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Interview Miley CYRUS: Wird gerade erwachsen (Vorschau)

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101 Seiten<br />

FASHION<br />

September 2013<br />

4 Eurȯ.<br />

Charlotte<br />

GAINSBOURG<br />

führt uns in<br />

Versuchung …<br />

Dree (& Mariel!)<br />

HEMINGWAY<br />

– oder warum ein großer Name<br />

Fluch und Segen sein kann<br />

Robert<br />

PATTINSON<br />

bei Tageslicht<br />

Charlotte ROCHE<br />

und Carla JURI<br />

reden über<br />

„FEUCHTGEBIETE“<br />

<strong>Miley</strong><br />

<strong>CYRUS</strong><br />

wird <strong>gerade</strong> <strong>erwachsen</strong><br />

09<br />

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SMALL TALK<br />

Kleine Gespräche mit großen Leuten<br />

S. 45<br />

.<br />

Inhalt<br />

Superstars<br />

Auf dem Weg nach vorne<br />

Amirah Kassem King Krule<br />

S. 50 S. 52<br />

MILEY <strong>CYRUS</strong><br />

17 Minuten mit dem Teeniestar,<br />

der jetzt <strong>erwachsen</strong> sein will<br />

S. 54<br />

My Fashion<br />

Aussehen wie Nicolette Krebitz<br />

S. 60<br />

Wow<br />

Schöne Dinge für den September<br />

S. 62<br />

REISE ZUR KUNST<br />

Jerry Saltz’ Postkarten von der<br />

Biennale in Venedig<br />

S. 72<br />

NOW<br />

Kultur im September<br />

S. 76<br />

Warum Roland Emmerich<br />

wieder das Weiße Haus in die<br />

Luft sprengen muss<br />

S. 80<br />

Dior x Andy<br />

Raf Simons trifft Warhol trifft<br />

unseren Geschmack<br />

S. 82<br />

Dreaming of a<br />

WHITE SWEATER<br />

S. 84<br />

KENNEN SIE VERONIQUE<br />

BRANQUINHO?<br />

Die belgische Designerin meldet sich zurück<br />

S. 86<br />

Bag Lady<br />

Wer behauptet, Geld mache nicht glücklich,<br />

geht wohl in die falschen Läden<br />

S. 90<br />

Elsa SCHIAPARELLI<br />

Die Rückkehr einer Legende<br />

S. 94<br />

WOW, S. 62 SCHIAPARELLI, S. 94<br />

Carla Juri &<br />

Charlotte Roche,<br />

S. 142<br />

Editorial<br />

S. 33<br />

S. 36<br />

Impressum<br />

Mitarbeiter<br />

S. 40<br />

Abonnement<br />

S. 97/201<br />

Diese Hemingways, S. 100<br />

King<br />

Krule,<br />

S. 52<br />

Sweaters,<br />

S. 84<br />

Nicolette<br />

Krebitz,<br />

S. 60<br />

FOTOS: Glen Luchford Kate Moss 1994/Christie’s Images Ltd. 2013; Olaf Wipperfürth; Ronald Dick, Styling: Ingo Nahrwold; Ronald Dick; Charlotte Wales, Styling: Clare Byrne; dpa Picture-Alliance/Copyright © CSU Archives/Everett


©T&CO. 2013.<br />

TIFFANY ENCHANT TM<br />

FRANKFURT GOETHESTRASSE 20 069 92 00 270<br />

AIRPORT FRANKFURT TERMINAL 1 DEPARTURE B LEVEL 2 069 65300070<br />

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DÜSSELDORF KÖNIGSALLEE 18 0211 13 06 50<br />

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Inhalt<br />

DIESE<br />

HEMINGWAYS<br />

Genie und Wahnsinn, Schönheit und<br />

Depressionen: Wie Mariel und<br />

Dree Hemingway trotz des Fluchs, der auf der<br />

Familie liegt, zu überleben versuchen<br />

S. 100<br />

ROBERT PATTINSON<br />

Er hat die Werwölfe besiegt, Kristen Stewart<br />

überlebt und ist mit Twilight unsterblich<br />

geworden: Das <strong>Interview</strong> mit einem Vampir<br />

S. 120<br />

So sieht’s aus:<br />

DER LOOK DER<br />

NEUEN SAISON<br />

fotografiert von<br />

Giampaolo Sgura<br />

S. 130<br />

Carla JURI &<br />

Charlotte ROCHE<br />

Als der Roman Feuchtgebiete erschien,<br />

errötete ein ganzes Land. Im gleichnamigen<br />

Kinofilm vermisst die wunderbare<br />

Carla Juri unsere Schamgrenzen neu<br />

S. 142<br />

Human League<br />

Fashion! Fashion! Fashion!<br />

Fotografiert von Craig McDean<br />

S. 152<br />

CHARLOTTE GAINSBOURG<br />

Sie ist die heimliche Prinzessin Frankreichs, die<br />

einzige Frau, die Lars von Trier aushält,<br />

und dennoch bleibt sie ein Mysterium – wie<br />

es scheint, auch für sich selbst<br />

S. 162<br />

Marc JACOBS &<br />

Naomi<br />

CAMPBELL<br />

Zu Hause im Münchner Maison Louis Vuitton<br />

S. 172<br />

BRAD ELTERMAN<br />

Sein Studio war der Sunset Strip, sein Material<br />

die Ikonen des Pop. Unser Portfolio feiert den<br />

ersten Paparazzo des Rock ’n’ Roll<br />

S. 184<br />

Elie SAAB<br />

Der libanesische Designer schneidert<br />

nicht nur teure Couture, er<br />

definiert jetzt auch, wie Luxus riecht!<br />

S. 192<br />

Robert<br />

Pattinson<br />

S. 120<br />

BEAUTY KOLUMNE<br />

Rihanna! Diane Kruger!<br />

Angelina Jolie!<br />

S. 196<br />

Beauty Trends & News<br />

S. 198<br />

PARTY<br />

Berlin Fashion<br />

Week/Unterwegs mit<br />

Olivier Zahm<br />

S. 202<br />

Flashback<br />

Bianca Jagger<br />

S. 210<br />

.<br />

FOTO: Nan Goldin für Christian Dior Parfums


ASTRID MUÑOZ / PHOTOGRAPHER & MODEL<br />

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.


.<br />

Charlotte Gainsbourg<br />

FOTO Driu Crilly & Tiago<br />

Martel STYLING Karen<br />

Kaiser / Top SAINT LAURENT<br />

BY HEDI SLIMANE<br />

Dree Hemingway<br />

FOTO Sebastian Faena<br />

STYLING Julia von Boehm /<br />

Hemd SAINT LAURENT<br />

BY HEDI SLIMANE Kette<br />

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Emily DiDonato<br />

FOTO Giampaolo Sgura<br />

STYLING Klaus Stockhausen /<br />

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EDITORIAL<br />

Mein Lieblingslokal in New York hieß damals Elaine’s, wir<br />

haben hier unvergessliche Abende verbracht, mit<br />

Freunden, bis spät in die Nacht. Elaine Kaufman hielt<br />

Hof, und ganz Manhattan war zu Gast: die Künstler, die Literaten,<br />

die Journalisten, die Exzentriker, die Stadtneurotiker. Irgendwann<br />

kannten uns die Kellner, und wir bekamen immer unseren Lieblingstisch.<br />

Woody Allen hat das Restaurant in seinem Film Manhattan<br />

verewigt. Die Stadt war damals das Zentrum der Welt. Wenn ich<br />

nicht in New York sein konnte, gab es nur ein Magazin, das mich in<br />

der Ferne über das Stadtgespräch auf dem Laufenden hielt: <strong>Interview</strong>.<br />

Jetzt sitze ich an meinem neuen Schreibtisch in Berlin, bin die<br />

Chefredakteurin der deutschen Ausgabe von <strong>Interview</strong>. Berlin ist das<br />

neue New York, heißt es. Keine Ahnung, ob Andy Warhol das<br />

bestätigen würde. Aber: Er hat die urbane Vitalität geliebt, den Small<br />

Talk der Großstadt, die Mode, den Glamour, die Stars. New York<br />

kommt mir inzwischen vor wie ein Mythos von gestern. Elaine’s<br />

gibt es nicht mehr. Europa liegt vorn, so kreativ wie nie zuvor.<br />

Deutschland ist ein spannendes Land geworden, vielleicht sogar<br />

so spannend wie New York, damals, als wir bei Elaine’s saßen.<br />

Wir wollen ein spannendes Magazin für dieses Land machen.<br />

Ganz im Sinne von Andy Warhol: <strong>Interview</strong> war immer das<br />

Leitmedium der Leser, die sich für Menschen interessieren, die<br />

ihrer Zeit einen Schritt voraus sind. Wenn auch manchmal<br />

nur eine Nacht lang, an einem Ort wie Elaine’s.<br />

Lisa Feldmann,<br />

fotografiert von<br />

Dimitri Jeurissen<br />

33


.<br />

Impressum<br />

EDITOR IN CHIEF<br />

Lisa FELDMANN<br />

Deputy Editor in Chief JÖRG HARLAN ROHLEDER<br />

Creative Direction Art DIMITRI JEURISSEN<br />

and SANDER VERMEULEN for BASEDESIGN<br />

Art Director DOMINIK SCHATZ<br />

Fashion Director KLAUS STOCKHAUSEN<br />

Photography Director FRANK SEIDLITZ<br />

Senior Editor HARALD PETERS<br />

Editor HEIKE BLÜMNER<br />

Beauty Editor BETTINA BRENN<br />

Assistant Photography DOROTHEA FIEDLER<br />

Assistant Fashion CAROLINE LEMBLÉ<br />

Assistant Editorial WIEBKE SCHUIRMANN<br />

Interns KATHARINA EDER, RAHA EMAMI KHANSARI<br />

International Fashion Director JULIA VON BOEHM<br />

International Editor at Large NAOMI CAMPBELL<br />

International Editor ALIONA DOLETSKAYA<br />

Art Department<br />

ALEXANDER NUSSBAUMER, OLE A. H. TRUDERUNG<br />

Digital<br />

Executive Editor NINA SCHOLZ, Junior Editor KATHARINA BÖHM<br />

Intern ISABEL LEONHARDT<br />

Managing Editor & Chef vom Dienst SILKE MENZEL<br />

Textchefin ELISABETH SCHMIDT<br />

Schlussredaktion ULRIKE MATTERN,<br />

RALPH SCHÜNGEL, KERSTIN SGONINA<br />

MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />

Doug Aitken, Anastasia Barbieri, Jan Brandt, Clare Byrne,<br />

Miguel Enamorado, Sönke Hallmann, Friederike Jung, Karen Kaiser,<br />

Nicolette Krebitz, Ingo Nahrwold, Charlotte Roche, Jerry Saltz,<br />

Hella Schneider, Karl Templer, Christian Werner<br />

Casting by Samuel Ellis Scheinman for DMCasting<br />

FOTOGRAFEN DIESER AUSGABE<br />

Jakob Axelmann, Driu Crilly & Tiago Martel, Marleen Daniëls, Ronald Dick,<br />

Brad Elterman, Sebastian Faena, Nan Goldin, Jean-Paul Goude, Markus Jans,<br />

Jan Kapitän, Jonas Lindström, Christian Macdonald, Craig McDean,<br />

Markus Pritzi, Giampaolo Sgura, Heji Shin, Mario Sorrenti, Charlotte Wales,<br />

Jan Welters, Olaf Wipperfürth, Olivier Zahm<br />

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Vorteils-Abo<br />

AUF SEITE 97<br />

FINDEN SIE UNSER<br />

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GESCHENKS<br />

PRODUKTION<br />

Lithografie Max-Color, Wrangelstraße 64, 10997 Berlin<br />

Druck Mohn Media Mohndruck GmbH,<br />

Carl-Bertelsmann-Straße 161 M, 33311 Gütersloh<br />

Manufacturing Director Oleg Novikov<br />

Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt<br />

Lisa Feldmann<br />

Board of Directors <strong>Interview</strong> Publishing House Germany<br />

VLADISLAV DORONIN, BERND RUNGE<br />

BMP Media Holdings, LLC, Chairman PETER M. BRANT<br />

www.interew.de


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A ZIG-ZAG IN TIME 1953 - 2013<br />

60 Years of Style


Impressum<br />

.<br />

HERAUSGEBER & GESCHÄFTSFÜHRER<br />

Bernd RUNGE<br />

PUBLISHING DIRECTOR<br />

Anja SCHWING<br />

Assistentin der Geschäftsführung: VIKTORIA MOSIN<br />

Tel.: 030/2000 89-126, viktoria.mosin@atelier-publications.de<br />

ANZEIGEN<br />

Advertising Director IRIS GRÄBNER<br />

Tel.: 030/2000 89-120, iris.graebner@atelier-publications.de<br />

Advertising Sales Manager (Nielsen IIIb, IV, Österreich) ANKE SAUERTEIG<br />

Tel.: 089/95 47 78 59, anke.sauerteig@atelier-publications.de<br />

Frankreich, Großbritannien und USA CHARLOTTE WIEDEMANN<br />

Tel.: 030/2000 89-129, charlotte.wiedemann@atelier-publications.de<br />

Italien FABIO MONTOBBIO<br />

Rock Media, Largo Cairoli, 2, 20121 Mailand<br />

Tel.: 00 39/02/78 26 08, info@rockmedia.it<br />

Advertising Service Manager SUSANN BUCHROTH, EVA BAUREIS<br />

Tel.: 030/2000 89-127, susann.buchroth@atelier-publications.de<br />

Communications Manager CHARLOTTE WIEDEMANN<br />

Marketing Manager WILKIN SCHRÖDER<br />

Assistenz KATHLEEN MASSIERER, Tel.: 030/2000 89-165<br />

IT Manager PATRICK HARTWIG<br />

Office Manager HILKO RENTEL<br />

Verantwortlich für Anzeigen<br />

Atelier Publications Deutschland GmbH & Co. KG<br />

Mommsenstraße 57, 10629 Berlin<br />

Tel.: 030/2000 89-0, Fax: 030/2000 89-112<br />

Geschäftsführer ANJA SCHWING<br />

VERTRIEB<br />

PressUp GmbH, Postfach 701311, 22013 Hamburg<br />

vertrieb@pressup.de<br />

EINZELHEFTBESTELLUNGEN<br />

Preise, Verfügbarkeit und Bestellungen unter www.interview.de/einzelheft,<br />

bei weiteren Fragen Tel.: 030/2000 89-164<br />

BEZUGSPREISE<br />

Einzelpreis Deutschland (inkl. 7 % MwSt.):<br />

2 Euro, mit ePaper: 3 Euro, XXL-Format: 4 Euro<br />

Jahresabonnement: 18 Euro inkl. 7 % MwSt. (10 Ausgaben)<br />

Jahresabonnement XXL-Format: 30 Euro inkl. 7 % MwSt. (10 Ausgaben)<br />

ePaper-Abonnement: 10 Euro inkl. 19 % MwSt. (10 Ausgaben)<br />

<strong>Interview</strong>-Leserservice, PressUp GmbH, Postfach 701311, 22013 Hamburg<br />

abo@interview.de, Tel.: 040/41 448-480<br />

<strong>Interview</strong> erscheint zehnmal im Jahr in der <strong>Interview</strong> PH GmbH.<br />

Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste vom 1. Januar 2013.<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird<br />

keine Haftung übernommen.<br />

Andy Warhol’s <strong>Interview</strong> (TM). All rights reserved.<br />

<strong>Interview</strong> Germany is published under a sublicense from LLC Publishing House <strong>Interview</strong>;<br />

<strong>Interview</strong> is a registered trademark of <strong>Interview</strong> Inc.<br />

Reproduction in any manner in any language in whole or in part<br />

without prior written permission is prohibited.<br />

<strong>Interview</strong> PH GmbH, Mommsenstraße 57, 10629 Berlin, Tel.: 030/2000 89-0


.<br />

Mitarbeiter<br />

DOUG AITKEN sprach mit Charlotte Gainsbourg (ab Seite<br />

162). Der kalifornische Künstler, Jahrgang 1968, arbeitet<br />

mit Fotografie, Video und Skulpturen, er macht Performances,<br />

Installationen und zwischendurch auch mal Dinge kaputt.<br />

Doch als Nächstes fährt Aitken Zug. Für sein Projekt Station<br />

to Station will Aitken von New York nach San Francisco<br />

fahren, und dort, wo er anhält, gibt es Kunst. Damit er die<br />

Kunst nicht alleine machen muss, hat er viele Künstler mit<br />

an Bord, unter anderem Urs Fischer, Carsten Höller,<br />

Kenneth Anger und Liz Glynn. Und weil Kunst allein nicht<br />

reicht, gibt es auch Musik, zum Beispiel von den Fiery<br />

Fur naces und Charlotte Gainsbourg. Bevor die Reise losgeht,<br />

hat er Gainsbourg noch schnell interviewt.<br />

40<br />

SEBASTIAN FAENA fotografierte Dree<br />

Hemingway (ab Seite 106). Seinen ersten<br />

großen Auftritt hatte Faena 2008 mit einer<br />

20-seitigen Strecke im V Magazine. Seither<br />

hat der 1980 in Buenos Aires geborene<br />

Fotograf bewiesen, dass er ein einzigartiges<br />

Talent hat, Bilder zu schaffen, die einerseits<br />

an Filmszenen erinnern (er war früher einmal<br />

Regisseur), bei denen andererseits aber auch<br />

das Interesse an Sex nicht zu kurz kommt.<br />

Unvergessen ist in dieser Hinsicht etwa die<br />

Strecke Nun Head fürs Pop Magazine, in der<br />

es um erotisierte Nonnen ging, oder<br />

Footballers’ Wives fürs V Magazine, die von<br />

erotisierten Fußballerfrauen handelte.<br />

Inzwischen hat ungefähr jedes berühmte<br />

Model für ihn posiert, manche sogar mehrfach.<br />

So kennen sich Dree Hemingway, die<br />

er für uns fotografierte, und er bereits von<br />

früheren Arbeiten. Ihr Shooting für <strong>Interview</strong><br />

betrachten Sebastian Faena und Dree<br />

Hemingway als eine Hommage an Drees<br />

1996 verstorbene Tante, die Schauspielerin<br />

Margaux Hemingway.<br />

NAN GOLDIN fotografierte<br />

Robert Pattinson (ab Seite 120).<br />

Sie ist bekannt für direkte und<br />

ehrliche Fotografie, die oft die<br />

intimsten und traurigsten<br />

Momente des Lebens zeigt. In<br />

den vergangenen Jahren begann<br />

die 59-jährige Amerikanerin,<br />

auch für große Modehäuser wie<br />

Bottega Veneta und Christian<br />

Dior zu arbeiten, ohne dabei ihren<br />

einzigartigen Stil zu verlieren.<br />

Das gilt auch für ihre<br />

Fotos von Robert Pattinson, dem<br />

mit Abstand beliebtesten (Ex-)<br />

Vampirdarsteller unserer Zeit.<br />

RONALD DICK fotografierte Carla Juri (ab Seite 142).<br />

Heute arbeitet und lebt Ronald Dick abwechselnd in London<br />

und Berlin und fotografiert für große Marken (Nike,<br />

BMW) und Magazine (Another Magazine, W), doch bis es so<br />

weit kam, verbrachte er seine Jugend damit, Bilder in seinem<br />

eigenen kleinen Fotolabor in Stuttgart zu entwickeln, hörte<br />

dabei Heavy Metal oder spielte zwischendurch Schlagzeug.<br />

Sein Interesse an Gegenkulturen hat er sich bewahrt. Für uns<br />

fotografierte Ronald Dick die Schauspielerin Carla Juri.<br />

CHARLOTTE ROCHE sprach mit Carla Juri (ab<br />

Seite 142). In High Wycombe geboren, in Deutschland<br />

aufgewachsen und als Moderatorin bei Viva bekannt geworden.<br />

Den ganz großen Durchbruch hatte die 35-Jährige<br />

allerdings 2008 mit ihrem ersten Roman Feuchtgebiete, der<br />

allein in Deutschland weit über eine Million Exemplare<br />

verkauft und so viel Wirbel verursacht hat, dass die Verfilmung<br />

unvermeidlich war. Für <strong>Interview</strong> hat Roche<br />

(u. l.) exklusiv mit der großartigen Hauptdarstellerin<br />

Carla Juri gesprochen.<br />

FOTOS: Sofía Achaval; ddp images; Steffi Loos/ddp images; Nicolas Kantor/Majestic


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.


