei Verkauf von Vermögensgegenständen werden<br />
die Wertzuwächse steuerlich erfasst. Gibt es keinen Besitzerwechsel,<br />
bleiben Wertsteigerungen von Vermögensgegenständen<br />
unversteuert. Beispielsweise stehen vor langer Zeit für 100.00<br />
D-Mark gekaufte Grundstücke noch heute mit diesem Wert in<br />
der Bilanz, auch wenn der Marktpreis inzwischen bei einer Millionen<br />
Euro liegt.<br />
f) Die Gewerbesteuer zu einer „kommunalen Betriebs- bzw. Wirtschaftssteuer“<br />
auszubauen, in der alle im Betrieb erwirtschafteten<br />
Kapitalentgelte als Bemessungsgrundlage steuerrechtlich<br />
vollumfänglich einbezogen werden. Anlass: Die Gewerbesteuer<br />
wurde zwischen 1980 und 2008 ausgehöhlt. Sie war ursprünglich<br />
eine Steuer, die alle auf die Kapitalgeber entfallenden Erträge<br />
erfasste – beim Fremdkapital die Zinsen, beim Eigenkapital<br />
die Gewinne. Übrig blieb am Ende nur eine „Extra-Gewinnsteuer<br />
für Großunternehmen“. Seit 2008 wird zumindest ein Teil der<br />
gezahlten Schuldzinsen und Lizenzgebühren, die an Mutter- oder<br />
Finanzierungsgesellschaften fließen, wieder besteuert. Der 2008<br />
eingeschlagene Kurs soll nun fortgesetzt werden.<br />
g) Kapitalerträge sind wieder in der Einkommensteuererklärung<br />
auszuweisen und mit dem persönlichen Einkommensteuersatz zu<br />
besteuern. Anlass: Die Abgeltungssteuer entlastet die Bezieher<br />
hoher Einkommen sehr stark, da auf Kapitalerträge nicht mehr<br />
der persönliche Einkommensteuersatz, sondern nur noch pauschal<br />
25 Prozent erhoben werden. Durch die anonyme Erhebung<br />
der Steuer bei der kontoführenden Bank hat der Fiskus kaum einen<br />
Überblick, welcher Steuerpflichtige welche Kapitaleinkünfte<br />
hat. Dies begünstigt die Steuerhinterziehung und muss abgestellt<br />
werden.<br />
h) Die Einnahmen aus alledem (Maßnahmen von a – g) sollen nach<br />
folgendem Schlüsselverteilt werden: Bund 15%, Länder 42,5 %<br />
und Kommunen 42,5%. Anlass: Nachdem jahrzehntelang den<br />
Kommunen vom Bund und den Ländern Aufgaben ohne finanzielle<br />
Ressourcen übertragen worden sind, ist es an der Zeit den<br />
o.g. Verteilungsschlüssel zu verwirklichen.<br />
224
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
i) Durch ein Bundes-Konnexitätsausführungsgesetz sollen künftig<br />
etwaige Mehrbelastungen der Länder ausgeglichen werden.<br />
Anlass: Schaffung einer sicheren Rechtsgrundlage, Rechtsklarheit<br />
und Verlässlichkeit, die für eine verbesserte und konfliktfreiere<br />
Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern sorgt. Das<br />
Gesetz soll Bekenntnis und Ausdruck für eine kooperative und<br />
gleichberechtigte Partnerschaft sein.<br />
1<br />
5<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 11<br />
Unterbezirk Duisburg (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Grenzen der Staatsverschuldung<br />
und wachstumsorientierte<br />
Konsolidierungspolitik<br />
Die <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion und der nächste <strong>SPD</strong> Bundesparteitag<br />
werden gebeten, die Notwendigkeit öffentlicher Kreditaufnahmen<br />
zur Erfüllung von Staatsaufgaben festzustellen. Zur effektiven Begrenzung<br />
der Staatsverschuldung müssen folgende Eckpunkte dabei<br />
beachtet werden:<br />
1. Wir Sozialdemokraten gehen grundsätzlich davon aus, dass<br />
staatliche Ausgaben mittelfristig durch laufende Einnahmen bestritten<br />
werden sollen. Aus steuerlichen Einnahmeüberschüssen<br />
sind Rücklagen für Investitionen zu bilden oder auch sozial ausgewogene<br />
Steuersenkungen zu rechtfertigen. Öffentliche Kreditaufnahmen<br />
sind wirksam zu begrenzen und mit Rückführungsmechanismen<br />
zu versehen.<br />
2. Die Staatsverschuldung steht in dem Spannungsfeld der Generationengerechtigkeit<br />
und der Deckung öffentlicher Aufgaben.<br />
Den Parlamenten kommt hierbei das Recht des Souveräns zu,<br />
mit ihrer Haushaltsgesetzgebung Politik zu steuern. Die Vergabe<br />
und auch die Verwendung staatlicher Finanzmittel, gerade<br />
im Bereich der Schuldenverwaltung, müssen einer effektiveren<br />
Kontrolle unterzogen werden.<br />
3. Um Generationsgerechtigkeit und Parlamentshoheit verfassungsrechtlich<br />
zulässig und politisch geboten miteinander in<br />
Einklang zu bringen, ist der Begriff der „Investition“ nicht nur<br />
ökonomisch zu betrachten, sondern im Rahmen eines fairen Generationenausgleichs<br />
gesellschaftlich weiter zu fassen. Bildung<br />
ist eine Investition in die Zukunft; Haushaltsmittel für Bildung<br />
sind daher kein ökonomischer Risikotransfer. Das bis Juli 2009<br />
geltende Verfassungsgebot ist dahin gehend weiterzuentwickeln.<br />
Starre, an die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung gekoppelte<br />
Begrenzungen werden abgelehnt.<br />
4. Staatsverschuldung darf einen zumutbaren ökonomischen Belastungseffekt<br />
haben, der jedoch durch eine zu erwartende und<br />
möglichst exakt zu prognostizierende Entlastung und Tilgung<br />
kompensiert werden muss. Belastungen sind dabei möglichst<br />
präzisen Tilgungserwartungen zuzuordnen. Hierbei sind gesamtwirtschaftliche<br />
Entwicklungen mitzuberücksichtigen. Eine<br />
den wirtschaftlichen Auf- und Abschwüngen berücksichtigende<br />
staatliche Ausgabenpolitik des Staates zur Stabilisierung der<br />
Wirtschaft muss weiterhin möglich sein.<br />
5. Wir Sozialdemokraten bekennen uns ausdrücklich zum vorsorgenden<br />
Sozialstaat. Investitionen in Bildung und Ausgaben für<br />
Kinder und Jugend dürfen deshalb auch über Kredite finanziert<br />
werden, weil sie nachweislich zu künftigen Entlastungen der sozialen<br />
Sicherungssysteme führen.<br />
6. Eine Schuldenbremse darf keine Investitionsbremse sein und erst<br />
recht nicht gegenwartsbelastende Schulden mit zukunftsbegünstigenden<br />
Zielen verhindern.<br />
7. Die Finanzpolitik des Staates wird an die Staatszielbestimmungen<br />
und an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden. Der faire<br />
Generationsausgleich ist zusätzlich - in Abwägung zur Parla-<br />
StW11<br />
Grenzen der Staatsverschuldung<br />
und wachstumsorientierte<br />
Konsolidierungspolitik<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
225
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
mentshoheit – als Staatsziel mit Verfassungsrang zu verankern.<br />
Dabei ist zu beachten und von den Parlamenten zu legitimieren,<br />
dass gegenwärtigen Belastungen durch Kreditfinanzierungen<br />
möglichst präzise prognostizierte zukünftige Entlastungen gegenüberstehen.<br />
Zukunftsbelastungen müssen - gemäß den vom<br />
Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen - mit Zukunftsbegünstigungen<br />
einhergehen. Das Gebot zur Schuldenrückführung<br />
in Zeiten steigender Steuereinnahmen soll mit dem<br />
Charakter eines Staatsziels ins Grundgesetz aufgenommen werden.<br />
8. Sondervermögen (Finanzmarktstabilisierungsfonds, öffentliche<br />
Bad-Banks usw.) alleröffentlichen Haushalte sind der unmittelbaren<br />
parlamentarischen Beratung und fortlaufender parlamentarischer<br />
Kontrolle zu unterziehen.<br />
9. Bund und Länder sorgen gemeinsam für ein ausgewogenes und<br />
wirtschaftlich stabiles (Bundes-) System. Die Bundesländer sind<br />
mit Staatsqualität ausgestattet und deshalb in ihrer Haushaltsführung<br />
voneinander „selbstständig“ und „unabhängig“. Einnahmen<br />
aus Krediten und damit eine „sinnvolle“ und dem Wirtschaftlichkeitsgebot<br />
unterliegende Staatsverschuldung müssen daher auch<br />
den Ländern weiterhin gestattet sein. Es macht wenig Sinn für<br />
die Bundesländer ein Verschuldungsverbot ab dem Jahre 2020<br />
vorzugeben.<br />
10. Sozialdemokratische Konsolidierungspolitik beinhaltet nicht<br />
nur eine maßvolle, sparsame und wirtschaftliche Kredit- und<br />
Ausgabenpolitik, sondern auch eine Stärkung der Einnahmeseite.<br />
Staatsverschuldung zurückzuführen ist nicht gleichbedeutend<br />
mit kopflosem Sparen. Eine effektive Begrenzung der<br />
Staatsverschuldung auf verfassungsrechtlich zulässiges und<br />
gewolltes Maß ist nur auf Basis einer wirtschaftlich ausgewogenen<br />
und gerechten Steuerpolitik möglich. Konjunkturbedingte<br />
Steuermehreinnahmen sind möglichst für die Schuldentilgung<br />
zu verwenden.<br />
11. Steuerpolitisch ist es deshalb geboten, die Steuererleichterungen<br />
für Hoteliers rückgängig zu machen, den Spitzensteuersatz<br />
(ab 100.000 Euro Jahreseinkommen für Alleinstehende)<br />
auf 49 Prozent anzuheben, die Brennelementesteuer zu erhöhen,<br />
die Vermögensteuer wieder zu erheben und ebenso eine<br />
Finanzmarkttransaktionssteuer einzuführen.<br />
12. Wachstumsorientierte Konsolidierungspolitik setzt ebenfalls<br />
darauf, Niedrigzinsphasen – wie die gegenwärtige – zur gezielten<br />
Investitionsförderung, insbesondere für den Ausbau<br />
des Bildungs- und Forschungsstandort Deutschland, zu nutzen.<br />
Nur über eine Stärkung der Binnennachfrage lässt sich<br />
gezielt nachhaltiges Wachstum anregen, das den zuverlässigsten<br />
Garanten für solide Staatsfinanzen darstellt.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 12<br />
Ortsverein Bremen-Gartenstadt-Vahr (Landesorganisation Bremen)<br />
Stabilisierung des Bankensektors<br />
Um den nach der vergangenen Bankenkrise wiederum durch eigenes<br />
Verschulden bedrohten Bankensektor zu stabilisieren und ihn<br />
auf seine volkswirtschaftlich notwendigen Aufgaben zurück zuführen,<br />
werden sozialdemokratisch geführte Landes- und Bundesregierungen<br />
aufgefordert, bei Bedarf von Kapitalerhöhungen einzelner<br />
Banken sich mit mindestens 25,1 % an deren Eigenkapital zu<br />
beteiligen. Sie werden dies mit dem Ziel tun, dauerhaft Einfluss zu<br />
nehmen, um<br />
• die Risiken des Zusammenbruchs von systemrelevanten Banken<br />
abzuwehren<br />
• sie auf die Aufgabe der Kreditversorgung der Wirtschaft, insbesondere<br />
der mittelständischen Wirtschaft sowie privatem Bedarf,<br />
zu konzentrieren<br />
StW12<br />
Stabilisierung des Bankensektors<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
226
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
• Spekulationsgeschäfte zu unterbinden<br />
• einen bankeneigenen Beitrag zu leisten, die exorbitanten Einkommen<br />
der Vorstände privatwirtschaftlicher Großunternehmen<br />
einzuschränken<br />
• den Umfang der Ausschüttungen auf eine Kapitalrendite von<br />
nicht oberhalb von 15 % des Eigenkapitals p.a. zu begrenzen.<br />
1<br />
5<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 13<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Regulierung der Finanzmärkte<br />
Ungezügelte Spekulationen und Profitgier an den Finanzmärkten<br />
haben zum Ausbruch der letzten Krise geführt. Daher fordert der<br />
Parteitag die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die S&D-Fraktion im<br />
Europaparlament auf, die Finanzmärkte ausreichend zu regulieren.<br />
Es reicht nicht aus, nur ungedeckte Leerverkäufe in Deutschland<br />
zu verbieten und Ratingagenturen und Eigenkapitalvorschriften zu<br />
regulieren. Die Regulierung soll das Verbot des Handels mit Kreditausfallversicherungen,<br />
ohne den Basiswert (Underlying Asset) zu<br />
besitzen, beinhalten. Das bedeutet, dass ein Marktteilnehmer/eine<br />
Marktteilnehmerin ein Derivat nur handeln darf, wenn er auch den<br />
zu Grunde liegenden Vermögensgegenstand besitzt. Dieses Verbot<br />
schränkt die Möglichkeit zur Spekulation in extremem Masse ein.<br />
Bisher wurden ungedeckte Kreditausfallversicherungen nur auf<br />
Staatsanleihen verboten.<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 14<br />
Bezirk Hannover<br />
Nachhaltige Finanzpolitik gestalten:<br />
Kräfte bündeln, Handlungsfähigkeit<br />
sichern<br />
Die neoliberale Steuer-, Finanz- und Haushaltspolitik einer Vielzahl<br />
von Regierungen hat in der abgelaufenen Dekade europaweit<br />
für eine Aushöhlung staatlicher Handlungsfähigkeit gesorgt. Ein<br />
fortgesetzter länderübergreifender Steuerdumping-Wettbewerb<br />
führte nicht nur zu einer wachsenden steuerlichen Ungerechtigkeit,<br />
sondern auch zu Privatisierungstendenzen mit dem Trend des<br />
Rückzugs staatlicher Ebenen aus der öffentlichen Finanzierung und<br />
Verantwortung für Aufgaben und Leistungen, die im öffentlichen<br />
Interesse stehen. Durch den Verlust an staatlicher Handlungsfähigkeit<br />
gerät nicht nur der soziale Frieden in Gefahr, sondern schwindet<br />
zugleich das Vertrauen in die Wirksamkeit politischen Handelns<br />
und damit letztlich auch in die Demokratie.<br />
Zu der neoliberalen Austeritätspolitik gesellte sich speziell in<br />
Deutschland die Begrenzung der politischen Handlungsfähigkeit<br />
durch die einseitige Einführung einer Schuldenbremse im Grundgesetz,<br />
ohne dass zugleich die auskömmliche Finanzierung der<br />
Staatsaufgaben durch gerechte Steuern sichergestellt wurde. Die<br />
Schuldenbremse ist heute Verfassungsrealität – wir müssen ihre<br />
Gültigkeit zur Kenntnis nehmen und als Vorbedingung für politisches<br />
Handeln akzeptieren. Was wir allerdings nicht hinnehmen, ist<br />
die weitere Ungerechtigkeit in der Finanzierung öffentlicher Aufgaben.<br />
Deswegen fordern wir eine nachhaltige Finanzpolitik, die<br />
Einnahmen und Ausgaben sowie Aufgaben und Subsidiarität eben<br />
auf allen Ebenen im politischen Diskurs bündelt.<br />
Dabei muss vor allem das Zusammenwirken der finanzpolitischen<br />
Herausforderungen auf allen Ebenen betrachten werden.<br />
StW13<br />
Regulierung der Finanzmärkte<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und S&D-Fraktion im<br />
Europäischen Parlament<br />
StW14<br />
Nachhaltige Finanzpolitik gestalten:<br />
Kräfte bündeln, Handlungsfähigkeit<br />
sichern<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
227
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
• 2019 läuft der geltende Länderfinanzausgleich aus. Wir werden<br />
uns dafür einsetzen, dass die Neuregelung am Grundsatz der<br />
gleichwertigen Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet<br />
festhält. Die Steuer- und Finanzkraft und die damit einhergehende<br />
Leistungsfähigkeit einiger Länder muss auch weiterhin in die<br />
kollektive Solidarität aller Länder münden. Zugleich lehnen wir<br />
einen Steuerwettbewerb zwischen den Ländern, z.B. durch Einführung<br />
eines Hebesatzrechtes auf die Einkommensteuer, ab.<br />
• 2019 endet ebenfalls der laufende Solidarpakt II. Wir unterstützen<br />
die Bemühungen für einen „Solidarpakt III“, der als langfristig<br />
angelegtes Bundesprogramm bestehende infrastrukturelle<br />
Nachteile durch zielgerichtete Investitionen ausgleicht. Die Mittelverteilung<br />
soll dabei nicht mehr nach Himmelsrichtung, sondern<br />
nach Bedürftigkeit, Notwendigkeit und Nachhaltigkeitskriterien<br />
organisiert werden.<br />
• Der mehrjährige Finanzrahmen der EU für die Jahre 2014-2020<br />
wird zurzeit verhandelt. Wir fordern die Bundesregierung auf,<br />
dass die Strukturfondsförderung, die Forschungsförderung und<br />
die Förderung der ländlichen Räume nicht wie geplant zurückgefahren<br />
werden. Insbesondere fordern wir, dass die innerdeutschen<br />
Übergangsregionen bei einer Folgeförderung gleichberechtigt<br />
werden – dies betrifft bei uns insbesondere die Region<br />
Lüneburg.<br />
Zur Bearbeitung dieser finanzpolitischen Herausforderungen ist ein<br />
neuer Anlauf für eine Föderalismusreform III erforderlich, die Aufgaben,<br />
Einnahmen und Ausgaben des Gesamtstaates im Kontext<br />
der verfassungsrechtlich geltenden Schuldenbremse und der Notwendigkeit<br />
der Stärkung der Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte<br />
verhandelt und alle staatlichen Ebenen beteiligt. Deswegen<br />
unterstützen wir die Einrichtung einer neuen Föderalismuskommission,<br />
die sich aus VertreterInnen von Bund, Ländern und Kommunen<br />
zusammensetzt, um entsprechend zu verhandeln.<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 15<br />
Ortsverein FR-Haslach-Weingarten-Rieselfeld (Landesverband<br />
Baden-Württemberg)<br />
Die Krise solidarisch finanzieren<br />
Die <strong>SPD</strong> setzt sich für eine solidarische Finanzierung der durch die<br />
internationale Finanzkrise entstehenden finanziellen Lasten ein.<br />
Wir streben eine Finanzierungsregelung an, die an den Lastenausgleich<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg angelehnt ist. Wir wollen im<br />
Rahmen eines Lastenausgleichs auf hohe Netto-Vermögen eine auf<br />
zehn Jahre befristete Vermögensabgabe von 2% des Nettovermögens<br />
(Nettovermögen: Gesamtvermögen abzüglich Verschuldung)<br />
erheben. Die Abgabe soll nur von jenen 20% der Deutschen erhoben<br />
werden, welche momentan 80% der Vermögenswerte besitzen.<br />
Die Einnahmen sollen vorrangig zweckgebunden zum Schuldenabbau<br />
eingesetzt werden und nach dem Mehrwertsteuer-Schlüssel auf<br />
Bund, Länder und Kommunen verteilt werden.<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 16<br />
Kreisverband Herford (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Gemeinnützige Organisationen<br />
Es ist eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die gemeinnützige<br />
Organisationen dem Wettbewerbsrecht entsprechend vor Verwechslung<br />
und Nachahmung schützt.<br />
StW15<br />
Die Krise solidarisch finanzieren<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
StW16<br />
Gemeinnützige Organisationen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
228
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 17<br />
Kreisverband Dithmarschen (Landesverband Schleswig-Holstein)<br />
Unterstützung von Existenzgründungen<br />
Wir fordern die Rücknahme der Mittelkürzungen und der erheblichen<br />
Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Existenzgründungen<br />
aus der Arbeitslosigkeit heraus. Zur aktiven Unterstützung<br />
von Existenzgründungen wollen wir das Instrument des Gründungszuschusses<br />
stattdessen optimieren, bestehende Beratungsstrukturen<br />
noch besser vernetzen und eine zentrale Anlaufstation<br />
mit Lotsenfunktion etablieren, die passgenaue Beratungsangebote<br />
und Fördermöglichkeiten vermittelt.<br />
StW17<br />
Unterstützung von Existenzgründungen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 18<br />
Landesverband Bayern<br />
Gehältertransparenz als Basis für<br />
Gehältergerechtigkeit<br />
Wir fordern, angelehnt am das skandinavische Modell der Gehältertransparenz,<br />
für Unternehmen mit mindestens 25 MitarbeiterInnen<br />
anonyme Gehaltslisten zu veröffentlichen. Stellt sich heraus,<br />
dass Frauen für gleiche Arbeit weniger verdienen, droht eine Geldstrafe<br />
für das Unternehmen.<br />
StW18<br />
Gehältertransparenz als Basis für<br />
Gehältergerechtigkeit<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 19<br />
Landesverband Berlin<br />
Privatisierung<br />
Die <strong>SPD</strong> lehnt jede Form der Privatisierung staatlicher Aufgaben<br />
der Daseinsvorsorge ab. Das gilt insbesondere für die Privatisierung<br />
in der Form der angeblichen Zusammenarbeit von Privaten<br />
und dem Staat (PPP). Die <strong>SPD</strong> setzt sich daher insbesondere dafür<br />
ein,<br />
• dass die Zahlungsverpflichtungen aus PPP-Verträgen bundesweit<br />
in die Verschuldung eingerechnet werden, die Deutschland an<br />
Maastricht meldet,<br />
• die ÖPP Deutschland AG aufgelöst wird,<br />
• eine Verpflichtung zur Veröffentlichung aller PPP-Verträge gesetzlich<br />
einzuführen,<br />
• Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen nur von staatlichen Behörden<br />
anstellen zu lassen und dafür die personellen Grundlagen zu<br />
schaffen,<br />
• die Kommunen finanziell so auszustatten, dass sie ihre Aufgaben<br />
in der Daseinsvorsorge ohne private Finanzierung durchführen<br />
können.<br />
Privatisierungen – in welcher Form auch immer – durch die ein<br />
Monopol geschaffen wird, wie dies beispielsweise bei der Wasserversorgung<br />
der Fall ist, müssen rekommunalisiert werden.<br />
StW19<br />
Privatisierung<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
229
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 20<br />
Landesverband Berlin<br />
Übungsleiterpauschale vereinheitlichen<br />
Die <strong>SPD</strong> spricht sich dafür aus, dass die Übungsleiterpauschale,<br />
d.h. die Vergünstigung nach § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz<br />
(EStG) für EhrenamtlerInnen vereinheitlicht wird. Die steuerlichen<br />
Regelungen sind insofern anzupassen, dass auch ehrenamtliche<br />
Betreuer aus gemeinnützig anerkannten Vereinen bei der Aus- und<br />
Fortbildung von Kinder- und Jugendlichen von der Übungsleiterpauschalregelung<br />
profitieren. Die sozialdemokratischen Mitglieder<br />
des Abgeordnetenhauses und des Senats werden aufgefordert, zu<br />
prüfen, ob eine landesgesetzliche Regelung oder Anweisung möglich<br />
ist, um o.g. Personengruppe von der Regelung des § 3 Nr. 26<br />
EStG zu erfassen.<br />
StW20<br />
Übungsleiterpauschale vereinheitlichen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Abgeordnete<br />
im Berliner Abgeordnetenhaus<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 21<br />
Unterbezirk Rheinisch-Bergischer-Kreis<br />
(Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Staatliche Unterstützung des Ehrenamtes<br />
Die Bundes- und Landesregierungen werden aufgefordert, Möglichkeiten<br />
zu finden, nachweisbare Ausgaben für ehrenamtliche Arbeit<br />
steuerlich anzurechnen oder nach Prüfung vom Finanzamt angemessen<br />
ersetzt zu bekommen. Das bezieht sich besonders auf die<br />
steuerliche Abzugsfähigkeit der Fahrtkosten bei den Fahrten zur<br />
Wirkungsstätte der ehrenamtlichen Tätigkeiten, analog der steuerlichen<br />
Fahrtkostenabzugsfähigkeit bei Fahrten zum Arbeitsplatz im<br />
Erwerbsleben.<br />
StW21<br />
Staatliche Unterstützung des Ehrenamtes<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und <strong>SPD</strong>-Landtagsfraktionen<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 22<br />
Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />
Erhöhung der Pendlerpauschale<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />
Die <strong>SPD</strong> soll sich dafür einsetzen, dass die sogenannte Pendlerpauschale<br />
entsprechend an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten<br />
angepasst wird.<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 23<br />
Unterbezirk Northeim-Einbeck (Bezirk Hannover)<br />
Bürgerverträglichkeitsprüfung bei<br />
Baugroßvorhaben (BVP)<br />
Der Bundesparteitag möge beschließen:<br />
Betroffene Bürger und Bürgerinnen sollen zukünftig bei Baugroßvorhaben<br />
stärker zu Wort kommen. Bereits bei der Vorplanung<br />
sollen mögliche Anlieger und deren Alternativvorstellungen mit<br />
einbezogen werden. Bei der Abwägung müssen Vorschläge der Betroffenen<br />
stärker gegenüber rein wirtschaftlichen Interessen gefördert<br />
werden.<br />
StW22<br />
Erhöhung der Pendlerpauschale<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
StW23<br />
Bürgerverträglichkeitsprüfung bei<br />
Baugroßvorhaben (BVP)<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
230
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich StW<br />
Antrag 24<br />
Landesverband Berlin<br />
Schädliche Finanzmarktspekulationen<br />
mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen<br />
unterbinden<br />
Die Bundestagsfraktion der <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, bei der Bundesregierung<br />
zielgerichtete Initiativen auf europäischer und internationaler<br />
Ebene zur Unterbindung reiner Finanzspekulationen<br />
bei Warentermingeschäften mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln<br />
