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Alb Magazin - Ausgabe Heidengraben 2/2013

Regional Magazin auf der Schwäbischen Alb für die Region Heidengraben, Grabenstetten, Hülben, Erkenbrechtsweiler, Hochwang und Böhringen

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<strong>Alb</strong>-<strong>Magazin</strong> <strong>Ausgabe</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

Interview Fritz-Ulrich Herter<br />

und zugleich das Schönste für mich (lacht).<br />

Ich kann es nur so beschreiben: Hier gibt<br />

es Parallelen mit dem Elternsein. Es sind<br />

die täglichen Kleinigkeiten, die nicht gemacht<br />

oder erledigt werden, die einen tierisch<br />

nerven und einem im Alltag unnötig<br />

das Leben schwermachen. Aber auch hier<br />

gilt: Es hat sich alles gelohnt!“<br />

Sich mehr Zeit nehmen für Menschen, Dinge und sich selbst,<br />

will sich der Wahl-Uracher „Uli Herter“, der im Hülbener Rathaus geboren wurde<br />

Jetzt winkt die große Freiheit<br />

41 Jahre seines Lebens war Fritz-Ulrich Herter „Banker“. 30 Jahre davon als<br />

Vorstand tätig. Jetzt, mit 59 Jahren, geht er in Altersteilzeit. „Ich freue mich,<br />

aber es tut auch ein bisschen weh“, sagt er wenige Stunden vor seinem letzten,<br />

offiziellen Arbeitstag in der Hülbener Bankfiliale.<br />

Wir fragten nach, wie es sich anfühlt, schon<br />

bald vermeintlich „ganz viel Zeit“ zu haben<br />

und blicken zurück in vier Jahrzehnte<br />

Berufsleben.<br />

Schon morgen kommt der Tag des<br />

großen Abschieds. Wie fühlt es sich an?<br />

„Mir ist mulmig zumute, aber ich habe<br />

mich lange darauf vorbereitet. Ich freue<br />

mich, dass meine Kinder morgen kommen<br />

und bei der Verabschiedung dabei sind.<br />

Ganz leicht wird es sicher nicht.“<br />

Der kurze Blick zurück.<br />

Wie würden Sie ihn beschreiben?<br />

Ich habe es immer gut gehabt. Die<br />

Banken, die ich geleitet habe, kamen nie<br />

in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Risiken<br />

sind im Kreditgeschäft immer vorhanden,<br />

doch wir haben das immer gut hinbekommen.<br />

Wenn es einen Ausfall gab,<br />

dann ist das mit einem harmlosen Blechschaden<br />

am Auto zu vergleichen, mit dem<br />

man 40 Jahre lang zig tausend Kilometer<br />

gefahren ist.“<br />

Sie spielen auf Ihre jahrzehntelange<br />

Arbeit im Kreditgeschäft an?<br />

„Ja. Ich durfte viele Existenzen gründen<br />

und (sinnbildlich) zahlreiche Häuser für<br />

junge Familien bauen. Weit mehr, als Tief-<br />

Fotografie Patricia Kozjek<br />

schläge oder geplatzte Kredite einstecken.<br />

Das ist ein sehr gutes und schönes Gefühl.“<br />

Wie sind Sie mit Menschen umgegangen,<br />

die ganz offensichtlich über ihre<br />

Verhältnisse leben?<br />

„Vorwürfe machen hilft hier nicht weiter.<br />

Diese Menschen sind aber auch nicht Opfer<br />

unserer Gesellschaft. Geduldig habe<br />

ich ihnen vorgerechnet, was reinkommt<br />

und was auf der <strong>Ausgabe</strong>nseite steht. Sie<br />

zur Einsicht zu erziehen, war mein Ziel. Das<br />

ist mir eigentlich immer gut gelungen.“<br />

Was würden Sie in den vier Jahrzehnten<br />

Berufsleben bei der Bank für sich persönlich<br />

als Highlight bezeichnen?<br />

„Da gibt es nicht ein Highlight, sondern ein<br />

paar Highlights. Es ist wichtig, dass man<br />

mit Menschen umgeht, ob Kunden oder<br />

Mitarbeiter. Insgesamt habe ich es auf der<br />

<strong>Alb</strong> so gut gehabt, weil die Menschen dort<br />

so gut sind. Ich habe Vertrauen gegeben<br />

und Vertrauen zurückbekommen. Das sind<br />

die Momente, in denen man sagt, es hat<br />

sich alles gelohnt.“<br />

„Was empfanden Sie in dieser Zeit<br />

als schwierig für sich?“<br />

„Sich mit Mitarbeitern auseinanderzusetzen<br />

und umzugehen, war das Schwierigste<br />

Stichwort „Vertrauen“ – ein Chef muss ab<br />

und an auch Entlassungen aussprechen.<br />

Wie geht man persönlich damit um?<br />

„Jemanden entlassen zu müssen, war<br />

das Schlimmste in meinem Berufsleben.<br />

Zu merken, man hat reichlich Vertrauen<br />

investiert und wurde dabei womöglich<br />

betrogen, ist niederschmetternd. Ab und<br />

an muss man einen Schnitt ziehen, auch<br />

wenn das Gefühl der unguten Trennung<br />

bleibt. Zum Glück kam das in den letzten<br />

30 Jahren nicht oft vor.“<br />

Sie haben sich bewusst für<br />

Altersteilzeit entschieden. Warum?<br />

„Oft läuft das Leben anders als man denkt.<br />

Vor rund sechs Jahren habe ich mich persönlich<br />

dazu entschlossen. Der Job ist<br />

nicht alles. Ich kann mein Leben eine Stufe<br />

zurückfahren und trotzdem gut leben. Ich<br />

möchte mir selbst ein paar Jahre zurückgeben<br />

und das Leben einfach auf mich zukommen<br />

lassen.“<br />

Gibt es schon Pläne,<br />

wenn die Pflicht nicht mehr ruft?<br />

„Man sollte nicht immer große Pläne machen.<br />

In erster Linie hoffe ich, dass ich<br />

gesund bleibe. Das steht an erster Stelle.<br />

Außerdem will ich mich in ehrenamtlichen<br />

Projekten engagieren und nicht mehr für<br />

Geld schaffen. Verreisen, sich Zeit für Menschen<br />

und Dinge nehmen und körperlich<br />

bewegen, darauf freue ich mich. Und einfach<br />

die Dinge machen, die ich will.“<br />

Was passiert mit Ihren vielen Krawatten?<br />

„Die erste, mit der ich meine Lehre angefangen<br />

habe, hebe ich auf. Der Rest kommt<br />

weg und die Anzüge in den Keller (lacht).“<br />

Ihre nächste Station?<br />

„Vier Wochen Kanada mit dem Wohnmobil.<br />

Es ist die verspätete Hochzeitsreise.<br />

Ich freue mich darauf!“<br />

Das Interview führte Patricia Kozjek.<br />

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