Hello!<br />

.<br />

FOTO: Simins/WWD/Fairchild Photo Service; © Condé Nast<br />

Ein Bild und seine<br />

Geschichte<br />

Die legendäre<br />

„Vogue”-Chefredakteurin<br />

in<br />

ihrem Büro<br />

Dass sie da war, erkannten ihre Mitarbeiter daran, dass die Rigaud-<br />

Duftkerze in ihrem Büro brannte. Gemischt mit dem Aroma ihrer<br />

Zigaretten ergab sich eine persönliche Note, so unverwechselbar und<br />

eigen wie alles im Leben von DIANA VREELAND. Die hübschen<br />

Dosen mit dem Zebradruck, in denen die Kerzen geliefert wurden,<br />

dienten als Bleistifthalter, weil sie sich im Ambiente ihrer geliebten roten<br />

Wandfarbe so prächtig machten. Und wurden jetzt zur Inspiration der<br />

W-Seite 63. Willkommen in unserer September-Ausgabe!<br />

43


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.<br />

Small Talk<br />

KLEINE GESPRÄCHE MIT GROSSEN LEUTEN:<br />

RUTH WILSON, LILY COLLINS, MATT<br />

DAMON, CARINE ROITFELD & JOËL DICKER<br />

FOTO: Greg Williams © Disney 2013<br />

Spionieren Sie?<br />

Die Schauspielerin Ruth Wilson,<br />

31, ist eine schlechte Lügnerin<br />

INTERVIEW: Für den Dreh von Lone Ranger sind Sie lange<br />

in der Wüste gewesen, in der auch Breaking Bad gedreht<br />

wurde. Hatten Sie seltsame Träume dort?<br />

RUTH WILSON: Der Sauerstoff ist dort ein wenig dünner.<br />

Außerdem kriegt man ganz viel Nasenbluten in<br />

Albuquerque, ich weiß nicht, warum. Aber an meine Träume<br />

kann ich mich leider nicht erinnern. Ich habe keine<br />

Träume. Also schon, aber ich weiß nichts von ihnen. Ich<br />

weiß, dass oft Haie darin auftauchen.<br />

INTERVIEW: Haie? Wieso das denn?<br />

WILSON: Ich denke, es ist wegen Der Weiße Hai. Spielberg<br />

ist schuld. Er hat die Haie in meinen Traum gepflanzt.<br />

INTERVIEW: Kennen Sie den neuen Hai-Film Sharknado?<br />

WILSON: Ja, der ist bestimmt lustig! Man könnte ihn jetzt<br />

schon einen Klassiker nennen, denke ich.<br />

INTERVIEW: Die Idee ist brillant. Ein Tornado aus Haien.<br />

Dass da noch niemand früher draufgekommen ist …<br />

WILSON: Ich habe mal versucht, meine Angst vor Haien zu<br />

überwinden, und in Südafrika einen Tauchgang gemacht.<br />

Also, ich war natürlich in einem Käfig. Ein Hai hat die<br />

ganze Zeit den Käfig angefressen …<br />

INTERVIEW: Was wäre eigentlich aus Ihnen geworden, wenn<br />

Sie sich nach dem Geschichtsstudium nicht für die<br />

Schau spielerei entschieden hätten?<br />

WILSON: Keine Ahnung. Ich mochte die Vorstellung,<br />

Archäologin zu werden. Aber wahrscheinlich habe ich die<br />

Sache romantisch verklärt – zwei Frauen erzählten mir<br />

heute, sie hätten den gleichen Traum gehabt. Vielleicht hat<br />

es mit Indiana Jones zu tun. Ich meine, in der Hitze<br />

abzuhängen und die ganze Zeit Relikte auszubuddeln, was<br />

soll daran eigentlich toll sein?<br />

INTERVIEW: Und wie wäre es mit dem Beruf des Spions?<br />

Das ist Ihr Großvater ja unter anderem gewesen.<br />

WILSON: Auf keinen Fall! Ich kann nicht lügen. Ich werde<br />

dann total rot. Ich werde sogar rot, wenn ich nicht lüge,<br />

sondern nur durch den Zoll will. Ich wäre nutzlos. Oder<br />

das wäre mein Trick, permanent rot werden, sodass alle<br />

denken: „Ah, die ist bestimmt keine Spionin!“<br />

Von Raha Emami Khansari<br />

Jetzt im Kino: „Lone Ranger“<br />

45


"Бim Dreh gab<br />

es Ktüme mit<br />

zugenähten<br />

Mündern. Wenn<br />

ein Kind das<br />

Set besucht<br />

hätte, es hätte<br />

st Albträume<br />

bekmen"<br />

„Chroniken der<br />

Unterwelt –<br />

City of Bones“<br />

startet am<br />

29. August<br />

Schlecht geträumt?<br />

Die Schauspielerin Lily Collins, 24,<br />

dreht lieber Horrorfilme, als dumme<br />

Fragen zu stellen<br />

INTERVIEW: Mit 15 hatten Sie bereits eine eigene Kolumne<br />

in Elle Girl, und ein paar Jahre später haben Sie fürs<br />

amerikanische Fernsehen Celebritys interviewt. Gab es mal<br />

ein besonders unangenehmes <strong>Interview</strong>?<br />

LILY COLLINS: Die <strong>Interview</strong>s waren eigentlich immer super,<br />

viel unangenehmer war es, wenn meine Chefs von mir<br />

verlangten, dass ich den Leuten total persönliche Fragen<br />

stelle. Aber als ich das nicht wollte, sagten sie nur: „Okay,<br />

dann macht jemand anderes den Job.“<br />

INTERVIEW: Das heißt, Sie haben sich geweigert?<br />

COLLINS: Ja, ich hatte da einfach keinen Bock drauf. Ich<br />

wusste ja aus eigener Erfahrung, wie blöd es ist, so was<br />

gefragt zu werden. Die Leute dachten einfach: „Oh, die ist<br />

jung. Die können wir dafür abkommandieren.“ Ich fand<br />

sowieso, dass es zu dem Zeitpunkt viel zu viel Negatives im<br />

Small Talk<br />

Journalismus gab, weshalb ich lieber etwas Positives dazu<br />

beitragen wollte.<br />

INTERVIEW: Womit wir beim Thema wären: In Ihrem<br />

neuen Film Chroniken der Unterwelt – City of Bones<br />

versuchen Sie etwas Positives beizutragen, indem Sie sich<br />

einer Gang Jugendlicher anschließen, die Dämonen<br />

killen und coole Runentattoos tragen.<br />

COLLINS: Ja, und im nächsten Film kriege ich noch mehr<br />

davon! Dann muss ich noch länger im Make-up-Trailer<br />

abhängen …<br />

INTERVIEW: Beim Dreh hatten Sie auch Kollegen, die<br />

Kostüme mit zugenähten Mündern tragen mussten.<br />

COLLINS: Oh ja! Die konnten nicht mal was essen und ihre<br />

Getränke bloß mit Strohhalm trinken. Am Set war<br />

das richtig lustig anzusehen, wie 20 Leute mit identischen<br />

Gesichtern nebeneinander am Strohhalm saugen.<br />

INTERVIEW: So ein zugenähter Mund ist auch nicht<br />

besonders kommunikativ.<br />

COLLINS: Das Lustige war, dass sie ja eigentlich sprechen<br />

konnten, nur eben unter der Maske. Man hörte dann so<br />

einen Haufen Menschen summen und labern, ohne dass sich<br />

ihre Münder bewegten. Wenn ein Kind das Set besucht<br />

hätte, es hätte sofort Albträume bekommen!<br />

INTERVIEW: Bekommen Sie Albträume, wenn Sie sich einen<br />

richtig guten Horrorfi lm anschauen?<br />

COLLINS: Ich liebe Horrorfi lme, aber ich habe grundsätzlich<br />

Albträume danach! Deshalb schaue ich sie mir nur mit<br />

einem geschlossenen und einem offenen Auge an. Oft halte<br />

ich mir auch die Ohren zu: Schließlich ist ein Großteil<br />

der Filme nur deshalb gruselig, weil die Musik so gruselig ist.<br />

Von Raha Emami Khansari<br />

Diät gemacht?<br />

Hollywoodstar Matt Damon,<br />

42, ist in seinen neuen<br />

Filmen Toyboy und Cyborg<br />

INTERVIEW: Was erwarten Sie von der Zukunft,<br />

Herr Damon?<br />

MATT DAMON: Sie meinen wegen Elysium? Ich bin da<br />

Optimist. Auf jeden Fall bin ich optimistischer als Neill<br />

Blomkamp, mein Regisseur. In den vergangenen paar<br />

Hundert Jahren gab es doch enorme Verbesserungen<br />

für uns Menschen. Jedenfalls könnte es wesentlich<br />

beschissener aussehen.<br />

INTERVIEW: Haben Sie die körperlichen Veränderungen<br />

.<br />

FOTOS: (linke Seite) Matt Carr/Getty Images; Armando Gallo/interTOPICS, (rechte Seite) David X Prutting/BFAnyc.com