insbesondere auf der Ebene des Europäischen Ministerrats und der<br />
betreffenden Verhandlungen der G 20-Staaten einzufordern.<br />
Die sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament wird aufgefordert,<br />
den Beschlüssen des Europäischen Parlaments zur Regulierung<br />
von Finanzmarkttransaktionen mit Nahrungsmitteln und<br />
Rohstoffen durch Einforderung einer präzisen und mit wirksamen<br />
Kontrollmöglichkeiten ausgestatteten Fassung der Direktive zu<br />
Finanzmarktinstrumenten der EU-Kommission MiFID Geltung<br />
zu verschaffen. Dazu gehören die Festlegung von Positionslimits<br />
(Begrenzung von Zahl der abzuschließenden Standardverträge für<br />
Warentermingeschäfte) und der Ausschluss von Finanzinstituten<br />
von den Rohstoffbörsen. Weiterhin sollten Finanzprodukte, die der<br />
Spekulation mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen ohne Bezug zur<br />
Absicherung von Realgeschäften dienen, verboten werden.<br />
Der <strong>SPD</strong>-Parteivorstand wird aufgefordert, alle Einflussmöglichkeiten,<br />
z.B. auch die Sozialistische Internationale und die internationale<br />
Gewerkschaftsbewegung zu nutzen, um eine weltweite Initiative<br />
zur Bekämpfung der weltweiten Spekulation mit Nahrungsmitteln<br />
und Rohstoffen in Gang zu bringen.<br />
StW24<br />
Schädliche Finanzmarktspekulationen<br />
mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen<br />
unterbinden<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion, an <strong>SPD</strong>-Gruppe im Europäischen<br />
Parlament und an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
231
Umwelt-, Energie-, Verbraucherund<br />
Verkehrspolitik
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 1<br />
Bezirk Braunschweig<br />
Die Energiewende erfolgreich gestalten.<br />
Für eine sichere, saubere und bezahlbare<br />
Stromversorgung.<br />
Die Energiewende droht ins Stocken zu geraten. Die zentralen Eckpfeiler<br />
unserer Energieversorgung – Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit<br />
von Energie – geraten ins Wanken. Ein Mangel an Koordination<br />
auf Bundesebene hat dazu geführt, dass es in Deutschland<br />
keine einheitliche und abgestimmte Energiepolitik zwischen<br />
Bund, Ländern und den Akteuren der Energiewende gibt. Hinzu<br />
kommt die fehlende Abstimmung mit den europäischen Partnern.<br />
Das Ergebnis sind Investitionsrisiken und Planungsunsicherheit.<br />
Damit gefährdet die schwarz-gelbe Bundesregierung die Entwicklung<br />
einer bezahlbaren, sicheren und sauberen Energieversorgung<br />
in Deutschland. Eine der größten industriepolitischen Chancen<br />
Deutschlands – der Aufbau einer wettbewerbs- und zukunftsfähigen<br />
Energieinfrastruktur – wird so leichtfertig verspielt.<br />
In der Folge werden steigende Strompreise, eine unzureichende<br />
Netzinfrastruktur und ungesicherte Erzeugungskapazitäten zum Risiko<br />
für den Industriestandort Deutschland und verursachen zunehmende<br />
Belastungen für den Stromverbraucher.<br />
In dieser Situation ist ein Politikwechsel erforderlich, der der breiten<br />
gesellschaftlichen Verantwortung zur Realisierung der Energiewende<br />
gerecht wird und damit die Energiewende zu einem Erfolg<br />
führt. Planungs- und Investitionssicherheit, ein stabiler Netzbetrieb,<br />
ein hohes Maß an Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit<br />
müssen zum Kennzeichen des ökologischen Umbaus der deutschen<br />
Energiepolitik werden.<br />
Ziele sozialdemokratischer Energiepolitik<br />
Wir wollen den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Umsetzung<br />
von Maßnahmen für höhere Energieeffizienz vorantreiben.<br />
Dabei orientieren wir uns an den <strong>SPD</strong>-Parteitagsbeschlüssen vom<br />
Dezember 2011:<br />
• 40-45% Stromanteil durch Erneuerbare Energien und 25% durch<br />
Kraft-Wärme-Kopplung bis zum Jahr 2020<br />
• 20% des Wärmebedarfs durch Erneuerbare Energien, eine für<br />
Mieter bezahlbare energetische Sanierung von Gebäuden sicherstellen<br />
• die Energieproduktivität auf 2,5% pro Jahr steigern<br />
• bis 2030 sollen 75% des Stroms aus erneuerbaren Quellen kommen;<br />
2050 soll der gesamte Energiebedarf zu 100% durch Erneuerbare<br />
gedeckt sein.<br />
Erstmals verlagern wir die Kosten der Energieversorgung nicht auf<br />
kommende Generationen, sondern investieren in eine saubere, sichere<br />
und langfristig bezahlbare Energieversorgung. Aufgrund des<br />
Zick-Zack-Kurses der schwarz-gelben Bundesregierung wird die<br />
Zeit knapp, die Energiewende erfolgreich umzusetzen. Es bedarf<br />
heute deutlich größerer Anstrengungen.<br />
Zentrale Elemente der Energiepolitik<br />
Die zentralen Herausforderungen unserer Energieversorgung müssen<br />
heute angegangen werden. Für akute Probleme sind kurzfristig<br />
zeitlich begrenzte Maßnahmen zu ergreifen (wie etwa die „Winterreserve“).<br />
Die grundlegenden Weichenstellungen für eine erfolgreiche<br />
Energiewende in der Stromversorgung bedürfen intensiver<br />
Diskussionen mit allen Akteuren. Zentral sind dabei die folgenden<br />
vier Handlungsfelder:<br />
1. Neues Marktdesign umsetzen<br />
Preisbildung und Marktzuschnitt beim Strom sind Resultat der Liberalisierung<br />
Ende der 90er Jahre. Der Strommarkt lebte von der<br />
Substanz vorheriger Investitionen in Kraftwerkskapazitäten und<br />
U1<br />
Die Energiewende erfolgreich gestalten.<br />
Für eine sichere, saubere und bezahlbare<br />
Stromversorgung.<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
234
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Netze. Neue Investitionen wurden kaum angeregt. Dieser Zuschnitt<br />
funktioniert heute nicht mehr.<br />
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat die Einführung der<br />
Erneuerbaren Energien erfolgreich vorangetrieben – heute beträgt<br />
ihr Anteil am Stromverbrauch bereits über 25 Prozent. Dabei ist<br />
es gelungen, die Erneuerbaren effizienter zu machen. Im heutigen<br />
Markt erhält dieser Strom jedoch keinen adäquaten Preis.<br />
In diesem System mit einem steigenden Anteil Erneuerbarer Energien<br />
sinken aufgrund des Einspeisevorrangs und des Merit-Order-<br />
Effekts die Betriebsstunden von konventionellen Kraftwerken und<br />
damit deren Wirtschaftlichkeit. Der daraus resultierende Investitionsattentismus<br />
und die Gefahr der Stilllegung bei konventionellen<br />
Kraftwerken birgt ein Risiko für die Versorgungssicherheit. Denn<br />
solange Erneuerbare Energien überwiegend nicht in der Lage sind,<br />
Strom bedarfsgerecht zu liefern, müssen auch weiterhin hocheffiziente<br />
regelbare Kraftwerke zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund<br />
sind das System der Strompreisbildung und das Marktdesign<br />
unter den Prämissen größtmöglicher Versorgungssicherheit<br />
und Bezahlbarkeit grundlegend neu zu konzipieren. Das ist zusammen<br />
mit der Steigerung der Energieeffizienz und dem Energiesparen<br />
entscheidend für das Gelingen der Energiewende. Nach der<br />
Bundestagswahl sind zügig entsprechende Entscheidungen zu treffen.<br />
Die gilt es jetzt in einem Fahrplan vorzubereiten.<br />
Maßnahmen<br />
• In einem künftigen Strommarkt müssen gesicherte Kapazitäten<br />
bereitstehen, um die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien<br />
jederzeit zu komplettieren. Zukünftig müssen Kraftwerke entsprechend<br />
flexibel einsetzbar sein, um komplementär zu wirken.<br />
Zudem müssen sie im Hinblick auf CO2-Ausstoß und Wirkungsgrad<br />
höchsten Effizienzstandards genügen. Europäische Kraftwerkskapazitäten<br />
sind zu berücksichtigen.<br />
• Um die Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit unserer Energieversorgung<br />
langfristig zu sichern, muss der erzeugte Strom<br />
aus Erneuerbaren Energien in dem dann veränderten Strommarktdesign<br />
vom jetzigen System der Einspeisevergütung und<br />
Abnahmegarantie schrittweise in die Vermarktung überführt<br />
werden. Ein optimales Design der Vermarktung für Erneuerbare<br />
Energien muss Kosteneffizienz, Planungssicherheit und Markt<br />
miteinander verbinden. Dabei muss der Strom einen adäquaten<br />
Wert erhalten. Der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien<br />
soll in effizienter und systemoptimierter Weise erfolgen. Dies<br />
entspricht der Zielsetzung des EEG.<br />
• Mit ihrem stetig wachsenden Anteil an der Stromerzeugung müssen<br />
die Erneuer¬baren Energien mehr Verantwortung für eine<br />
stabile Versorgung übernehmen. Wir wollen Erneuerbare Energien<br />
untereinander (z.B. Wind mit Wasser und/oder Biomasse),<br />
Erneuerbare Energien und fossile Energieerzeugung sowie Erneuerbare<br />
Energien und Verbrauchsmanagement so miteinander<br />
verknüpfen, dass Lastprofile optimal bedient werden. Erneuerbare<br />
Energien müssen und können auch Systemdienstleistungen<br />
wie etwa Blindleistung und Speicherung bereitstellen. Anreize<br />
für erhöhte Volllaststunden pro Anlage können in der Systembetrachtung<br />
zur Kostenentlastung beitragen.<br />
• Das derzeitige System der Einspeisevergütung für Strom aus<br />
Erneuerbaren Energien muss weiterentwickelt werden. Wo kurzfristig<br />
Spielräume zur Senkung der Einspeisevergütung und der<br />
Systemkosten bestehen, sind Anpassungen geboten. Sie erhöhen<br />
nicht zuletzt auch die Akzeptanz weiterer Förderung. Anpassungsmaßnahmen<br />
dürfen nicht dazu führen, dass bei Anlegern,<br />
Betreibern, Investoren und Finanziers Investitionsunsicherheit<br />
entsteht. Wir wollen stabile und berechenbare Rahmenbedingungen<br />
schaffen, denn sie sind Voraussetzung für den weiteren Ausbau<br />
der Erneuerbaren.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
235
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
2. Modernisierung und Ausbau der Netzinfrastruktur vorantreiben<br />
Voraussetzung für die Implementierung eines Marktdesigns, das<br />
kontinuierliche Anteilsverschiebungen zwischen den fossilen und<br />
den Erneuerbaren Energieträgern fördert, ist die Modernisierung<br />
und der Ausbau der Netzinfrastruktur, die Bereitstellung von Speichern<br />
und ein optimiertes Verbrauchsmanagement.<br />
Die Modernisierung der Netzinfrastruktur und der Ausbau der Erneuerbaren<br />
Energien müssen Hand in Hand gehen, das gilt sowohl<br />
für die Verteilnetze als auch für die Übertragungsnetze. Die regionalen<br />
Verteilnetze müssen zu „intelligenten“ Leitungssystemen<br />
ausgebaut werden, weil zunehmend mehr Verbraucher zu Erzeugern<br />
werden und ihren Strom unregelmäßig einspeisen. Die überregionalen<br />
Übertragungsnetze müssen technisch ertüchtigt bzw.<br />
ausgebaut werden. Der Netzausbau vermeidet an anderer Stelle<br />
erhebliche Kosten u.a. für Erzeugungssteuerung, Abregelung und<br />
Ausgleichsenergie. Der Atomausstieg wäre ohne den Stromtransport<br />
von Nord nach Süd nicht ohne Weiteres zu bewerkstelligen.<br />
Maßnahmen<br />
• Mit Hilfe der Bundesnetzagentur müssen Maßnahmen zur besseren<br />
Abstimmung des Ausbaus von Übertragungsnetzen und<br />
Erneuerbaren Energien ergriffen werden. Zu ihren Aufgaben im<br />
Bereich des Netzentwicklungsplans gehört es, mit effizienten<br />
Planungs- und Genehmigungsverfahren für eine beschleunigte<br />
Umsetzung der Anpassung des Übertragungsnetzes zu sorgen.<br />
Dabei ist der technischen Ertüchtigung von Leitungssystemen<br />
Vorrang vor dem Ausbau zu geben. Mögliche Diskrepanzen zwischen<br />
dem Ausbau von Übertragungsnetzen und den Erneuerbaren<br />
Energien sind durch die Bundesnetzagentur frühzeitig aufzuzeigen,<br />
um nachzusteuern und damit Ausbaumoratorien für neue<br />
Erzeugungskapazitäten zu vermeiden. Die Erfahrungen bei der<br />
Erstellung des ersten nationalen Netzentwicklungsplans sind im<br />
Hinblick auf die öffentlichen Konsultationsverfahren auszuwerten.<br />
• Die Übertragungsnetze sind in einer Deutschen-Netz-AG zusammenzuführen.<br />
Die Notwendigkeit zeigt sich am Beispiel der<br />
Problematik bei den Netzanbindungen von Offshore-Windparks,<br />
die zu großen zeitlichen Verzögerungen und tiefgreifenden Folgen<br />
für die Unternehmen führen. Die öffentliche Hand beteiligt<br />
sich mit mindesten 25,01 Prozent an der Netz-AG (und ihren Erträgen)<br />
durch Investition in den Anschluss von Offshore-Parks<br />
und anderen wichtigen Großprojekten und nimmt somit eine<br />
Steuerungsfunktion wahr. Die übrigen vier Betreiber im Übertragungsnetz<br />
bringen ihr Netz als Anteile ein.<br />
• Die Anreizregulierung muss Innovationen und Investitionen in<br />
den Verteilnetzen besser abbilden als bisher. Der Netzbetrieb<br />
muss intelligenter auf die zunehmende Einspeisung auf unteren<br />
Spannungsebenen reagieren können, um Systemstabilität zu gewährleisten.<br />
• Für Akzeptanz und Durchsetzbarkeit von Energieinfrastrukturprojekten<br />
ist die frühzeitige Konsultation und Beteiligung der<br />
betroffenen Bevölkerung unabdingbar. Hilfreich sind auch unmittelbare<br />
Beteiligungen der Bevölkerung in Form von „Bürger-<br />
Windparks“, Netzbeteiligungen u.ä..<br />
Daneben können eine Reihe weiterer Maßnahmen den Netzausbau<br />
reduzieren bzw. zur Stabilisierung des vorhandenen Netzes beitragen.<br />
• Bei der Onshore-Windenergie wollen wir die Preisvorteile und<br />
die Möglichkeiten zur Reduktion des Netzausbaubedarfs besser<br />
nutzen. Wir wollen mehr Onshore-Wind vor allem im Westen<br />
und Süden anreizen, der mit entsprechender Nabenhöhe und Generatorleistung<br />
deutlich mehr Volllaststunden als heute leisten<br />
kann.<br />
• Demand-Side-Management kann einen Beitrag zur Netz- und<br />
Systemstabilisierung leisten. Erforderlich ist deshalb eine Regelung<br />
zur Vergütung von zu- und abschaltbaren Lasten, um das<br />
Potential auf der Verbrauchsseite zu optimieren.<br />
236
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
• Der Einsatz von marktfähigen Speichertechnologien muss weiter<br />
im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen<br />
vorangetrieben werden.<br />
• Zur Netzstabilisierung trägt auch der Ausbau der Transnationalen<br />
Netze und der Grenzkuppelstellen bei. Hierdurch können die<br />
Synergieeffekte eines europäischen Binnenmarktes genutzt werden.<br />
3. Strom muss bezahlbar bleiben<br />
Die Energiekosten steigen, insbesondere weil die fossilen Primärenergieträger<br />
endlich sind und ein steigender Energiebedarf die<br />
Reichweiten verkürzt. Auch der Bau von Anlagen zur Stromerzeugung<br />
wird teurer. Die Neuausrichtung zu den Erneuerbaren Energien<br />
ist daher nur folgerichtig.<br />
Auch die Energiewende gibt es nicht zum Nulltarif. Umso wichtiger<br />
ist es, sie effizient umzusetzen und die Lasten gerecht zu verteilen.<br />
Deutschland hat bereits heute mit die höchsten Strompreise in<br />
Europa. Knapp die Hälfte des Strompreises sind Steuern, Abgaben<br />
und Umlagen.<br />
Durch die Politik der schwarz-gelben Koalition steigt der Strompreis<br />
u.a. durch zusätzliche Begünstigung von Unternehmen bei<br />
der EEG-Umlage und den Netzentgelten. Preissteigerungen auf<br />
Grund einer steigenden EEG-Umlage, höheren Netzentgelten oder<br />
zusätzlichen Belastungen zur Finanzierung von Erzeugungskapazitäten<br />
können auf Dauer nicht hingenommen werden, wenn nicht<br />
zugleich kostenentlastende Optionen gehoben und an die Kunden<br />
weitergegeben werden. Dazu muss das veränderte Marktdesign sowie<br />
eine neue Strompreisbildung beitragen.<br />
Zur Stabilisierung der Energiekosten sind auch auf anderen Gebieten<br />
größere Anstrengungen notwendig. In der Energiepolitik<br />
der CDU/CSU und FDP spielen Energieeffizienz und Energieeinsparung<br />
eine untergeordnete Rolle. Doch genau die sind der beste<br />
Schutz vor steigenden Energiekosten.<br />
Maßnahmen<br />
• Die Befreiungen für Unternehmen von EEG-Umlage, KWK-<br />
Umlage und Netzgebühren werden wir wieder auf den Kreis der<br />
Unternehmen konzentrieren, die mit hohen Energiekosten im<br />
internationalen Wettbewerb stehen und alle betriebswirtschaftlich<br />
rentablen Energieeffizienzmaßnahmen durchgeführt haben.<br />
Solche Entlastungen für energieintensive Betriebe im internationalen<br />
Wettbewerb sind richtig, denn sie sind Grundlage für den<br />
Erhalt von Wertschöpfungsketten in Deutschland.<br />
• Die Reduzierung der Einspeisevergütung entsprechend der Kostensenkungspotenziale<br />
der Erneuerbaren Energien kann dazu<br />
beitragen, den Anstieg der EEG-Umlage abzufedern. Mittelfristig<br />
ermöglichen technischer Fortschritt sowie Skaleneffekte<br />
aufgrund zunehmender Massenfertigung Strompreissenkungen<br />
zugunsten der Verbraucher.<br />
• In der Industrie soll die Gewährung von strompreissenkenden<br />
Regelungen stärker als bisher an Effizienzmaßnahmen geknüpft<br />
werden. Eine verbindliche Umsetzung wirtschaftlicher Maßnahmen<br />
aufgrund von Energieaudits und Energiemanagementsystemen<br />
sollen die Voraussetzung sein für eine reduzierte EEG-Umlage<br />
für Industrieunternehmen.<br />
• Bei Gewerbe- und Industrieunternehmen insgesamt werden wir<br />
die Einführung von Energiemanagementsystemen fördern, da<br />
dies eine wesentliche Voraussetzung zur Realisierung der Effizienzpotentiale<br />
darstellt.<br />
• Damit alle Einkommensgruppen sich energieeffiziente Geräte<br />
und Anlagen leisten können, werden wir neben Energieberatungen<br />
auch Förderprogramme mit Mikrokrediten und Zuschüssen<br />
für private Haushalte und kleine Unternehmen auflegen. Bei<br />
Leistungsbeziehern ist sicherzustellen, dass Zuschüsse nicht auf<br />
Leistungen der Grundsicherung angerechnet werden.<br />
• Wir wollen einen steuerlich begünstigten Tarif für den Grundverbrauch<br />
einführen. Dabei sind Mitnahmeeffekte zu vermeiden.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
237
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
• Es ist eine zeitnahe Anpassung der Regelsätze in der Grundsicherung<br />
für Arbeitssuchende (SGB II) und der Leistungen nach<br />
dem Wohngeldgesetz und dem BAföG vorzunehmen, wenn die<br />
Strompreise zwischen zwei regulären Anpassungsterminen stark<br />
steigen.<br />
4. Management für die Energiewende errichten<br />
Das Nebeneinander von nicht existentem Energiekonzept im Bund<br />
und den Plänen der Länder schadet der Energiewende. Nur ein<br />
koordiniertes Vorgehen beim Ausbau der Erneuerbaren und gesicherter<br />
Versorgung wie auch beim Netzausbau schafft Investitionssicherheit<br />
und bringt die Systemintegration der Erneuerbaren voran.<br />
Erforderlich sind deshalb neue Governance-Strukturen, die die<br />
Kompetenzen in der Energiepolitik bündeln und eine regelmäßige<br />
Koordination und Kooperation zwischen Bund, Ländern und den<br />
europäischen Nachbarländern institutionalisieren.<br />
Die Neuordnung des Marktdesigns und die Anstrengungen zum<br />
Systemumbau sind auch notwendig, um die Energiewende in<br />
Deutschland im europäischen Energiebinnenmarkt abzusichern.<br />
Die Signale und Erwartungshaltungen unserer Nachbarn sind auch<br />
Argumente für einen Kurs der engen europäischen Abstimmung.<br />
Bei den Betreibern von Erneuerbaren-Anlagen und Investitionen in<br />
Energieeffizienz dominieren Privatpersonen, Kleingesellschaften<br />
und Stadtwerke. Erstmals seit vielen Jahren gibt es damit Wettbewerb<br />
in diesen Segmenten des Energiesektors. In der Forschung<br />
und Entwicklung neuer Technologien im Energiebereich spielen<br />
neben den großen Energieversorgern auch kleinere Unternehmen<br />
und Forschungsinstitute eine wichtige Rolle. Anpassungsmaßnahmen<br />
im Bereich der Erneuerbaren Energien haben somit unmittelbare<br />
strukturelle Auswirkungen auf die einzelnen Regionen. Bei<br />
der Umsetzung der Energiewende bedarf es daher einer engen Zusammenarbeit<br />
zwischen Bund und Ländern.<br />
Maßnahmen:<br />
• Energiepolitik muss auf Bundesebene stärker als bisher eine<br />
steuernde Funktion übernehmen. Dazu müssen die Kompetenzen<br />
insbesondere in den Bereichen Erneuerbare Energien, Energieeffizienz,<br />
Netzausbau und Speicher stärker gebündelt werden und<br />
eine verstärkte Koordination durch das Bundeskanzleramt erfolgen.<br />
Darüber hinaus muss der Bund seine Rolle auf europäischer<br />
Ebene deutlicher wahrnehmen.<br />
• Außerdem muss der Bund eine Abstimmung der Länder-Energiekonzepte<br />
mit der Energiepolitik des Bundes sicherstellen. Es<br />
ist ein Deutscher Energierat einzurichten, der die Abstimmungsprozesse<br />
zwischen Bund und Ländern unter Einbindung von<br />
Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft<br />
institutionalisiert und eine kontinuierliche Zusammenarbeit und<br />
Abstimmung sicherstellt. Der Energierat ist die institutionelle<br />
Etablierung einer verbindlichen Kooperations- und Austauschpolitik.<br />
• Zur Umsetzung der Energiewende wollen wir einen Bundestagsausschuss<br />
„Energie“ einrichten.<br />
• Es ist ein „Masterplan Energiewende“ aufzustellen und jährlich<br />
fortzuentwickeln. Der Masterplan wird nach einer umfassenden<br />
Konsultation mit den Akteuren der Energiewende aufgestellt und<br />
soll alle wichtigen Aspekte der Erzeugung und Nutzung Erneuerbarer<br />
Energien, des Netzausbaus und der Speichertechnik, der<br />
Vorhaltung konventioneller Erzeugungskapazitäten und des Energieeffizienzpotenzials<br />
zusammenführen.<br />
65<br />
238
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 2<br />
Unterbezirk Kassel-Stadt (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Stoppt das Schlechtreden der<br />
Energiewende- <strong>SPD</strong> für Bürgerenergie!<br />
1. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern unsere<br />
weiteren Parteigliederungen und vor allem unsere Vertreterinnen<br />
und Vertreter in den Kommunal- und Landesparlamenten sowie im<br />
Bundestag, dazu auf, sich öffentlich und im Rahmen des politischen<br />
Streites eindeutig gegen den momentan stattfindenden Versuch zu<br />
stellen, die Energiewende schlechtzureden. Stattdessen muss der<br />
politische Gestaltungsraum dazu genutzt und Lösungen angestrengt<br />
werden, welche den gesellschaftlich akzeptierten und gewollten<br />
Umstieg auf Erneuerbare Energien (EE) so effektiv, sozial, demokratisch<br />
und kosteneffizient wie möglich zu gestalten. Dabei sollen<br />
auch die Vorteile und positiven Effekte von Erneuerbaren Energien<br />
in die öffentliche Wahrnehmung transportiert werden.<br />
Das Instrument für diesen Umstieg, das Erneuerbare-Energien-<br />
Gesetz (EEG), löste im Jahr 2000 das Stromeinspeisungsgesetz ab<br />
und ermöglichte erstmalig verlässliche planerische Rahmenbedingungen<br />
für den Bau und Betrieb von Erneuerbaren-Energien-Anlagen<br />
(EEA). Diese Planungssicherheit fußte auf zwei Bestandteilen:<br />
Zum einen auf der festen Einspeisevergütung (xy Cent je Kilowattstunde)<br />
für einen festgelegten Zeitraum und zum anderen auf der<br />
Abnahmegarantie, also der vorrangigen Einspeisung von erneuerbarem<br />
Strom. Gerade diese Säulen bildeten die Grundlage für den<br />
massiven Ausbau der Erneuerbaren-Energien-Kapazitäten und das<br />
wirtschaftliche Wachstum der Branche, deren Unternehmen im<br />
Jahr 2000 noch 100.000 Angestellte beschäftigten, diese MitarbeiterInnenzahl<br />
bis zum Jahr 2011 auf über 380.000 steigerten und voraussichtlich<br />
bis zum Jahr 2020 eine halbe Millionen Arbeitsplätze<br />
anbieten können.<br />
Die garantierte Einspeisevergütung wird über die EEG-Umlage<br />
von den meisten Stromverbrauchern mitgetragen. Und genau hier<br />
liegt bereits der erste Konstruktionsfehler: Die Freistellung von der<br />
EEG-Umlage für über 600 Unternehmen, welche viel Strom verbrauchen<br />
und angeblich im internationalen Wettbewerb stehen. Für<br />
manche Branchen mag das Sinn machen, für die meisten Unternehmen<br />
sollten die politischen Anreize aber eher so gesetzt werden,<br />
dass sie ein (Eigen-)Interesse daran entwickeln, ihre Stromnutzung<br />
bei Fertigungs- und Produktionsprozessen oder auch im MitarbeiterInnenverhalten<br />
weiterzuentwickeln. Von der großzügigen Ausnahmeregelung<br />
sollten ursprünglich hauptsächlich Zementhersteller,<br />
Aluminiumhütten und Stahlproduzenten profitieren. Gerade<br />
diese profitieren mittlerweile aber zusätzlich noch von sehr günstigen<br />
Börsenpreisen für Strom. Außerdem ist es wirklich fraglich,<br />
warum beispielsweise Schlachthöfe, Tierfutterhersteller, Mineralwasserabfüller<br />
oder Milchbetriebe von der Umlage befreit sind und<br />
dafür alle anderen Verbraucher mehr zahlen müssen.<br />
2. Daher fordern wir, dass die Freistellungsmöglichkeiten von der<br />
EEG-Umlage kritisch überprüft werden und dafür zu sorgen, dass<br />
die Kosten der Energiewende auch von allen Unternehmen und<br />
Großverbrauchern mitgetragen werden und nicht nur von einer<br />
willkürlichen Auswahl und den Privatverbrauchern.<br />
Dass die EEG-Umlage aber nötig war, damit Erneuerbare Energien<br />
überhaupt eine Chance gegen die über Jahrzehnte und auch aktuell<br />
noch sehr stark subventionierten konventionellen Energieträger<br />
haben, am Markt Fuß zu fassen und sich weiterzuentwickeln, zeigt<br />
die Erfolgsgeschichte der letzten zwölf Jahre. Der Anteil Erneuerbarer<br />
Energien an der Stromversorgung ist von 6,4 % im Jahr 2000<br />
auf über 20 % im Jahr 2012 angestiegen. Dies hat zu einem massiven<br />
Preisverfall an der Strombörse geführt, weshalb die Differenz<br />
zwischen Börsenpreis und garantierter Einspeisevergütung immer<br />
U2<br />
Stoppt das Schlechtreden der<br />
Energiewende- <strong>SPD</strong> für Bürgerenergie!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
239
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
höher wird und die EEG-Umlage zum Ausgleich dieser Differenz<br />
(zusätzlich zur wachsenden Menge des zu vergütenden Stroms) immer<br />
weiter steigt (zum Jahr 2013 von 3,6 auf 5,4 Cent je Kilowattstunde).<br />
Das Kuriose daran ist also die Tatsache, dass zwar die Börsenpreise<br />
für Strom weiter sinken (dabei hat alleine die zunehmende<br />
Verfügbarkeit von Solarstrom im Jahr 2012 zu sinkenden Strompreisen<br />
an der Börse von mehr als 5 Mrd. Euro geführt), diese aber<br />
nicht an die Endkunden weitergegeben werden und die Endkunden<br />
stattdessen noch zusätzlich für die höhere EEG-Umlage aufkommen<br />
müssen. Die Konstruktion des EEG führt also dazu, dass bei<br />
sinkenden Strompreisen an der Börse, die Differenz von garantierter<br />
Vergütung zu erzielten Börsenpreisen immer größer wird und<br />
daher – wie im Teufelskreis – auch die EEG-Umlage immer stärker<br />
ansteigt. Diese wird allerdings von den Endkunden getragen, wohingegen<br />
die Stromkonzerne die günstigen Börsenpreise und damit<br />
verbundenen hohen Gewinnspannen abgreifen. Dieser Konstruktionsfehler<br />
könnte über folgende Verpflichtung zur Anpassung an die<br />
Börsenpreisentwicklung behoben werden.<br />
3. Wir fordern dazu auf, eine Gesetzesinitiative auf Bundesebene<br />
anzustrengen, um Stromkonzerne zu verpflichten, die kostensparenden<br />
und preissenkenden Effekte von Erneuerbaren Energien,<br />
welche sich in günstigen Strompreisen an den Spotmärkten bemerkbar<br />
machen, an die Endkunden weitergeben zu müssen. Realisiert<br />
werden könnte diese Verpflichtung über eine monatliche oder<br />
halbjährige Strompreisanpassung an die Börsenpreisentwicklung<br />
an der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig bzw. eine darauf<br />
basierende Ausgleichszahlung, welche die Stromkonzerne an<br />
ihre Kunden entrichten müssen.<br />
Dies sollte aus zweifacher Hinsicht geschehen: Erstens tragen alle<br />
privaten Stromendkunden den Ausbau Erneuerbarer Energien über<br />
die EEG-Umlage finanziell mit und sollten daher auch als erste von<br />
durch EE zu verantwortende Strompreis senkende Effekte profitieren.<br />
Zweitens würde durch einen an die Endkunden weitergebener<br />
Börsenpreis für Strom dazu führen, dass die preisstabilisierenden<br />
Effekte von Erneuerbaren Energien auch in der Öffentlichkeit<br />
wahrgenommen werden und sich die Meinung über den weiteren<br />
Ausbau von EE positiver als bisher gestalten würde.<br />
Während nämlich die Energieimportkosten in Deutschland in den<br />
Jahren von 2004 bis 2012 von 37 Mrd. Euro auf 98 Mrd. Euro (+<br />
165 %), hauptsächlich aufgrund der dramatischen Preisanstiege für<br />
Öl, Gas und Kohle, angewachsen sind und die damit verbundenen<br />
Kostensteigerungen nahezu ohne Widerstand und große Diskussion<br />
von den Energiekonzernen auf alle Verbraucherinnen und Verbraucher<br />
abgewälzt werden konnten, hat sich – transportiert durch die<br />
meisten Massenmedien – in der Öffentlichkeit ein Meinungsbild<br />
eingestellt, welches den Ausbau von Erneuerbaren Energien alleine<br />
für die Stromkostensteigerungen verantwortlich zeichnet. Dieser<br />
ersten hartnäckigen Behauptung, also dass die Energiewende zu<br />
steigenden Strompreisen führt, könnte über obigen Vorschlag begegnet<br />
werden. Dadurch kämen die eigentlichen Wirkungen, nämlich<br />
Preissenkenden- bzw. stabilisierenden Effekte, auch bei den<br />
EndverbraucherInnen.<br />
Dem zweiten Behauptung, dass die Energiewende nicht ohne Off-<br />
Shore-Windparks und dem damit verbundenen Bau von Höchstspannungsleitungen<br />
durch ganz Deutschland oder sogar Europa<br />
auskommt, muss ebenso Einhalt geboten werden. Das einzige, was<br />
Off-Shore-Windparks können, ist die Energiewende zu verlangsamen<br />
und zu verteuern. Dies sieht man zum einen an den technischen<br />
Problemen und zum anderen am Leitungsbau, der zum Abtransport<br />
des Stroms nötig wäre. Mit der On-Shore-Windenergie<br />
oder Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf Konversionsflächen<br />
(also z.B. ehemaligen Truppenübungsplätzen) stehen viel günstigere<br />
Alternativen zu Verfügung, bei deren Bau auch noch höherwertige<br />
Organisationsmodelle entwickelt und erprobt werden könnten.<br />
Auf diesem Weg könnten viele BürgerInnen über Energiegenossenschaften<br />
oder Crowdfunding vom Betrieb profitieren und ihn auch<br />
demokratisch mitgestalten. Wohingegen den Bau von Off-Shore-<br />
240
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Windparks nur finanzstarke Großkonzerne über vergünstigte Kredite<br />
(quasi Extrasubventionen) und eine hohe Einspeisevergütung<br />
realisieren können. Diese sind aber nicht der Region und den Menschen<br />
vor Ort, sondern nur ihren Aktionären verpflichtet.<br />
4. Daher fordern wir dazu auf, sich weiterhin stark zu machen für<br />
eine dezentrale Energiewende. Dazu zählt der Widerstand gegen<br />
die Einführung eines flexiblen Zahlungsbeginns der Einspeisevergütung,<br />
eine Deckelung der Abnahmegarantie, weiteren unkalkulierbaren<br />
und drastischen Vergütungskürzungen, oder gar einer<br />
Rückzahlung von bereits gezahlten EEG-Vergütungen. Stattdessen<br />
soll sich die <strong>SPD</strong> für die Umsetzung von Maßnahmen einsetzen,<br />
die Planungssicherheit schaffen und eine kosteneffiziente sowie<br />
von den BürgerInnen getragene Energiewende befördern.<br />
4.1 Raum für Windkraft an Land<br />
In ganz Deutschland gibt es auf dem Festland ausreichend Raum<br />
für Windkraft. Wenn jedes Bundesland auf nur 2 % seiner Fläche<br />
Raum für Windkraft schaffen würde, könnte so über 50 % des<br />
Strombedarfs für Deutschland erzeugt werden – ganz ohne Off-<br />
Shore-Parks.<br />
• Da die Kommunen die regionale Wertschöpfung mit der Nutzung<br />
von Windkraft steigern können (durch Gewerbesteuer, Pacht<br />
bzw. Erträge aus eigenem Betrieb), haben sie ein eigenes Interesse<br />
am verträglichen Ausbau der Windkraft. Die Verantwortung<br />
hierfür sollte daher in die Hände der Gemeinden und ihre<br />
Flächennutzungsplanung gelegt werden. Den Ländern muss die<br />
Kompetenz entzogen werden, mit Regionalplänen die Windkraft<br />
abschließend zu steuern und ganze Gemeinden zu Ausschlussgebieten<br />
zu erklären. Dazu muss den Regionalplänen mit den darin<br />
enthaltenen Zielen der Raumordnung die Verhinderungswirkung<br />
gegenüber der Windkraft genommen werden. Durch diesen Freiraum<br />
zur kommunalen Selbstbestimmung würde in kurzer Frist<br />
und in Abstimmung mit den Bürgern ausreichend Raum für<br />
Windkraft an Land entstehen. (Maßnahme: Änderung des Baugesetzbuches<br />
§ 35 Abs. 3)<br />
• Die Ausweisung absoluter Windkraft-Ausschlussflächen in Regionalplänen<br />
soll untersagt werden; außerhalb von Vorranggebieten<br />
konkurriert die Windkraft mit allen anderen Nutzungen<br />
nach Maßgabe der Gesetze (z. B. Lärm- und Artenschutz), wodurch<br />
u. a. Abstände großer Windkraftanlagen zu Siedlungsgebieten<br />
sichergestellt werden. (Maßnahme: Änderung des Raumordnungsgesetzes)<br />
• Die Abstandsregelungen und Höhenbegrenzungen sowie Sonderregelungen<br />
für Windenergieanlagen in Wäldern sollen natur-<br />
und artenschutzrechtlichen Standards gemäß dem aktuellen<br />
Stand der Wissenschaft genügen und die Bevölkerung vor übermäßiger<br />
Belastung schützen. (Maßnahme: Änderung des Raumordnungsgesetzes)<br />
4.2 Smart grids für eine sichere erneuerbare Energieversorgung<br />
• Die zentrale Herausforderung für die laufende und zu beschleunigende,<br />
dezentrale Energiewende ist im Hinblick auf den Netzausbau<br />
die Verstärkung der Ortsnetze und ihre Umgestaltung<br />
zu intelligenten Stromnetzen, sog. smart grids. So kann die verstärkte<br />
dezentrale Einspeisung mit dem dezentral stattfindenden<br />
Energieverbrauch wirksam ausgeglichen werden. Unnötige Investitionen<br />
in den Ausbau großer Trassen (Übertragungsnetze)<br />
sollen zugunsten von Investitionsbudgets für Ortsnetze (Niederund<br />
Mittelspannung) eingespart werden. Dies ist auch deshalb<br />
notwendig, weil vielerorts bereits heute Engpässe bei den Einspeisekapazitäten<br />
auftreten und manch kleinere Windparks deshalb<br />
nicht umgesetzt werden können (weil die zu errichtenden<br />
Stromtrassen bis zur nächsten Einspeisemöglichkeit zu teuer sein<br />
und Windparks unwirtschaftlich machen können). (Maßnahmen:<br />
Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes und der Anreizregulierungsverordnung)<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
241
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
4.3 Eine-Million-BHKW-Programm für eine sichere erneuerbare<br />
Energieversorgung<br />
• Eine Million Blockheizkraftwerke (BHKW) sollen bis 2015 auf<br />
der Basis zinsbegünstigter Kredite in den Markt gebracht werden,<br />
um damit 20 Großkraftwerke zu ersetzen und durch dezentrale<br />
Kraft-Wärme-Kopplung die Verschwendung von Erdgas<br />
in reinen Heizungsanlagen zurückzuführen. (Maßnahme: KfW-<br />
Programm)<br />
• Mit Erdgas betriebene BHKWs dürfen nur noch gebaut werden,<br />
wenn sie sowohl Strom wie auch Wärme produzieren und die<br />
Wärmeabnahme nach dem Kraft-Wärme-Kopplungs-gesetz sichergestellt<br />
ist. (Maßnahme: Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes)<br />
4.4 Speicherausbau für eine sichere erneuerbare Energieversorgung<br />
• Einführung eines „Speicherbonus“ im Rahmen des EEG als Anreiz<br />
für Investitionen zur Stromspeicherung; hierzu zählen auch<br />
E-Mobile, die teilweise als Speicher eingesetzt werden. (Maßnahme:<br />
Änderung des EEG)<br />
• Besonderes Förderprogramm für Start-Ups auf der Basis zinsgünstiger<br />
Kredite für die Entwicklung von innovativen Speichertechnologien.<br />
Zusätzlich könnte ein bundesweiter Speicherwettbewerb<br />
mit entsprechend hohem Preisgeld ausgerufen werden,<br />
um weitere Innovationen zu begünstigen, zu belohnen und auch<br />
in der Öffentlichkeit bekannter zu machen.<br />
• Besonderes Förderprogramm auf der Basis zinsbegünstigter Kredite<br />
für die „Power to Gas“-Technologie als vielversprechende<br />
Speichertechnologie wegen der Größe des vorhandenen Gasnetzes.<br />
(Maßnahme: KfW-Programm)<br />
• Vorrang für Strom- und Gasspeicher sowie Geothermie gegenüber<br />
Kohlendioxid- Einlagerung (CCS); Untersagung der unterirdischen<br />
Kohlendioxid-Speicherung. (Maßnahmen: Änderung<br />
des Raumordnungsgesetzes; entsprechendes CCS-Gesetz)<br />
4.5 EEG fortentwickeln<br />
Grundlage des „Vorbilds Deutschland“ bei der Stromerzeugung<br />
aus erneuerbaren Energiequellen ist das EEG. Dieses muss EEG<br />
intelligent fortentwickelt werden. Die Wirtschaft braucht verlässliche<br />
Rahmenbedingungen für alle Arten der Erneuerbaren von der<br />
Wind- bis zur Wasserkraft und keine Stop-and-Go-Politik wie in<br />
den letzten Jahren spontaner drastischer Einschnitte. Das Vertrauen<br />
der neuen Träger in die Verlässlichkeit des EEG ist das Fundament<br />
für die dezentrale Energiewende. Die unerwartete Abschaffung von<br />
Vergütungstatbeständen (z.B. für Solarparks auf Ackerflächen) hat<br />
Kapital von Projektierern und Investoren vernichtet und die Energiewende<br />
verlangsamt. Eine verlässliche und langfristig vorgegebene<br />
Absenkung der Vergütung wirkt. Auf diese Weise kann die<br />
Photovoltaik bis zum Jahr 2015 Netzparität erreichen.<br />
Folgende Regelungen sind erforderlich:<br />
• Das EEG darf nicht dazu benutzt werden, vorrangig und unausgewogen<br />
Großprojekte wie Off-Shore-Windparks oder große<br />
Biomasseanlagen zu fördern, sondern muss weiterhin der Stärkung<br />
klein- und mittelgroßer Betreiber und Stadtwerke dienen.<br />
Deshalb lehnen wir die Kürzung der Vergütung für Windkraftanlagen<br />
an Land genauso ab wie die ungerechtfertigte Erhöhung<br />
für große Off-Shore-Windkraftprojekte. Diese Maßnahmen treiben<br />
die Kosten und schaden der Volkswirtschaft.<br />
• Windkraftanlagen brauchen eine verlässliche Vergütung. Der<br />
Systemdienstleistungsbonus muss erhalten bleiben oder kompensiert<br />
werden. Ein maßgeschneiderter Tatbestand soll für<br />
Kleinwindkraftanlagen eingeführt werden. Die Vergütung für<br />
Repowering-Projekte soll attraktiver gestaltet werden.<br />
• Die Solarvergütung soll vorhersehbar gestaltet werden und Anreize<br />
für Investitionen schaffen. Der Rückgang der Vergütung<br />
(Degression) soll sich am tatsächlichen Rückgang der Herstellungs-<br />
und Installationskosten einer Solaranlage orientieren. Ein<br />
sog. Deckel, der den Zubau durch Kontingente oder Quoten begrenzt,<br />
wird strikt abgelehnt.<br />
242
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
4.6 Regionale Wertschöpfung<br />
• Zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen<br />
Regionen – vom ländlichen Raum bis zu den Städten und Metropolen<br />
– sollen die gesetzlichen Weichen so gestellt werden,<br />
dass durch die dezentrale Energiewende möglichst viel der lokal<br />
neu entstehenden Wertschöpfung bei den Menschen und<br />
der Wirtschaft vor Ort verbleibt. Standortgemeinden für Windkraftanlagen<br />
garantiert das Gewerbesteuergesetz schon heute 70<br />
% der Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Den Gemeinden am<br />
Unternehmenssitz verbleiben 30 %. Um einen Anreiz für Städte<br />
und Gemeinden zur Förderung von Investitionen in Solarparks,<br />
Biogas-, Geothermie-, Kraft-Wärme-Kopplungs- und Wasserkraftanlagen<br />
zu setzen, soll die 70/30- Regelung – besser: eine<br />
80/20-Regelung – für alle EE- und KWK-Anlagen eingeführt<br />
werden. (Maßnahme: Änderung des Gewerbesteuergesetzes)<br />
• Die Landesparlamente sollen gesetzgeberisch dafür Sorge tragen,<br />
dass ein Kriterium der regionalen Wertschöpfung in kommunale<br />
Ausschreibungsprozesse einbezogen werden kann. Dadurch<br />
würde es Kommunen möglich, bei der Auftragsvergabe<br />
bzw. Partnerwahl die verschiedenen Optionen zur Realisierung<br />
von EE-Projekten daraufhin prüfen zu können, wovon die kommunale<br />
Wirtschaft und Bürgerschaft am meisten profitiert und<br />
sie sich bei der Gestaltung qualitativ am hochwertigsten Einbringen<br />
kann.<br />
• Bei der Nutzung von Flächen in Eigentum der jeweiligen Landesforstämter<br />
für den Bau von EE-Anlagen sollen regionale Organisationslösungen<br />
für die Umsetzung bevorzugt werden. Dies<br />
sollte in allen Landesparlamenten beschlossen werden.<br />
Anstatt also Maßnahmen zur weiteren Verlangsamung und einer<br />
Begrenzung des Ausbaus von EE sollte die Bundesregierung besser<br />
den steigenden Kosten für konventionelle Energieträger über<br />
verlässliche Rahmenbedingungen und ein gutes Investitionsklima<br />
für Erneuerbare Energien entgegensteuern. Beim sich jetzt zuspitzenden<br />
Kampf um die Ressourcen muss die Position der <strong>SPD</strong> klar<br />
sein: Unsere Demokratie braucht keine Bürgervertreter, die einzig<br />
nach den Interessen bestimmter Lobbyisten handeln, sondern sich<br />
vehement für Lösungen stark machen, die auf Demokratie, Teilhabe,<br />
Transparenz und Mitwelt-Verträglichkeit setzen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 3<br />
Landesverband Sachsen-Anhalt<br />
Forschung im Bereich der regenerativen<br />
Energien stärken<br />
Die derzeitige Form der Subventionierung der Photovoltaik, wie<br />
im EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) festgeschrieben, gilt es<br />
dahingehend zu verändern, dass die Umlage zur Förderung erneuerbarer<br />
Energien, die sogenannte Ökoförderung, teilweise zu Gunsten<br />
einer direkten Förderung der Forschung und Entwicklung im<br />
Bereich der Solarenergie umgestaltet wird. Eine angemessene Ausgestaltung<br />
der Umlagehöhe ist durch die entsprechenden Bundesministerien<br />
zu prüfen. Dabei sollen keine negative Auswirkungen<br />
auf einheimische produzierende Unternehmen entstehen.<br />
U3<br />
Forschung im Bereich der regenerativen<br />
Energien stärken<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
243
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 4<br />
Unterbezirk Schwabach (Landesverband Bayern)<br />
Bezahlbare Energie für alle -<br />
Energiekosten gerecht gestalten! Mehr<br />
Energieerzeugung in Bürgerhand!<br />
Wir fordern die Bundes-<strong>SPD</strong> und die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion auf,<br />
sich für eine gerechte Verteilung der Energiekosten einzusetzen<br />
und die Energieerzeugung in Bürgerhand auf lokaler Ebene nicht<br />
zu erschweren. Vom Pfad hin zu 100 % Erneuerbaren Energien darf<br />
nicht abgewichen werden! Wir fordern:<br />
1. Die Kosten, die aus der Befreiung von der EEG-Umlage für<br />
stromintensive, industrielle Großunternehmen resultieren, dürfen<br />
keinesfalls den Privathaushalten und kleinen und mittleren<br />
Unternehmen durch Preissteigerungen aufgebürdet werden. Nur<br />
Großunternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen,<br />
sollen von einer Befreiung profitieren.<br />
2. Um zu verhindern, dass Privathaushalte sowie kleine und mittlere<br />
Unternehmen durch Strompreiserhöhungen im Rahmen des<br />
Umlagesystems für die Befreiung der Industrie herangezogen<br />
werden, muss eine neue Steuer- und Abgaben-Systematik entwickelt<br />
und eingeführt werden. Eine Senkung der Mehrwertsteuer<br />
auf Strom zur Entlastung der Kleinverbraucher ist zu prüfen.<br />
3. Sinkende Kosten bei Großhandelspreisen an den Börsen - auch<br />
aufgrund der Erneuerbaren Energien! - müssen an die Verbraucher<br />
weitergereicht werden und dürfen nicht als Gewinne von<br />
den Konzernen eingestrichen werden.<br />
4. Um mögliche Preissteigerungen durch Einsparungen zu kompensieren,<br />
sind weitere Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz<br />
zu ergreifen, wie z.B. kostenlose Energieberatung oder<br />
„Abwrackprämien“ für veraltete Elektrogeräte.<br />
5. Die Unabhängigkeit kommunaler Versorgungsunternehmen von<br />
Großerzeugern ist zu stärken und die Kooperation kommunaler<br />
Energieerzeuger ist weiter auszubauen! Der Markt darf nicht<br />
weiterhin unter 5 Großkonzernen aufgeteilt werden.<br />
6. Dezentrale Energieerzeugung in Bürgerhand muss ausgebaut<br />
und gefördert werden!<br />
Es ist gut dass es mittlerweile viele Bürgerinnen und Bürger gibt<br />
die durch Beteiligungen an örtlichen Solaranlagen, Windrädern<br />
und anderen Bürgerprojekten zur Strom- und Wärmeerzeugung<br />
zur Energiewende von unten beitragen, die es gleichzeitig ermöglicht<br />
die Energieproduktion zu demokratisieren und zu<br />
dezentralisieren. Diese Entwicklung darf nicht durch ständige<br />
Gesetzesänderungen, kurzfristig angekündigte Senkungen der<br />
Einspeisevergütung und immer neue bürokratische Hürden erschwert<br />
bis unmöglich gemacht werden. Hierbei ist insbesondere<br />
das aktuell geplante neue Kapitalanlagegesetz der Bundesregierung<br />
dringend umzuschreiben. Die geplanten Neuregelungen<br />
enthalten erheblich umfangreichere Zulassungsvoraussetzungen<br />
und erfordern einen stark erhöhten Verwaltungsaufwand. Anforderungen<br />
an Bürgerprojektgesellschaften und Genossenschaftsmodelle<br />
dürfen aber nicht so teuer und aufwändig sein wie für<br />
internationale Emissionshäuser und Banken, denn sonst droht<br />
das Aus für viele solcher Projekte.<br />
7. Eine besondere Rolle wird dem Netzaus- und -umbau sowie der<br />
Entwicklung und dem Einsatz von Speichertechnologien zuteil.<br />
Es kommt darauf an, die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten<br />
an den verschiedenen Speichertechnologien fortzusetzen und zu<br />
intensivieren. Damit aber die Nutzung der derzeit technischen<br />
verfügbaren Möglichkeiten der Energiespeicherung möglich<br />
wird, müssen die politischen Rahmenbedingungen neu ausgestaltet<br />
werden. Hierzu zählen in erster Linie Anreize, die beispielsweise<br />
im Erneuerbare-Energien-Gesetz verankert werden.<br />
U4<br />
Bezahlbare Energie für alle -<br />
Energiekosten gerecht gestalten! Mehr<br />
Energieerzeugung in Bürgerhand!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
244
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 5<br />
Landesverband Sachsen<br />
Realisierung der Energiewende<br />
in Deutschland: Förderung von<br />
Speichersystemen<br />
Die <strong>SPD</strong> setzt sich für die Förderung von dezentralen Speichersystemen<br />
für kleinere Elektroenergieanlagen aus regenerativen<br />
Energieformen (z.B. Solarstromanlagen oder kleine Windenergieanlagen)<br />
ein. Insbesondere fordert die <strong>SPD</strong> die Verankerung einer<br />
solchen Förderung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).<br />
Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, geeignete parlamentarische Initiativen<br />
zu ergreifen, mit dem Ziel einer diesbezüglichen Bundesratsinitiative<br />
oder einer entsprechenden Förderung.<br />
U5<br />
Realisierung der Energiewende<br />
in Deutschland: Förderung von<br />
Speichersystemen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 6<br />
Ortsverein Wabern-Uttershausen (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Strompreisdeckelung bei<br />
Grundversorgung<br />
Die <strong>SPD</strong> nimmt in Ihr Parteiprogramm das Ziel auf, dass eine<br />
Grundversorgung mit Strom für jeden Bürger und jede Bürgerin<br />
bezahlbar bleibt, so dass deren Würde unangetastet bleibt. Strom<br />
als Voraussetzung für andere Grundrechte, wie etwa Informationsfreiheit,<br />
muss als Grundlage zum diskriminierungsfreien Zugang<br />
derselben unabhängig von der Einkommenssituation verfügbar<br />
sein. Ein möglicher Weg wäre eine staatliche Strompreisbindung<br />
für die ersten 2000 kWh je Familie.<br />
U6<br />
Strompreisdeckelung bei<br />
Grundversorgung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 7<br />
Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />
Solarförderung für privat genutzte<br />
Häuser<br />
Die sozialdemokratische Fraktion im Bundestag wird aufgefordert,<br />
sich mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die Einspeisevergütung<br />
für auf Privatdächern installierte Solaranlagen wieder auf ein Niveau<br />
angehoben wird, das eine Installation überhaupt rentabel erscheinen<br />
lässt.<br />
U7<br />
Solarförderung für privat genutzte<br />
Häuser<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
245
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 8<br />
Unterbezirk Gifhorn (Bezirk Braunschweig)<br />
Restriktive Handhabung der<br />
Sondervergünstigung für die<br />
stromintensive Industrie beider EEG-<br />
Umlage<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die Regierungen der <strong>SPD</strong>geführten<br />
Bundesländer werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen,<br />
dass die Befreiung der stromintensiven Industrie von der<br />
EEG-Umlageund den Netzentgelten restriktiv gehandhabt wird. Es<br />
sollen nur solche Industriebetriebe von der EEG-Umlage und den<br />
Netzentgelten befreit werden, bei denen die elektrische Energie ein<br />
maßgeblicher Kostenfaktor ist und dadurch die Aufgabe des Produktionsstandorts<br />
in Deutschland zu befürchten ist. Die entsprechenden<br />
Regelungen im EEG und der Stromnetzentgeltverordnung<br />
sind entsprechend zu ändern.<br />
U8<br />
Restriktive Handhabung der<br />
Sondervergünstigung für die<br />
stromintensive Industrie beider EEG-<br />
Umlage<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 9<br />
Unterbezirk Gifhorn (Bezirk Braunschweig)<br />
Stromnetze in öffentliche Hand<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die Regierungen der <strong>SPD</strong>-geführten<br />
Bundesländer werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen,<br />
dass die Verantwortung für alle Stromnetze wieder in öffentliche<br />
Hände überführt wird.<br />
U9<br />
Stromnetze in öffentliche Hand<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 10<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Strompreisdeckelung bei<br />
Grundversorgung<br />
Die <strong>SPD</strong> spricht sich dafür aus, dass eine Grundversorgung mit<br />
Strom für jeden Bürger und jede Bürgerin bezahlbar bleibt, so dass<br />
deren Würde unangetastet bleibt. Strom als Voraussetzung für andere<br />
Grundrechte, wie etwa Informationsfreiheit, muss als Grundlage<br />
zum diskriminierungsfreien Zugang derselben unabhängig<br />
von der Einkommenssituation verfügbar sein. Ein möglicher Weg<br />
wäre eine vergünstigte Strompreisbindung für die ersten 2000 kWh<br />
je Familie.<br />
U10<br />
Strompreisdeckelung bei<br />
Grundversorgung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
60<br />
65<br />
246
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 11<br />
Kreisverband Heilbronn-Land<br />
Kreisverband Heilbronn-Stadt<br />
(Landesverband Baden-Württemberg)<br />
Irrweg beenden - Agrospritproduktion<br />
einstellen<br />
1. Die <strong>SPD</strong> setzt sich auf allen politischen Ebenen (Land, Bund,<br />
Europa) dafür ein, dass möglichst umgehend die Produktion von<br />
Treibstoffen aus Pflanzen (Agrotreibstoffe) eingestellt wird. Als<br />
erste Maßnahme muss die gesetzlich vorgeschriebene Beimischung<br />
von Bioethanol in das Benzin (E 10) ausgesetzt werden,<br />
mit dem Ziel, die Pflicht abzuschaffen.<br />
2. Die Mitglieder werden aufgefordert, auf die Verwendung von<br />
Biodiesel und E10 zu verzichten.<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 12<br />
Unterbezirk Lüneburg (Bezirk Hannover)<br />
Erdgasförderung aus unkonventionellen<br />
Lagerstätten unter Einsatz der<br />
sogenannten Fracking-Methode<br />
(Hydraulic Fracturing)<br />
Wir fordern auf, die Erschließung und Förderung unkonventioneller<br />
Gasvorkommen unter Einsatz des Verfahrens „Hydraulic Fracturing“<br />
generell zu verbieten. Dieses Verbot soll auch für alle Testbohrungen<br />
unter Einsatz dieses Verfahrens gelten.<br />
U11<br />
Irrweg beenden - Agrospritproduktion<br />
einstellen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
U12<br />
Erdgasförderung aus unkonventionellen<br />
Lagerstätten unter Einsatz der<br />
sogenannten Fracking-Methode<br />
(Hydraulic Fracturing)<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 13<br />
Unterbezirk Gifhorn (Bezirk Braunschweig)<br />
Verbot von Fracking zur Öl- und<br />
Erdgasförderung<br />
Die <strong>SPD</strong> lehnt das Fracking-Verfahren zur Förderung von Öl- und<br />
Erdgas ab. Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die Regierungen der<br />
<strong>SPD</strong>-geführten Bundesländer werden aufgefordert, durch Gesetzesinitiative<br />
sich dafür einzusetzen, dass das Fracking-Verfahren<br />
zur Förderung von Öl- und Erdgas verboten wird.<br />
U13<br />
Verbot von Fracking zur Öl- und<br />
Erdgasförderung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 14<br />
Unterbezirk Gifhorn (Bezirk Braunschweig)<br />
Ausstieg aus der Atomenergie<br />
komplettieren<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die Regierungen der <strong>SPD</strong>-geführten<br />
Bundesländer werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen,<br />
dass die Bundesrepublik Deutschland so schnell wie möglich aus<br />
der Kernfusionsfor¬schung aussteigt und die entsprechenden Ver-<br />
U14<br />
Ausstieg aus der Atomenergie<br />
komplettieren<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
55<br />
60<br />
65<br />
247
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
träge über die Zusammenarbeit bei der Forschungsfinanzierung am<br />
Fusionsreaktor ITER in Frankreich kündigt.<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 15<br />
Landesverband Berlin<br />
Euratom-Vertrag überarbeiten - europaweiten<br />
Atomausstieg voranbringen!<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert eine grundlegende Überarbeitung des Euratom-<br />
Vertrages. Mittelfristig müssen die operativen Bestimmungen des<br />
Euratom-Vertrags und der Vertrag selbst auslaufen. Dabei sind insbesondere<br />
folgende Forderungen von Bedeutung:<br />
• Die durch den Euratom-Vertrag festgeschriebene Sonderstellung<br />
der Kernenergie soll abgeschafft werden, insbesondere sollen<br />
alle Passagen des Euratom-Vertrages gestrichen werden, die Investitionen<br />
in die Atomkraft begünstigen. Die frei werdenden<br />
Mittel sollen stattdessen außerhalb von Euratom für die Forschung<br />
und Entwicklung von erneuerbaren Energien eingesetzt<br />
werden. Die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der<br />
Kernspaltung soll sich auf Grundlagenforschung, Sicherheitsund<br />
Gesundheitsfragen beschränken.<br />
• Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Atomenergie noch<br />
einige Zeit Teil des Energiemixes vieler Mitgliedstaaten bleiben<br />
wird, müssen höchstmögliche, verbindliche Sicherheitsstandards<br />
für Kernkraftwerke gelten. Die Kontrolle der Sicherheitsstandards<br />
soll verschärft werden. Zudem soll die Europäische Atomenergiebehörde<br />
den Austausch mit den Nachbarländern der<br />
• EU ausbauen, um diese über Fortschritte bei Sicherheits- und<br />
Gesundheitsfragen zu informieren und ihnen bei der Umsetzung<br />
höchstmöglicher Sicherheitsstandards behilflich sein.<br />
• Die Sicherheitsstandards für Zwischen- und Endlager müssen<br />
europaweit einheitlich hoch sein.<br />
• Der europaweite Ausstieg aus der Atomkraft soll vorbereitet<br />
werden. Dazu muss der Euratom-Vertrag mittelfristig auslaufen.<br />
Die <strong>SPD</strong> wird für diese Ziele im Rahmen der SPE werben und sich<br />
dafür einsetzen, dass schnellstmöglich ein Konvent nach dem Vorbild<br />
des Verfassungskonvents einberufen wird, die den Vertrag zur<br />
Gründung einer Europäischen Atomgemeinschaft mit dieser Zielrichtung<br />
überarbeitet. Ein Konvent ist ein geeignetes Mittel, europaweit<br />
Aufmerksamkeit für dieses wichtige Thema zu generieren<br />
– es darf nicht hinter verschlossenen Türen scheitern!<br />
U15<br />
Euratom-Vertrag überarbeiten - europaweiten<br />
Atomausstieg voranbringen!<br />
Erledigt duch Regierungsprogramm<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 16<br />
Ortsverein Remlingen (Bezirk Braunschweig)<br />
Atommülllager Asse II - Rückholung<br />
umsetzen!<br />
Die <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion soll die Bundesregierung auffordern,<br />
die Rückholung des Atommülls aus dem Bergwerk Asse II zügig<br />
voranzutreiben. Es darf keinen weiteren Zeitverzug geben! Hierbei<br />
sind folgende Punkte zu berücksichtigen:<br />
1. Dem Betreiber der Schacht Anlage Asse II, ist ein klarer Auftrag<br />
zur Rückholung zu benennen.<br />
2. Alle Ministerien und Behörden müssen klare Zielvorgaben zur<br />
Rückholung bekommen.<br />
3. Alle Möglichkeiten zur Beschleunigung der Rückholung sind<br />
ständig zu prüfen und umzusetzen. Dabei darf es keine Abstriche<br />
in der Sicherheit für die Mitarbeiter und die Bevölkerung geben.<br />
U16<br />
Atommülllager Asse II - Rückholung<br />
umsetzen!<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
248
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
4. Die Asse II Begleitgruppe, mit den Experten der „Arbeitsgruppe<br />
Option Rückholung“, ist komplett zu informieren und ihre Anregungen<br />
und Empfehlungen sind auf Umsetzbarkeit zu prüfen.<br />
5. Die Rechtssicherheit der Mitarbeiter in den Ministerien, Behörden<br />
und des Betreibers ist klar zu definieren.<br />
6. Die Stilllegung vom Schacht Asse II erfolgt nach der Rückholung,<br />
d.h. die Rückholung ist kein Bestandteil der Stilllegung.<br />
Dies muss ggf. gesetzlich klar geregelt werden.<br />
7. Für die Rückholung des Atommülls aus dem Schacht Asse II ist<br />
eine konkrete detaillierte „Konzeptplanung Rückholung“ zu erstellen.<br />
Die erforderliche dazugehörige Bergetechnik, d.h. ferngesteuerten<br />
Maschinen sind unverzüglich zu beauftragen.Parallel<br />
sind Vorbereitungsarbeiten zur Rückholung und Arbeiten zur<br />
Stabilisierung des Bergwerkes durchzuführen.<br />
8. Für dieses Großprojekt ist eine Abteilung Projektmanagement<br />
mit kompetenten Fachpersonal und einem dazugehörigen Projektdirektor<br />
einzurichten. Der Projektdirektor ist mit weitreichenden<br />
Kompetenzen auszustatten.<br />
9. Für den Schacht V ist unverzüglich die Vorbohrung zu erstellen<br />
und abzuteufen.<br />
10. Ein Pufferlager ist einzurichten.<br />
11. Ein Zwischenlagerort ist nach Auswahlkriterien fest zu legen.<br />
Mehrere Standorte sind zu vergleichen. Es ist zu prüfen, ob<br />
für die Zwischenlagerung des Asse-Atommülls an den Standorten<br />
vorhandener Kernkraftanlagen Flächen oder nicht mehr<br />
genutzte Bundeswehrflächen für die Zwischenlagerung genutzt<br />
werden können.<br />
12. Die Konditionierungsanlage ist aufzubauen. Hierbei ist klar<br />
zu regeln, dass die Konditionierungsanlage ausschließlich der<br />
Verpackung des Atommülls aus Asse II dient. Nach der Rückholung<br />
des Atommülls aus Asse II ist diese Konditionierungsanlage<br />
zurück zu bauen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 17<br />
Unterbezirk Gifhorn (Bezirk Braunschweig)<br />
Bezirk Braunschweig<br />
Keine Bürgschaften für AKW´s<br />
Der Parteitag möge beschließen: Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und<br />
die Regierungen der <strong>SPD</strong>-geführten Bundesländer werden aufgefordert,<br />
sich dafür einzusetzen, dass die Bundesrepublik Deutschland<br />
die Vergabe von Bürgschaften für die Errichtung von Kernreaktoren<br />
im Ausland einstellt.<br />
U17<br />
Keine Bürgschaften für AKW´s<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 18<br />
Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Massentierhaltung<br />
Wir fordern die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion auf, sich für eine natürliche<br />
Tierhaltung einzusetzen. Die ökologische Landwirtschaft ist<br />
stärker zu unterstützen. Antibiotika sind bei akuten Erkrankungen<br />
nur nach tierärztlicher Konsultation einzusetzen. Die eingesetzten<br />
Mittel sind in Umfang, Wirkung und Gabedauer zu dokumentieren<br />
und durch das Veterinäramt zu kontrollieren. Vorbeugende Antibiotika-Abgaben<br />
sind nicht statthaft.<br />
Außerdem müssen die Mastbetriebe gezwungen werden, den Tieren<br />
mehr Platz zu geben. Die Kontrollen sind zu verschärfen. Antibiotika<br />
darf nur in Krankheitsfällen verabreicht werden.<br />
U18<br />
Massentierhaltung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
249
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 19<br />
Landesverband Sachsen<br />
Gentechnikfreie Landwirtschaft<br />
Die <strong>SPD</strong> fordert:<br />
• Die Ausbringung gentechnisch veränderter Organismen ist abzulehnen<br />
und sollte schnellstmöglich verboten werden. Freiversuche<br />
sind nicht mehr zuzulassen.<br />
• Patente auf das Erbgut von Lebewesen darf es nicht geben.<br />
• LandwirtInnen müssen ihr eigenes Saatgut produzieren dürfen.<br />
• Solange es gentechnisch veränderte Lebensmittel gibt, müssen<br />
diese für die VerbraucherInnen deutlich gekennzeichnet werden,<br />
auch wenn es sich um tierische Produkte handelt, die unter Einsatz<br />
gentechnisch veränderter Futtermittel entstanden sind.<br />
U19<br />
Gentechnikfreie Landwirtschaft<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 20<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Für eine artgerechte Tierhaltung<br />
Zu einer solidarischen und sozialen Politik muss auch der Tierschutz<br />
gehören.<br />
Wir fordern deshalb:<br />
1. Die derzeitigen Praktiken in der Massentierhaltung sind nicht akzeptabel.<br />
Tiere müssen entsprechend ihres Verhaltens und ihrer<br />
Bedürfnisse gehalten werden. Eine Überzüchtung und vorsorgliche<br />
Gabe von Antibiotika wird verboten.<br />
2. Das Kastrieren von Ferkeln oder anderen Tieren ohne jede Betäubung<br />
muss gesetzlich verboten werden.<br />
3. Das Patentieren von Tierzuchten darf nicht länger möglich sein.<br />
U20<br />
Für eine artgerechte Tierhaltung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 21<br />
Unterbezirk Hersfeld-Rotenburg (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Medikamente in der Massentierhaltung<br />
Wir fordern die Bundesregierung auf, den Missbrauch bei der Medikamentengabe<br />
in der Tierhaltung abzuschaffen.<br />
U21<br />
Medikamente in der Massentierhaltung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 22<br />
Landesverband Berlin<br />
Verschwendung verhindern,<br />
Nachhaltigkeit fördern - Unterstützung<br />
der Plastiktütensteuer<br />
Wir fordern die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion dazu auf, den Vorstoß<br />
von Bündnis 90/Die Grünen zu unterstützen, eine Steuer auf Plastiktüten<br />
einzuführen. Ausgenommen sind Plastiktüten auf organischer<br />
Basis. (Unter Plastiktüten sind sowohl Einwegtüten als auch<br />
größere Tragetaschen zu verstehen).<br />
U22<br />
Verschwendung verhindern,<br />
Nachhaltigkeit fördern - Unterstützung<br />
der Plastiktütensteuer<br />
Ablehnung<br />
250
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 23<br />
Unterbezirk Uelzen/Lüchow-Dannenberg (Bezirk Hannover)<br />
Hygieneregeln für alle organischen<br />
Dünger<br />
Die bestehenden Hygieneregeln für alle organischen Dünger im<br />
Düngerecht müssen hinsichtlich ihrer tatsächlichen Schutzwirkung<br />
überprüft und angepasst werden. Dabei müssen aktuelle wissenschaftliche<br />
Kenntnisse über die Belastungssituation aller Dünger<br />
erarbeitet werden, um gesetzliche Regelungen zu Hygieneaspekten<br />
im Düngerecht ändern bzw. anpassen zu können.<br />
Im Frühjahr 2011 forderte die „EHEC – Situation“ 60 Todesopfer.<br />
Weiterhin treten vermehrt MRSA – Erreger und ESBL – Erreger<br />
(antibiotikaresistente Bakterien) auf und fordern in Krankenhäusern<br />
immer mehr Todesopfer. Vor diesen Hintergrund müssen wir<br />
eine Verwertung der unterschiedlichsten organischen Substrate aus<br />
seuchen- und umwelthygienischer Sicht hinterfragen. Im Sinne des<br />
vorbeugenden Infektionsschutzes sollten organische Dünger daher<br />
nicht ohne vorherige Hygienisierende Behandlung in der Landwirtschaft<br />
oder im Landschaftsbau verwertet werden.<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 24<br />
Unterbezirk Lüneburg (Bezirk Hannover)<br />
Lebensmittelskandale<br />
Wir wollen folgende Forderungen durchsetzen:<br />
1. die Offenlegung behördlicher Untersuchungsergebnisse bei Verstößen<br />
gegen das Lebensmittelrecht und Nennung der beteiligten<br />
Unternehmen in einer sogenannten schwarzen Liste,<br />
2. die lückenlose Rückverfolgbarkeit verwendeter Produkte in der<br />
gesamten Lieferkette,<br />
3. die Kennzeichnungspflicht bzw. Herkunftsangaben von Zutaten<br />
bei verarbeiteten Lebensmitteln,<br />
4. die Sanktionen im Lebensmittel- und Futtermittelrecht deutlich<br />
zu verschärfen, z.B. durch Anpassung der Höhe des Bußgeldes<br />
an die erzielten Umsätze.<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 25<br />
Landesverband Berlin<br />
Schmutzige Schokolade boykottieren und<br />
damit Sklaverei von Kindern bekämpfen<br />
Der erhebliche Teil des Kakaos in der Welt wird mit Hilfe von Kindersklaven<br />
produziert.<br />
Daher werden alle Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten<br />
aufgerufen,<br />
• dort, wo sie Verantwortung tragen, die Vergabe- und Auftragspraxis<br />
zu ändern,<br />
• ihr persönliches Konsumverhalten anzupassen,<br />
um fair produzierte und gehandelte Schokolade zu fördern und<br />
so die Schokoladenproduzenten zur Einhaltung der Kernarbeitsnormen<br />
der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zu bewegen.<br />
Staatliche Ebenen können Bezug auf die von Deutschland<br />
ratifizierten IAO-Kernarbeitsnormen nehmen, insbesondere die<br />
Übereinkunft 182 zum Verbot der schlimmsten Formen von Kin-<br />
U23<br />
Hygieneregeln für alle organischen<br />
Dünger<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
U24<br />
Lebensmittelskandale<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
U25<br />
Schmutzige Schokolade boykottieren und<br />
damit Sklaverei von Kindern bekämpfen<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
251
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
derarbeit. In einigen Bundesländern existieren Tariftreuegesetze,<br />
die direkten Bezug auf die Einhaltung und Durchsetzung der IAO-<br />
Kernarbeitsnormen nehmen. Diese müssen auch bei dem Verkauf<br />
von Schokolade durchgesetzt werden.<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 26<br />
Unterbezirk Ennepe-Ruhr (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Lebensmittelgesundheit/ Resistente<br />
Keime<br />
Wir fordern:<br />
1. Erlass gesetzlicher Bestimmungen, die Medikamente, Hormone,<br />
resistente Keime in/auf Lebensmittel, also auch Pflanzen, verhindern.<br />
Ausnahmen sind klar und eindeutig auf ein Minimum<br />
zu begrenzen.<br />
2. Die Herkunft resistenter Keime in/auf Gemüsepflanzen ist unverzüglich<br />
aufzuklären. Wirksame Gegenmaßnahmen sind zu<br />
treffen, die eine erneute Verseuchung ausschließen.<br />
3. Mehr und ausreichende staatliche Kontrollen, sowie spürbare<br />
Sanktionsmöglichkeiten. Die Kosten sind über von den Kontrollierten<br />
zu zahlende Gebühren zu decken.<br />
U26<br />
Lebensmittelgesundheit/ Resistente<br />
Keime<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
30<br />
35<br />
40<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 27<br />
Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />
Spekulationsverbot für<br />
Nahrungsmittelrohstoffe<br />
Der Gesetzgeber wird aufgefordert, ein Verbot für Nahrungsmittelspekulationen<br />
- möglichst in Abstimmung mit den anderen EU-<br />
Staaten - zu beschließen. Als Vorbild mag die Initiative der amerikanischen<br />
Börsenaufsicht CFTC (Commodities Futures Trading Comission)<br />
dienen. Kernpunkt dieses Vorschlags ist, dass die Anzahl<br />
der von einem Händler gehaltenen Kontrakte stark begrenzt wird.<br />
U27<br />
Spekulationsverbot für<br />
Nahrungsmittelrohstoffe<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 28<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Lebensmittelsiegel<br />
Wir fordern die Einführung eines einheitlichen Siegels für Lebensmittel,<br />
das VerbraucherInnen eine einfache Entscheidungshilfe für<br />
folgende Probleme liefert:<br />
Ist das Produkt<br />
• laktosefrei<br />
• glutenfrei<br />
• vegetarisch<br />
• vegan<br />
• zuckerfrei<br />
Für die Kennzeichnung relevant sind alle verwendeten Teilprodukte,<br />
die zur Erzeugung des Endproduktes benutzt wurden. Zur<br />
Nutzung dieses Siegels ist ein Antrag beim Bundesamt für Verbraucherschutz<br />
und Lebensmittelsicherheit (BVL) notwendig. Das<br />
BVL prüft weiterhin stichprobenartig die Einhaltung der für das<br />
Siegel notwendigen Kriterien.<br />
U28<br />
Lebensmittelsiegel<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
252
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 29<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
TelefonbetrügerInnen das Handwerk<br />
legen<br />
Wir wollen VerbraucherInnen aktiv schützen und BetrügerInnen<br />
wirkungsvoll verfolgen können. Aus diesem Grund darf der Gesetzgeber<br />
nicht länger zulassen, dass Firmen bzw. Einzelpersonen<br />
eine falsche Rufnummer mit senden und so für die Betroffenen<br />
nicht ersichtlich ist, wer tatsächlich anruft und wie derjenige zu<br />
erreichen wäre. Jede Firma muss zukünftig eine Rufnummer mit<br />
senden, die tatsächlich ihnen zugewiesen ist.<br />
U29<br />
TelefonbetrügerInnen das Handwerk<br />
legen<br />
Annahme<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 30<br />
Landesorganisation Hamburg<br />
Internetdienste<br />
Der Bundesparteitag möge die Bundestagsfraktion auffordern, Anbieter<br />
von Internetdiensten, die Daten ihrer Nutzer zur Weitergabe<br />
an Dritte erheben, müssen ihren Nutzern mindestens einmal im<br />
Jahr Auskunft über die Verwendung ihrer Daten geben. Sie müssen<br />
dabei dem jeweiligen Nutzer bekannt geben, an wen welche seiner<br />
Daten zu welchem Zweck weitergegeben wurden.<br />
U30<br />
Internetdienste<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 31<br />
Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
RFID-Technik regulieren -<br />
Schnüffelchips vor dem Verkauf<br />
entfernen<br />
RFID-Chips müssen beim Verkauf oder Versand von Waren von<br />
Produkten entfernt oder in ihrer Funktion zerstört werden. Die<br />
<strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, ein entsprechendes<br />
Gesetz in den Bundestag einbringen.<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 32<br />
Landesverband Berlin<br />
§ 266 c Missbrauch des<br />
Lastschriftverfahrens<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsabgeordneten werden aufgefordert sich für die<br />
Einfügung eines § 266c StGB Missbrauch des Lastschriftverfahrens<br />
einzusetzen. „Wer gegenüber einem Kreditinstitut wahrheits-<br />
U31<br />
RFID-Technik regulieren -<br />
Schnüffelchips vor dem Verkauf<br />
entfernen<br />
Annahme in geänderter Fassung:<br />
Die RFID-Technik (radio-frequency identification) ist grundsätzlich<br />
sinnvoll, weil durch die in der Ware einbauten Chips das Erfassen<br />
der Ware entlang der Lieferkette, die Qualitätskontrolle und der<br />
Bezahlvorgang an der Kasse vereinfacht werden. Gleichzeitig dienen<br />
die Chips dem Diebstahlschutz. Ab den Zeitpunkt der Übergabe<br />
der Ware an den Kunden sollten aber alle Anbieter ihre Kunden<br />