gereizt, die Sie sowohl für Elysium als auch für Behind The<br />

Candelabra durchmachen mussten?<br />

DAMON: Ehrlich gesagt, nein. Privat ziehe ich eher den<br />

gemütlichen Look vor. Dafür muss ich mich nur einer<br />

Mops-Diät unterziehen<br />

INTERVIEW: Die Verwandlung, die Sie in beiden Filmen<br />

machen, ist jedenfalls enorm.<br />

DAMON: Ja, und keiner der Filme lässt die plastische<br />

Chirurgie besonders gut aussehen, haha.<br />

INTERVIEW: Sie wollten also einfach mal was ganz anderes<br />

machen?<br />

DAMON: Nicht wirklich. Ich bin in meiner Karriere einfach<br />

an einem Punkt angelangt, an dem ich mich allein wegen<br />

des Regisseurs für Filme entscheide. Ich habe schon bei<br />

Projekten zugesagt, für die es noch nicht mal ein Drehbuch<br />

gab und die trotzdem gut wurden, weil der Regisseur es<br />

einfach draufhatte.<br />

INTERVIEW: Und das war auch bei Behind The Candelabra<br />

und Elysium der Fall?<br />

DAMON: Ja. Der eine ist von Steven Soderbergh, mit dem<br />

ich mittlerweile sieben Filme gedreht habe, der andere von<br />

Neill Blomkamp, der vorher District 9 gedreht hat. Und<br />

von District 9 war ich ein großer Fan. Außerdem ist die<br />

Geschichte von Elysium eine sehr treffende Metapher auf<br />

unsere heutige Welt.<br />

INTERVIEW: Und was sagt diese Metapher?<br />

DAMON: Das darf ich nicht verraten, weil Neill auf dem<br />

Standpunkt beharrt, dass der Film gar keine Message<br />

hat. Beziehungsweise sagt er: „Die Message dieses Films ist,<br />

dass er ein Blockbuster ist.“<br />

INTERVIEW: Und er ist ein Science-Fiction-Film. Würden<br />

Sie eigentlich gern mal selbst ins All fliegen?<br />

DAMON: Nein, wer will das schon?<br />

INTERVIEW: Justin Bieber will das.<br />

DAMON: Justin Bieber will ins All fliegen?<br />

INTERVIEW: Ja, er hat schon einen Flug bei Richard<br />

Branson gebucht.<br />

DAMON: Oh wirklich? Den hätte ich gerne bezahlt (lacht).<br />

Es gibt ja viele Wissenschaftler, die der Ansicht sind, wir<br />

müssten uns dort nach Alternativen umsehen, wenn wir<br />

weiterhin bestehen wollen. Ich habe aber gar kein großes<br />

Interesse daran. Wie die Welt von Weitem aussieht, schaue<br />

ich mir lieber auf ein paar Fotos an. Ist auch viel günstiger.<br />

Von Katharina Böhm<br />

Jetzt im Kino: „Elysium“<br />

" den letzten paar<br />

ndert Jahren gab es doch<br />

enme Verbesserungen<br />

für uns Menschen. Jedenfalls<br />

könnte es wesentlich<br />

beschissener aussehen"<br />

Small Talk<br />

Nervös gewesen?<br />

Carine Roitfeld, 58, erklärt, warum<br />

sie lieber Beifahrerin ist<br />

CARINE ROITFELD: Wie war noch mal Ihr Name?<br />

INTERVIEW: Raha.<br />

ROITFELD: Raha?! C’est difficult.<br />

INTERVIEW: Ihren Namen richtig auszusprechen fällt mir<br />

aber auch nicht leicht.<br />

ROITFELD: Carine?!<br />

INTERVIEW: Nein, ich meinte Ihren Nachnamen.<br />

ROITFELD: Roitfeld! Ah, das ist doch einfach. Denken Sie<br />

einfach an Lagerfeld.<br />

INTERVIEW: Ach so! Wollen wir uns ein wenig übers<br />

Autofahren unterhalten?<br />

ROITFELD: Sehr gerne.<br />

INTERVIEW: Haben Sie denn einen Führerschein?<br />

ROITFELD: Ja. Hat mich aber auch vier Prüfungen gekostet,<br />

um ihn zu bekommen.<br />

INTERVIEW: Oh, wirklich? Was ist denn da immer wieder<br />

schiefgegangen?<br />

ROITFELD: Beim ersten Mal habe ich vergessen, den<br />

Sicherheitsgurt anzulegen. Da bin ich quasi direkt beim<br />

Anfahren durchgefallen. Was bei den anderen Malen<br />

passiert ist, weiß ich nicht mehr so genau. Na ja, am Ende<br />

hat’s ja dann geklappt.<br />

INTERVIEW: Waren Sie nervös?<br />

ROITFELD: Puh, kann ich mich auch nicht mehr dran<br />

erinnern. Ich war auf jeden Fall früher sehr viel mit dem<br />

Auto unterwegs, als die Kinder noch im Haus waren und<br />

ich sie ständig irgendwohin fahren musste: zur Schule, zum<br />

Fußball, zum Reiten oder was auch immer. Aber jetzt, wo<br />

sie groß sind und nicht mehr zu Hause wohnen, mag ich es<br />

auch nicht mehr. Außerdem bin ich gefährlich.<br />

INTERVIEW: Sie meinen, Sie sind eine gefährliche<br />

Autofahrerin?<br />

ROITFELD: Ja! Sie wissen schon: Mal bin ich am Telefon,<br />

.<br />

47


48<br />

dann gucke ich in der Gegend herum, weil ich mir<br />

irgendwas draußen anschaue, oder suche verzweifelt nach<br />

einem Parkplatz – das ist alles zu viel für mich.<br />

INTERVIEW: Wo sitzen Sie denn am liebsten im Auto?<br />

ROITFELD: Auf dem Beifahrersitz, damit ich mich mit dem<br />

Fahrer unterhalten kann. Außer natürlich, ich kenne<br />

die Person nicht oder mag sie nicht besonders, dann sitze<br />

ich lieber hinten.<br />

INTERVIEW: Korrigieren Sie den Fahrer auch?<br />

ROITFELD: Nein, ganz und gar nicht. Schließlich liegt das<br />

Vergnügen ja <strong>gerade</strong> darin, nicht Auto fahren zu müssen:<br />

aus dem Fenster zu schauen und sich die Welt anzugucken,<br />

Musik zu hören, die Musik auszusuchen, zu träumen<br />

und keine Sorgen zu haben. Und am besten ist es natürlich,<br />

wenn man in einem richtig schönen Auto sitzt.<br />

INTERVIEW: Was macht denn ein Auto richtig schön für<br />

Sie?<br />

ROITFELD: Am allerwichtigsten ist der Geruch. Und ich<br />

mag es, wenn sich Autos sportlich und stark anfühlen.<br />

INTERVIEW: Weil Sie sich dann sicherer fühlen?<br />

ROITFELD: Nein, überhaupt nicht. Heutzutage ist es den<br />

Leuten ja so wichtig, dass das Auto sehr sicher ist, aber mir<br />

ist das eigentlich total egal.<br />

INTERVIEW: Erinnern Sie sich noch an das Auto Ihrer<br />

Eltern?<br />

ROITFELD: Oh ja! Es war ein Citroen, und mir ist in diesem<br />

Auto ständig schlecht geworden, weil es so ein ganz<br />

spezielles Federungssystem hatte, das einen ständig hat<br />

auf und ab hüpfen lassen. Wenn wir aufs Land gefahren<br />

sind, musste meine Mutter oft anhalten, weil ich mich<br />

immer wieder übergeben musste.<br />

Von Raha Emami Khansari<br />

Irving gelesen?<br />

Der Schriftsteller Joël Dicker,<br />

28, hat einen Bestseller über<br />

New England geschrieben<br />

INTERVIEW: Herzlichen Glückwunsch zu dem plötzlichen<br />

Erfolg. Sind Sie überrascht?<br />

JOËL DICKER: Unbedingt, zumal ich ja erst wenige Monate<br />

zuvor ein anderes Buch veröffentlicht hatte. Drei Jahre habe<br />

ich gebraucht, um dafür überhaupt einen Verleger zu<br />

finden. Aber mein französischer Verleger war so dermaßen<br />

begeistert von Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert,<br />

dass er es sofort auf den Markt bringen wollte.<br />

INTERVIEW: Sie nicht?<br />

DICKER: Na ja, ich dachte mir: „Ein neues Buch von dem<br />

gleichen Autor in dem gleichen Verlag – wer soll das<br />

kaufen?“<br />

INTERVIEW: Wie es aussieht, haben es alle gekauft.<br />

DICKER: Deswegen bin ich ja auch so überrascht.<br />

INTERVIEW: Und das zweite Buch haben Sie geschrieben, als<br />

Sie für das erste einen Verlag gesucht haben.<br />

DICKER: Genau, denn ich hatte ja alle Zeit der Welt.<br />

Small Talk<br />

Allerdings ist es eigentlich gar nicht mein zweites Buch, es<br />

ist mein sechstes.<br />

INTERVIEW: Oh!<br />

DICKER: Ja, aber die anderen wurden nicht veröffentlicht.<br />

INTERVIEW: Wie alt waren Sie denn, als der erste Roman<br />

fertig war?<br />

DICKER: 20.<br />

INTERVIEW: Sie sind ein Schnellschreiber.<br />

DICKER: Nein, eigentlich nicht. Nur ein Buch pro Jahr.<br />

INTERVIEW: Aber Sie haben doch nebenbei auch noch<br />

studiert?<br />

DICKER: Ja, und gearbeitet. Halbtags.<br />

INTERVIEW: Sie sind Jurist?<br />

DICKER: Genau. Und nach dem Studium hatte ich die<br />

Wahl, das Staatsexamen zu machen, um Anwalt zu werden.<br />

Aber dann hätte ich keine Zeit gehabt, Bücher zu<br />

schreiben. Also habe ich mich für die Bücher entschieden<br />

und nebenbei gearbeitet.<br />

INTERVIEW: Wo denn?<br />

DICKER: Im Parlament in Genf.<br />

INTERVIEW: Was bereitet Ihnen beim Schreiben die größten<br />

Probleme?<br />

DICKER: Die Ideen zu sortieren und herauszufinden, welche<br />

Idee gut ist und welche nicht.<br />

INTERVIEW: Welche Idee war denn die erste bei Harry<br />

Quebert?<br />

DICKER: Die Handlung sollte an der amerikanischen<br />

Ostküste spielen, weil ich die Erfahrungen, die ich dort<br />

gemacht habe, einbringen wollte. Ich habe mal viel Zeit in<br />

New England verbracht.<br />

INTERVIEW: Wann denn?<br />

DICKER: Als Kind. Ich hatte Verwandte da.<br />

INTERVIEW: Ach so, und ich dachte, es sei eine Verbeugung<br />

vor John Irving, dass die Handlung in New England spielt.<br />

DICKER: Ich habe noch nie John Irving gelesen.<br />

INTERVIEW: Nie?<br />

DICKER: Nie!<br />

INTERVIEW: Jeder hat schon John Irving gelesen!<br />

DICKER: Ich weiß. Deswegen habe ich mir jetzt auch Garp<br />

besorgt.<br />

Von Harald Peters<br />

„Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“<br />

ist bei Piper erschienen<br />

.<br />

FOTO: Jeremy Spierer


.<br />

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PEPEJEANS.COM


Amirah<br />

Kassem<br />

BACKT KUCHEN FÜR<br />

DIE FASHION-WELT<br />

V Harald Peters<br />

Foto Jakob Axelman<br />

.<br />

Talents<br />

50<br />

Grob vereinfacht lässt sich die<br />

Menschheit in zwei Gruppen<br />

einteilen: jene, die Kuchen essen,<br />

und jene, die sie backen. Wobei Amirah<br />

Kassem zu jener besonderen Gruppe von<br />

Kuchenbäckern zählt, die ihre Arbeit für<br />

Leute ausführt, die schon von Berufs wegen<br />

eigentlich keinen Kuchen mögen. Wie das?<br />

Als die gebürtige Mexikanerin vor zwei<br />

Jahren nach New York übersiedelte, versuchte<br />

sie ihr Glück zunächst als Praktikantin bei<br />

Modemagazinen. Anschließend arbeitete sie<br />

für Marken wie BLK DNM und J.Lindeberg<br />

und kam bei ihrem Wirken im Herzen der<br />

Modeindustrie auf die verblüffende Idee, dass<br />

Backwaren wahrscheinlich die Sache sind,<br />

die dieser Branche wirklich fehlen. Dem<br />

Nebenwiderspruch, dass Models eigentlich<br />

keine Kuchen mögen oder zumindest, wenn<br />

sie den Modelberuf noch ein wenig länger<br />

ausüben wollen, besser nicht besonders<br />

mögen sollten, begegnete sie dadurch, dass<br />

ihre Kuchen nicht wie Kuchen aussehen,<br />

sondern beispielsweise wie Steaks, Totenköpfe,<br />

Turnschuhe, Fotokameras und Simba<br />

aus Disneys Der König der Löwen. Sie sagt:<br />

„Ich habe Disney schon immer geliebt.“<br />

Und so wie Kassem Disney liebt, scheint die<br />

New Yorker Modewelt Kassem zu lieben,<br />

weil längst keine Modeparty mehr ohne eine<br />

Bestellung in ihrem Flour Shop auskommt:<br />

sockenförmige Kekse zur Store-Eröffnung des<br />

fröhlichen Sockenherstellers Happy Socks,<br />

ein Handtaschenblechkuchen für Stella<br />

McCartney. „Ich hätte nie gedacht, dass ich<br />

damit irgendwie immer noch in der<br />

Modeindustrie arbeite“, sagt Kassem, sie<br />

könne sich aber beim besten Willen nichts<br />

Besseres vorstellen.<br />

HAIR Anna<br />

S c h n e i d e r<br />

MAKE-UP Linda<br />

Gradin / L’Atelier<br />

PHOTO ASSISTANT<br />

Koji Ishibashi


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.<br />

King<br />

Krule<br />

FEIERT SEIN COMEBACK<br />

MIT SEINEM DEBÜT<br />

V Harald Peters<br />

Foto Ronald Dick<br />

Superstar Talents<br />

52<br />

Wieso sich auf einen Namen<br />

beschränken, wenn man viele<br />

haben kann? Obwohl er als<br />

Archy Samuel Marshall in London zur Welt<br />

kam, feierte er seine ersten Erfolge als Zoo<br />

Kid, bevor er es im vergangenen Jahr für<br />

eine gute Idee hielt, sich – inspiriert von<br />

dem Elvis-Film King Creole und der Band<br />

Kid Creole & The Coconuts – in King<br />

Krule umzubenennen (wobei wir an dieser<br />

Stelle nicht weiter darauf eingehen wollen,<br />

dass er nebenbei auch als DJ JD Sports und<br />

Edgar the Beatmaker in Erscheinung tritt).<br />

Pünkt lich zu seinem 19. Geburtstag am<br />

24. August veröffentlicht er sein wunderbares<br />

erstes Album, das den interessanten Titel<br />

6 Feet Beneath The Moon (Beggars) trägt,<br />

denn King Krule ist vom Mond fasziniert:<br />

„Er hat eine dunkle und eine helle Seite.<br />

Das mag ich. Und dass man zu ihm hochschaut.<br />

Das macht den Mond sehr metaphorisch.“<br />

Analog zur Mond-Metapher hat<br />

King Krules Musik Töne und Stille<br />

zwischen den Tönen sowie eine Stimme, zu<br />

der man allerdings nicht hochschauen muss,<br />

weil sie aus ungeahnter Tiefe kommt. „Seit<br />

ich 2009 in den Stimmbruch kam, geht sie<br />

immer weiter bergab. Bald bin ich nur noch<br />

der Bass meiner Songs, und man hört mich<br />

gar nicht mehr singen.“ King Krule sieht<br />

zwar wie der Sohn von Schauspielerin Tilda<br />

Swinton aus, doch er klingt wie der<br />

Großvater des verstorbenen Clash-Sängers<br />

Joe Strummer. Da passt es, dass er vorzugsweise<br />

wütend wirkt und die Umstände<br />

wie auch die Zumutungen des Daseins<br />

anprangert, wobei eine Zumutung des<br />

Daseins wiederum die Liebe ist, weswegen<br />

er, wenn er nicht <strong>gerade</strong> wütend ist,<br />

sehnsuchtsvolle Liebeslieder anstimmt.<br />

„Keine Ahnung, warum da niemand drüber<br />

schreibt“, sagt er. „Man missachtet meine<br />

liebevolle Seite.“ Wir nicht.


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.


.<br />

/ 7<br />

Minuten<br />

mit …<br />

<strong>Miley</strong><br />

Cyrus<br />

Eine Kindheit im Schaugeschäft (als<br />

Mädchen sammelte sie die Schlüpfer<br />

am Bühnenrand ein, die ihrem Vater<br />

zugeworfen wurden), eine Jugend im<br />

Fernsehen (Hannah Montana, kreisch!),<br />

der reichste Teeniestar aus dem<br />

Disney-Stall (#nimmdasjustinbieber):<br />

Um <strong>Miley</strong> Cyrus muss man sich keine<br />

Sorgen machen – und wer sich über ein<br />

paar Ecstasy (sie ist 20!) tatsächlich<br />

aufregt, soll halt um acht ins Bett gehen<br />

V Jörg Harlan Rohleder<br />

Fot Heji Shin<br />

54<br />

INTERVIEW: Du kommst <strong>gerade</strong> aus London.<br />

Wahrscheinlich war die Aufregung um Baby-Prinz George<br />

noch größer als die Entrüstung über dein neues Video.<br />

MILEY <strong>CYRUS</strong>: Gerade als wir die Stadt verließen, kamen<br />

die Breaking News: „Kate fährt ins Krankenhaus.“<br />

Den richtigen Wahnsinn, der dann folgte, haben wir also<br />

gar nicht mitbekommen. Und ehrlich gesagt, war ich<br />

ganz froh darüber. Sonst hätte ich in jedem <strong>Interview</strong> nur<br />

über das Baby sprechen müssen.<br />

INTERVIEW: Amerika braucht eigentlich keine Royals: Ihr<br />

habt die Kennedys, Oprah, die beiden Justins und natürlich<br />

dich, <strong>Miley</strong> Cyrus.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Oprah ist unsere Queen. Ob ich als Prinzessin tauge,<br />

bezweifle ich.<br />

INTERVIEW: Du bist vielleicht eher der Prinz-Harry-Typ –<br />

zumindest, wenn man sich die Party in deinem neuen<br />

Video anschaut. Eigentlich wirkt es eher wie fünf Partys<br />

auf einmal.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Das soll auch so sein! Ein wildes Party-Mash-up<br />

aller Partys, auf denen ich in den vergangenen Jahren Spaß<br />

hatte. Das meiste basiert auf echten Begebenheiten.<br />

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<strong>Miley</strong> Cyrus<br />

56<br />

INTERVIEW: Die Aufregung um dein Video war bemerkenswert.<br />

In England wurde es zensiert. Angeblich, weil es zu<br />

sexy sei. MTV darf es dort nicht spielen.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Weswegen wir eine bravere Version vorlegen mussten.<br />

INTERVIEW: Kontroversen verkaufen sich immer am besten.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Dennoch frage ich mich, was falsch läuft: Alle<br />

regen sich über mein kleines Video auf – und in Amerika<br />

erschießt George Zimmerman einen 17-jährigen<br />

schwarzen Jungen und wird freigesprochen. Die Medien<br />

sollten sich mal darauf besinnen, was wirklich wichtig und<br />

berichtenswert ist. Es wird echt Zeit, dass wir bestimmte<br />

Dinge wieder in die richtigen Relationen setzen: Warum<br />

dürfen in Amerika in Filmen mit der Altersfreigabe ab 13<br />

ständig Leute niedergemetzelt, aber nicht eine einzige<br />

„Ich kann ja nicht<br />

,We Can’t Stop’ singen<br />

und dann nicht sagen,<br />

was ich denke!“<br />

Titte gezeigt werden? Und dann fragen sich alle, wie die<br />

Welt zu so einem brutalen und gewalttätigen Ort<br />

verkommen konnte.<br />

INTERVIEW: Na ja, man darf in Amerika ja auch mit 18 in<br />

den Krieg ziehen – und erst mit 21 Bier bestellen.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Ganz genau.<br />

INTERVIEW: Was hat eigentlich dein Vater zu all dem<br />

Spanking im Video gesagt?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Der findet das Video super. Er schaut mir ja nicht<br />

auf den Arsch. Das wäre auch gruselig, oder? Außerdem<br />

darf er sich nicht beschweren: Mein Dad hat ziemlich viel<br />

Erfolg wegen seines eigenen Hinterns gehabt.<br />

INTERVIEW: Mittlerweile wurde das Video fast 100<br />

Millionen Mal auf Youtube angeklickt: Schaust du<br />

heimlich nach, damit du nicht verpasst, wenn die 100<br />

Millionen erreicht sind?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Nein, ich verfolge nur Twitter. Meine Fans werden<br />

sich schon melden, wenn es so weit ist. Heute morgen<br />

fehlten noch 12 000 Klicks.<br />

INTERVIEW: Machen Klickzahlen, Follower und Ruhm<br />

süchtiger als Pot?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Hell no!<br />

INTERVIEW: Ich durfte vorhin eine Handvoll Stücke hören<br />

– aber keiner verriet, wie das Album denn heißen wird.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Wenn ich dir das verrate, muss ich dich<br />

umbringen. Leider.<br />

INTERVIEW: Okay, verrate es mir.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Das ist ein billiger Trick! Dafür bin ich zu schlau.<br />

INTERVIEW: Als Hannah Montana wurdest du zum<br />

größten Teeniestar, den Disney je erfunden hat. Du warst<br />

die All-American-Daughter einer ganzen Nation, die dir<br />

dabei zugesehen hat, wie du älter und immer erfolgreicher<br />

wurdest. Ein wenig erinnert deine Jugend an die Truman<br />

Show. Fühlte sie sich auch so an?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Die Truman Show ist einer meiner absoluten<br />

Lieblingsfilme. Ich liebe Truman.<br />

INTERVIEW: Im Gegensatz zu ihm bekamst du dafür<br />

wenigstens ein paar ziemlich fette Schecks.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Das stimmt. Ich wurde bezahlt. Und im Gegensatz<br />

zu Truman wusste ich, dass Amerika mir bei jedem meiner<br />

Schritte zuschaut.<br />

INTERVIEW: Stell ich mir furchtbar stressig vor.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Vor allem weil die Leute wirklich denken, sie würden<br />

mich kennen – deshalb denken sie auch, sie dürften<br />

über mich urteilen.<br />

INTERVIEW: Kann jemand in deiner Position eigentlich verstehen,<br />

warum so viele Menschen wegen dir durchdrehen,<br />

<strong>gerade</strong>zu besessen sind?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Ich kann gut nachvollziehen, warum man Fan von<br />

irgendwas ist oder wird. Mit der Besessenheit tue ich mich<br />

deutlich schwerer. Ich verstehe, wenn man die Musik oder<br />

einen Film einer Person toll findet und alles darüber<br />

wissen will. Aber ich kapiere nicht, warum Menschen, die<br />

sich kein bisschen für die künstlerische Arbeit einer Person<br />

interessieren, es toll finden, sich Tag und Nacht Celebritys<br />

ohne Make-up oder im Bikini anzuschauen.<br />

INTERVIEW: Von was warst du denn Fan in deiner Zeit als<br />

Teenager? Welche Poster hingen in deinem Jugendzimmer?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Metallica!<br />

INTERVIEW: Ach ja?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Klar. Aber auch, weil mein Bruder total Angst vor<br />

Metallica hatte. Er dachte, es sei die Musik des Teufels.<br />

Damals teilten wir uns ein Zimmer – und ich besorgte mir<br />

das größte Metallica-Poster, das ich finden konnte, und<br />

hängte es so auf, dass er jeden Abend vorm Einschlafen<br />

darauf schauen musste. Ich war eine ziemlich gemeine<br />

kleine Schwester.<br />

INTERVIEW: Du wurdest mit 12 für Hannah gecastet,<br />

hattest mit 16 vier Nummer-eins-Alben und wurdest<br />

bereits dann von Forbes als der reichste Teenager<br />

Hollywoods geführt. Es macht durchaus Sinn, dass du dir<br />

mit 17 den Schriftzug „Just Breathe“ unter deine linke<br />

Brust hast stechen lassen.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Eine Freundin von mir ist an Mukoviszidose<br />

gestorben, als ich 17 war, ihr habe ich dieses Tattoo<br />

gewidmet. Aber natürlich ist es auch als Hinweis für mich<br />

gedacht: einfach mal durchatmen. Daran denke ich<br />

immer, wenn alles zu viel wird: atmen, <strong>Miley</strong>, atmen.<br />

INTERVIEW: Hat Disney dir eigentlich einen Therapeuten<br />

zur Seite gestellt, um mit dem ganzen Druck und der<br />

großen Verantwortung leben zu lernen?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Ich brauche keinen Psychiater, ich schreibe Songs<br />

– und im Gegensatz zu einer Sitzung beim Therapeuten<br />

stehe ich am Ende nicht mit leeren Händen da …<br />

INTERVIEW: Themen, für die du dich seit Jahren<br />

starkmachst, sind die gleichgeschlechtliche Ehe und die<br />

Rechte von Homosexuellen.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Die <strong>gerade</strong> in Kalifornien legalisiert wurde! Leider<br />

war ich gar nicht da, als es endlich so weit war: Ich bin<br />

mir sicher, West Hollywood dreht <strong>gerade</strong> völlig durch. Ich<br />

kann nicht glauben, dass es überhaupt so lange gedauert<br />

hat. Wahrscheinlich werden meine Kinder die Tatsache,<br />

dass früher Menschen gleichen<br />

Geschlechts nicht heiraten durften,<br />

für ebenso abstrus halten,<br />

wie ich die Vorstellung, dass es<br />

tatsächlich Rassentrennung<br />

in Amerika gab.<br />

INTERVIEW: Und das sagt jemand,<br />

der aus Nashville kommt.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Für ein Mädchen aus den<br />

Südstaaten bin ich ganz schön<br />

liberal. Ich will die Menschen<br />

dort nicht verteidigen, aber viele<br />

Spricht schnell,<br />

spricht druckreif:<br />

<strong>Miley</strong> beim <strong>Interview</strong><br />

im Hotel Adlon<br />

.


.<br />

"Alle regen sich über mein Video<br />

auf – und in Amerika erschießt<br />

George Zimmerman einen<br />

17-jährigen schwarzen Jungen<br />

und wird freigesprochen"<br />

57<br />

wissen es einfach nicht besser. Bei mir hat das jedoch<br />

Familientradition: Mein Großvater (Ron Cyrus) war<br />

Politiker in Kentucky, ein Demokrat. Schon ihm war egal,<br />

wer vor ihm stand: weiß, schwarz, gay, straight, total egal.<br />

Sein Blut fließt in meinen Adern. Zudem weiß ich,<br />

welches Glück ich habe, in Los Angeles zu leben. Dort<br />

darf jeder sein, wer oder wie oder was er will. Es<br />

herrscht die absolute Freiheit – und das hat nichts mit<br />

einer angeblichen Oberflächlichkeit zu tun. In L. A.<br />

werden Menschen nicht in Schubladen gesteckt und<br />

abgeurteilt. Für jeden Freak gibt es einen weiteren Freak,<br />

der auch so drauf ist. Das ist L. A. Ich liebe die Stadt.<br />

INTERVIEW: Ein interessantes Sendungsbewusstsein für<br />

einen ehemaligen Disneystar.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Ich kann ja nicht We Can’t Stop singen und dann<br />

nicht sagen, was ich denke! Viele Stars haben Angst, ihre<br />

Meinung zu sagen, weil sie fürchten, jemanden vor den<br />

Kopf zu stoßen. Aber das ist Schwachsinn. Wir werden auf<br />

dieses Podest gehievt – und sollten das auch nutzen. Das<br />

geht natürlich nur, wenn man eine eigene Meinung hat<br />

und nicht nur irgendetwas wie ein Papagei nachplappert.<br />

INTERVIEW: Ach, jetzt kommen die Fragen, die ich nicht<br />

stellen darf. Warum eigentlich nicht?<br />

(Die Aufpasserin der Plattenfirma, Ende 40, die vor dem<br />

<strong>Interview</strong> alle Fragen streng auf die Schlagworte Molly,<br />

Marihuana und Scheidung der Eltern durchforstet hatte –<br />

und in unserem Fall energisch mehr als ein Dutzend mit<br />

einem Kuli wegstrich –, schnellt hoch. Sie schaut, als könnten<br />

ihre Augen Feuer spucken. Nennen wir sie einfachheitshalber<br />

„Drachendame“)<br />

<strong>CYRUS</strong>: Weil ich sonst wieder Ärger bekomme!<br />

INTERVIEW: Du hast also in We Can’t Stop tatsächlich<br />

Molly (Slang für Ecstasy) besungen? In einer<br />

Pressemitteilung heißt es nun, der Text würde „We like to<br />

party/dancing with <strong>Miley</strong>“ lauten – und nicht „dancing<br />

with Molly“.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Rate mal.<br />

DRACHENDAME: Wenn Sie so weiterfragen, müssen wir das<br />

<strong>Interview</strong> jetzt abbrechen.<br />

(Der <strong>Interview</strong>er zeigt <strong>Miley</strong> seine Hand. Auf der Innenseite<br />

steht: Molly)<br />

<strong>CYRUS</strong>: Netter Versuch! Aber ich heiße doch <strong>Miley</strong>.<br />

INTERVIEW: Dann liegt die Verwechslung wohl an deinem<br />

Südstaatenakzent.