über RFID-Chips informieren und die RFID-Sender nach dem Zahlungsvorgang<br />
entfernen. Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird aufgefordert,<br />
ein entsprechendes Gesetz in den Bundestag einbringen.<br />
U32<br />
§ 266 c Missbrauch des<br />
Lastschriftverfahrens<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
253
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
widrig vorgibt, ihm sei eine Einzugsermächtigung mit der Befugnis<br />
zur Belastung eines fremden Girokontos im Lastschriftverfahren<br />
erteilt worden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe<br />
bestraft. Nach S.1 wird auch die im Ausland begangene Tat<br />
bestraft, wenn sie gegenüber einem Kreditinstitut mit Sitz im Inland<br />
oder gegenüber der im Inland gelegenen Niederlassung eines<br />
Kreditinstituts mit Sitz im Ausland begangen wird. Die angemaßte<br />
Einzugsermächtigung stellt heute ein strafloses Geschäftsmodell<br />
vor, welches nicht von § 263 StGB Betrug erfasst wird, da keine<br />
Täuschung eines Menschen vorliegt. Nach Bankenvorschriften erfolgt<br />
keine Überprüfung der Berechtigung und damit kann keine<br />
Täuschung im Sinne des § 263 StGB existieren. Die Bürger sind<br />
heute zum einen nicht ausreichend über die 6-wöchige Widerrufsfrist<br />
informiert, zum anderen kann gegenüber rechtswidrigen Handeln<br />
nicht allein der unschuldige Kontoinhaber bestraft werden.<br />
Durch die Strafandrohung wäre dem Geschäftsmodell die Grundlage<br />
entzogen.<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 33<br />
Bezirk Braunschweig<br />
Für den zügigen Bau der A39 von<br />
Lüneburg nach Wolfsburg<br />
Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, alle politischen Möglichkeiten und<br />
alle Kräfte dafür einzusetzen, dass der Lückenschluss der A39 zwischen<br />
Lüneburg und Wolfsburg baldmöglichst realisiert wird.<br />
U33<br />
Für den zügigen Bau der A39 von<br />
Lüneburg nach Wolfsburg<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 34<br />
Bezirk Braunschweig<br />
Zweigleisiger Ausbau der „Weddeler<br />
Schleife“ von Wolfsburg nach<br />
Braunschweig<br />
Die <strong>SPD</strong> wird aufgefordert, alle politischen Möglichkeiten und alle<br />
Kräfte dafür einzusetzen, dass die „Weddeler Schleife“, die bisher<br />
eingleisige Eisenbahnstrecke zwischen Wolfsburg und Braunschweig,<br />
schnellstmöglich zweigleisig ausgebaut wird.<br />
U34<br />
Zweigleisiger Ausbau der „Weddeler<br />
Schleife“ von Wolfsburg nach<br />
Braunschweig<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 35<br />
Unterbezirk Bielefeld (Landesverband Nordrhein-Westfalen)<br />
Finanzielle Förderung von<br />
Elektromobilität<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion erarbeitet einen Plan zur Elektromobilität,<br />
um damit einen Anreiz für den Umstieg auf Elektrofahrzeuge<br />
zu schaffen.<br />
U35<br />
Finanzielle Förderung von<br />
Elektromobilität<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
65<br />
254
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 36<br />
Kreisverband Rhein-Neckar (Landesverband Baden-Württemberg)<br />
Sozialticket für den ÖPNV<br />
Wir fordern ein Sozialticket für den Öffentlichen Personennahverkehr<br />
für Personen mit geringem Einkommen, das mit Zuschüssen<br />
des Bundes und/oder Landes mitfinanziert wird. Dieses Sozialticket<br />
soll zur Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs innerhalb<br />
eines der in Deutschland existierenden Verkehrsverbünde berechtigen,<br />
allerdings erschwinglich sein. Menschen mit geringem<br />
Einkommen sollen dieses Ticket gegen eine nach dem Einkommen<br />
gestaffelte Bezahlung erhalten.<br />
U36<br />
Sozialticket für den ÖPNV<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 37<br />
Landesverband Berlin<br />
Deutschland braucht dringend eine<br />
Korrektur der „Bahn-Reform“ von 1993<br />
Das aktuelle S-Bahn-Chaos in Berlin, die Dauerkrise im ICE-<br />
Verkehr, die Einstellung des Interregio-Verkehrs, der Niedergang<br />
des grenzüberschreitenden Eisenbahnpersonenfernverkehrs und<br />
die schlechteren Service- und Verkehrs-Leistungen zeigen, dass<br />
die Bahnreform von 1993 in der derzeitigen Form unzureichend<br />
ist. Sie hat dem System „Eisenbahn“ in Deutschland nicht den gewünschten<br />
Aufschwung gebracht. Aus diesem Grunde werden die<br />
<strong>SPD</strong>-Mitglieder der Länderverkehrsministerkonferenz sowie die<br />
<strong>SPD</strong>-Bundestagsabgeordneten aufgefordert, in einer Initiative für<br />
die notwendige Kurskorrektur und Ergänzung der „Bahn-Reform“<br />
einzutreten:<br />
Folgende sieben Eckpunkte sind in einer neuen „Bahnreform II“<br />
gesetzlich zu verankern:<br />
1. Die Infrastrukturbereiche der Eisenbahnen des Bundes sind ausschließlich<br />
auf das Gemeinwohl und die Daseinsvorsorge zu orientieren.<br />
Der Erhalt, der Ausbau und die Unterhaltung der gesamten<br />
Infrastruktur ist im besten Zustand auf modernsten technischem<br />
Niveau (einschließlich Sicherheitsstandards) als Aufgabe<br />
der Deutschen Bahn nach Grundsätzen und Einzelweisungen<br />
des Bundes gesetzlich zu fixieren. Gewinne aus der Infrastruktur<br />
müssen vollständig in die Infrastruktur reinvestiert werden. Dazu<br />
ist der Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag zwischen<br />
den Infrastrukturbereichen und dem Gesamt-Konzern der Deutschen<br />
Bahn aufzulösen. Entsprechende Unternehmensgrundsätze<br />
sind gesetzlich zu regeln.<br />
2. Planungen für einen Börsengang der Deutschen Bahn (mit Ausnahme<br />
der Logistik-Sparte) sind endgültig aufzugeben. Der<br />
Bund muss seine in Artikel 87e des Grundgesetzes enthaltene<br />
Gemeinwohlverpflichtung für den Eisenbahnfernverkehr nachhaltig<br />
wahrnehmen. Das hierzu vorgeschriebene Bundesgesetz<br />
wird umgehend entwickelt und umgesetzt. Der Bund erarbeitet<br />
dabei unter Beteiligung der Länder einen Plan, in dem die<br />
Mindestversorgung im Fernverkehr und die Qualitätsstandards<br />
(z.B. Barrierefreiheit, Gepäck-, Kinderwagen-, Fahrradmitnahme,<br />
Bewirtschaftung) festgelegt und fortgeschrieben werden.<br />
Die Deutschen Bahn hat diesen Plan im Rahmen einer Ziel- und<br />
Leistungsvereinbarung als öffentlicher Dienstleister umzusetzen.<br />
Dabei sind insbesondere die Anforderungen der Raumordnung<br />
zu berücksichtigen. Ergebnis des Planes sind langfristige Fahrpläne<br />
(„Deutschland-Takt“), an denen sich auch die Investitionen<br />
des Bundes zum Ausbau der Infrastruktur orientieren. Kann<br />
U37<br />
Deutschland braucht dringend eine<br />
Korrektur der „Bahn-Reform“ von 1993<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und an Gruppe der <strong>SPD</strong>-<br />
Abgeordneten im Europäischen Parlament<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
255
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
die Deutsche Bahn Teilleistungen nicht erbringen, so werden<br />
diese ausgeschrieben.<br />
3. Die Verantwortung der Länder für den Schienenpersonennahverkehr<br />
bleibt erhalten. Das System der Regionalisierungsmittel<br />
wird ausgebaut und erweitert. Die schienengebundene Infrastruktur<br />
wird neu geordnet. Regionale und lokale Eisenbahninfrastruktur<br />
(z.B. S-Bahnen) wird ohne Entschädigung in das Eigentum<br />
und die Verantwortung der Länder bzw. Regionen oder<br />
von Ihnen gebildeter Institutionen übergehen, um Zuständigkeiten<br />
und Entscheidungen über Instandhaltung, Planung, Sicherung<br />
und Erweiterung der schienengebundenen Infrastruktur auf<br />
dieser Ebene und damit den Bestellern des SPNV anzusiedeln.<br />
4. Für den Güterverkehr sowie Sonderzugverkehre (die nicht Bestandteil<br />
der Daseinsvorsorge sind) werden ein diskriminierungsfreier<br />
Zugang privater Eisenbahnunternehmen in das Schienennetz<br />
nach EU-Vorgaben und ein Wettbewerb ermöglicht.<br />
5. Nichtbundeseigene Eisenbahnverkehrsunternehmen können für<br />
Verkehrsleistungen im Schienenpersonenverkehr von den Ländern<br />
bzw. vom Bund beauftragt werden, wenn gewährleistet<br />
wird, dass sie den Beschäftigten ein von den Tarifpartnern vereinbarten<br />
Branchentarifvertrag mit einem Mindestlohn für alle<br />
Beschäftigten bieten und bei einem Betreiberwechsel das Betriebspersonal<br />
mit Kündigungsschutz übernommen wird.<br />
6. Abgestimmte Fahrpläne und Tarife sowie ein direkter Vertrieb<br />
werden gewährleistet, damit die Netzwirksamkeit des Systems<br />
Eisenbahn als einheitliches System erhalten, gestützt und gefördert<br />
wird. Die Fahrplaninformationen erfolgen umfassend (zeitlich<br />
und örtlich) und diskriminierungsfrei über alle Informationskanäle.<br />
Sie steht allen Nutzern auch ohne den Einsatz eigener<br />
technischer Hilfsmittel zur Verfügung.<br />
7. Die SPE-Abgeordneten werden aufgefordert, sich für die Europäisierung<br />
der nationalen Staatsbahnen einzusetzen, damit im<br />
internationalen Verkehr leistungsfähige und konkurrenzfähige<br />
Angebote realisiert werden. Aufbauend auf ersten Ansätzen zu<br />
Kooperationen und Allianzen der Staatsbahnen (z.B. „Berlin-<br />
Warszawa-Express“, Allianzen DB/SBB und TGV/ICE) ist ein<br />
„Verbund der Staatsbahnen der Europäischen Union“ zu entwickeln.<br />
Das Tarifsystem ist zu vereinfachen und konkurrenzfähig<br />
insbesondere zum Flug- und Autoverkehr zu gestalten (z.B.<br />
Abschaffung von nationalen bzw. produktbezogenen „Inseltarifen“).<br />
Die staatlichen Eisenbahnen sind zu einer Kooperation im<br />
Eisenbahnfernverkehr zu verpflichten. Im Ergebnis wird z.B. der<br />
grenzüberschreitende Eisenbahnverkehr nach Italien, Lettland<br />
und Estland wieder aufgenommen.<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 38<br />
Unterbezirk Kassel-Stadt (Bezirk Hessen-Nord)<br />
Sicherheit Güterverkehr Straße<br />
Europaweit werden bei Neuzulassungen von LKW über 7,49 to<br />
zwingend Brems- Assistenz- Systeme vorgeschrieben. Innerhalb<br />
einer Übergangszeit von 5 Jahren ist eine Regelung für alle im EU-<br />
Raum verkehrenden LKW umzusetzen.<br />
U38<br />
Sicherheit Güterverkehr Straße<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
60<br />
65<br />
256
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 39<br />
Landesverband Berlin<br />
DB Netz AG aus dem Mutterkonzern DB<br />
herauslösen<br />
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die DB Netz AG aus der<br />
Verflechtung des Mutterkonzerns DB AG heraus zu lösen und in<br />
öffentlicher Hand zurückgeführt wird.<br />
U39<br />
DB Netz AG aus dem Mutterkonzern DB<br />
herauslösen<br />
Ablehnung<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 40<br />
Landesverband Berlin<br />
Fahrplandaten für alle<br />
Am 17.9.2012 gaben die Deutsch Bahn und Google bekannt, dass<br />
die Fahrplandaten der DB in Google Maps integriert werden. Weitere<br />
Vertragsverhandlungen der DB mit den Nahverkehrsverbünden<br />
Berlin stehen wohl kurz vor dem Abschluss. Die alleinige Nutzung<br />
der Daten nur durch Google kann nur ein Anfang der Visualisierung<br />
der Fahrplandaten sein. Insbesondere für nicht-kommerzielle<br />
Projekte sind diese Daten zur Verfügung zu stellen.<br />
Wir fordern von der Deutschen Bahn weiter, dass sie nun ihre Fahrplan-<br />
und Echtzeitdaten mittels eines maschinenlesbaren Formates<br />
veröffentlicht und mindestens den nichtkommerziellen Gebrauch<br />
dieser Daten erlaubt. Dieselbe Forderung richtet sich auch an die<br />
Nahverkehrsverbünde/ -unternehmen. Auch diese müssen die Fahrplan-<br />
und Echtzeitdaten im Internet zur Verfügung stellen.<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 41<br />
Landesverband Berlin<br />
Regionalisierungsmittel für SPNV<br />
Sicherung der Regionalisierungsmittel für die Bestellung des<br />
Schienenpersonennahverkehrs<br />
1. Der <strong>SPD</strong>-Bundesvorstand und die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion setzen<br />
sich dafür ein, dass den Bundesländern in den kommenden<br />
20 Jahren ausreichend Regionalisierungsmittel zur Verfügung<br />
stehen, um ihr S-Bahn- und Regionalbahnangebot aufrecht zu erhalten<br />
und für die Länder eine Planungssicherheit für den ÖPNV<br />
besteht. Entsprechende Aussagen sind im Wahlprogramm und<br />
bei einer Regierungsbeteiligung der <strong>SPD</strong> in der Koalitionsvereinbarung<br />
zu verankern. Ziel ist es, mindestens das heutige Zugangebot<br />
zu gewährleisten.<br />
2. Die vom Bund an die Länder zugewiesenen Regionalisierungsmittel<br />
sind dahingehend zu dynamisieren, dass nicht nur die Inflationsrate<br />
sondern auch durch die DB-Netz AG erhöhten Trassenpreise<br />
und Stations&Service-Gebühren ausgeglichen werden,<br />
um Kürzungen im Nahverkehr zu vermeiden.<br />
3. Kommt der Bund seiner nach der Bahnreform eingegangene Verpflichtung<br />
zur Sicherung eines Mindestangebots im Fernverkehr<br />
(entsprechend Artikel 87 e Grundgesetz) weiterhin nicht nach,<br />
so sind auf einer zu schaffenden bundesgesetzlichen Grundlage<br />
zusätzliche Mittel bereitzustellen, mit denen eine Mindestversorgung<br />
(3 Zugpaare pro Tag) zur Anbindung von Großstädten<br />
in strukturschwachen Gebieten sowie im grenzüberschreitenden<br />
Verkehr (z.B. Berlin/Dresden - Breslau, Berlin-Stettin und Nürnberg-Prag)<br />
gewährleistet und entsprechend bestellt werden kann<br />
U40<br />
Fahrplandaten für alle<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
U41<br />
Regionalisierungsmittel für SPNV<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
257
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 42<br />
Rad-und Kraftfahrerbund Solidarität Deutschland 1896 e.V.<br />
Für eine ökologische Verkehrswende<br />
Der Verkehrssektor ist eine Schlüsselbranche der Wirtschaft und<br />
unserer Gesellschaft. Die Mobilität von Menschen und der Transport<br />
von Waren sind unverzichtbar für Wohlstand und Teilhabe der<br />
Menschen am kulturellen und wirtschaftlichen Leben. Er sichert<br />
für Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – auch<br />
für viele unserer Mitglieder – die Arbeitsplätze und Existenzen. Allerdings<br />
steht der Verkehr im Hinblick auf Zukunftsfähigkeit und<br />
Effizienz vor großen Herausforderungen. Der Verkehr lebt von der<br />
Energie. ENERGIE ist jedoch KNAPP. Der Verkehr verursacht klimaschädliche<br />
Treibhausgase.<br />
Dies setzt ständige Entwicklungs- und Modernisierungsmaßnahmen<br />
voraus, um Umweltziele nicht zu gefährden sowie Umweltkosten<br />
zu vermeiden. Die hohen Investitionen für den Erhalt und<br />
den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sind auf öffentliche Mittel<br />
angewiesen, die nun durch die Staatsschuldenkriese weiter reduziert<br />
werden. Dabei fehlen jetzt schon Milliarden für einen bedarfsgerechneten<br />
und sicheren Erhalt sowie für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur.<br />
Für eine nachhaltige Wirtschaftsordnung und<br />
die Chance auf mehr zukunftsfähige und hochqualifizierte Arbeitsplätze<br />
ist die Verwirklichung einer nachhaltigen Verkehrsausrichtung<br />
unabdingbar. Tagtäglich sind Millionen Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer, Schülerinnen und Schüler sowie Bürgerinnen<br />
und Bürger auf sichere und bezahlbare Verkehrsdienstleistungen<br />
angewiesen.<br />
Nur durch eine ökologische Verkehrswende können Rahmenbedingungen<br />
geschaffen werden, die die Versorgungssicherheit der auf<br />
unterschiedliche Finanzierungs- und Energiequellen angewiesenen<br />
Verkehrsträger auch nachhaltig und solide sichert.<br />
Hierfür ist aber eine Gesellschaft notwendig, die einen ökologischen<br />
Strukturwandel zulässt und umsetzt. Wir brauchen Politiker,<br />
Unternehmen, Beschäftigte und jeden einzelnen Verbraucher, die<br />
alle gemeinsam die völlige Ausschöpfung der Nachhaltigkeitspotenziale<br />
in Angriff nehmen. Hierbei sind auch und insbesondere<br />
die sozialen Belange grundsätzlich zu berücksichtigen. Klima- und<br />
Umweltschutzmaßnahmen sowie die Interessen der Beschäftigten<br />
müssen im Einklang stehen.<br />
In diesem Sinne steht der Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität<br />
Deutschland 1896 e.V. für das Vorantreiben eines zukunftsfähigen<br />
Energiemodells in Deutschland und Europa. Wir brauchen ein<br />
Energiemodell, das mit begrenzten Ressourcen schonend umgeht,<br />
auf erneuerbare Energien aufbaut und auf Atomenergie verzichtet.<br />
Den Einsatz von Bio-Agrarstoffen aus Lebensmittel wie Mais,<br />
Raps, Getreide, Zucker, etc. oder auch Holz, als Energiequelle lehnen<br />
wir ab.<br />
Der zügige Ausbau von erneuerbaren Energien muss in Deutschland<br />
und Europa absoluten Vorrang haben und mit staatlichen Fördermitteln<br />
unterstützt werden – und zwar dort, wo es ökologisch,<br />
technisch und ökonomisch Sinn macht.<br />
Wir fordern<br />
• die Überprüfung der CCS-Technologie (Carbon Dioxide Caputere<br />
on Storage; eine Technologie, die für die Ausscheidung und<br />
unterirdische Speicherung von CO2-Emission steht) bevor der<br />
weitere Ausbau stattfindet. Bis dahin ist eine weitere Verflüssigung<br />
von CO2 und deren Speicherung – insbesondere in Kavernen<br />
und am Meeresboden einzustellen.<br />
• eine Intensivierung von Modernisierungsmaßnahmen durch<br />
Forschung und Entwicklung. Der Staat als Eigentümer der Verkehrsinfrastruktur<br />
sowie aufgrund seiner ordnungspolitischen<br />
Aufgabe, die Industrie als Hersteller und nicht zuletzt die Verkehrsunternehmen<br />
als Betreiber sind gleichermaßen aufgefordert,<br />
dass zur Erforschung und Entwicklung von energieeffizien-<br />
U42<br />
Für eine ökologische Verkehrswende<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
258
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
teren Schienenfahrzeugen mehr Forschungsmittel bereitgestellt<br />
werden und zudem europäische Kooperationen zwischen den<br />
Verkehrsunternehmen, der Bahnindustrie und den Forschungseinrichtungen<br />
aufgebaut wird.<br />
• die Förderung und Sicherstellung von umweltfreundlichen Verkehrsträgern.<br />
Sowohl die Bundespolitik als auch die Landesregierungen<br />
sind gefordert ein Gesamtkonzept zur Bewältigung<br />
einer ökologischen Verkehrswende vorzulegen. Dieses Konzept<br />
muss verbindlich zu einem „Masterplan Verkehr“ führen und<br />
stärker als bisher auf die europäische Verkehrspolitik Einfluss<br />
nehmen.<br />
• Hierzu ist die Verwirklichung der Barrierefreiheit an Bus-/Bahnhöfen,<br />
der Ausbau des Schienennahverkehrs, des ÖPNV sowie<br />
der Fahrradwegebau, Verbesserung des Kunden- und Serviceangebotes<br />
und der Fahrscheinverkaufssysteme verstärkt voranzutreiben.<br />
• Angebote für die Nutzung und Fahrradmitnahme sowie Carsharing<br />
sind weiterzuentwickeln<br />
• Die Kapazitäten für die Güterbeförderung in Ballungszentren<br />
und auf Hauptabfuhrstrecken – insbesondere im Hafenhinterlandverkehr<br />
– sind dem tatsächlichen Bedarf anzupassen.<br />
• Der Einsatz von „Gigaliner“ (Riesen-Lkw) sowie die Lizenzvergabe<br />
zum Betreiben von Fernbuslinien widersprechen dem<br />
verkehrspolitischen Verlagerungsprozess (von der Straße auf die<br />
Schiene) und werden deshalb abgelehnt.<br />
• Hinsichtlich des Lärmschutzes sind Maßnahmen zu ergreifen,<br />
damit in möglichst kurzer Zeit alle in Deutschland fahrenden<br />
Güterwagen mit geräuscharmen Bremssystemen ausgerüstet<br />
werden<br />
• Der passive Lärmschutz (Lärmschutzwände, leises Gleisbett) ist<br />
besonders zu fördern.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 43<br />
Unterbezirk Uelzen/Lüchow-Dannenberg (Bezirk Hannover)<br />
Chancen der Metropolregion Hamburg<br />
nutzen-Verkehrsinfrastruktur der Region<br />
verbessern<br />
In Anknüpfung an das auf dem UB-Parteitag am 16. Februar 1996<br />
beschlossene Verkehrskonzept und vor dem Hintergrund aktueller<br />
Entwicklungen bekräftigt der <strong>SPD</strong> Unterbezirk Uelzen/Lüchow-<br />
Dannenberg seine Forderungen nach einer verbesserten Verkehrsinfrastruktur<br />
für die Region mit dem Ziel deren Zukunftsfähigkeit<br />
zu erhalten, neue wirtschaftliche Potentiale zu erschließen und dem<br />
demographischen Wandel wirksam zu begegnen. Die notwendigen<br />
Schritte zur Realisierung der nachfolgend genannten Maßnahmen<br />
müssen unverzüglich auf den Weg gebracht bzw. ohne Zeitverlust<br />
fortgesetzt werden:<br />
1. Die Ertüchtigung der bestehenden Bahnstrecken, insbesondere<br />
der weitere Ausbau der Amerikalinie, die Verlängerung des<br />
dritten Gleises auf der Hauptstrecke Hamburg - Hannover über<br />
Lüneburg hinaus in Richtung Süden, die Schaffung zusätzlicher<br />
Kapazitäten für den Güterverkehr durch Ausbau der Strecke<br />
Buchholz-Soltau-Celle und die Verbesserung der Strecke Lüneburg-Dannenberg.<br />
Die stillgelegten Strecken Uelzen-Dannenberg<br />
und Dannenberg-Lüchow (Jeetzeltalbahn) einschließlich<br />
der Verlängerung nach Salzwedel sind für künftige Nutzungen<br />
vorzusehen.<br />
2. Die Anpassung des Elbe-Seiten-Kanals an die Erfordernisse der<br />
zeitgemäßen Binnenschifffahrt, insbesondere die Ersetzung des<br />
Schiffshebewerks Scharnebeck durch ein neues Aufstiegsbauwerk<br />
für moderne Gütermotorschiffe.<br />
U43<br />
Chancen der Metropolregion Hamburg<br />
nutzen-Verkehrsinfrastruktur der Region<br />
verbessern<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
259
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
3. Die Optimierung des Fernstraßennetzes zur Anbindung der Region<br />
an die benachbarten Wirtschaftsräume, insbesondere der<br />
Lückenschluss der A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg auf<br />
einer Trasse, bei der die berechtigten Schutzinteressen der betroffenen<br />
Anwohnerinnen und Anwohner genauso Berücksichtigung<br />
finden wie die von Natur und Umwelt. Zur Regulierung des<br />
Schwerkraftverkehrs sind die gesetzlichen Voraussetzungen für<br />
die Ausdehnung der LKW-Maut auf alle belasteten Bundesstraßen<br />
in der Region zu schaffen. Es wird gefordert sicherzustellen,<br />
dass in der Bauphase und bis zum vollständigen Lückenschluss<br />
der A 39 zwischen Lüneburg und Uelzen, kein zusätzlicher Verkehr<br />
über/nach Bad Bevensen geleitet wird.<br />
Bereits kurz nach Herstellung der Deutschen Einheit und dem Fall<br />
des Eisernen Vorhangs hat sich der Unterbezirk Uelzen/ Lüchow-<br />
Dannenberg intensiv mit den verkehrspolitischen Herausforderungen<br />
für die Region befasst. Die Feststellung, dass Mobilität und<br />
Erreichbarkeit durch die offenen Grenzen in Europa an Bedeutung<br />
gewonnen haben, führten auf dem UB-Parteitag 1991 zu einer Reihe<br />
von Beschlüssen, die später unter Einbeziehung weiterer Verkehrsträger<br />
zu einem abgestimmten Verkehrskonzept mit Lösungsvorschlägen<br />
und Forderungen erweitert und präzisiert wurden.<br />
Einige der Verkehrsprojekte aus dem Forderungskatalog sind inzwischen<br />
umgesetzt (Ortsumgehung Lüchow) oder zumindest im<br />
Bau (Ortsumgehung Kirchweyhe), viele andere, insbesondere jene<br />
von überregionaler Bedeutung, sind noch zu verwirklichen. Aktuelle<br />
Entwicklungen und Diskussionen (Anbindung der Seehäfen,<br />
Zurückstellung Y-Trasse, Planung A 39) lassen weitere Infrastrukturprojekte,<br />
die geeignet sind, der bekannten Strukturschwäche der<br />
Region entgegenzuwirken,in greifbare Nähe rücken.<br />
Potentialanalysen aus dem Jahr 2012 besagen, dass sich der Containerumschlag<br />
im Hamburger Hafen und die damit notwendigerweise<br />
einher gehenden Hafenhinterlandverkehre bis 2025 fast verdreifachen<br />
könnten. Massengüter sind dabei noch gar nicht mitgerechnet.<br />
Ein Drittel der Güter aus dem Hamburger Hafen werden in einen<br />
Umkreis von 100 km verbracht, ein weiteres Drittel geht in Richtung<br />