.<br />

58<br />

<strong>Miley</strong> Cyrus<br />

<strong>CYRUS</strong>: (lacht) Nur so viel: Es<br />

nervt mich sehr, dass irgendein<br />

Journalist das Ganze an die<br />

große Glocke hängen musste,<br />

um ein wenig Aufmerksamkeit<br />

für seinen schlechten Artikel zu<br />

bekommen. Als die Single<br />

rauskam, störte sich niemand<br />

daran. Und jetzt hat dieser<br />

Journalist es uns allen verdorben.<br />

Wegen ihm musste ich eine neue<br />

Version fürs Radio aufnehmen.<br />

INTERVIEW: Vor einigen Wochen<br />

gab es bereits Ärger, weil du in<br />

einem <strong>Interview</strong> gesagt hast,<br />

Alkohol sei viel gefährlicher als<br />

Marihuana.<br />

<strong>CYRUS</strong>: (zur Drachendame) Es ist<br />

nicht meine Schuld. Er hat<br />

angefangen, darüber zu reden.<br />

DRACHENDAME: Bitte keine<br />

weiteren Fragen zu irgendwelchen<br />

Drogen, das haben wir<br />

doch so besprochen.<br />

INTERVIEW: So gesehen ist es also<br />

wirklich sehr praktisch, dass<br />

du in Los Angeles lebst. Dort ist<br />

Gras legal.<br />

<strong>CYRUS</strong>: Wie gesagt: L. A. ist<br />

perfekt.<br />

INTERVIEW: Aufgewachsen bist<br />

du in Nashville, Tennessee. Dein<br />

Vater, Billy Ray Cyrus, hatte<br />

wenige Monate, bevor du 1992<br />

zur Welt kamst, einen ziemlich<br />

großen Hit mit Achy Breaky Heart. War es als Tochter<br />

merkwürdig zu sehen, wie all die Frauen Daddy<br />

anschmachteten?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Auf jeden Fall. Mein Bruder und ich mussten<br />

immer die ganzen Unterhosen einsammeln, die die Girls<br />

meinem Vater zuwarfen, wenn er auf der Bühne stand.<br />

Manchmal, wenn ich eine besonders große fand, rannte<br />

ich zu ihm und meinte nur: „Dad, deine Fans sind hot!“<br />

INTERVIEW: Wie muss man sich <strong>Miley</strong> Cyrus als Schülerin<br />

vorstellen?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Dankbar für jedwede Ablenkung. Zum Glück<br />

wurde ich zu Hause unterrichtet.<br />

INTERVIEW: Du durftest gar nicht zum Abschlussball?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Doch, mit 16. Als Begleitung eines schwulen<br />

Freundes.<br />

INTERVIEW: Was würde die 16-jährige Hannah Montana<br />

über die <strong>Miley</strong> Cyrus sagen, die heute hier sitzt?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Sie wäre erleichtert: endlich geile Klamotten und<br />

eine gute Frisur. Und nicht mehr ständig diese Doc<br />

Martens …<br />

INTERVIEW: Gab es eigentlich den Wendepunkt in deinem<br />

Leben, an dem du dachtest: „Ich bin nicht mehr Hannah<br />

Montana.“?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Der letzte Drehtag.<br />

INTERVIEW: Warst du traurig?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Sehr glücklich.<br />

INTERVIEW: Hattest du nie Angst, ähnlich zu straucheln<br />

wie viele Kinder- und Disneystars vor dir?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Man sollte möglichst wenig Zeit darauf<br />

verschwenden, über so etwas nachzudenken oder zu reden.<br />

INTERVIEW: Was sagen denn die alten Freunde von Disney<br />

zur neuen <strong>Miley</strong> – kurzhaarig, frech und sexy?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Wir haben eigentlich keinen Kontakt mehr. Wahrscheinlich<br />

versuchen sie sich zusammenzureimen, warum<br />

bei mir das mit dem Erwachsenwerden funktioniert.<br />

INTERVIEW: Einer deiner Nachbarn in L. A. bekommt das<br />

jedenfalls nicht so galant hin. Hat sich Justin Bieber<br />

eigentlich bei dir gemeldet, als du ihm kürzlich öffentlich<br />

geraten hast, kürzerzutreten und eine Auszeit zu nehmen?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Ich habe es ihm übrigens nicht gesagt, weil ich<br />

denke, dass er irgendetwas schlecht macht. Alle normalen<br />

Menschen machen Urlaub und gönnen sich Pausen,<br />

um Dinge zu überdenken. Warum sollte das nicht auch<br />

für Celebritys gelten?<br />

INTERVIEW: Würdest du so einen Ratschlag denn<br />

annehmen?<br />

<strong>CYRUS</strong>: Das kommt darauf an, wer ihn mir gibt.<br />

DRACHENDAME: Die Zeit ist um: letzte Frage. Bitte nur eine<br />

Frage zur Musik.<br />

INTERVIEW: Wir sind doch nicht der Musikexpress …<br />

<strong>CYRUS</strong>: Frag einfach.<br />

INTERVIEW: Du trägst einen auffallend schönen Ring am<br />

Finger (die Drachendame hatte vorab auch alle Fragen zu<br />

ihrer Beziehung / Verlobung / Trennung / heimlichen Hochzeit<br />

mit Liam Hemsworth strikt untersagt).<br />

<strong>CYRUS</strong>: Danke! Ich trage ihn jeden Tag.


Tomboy-Couture<br />

TOMBOY UND IT-GIRL: DIE SCHAU-<br />

SPIELERIN NICOLETTE KREBITZ<br />

WAR BEIDES, BEVOR ES DIESE KATE-<br />

GORIEN ÜBERHAUPT GAB. IHR STIL?<br />

FRÜHER EXPERIMENTELL UND LUSTIG,<br />

HEUTE SCHICKES UNDERSTATEMENT<br />

.<br />

Life & Style<br />

60<br />

Schon als Kind hatte ich eine genaue<br />

Vorstellung davon, wie ich aussehen<br />

möchte. Zum Beispiel gab es eine rote<br />

Cordhose mit Trägern, die ich „Klapper knopfhose“<br />

nannte und immer anziehen wollte,<br />

weil ich fand, dass ich in ihr lustig aussah.<br />

Meine Mutter wusch die Hose nachts und musste<br />

sie dann trocken bügeln. Unser Zuhause<br />

war eine Zeit lang so eine Art Lila-Latzhosen-<br />

WG, und es gab ständig neue Klamotten,<br />

vor allem vom Flohmarkt, die wir uns gegenseitig<br />

vorführten.<br />

Als ich Sigi, der Straßenfeger mit Harald<br />

Juhnke und Iris Berben gedreht habe, war<br />

ich elf Jahre alt. So<br />

wie ich da angezogen<br />

war, bin ich damals<br />

auch sonst rum gelaufen,<br />

nur in Pumpstatt<br />

in Jogginghosen.<br />

Die Jacke mit dem<br />

Adler, die ich auf dem<br />

Foto mit Iris Berben<br />

(1) trage, habe ich erst<br />

vor Kurzem in einen Secondhandladen<br />

gebracht.<br />

Auch später habe ich in Berlin viel auf<br />

Flohmärkten eingekauft. Meine Vorbilder<br />

fand ich auf Plattencovern und in französischen<br />

Filmen. Der Look veränderte sich<br />

damals ständig: Im Winter war es ein<br />

bisschen Rockabilly, dann auf einmal waren<br />

es Spitzenunterkleider der Jahrhundertwende.<br />

Ich hatte auch eine kurze, peinliche<br />

Safariphase, in der ich mit Fernglas in die<br />

Schule gegangen bin.<br />

Der erste Designer, dessen Look mir rundherum<br />

gefiel, war Helmut Lang. Für seine<br />

Sachen habe ich zum ersten Mal richtig Geld<br />

ausgegeben. Ich habe damals einen regelrechten<br />

Entschluss gefällt: So will ich ab jetzt<br />

aussehen!<br />

Für Filmbälle und Premieren habe ich<br />

schon immer viel mit Chanel zusammengearbeitet,<br />

weil ich den Urgeist des Hauses so<br />

cool finde. Das Setting einer Fotostrecke<br />

mit mir war einmal Coco Chanels Apartment.<br />

„Mode ist<br />

für mich kein<br />

Statussymbol,<br />

sondern ein<br />

Spiel“<br />

2<br />

1<br />

Nein zum Burgfräulein-Look:<br />

Nicolette<br />

Krebitz in Jeansrock<br />

und Stiefeln auf dem<br />

roten Teppich<br />

Ich wurde stark geschminkt, und meine<br />

Kleider hatten viele Rüschen. Als alles<br />

fertig war und wir eigentlich loslegen wollten,<br />

bin ich auf die Toilette, habe mir das<br />

Make-up abgewaschen und mit der Stylistin<br />

die alten Kleider aus den Vitrinen geholt.<br />

Später wurde uns erzählt, dass Karl Lagerfeld<br />

die Fotos so gut fand, dass er sich für seine<br />

anstehende Kampagne davon hat inspirieren<br />

lassen: High Fashion und ungeschminkt.<br />

Auf dem New-Order-Cover (2) trage ich<br />

meine eigene Helmut-Lang-Jeans mit den<br />

Farbflecken und ein altes Comme-des-Garçons-<br />

Shirt mit durchlöchertem Kragen, das die<br />

Stylistin Venetia Scott dem Fotografen Juergen<br />

Teller einfach mitgegeben hatte. Das war<br />

alles, was es gab, und mehr hätte es auch<br />

nicht gebraucht.<br />

Mode ist für mich kein Statussymbol,<br />

sondern ein Spiel. Heute will ich auch gar<br />

nicht mehr jede Saison etwas Neues haben.<br />

Mir reichen drei Jeans, ich brauche nicht<br />

zwanzig, dazu ein guter Pulli und fünf T-Shirts.<br />

Ich würde auch nichts mehr anziehen,<br />

wo irgendwas draufsteht: kein Logo, kein<br />

Margiela-Viereck, gar nichts.<br />

Auf dem roten Teppich ist es mir wichtig,<br />

auf keinen Fall wie ein Burgfräulein auszusehen.<br />

Auf Korsagen oder Sachen, die<br />

unbequem sind, habe ich auch keine Lust. Ich<br />

mache das so: Wenn ich eine Woche nach<br />

Cannes fahre, nehme ich eine Tasche mit zehn<br />

leichten Kleidern von no editions mit, drei<br />

Paar Schuhe, ein paar T-Shirts und Jeansshorts.<br />

Das reicht.<br />

FOTOS: Gregg DeGuire/WireImage/Getty Images; Markus Jans; Andreas Rentz/Getty Images; Franziska Krug/Getty Images; Mathias Bothor/photoselection; privat (4)


.<br />

FOLLOW YOUR NATURE<br />

SHOP MARC-O-POLO.COM


.<br />

Wow<br />

62<br />

ZUSCHLAGEN<br />

Am 25. September kommen<br />

Kunstwerke mit Übermuse Kate<br />

Moss bei Christie’s in London<br />

unter den Hammer. Kuratiert wird<br />

die Versteigerung Kate Moss – The<br />

Collection vom Sammler Gert<br />

Elfering. Unter den Werken befinden<br />

sich bisher unverkäufliche Fotos<br />

von Allen Jones, Mario Sorrenti,<br />

Irving Penn oder Glen Luchford.<br />

Highlight ist ein Hologramm von<br />

Kate auf einer Lichtbox mit dem<br />

Titel She’s Light. Gebote werden ab<br />

ca. 4 600 Euro angenommen.


Das wilde<br />

Leben<br />

DIE WISSENSCHAFT STREITET,<br />

WARUM DAS ZEBRA STREIFEN<br />

HAT. WIR SIND UNS EINIG, DASS<br />

IN DIESER SAISON NICHTS OHNE<br />

DIESES PFERDCHEN LÄUFT<br />

Wow<br />

.<br />

Kette mit Strass und<br />

Ziersteinen von Alexis<br />

Bittar, ca. 266 €<br />

Bestickte<br />

Hardcase-<br />

Clutch von<br />

Tom Ford,<br />

ca. 1 580 €<br />

Tasche aus Kalbsleder<br />

und gefärbtem Rosshaar<br />

von Max Mara, ca. 875 €<br />

FOTOS: Glen Luchford: Kate Moss, 1994/Christie’s Images Ltd. 2013; Alexis Bittar; Max Mara; Simins/WWD/Fairchild Photo Service;<br />

© Condé Nast.; Tom Ford; Casadei; Versace; Pollini; Tom Ford; Thierry Lasry/Net-a-Porter.com; Alexis Bittar; Casadei; Fendi<br />

Overknees aus bedrucktem<br />

Ponyfell von<br />

Casadei, ca. 1 390 €<br />

Tasche mit Nerzfell<br />

von Versace, ca. 4 500 €<br />

Sonnenbrille<br />

von Thierry<br />

Lasry, über<br />

net-a-porter.<br />

com, ca. 325 €<br />

Auf eine Zigarette mit<br />

Diana Vreeland<br />

Wie alle bedeutenden Chefredakteurinnen der Vogue ist<br />

auch Diana Vreeland gleichermaßen berühmt für ihren Stil<br />

wie auch für ihren nachhaltigen Einfluss. Zu Recht! Die<br />

Zebradesign-Stifthalter auf dem Schreibtisch sahen bei ihr<br />

schon vor 40 Jahren wie das perfekte kreative Stillleben aus.<br />

Manschette von<br />

Alexis Bittar, ca. 150 €<br />

SCHICKE<br />

HUFEN<br />

Jeder Schuh eine<br />

andere Form – das<br />

hätte sich die Natur<br />

nicht schöner ausdenken<br />

können<br />

Leder-Monks mit Plateau<br />

von Pollini, ca. 595 €<br />

High Heels aus<br />

bedrucktem Ponyfell<br />

von Tom<br />

Ford, ca. 840 €<br />

Slipper aus bedrucktem<br />

Ponyfell von Casadei, ca. 610 €<br />

Ankleboots<br />

aus bedrucktem<br />

Ponyfell<br />

von Fendi,<br />

ca. 1 560 €


.<br />

Bergwerk<br />

Die Ketten des Schmucklabels<br />

Nallik sehen so aus, als wären sie<br />

von attraktiven, bärtigen<br />

Burschen mit Liebe<br />

handgefertigt.<br />

Steppjacke<br />

von Weekday,<br />

ca. 180 €<br />

Wow<br />

64<br />

Kette<br />

von Nallik,<br />

ab ca. 119 €<br />

Bildband<br />

„Caffè Lena“,<br />

ca. 38 €<br />

SPACE<br />

INVADER<br />

Nicht nur für Paranoiker:<br />

Diese Jacke soll<br />

gegen böse Strahlung<br />

und außerirdische Angreifer<br />

schützen und<br />

sieht außer dem auch<br />

noch blendend aus.<br />

Ständchen für<br />

die Freiheit<br />

Reisender, kommst du nach Saratoga Springs in<br />

Upstate New York, besuche den Ort, an dem seit<br />

den 60er-Jahren die großen amerikanischen<br />

Folkmusiker, Freidenker und Künstler ein- und<br />

ausgehen. Alle anderen schlagen nach bei:<br />

Caff è Lena: Inside America’s Legendary Folk Music<br />

Coff eehouse, von powerHouse Books.<br />

Teppich von<br />

Schönstaub, ca. 1590 €<br />

Gewebte Galaxie<br />

Den Sternenhimmel anzuschauen ist so last season.<br />

Wahre Romantiker legen sich lieber das Weltall in<br />

Form dieses Teppichs zu Füßen.<br />

Kunstwerk<br />

Stiefelette<br />

von Gucci,<br />

ca. 995 €<br />

MULTIFUNKTIONSSCHUH<br />

Wer auf diesen Absätzen nicht<br />

laufen kann, stellt sich die Stiefeletten<br />

einfach ins Regal und behauptet, sie<br />

seien von Jeff Koons.<br />

FOTOS: Jean Balke/Nallik; Weekday; Schönstaub; Gucci; from „Caffè Lena: Inside America’s Legendary Folk Music Coffeehouse”, edited by Jocelyn Arem in collaboration with Caffè Lena, published by powerHouse Books


Wow<br />

Sichere<br />

Sache<br />

Schön wäre es, wenn alle<br />

Fahrradketten so aussehen<br />

würden wie diese<br />

Diamantfesseln von<br />

Atelier Versace. Bis es<br />

so weit ist, tragen wir<br />

sie um den Hals.<br />

F e ll fl i e g e n ,<br />

je ca. 90 €<br />

66<br />

PRINTS CHARMING<br />

Die griechische Designerin Mary Katrantzou ist<br />

der neueste Zugang im italienischen Modehaus<br />

Moncler. Wir lieben Katrantzous kaleidoskopische<br />

Drucke auf den Daunenjacken. Ganz besonders<br />

in Kombination mit den voluminösen Röcken.<br />

Die Capsule Collection heißt Moncler M, und die<br />

Stücke starten bei Preisen ab ca. 650 €.<br />

Kalbsledertasche,<br />

ca. 2 555 €<br />

In bester Gesellschaft<br />

Wiltshire ist eine Grafschaft im Südwesten von<br />

England. Berühmt ist die Gegend für die Gesteinsformation<br />

Stonehenge, unsterblich wird sie<br />

durch diese weinrote „Wiltshire Bag“ von Asprey.<br />

Weißgold mit<br />

Diamanten, Preis<br />

auf Anfrage<br />

Zweite Haut, selbst entworfen: Das Label<br />

BLK DNM hat in New York den Shop Leather<br />

Project X eröffnet, in dem sich jeder seine<br />

persönliche Lederjacke fertigen lassen kann.<br />

ODE AN<br />

DIE MODE<br />

Jay-Z hat Tom Ford einen Song<br />

gewidmet und ist damit der<br />

jüngste Chorknabe im Pop-<br />

Fashion-Ensemble:<br />

1978 SISTER SLEDGE:<br />

„He’s The Greatest Dancer“<br />

(featuring: Halston, Gucci,<br />

Fiorucci)<br />

1987 GRANDMASTER<br />

FLASH: „The Jeans“<br />

(featuring: Jordache, Sasson,<br />

Calvin Klein, Wrangler, Levi’s,<br />

Paisley, Ju Ju, Jag, Lee,<br />

Alessio)<br />

1996 NOTORIOUS B.I.G.:<br />

„Hypnotize“ (featuring: DKNY,<br />

Versace, Moschino)<br />

2009 LADY GAGA: „Fashion“<br />

(featuring: alles, was schön<br />

und teuer ist)<br />

Wenn alle Vorstände börsenorientierter<br />

Unternehmen den ganzen Tag diese<br />

Fellfliegen von Bryan Boy für Adrienne<br />

Landau tragen würden, wäre die Welt<br />

garantiert ein besserer Ort.<br />

Einzelstück<br />

PUSCHELIG<br />

Individuelle<br />

Lederjacke,<br />

ab ca. 2 660 €<br />

.<br />

FOTOS: Moncler; Atelier Versace (2); Bryan Boy für Adrienne Landau; BLK DNM; Mike Pont/FilmMagic/Getty Images; Michael Tran/FilmMagic/Getty Images; Asprey


.<br />

IM TABLET-FORMAT T n<br />

AUCH ALS ePAPER<br />

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Jetzt NEU!<br />

INTERVIEW TWIN<br />

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(ePaper) im Wert von 1 Euro. Einfach den achtstelligen Code eingeben,<br />

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68<br />

Sporty Croco<br />

Für Menschen, die ihre<br />

Tennisausrüstung nicht selbst<br />

auf den Platz tragen:<br />

Krokodilleder-Tennistasche<br />

von Hermès, Einzelstück<br />

gefertigt anlässlich des 80.<br />

Geburtstags von Lacoste.<br />

TRAUMDEUTUNG<br />

Bella Freud, britische Designerin und Urenkelin<br />

von Sigmund, hat für Barbour eine<br />

Strickkollektion mit Motiven entworfen, die<br />

von Kindheitserinnerungen inspiriert wurden.<br />

Wie ihr Uropa das wohl gedeutet hätte?<br />

Wow<br />

NEUES AUS<br />

DEM ARCHIV<br />

Die Designer Petter Klusell (l.)<br />

und Andreas Löwenstam haben bei<br />

H & M im Archiv gestöbert. Was<br />

sie dort fanden, inspirierte sie zu der<br />

Männerkollektion „Archive“<br />

INTERVIEW: Was hat euch zu der neuen Herrenkollektion<br />

„Archive“ von H & M inspiriert?<br />

PETTER KLUSELL: Die Geschichte von H & M<br />

und Vintage-Kleidungsstücke aus unserem<br />

Fundus. Wir haben uns eine Auswahl an Outdoorkleidung<br />

aus den 50er- und 60er-Jahren<br />

genau angeschaut, um ungewöhnliche Details<br />

und Schnitte zu finden.<br />

INTERVIEW: Gibt es auch aktuelle Bezüge?<br />

KLUSELL: Wir finden es toll, wie japanische<br />

Designer amerikanische Arbeitskleidung interpretieren<br />

und daraus neue Klassiker schaffen.<br />

Genau darum geht es auch bei „Archive“:<br />

klassische Teile neu zu erfinden, sie ins Jetzt zu<br />

übersetzen.<br />

INTERVIEW: Was für Männer wollt ihr ansprechen?<br />

KLUSELL: Alle Kollektionsteile sind leicht zu<br />

kombinieren. Man kann sie trendy tragen, aber<br />

in demselben Teil auch total klassisch aussehen.<br />

INTERVIEW: Ihr lasst euch auch von Streetstyles<br />

inspirieren. Gibt es einen Ort, an dem ihr<br />

die meisten Ideen findet?<br />

ANDREAS LÖWENSTAM: Ich liebe Tokio, denn<br />

da bekommt man so viele andersartige Eindrücke.<br />

New York ist auch toll, aber Stockholm<br />

finde ich besonders inspirierend.<br />

Erhältlich ab 19. September in ausgewählten Stores<br />

Pullover aus<br />

Merinowolle,<br />

ca. 149 €<br />

Geschichte<br />

der<br />

Fashion-<br />

Physik<br />

Wer im<br />

Physikunterricht<br />

nicht aufgepasst<br />

hat, kann der<br />

Welt der Atome<br />

jetzt mit diesem<br />

Tourbillon-<br />

Armband von<br />

Delfina Delettrez<br />

seine ästhetische<br />

Hochachtung zollen.<br />

Mach mir den Lenz<br />

Model gründet Label: ein triftiger Grund,<br />

jetzt eher nicht weiterzulesen. Doch das<br />

Model Lenz von Johnston und seine Partner<br />

machen mit ihrem Label Boulezar<br />

alles richtig: nachhaltige, in Deutschland<br />

gefertigte Casualmode für Globetrotter<br />

und solche, die so aussehen möchten.<br />

Eine<br />

kleine<br />

Lackiertes<br />

Silberarmband,<br />

ca. 1 200 €<br />

Label<br />

to<br />

watch<br />

.<br />

FOTOS: Hennes & Mauritz; Thomas Schenk; Hermès für Lacoste; Barbour (2); Delfina Delettrez


.<br />

Ausgewählte<br />

Lieblingsmöbel innerhalb<br />

2 Wochen lieferbar<br />

Quick Ship aus Vorhandenem wählen, gestalten, bestellen –<br />

USM Möbelbausysteme bieten konkrete Gestalt für<br />

individuelle Anwendungsformen.<br />

Fragen Sie nach detaillierten Unterlagen beim autorisierten Fachhandel<br />

oder besuchen Sie uns online unter www.usm.com sowie in unseren Showrooms.<br />

Deutschland: USM U. Schärer Söhne GmbH, D-77815 Bühl, Tel. +49 72 23 80 94 0, info@de.usm.com<br />

Schweiz: USM U. Schärer Söhne AG, CH-3110 Münsingen, Tel. +41 31 720 72 72, info@usm.com<br />

Showrooms: Berlin, Bern, Düsseldorf, Hamburg, München, New York, Paris, Stuttgart, Tokio


.<br />

Wow<br />

Saugemütlich<br />

Die Frankfurter Designerin<br />

Hanna Emelie Ernsting debütiert<br />

auf hannaernsting.com mit den<br />

liebenswerten „Petstool“-<br />

Hockern. Ein Traum für gestresste<br />

Menschen, die abends ihre<br />

Füße in das kuschelige Maul eines<br />

Schweinchens legen möchten.<br />

„Petstool” von<br />

Hanna Emelie<br />

Ernsting, ca. 350 €<br />

70<br />

Bildband: „Levi’s<br />

501 Interpretations“,<br />

ca. 50 €,<br />

in ausgewählten<br />

Levi‘s-Stores<br />

Was für ein<br />

Wunder!<br />

„Super Trekker<br />

Boots”,<br />

ca. 350 €<br />

Mit diesen Stiefeln<br />

von Raf Simons für<br />

Adidas kann man<br />

über Wasser laufen!<br />

DIE UNENDLICHE<br />

GESCHICHTE<br />

Eigentlich trug, trägt und wird<br />

jeder irgendwann eine<br />

Levi’s „501“ tragen. Selbst<br />

Aliens gehören zu ihren<br />

Fans, wie dieses Foto aus dem<br />

Bildband zum 140. Geburtstag<br />

der Jeans beweist.<br />

RICHTIG<br />

GROSS<br />

Adieu, Teenagerzeiten:<br />

Das Label Hugo<br />

wird 20 Jahre alt und<br />

feiert seinen Geburtstag<br />

mit 20 Looks,<br />

die den selbstbewussten<br />

Spirit der Marke<br />

zelebrieren. So zeitlos<br />

schön, dass man<br />

für die nächsten 20<br />

Jahre ausgerüstet ist.<br />

Kleid aus Schurwolle,<br />

ca. 379 €<br />

ICH KANN NICHT<br />

LEBEN OHNE …<br />

… meine Uhr von A. Lange & Söhne<br />

„Ich habe mich nie für Uhren interessiert,<br />

aber dann habe ich mich in das<br />

,Saxonia‘-Modell von A. Lange & Söhne<br />

regelrecht verliebt. Es war ein sehr<br />

emotionaler Kauf, und als ich das Paket<br />

öffnete, haben meine Hände gezittert.<br />

Die Uhr ist für mich von zeitloser Schönheit<br />

und fasziniert mich wegen ihrer<br />

handwerklichen Präzision. Tag für Tag<br />

genieße ich es, sie aufzuziehen, und ich<br />

werde sehr oft, sogar von Fremden, auf<br />

sie angesprochen.“<br />

Stelli, Hair- & Make-up-Artist<br />

aus Berlin<br />

„Saxonia”<br />

in Rotgold,<br />

ca.15 600 €<br />

Porträt:<br />

Stefan<br />

Heinrichs<br />

FOTOS: Coke Bartrina; Hanna Emelie Ernsting; adidas by RAF SIMONS; Hugo Boss; A. Lange & Söhne


.<br />

ROADMOVIE<br />

300 NM / 88 KW (120 PS)<br />

DER NEUE CIVIC 1.6 DIESEL. JETZT PROBE FAHREN.<br />

DAILY SOAP<br />

BIS ZU 1.378 L GEPÄCKRAUM<br />

DER NEUE CIVIC 1.6 DIESEL. JETZT PROBE FAHREN.<br />

Kraftstoffverbrauch Civic in l/100 km: kombiniert 8,7–3,3. CO 2<br />

-Emission in g/km: 150–94.<br />

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-Emission in g/km: 94. (Alle Werte gemessen nach 1999/94/EG.)<br />

Abbildung zeigt Sonderausstattung. Mehr Infos unter: www.honda-civic.de<br />

Honda Deutschland<br />

Automobile<br />

sagt zum CIVIC


.<br />

Wenn die Gondeln<br />

keinen tragen<br />

Zu Beginn der Biennale versammelt<br />

sich die gesamte Kunstwelt in Venedig<br />

– und vergrößert den Touristentross ins<br />

Unerträgliche. Von jetzt an aber, bis<br />

weit in den November hinein, kann man<br />

die 88 Pavillons und 158 Künstler in<br />

Ruhe genießen. Der Kunstkritiker des<br />

„New York Magazines“ war für uns vor<br />

Ort, um herauszufinden, ob sich<br />

die Reise lohnt V Jerry Saltz<br />

Bevor es losgeht, sollte man<br />

sich in jedem Fall eine kluge<br />

Route zusammenstellen!<br />

Venedig Tagebuch<br />

72<br />

2<br />

Der amerikanische Pavillon von Sarah Sze:<br />

Eigentlich liebe ich ihre Arbeiten, aber<br />

diese ist obsessiv – Welten verschachteln<br />

sich mit Welten und unendlichen Details.<br />

Ein Problem: Sze ordnet das Chaos auf eine<br />

modische Art und Weise – aber ich suche<br />

nicht nach Ordnung. Sondern nach Chaos,<br />

einer neuen Unordnung.<br />

3<br />

"Noch nie gab<br />

es vorab so viel<br />

Lob. Schauen<br />

wir mal"<br />

Der Platzhirsch unter den Kunstpalästen<br />

ist der Palazzo Grassi des<br />

milliardenschweren Kunstsammlers<br />

(und Schwiegervaters von Selma<br />

Hayek!) François Pinault. Der optische<br />

Zauberer Rudolf Stingel hat<br />

ihn vollständig in einen gigantischen<br />

Kelim verwandelt. Fallt auf die<br />

Knie und betet!


.<br />

Es heißt überall, Gionis Ausstellung<br />

sei nicht politisch genug. Dabei ist<br />

sie das sehr wohl – einfach dadurch,<br />

wie Gioni den Künstler (neu) definiert.<br />

Mit den sogenannten Außenseitern<br />

wie Morton Bartlett, dessen<br />

Skulpturen vorpubertärer Mädchen<br />

mit plastisch geformten Vulven und<br />

handgenähten Kleidern, die erst<br />

nach seinem Tod entdeckt wurden,<br />

beweist er wieder mal seinen guten<br />

Riecher. Es sind eher die Insider,<br />

die ihm Schwierigkeiten machen.<br />

4<br />

5Die 200 kleinen, ungebrannten<br />

Tonskulpturen von Peter Fischli<br />

und David Weiss begeistern<br />

das Publikum. Mein Lieblingswerk:<br />

„Mr. & Mrs. Einstein<br />

Shortly After the Conception of<br />

Their Son, the Genius Albert“.<br />

Wollen Sie wissen, wie<br />

es ist, eine 93-jährige Frau<br />

und Malerin zu sein?<br />

Nicht wenige Frauen, die<br />

vor dem Selbstporträt<br />

von Maria Lassnig standen,<br />

verrieten mir: „Genauso<br />

fühle ich mich jeden Tag.“<br />

6<br />

Grandios verzerrte, goldene Figuren,<br />

einige davon mit gewaltigen<br />

Erektionen: Die Hardcore-Schockmomente<br />

kann man getrost der<br />

7<br />

Britin Sarah Lucas überlassen.<br />

FOTOS: © 2013 from „New York Magazine“/New York Media LLC. All rights reserved. Distributed by Tribune Media Services<br />

8<br />

Auf der Insel San Giorgio Maggiore, einem<br />

der spektakulärsten Orte des Christentums, empfängt<br />

mich Marc Quinns zwölf Meter hohe,<br />

lavendelfarbene Aufblasskulptur von Alison<br />

Lapper. Nackt, schwanger und ohne Arme.<br />

Ich glaube, mehr haben wir von diesem frag würdigen<br />

Künstler nicht mehr zu erwarten, aber<br />

mich berührt diese zutiefst humane Figur (die<br />

eigentlich nicht Teil der Biennale ist).<br />

73


.<br />

9<br />

Nur Frauen dürfen unter diesem<br />

Goldregen aus falschen Münzen<br />

herlaufen, der von den Dachsparren<br />

des russischen Pavillons<br />

herabregnet – eine idiotische<br />

Anspielung auf den Mythos von<br />

Danae, die von den, äh, Säften<br />

des Zeus überschüttet wurde.<br />

Venedig Tagebuch<br />

74<br />

10<br />

Ausstellungsmacher Massimo<br />

Gioni wurde von seinem Liebling<br />

Tino Sehgal im Stich gelassen:<br />

Dessen Live-Performance mit<br />

Menschen, die auf dem Boden<br />

sitzen, primitive Geräusche und<br />

Silben von sich geben, ist bestenfalls<br />

mittelmäßig. Zur Hölle mit<br />

den Juroren, die dafür den Goldenen<br />

Löwen verliehen haben!<br />

11<br />

Dennoch hat der Hype um Sehgal natürlich<br />

gleich seine Nachahmer in Aufstellung<br />

gebracht. Schauen Sie sich, wenn<br />

überhaupt, vielleicht andere halbwegs<br />

interessante Reenactment-Vorstellungen<br />

an. Auch wenn alle schon bei früheren<br />

Ausstellungen gezeigt wurden.<br />

12<br />

Immer mehr Künstler scheinen<br />

der hirnrissigen Idee<br />

anheimzufallen, die besagt:<br />

„Vielleicht ist eins davon<br />

langweilig, aber 15 555 davon<br />

sind richtig gut.“ Wie Lara<br />

Almarcegui, die den spanischen<br />

Pavillon in eine Art<br />

Baustelle verwandelte.<br />

FOTOS: © 2013 from „New York Magazine“/New York Media LLC. All rights reserved. Distributed by Tribune Media Services


.<br />

13<br />

Jetzt, da jeder der 1,4<br />

Milliarden Chinesen Ai<br />

Weiweis Werk kennt, dürfte<br />

er eine der bekanntesten<br />

Figuren der gesamten<br />

Kunstgeschichte sein. In<br />

Venedig lieferte Ai einen Hit<br />

und einen großen Flop ab:<br />

Die skulpturalen Dioramen, die<br />

Weiweis Kerkerhaft darstellen,<br />

erzählen eindrücklich von Chinas<br />

Mangel an kreativer Freiheit …<br />

14<br />

15<br />

Charles Ray liefert ganz groß ab!<br />

Und zwar in Form eines überdimensionierten,<br />

verzerrten Mannequins,<br />

in dessen Angesicht man sich wie ein<br />

Käfer, Baby oder Alien vorkommt.<br />

Das Problem ist nur, dass diese Arbeit<br />

mehr als 20 Jahre alt ist!<br />

16<br />

JERRY SALTZ gehört zu den<br />

großen internationalen<br />

Kunstkritikern, sein subjektiver<br />

Stil, mit dem er Kunst sehr<br />

persönlich beurteilt, machte<br />

ihn außerdem zu einem Star<br />

der sozialen Netzwerke. Sein<br />

Ziel war es immer, die Kunst<br />

von ihrem Sockel zu holen<br />

und einem größeren Publikum<br />

nahezubringen, so formuliert<br />

er seine Internet-Posts auch betont<br />

salopp und weniger geschliffen<br />

als seine Artikel für<br />

das New York Magazine. Wir<br />

fanden seinen Sprachsound<br />

genau richtig für eine saloppe<br />

Abrechnung mit der Biennale.<br />

… aber seine Installation verschachtelter,<br />

dreibeiniger<br />

Holz hocker, die den deutschen<br />

Pavillon ausfüllt, ist einfach<br />

nur zum Gähnen.<br />

17<br />

Der Preis für den besten Pavillon ging<br />

an Angola für eine traurig-adeptenhafte<br />

Installation in einem wenig besuchten<br />

Palazzo: Auf Papier gedruckte Fotos, die<br />

aussehen wie von Gabriel Orozco, liegen<br />

dort zum Mitnehmen wie die Poster von<br />

Felix Gonzalez-Torres. Die Auszeichnung<br />

gibt einem das merkwürdige Gefühl, dass<br />

„die da oben“ Dritte-Welt-Künstler dafür<br />

auszeichnen, dass sie sich selbst zu braven,<br />

kleinen Neo-Neo-Postmodernisten<br />

kolonialisieren.<br />

75


.<br />

Kultur<br />

Now<br />

NEUE AUSSTELLUNGEN, NEUE FILME,<br />

NEU IM REGAL UND NEU IM FERNSEHEN<br />

SOWIE EIN FRAGEBOGEN, DER KEINER IST<br />

76<br />

Elf Fragen an<br />

Frederick Lau<br />

DIE ERSTE CD? Das weiß<br />

ich nicht mehr, aber<br />

an die erste geklaute CD<br />

kann ich mich noch<br />

erinnern: Der Neger (in<br />

mir) von B-Tight. EIN<br />

BUCH, DAS DEIN LEBEN<br />

VERÄNDERT HAT? Das<br />

gibt es nicht. Es gibt<br />

Bücher, die ich lese und<br />

bei denen ich hinterher<br />

Leute anrufe, weil ich an<br />

sie denken musste.<br />

ROLLING STONES ODER<br />

BEATLES? Beatles. Eight<br />

Days A Week höre ich in letzter Zeit immer zum<br />

Aufstehen, da kriege ich bessere Laune. GOETHE ODER<br />

SCHILLER? Goethe! Normalerweise verschenke ich alle<br />

Bücher und DVDs sofort nach Gebrauch, sogar Hotte im<br />

Paradies, was ich immer noch bereue. Aber mein<br />

Reclam-Heft mit Goethes Gedichten habe ich immer noch!<br />

NEW YORK ODER PARIS? New York. Durch Paris bin ich nur<br />

einmal mit dem Taxi gefahren und hab geschrien „Ich<br />

habe ihn gesehen!“ – also den Eiffelturm. SCHIESSEN ODER<br />

ERSCHOSSEN WERDEN? Beides nicht glorreich. PARK ODER<br />

PARTY? Park. Ich liebe auch Partys im Park. Aber Park<br />

ist schon besser. Wenn es mir richtig schlecht geht, geh ich<br />

auch mal auf den Spielplatz. GLETSCHER ODER WÜSTE?<br />

Gletscher. Aber ich hatte ein geiles Gespräch in der Wüste,<br />

mit einem Ägypter, an meinem 18. Geburtstag. Wir haben<br />

geredet und geredet, bis unser Englisch am Ende war und<br />

wir nur noch in den Sand gemalt haben. RENNRAD ODER<br />

TAXI? Taxi. FESTIVAL ODER KONZERT? Konzert. Ich war<br />

einmal auf einem Festival mit zwei Schauspielkollegen, die<br />

sind beide Moslems und haben keinen Schluck getrunken.<br />

Ich zelte auch nicht so gerne. HELD? Sherlock Holmes.<br />

Frederick Lau spielt die Hauptrolle in „Ummah –<br />

Unter Freunden“. Der Film startet am 12. September<br />

Diane Kruger<br />

und Demián<br />

Bichir in „The<br />

Bridge“<br />

Albert Oehlen<br />

KUNST I Die Ausstellung, mit der die Galerie Max Hetzler ihre neuen Räume<br />

(Bleibtreustraße 45, Berlin-Charlottenburg) eröffnet, mag zwar Interieurs heißen,<br />

tatsächlich werden aber weder Tische noch Stühle gezeigt, sondern neue großflächige<br />