Süd-Ost. Bei der Weiterleitung der Containertransporte von<br />
Seeschiffen zu den Zielen im Inland entfallen aktuell nur rund zwei<br />
Prozent auf Binnenschiffe, 36 Prozent auf die Bahn und 62 Prozent<br />
auf Lastwagen (Quelle: Hamburger Abendblatt v. 24.01.13).<br />
Auch für das Wachstum der anderen norddeutschen Seehäfen<br />
(Bremen, Bremerhaven, Jade-Weser-Port) ist die Bewältigung des<br />
Transportvolumens über die Hinterlandanbindung von entscheidender<br />
Bedeutung. Dabei ist die Kapazitätsgrenze des vorhandenen Eisenbahnnetzes<br />
längst erreicht. Auch die inzwischen auf Eis gelegte<br />
Y-Trasse würde nicht ausreichen, um das zu erwartende Güteraufkommen<br />
zu bewältigen. Aus einer im Jahr 2009 im Auftrage des<br />
Landes Niedersachsen erstellten Studie zur Hafenhinterlandanbindung<br />
geht hervor, dass neben den Maßnahmen aus dem Sofortprogramm<br />
Seehafenhinterlandverkehr die Ertüchtigung vorhandener<br />
Streckenteile zur Bewältigung des zu erwartenden Verkehrsaufkommens<br />
notwendig ist. Dazu gehören u. a. der zweigleisige Ausbau<br />
und die Elektrifizierung der Amerikalinie sowie die Verlängerung<br />
des dritten Gleises der Hauptstrecke mindestens bis Uelzen.<br />
Über die Wasserwege könnten bis zu 9 % des Hamburger Aufkommens<br />
weitertransportiert werden. Im aktuellen rot-grünen Koalitionsvertrag<br />
für Niedersachsen wird in Übereinstimmung mit der<br />
vom <strong>SPD</strong> Unterbezirk Uelzen-Lüchow-Dannenberg vertretenen Position<br />
ein Ausbau der Mittelelbe – auch über den Umweg von Unterhaltungsbaggerungen<br />
– abgelehnt. Im Sinne der zu begrüßenden<br />
Förderung der Binnenschifffahrt als umweltfreundlichem Gütertransportmittel<br />
muss daher fast zwingend der Elbe-Seiten-Kanal den<br />
heutigen Erfordernissen angepasst werden. Während die Schleuse<br />
Uelzen II diesen Anforderungen entspricht, ist das Schiffshebewerk<br />
in Scharneck für moderne Gütermotorschiffe mit einer Länge von<br />
110 Metern nicht passierbar. Damit das Potential des ESK ausgeschöpft<br />
werden kann, ist die Ertüchtigung des Schiffshebewerks<br />
Scharnebeck dringend geboten.<br />
260
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Zum Stichwort Hafenhinterlandverkehr sprechen zudem alle Argumente<br />
für den geplanten Lückenschluss der A 39, da diese mit Anbindung<br />
an die A 14 und A 9 hierfür beste Voraussetzungen bietet.<br />
Bezieht man die zu erwartenden Verkehre aus der künftigen Fehmarn-Belt-Querung<br />
noch in die Betrachtung mit ein, ist in Kenntnis<br />
der heute bereits östlich von Hamburg bestehenden Engpässe die A<br />
39 dringend erforderlich.<br />
Selbst bei Verlagerung von Verkehren auf die Schiene und aufs<br />
Wasser muss nach allen Prognosen bis 2025 trotzdem noch mit<br />
beinahe einer Verdoppelung des LKW-Verkehrs gerechnet werden.<br />
Wenn es nicht zu untragbaren Zuständen auf der B 4 und in den<br />
Ortsdurchfahrten kommen soll, kann auf den Bau der A 39 nicht<br />
verzichtet werden.<br />
Zusammen mit dem Bau der A 39 bilden die Infrastrukturmaßnahmen<br />
an Schienenwegen und Wasserstraße die Chance für die Region<br />
zur Lösung der allgegenwärtigen Probleme mit den Strukturen<br />
sowie den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen.<br />
Die vorhandene B 4 mit ihrem für gänzlich andere Verkehrsbelastungen<br />
geplanten Unterbau wird dies nicht leisten können. Staus<br />
und Baustellen für teure Flickmaßnahmen sowie noch stärkere Belastungen<br />
der Anlieger wären programmiert.<br />
Eine bessere Verkehrsanbindung über die A 39 bedeutet für die Region<br />
mit dem Hafen Uelzen als dann an alle drei Güterverkehrsträger<br />
(Straße, Schiene, Wasserstraße) angeschlossenen Logistikstandort<br />
eine enorme Entwicklungs- und Arbeitsplatzperspektive. Auch<br />
der zwischen <strong>SPD</strong> und Grünen geschlossene Koalitionsvertrag für<br />
die laufende Wahlperiode betont ausdrücklich die notwendige Trimodalität<br />
an den Binnenhäfen in Niedersachsen.<br />
Darüber hinaus ist auch die Bedeutung für die Bevölkerungsentwicklung<br />
zu beachten. Die Entwicklung in der Hansestadt Lüneburg<br />
und selbst noch in der Gemeinde Bienenbüttel belegt, dass ein<br />
positiver Anteil am Einwohnerwachstum zu erwarten ist, da auch<br />
der weitere Landkreis durch die dann vorhandene Autobahnnähe in<br />
gleicher Weise für Pendler mit Arbeitsplatz in Hamburg und Umgebung<br />
attraktiv sein wird.<br />
Bei der Planung der Autobahn müssen schließlich auch die berechtigten<br />
Belange der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner in<br />
angemessener Weise beachtet werden.<br />
Drittel geht in Richtung Süd-Ost. Bei der Weiterleitung der Containertransporte<br />
von Seeschiffen zu den Zielen im Inland entfallen<br />
aktuell nur rund zwei Prozent auf Binnenschiffe, 36 Prozent auf die<br />
Bahn und 62 Prozent auf Lastwagen (Quelle: Hamburger Abendblatt<br />
v. 24.01.13).<br />
Auch für das Wachstum der anderen norddeutschen Seehäfen<br />
(Bremen, Bremerhaven, Jade-Weser-Port) ist die Bewältigung des<br />
Transportvolumens über die Hinterlandanbindung von entscheidender<br />
Bedeutung. Dabei ist die Kapazitätsgrenze des vorhandenen Eisenbahnnetzes<br />
längst erreicht. Auch die inzwischen auf Eis gelegte<br />
Y-Trasse würde nicht ausreichen, um das zu erwartende Güteraufkommen<br />
zu bewältigen. Aus einer im Jahr 2009 im Auftrage des<br />
Landes Niedersachsen erstellten Studie zur Hafenhinterlandanbindung<br />
geht hervor, dass neben den Maßnahmen aus dem Sofortprogramm<br />
Seehafenhinterlandverkehr die Ertüchtigung vorhandener<br />
Streckenteile zur Bewältigung des zu erwartenden Verkehrsaufkommens<br />
notwendig ist. Dazu gehören u. a. der zweigleisige Ausbau<br />
und die Elektrifizierung der Amerikalinie sowie die Verlängerung<br />
des dritten Gleises der Hauptstrecke mindestens bis Uelzen.<br />
Über die Wasserwege könnten bis zu 9 % des Hamburger Aufkommens<br />
weitertransportiert werden. Im aktuellen rot-grünen Koalitionsvertrag<br />
für Niedersachsen wird in Übereinstimmung mit der<br />
vom <strong>SPD</strong> Unterbezirk Uelzen-Lüchow-Dannenberg vertretenen Position<br />
ein Ausbau der Mittelelbe – auch über den Umweg von Unterhaltungsbaggerungen<br />
– abgelehnt. Im Sinne der zu begrüßenden<br />
Förderung der Binnenschifffahrt als umweltfreundlichem Gütertransportmittel<br />
muss daher fast zwingend der Elbe-Seiten-Kanal den<br />
heutigen Erfordernissen angepasst werden. Während die Schleuse<br />
Uelzen II diesen Anforderungen entspricht, ist das Schiffshebewerk<br />
in Scharneck für moderne Gütermotorschiffe mit einer Länge von<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
261
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
110 Metern nicht passierbar. Damit das Potential des ESK ausgeschöpft<br />
werden kann, ist die Ertüchtigung des Schiffshebewerks<br />
Scharnebeck dringend geboten.<br />
Zum Stichwort Hafenhinterlandverkehr sprechen zudem alle Argumente<br />
für den geplanten Lückenschluss der A 39, da diese mit Anbindung<br />
an die A 14 und A 9 hierfür beste Voraussetzungen bietet.<br />
Bezieht man die zu erwartenden Verkehre aus der künftigen Fehmarn-Belt-Querung<br />
noch in die Betrachtung mit ein, ist in Kenntnis<br />
der heute bereits östlich von Hamburg bestehenden Engpässe die A<br />
39 dringend erforderlich.<br />
Selbst bei Verlagerung von Verkehren auf die Schiene und aufs<br />
Wasser muss nach allen Prognosen bis 2025 trotzdem noch mit<br />
beinahe einer Verdoppelung des LKW-Verkehrs gerechnet werden.<br />
Wenn es nicht zu untragbaren Zuständen auf der B 4 und in den<br />
Ortsdurchfahrten kommen soll, kann auf den Bau der A 39 nicht<br />
verzichtet werden.<br />
Zusammen mit dem Bau der A 39 bilden die Infrastrukturmaßnahmen<br />
an Schienenwegen und Wasserstraße die Chance für die Region<br />
zur Lösung der allgegenwärtigen Probleme mit den Strukturen<br />
sowie den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen.<br />
Die vorhandene B 4 mit ihrem für gänzlich andere Verkehrsbelastungen<br />
geplanten Unterbau wird dies nicht leisten können. Staus<br />
und Baustellen für teure Flickmaßnahmen sowie noch stärkere Belastungen<br />
der Anlieger wären programmiert.<br />
Eine bessere Verkehrsanbindung über die A 39 bedeutet für die Region<br />
mit dem Hafen Uelzen als dann an alle drei Güterverkehrsträger<br />
(Straße, Schiene, Wasserstraße) angeschlossenen Logistikstandort<br />
eine enorme Entwicklungs- und Arbeitsplatzperspektive. Auch<br />
der zwischen <strong>SPD</strong> und Grünen geschlossene Koalitionsvertrag für<br />
die laufende Wahlperiode betont ausdrücklich die notwendige Trimodalität<br />
an den Binnenhäfen in Niedersachsen.<br />
Darüber hinaus ist auch die Bedeutung für die Bevölkerungsentwicklung<br />
zu beachten. Die Entwicklung in der Hansestadt Lüneburg<br />
und selbst noch in der Gemeinde Bienenbüttel belegt, dass ein<br />
positiver Anteil am Einwohnerwachstum zu erwarten ist, da auch<br />
der weitere Landkreis durch die dann vorhandene Autobahnnähe in<br />
gleicher Weise für Pendler mit Arbeitsplatz in Hamburg und Umgebung<br />
attraktiv sein wird. Bei der Planung der Autobahn müssen<br />
schließlich auch die berechtigten Belange der betroffenen Anwohnerinnen<br />
und Anwohner in angemessener Weise beachtet werden.<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 44<br />
Kreisverband Stormarn (Landesverband Schleswig-Holstein)<br />
Kfz-Steuer umstellen und Tempolimit<br />
einführen<br />
Die Bundestagsfraktion und der Parteivorstand werden aufgefordert,<br />
die Aussagen des Hamburger Bundesparteitags von 2007 zur<br />
Abschaffung des Dienstwagenprivilegs und zum Tempolimit in ihr<br />
Arbeitsprogramm aufzunehmen. Der Bundesparteitag hat 2007 u.<br />
a. folgendes beschlossen:<br />
Kfz-Steuer umstellen und Tempolimit einführen<br />
„In Zukunft soll nicht mehr die Größe eines Pkw Grundlage für die<br />
Steuererhebung bei der Kfz-Steuer sein, sondern die konkrete Umweltbelastung.<br />
Unser Ziel ist eine Kfz-Steuer für Neuwagen, für<br />
deren Höhe der CO2-Ausstoß maßgeblich ist. Die bisherige - sehr<br />
erfolgreiche – Differenzierung nach Schadstoffklassen wird dabei<br />
nicht aufgegeben. Wir wollen die steuerliche Besserstellung hoch<br />
verbrauchender Dienstwagen abschaffen. Ein schneller und unbürokratischer<br />
Weg zum Klimaschutz ist die Einführung einer allgemeinen<br />
Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h.“<br />
U44<br />
Kfz-Steuer umstellen und Tempolimit<br />
einführen<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm und Beschlusslage<br />
262
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 45<br />
Unterbezirk Frankfurt (Bezirk Hessen-Süd)<br />
Bodenabfertigungsdienste -Verhinderung<br />
der 2. Marktöffnung bei den<br />
Bodenverkehrsdiensten<br />
Die <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion und die sozialdemokratischen Abgeordneten<br />
im Europäischen Parlament setzen sich dafür ein, dass<br />
der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission über Bodenabfertigungsdienste<br />
auf Flugplätzen (2. Marktöffnung), mit der<br />
die EU Richtlinie 96/67 EG aufgehoben und ersetzt werden soll,<br />
nicht in europäisches Recht umgesetzt wird. Dazu werden folgende<br />
Maßnahmen erwogen:<br />
Die Bundesregierung wird im Rahmen einer parlamentarischen<br />
Anfrage aufgefordert, den einstimmigen Beschluss des Deutschen<br />
Bundestages vom 8.2.2011 in den europäischen Gremien (Kommission<br />
und Ministerrat) offen zu vertreten. Die Bundesregierung<br />
wird im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage aufgefordert,<br />
eine einheitliche Haltung aller Ressorts und damit eine offizielle<br />
Haltung der Bundesregierung gem. des Bundestags und Bundesratsbeschlusses<br />
zu bewirken und diese Haltung auch mit Nachdruck<br />
in der Ratsarbeitsgruppe, dem Ausschuss der Ständigen Vertreter<br />
(COREPER) und im Verkehrsministerrat selbst mit Nachdruck zu<br />
vertreten und Verbündete und Mehrheiten dafür zu gewinnen, dass<br />
dieser VO Vorschlag nicht verabschiedet und umgesetzt wird. Die<br />
Bundesregierung wird aufgefordert, eine Subsidiaritätsklage in dieser<br />
Angelegenheit zu prüfen.<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagfraktion bittet die deutschen Abgeordneten im<br />
Europäischen Parlament einschließlich des Parlamentspräsidenten,<br />
einen Rückweisungsantrag bzgl. des Verordnungsvorschlages an<br />
die Europäische Kommission zu unterstützen und Mehrheiten im<br />
Europäischen Parlament dafür zu organisieren.<br />
U45<br />
Bodenabfertigungsdienste -Verhinderung<br />
der 2. Marktöffnung bei den<br />
Bodenverkehrsdiensten<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und an Gruppe der <strong>SPD</strong>-<br />
Abgeordneten im Europäischen Parlament<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 46<br />
Landesorganisation Hamburg<br />
Ärztliche Untersuchungspflicht und<br />
verpflichtende Sehtests für Inhaber einer<br />
Fahrerlaubnis<br />
Bei der ab 2013 geltenden regelmäßigen Erneuerung der Führerscheine<br />
ist für alle Führerscheinbesitzerinnen und –besitzer mindestens<br />
ein Sehtest vorzuschreiben. Darüber hinaus fordern die wir<br />
eine verpflichtende Auffrischung der Erste-Hilfe-Maßnahmen ab<br />
Beginn des Führerscheinerwerbs in einer regelmäßigen Abstand<br />
von 5 Jahren.<br />
U46<br />
Ärztliche Untersuchungspflicht und<br />
verpflichtende Sehtests für Inhaber einer<br />
Fahrerlaubnis<br />
Überweisung an die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
263
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 47<br />
Unterbezirk Gifhorn (Bezirk Braunschweig)<br />
Bezirk Braunschweig<br />
Gegen die drohende Privatisierung<br />
der Wasserversorgung und<br />
Abwasserreinigung durch die<br />
europäische Gesetzgebung<br />
Die <strong>SPD</strong> Bundestagsfraktion und die sozialdemokratische Fraktion<br />
im Europäischen Parlament werden aufgefordert, die von der EU-<br />
Kommission unter Leitung des EU-Kommissars Barnier geplanten<br />
Ausschreibungsrichtlinien zur Wasserversorgung strikt abzulehnen<br />
und weiterhin die Hoheit der Ausschreibung der Wasserversorgung<br />
den Kommunen und Gemeinden zu überlassen.<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 48<br />
Unterbezirk Lüneburg (Bezirk Hannover)<br />
Keine Privatisierung des Trinkwassers.<br />
Die Wasserversorgung muss in<br />
öffentlicher Hand bleiben!<br />
Am 24. Januar 2013 hat der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz<br />
in Brüssel über die Konzessionsrichtlinie abgestimmt<br />
und sie mehrheitlich angenommen.Es geht darin um die<br />
Übertragung von Nutzungsrechten durch Behörden an Privatunternehmen,<br />
zum Beispiel beim Autobahnbau, aber auch bei der Wasserversorgung.<br />
Die Richtlinie wird die Kommunen zwingen, unter bestimmten<br />
Bedingungen den Betrieb der Wasserversorgung europaweit auszuschreiben.<br />
Die <strong>SPD</strong>-Abgeordneten im Europäischen Parlament<br />
haben sich dafür eingesetzt, den gesamten Bereich der Wasserversorgung<br />
aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herauszunehmen.<br />
Ebenso hat die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion mit einem eigenen<br />
Antrag die Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU)<br />
aufgefordert, die geplante Richtlinie abzulehnen.<br />
Die Wasserversorgung ist am besten in öffentlicher Hand aufgehoben.<br />
Nur so kann dauerhaft eine gute Qualität der Wasserversorgung<br />
zu bezahlbaren Preisen sichergestellt werden.<br />
Es besteht keine Notwendigkeit, bewährte Formen guter und bezahlbarer<br />
öffentlicher Wasserversorgung denselben Marktregeln zu<br />
unterwerfen wie es bei privaten Anbietern erforderlich ist!<br />
Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sich in keiner Weise im<br />
Interesse der Bürgerinnen und Bürger für die Wasserversorgung<br />
in öffentlicher Hand eingesetzt. Vielmehr hat sie im Rat dem Vorschlag<br />
der Kommission zugestimmt und nimmt somit billigend<br />
in Kauf, dass hochwertige und bezahlbare Wasserversorgung in<br />
Deutschland gefährdet wird. Gerade in der Wasserversorgung wird<br />
hier Politik gegen den gesunden Menschenverstand und gegen die<br />
Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher gemacht.<br />
• Die Aufnahme der Trinkwasserversorgung in die Dienstleistungskonzession<br />
der EU und somit die Privatisierung der Wasserversorgung<br />
wird abgelehnt.<br />
• Die vorhandenen und bewährten Strukturen der öffentlichen<br />
Wasserversorgung in Deutschland sollen beibehalten werden.<br />
• Die Mitglieder der <strong>SPD</strong>-Ortsvereine mögen das Europäische Bürgerbegehren<br />
„Wasser ist Menschenrecht“ - mit bereits jetzt mehr<br />
als einer Million Unterschriften - ebenfalls mit ihrer Unterschrift<br />
auf der Internetplattform http://www.right2water.eu unterstützen.<br />
U47<br />
Gegen die drohende Privatisierung<br />
der Wasserversorgung und<br />
Abwasserreinigung durch die<br />
europäische Gesetzgebung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
U48<br />
Keine Privatisierung des Trinkwassers.<br />
Die Wasserversorgung muss in<br />
öffentlicher Hand bleiben!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
264
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 49<br />
Landesverband Berlin<br />
Keine Ausschreibungsverpflichtungen<br />
für die Wasserwirtschaft EU-Richtlinie<br />
für die Konzessionsvergabe stoppen!<br />
Im Zusammenhang mit der Reform des EU-Vergaberechts hat die<br />
EU-Kommission im Dezember 2011 einen Entwurf für eine eigenständige<br />
Richtlinie über die Vergabe von Konzessionen vorgelegt.<br />
Die <strong>SPD</strong> spricht sich nachdrücklich gegen eine EU-Richtlinie über<br />
die Vergabe von Konzessionen aus – ebenso wie die kommunalen<br />
Spitzenverbände, der Bundesrat und fast alle im Bundestag vertretenen<br />
Parteien. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinen<br />
Entscheidungen zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen<br />
mehrfach die Grundsätze des EU-Primärrechts, insbesondere der<br />
Transparenz, Nichtdiskriminierung und Verhältnismäßigkeit, betont.<br />
Hieraus ergeben sich für die Kommunen ausreichende Leitlinien,<br />
die es ermöglichen, Dienstleistungskonzessionen rechtssicher<br />
und europarechtskonform zu vergeben. Ein weitergehender Regelungsbedarf<br />
besteht insofern nicht, da das europäische Primärrecht<br />
ganz offenkundig schon einen hinreichenden Rechtsrahmen bietet.<br />
U49<br />
Keine Ausschreibungsverpflichtungen<br />
für die Wasserwirtschaft EU-Richtlinie<br />
für die Konzessionsvergabe stoppen!<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 50<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
<strong>SPD</strong> gegen Privatisierung der<br />
Wasserversorgung<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion wird gebeten, die Bundesregierung<br />
und die Europaabgeordneten aufzufordern, sich auf EU Ebene dafür<br />
einzusetzen, dass die Wasserversorgung aus der Konzessionsrichtlinie<br />
vollständig herausgenommen wird.<br />
Die <strong>SPD</strong> unterstützt auf allen Ebenen die Europäische Bürgerinitiative<br />
„Wasser ist ein Menschenrecht“ und ruft ihre Mitglieder und<br />
Sympathisanten/ Sympathisantinnen zum Unterzeichnen auf.<br />
Die <strong>SPD</strong>-Bundestagsfraktion und die Europaabgeordneten werden<br />
aufgefordert diese Position in den Parlamenten zu unterstützen.<br />
U50<br />
<strong>SPD</strong> gegen Privatisierung der<br />
Wasserversorgung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 51<br />
NaturFreunde Deutschlands<br />
Eine sozialökologische Transformation<br />
Standortbestimmung der<br />
Sozialdemokratie im Zeitalter des<br />
Anthropozäns<br />
Die NaturFreunde Deutschlands bitten den Bundesparteitag, dass<br />
die <strong>SPD</strong> in Zusammenarbeit mit befreundeten Organisationen einen<br />
breiten, offenen und öffentlichen Diskurs beginnt über<br />
• die Lage unseres Landes und der EU sowie über die globalen<br />
Veränderungen und Herausforderungen;<br />
• die Verwirklichung von mehr Demokratie und von sozialer und<br />
ökologischer Gerechtigkeit;<br />
U51<br />
Eine sozialökologische Transformation<br />
Standortbestimmung der<br />
Sozialdemokratie im Zeitalter des<br />
Anthropozäns<br />
Überweisung an <strong>SPD</strong>-Parteivorstand<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
265
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
• die Beendigung der Ökonomie der Kurzfristigkeit und die Konkretisierung<br />
der Leitidee der Nachhaltigkeit in einer solidarischen<br />
Wirtschaftsordnung;<br />
• die sozialökologische Gestaltung der Transformation von Wirtschaft<br />
und Gesellschaft durch die Globalisierung der Märkte,<br />
die Digitalisierung der Welt und die ökologischen Grenzen des<br />
Wachstums.<br />
Es geht darum, wie wir heute und morgen in Wohlstand und Sicherheit<br />
leben können, nachdem das „alte Modell“, der keynesianische<br />
Wohlfahrtsstaat, an Grenzen geraten ist. Politisch sein<br />
heißt, die Zusammenhänge verstehen und nicht nur das scheinbar<br />
Machbare zu verfolgen, sondern zuerst das Notwendige zu sehen,<br />
um es machbar zu machen. Allein die Rückkehr zu einer utopischen<br />
Denkweise schafft schon mehr Klarheit, um was es geht: Die<br />
Schaffung sozialer und ökologischer Voraussetzungen menschlicher<br />
Solidarität. Insbesondere Politik, Wissenschaft und Forschung<br />
müssen auf die sozialökologische Transformation ausgerichtet werden:<br />
• Überwindung der Wachstumsabhängigkeit der Politik. Politische<br />
Gestaltung kann nicht durch die Hoffnung auf Wachstum ersetzt<br />
werden;<br />
• mehr Demokratie in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft;<br />
• Regulierung des Finanzsektors, damit Geld dient und nicht<br />
herrscht;<br />
• eine Ökonomie des Vermeidens sozialer und ökologischer Folgeschäden<br />
des wirtschaftlich-technischen Wachstums und eine<br />
Kultur des Bewahrens;<br />
• Festlegung eines Indikatorensystems, das wirtschaftliche, soziale<br />
und ökologische Entwicklungen als Einheit sieht und das BIP<br />
ablöst;<br />
• eine absolute Entkoppelung des Energie- und Ressourcenverbrauchs<br />
vom wirtschaftlichen Wachstum durch ökonomische<br />
Rahmensetzungen, technische Innovationen und kulturelle Aufklärung;<br />
• ein Programm Arbeit und Umwelt, das die natürliche Mitwelt<br />
saniert, gute Arbeit schafft und durch eine Zukunftsanleihe in<br />
Deutschland wie der EU finanziert wird;<br />
• ein postfossiles Zeitalter, das nicht länger die knappen Rohstoffe<br />
ausbeutet und die natürlichen Senken überlastet. Dazu gehören<br />
nicht nur der konsequente Umbau in die Solarwirtschaft, sondern<br />
auch eine Effizienzrevolution bei der Nutzung von Energie und<br />
Rohstoffen und eine Kreislaufwirtschaft;<br />
• eine wirkliche Energiewende durch die Zusammenführung von<br />
Erneuerbaren Energien, einer Effizienzsteigerung und gezieltes<br />
Einsparen in einem möglichst dezentralen System verbrauchsnaher<br />
Dienstleistungen;<br />
• bis Mitte des Jahrhunderts eine Reduktion der klimaschädlichen<br />
Kohlendioxidemissionen um 90 Prozent. Im Strombereich muss<br />
dann eine solare 2.000-Watt-Gesellschaft verwirklicht werden;<br />
• eine solidarische Neuordnung der Mobilität, die vor allem die öffentlichen<br />
Angebote verbessert und ihre nichtmotorisierten Formen<br />
stärker fördert;<br />
• Senkung der Rüstungsausgaben für den Aufbau eines weltweiten<br />
Systems „grüner Sicherheit“;<br />
• eine europäische Union, die nicht nur Banken rettet, sondern die<br />