Gemälde von Albert Oehlen, bei denen der Künstler mit Fragmenten von<br />

Supermarktwerbung arbeitet, genauer gesagt mit Supermarktwerbung aus den<br />

Ländern Deutschland und Spanien (vom 7. September bis 19. Oktober).<br />

S z e n e n<br />

einer Ehe<br />

Erst erzählt Nick von Amys Verschwinden,<br />

dann erzählt Amy<br />

ihre Version, die genauso erlogen<br />

ist wie die ihres Gatten. Selten<br />

aber war die Rede, dass jede<br />

Geschichte zwei<br />

Seiten hat, so falsch<br />

wie in Gillian<br />

Flynns tollem<br />

Thriller Gone Girl<br />

(Scherz). Es gibt drei.<br />

S e r i e<br />

THE BRIDGE Sie ist eine einigermaßen autistische und<br />

sozial unverträgliche Ermittlerin aus El Paso, er ist der<br />

letzte aufrechte Bulle von der anderen Seite der<br />

Grenze. Als amerikanisch-mexikanisches Dream-Team<br />

sind sie einem üblen Serienkiller auf der Spur und<br />

beleuchten nebenbei das Verhältnis von Arm und<br />

Reich, Weißen und Latinos, Männern und Frauen.<br />

Бrlin<br />

Art Week<br />

KUNST II Galerieausstellungen, Museumsschauen,<br />

zwei Kunstmessen, ein weitgefächertes<br />

Begleitprogramm: Die Berlin Art<br />

Week bietet mehr, als man in fünf Tagen<br />

(17.–22.<br />

September)<br />

verdauen kann.<br />

Erstmals wird<br />

sie noch um ein<br />

Filmfestival und<br />

Projekträume<br />

bereichert. Denn<br />

mehr ist mehr.<br />

Dieter Roth:<br />

Ohne Titel,<br />

1967. Zu<br />

sehen in der<br />

Ausstellung<br />

„Arte Postale“<br />

in der Akademie<br />

der Künste<br />

FOTOS: Berit Notzke/face to face; Stefan Rohner: ALBERT OEHLEN, I 3, 2009, courtesy: Albert Oehlen & Galerie Max Hetzler, Berlin © Albert Oehlen; © S. FISCHER Verlag; © 2013 FX Networks; Akademie der Künste, Ausstellung<br />

„Arte Postale“, Dieter Roth, Ohne Titel, 1967 Ansichtskarte vom Fernsehturm Stuttgart, übermalt, 21,4 x 10,2 cm Reinhard-Döhl-Archiv, Akademie der Künste, Berlin © Dieter Roth Estate


.<br />

Now<br />

F I L M E<br />

s e h e n !<br />

78<br />

Santiago<br />

Siea<br />

KUNST III Ein Konzeptkünstler mit einem Sinn für den<br />

Effekt: Er sperrte in Mexiko-Stadt eine Kreuzung und<br />

legte den Verkehr lahm, er ließ Afrikaner in Spanien<br />

Erdlöcher buddeln, und als er 2003 bei der Biennale in<br />

Venedig den spanischen Pavillon bespielte, hatten nur<br />

Spanier mit einem gültigen spanischen Pass Zugang zu<br />

dem leeren Raum. Unvergessen auch seine Idee, in die<br />

Kestnergesellschaft in Hannover eine ordentliche Ladung<br />

Schlamm zu kippen. Wie er auf all die Sachen kam und<br />

welche Ideen er noch hatte, erfährt man vom 7. September<br />

bis zum 12. Januar in den Hamburger Deichtorhallen.<br />

Werner Heisenberg<br />

(Naturwissenschaft)<br />

Ernie und Bert<br />

(Freundschaft)<br />

„PAIN & GAIN“ Drei lebensfrohe<br />

Extrembodybuilder fassen den Plan,<br />

ihre finanziell angeschlagene Muckibude<br />

wieder in die schwarzen Zahlen<br />

zu bringen, indem sie einen reichen<br />

Geschäftsmann kidnappen – nur blöd,<br />

dass ihr Geschick in Sachen Entführung<br />

und Erpressung nicht ganz so<br />

ausgeprägt ist wie ihre Brustmuskulatur.<br />

Das Ganze wird von Michael Bay<br />

mit so viel Schwung und Anteilnahme<br />

in Szene gesetzt, dass man bis zum<br />

Schluss nicht weiß, ob man einen sehr<br />

dummen Film gesehen hat oder einen<br />

klugen über die Folgen der Dummheit.<br />

Ab 22. August<br />

„ONE DIRECTION: THIS IS US“ Drei Jahre<br />

nach ihrer Gründung hat die aktuell<br />

wichtigste (weil aktuell erfolgreichste)<br />

Die Formel „Breaking Bad”<br />

Kristall<br />

(Crystal Meth)<br />

Mini-Uzi<br />

(Mord und Totschlag)<br />

Boyband endlich ihren Film, der zeigt,<br />

wie das Leben in einer Boyband<br />

wirklich ist: aufregend, anstrengend,<br />

einzigartig. Als Regisseur haben sich<br />

One Direction dabei Morgan Spurlock<br />

ausgesucht, der einst mit seiner<br />

McDonald’s-Doku Super Size Me zu<br />

Ruhm wie auch zu Übergewicht kam.<br />

Episch! Previews am 27. August<br />

„IL FUTURO“ Nach dem Tod ihrer Eltern<br />

geraten Tomás und Bianca derart in<br />

Geldnot, dass sie mithilfe ihrer Fitnessbudenkumpel<br />

planen, einen erblindeten<br />

Bodybuilder auszurauben, in den<br />

Bianca sich aber verliebt. Der Arthouse-<br />

Komplementärfilm zu Pain & Gain.<br />

Ab 12. September<br />

Lustig ist die Lösegeldübergabe:<br />

Mark Wahlberg<br />

in „Pain & Gain”<br />

„Breaking Bad”<br />

FOTOS: Santiago Sierra, Objekt von 600 x 57 x 52 cm, gebaut, um waagrecht an eine Wand gehalten zu werden, Aktion in der Galerie Peter Kilchmann. Zürich, Schweiz. April 2001 Holz, Dachpappe u. a.<br />

© VG Bild-Kunst, Bonn 2013; © Paramount Pictures 2013. All Rights Reserved; akg-images; Cinetext/MRO; Alessandra Sarti/mauritius images; Cinetext-Allstar-Sony Pictures Television


.<br />

lÄngsteR tAg 200 x 160 cm 2012 | Öl auf leinwand<br />

Ausstellung<br />

16.07. – 16.10.2013<br />

julian khol<br />

Julian Khol, der „österreichische Shootingstar“, so bezeichnete<br />

das 3sat-TV-Magazin „Kulturzeit“ den 33-Jährigen. Wo immer<br />

Khol mit seinen expressiven Bildern auftritt, erregt er sofort<br />

Aufmerksamkeit: Seine oftmals großformatigen Landschaften,<br />

Bäume, Masken, Menschen und Tiere sind von einer solchen<br />

eruptiven Energie und atemlosen Unmittelbarkeit des Ausdrucks,<br />

dass sie die Betrachter direkt in das Bild hinein zu<br />

ziehen scheinen – oder vielmehr in die Gefühlslage, in der<br />

Julian Khol sich vielleicht beim Malen befand. „Im Idealfall geht<br />

es dem Betrachter so wie mir beim Arbeiten, er/ich wird im<br />

positiven Sinne von seiner Existenz durchflutet, weiß genau,<br />

was das Bild will und ist eins mit dem Bild“, so Julian Khol im<br />

Vorwort seines Ausstellungskataloges 2009. Immer wieder<br />

malt der Österreicher Tiere. Zum einen fasziniert ihn ihre<br />

Erscheinung und ihr unterschiedlicher Ausdruck, zum anderen<br />

sind Tiere für ihn „Fenster in die Realität“. Durch sie kann er<br />

sich Verhaltensweisen und Situaltionen begreifbar machen,<br />

durch sie vermag er sich auszudrücken. Tiere sind in Bildern<br />

von Julian Khol immer auch Übersetzung vor- oder nichtbegrifflichen<br />

Wissens und Erkennens. „Alles ist ganz klar, aber<br />

versucht man dieses Wissen zu fassen, zu begreifen, ist es<br />

weg.“ (Khol Katalog 2009). Welche Bilder ihn inspirieren liegt<br />

auf der Hand. Gleichwohl setzt er neben den US -amerikanischen<br />

Abstrakten Expressionismus der 1950er Jahre oder seine<br />

Vorbilder der Brücke eigenständige Bildfindungen in einer für<br />

sein Alter bemerkenswert freien Handschrift. Julian Khols<br />

Bilder bersten vor Expressivität und Dynamik, und beides weiß<br />

er mit seinen malerischen Mitteln trefflich zu inszenieren.<br />

Autorin: Dr. Silke Feldhoff, Kunsthistorikerin<br />

ArtConsult München | Dirk g. Kronsbein | Wurzerstraße 12 | 80539 München<br />

telefon: 089-23239768 | telefax: 089-23239769 | mail@artconsultmuenchen.de | www.artconsultmuenchen.de<br />

Öffnungszeiten: Di. – Fr. 11.00 - 18.00 uhr | sa. 11.00 - 15.00 uhr


.<br />

Roland<br />

Emmerich<br />

IRGENDETWAS FLIEGT IMMER IN DIE<br />

LUFT, WENN DIESER MANN GROSSE<br />

AMERIKANISCHE FILME DREHT. IN<br />

„WHITE HOUSE DOWN“ SPRENGT ER<br />

ERST DAS KAPITOL UND DANN DEN<br />

MYTHOS VOM GRÖSSTEN FEIND<br />

AMERIKAS V Harald Peters<br />

"Clooney ist<br />

ein schönes Beispiel<br />

dafür, wie man im<br />

Alter hipper wird"<br />

Film<br />

„Amerika ist selbst sein<br />

ärgster Feind“: Roland<br />

Emmerich, 2013<br />

80<br />

INTERVIEW: Herr Emmerich, wie geht es Ihnen?<br />

ROLAND EMMERICH: Ach, ich habe einen schlimmen Jetlag.<br />

Dabei bin ich schon seit einer Woche in Europa.<br />

INTERVIEW: Und der Jetlag hat sich noch nicht gelegt?<br />

EMMERICH: Leider nein. Früher hat mir das nie was<br />

ausgemacht.<br />

INTERVIEW: Sie meinen, das kommt mit dem Alter?<br />

EMMERICH: Da können Sie sich noch auf was gefasst<br />

machen.<br />

INTERVIEW: Das wird nicht mehr so lange dauern. Ihr<br />

neuer Film ist übrigens sehr lustig geworden.<br />

EMMERICH: Danke, das freut mich. Ja, er ist echt lustig<br />

geworden.<br />

INTERVIEW: Lustig, aber nicht albern.<br />

EMMERICH: Da muss man irre aufpassen. Der Film hat ja<br />

eine ernste Grundgeschichte, immerhin wird das Weiße<br />

Haus von Terroristen überfallen. Und das kleine Mädchen,<br />

also die Filmtochter von Channing Tatum, bekommt<br />

mehrfach eine Pistole an den Kopf gehalten.<br />

INTERVIEW: Was gar nicht lustig ist.<br />

EMMERICH: Deswegen habe ich gesagt, dass man das<br />

Ganze mit Humor ausgleichen muss. Sonst wird es<br />

schrecklich.<br />

INTERVIEW: Zumal die Handlung schon ein wenig<br />

übertrieben ist.<br />

EMMERICH: Das habe ich auch gesagt, nachdem ich das<br />

Drehbuch gelesen hatte: „Ist das nicht ein bisschen<br />

übertrieben?“ Ich meine, sogar mir ist aufgefallen, dass es<br />

übertrieben sein könnte. Aber dann haben alle gesagt:<br />

„Nein, gar nicht.“ Und so habe ich es als meine<br />

Hauptaufgabe gesehen, dem Zuschauer die Geschichte so<br />

zu verkaufen, dass sie nicht allzu übertrieben wirkt,<br />

obwohl sie natürlich offensichtlich übertrieben ist.<br />

INTERVIEW: Zum Beispiel?<br />

EMMERICH: Ich meine, die heizen mit dem Präsidentenauto<br />

im Garten des Weißen Hauses immer um den<br />

Brunnen rum, während SUVs mit Knarren auf dem Dach<br />

hinter ihnen her sind. Und direkt daneben haben sich<br />

Fernsehteams aufgebaut, die das Geschehen in die Welt<br />

übertragen.<br />

INTERVIEW: Aber genau so wäre es doch auch: Die Welt<br />

würde zuschauen.<br />

EMMERICH: Ja, das würde sie.<br />

INTERVIEW: Angenehmerweise kommen die Schurken<br />

nicht aus irgendwelchen Schurkenstaaten, sondern sind<br />

besorgte Bürger. Das hat man nicht so oft.<br />

FOTOS: (linke Seite) Chloe Aftel/Contour by Getty Images; (rechte Seite) Sony Pictures Releasing


EMMERICH: Ja, weil die Amerikaner das nicht so gerne<br />

sehen. Für diesen Aspekt des Films mussten wir ehrlich<br />

gesagt ziemlich kämpfen. Wenn es sich um Nordkoreaner<br />

handelt, um Chinesen oder Araber, dann hat man es<br />

mit einem Angriff von außen zu tun, das stört niemanden.<br />

Aber ich glaube nicht an den Angriff von außen.<br />

INTERVIEW: Sondern?<br />

EMMERICH: Ich glaube, dass Amerika selbst sein ärgster<br />

Feind ist. Man darf nicht ver gessen, dass es in Amerika<br />

noch vor 150 Jah ren einen Bürgerkrieg gab. Und wenn man<br />

die vergangenen Jahre betrachtet, merkt man, dass sich das<br />

Land immer mehr spaltet: Die Küsten sind liberal, alles<br />

dazwischen ist republikanisch. Das geht auf die Dauer nicht<br />

gut. Wenn es mal eine richtige Krise gibt und keine halbe<br />

Krise, wie wir sie 2009 hatten, dann geht’s da ab.<br />

INTERVIEW: Lag es an der liberalen Grundhaltung, dass<br />

der Film in Amerika nicht mit ganz so offenen Armen<br />

empfangen wurde?<br />

EMMERICH: Viele meinen, dass es an dem anderen Film<br />

(Olympus Has Fallen) lag, der kurz vorher mit einer<br />

ähnlichen Thematik ins Kino kam. Andere sagen, dass man<br />

es diesen Sommer sowieso mit einem Überangebot von<br />

Filmen zu tun hatte. Und es lag vielleicht auch daran, dass<br />

die Fronten in White House Down nicht<br />

ganz so klar verlaufen.<br />

INTERVIEW: Der Präsident ist ja …<br />

EMMERICH: … der ist ganz klar Obama.<br />

INTERVIEW: Er ist der bessere Obama.<br />

EMMERICH: Er ist lockerer, er wird ja<br />

auch von Jamie Foxx gespielt.<br />

INTERVIEW: Er ist auch progressiver. Er<br />

ist wie Obama, bevor er Präsident wurde.<br />

EMMERICH: Das war auch die Idee: den<br />

Präsidenten so zu zeigen, wie ich<br />

ihn mir wünsche. Einer, der sagt, dass<br />

es ihm scheißegal ist, ob er wieder<br />

gewählt wird. Einer, der sagt: „Das<br />

mache ich jetzt, weil ich es für richtig<br />

halte. Und wenn ich damit untergehe,<br />

gehe ich damit unter.“ Irgendwann<br />

muss es doch mal so einen Präsidenten geben, sonst wird<br />

der Lobbyismus irgendwann die Demokratie übernehmen.<br />

Anfangs hatten wir übrigens vor, den Präsidenten so zu<br />

gestalten, dass man sich nicht ganz sicher ist, ob er gut ist<br />

oder böse.<br />

INTERVIEW: Und dann?<br />

EMMERICH: Haben wir es gelassen.<br />

INTERVIEW: Wäre der Präsident ambivalent, wäre es auch<br />

kein Buddy-Movie geworden.<br />

EMMERICH: Stimmt, das ist sowieso interessant: Filme sind<br />

mittlerweile viele Dinge gleichzeitig. Ich nenne das den<br />

Bollywood-Effekt. Nehmen wir zum Beispiel The Avengers<br />

– das ist nicht nur ein Superheldenfilm, sondern ein Film<br />

mit gleich einer ganzen Reihe von Superhelden. Dann<br />

tauchen auch noch Außerirdische auf, was das Ganze zu<br />

einem Science-Fiction-Film macht, und ein<br />

Katastrophenfilm ist er außerdem.<br />

INTERVIEW: Und lustig ist er auch.<br />

EMMERICH: Na klar. Humor, viele Superhelden, Außerirdische<br />

und viel Zerstörung – das ist <strong>gerade</strong> das Rezept.<br />

Man Of Steel habe ich noch nicht gesehen, aber soweit ich<br />

weiß, ist es da ähnlich. Nur witzig soll er nicht sein.<br />

INTERVIEW: Woran liegt es, dass Filme sich ähneln?<br />

" White<br />

House Down"<br />

Enttäuschte Wutbürger bombardieren das<br />

Weiße Haus. Der Präsident trägt Jordans.<br />

Und sein einziger Freund heißt Channing<br />

Tatum. Eigentlich gab es schon schlechtere<br />

Tage in der Pennsylvania Avenue 1600<br />

EMMERICH: Ach, das sind so Moden. Deswegen altern<br />

manche Filme relativ schnell. Filme aus den Achtzigern<br />

und Neunzigern kann man sich fast nicht mehr<br />

anschauen. Schon wegen der Haare.<br />

INTERVIEW: Oh ja.<br />

EMMERICH: Da muss man sich nur mal die Frisuren von<br />

George Clooney ansehen. Clooney ist ein schönes Beispiel<br />

dafür, wie man im Alter hipper wird.<br />

INTERVIEW: Ästhetisch gesehen hat er ganz unten<br />

angefangen: als Arbeitgeber von Roseanne in Roseanne.<br />

EMMERICH: Ja, mit Vokuhila-Frisur, hähä.<br />

INTERVIEW: Macht es Ihnen eigentlich Spaß, ständig<br />

Nationaldenkmäler und Sehenswürdigkeiten zu sprengen?<br />

EMMERICH: Nee, das hat eher praktische Gründe. Weil<br />

jeder die Gebäude kennt und deswegen weiß, was zerstört<br />

wird. Das fing alles mit Independence Day an. Und als ich<br />

The Day After Tomorrow drehen wollte, wusste ich, dass<br />

ich den Film ähnlich anlegen muss wie Independence Day,<br />

also die Freiheitsstatue frosten und New York fluten und<br />

so, sonst würde ich das Projekt nicht finanzieren können.<br />

INTERVIEW: Warum?<br />

EMMERICH: Weil sich damals keiner mit dem Thema<br />

Klima wandel beschäftigen wollte. Ich habe es dann sogar<br />

geschafft, dass ausgerechnet 20th<br />

Century Fox diesen Film produziert hat,<br />

der ja durch und durch liberal war. Das<br />

ist denen aber erst aufgefallen, als der<br />

Film fertig war.<br />

INTERVIEW: Können Sie sich erklären,<br />

warum Sie dennoch das Image haben,<br />

besonders patriotische Filme zu drehen?<br />

EMMERICH: Ich bin manchmal selbst<br />

überrascht, was die Leute über meine<br />

Filme sagen. Ich finde ja, dass die einen<br />

total subversiven Dreh haben. Aber<br />

wahrscheinlich liegt es daran, dass ich<br />

hintereinander zwei Sachen gemacht<br />

habe, die als sehr patriotisch<br />

empfunden wurden: Independence Day<br />

und Der Patriot. Bei Independence Day<br />

ist es vor allem die Rede, die der Präsident vor den<br />

Soldaten hält. Die ist von der St.-Crispins-Tag-Rede von<br />

Shakespeares Heinrich V. beeinflusst. Und dann sind in<br />

dem Film natürlich eine Menge Flaggen zu sehen, aber die<br />

Geschichte spielt eben am Unabhängigkeitstag, und am<br />

Unabhängigkeitstag flaggen die Amerikaner halt.<br />

INTERVIEW: Und Der Patriot …?<br />

EMMERICH: Der heißt leider, wie er heißt. Ich habe immer<br />

gesagt: „Der Titel ist falsch, wir brauchen einen anderen<br />

Titel.“ Da habe ich mich aber nicht durchsetzen können,<br />

und schon hieß es wieder: „Der Emmerich ist ein Patriot.“<br />

Und ich denke dann immer: „Wenn ihr eure Fußballspiele<br />

macht, was machen dann alle? Ihr schwenkt Flaggen und<br />

malt euch sogar wie die Flagge an! Ist das kein<br />

Patriotismus?“<br />

INTERVIEW: Doch.<br />

EMMERICH: Sogar die schlimmste Form von Patriotismus!<br />

INTERVIEW: Warum?<br />

EMMERICH: Keine Ahnung … Ich würde das jedenfalls nie<br />

machen.<br />

INTERVIEW: Sieht ja auch scheiße aus.<br />

EMMERICH: Genau. Das ist peinlich. Voll peinlich.<br />

„White House Down“ startet am 5. September<br />

.<br />

81


.<br />

Di Fashi<br />

82


.<br />

Schuhbidu<br />

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for the Visual Arts (gilt für alle Taschen),<br />

limitierte Auflage, ca. 5 000 €; weißes<br />

Bustierkleid aus Seide, bedruckt mit<br />

„Unidentified Female“ von Andy Warhol,<br />

ca. 5 400 €; High Heel aus Wildleder, ca.<br />

620 €. „Monsieur Dior“-Ring in Tulpenform,<br />

vergoldet, ca. 420 €; „Diorissimo“-Clutch<br />

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limitierte Auflage, ca. 3 000 €; dunkelblaues<br />

Bustierkleid aus Seide, bestickt mit „High<br />

Heel 1956“ und bedruckt mit „Female Head<br />

with Stamps 1959“, beides von Andy Warhol,<br />

ca. 8 900 €; High Heel aus Kalbsleder, ca.<br />

680 €. „Monsieur Dior“-Ring in Roségold<br />

vergoldet, mit Perle aus Harz, ca. 390 €;<br />

„Lady Dior“-Tasche aus Kalbsleder, limitierte<br />

Auflage, ca. 4 500 €; Unterkleid aus Wolle<br />

und Seide, ca. 1 750 €; durchsichtiges Seidenkleid,<br />

bedruckt und handbestickt mit den<br />

Warhol-Motiven „Shoe 1955“, „Stamped Shoe<br />

with Butterflies 1961“ und „High Heel“, Preis<br />

ca. 8 900 €; High Heel aus Samt, ca. 620 €<br />

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84<br />

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BELSTAFF<br />

85<br />

Pullover, ca.<br />

980 € CÉLINE<br />

Rock, ca. 560 €<br />

ISABEL<br />

MARANT<br />

MAKE-UP Justine Purdue<br />

/ Tim Howard Management<br />

HAIR Tamas Tuzes / L’Atelier<br />

MODEL Kristine / Supreme<br />

CASTING Samuel Ellis<br />

Scheinman for DM Casting<br />

F A S H I O N<br />

ASSISTANT Chris Lee


.<br />

My sty<br />

86<br />

Veronique<br />

Branquinho<br />

ES IST NOCH NICHT LANGE HER, DA GALT SIE<br />

ALS DIE AUFREGENDSTE BELGISCHE JUNG-<br />

DESIGNERIN. JETZT WIRD SIE 40, HAT DREI<br />

JAHRE PAUSIERT, IHREN GARTEN UMGE-<br />

GRABEN UND EINEN NEUSTART HINGELEGT<br />

V Heike Blümner<br />

Foto Marleen Daniëls<br />

Auf der Suche nach<br />

dem zeitlosen Aspekt<br />

weiblicher Schönheit:<br />

Veronique Branquinho<br />

INTERVIEW: Ich habe gelesen, dass Sie zu Beginn Ihrer<br />

Karriere einen Opel Manta fuhren.<br />

VERONIQUE BRANQUINHO: Ja, es war das erste Auto, das ich<br />

mir selbst gekauft habe, und ich war in das Auto verliebt.<br />

Ich wollte schon immer einen Sportwagen fahren, was<br />

ich mir natürlich nicht leisten konnte, und der Manta war<br />

das, was meinen Vorstellungen am nächsten kam.<br />

Aller dings hat das Auto in Belgien ein Imageproblem.<br />

INTERVIEW: Interessant. In Deutschland ist es ähnlich. Aber<br />

es gab in den 90er-Jahren auch Comedy-Kassenschlager<br />

wie den Film Manta, Manta.<br />

BRANQUINHO: Echt? Den hätte ich gerne gesehen.<br />

INTERVIEW: Ich bin mir nicht sicher, ob er Ihnen gefallen<br />

hätte.<br />

BRANQUINHO: Vielleicht gibt es andere Länder, in denen


FOTOS: dpa Picture-Alliance/gms Opel; ddp images/Sipa; dpa Picture-Alliance/Courtesy Everett Collection; Jessie Walker/mauritius images<br />

Ein schönes Auto<br />

mit einem schlechten<br />

Ruf: Opel Manta<br />

Bestimmte Inspirationen<br />

werden irgendwann<br />

nur noch lästig: „Picknick<br />

am Valentinstag”<br />

Sehr frei trotz<br />

Upperclass-<br />

Erziehung:<br />

die Publizistin<br />

Nancy Cunard<br />

Auch ein Teil<br />

des Lebens:<br />

der Garten<br />

der Manta besser ankommt. In Belgien gilt der Manta<br />

nicht <strong>gerade</strong> als elegant, aber ich finde, es ist ein schönes<br />