Leitidee der Nachhaltigkeit verwirklicht;<br />
• eine Reform der Organisationen der Vereinten Nationen, um in<br />
der globalisierten Welt starke internationale Organisationen für<br />
eine nachhaltige Entwicklung zu haben.<br />
Wir setzen uns für eine Stärkung der Politik ein. Sie braucht eine<br />
große Botschaft für einen breiten und offenen Diskurs in unserer<br />
Gesellschaft, wie die sozialökologische Transformation gestaltet<br />
werden kann. An diesem Diskurs sollen sich alle Bürgerinnen und<br />
Bürger beteiligen können. Er hat das Ziel, die politische und kulturelle<br />
Hegemonie für eine Politik der sozialökologischen Gestaltung<br />
zu gewinnen.<br />
266
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Die folgenden Ausführungen sind ein Beitrag der NaturFreunde<br />
Deutschlands zur Standortbestimmung der Politik. Auf dem Bundesparteitag<br />
der <strong>SPD</strong> 2009 in Dresden hat die <strong>SPD</strong> den Anspruch<br />
erhoben, die „kulturelle Hegemonie“ zurückzugewinnen. Denn von<br />
Antonio Gramsci wissen wir: Alles hat ein Innen und ein Außen.<br />
Die Macht der Herrschenden ist auch die Ohnmacht der Beherrschten,<br />
ihre Interessen und Ziele durchzusetzen.<br />
Heute wird die Demokratie geschwächt, Colin Crouch spricht von<br />
„Postdemokratie“, denn die Politik wird von starken Wirtschaftsinteressen<br />
getrieben, vor allem von kurzfristigen Erwartungen<br />
der Märkte. Die Banken haben die Gesellschaften zwar nicht auf<br />
Gedeih, wohl aber auf Verderb in Geiselhaft genommen. Der wirtschaftliche<br />
und gesellschaftliche Umbruch, der Mitte der 1970er-<br />
Jahre mit der Aufkündigung der Weltwirtschaftsordnung von Bretton<br />
Woods und dem Ende der außergewöhnlich hohen Wachstumsphase<br />
begann, wurde entweder in seiner Tragweite nicht hinreichend<br />
verstanden oder für eine neoliberale Kurswende genutzt. Es<br />
begann eine Transformation, wie Karl Polanyi die „Entbettung“ der<br />
Ökonomie aus gesellschaftlichen Zusammenhängen beschrieben<br />
hat. Doch statt die Transformation sozialökologisch zu gestalten,<br />
kam es in den letzten Jahren, gefördert durch eine neoliberale Politik,<br />
mit der Globalisierung der Märkte und der Digitalisierung der<br />
Welt zum Finanzkapitalismus.<br />
Die falsche Weichenstellung wurde begründet mit der irrigen Hoffnung,<br />
so ein höheres wirtschaftliches Wachstum zu erreichen. Doch<br />
es geht um immense Veränderungen, die nicht mit kleinen Schritten<br />
zu erreichen sind und die aus Angst vor den Widerständen immer<br />
kleiner werden. Doch Politik machen heißt Verantwortung übernehmen,<br />
mutig sein und Prozesse gestalten, sozial und ökologisch.<br />
Dazu sind wir nicht in der Lage, solange das Unpolitische das Politische<br />
verdrängt. Zuerst müssen wir die Zusammenhänge verstehen,<br />
Ursachen erkennen und tiefgreifende Reformen durchsetzen.<br />
Denn auch ein Zurück zum keynesianischen Wohlfahrtsstaat der<br />
Nachkriegszeit kann es nicht geben:<br />
• das Wachstum der Nachkriegsjahrzehnte war außergewöhnlich<br />
und lässt sich nicht wiederholen;<br />
• die Kultur der sozialen Marktwirtschaft, deren Grundlagen auch<br />
ein starker öffentlicher Sektor und die Steuerungsfähigkeit des<br />
Nationalstaates waren, ist erodiert;<br />
• Klimawandel, Artenzerstörung und Peak-Oil zeigen: die ökologischen<br />
Grenzen des Wachstums sind erreicht.<br />
Dies sind nicht nur globale Herausforderungen, sondern berühren<br />
auch unser Land. Die extremen Hochwasser von 2002 und 2013<br />
waren in ihren Ausmaßen und in ihrer Häufigkeit bereits eine Folge<br />
der menschlichen Eingriffe in den Treibhauseffekt auch bei uns.<br />
Durch den Klimawandel wird es auch mehr Hitzetote und Gesundheitsschäden<br />
geben, 2003 waren es in Westeuropa über 35.000<br />
Tote. Nicolas Stern und das Umweltbundesamt haben in Studien<br />
deutlich gemacht, welche Kosten auf uns zukommen, wenn wir<br />
nicht heute in eine sozialökologische Transformation investieren,<br />
sondern das Notwendige weiter verdrängen<br />
Mehr noch: Heute haben wir es nicht nur mit einzelnen Krisen zu<br />
tun, sondern erleben einen Epochenbruch. Zusammen kommen<br />
drei große Herausforderungen:<br />
- die Gefahren des Anthropozäns, weil der Mensch seit der industriellen<br />
und urbanen Revolution heute zum stärksten Treiber<br />
geoökologischer Prozesse aufgestiegen ist, was uns eine neue<br />
Dimension von Verantwortung abverlangt;<br />
- die weitreichende Verschiebung des Kräfteverhältnisses zwischen<br />
Markt und Demokratie, weil der Nationalstaat durch die<br />
Globalisierung ausgehebelt wurde, so dass er an politischer<br />
Steuerungskraft verloren hat;<br />
- den globalen Finanzkapitalismus, weil es durch die Entfesselung<br />
der Ökonomie zu einer radikalen Marktgesellschaft gekommen<br />
ist, die sozial spaltet und die Zukunft verspielt.<br />
Dieser Epochenbruch erfordert nicht weniger, sondern mehr politische<br />
Gestaltung. Er stellt in aller Schärfe die Frage: Wie wird Fortschritt<br />
möglich? Doch die Politik reagierte auf die großen Heraus-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
267
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
forderungen überwiegend mit kurzfristigen Reflexen, mit Deregulierung,<br />
Liberalisierung und einer Ausweitung der Geldschöpfung.<br />
Damit konnten – wenn überhaupt – nur kurzfristig Verbesserungen<br />
erreicht werden. Denn es geht um mehr: das Alte, der Glaube an<br />
die moderne Gesellschaft als quasi natürliches Ereignis des technischen<br />
Fortschritts und wirtschaftlichen Wachstums, ist vorbei.<br />
Wir leben in einer radikal veränderten Welt. Sie braucht eine Theorie,<br />
die weder die Verhältnisse kritiklos hinnimmt, noch simple<br />
Heilslehren verkündet. Sie muss den Zusammenhang zwischen<br />
wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fragen aufzeigen, vorherrschende<br />
Machtinteressen deutlich machen und die Transformation<br />
politisch gestalten.<br />
Wir müssen über die Ausgestaltung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />
Ordnung unter den Bedingungen globaler Märkte,<br />
weltweiter Vernetzung und Digitalisierung und sozialer und ökologischer<br />
Grenzen des Wachstums neu bestimmen. Diese Suche nach<br />
Orientierung darf nicht überforderten Talkshows oder selbstgefälligen<br />
Leitkommentaren überlassen werden. Sie verhindern den Diskurs,<br />
denn sie reden meist so, wie es Max Horkheimer und Theodor<br />
Adorno beschrieben haben: „Sie meinen, Theorie habe so wenig<br />
nötig im Denken Anwendung zu finden, dass sie es sich ersparen<br />
sollen.“<br />
Nicht weniger, sondern mehr Politik ist notwendig. Die wachsende<br />
Distanz zu den Parteien hat auch viel damit zu tun, dass die <strong>SPD</strong>,<br />
die eine Schlüsselrolle im politischen Diskurs unseres Landes einnimmt,<br />
die Öffentlichkeit zu wenig politisiert. Die NaturFreunde<br />
fordern von den Organisationen, die ihre Wurzeln in den sozialen<br />
Bewegungen haben: mehr Politik und Demokratie wagen.<br />
Dabei ist die Bereitschaft der Menschen, sich für das öffentliche<br />
Wohl zu engagieren, nicht geringer geworden, aber sie braucht eine<br />
gemeinsame Plattform. Auch bei der Ablehnung der Atomkraft,<br />
den Protesten gegen Stuttgart 21 oder der Kritik an den Euro- und<br />
Verschuldungsorgien geht es im Kern um die berechtigte Kritik an<br />
dem Irrglauben, dass Wachstum alle Probleme lösen kann.<br />
Ohne einen großen Diskurs bleiben die Bürgerinnen und Bürger<br />
in wachsender Distanz zu den Parteien, die sich entweder weiter<br />
aufsplittern oder im Windkanal kurzfristiger Wählererwartungen<br />
bleiben, in dem das Profil der Parteien scheinbar oder tatsächlich<br />
immer gleicher wird. Damit gerät das demokratische Prinzip in Gefahr.<br />
Die kritische Theorie findet kaum noch statt. Dort, wo sich ihre Begriffe<br />
doch durchsetzen können, werden sie als abstrakte Randthemen<br />
behandelt – trotz der unveränderten Brisanz der Finanzkrise,<br />
der wachsenden sozialen Ungleichheit und der globalen Naturzerstörung,<br />
trotz unseren besseren Wissens über die Gefahren und<br />
trotz steigender Sensibilität für die Ungerechtigkeiten. Kräfte werden<br />
nicht gebündelt.<br />
Willy Brandts Vermächtnis heißt: Nichts kommt von selbst, jede<br />
Zeit braucht ihre Antwort. Deshalb fordern wir auch von der <strong>SPD</strong>,<br />
einen breiten politischen Diskurs über die Krisen und Erschütterungen<br />
unserer Zeit zu führen. Die Politik der Bundesregierung<br />
ist nicht „alternativlos“, aber die Konzepte für eine sozialökologische<br />
Transformation müssen konkretisiert, zusammengefügt und<br />
zugespitzt werden. Politik heißt, Zusammenhänge verstehen, die<br />
Ursachen der Fehlentwicklung zu beseitigen und Prozesse gestalten.<br />
Die sozialökologische Transformation ist die große Botschaft<br />
unserer Zeit. Andernfalls wird der Demokratie immer weniger zugetraut.<br />
Die Herausforderungen des Anthropozäns<br />
Das vorherrschende Verständnis von Natur, dass die Entwicklung<br />
der modernen Zivilisation geprägt hat, ist überholt. Seit der industriellen<br />
und urbanen Revolution formt der Mensch die Natur in<br />
einer Weise, dass er zur stärksten Macht in der Veränderung geoökologischer<br />
Prozesse aufgestiegen ist. Der Nobelpreisträger für<br />
Chemie von 1995, Paul Crutzen, der von 1980 bis 2000 Direktor<br />
des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz war, plädiert deshalb<br />
dafür, unsere Erdepoche nicht länger Holozän – gemäßigte<br />
268
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Warmzeit – zu nennen, sondern Anthropozän – Menschenzeit. Das<br />
geht weit über eine begriffliche Bestimmung hinaus.<br />
Das Holozän der letzten 12.000 Jahre, in denen sich die menschliche<br />
Zivilisation entwickeln konnte, ist „durch das menschlich gemachte<br />
Neue“ endgültig vorbei – und damit die Erde, so wie wir<br />
sie kennen. Crutzen nennt das: Geology of Mankind – Geologie<br />
der Menschheit: „Die Menschheit wird auf Jahrtausende hinaus ein<br />
maßgeblicher ökologischer Faktor“ sein, der die Kapazitäten des<br />
Erdsystems untergräbt, sich selbst zu regulieren.<br />
In der nächsten Zeit will die Geologische Gesellschaft von London,<br />
die älteste ihrer Art, über diesen Vorschlag entscheiden. Ihre<br />
renommierte Stratigraphische Kommission legte bereits überzeugende<br />
Beweise für die Richtigkeit der Aussage von Crutzen vor.<br />
2009 erforschte das internationale Wissenschaftlerteam von Johan<br />
Rockström und Will Steffen, dem auch Paul Crutzen und Joachim<br />
Schellnhuber, Präsident des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung,<br />
angehörte, die Planetary Boundaries – Umweltgrenzen.<br />
Es kommt zu dem Ergebnis, dass sie in drei der neun untersuchten<br />
Bereiche bereits überschritten sind: Klimawandel, Zerstörung der<br />
Biodiversität und Stickstoffkreislauf.<br />
Die Tropen- und auch viele boreale Wälder verschwinden, das<br />
Aussterben der Arten beschleunigt sich. Über die Hälfte des verfügbaren<br />
Süßwassers wird von Menschen genutzt. In küstennahen<br />
Zonen entnimmt die Fischerei 35 Prozent der primären Produktion,<br />
viele Fischarten sind ausgestorben oder kämpfen um ihr Überleben.<br />
Die Stickstoffentnahme aus der Atmosphäre hat sich gegenüber der<br />
vorindustriellen Zeit um 347 Prozent erhöht. Weltweit beschleunigt<br />
sich der Verlust an Ökosystemleistungen und biologischer Vielfalt.<br />
Die Nutzung von Süßwasser hat sich im letzten Jahrhundert nahezu<br />
verachtfacht, Wasserknappheit bedroht ein Drittel der Menschheit.<br />
Durch Bodenerosion geht fruchtbarer Boden verloren. Die Folgen<br />
schlagen zurück und werden, wenn es nicht zu einer sozialökologischen<br />
Transformation kommt, die Lebensqualität und Wirtschaftskraft<br />
künftiger Generationen massiv verschlechtern.<br />
Die Überlastung und Ausbeutung des Naturkapitals geht aber unvermindert<br />
weiter. Im Jahr 2000 betrug die globale Inanspruchnahme<br />
natürlicher Ressourcen zwischen 145 und 180 Milliarden Tonnen.<br />
Auf fossile Brennstoffe, Metalle und andere Minerale sowie<br />
auf Biomasse entfielen rd. 80 Milliarden Tonnen, auf den Erdaushub<br />
40 bis 50 Milliarden Tonnen und auf die Erosion durch landwirtschaftliche<br />
Aktivitäten 25 bis 50 Milliarden Tonnen.<br />
In der Europäischen Union lag zur Jahrtausendwende der Materialaufwand<br />
pro Kopf bei 44 Tonnen. Wäre das der Wert für die neun<br />
Milliarden Menschen, die im Jahr 2050 auf der Erde leben werden,<br />
läge die Gesamtnutzung bei rd. 400 Milliarden Tonnen. In den<br />
USA kam der Aufwand im Jahr 2000 auf rund 74 Tonnen pro Kopf,<br />
für alle Weltbürger wäre diese addierte Menge zur Mitte unseres<br />
Jahrhunderts rd. 660 Milliarden Tonnen.<br />
Die expansive Nutzung der Natur hat den reichen Nationen enormen<br />
Wohlstand gebracht, aber er übersteigt die Tragfähigkeit der<br />
Erde. Deshalb stellte im Auftrag des Club of Rome der italienische<br />
Chemiker Ugo Bardi fest, dass die Ausbeutung der Ressourcen die<br />
Welt in einen anderen Planeten verwandelt habe. Eine Fortsetzung<br />
der Ressourcenerschöpfung und Zerstörung der Ökosysteme bringe<br />
die Menschheit in eine nahezu aussichtslose Lage. Das belegt<br />
der Ecological Footprint – ökologische Fußabdruck. Diese Berechnungsgröße<br />
wurde 1994 entwickelt.<br />
Der Fußabdruck erfasst die Fläche, die für den heutigen Lebensstil<br />
und Lebensstandard eines Menschen (für Produktion, Konsum,<br />
Energie- und Materialaufwand, Mobilität sowie für Emissionen<br />
und Müll) gebraucht wird. Er zeigt auf, wie sehr die Erde und ihre<br />
biologischen Kapazitäten belastet sind – z. B. Flächen, die für die<br />
Produktion einer Kleidung oder von Nahrungsmitteln gebraucht<br />
werden, auch für die Bereitstellung von Energie und Ressourcen<br />
oder zur Entsorgung oder zum Recycling der Reststoffe und zur<br />
Bindung von Kohlendioxid. Der globale ökologische Fußabdruck<br />
ist demnach 2,7-mal höher als die Erde verkraften kann. Lebten<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
269
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
alle Menschen wie im Wüstenstaat Katar, bräuchten sie sogar fast<br />
zwölf Erden.<br />
Doch statt zu einem solidarischen und nachhaltigen Verhältnis zur<br />
Natur zu kommen, wird das Naturkapital ökonomisiert und kommerzialisiert.<br />
Die Menschen holzen unverändert Wälder ab, versetzen<br />
Berge, versauern und entfischen die Meere, heizen die Erdatmosphäre<br />
auf, greifen in den natürlichen Stoffwechsel ein und<br />
produzieren Unmengen an Abfall. Sie schaffen eine Agroindustrie,<br />
gentechnische Produkte und eine synthetische Biologie. Der heutige<br />
Kapitalismus wäre ohne die Ausbeutung der fossilen Rohstoffe<br />
nicht möglich geworden, er ist nicht fähig, lebensnotwendige Grenzen<br />
zu beachten.<br />
Kurz: Ökologische Grenzen des Wachstums sind erreicht und werden<br />
durch die nachholende Industrialisierung der großen Schwellenländer<br />
und durch das anhaltende Bevölkerungswachstum weiter<br />
überschritten. Dabei sind die großen sozialen Ungleichheiten der<br />
Welt noch lange nicht beseitigt, was allein schon einen enormen<br />
Zuwachs an Energie und Ressourcen erfordert. Notwendig ist eine<br />
Welt, die weder Mangel noch Übermaß kennt. Deshalb muss es zu<br />
mehr Verteilungsgerechtigkeit im Bestand kommen. Doch bisher<br />
blieb die Mahnung Mahatma Gandhis ungehört: „Die Erde hat genug<br />
für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.“<br />
Soziale und ökologische Gerechtigkeit als Einheit verstehen<br />
Im Anthropozän, im Menschenzeitalter müssen soziale und ökologische<br />
Gerechtigkeit untrennbar miteinander verbunden sein. Andernfalls<br />
drohen vor allem vier Bereiche zu einem Ground Zero der<br />
Moderne zu werden:<br />
1. der vom Menschen verursachte Klimawandel. Der erste Kampf<br />
ist mit dem Scheitern des unzureichenden Kyoto-Protokolls bereits<br />
verloren. Das Ziel, nicht mehr als zwei Grad Celsius zuzulassen,<br />
wird durch das Versagen der Weltgemeinschaft verfehlt<br />
werden. Bereits dieser Temperaturanstieg opfert einen Teil der<br />
Erde dem Klimawandel, vor allem die ärmsten Regionen in ökologisch<br />
sensiblen Zonen;<br />
2. mit dem Peak-Oil. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur<br />
(IEA) wurde der Höhepunkt der Erdölförderung im Jahr<br />
2008 erreicht. Seitdem kam es zu keiner Steigerung mehr, die<br />
Förderung verharrt auf einem Plateau, obwohl China und Indien<br />
mit 2,5 Milliarden Menschen erst am Beginn der Massenmotorisierung<br />
stehen. Erdöl ist die Grundlage der heutigen Mobilität<br />
und Arbeitsteilung. Selbst das umwelt- und naturschädliche<br />
Fracking, das als neue Energieautonomie hochgejubelt wird,<br />
kann bestenfalls eine kurze Zeit Ersatz schaffen. Mit dem Peak-<br />
Oil drohen Ressourcenkriege um die Verteilung des knappen<br />
Rohstoffs, Mobilität kann zum Luxus werden;<br />
3. die Welternährung. Die UN-Gremien befürchten, dass bis zum<br />
Jahr 2030 in 30 zumeist sehr armen Ländern der Erde ein Rückgang<br />
der Nahrungsmittelproduktion um rund 25 Prozent zu erwarten<br />
ist. Das bedeutet eine Zunahme von Hunger und Elend.<br />
Zunehmend wird mit knappen Gütern, zu denen auch landwirtschaftliche<br />
Flächen gehören, spekuliert und damit mit der Armut<br />
vieler Menschen;<br />
4. durch die Verslumung. Für das Jahr 2030 erwartet der UN-Habitat-Bericht,<br />
dass rund zwei Milliarden Menschen in Slums leben<br />
werden. Das bedeutet schier unlösbare Energie- und Ernährungskrisen<br />
ebenso wie massive Ver- und Entsorgungsprobleme. 2050<br />
werden rund neun Milliarden Menschen auf der Erde leben,<br />
überwiegend in großen Städten, während die Landbevölkerung<br />
abnehmen wird. Viele Metropolen sind heute schon faktisch unregierbar.<br />
Das Menschenzeitalter erfordert neue Denkweisen, die keine<br />
Abkehr von der sozialen Frage bedeuten, sondern ihr sogar neue<br />
Aktualität geben. Soziale und ökologische Gerechtigkeit gehören<br />
untrennbar zusammen, damit der Mensch nicht planetarischer Eroberer,<br />
sondern ein aufgeklärter Erdbewohner ist, zugleich Gärtner<br />
und Gestalter. Die Menschheit hat keine Zukunft, wenn sie auf den<br />
bisherigen Pfaden weitermacht, die unsere Zivilisation in die Krise<br />
270
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
geführt haben. Die klassische Umweltpolitik, geprägt von reaktiver<br />
Sanierung der Folgen von Hyper-Konsum und industrieller Landnahme,<br />
ist keine Antwort, die nachhaltig ist. Auch wenn wir einzelne<br />
Verbesserungen und Fortschritte im Umwelt- und Naturschutz<br />
durchaus anerkennen.<br />
Die Namensänderung unserer Erdepoche in Anthropozän ist ein<br />
starkes Signal für die menschliche Verantwortung, die Erde zu gestalten<br />
statt zu zerstören. Das Menschenzeitalter stellt unmittelbar<br />
die Frage: Welches Weltbild, welches Verständnis von Menschen<br />
und Natur, welche Wirtschaftsordnung sind erforderlich, um dauerhaft<br />
überleben zu können?<br />
Unsere Antwort darauf ist die sozialökologische Transformation,<br />
die ohne starke Träger in Politik und Zivilgesellschaft nicht zu erreichen<br />
ist. Sie braucht die Bündelung für den Umbau, neben starken<br />
Kräften in der Gesellschaft auch politische Parteien, die entweder<br />
von der sozialen Frage geprägt sind und sich den ökologischen<br />
Herausforderungen öffnen oder die ökologisch ausgerichtet sind<br />
und soziale Reformen gleichberechtigt sehen. Beides muss zusammenkommen.<br />
Insofern diskutieren wir nicht über formale Bündnisse<br />
und Koalitionen, sondern über inhaltliche Allianzen, aus denen<br />
starke Bewegungen werden können.<br />
Die NaturFreunde plädieren für eine breite Verständigung gesellschaftlicher<br />
und politischer Kräfte für die Gestaltung der sozialen<br />
und natürlichen Mitwelt. Die Ökonomisierung der Natur kann die<br />
Probleme nicht lösen. Das Anthropozän stellt vielmehr die Systemfrage<br />
in Wirtschaft und Gesellschaft.<br />
Eine sozialökologische Transformation<br />
Im Bericht der Vereinten Nationen über die menschliche Entwicklung<br />
heißt es: „In der Geschichte der Menschheit gibt es keine Situation,<br />
die sich mit der Dringlichkeit der mit dem Klimawandel<br />
zusammenhängenden Problemen vergleichen ließe.“ Finanzgier,<br />
Wetterextreme und die Erschöpfung der fossilen Ressourcen können<br />
sich zusammen mit sozialer Ungleichheit, der nachholenden<br />
Industrialisierung und weiteren 1,5 Milliarden Menschen zu einer<br />
Herausforderung verbinden, die jenseits unserer Vorstellungskraft<br />
liegt.<br />
Im Hamburger Programm der <strong>SPD</strong> steht: Das 21. Jahrhundert wird<br />
entweder ein Jahrhundert erbitterter Verteilungskämpfe und neuer<br />
Gewalt oder es wird ein Jahrhundert der Nachhaltigkeit, das<br />
wirtschaftliche Innovationen mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer<br />
Verträglichkeit verbindet. Das ist auch die Position der<br />
NaturFreunde Deutschlands. Sie darf nicht folgenlos bleiben. Andernfalls<br />
drohen<br />
• entweder eine Öko-Diktatur, in der zur Abwehr größter Gefahren<br />
einschneidende Anpassungen per Zwang „von oben“ durchgesetzt<br />
werden müssen,<br />
• oder ein Öko-Imperialismus, der die Folgen aus der Überlastung<br />
der natürlichen Senken und der Ausplünderung der natürlichen<br />
Rohstoffe den armen Weltregionen aufbürdet. Wir sehen mit<br />
Sorge, dass die Sicherung des Zugangs zu strategischen Rohstoffquellen,<br />
insbesondere zu Öl, bei den Militärs einen zentralen<br />
Stellenwert hat.<br />
Die Bewältigung der Herausforderungen wird auch nicht möglich,<br />
wenn es zu einer totalen Ökonomisierung – und damit auch Kommerzialisierung<br />
– des Naturkapitals kommt. Stattdessen brauchen<br />
wir die sozialökologische Transformation, die die Bekämpfung von<br />
Armut und Ausgrenzung, von Energiekrisen, Klimaänderungen<br />
und Artenzerstörung mit einer ganzheitlichen Vision des menschlichen<br />
Fortschritts verbindet. Unser Land sollte hierbei ein Pionier<br />
sein.<br />
Es ist keine Politik, sich wirtschaftlichen Zwängen anzupassen. Es<br />
reicht auch nicht aus, Finanzkapitalismus und Neoliberalismus abzulehnen,<br />
aber keine eigene Antwort zu geben. Ohne mehr Demokratie,<br />
ohne eine grundlegend reformierte Wirtschafts- und Wettbewerbsordnung<br />
und ohne ein starkes, nachhaltiges Europa wird es<br />
kein gutes und gerechtes Leben geben.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
271
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
Die NaturFreunde wurden 1895 in Wien gegründet. Zusammen<br />
mit Gewerkschaften, Linksparteien und Arbeiterwohlfahrt gehören<br />
wir zum „Kleeblatt“ der Arbeiterbewegung. Zu den Gründern<br />
der NaturFreunde in Österreich gehörte der Sozialdemokrat Karl<br />
Renner, der später Staatspräsident wurde. Auch Heinz Fischer,<br />
das heutige Staatsoberhaupt Österreichs, war lange Jahre Vorsitzender<br />
der NaturFreunde.<br />
1905 kam es zu ersten Gründungen in Deutschland. In unserem<br />
Land war Willy Brandt der bekannteste NaturFreund. Parteivorsitzende<br />
der <strong>SPD</strong>, Ministerpräsidenten, Minister unterschiedlicher<br />
Parteien und Gewerkschaftsvorsitzende waren oder sind Mitglieder<br />
der NaturFreunde, ebenso zahlreiche Repräsentanten regionaler<br />
und lokaler Gliederungen von Gewerkschaften und Parteien.<br />
In Eigenleistung und genossenschaftlicher Selbsthilfe bauten die<br />
NaturFreunde Bildungs-, Freizeit- und Erholungshäuser. Wir sind<br />
ein Stück aktiver Solidarität, Förderer des Breitensports, ein kultureller<br />
Kristallisationspunkt und mit unserem Schwerpunkt Natur-<br />
und Umweltschutz von Anfang an „grüne Roten“.<br />
Der langjährige österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky<br />
beschrieb unsere Arbeit so: „Die Naturfreunde haben eine Pionierleistung<br />
für die Arbeiterbewegung vollbracht, als sie um die<br />
Jahrhundertwende die arbeitenden Menschen aus Fabriketagen<br />
und Wohnungselend herausführten in die freie Natur – nicht aus<br />
romantischer Schwärmerei, sondern um denen, denen das Leben<br />
so viel schuldig blieb, ein bisschen mehr Lebensqualität zu bieten<br />
und zudem, um sie physisch zu stärken in ihrem Kampf um eine<br />
gerechtere Lebensordnung. In unserer Zeit ist die Natur gefährdet.<br />
Ihre Pflege ist zur bedeutsamen Aufgabe der Politik geworden.<br />
Zu dieser Wiederbesinnung auf die Natur haben die Naturfreunde<br />
wesentlich beigetragen und damit auch zur Überlebensfrage der<br />
Menschheit.“<br />
1933 wurden die NaturFreunde in Deutschland von den Nazis<br />
verboten. Viele standen im aktiven Widerstandskampf gegen Hitler,<br />
kamen in Konzentrationslager und verloren ihr Leben. In der<br />
dunklen Zeit des Nationalsozialismus leisteten wir vor allem gefährliche<br />
Kurierdienste für Widerstandsgruppen im In- und Ausland,<br />
wobei sich die „roten Bergsteiger“ in Sachsen besonders<br />
hervortaten. Nach 1945 wurde in der DDR unsere Organisation<br />
nicht zugelassen und die Naturfreundehäuser zum zweiten Mal<br />
enteignet.<br />
In der Nachkriegszeit setzten sich die NaturFreunde in Westdeutschland<br />
nicht nur für einen sanften Tourismus, die Kultur- und<br />
Heimatpflege und Friedens- und Abrüstungspolitik (Ostermärsche)<br />
ein, sondern auch schon früh für mehr Naturschutz und<br />
gegen die Nutzung der Atomkraft. Zu unseren Grundüberzeugungen<br />
gehört, dass die soziale Emanzipation der Menschen und der<br />
Schutz der Natur untrennbar zusammengehören. Bereits 1961 demonstrierten<br />
wir in Stuttgart unter dem Motto „Schutz dem Menschen<br />
– Schutz der Natur“. Auf unserem Bundeskongress 1963<br />
hieß das Leitthema „Natur in Gefahr, Mensch in Gefahr“. Hauptredner<br />
war Robert Jungk. Weit früher als alle anderen Organisationen<br />
forderten wir schon damals den Ausstieg aus der Atomkraft.<br />
In den letzten Jahren gehörten wir zu den Hauptorganisatoren der<br />
Anti-Atom-Demonstrationen in Deutschland.<br />
Wir verstehen uns als Verband für Nachhaltigkeit, auch weil wir<br />
davon überzeugt sind, dass es ein gutes Leben und eine gute Zukunft<br />
nur geben wird, wenn das Allgemeinwohl auf Dauer absoluten<br />
Vorrang vor privatem Reichtum bekommt und das heutige<br />
Regime der Kurzfristigkeit beendet wird. Wir sind überzeugt: Soziale<br />
und ökologische Gerechtigkeit gehören untrennbar zusammen.<br />
Die großen Ideen von Emanzipation, Freiheit und Gerechtigkeit<br />
können nur verwirklicht werden, wenn es zu mehr Demokratie<br />
in Wirtschaft und Gesellschaft kommt. Die Finanzmärkte dürfen<br />
nicht länger herrschen, sondern müssen dienen. Der öffentliche<br />
Sektor muss reformiert und gestärkt werden. Dafür müssen wir die<br />
Lähmung überwinden, die sich in den letzten Jahren ausgebreitet<br />
hat.<br />
272
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
Unsere Zeit braucht neue Konzepte. Die Politik muss sich von der<br />
Wachstumsabhängigkeit lösen und das Regime der Kurzfristigkeit<br />
beenden. Es muss zu einer stärkeren Politisierung der öffentlichen<br />
Debatte kommen. Es geht um das Notwendige, nicht um das<br />
scheinbar nur Machbare. Wir brauchen wieder soziale Utopien,<br />
die eng mit ökologischen Utopien verbunden sind.<br />
1<br />
5<br />
Antragsbereich U<br />
Antrag 52<br />
Ortsverein Ostheide (Bezirk Hannover)<br />
Änderung des Bundesberggesetzes und<br />
anderer Vorschriften zur bergbaulichen<br />
Vorhabengenehmigung<br />
Die <strong>SPD</strong> Ostheide fordert, ein Gesetz zur Novellierung des<br />
BBergG und anderer Vorschriften zur bergbaulichen Vorhabengenehmigung<br />
vorzulegen, welches die materiellen<br />
Genehmigungsvoraus¬setzungen so neu fasst, dass die Genehmigungserteilung<br />
in Abhängigkeit von der Schwere der<br />
berg¬baubedingten Eingriffe in die Rechte Dritter (zB Bürgerinnen<br />
und Bürger, Verbände, Kommunen etc.) oder die Umwelt an die<br />
Erfüllung besonderer Anforde-rungen geknüpft wird.<br />
Die Vorschriften zur Genehmigung von Bergbauvorhaben werden<br />
nach dem Vorbild des Planfest¬stellungsverfahrens und unter<br />
Berücksichtigung der in der Natur des Bergbaus liegenden<br />
Besonder¬heiten neu gestaltet. Die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen<br />
sind mit geeigneten Regelungen betreffend die Information<br />
und Beteiligung von Öffentlichkeit, Trägern öffentlicher<br />
Belange, Inter¬essenverbänden und potenziell betroffenen Menschen<br />
sowie mit umfassendem Rechtsschutz zu flan¬kieren.<br />
Erdgas- und Öl-Gewinnungsmethode Fracking: Der Begriff kommt<br />
aus dem Englischen „fracture“ (Risse) und ist die Kurzformel des<br />
Verfahrens „Hydraulic Fracturing“, also hydraulische Risseerzeugung.<br />
Hierzu werden im gering durchlässigen Gestein künstlich<br />
Risse erzeugt und mit hohen Drücken eine gelartige Flüssigkeit<br />
durch das Bohrloch in die Lagerstätte gepumpt, die oft mehr als<br />
2000m in die Tiefe geht. Dadurch entstehen im Speicher¬gestein<br />
rund um das Bohrloch Risse, die anschließend mit flüssigem Stützmittel<br />
aufgefüllt werden, damit sie nach dem Abstellen der Gasförderung<br />
nicht wieder schließen; bei diesen Stützmitteln handelt es<br />
sich um Keramikkügelchen oder Quarzsand.<br />
Diese Methode der Gas- oder Ölförderung birgt erhebliche Risiken<br />
sowohl für die Umwelt wie auch für die Menschen in sich.<br />
Vor allem die Tatsache, dass es um ein Verfahren geht, in dem<br />
Probe¬bohrungen, Risseerzeugung, Nutzung von Chemikalien,<br />
Zersprengung der Erdstabilität involviert sind, zeigt, dass es um<br />
ein höchst komplexes und mit Umweltrisiken begleitetes Verfahren<br />
geht.<br />
U52<br />
Änderung des Bundesberggesetzes und<br />
anderer Vorschriften zur bergbaulichen<br />
Vorhabengenehmigung<br />
Erledigt durch Regierungsprogramm<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
273
Sonstige
Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Antragsbereich So<br />
Antrag 1<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
Zur Abschaffung der Winterzeit - keine<br />
Zeitumstellung<br />
Wir fordern alle politischen Gremien der <strong>SPD</strong> dazu auf, sich für die<br />
Abschaffung der Winterzit, d.h. für den Wegfall der Zeitumstellungen<br />
im März und Oktober einzusetzen. Dazu ist auf die Verabschiedung<br />
einer EU-Richtlinie hinzuwirken, welche die in der Richtlinie<br />
2000/84/EG getroffenen Regelungen außer Kraft setzt.<br />
So1<br />
Zur Abschaffung der Winterzeit - keine<br />
Zeitumstellung<br />
Ablehnung<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
276
Wahlvorschläge
Wahlvorschläge<br />
Wahlvorschläge<br />
I. Wahl Parteivorstand<br />
Wahlvorschlag 1<br />
Parteivorstand<br />
Vorsitzender<br />
Gabriel, Sigmar<br />
Stellvertretende Vorsitzende<br />
Kraft, Hannelore<br />
Özoguz, Aydan<br />
Schäfer-Gümbel, Thorsten<br />
Scholz, Olaf<br />
Schwesig, Manuela<br />
Generalsekretärin<br />
Nahles, Andrea<br />
Schatzmeisterin<br />
Hendricks, Barbara<br />
Verantwortlicher für die Europäische Union<br />
Schulz, Martin<br />
Weitere Mitglieder<br />
Ahnen, Doris<br />
Annen, Niels<br />
Budde, Katrin<br />
Dulig, Martin<br />
Engelmeier-Heite, Michaela<br />
Ferner, Elke<br />
Friedrich, Peter<br />
Groschek, Michael<br />
Heil, Hubertus<br />
Kirçi, Alptekin<br />
Kramme, Anette<br />
Lösekrug-Möller, Gabriele<br />
Maas, Heiko<br />
Matschie, Christoph<br />
Mattheis, Hilde<br />
Poß, Joachim<br />
Pronold, Florian<br />
Schild, Armin<br />
Sieling, Carsten<br />
Stegner, Ralf<br />
Vogt, Ute<br />
Wahlvorschlag 2<br />
Landesverband Brandenburg<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Dr. Dietmar Woidke (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 3<br />
Landesverband Rheinland-Pfalz<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Andrea Nahles( Generalsekretärin)<br />
Doris Ahnen (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 4<br />
Landesverband Saarland<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Heiko Maas (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 5<br />
Landesverband Schleswig-Holstein<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Ralf Stegner (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 6<br />
Landesverband Bayern<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Florian Pronold (weiteres Mitglied)<br />
Anette Kramme (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 7<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Thorsten Schäfer- Gümbel (stellvertretender Parteivorsitzender)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 8<br />
Landesverband Berlin<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Jan Stöß (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 9<br />
Landesverband Sachsen-Anhalt<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Katrin Budde (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 10<br />
Landesorganisation Bremen<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Dr. Carsten Sieling (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 11<br />
Bezirk Hannover<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Gabriele Lösekrug-Möller (weiteres Mitglied)<br />
Alptekin Kirçi (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 12<br />
Juso-Bundesverband<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Sascha Vogt (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
278
Wahlvorschläge<br />
Wahlvorschläge<br />
Wahlvorschlag 13<br />
Landesverband Nordrhein-Westfalen<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Hannelore Kraft (stellvertretende Parteivorsitzende)<br />
Barbara Hendricks (Schatzmeisterin)<br />
Martin Schulz (Beauftragter für die Europäische Union)<br />
Petra Crone (weiteres Mitglied)<br />
Michaela Engelmeier-Heite (weiteres Mitglied)<br />
Kerstin Griese (weiteres Mitglied)<br />
Michael Groschek (weiteres Mitglied)<br />
Joachim Poß (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 14<br />
Bezirk Braunschweig<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Sigmar Gabriel (Vorsitzender der <strong>SPD</strong>)<br />
Hubertus Heil (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 15<br />
Landesverband<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Manuela Schwesig (stellv. Vorsitzende)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 16<br />
Arbeitsgemeinschaft<br />
Sozialdemokratischer Frauen<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Elke Ferner (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 17<br />
Landesverband<br />
Sachsen<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Martin Dulig (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 18<br />
Landesverband Baden-Württemberg<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Peter Friedrich (weiteres Mitglied)<br />
Hilde Mattheis (weiteres Mitglied)<br />
Ute Vogt (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 19<br />
Unterbezirk Wolfenbüttel<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Sigmar Gabriel (Vorsitzender der <strong>SPD</strong>)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 20<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Klaus Barthel (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 21<br />
Arbeitsgemeinschaft 60plus<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Angelika Graf (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 22<br />
Landesverband Thüringen<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Christoph Matschie (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 23<br />
Region Westliches Westfalen<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Petra Crone (weiteres Mitglied)<br />
Joachim Poß (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 24<br />
Landesorganisation Hamburg<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Olaf Scholz (Stellvertretender Bundesvorsitzender)<br />
Aydan Özoguz (Stellvertretende Bundesvorsitzende),<br />
Niels Annen (weiteres Mitglied)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
Wahlvorschlag 25<br />
Bezirk Hessen-Nord<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Thorsten Schäfer- Gümbel (stellvertretender Parteivorsitzender)<br />
in den Parteivorstand wählen<br />
II. Wahl Bundesschiedskommission<br />
Wahlvorschlag 26<br />
Parteivorstand<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Hannelore Kohl (Vorsitzende)<br />
Werner Ballhausen (stellvertretender Vorsitzender)<br />
Roland Rixecker (stellvertretender Vorsitzender)<br />
Ilse Brusis (weiteres Mitglied)<br />
Kristin Keßler (weiteres Mitglied)<br />
Thomas Notzke (weiteres Mitglied)<br />
Johannes Risse (weiteres Mitglied)<br />
in die Bundesschiedskommission wählen<br />
Wahlvorschlag 27<br />
Landesverband Mecklenburg-Vorpommern<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Hannelore Kohl (Vorsitzende)<br />
in die Bundesschiedskommission wählen<br />
279
Wahlvorschläge<br />
Wahlvorschläge<br />
Wahlvorschlag 28<br />
Landesverband Baden-Württemberg<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Kristin Keßler (weiteres Mitglied)<br />
in die Bundesschiedskommission wählen<br />
Wahlvorschlag 29<br />
Landesverband Nordrhein-Westfalen<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Ilse Brusis (weiteres Mitglied)<br />
Dr. Johannes Risse (weiteres Mitglied)<br />
in die Bundesschiedskommission wählen<br />
Wahlvorschlag 30<br />
Region Westliches Westfalen<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Ilse Brusis (weiteres Mitglied)<br />
in die Bundesschiedskommission wählen<br />
Wahlvorschlag 31<br />
Landesverband Thüringen<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Thomas Notzke (weiteres Mitglied)<br />
in die Bundesschiedskommission wählen<br />
III. Wahl Kontrollkommission<br />
Wahlvorschlag 32<br />
Wahlvorschlag 37<br />
Bezirk Hessen-Süd<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Norbert Wieczorek<br />
in die Kontrollkommission wählen<br />
Wahlvorschlag 38<br />
Landesverband Schleswig-Holstein<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Stefan Eckner<br />
in die Kontrollkommission wählen<br />
Wahlvorschlag 39<br />
Landesverband Rheinland-Pfalz<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Karl Diller<br />
in die Kontrollkommission wählen<br />
Wahlvorschlag 40<br />
Landesverband Sachsen-Anhalt<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Marko Mühlstein<br />
in die Kontrollkommission wählen<br />
Wahlvorschlag 41<br />
Landesverband Brandenburg<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Britta Stark<br />
in die Kontrollkommission wählen<br />
Landesverband Bayern<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Thomas Goger<br />
in die Kontrollkommission wählen<br />
Wahlvorschlag 33<br />
Landesverband Baden-Württemberg<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Karin Rehbock-Zureich<br />
in die Kontrollkommission wählen<br />
Wahlvorschlag 34<br />
Landesverband Nordrhein-Westfalen<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Renate Drewke<br />
Brigitte Reckmann<br />
in die Kontrollkommission wählen<br />
Wahlvorschlag 35<br />
Region Westliches Westfalen<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Renate Drewke<br />
in die Kontrollkommission wählen<br />
Wahlvorschlag 36<br />
Bezirk Hannover<br />
Der Bundesparteitag möge<br />
Walter Meinhold<br />
in die Kontrollkommission wählen<br />
280
Wahlvorschläge<br />
IV. Wahl SPE-Delegierte<br />
Der Parteivorstand schlägt dem Parteitag auf der Grundlage der Vorschläge der Landesverbände und Bezirke folgende Genossinnen und<br />
Genossen zur Wahl nach § 25 Absatz 4 Organisationsstatut als Delegierte zum SPE-Kongress vor:<br />
Wahlvorschlag 42<br />
Landesverband/Bezirk Name Delegiertenanzahl<br />
Schleswig-Holstein<br />
1. N.N.<br />
2. N.N.<br />
2<br />
Mecklenburg-Vorpommern 1. Iris Hoffmann 1<br />
Hamburg 1. Knut Fleckenstein 1<br />
Bremen 1. Dr. Joachim Schuster 1<br />
Nord-Niedersachsen 1. Franka Strehse 1<br />
Weser-Ems<br />
Hannover<br />
1. Matthias Groote<br />
2. Hanna Naber<br />
1. Bernd Lange<br />
2. Johanna Klingbeil<br />
2<br />
2<br />
Braunschweig 1. Nilgün Sanli 1<br />
Sachsen-Anhalt 1. Victoria Orioli 1<br />
Brandenburg 1. Harald Geywitz 1<br />
Berlin 1. Philipp Steinberg 1<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Hessen-Nord<br />
Hessen-Süd<br />
1. Angelica Schwall-Düren<br />
2. Vladimir Zizka<br />
3. Christina Kampmann<br />
4. Wolfram Kuschke<br />
5. Birgit Sippel<br />
1. Martina Werner<br />
2. Enrico Schäfer<br />
1. Udo Bullmann<br />
2. Sylvia Kunze<br />
5<br />
2<br />
2<br />
Thüringen 1. N.N. 1<br />
Sachsen 1. Constanze Krehl 1<br />
Saar<br />
Rheinland Pfalz<br />
Baden-Württemberg<br />
Bayern<br />
1. Josef Leinen<br />
2. Bettina Altersleben<br />
1. Jutta Steinruck<br />
2. Norbert Neuser<br />
1. Rene Repasi<br />
2. Evelyne Gebhardt<br />
1. Katrin Sonnenholzner<br />
2. Linus Förster<br />
3. Stephanie Schäfer<br />
2<br />
2<br />
2<br />
3<br />
281
Wahlvorschläge<br />
Als Ersatzdelegierte werden vorgeschlagen:<br />
Sabine Steppat ..............................................(Hamburg)<br />
Manuela Mahnke ........................................... (Bremen)<br />
Stefaan Jacobs ................................................ (Bremen)<br />
Ulrike Hiller ................................................... (Bremen)<br />
Dr. Detlef Rogosch .....................(Nord-Niedersachsen)<br />
Angelika Dorsch ........................(Nord-Niedersachsen)<br />
Bernd Michallik .........................(Nord-Niedersachsen)<br />
Tiemo Wölken ...........................................(Weser-Ems)<br />
Achim Barchmann ...............................(Braunschweig)<br />
Ulrich Stockmann ..............................(Sachsen-Anhalt)<br />
Susanne Melior ...................................... (Brandenburg)<br />
Anja Möbus........................................................(Berlin)<br />
Andrea Arcais ............................ (Nordrhein-Westfalen)<br />
Sophia Hartmann ...................... (Nordrhein-Westfalen)<br />
Dietmar Nietan .......................... (Nordrhein-Westfalen)<br />
Tine Hördum ............................. (Nordrhein-Westfalen)<br />
Sebastian Schley ....................... (Nordrhein-Westfalen)<br />
Birgit Kauertz ............................ (Nordrhein-Westfalen)<br />
Karina Fissmann ....................................(Hessen-Nord)<br />
Thilo Kootz ............................................(Hessen-Nord)<br />
Sebastian Vogel ..............................................(Sachsen)<br />
Eugen Roth ..........................................................(Saar)<br />
Elke Ferner ...........................................................(Saar)<br />
Margit Conrad ...................................(Rheinland-Pfalz)<br />
Dieter Klöckner .................................(Rheinland-Pfalz)<br />
Christian Flisek ............................................... (Bayern)<br />
Peter Simon ................................ (Baden-Württemberg)<br />
Fabienne Vesper ......................... (Baden-Württemberg)<br />
Luisa Boos ................................. (Baden-Württemberg)<br />
Stella Kirgiane-Efremidis........... (Baden-Württemberg)<br />
Harald Baumann-Hasske ...............................(Sachsen)<br />
N.N. ............................................................ (Thüringen)<br />
N.N. ..............................................(Schleswig-Holstein)<br />
N.N. ..............................................(Schleswig-Holstein)<br />
282
Bedienungshinweis elektronisches<br />
Wahlsystem der <strong>SPD</strong>
HINWEISE<br />
ZUM ELEKTRONISCHEN WAHLSYSTEM<br />
Bei der Akkreditierung erhalten alle Delegierten eine<br />
Chipkarte. Die Ausgabe erfolgt nach dem Zufallsprinzip,<br />
damit ist die Anonymität während der Abstimmung<br />
gewährleistet. Die Chipkarte berechtigt die Delegierten<br />
an der Wahl aktiv teilzunehmen. Sie befindet sich an<br />
den Delegiertenausweisen und sollte genauso sorgfältig<br />
wie die Stimmkarte verwahrt werden. Sollte die Chipkarte<br />
verloren gehen, gibt es keinen Ersatz!<br />
Die zur Wahl notwendigen Abstimmungsgeräte<br />
werden vor Eintritt in die Wahlen durch die MitarbeiterInnen<br />
an die Delegierten verteilt.<br />
Das elektronische Abstimmungsverfahren hat<br />
die gleiche Funktionalität wie eine Abstimmung mit<br />
Stimmzettel. Die Abstimmung erfolgt per Tastendruck,<br />
das entspricht dem Kreuz auf dem Stimmzettel.<br />
Die Abstimmung ist ebenso geheim wie eine Wahl<br />
mit Stimmzettel. Um Fehler zu vermeiden gibt es die<br />
gleiche Notwendigkeit zur Konzentration wie bei<br />
Abstimmungen mit Papier.<br />
Die Stimmabgabe erfolgt durch Absenden mittels<br />
der „<br />
“-Taste/OK-Taste statt durch Einwurf in eine<br />
Wahlurne. Die Stimmabgabe ist nur bis zum Schließen<br />
der Abstimmung durch das Tagungspräsidium möglich.<br />
Die Auszählung erfolgt unmittelbar nach der Wahl<br />
durch den Computer.<br />
Die Nutzung des Abstimmungsgerätes durch einen<br />
anderen ist ebenso unzulässig wie das Ausfüllen des<br />
Stimmzettels durch einen anderen.<br />
Welche KandidatIn mit welcher Taste gewählt werden<br />
kann, wird vom Präsidium erläutert und auf der Leinwand<br />
angezeigt. Nach Eröffnen des Wahlgangs kann<br />
durch Drücken der entsprechenden Taste bzw. durch<br />
Tastenkombinationen die Stimme ausgewählt werden.<br />
Die Stimmabgabe erfolgt durch Drücken der „ “-Taste.<br />
FUNKTIONSWEISE<br />
DER TASTEN<br />
Das Abstimmungsgerät wird nur durch<br />
Einführen der Chipkarte aktiviert. Wenn<br />
sich keine Chipkarte im Abstimmungsgerät<br />
befindet, blinkt die Kontrolllampe des<br />
Gerätes GRÜN.<br />
Sollte die Chipkarte falsch eingeführt<br />
worden sein, blinkt die Kontrolllampe<br />
des Abstimmungsgerätes während des<br />
Abstimmungsvorganges ROT.<br />
Mit der OK-Taste wird die Stimme<br />
unwiderruflich abgegeben!<br />
Solange die Stimme noch<br />
nicht abgegebn wird, kann<br />
mit der C-TASTE die Eingabe<br />
korrigiert werden.<br />
CHIPKARTE zur Aktivierung<br />
des Abstimmungsgerätes<br />
Bundesparteitag<br />
14. bis 16. November<br />
in Leipzig<br />
CHIPKARTE<br />
Einzelwahl:<br />
Taste 1 = JA<br />
Taste 2 = NEIN<br />
Taste 3 = ENTHALTUNG<br />
Listenwahl:<br />
Taste 1 = Kandidat/in 1<br />
Taste 2 = Kandidat/in 2<br />
Taste 3 = Kandidat/in 3<br />
Taste 4 = Kandidat/in 4<br />
Taste 5 = Kandidat/in 5<br />
Taste 6 = Kandidat/in 6<br />
Taste 7 = Kandidat/in 7<br />
Taste 8 = Kandidat/in 8<br />
usw. …<br />
Die Scrolltasten<br />
sind nur bei der Listenwahl<br />
aktiviert. Dort können Sie die<br />
Stimmabgaben „durchblättern”.<br />
Auf dem Display wird<br />
zuerst die Ziffer Ihrer Wahl,<br />
im Anschluss die Ziffer von<br />
dem Kandidaten/innen auf<br />
dem Display gezeigt. Sie haben<br />
z. B. mit der fünften Wahl den<br />
Kandidaten/in mit der Ziffer<br />
12 gewählt: Auf dem Display<br />
erscheint erst die Ziffer 5, im<br />
Anschluss die Ziffer 12.
Notizen<br />
285
286<br />
Notizen
Notizen<br />
287
Herausgegeben vom <strong>SPD</strong>-Parteivorstand, Abteilung I / Partei<br />
Willy-Brandt-Haus, 10911 Berlin<br />
Gesamtherstellung: Köllen Druck+Verlag GmbH, Bonn-Berlin
www.spd.de