Auto mit einem schlechten Ruf.<br />

INTERVIEW: Haben Sie die Erfahrung gemacht, dass die<br />

Leute auch Ihre Arbeit unterschiedlich bewerten, je<br />

nachdem, aus welchem Land sie kommen?<br />

BRANQUINHO: Jeder ist unvermeidlich Teil der Kultur, in<br />

der er aufgewachsen ist,<br />

und stellt sich in Bezug<br />

dazu. Ich erinnere mich<br />

beispielsweise an eine<br />

frühere Kollektion von<br />

mir, in der es viele gestrickte<br />

Stolen gab. Wir<br />

hatten gute Kunden auf<br />

dem russischen Markt, aber in dieser Saison verstanden<br />

sie nicht, was ich da entworfen hatte. Für mich war es<br />

eine Reverenz an das Handwerk, an eine<br />

spannende Tradition. Für die Russen<br />

waren die Stolen aber einfach nur etwas,<br />

was alte Frauen trugen.<br />

INTERVIEW: Also so etwas wie der VW<br />

Jetta unter den Kleidungsstücken …<br />

Welches Auto fahren Sie heute?<br />

BRANQUINHO: Den Opel Manta habe ich<br />

leider zu Schrott gefahren. Das war<br />

schrecklich, ich habe so geweint. Und der<br />

Typ, der mir reingefahren ist, fuhr eine<br />

fette Limousine und sagte: „Machen Sie sich keine Sorgen,<br />

ich bin gut versichert, das wird alles geregelt.“ Und ich<br />

schluchzte: „Sie verstehen nicht. Dieses Auto ist nicht zu<br />

ersetzen.“ Danach hatte ich einen alten Porsche 911, und<br />

nach vier Jahren hatte ich wieder einen Unfall, dann war<br />

auch dieses Auto kaputt. Tja, und heute fahre ich einen<br />

Volvo. Das ist die sichere Variante. Nichts<br />

kann mir passieren, denn ich bin von<br />

Airbags umgeben. Ich glaube, ich werde<br />

älter …<br />

INTERVIEW: Haben Sie sich bei Ihrer<br />

Arbeit auch für die sichere Variante<br />

entschieden?<br />

BRANQUINHO: Natürlich habe ich mit der<br />

italienischen Firma GIBO jetzt jemanden,<br />

der mich bei meiner Arbeit unterstützt.<br />

Aber sicherer? Ich weiß nicht, ob man<br />

in diesen Zeiten überhaupt von Sicherheit sprechen kann.<br />

Grundsätzlich bin ich aber sehr glücklich darüber, dass<br />

die Verantwortlichkeiten festgelegt sind. Früher hing alles<br />

ausschließlich an mir. Nach meinem Abschluss an der<br />

Akademie hatte ich diesen kreativen Traum, den ich<br />

verwirklichen wollte. Und am Ende hatte ich eine Firma<br />

und viele Leute, die für mich arbeiteten. Ich musste mich<br />

mit Banken auseinandersetzen, mit Produktion, Vertrieb<br />

und Verkauf, und am Ende merkt man irgendwann, dass<br />

man genau das die ganze Zeit nicht wollte.<br />

INTERVIEW: Und dann mussten Sie aufhören …<br />

BRANQUINHO: Ja, und als mir das klar wurde, war ich total<br />

frustriert und sah kein Licht mehr am Ende des Tunnels.<br />

Aber mein neuer Partner GIBO ist ein Schwergewicht, er<br />

kann produzieren und distribuieren. Meine Aufgabe ist es<br />

jetzt, eine gute Kollektion pünktlich abzuliefern.<br />

INTERVIEW: Knüpfen Sie mit den neuen Kollektionen<br />

stilistisch an Ihre früheren an?<br />

.<br />

BRANQUINHO: Man trägt viel Gepäck mit sich herum, das<br />

man nicht einfach über Bord werfen will; gleichzeitig<br />

möchte man einen Schritt nach vorne machen. Die Frage,<br />

um die sich für mich alles drehte, war: Was nehme ich<br />

mit und welche neuen Impulse füge ich hinzu? Ich wollte<br />

auf jeden Fall, dass die Kollektionen <strong>erwachsen</strong>er werden,<br />

also femininer und präziser.<br />

INTERVIEW: Wo genau zeigt sich das in Ihrer aktuellen<br />

Winterkollektion?<br />

BRANQUINHO: Ich hatte im Vorfeld viel über die<br />

Publizistin Nancy Cunard gelesen, wie engagiert sie war.<br />

Obwohl sie eine sehr rigide Upperclass-Erziehung<br />

genossen hatte, war sie sehr frei. Und diese Einstellung<br />

wollte ich auf die Winterkollektion übertragen, auch<br />

in den kleinen Dingen. Ich liebe es zum Beispiel, mir die<br />

Freiheit zu nehmen, Materialien zu verbinden, die offiziell<br />

nicht zusammengehen, so wie Echt- und Kunstleder.<br />

Dann habe ich eine neue Rockform<br />

entworfen, die sehr lang ist und auf den<br />

ersten Blick aussieht wie eine Hose.<br />

INTERVIEW: Und die Farben?<br />

BRANQUINHO: Schwarz hat mich gar<br />

nicht interessiert. Erst mal ging es<br />

mir um Texturen beziehungsweise um<br />

alles, was haarig und kuschelig<br />

ist: Angora, Kaschmir, alles, was einen<br />

animalischen Touch hat. Dann habe<br />

ich Leopardenprint auf Kaninchenfell<br />

gedruckt, also wieder Unecht auf Echt.<br />

INTERVIEW: In Ihrer Arbeit gibt es oft Referenzen an<br />

frühere, starke Frauenfiguren, gleichzeitig sind Ihre<br />

Kollektionen nie retro. Wie kriegt man das hin?<br />

BRANQUINHO: Ich bin immer auf der Suche nach dem<br />

zeitlosen Aspekt von weiblicher Schönheit. Frage mich<br />

also: Gibt es eine universelle Sprache der Schönheit? Eine,<br />

die jeder versteht?<br />

INTERVIEW: Sie werden dieses Jahr 40. Ein guter<br />

Zeitpunkt, um über das Erwachsenwerden nachzudenken?<br />

BRANQUINHO: Mit dem Älterwerden kommt die<br />

Erfahrung, im Leben und bei der Arbeit. Ich bin viel<br />

präziser geworden. Wenn man jung ist, probiert man viele<br />

Sachen aus, einfach um ein Gefühl für bestimmte<br />

Situationen zu bekommen. Heute muss ich das nicht mehr<br />

tun, denn ich weiß, was ich will.<br />

INTERVIEW: Heißt das auch, dass Sie weniger verspielt an<br />

den Entwurf einer neuen Kollektion herangehen?<br />

BRANQUINHO: Auf jeden Fall, ja, aber das Modedesign<br />

muss sich ja grundsätzlich an bestimmte Arbeitsschritte<br />

halten. Als Erstes muss<br />

man wissen, welche Art<br />

von Stoff man haben kann<br />

oder haben möchte, und<br />

zwar lange, bevor man mit<br />

anderen Dingen anfängt.<br />

Das Wichtigste für mich ist<br />

aber meine Intuition. Ich<br />

arbeite deshalb auch nicht<br />

in Teams. Okay, vielleicht<br />

bekomme ich im Laufe der Arbeit mal einen thematischen<br />

Anstoß von außen, zum Beispiel von Filmen wie Twin<br />

Peaks oder Picknick am Valentinstag. Aber danach geht es<br />

nur noch darum, meine eigene Welt zu erschaffen. Leider<br />

ist es aber auch so, dass bestimmte Inspirationen nur noch<br />

87


My sty<br />

88<br />

lästig werden, an mir kleben, wenn ich sie ausgesprochen<br />

habe. Die Leute haben sich noch im Jahr 2004 über<br />

Bilderwelten unterhalten, die ich Ende der 90er-Jahre<br />

spannend fand.<br />

INTERVIEW: Warum machen sie das?<br />

BRANQUINHO: Weil es die Sache einfach macht. Heute<br />

versuche ich, das unbedingt zu vermeiden. Ich möchte<br />

immer wieder eine eigene Welt schaffen.<br />

INTERVIEW: Ihre Kollektionen sind auch weniger von den<br />

jeweiligen Entwürfen oder Stücken geprägt. Es ist mehr<br />

eine übergreifende Idee von Weiblichkeit, an der viele<br />

Frauen teilhaben wollen.<br />

BRANQUINHO: Ja, ich mag keine offensichtlichen<br />

Referenzen mehr. Das langweilt mich. Vielleicht können<br />

sich deswegen viele unterschiedliche Frauen in meiner<br />

Arbeit wiederfinden.<br />

INTERVIEW: War der Neubeginn im Jahr 2012 für Sie das<br />

Ende einer längeren Pause oder ein Neustart?<br />

BRANQUINHO: Für mich war es so, als dürfe ich mich noch<br />

mal vor eine weiße Leinwand setzen. Eher ein Neustart,<br />

was für mich ein ganz tolles Gefühl war.<br />

INTERVIEW: Hatten Sie zwischendurch auch mal daran<br />

gedacht, ganz mit der Mode aufzuhören?<br />

BRANQUINHO: Natürlich. Ich war damals so ausgebrannt<br />

und systemmüde. Zum Glück habe ich dann bei Delvaux<br />

gearbeitet, und auch meine Schuhkollektion lief weiter.<br />

Aber ich hatte auch viel mehr Freizeit. Und die habe ich<br />

genutzt, um mit meinem Freund zu verreisen, denn<br />

nach meiner Zeit in der Akademie hatte ich 15 Jahre<br />

gearbeitet wie eine Verrückte. Dann habe ich mir meinen<br />

Garten angeschaut, der aussah wie ein Dschungel, und<br />

fi ng an, darin rumzuwühlen. Für diese Dinge war ich<br />

sehr dankbar. Ich musste erst entdecken, dass auch sie<br />

Teil meines Lebens sind.<br />

INTERVIEW: Sie waren systemmüde, aber das System der<br />

Modewelt hat sich in dieser Zeit doch nicht geändert?<br />

BRANQUINHO: Das stimmt, aber ich bin nicht mehr für alle<br />

Teile des Systems verantwortlich.<br />

INTERVIEW: Trotz eines italienischen Partners arbeiten Sie<br />

weiterhin von Antwerpen aus. Warum?<br />

BRANQUINHO: Genau genommen lebe ich nicht mehr in<br />

Antwerpen, sondern 20 Minuten von hier entfernt.<br />

INTERVIEW: Ist das ein großer Unterschied?<br />

BRANQUINHO: Hey, und ob! Ich musste aus Antwerpen<br />

raus, ich brauchte Isolation. Antwerpen ist toll, aber es hat<br />

mich 24 Stunden am Tag in Beschlag genommen. Ich<br />

habe hier gearbeitet, habe hier gelebt, meine Freunde<br />

waren auch alle hier. In meinem Dorf, wo ich wohne,<br />

kann ich mich besser konzentrieren.<br />

INTERVIEW: Weggehen aus Belgien war nie eine Option?<br />

In eine der großen Modemetropolen?<br />

BRANQUINHO: Nein. Ich mag Belgien, ich mag die Leute,<br />

die Mentalität und das Essen: Es ist das gute Leben.<br />

Und klar, ich komme von dieser berühmten Akademie,<br />

gehöre also zur Antwerpener Schule. Aber wenn man<br />

sich alle erfolgreichen belgischen Designer anschaut, dann<br />

sind sie doch auch sehr unterschiedlich.<br />

INTERVIEW: Welche spannenden Designer kommen heute<br />

aus Antwerpen?<br />

BRANQUINHO: Die wirtschaftlich schwierigen Zeiten<br />

machen es für die jungen Designer nicht einfach. Und es<br />

gibt eine andere Mentalität. Jemand, der kreativ ist und<br />

den Drang verspürt, sich auszudrücken, wird einen Weg<br />

finden, um das zu tun. Aber ich habe feststellen müssen,<br />

dass viele junge Leute lieber direkt zu den großen Marken<br />

und Konzernen gehen. Sie interessieren sich vor allem für<br />

ihre Karriere, und das ist neu.<br />

INTERVIEW: Aber auch viele kleinere Labels richten sich<br />

inzwischen nach den großen Konzernen und bringen<br />

gefühlt alle sechs Wochen neue Sub-Kollektionen auf<br />

den Markt.<br />

BRANQUINHO: Das ist eine Entwicklung, der man sich<br />

schwer entziehen kann. Ich stelle auch <strong>gerade</strong> eine<br />

Pre-Kollektion fertig. Das mache ich zum ersten Mal,<br />

vorher gab es für mich nur den Sommer und den Winter.<br />

INTERVIEW: Wie unterscheidet sich die Pre-Kollektion<br />

von der eigentlichen Kollektion?<br />

BRANQUINHO: Auch für mich ist das eine neue Übung. Es<br />

bedeutet, dass ich schon im Juni anfange zu verkaufen. Das<br />

ist besser, weil Kunden die Sachen schon früher im Laden<br />

haben. Es kommt nicht alles auf einmal, sondern häppchenweise.<br />

Was ich aber seltsam finde: Die Kunden geben<br />

teilweise viel Geld für eine Pre-Kollektion aus, aber nur die<br />

Hauptkollektion bekommt die Aufmerksamkeit der Presse.<br />

INTERVIEW: Hat die Pre-Kollektion denn keine Referenz<br />

zur Hauptkollektion?<br />

BRANQUINHO: Nein, gar nicht. Es sind zwei ganz<br />

unterschiedliche Kollektionen, die für sich stehen, aber<br />

vom Umfang her völlig gleich sind. Es wird einfach alles<br />

immer schneller. Das gehört dazu.<br />

INTERVIEW: Da müssen am Ende das Gärtnern und Reisen<br />

wieder hintenanstehen …<br />

BRANQUINHO: Ich gebe mein Bestes. Immerhin verreise<br />

ich demnächst nach Surinam in Südamerika. Ein Freund<br />

von mir ist Biologe, er erforscht dort die Salzwasserschildkröten,<br />

wenn sie am Strand ihre Eier legen.<br />

INTERVIEW: Schildkröten anzuschauen stelle ich mir<br />

sehr entschleunigend vor.<br />

BRANQUINHO: Ja, und dieser Art von Entschleunigung<br />

zuzuschauen eröffnet ganz neue Perspektiven.<br />

Dinge verbinden, die<br />

offiziell nicht zusammengehen:<br />

Veronique<br />

Branquinho, Herbst/<br />

Winter 2013/2014<br />

Entschleunigt:<br />

Schildkröte in<br />

Surinam,<br />

Südamerika<br />

.<br />

FOTOS: Courtesy of Veronique Branquinho (3); Mark Conlin/Getty Images


ATHENS BEIJING BERLIN DUBAI DÜSSELDORF HONG KONG LONDON NEW YORK SEOUL SHANGHAI ZÜRICH MCMWORLDWIDE.COM<br />

.


.<br />

Bag Lady<br />

WER BEHAUPTET, GELD MACHE NICHT GLÜCK-<br />

LICH, GEHT WOHL IN DIE FALSCHEN LÄDEN<br />

Fot Jonas Lindström<br />

Styling Caroline Lemblé<br />

Links: Baumwollparka,<br />

ca. 712 €, und Wollrock,<br />

ca. 270 € ERIKA<br />

CAVALLINI Top mit<br />

Ziersteppungen, ca. 279 €<br />

ODEEH Tasche mit<br />

Klappverschluss, ca.<br />

1 250 € MIU MIU Kette<br />

mit Münzanhänger,<br />

ca. 2 500 €, und Gliederarmband,<br />

ca. 3 800 €<br />

BOTTEGA VENETA<br />

Rechts: Jacke aus<br />

Kalbsleder, ca. 2 200 €<br />

BELSTAFF Baumwollrock,<br />

ca. 465 € MARNI<br />

WINTER EDITION<br />

Leder-Clutch, ca. 377 €<br />

MARNI Seidenbluse,<br />

ca. 349 € MSGM Kette<br />

mit Zierstein, ca. 427 €<br />

ETRO Sonnenbrille,<br />

ca. 299 € MYKITA High<br />

Heels mit Profilsohle,<br />

ca. 690 € MIU MIU<br />

Socken, ca. 28 € FALKE<br />

New lk: Röcke<br />

90<br />

HAARE & MAKE-UP<br />

Andréas B. / basics-berlin<br />

mit Produkten von M.A.C.<br />

MODEL Lonnie /<br />

Core Management<br />

FOTO-ASSISTENZ Neven<br />

Allgeier, David zu Höne<br />

S TYLING-A SSIS-<br />

TENZ Katharina Eder<br />

PRODUKTION Frank<br />

Seidlitz, Dorothea Fiedler


.<br />

Oben: Pullover, ca. 70 € MARC O’POLO Rock mit<br />

abgenähten Volants, ca. 950 € BOTTEGA VENETA Wildledertasche<br />

mit Lammfellfütterung (am Arm), ca. 449 €<br />

UGG AUSTRALIA Tasche (in der Hand) aus Kalbsleder mit<br />

Verschluss aus Eidechsenleder, ca. 1 700 € TOD’S<br />

91<br />

Oben: Jacke & Rock aus Kalbsleder, ca. 2 400 € und ca. 1 800 €<br />

TOD’S Mohairpullover, ca. 199 € TIGER OF SWEDEN Stiefel,<br />

ca. 429 €, und Ledertasche, ca. 349 € TOMMY<br />

HILFIGER COLLECTION Kleine Umhängetasche aus Lammleder<br />

mit Metallemblem, ca. 3 200 € CHANEL


.<br />

Oben: Mantel aus Kalbsleder mit Pelz am Ärmel, ca. 8 500 €,<br />

Strickjacke aus Shetlandwolle, ca. 480 €, und Faltenrock mit<br />

Vichymuster, ca. 1 200 € PRADA Tasche aus Jungstierleder,<br />

ca. 3 600 € LOUIS VUITTON<br />

New look: Röcke<br />

92<br />

Röcke sind die neuen<br />

Hosen, Stiefel enden<br />

jetzt auf halber Höhe.<br />

Und eine Tasche<br />

kommt selten allein<br />

Oben: Top mit Druck,<br />

ca. 247 €, und Pelzstola,<br />

ca. 1 022 € MARNI<br />

WINTER EDITION<br />

Wildlederrock, ca. 1 950 €<br />

JITROIS Handschuhe<br />

aus Lammleder, ca.<br />

1 000 € DIOR Große<br />

Leder tasche, ca. 1 195 €,<br />

und kleine Tasche aus<br />

Krokodilleder, ca. 6 975 €<br />

BALENCIAGA Stiefel aus<br />

Schlangenleder,<br />

ca. 1 890 € GIVENCHY<br />

BY RICCARDO TISCI<br />

Oben: Wollpullover mit Zierstickereien, ca. 265 €<br />

ERIKA CAVALLINI Lederrock, ca. 2 200 € BLUMARINE<br />

Armreif aus Roségold, ca. 6 350 € HERMÈS<br />

Tasche aus Kalbsleder, ca. 975 € PORSCHE DESIGN<br />

Sonnenbrille, ca. 319 € MYKITA


.<br />

Wer war Elsa<br />

Schiaparelli?<br />

SIE MACHTE HOSEN SALONFÄHIG UND<br />

NANNTE IHR PARFÜM „SHOCKING“.<br />

DALÍ UND COCTEAU ERKLÄRTEN<br />

IHRE MODE ZUM KULTURELLEN<br />

EREIGNIS. IN PARIS GAB ES JETZT<br />

EIN UNGEWÖHNLICHES COMEBACK<br />

Fot Olaf Wipperfürth<br />

Schiaparelli<br />

konnte Hosen und<br />

Reißverschlüsse<br />

glamourös<br />

ausschauen lassen<br />

– damit hat sie<br />

Modegeschichte<br />

geschrieben!<br />

It´s fashi!<br />

94<br />

„Das Comeback eines<br />

Modehauses ist immer<br />

eine heikle Sache. Wenn<br />

es sogar mehr als ein<br />

halbes Jahrhundert nicht<br />

existiert hat, muss man<br />

es auch ein wenig neu<br />

erfinden. Ich fühle mich<br />

seit Kindesbeinen mit<br />

dem Geist Schiaparellis<br />

verbunden – ihn jetzt<br />

wiederzubeleben, das hat<br />

mich natürlich gereizt”<br />

CHRISTIAN LACROIX<br />

"Frauen<br />

stylen sich r<br />

allem, um<br />

andere Frauen<br />

zu kränken"<br />

ELSA SCHIAPARELLI<br />

MODELS Blake Myers / Next Management, Ana Maria Cajner /<br />

Women Model Management PRODUKTION Klaus Stockhausen<br />

FOTOS: (rechte Seite) Original sketch of the collection „Hommage à Elsa” by M. Christian Lacroix; UPPA/Photoshot


.<br />

„Mit Schiaparelli kreiert<br />

man die schönste Kunst:<br />

Sie schmückt Frauen<br />

statt Museen”<br />

SALVADOR DALÍ<br />

„Eine Frau sollte wenig<br />

kaufen und nur das Beste<br />

und das Billigste. Und<br />

sie sollte immer ihre<br />

Rechnungen zahlen!”<br />

IN SCHIAPARELLIS BOUTIQUE KAUFTE „TOUT PARIS”<br />

95<br />

Ihre Entwürfe lebten<br />

von der Provokation,<br />

ihre Designs zu tragen<br />

erforderte Selbstbewusstsein,<br />

Klasse,<br />

den unbedingten Willen,<br />

unvergesslich zu sein.<br />

Auch deswegen setzte<br />

sie als Erste auf<br />

Accessoires – was<br />

wiederum ihrem Landsmann<br />

DIEGO DELLA<br />

VALLE gefiel, der das<br />

Label kaufte und jetzt<br />

wiederbelebt


.<br />

„Juni war der Party-Monat in Paris, jede Nacht<br />

ein anderer Ball – und Schiap war so großzügig,<br />

mir immer Kleider zu leihen. Das half ihr<br />

natürlich auch, populär zu werden – sehr smart!“<br />

ROSAMOND BERNIER, LEGENDÄRE MODEREDAKTEURIN<br />

It´s fashi!<br />

96<br />

"Wäre ich nicht<br />

rein zufällig<br />

Designerin<br />

gerden, ich<br />

hätte nicht<br />

gewusst, was<br />

tun"<br />

ELSA SCHIAPARELLI<br />

Die Geschäftsbeziehung von Diego Della<br />

Valle (l.) und Christian Lacroix hat<br />

eine lange Geschichte – sie kennen sich,<br />

seit der Designer für Byblos arbeitete.<br />

Della Valle stellte auch die Schuhe<br />

für die erste Runway-Show von Lacroix<br />

“MAN MACHT SICH KEINEN<br />

BEGRIFF DAVON, WIE WICHTIG<br />

SIE FÜR UNS ALLE WAR. AUCH DIE<br />

ERSTEN MISSONI-KOLLEKTIONEN<br />

WAREN VON IHR BEEINFLUSST“<br />

Ein neues Buch nähert sich dem<br />

Phänomen Schiaparelli auf zutiefst<br />

persönliche Weise: Die amerikanische<br />

Autorin analysiert das Denken und<br />

Fühlen der eigenen Mutter und das<br />

Elsa Schiaparellis – und stößt dabei<br />

auf erstaunliche Parallelen!<br />

ROSITA MISSONI<br />

„Paris in den 30er-Jahren, mit<br />

seinen reichen Amerikanern, den<br />

jüdischen, russischen, spanischen<br />

Exilanten – das war pure Mode-<br />

Alchemie” CHRISTIAN LACROIX<br />

FOTOS: UPPA/Photoshot; Dominique Maitre; John Phillips/Getty Images; Cover und Bild aus dem Buch „SHOCKED: My Mother, Schiaparelli, and Me”/Patricia Volk/Alfred A. Knopf/Image editing by John Muggenborg


.<br />

Vorteils-<br />

Abnement<br />

Nur 30 €<br />

für 10 Ausgaben<br />

25 % GESPART!<br />

Ihr Geschenk!<br />

(gilt nur für INTERVIEW im XXL-Format)<br />

*10 Ausgaben <strong>Interview</strong> Twin für 18 €, <strong>Interview</strong> XXL für 30 € mit Geschenk<br />

David Bowie<br />

Der offi zielle Ausstellungskatalog zur David-Bowie-Retrospektive im Londoner<br />

Victoria and Albert Museum ist ein Muss für alle Fans. Das Buch ist im<br />

Knesebeck Verlag erschienen und Ihr Geschenk zum Vorteilsabonnement.*<br />

Telefonisch bestellen: 040/41 448480<br />

Online: abo@interview.de<br />

& www.interview.de/abo<br />

David Bowie<br />

ISBN 978-3-86873-640-3<br />

49,95 €


.<br />

Stories<br />

FOTO SEBASTIAN<br />

FAENA STYLING<br />

JULIA VON BOEHM<br />

Dree Hemingway:<br />

Kleid MARC JACOBS<br />

Kette TIFFANY & CO.<br />

Ohrringe EDDIE BORGO<br />

99<br />

The Importance Of<br />

Being Ernest<br />

DIESE HEMINGWAYS S. 100 Mariel hat eine Dokumentation über ihre Familie<br />

gedreht, Dree modelt für uns als Hommage an ihre Tante Margaux.<br />

SHOCKING S. 130 S. 142<br />

heißt der Herbstlook für Fortgeschrittene. CARLA JURI<br />

wandelt inmitten von Feuchtgebieten. CHARLOTTE GAINSBOURG S. 162 und<br />

ROBERT PATTINSON S. 120 steigen lieber in den Pool – wie auch viele Freunde des<br />

Fotografen BRAD ELTERMAN S. 184. S. 152,<br />

Mode im STREETSTYLE<br />

ein Gespräch zwischen NAOMI CAMPBELL und MARC JACOBS S. 172 sowie<br />

ein <strong>Interview</strong> mit ELIE SAAB S. 192, dem Couturier der Stars.


.<br />

Mariel Hemingway<br />

100<br />

Diese<br />

Hemingways<br />

MARIEL SPIELTE ALS TEENAGER DIE GELIEBTE<br />

WOODY ALLENS. MARGAUX WAR DAS COOLSTE<br />

FOTOMODELL IHRER GENERATION. JETZT STARTET<br />

DREE DURCH, UND GLEICHZEITIG DREHT IHRE<br />

MUTTER EINE DOKUMENTATION ÜBER DEN CLAN:<br />

FLUCH UND SEGEN EINES GROSSEN NAMENS<br />

Von Sloane Crosley<br />

Foto Mario Sorrenti<br />

Styling Anastasia Barbieri<br />

Mutter und Tochter:<br />

Mariel (r.) und<br />

Dree Hemingway<br />

Doing it the Heming<br />

Way: Margaux (l.) und<br />

Mariel im Studio 54<br />

FOTOS: (linke Seite) Michael Norcia/Sygma/Corbis; Stephen Lovekin/Getty Images


.<br />

Kleid MARC JACOBS<br />

PHOTOGRAPHY Mario<br />

Sorrenti / Art Partner HAIR<br />

Mara Roszak / Starworks<br />

Artists using Moroccanoil<br />

MAKE-UP Mélanie Inglessis<br />

/ The Magnet Agency using<br />

Giorgio Armani & Chanel<br />

MANICURE Ashlie Johnson for<br />

Chanel / The Wall Group PRO-<br />

DUCTION Joy Asbury Productions<br />

RETOUCHING Arc Lab<br />

Ltd. LIGHTING TECHNICIAN<br />

Lars Beaulieu DIGITAL TECH-<br />

NICIAN Xanny Handfield<br />

PHOTOGRAPHY ASSIS-<br />

TANTS Johnny Vicari,<br />

Bartosz Jankowski STYLING<br />

ASSISTANT Azza Yousif SPE-<br />

CIAL THANKS Milk Studios


Mariel Hemingway<br />

102<br />

SLOANE CROSLEY: Hi, vielen Dank, dass du dir Zeit für<br />

mich nimmst.<br />

MARIEL HEMINGWAY: Gerne! Wie geht es dir?<br />

CROSLEY: Eigentlich gut. Also abgesehen davon, dass<br />

ich mir <strong>gerade</strong> Running From Crazy, eure Dokumentation<br />

über Depressionen, angesehen habe – alleine, in einem<br />

riesigen Haus in einem dunklen Wald in Upstate New York.<br />

HEMINGWAY: Oh Gott! (lacht)<br />

CROSLEY: Nein, es hat mich zutiefst berührt. Vor allem zwei<br />

Momente haben mich erschüttert: die Szene, in der du<br />

mit deiner Tochter Langley auf dem Weg zu diesem Selbstmord-Präventionsmarsch<br />

bist, bei dem du eine Rede<br />

halten sollst – und dann die Szene, in der du über deine<br />

"Man trägt eine<br />

große Verantwortung,<br />

schließlich will man<br />

den Namen nicht in<br />

den Schmutz ziehen"<br />

Schwester Margaux sprichst. Aber dazu kommen wir<br />

später noch. Wann hattest du eigentlich die Idee, diese<br />

Dokumentation zu machen, und wie lange hast du<br />

daran gearbeitet?<br />

HEMINGWAY: Eigentlich war das die Idee einer Freundin.<br />

Sie meinte: „Du musst die Geschichte eurer Familie<br />

erzählen!“ Daraufhin sagte ich: „Hast du den Verstand<br />

verloren? Die sind alle verrückt!“ Aber genau darum<br />

ging es ihr ja.<br />

CROSLEY: Ich kann schon verstehen, wenn man sich privat<br />

lieber bedeckt halten will. Immerhin ist die Öffentlichkeit<br />

seit Jahren hinter den Hemingways her.<br />

HEMINGWAY: Ganz genau. Ich hatte Angst, dass es eine<br />

furchtbare Realityshow werden könnte. Doch dann hieß<br />

es auf einmal, Barbara Kopple wolle Regie führen –<br />

und das hat für mich alles in ein neues Licht gerückt. Sie<br />

ist eine Künstlerin, eine echte Regisseurin. Also trafen<br />

wir uns, und ich verliebte mich sofort in sie. Barbara<br />

wusste schon beim ersten Treffen viel mehr über meine<br />

Familie als ich … Also entschieden wir, diese Reise<br />

gemeinsam anzutreten. Letztendlich haben wir zwei Jahre<br />

daran gearbeitet.<br />

CROSLEY: Zwei Jahre?<br />

HEMINGWAY: Also, nicht am Stück. Wir trafen uns mehrfach<br />

zu sehr langen Gesprächen, was sich für mich wie die<br />

ultimative Therapie anfühlte. Zumal ich mir am Anfang<br />

geschworen hatte, nichts als die Wahrheit zu erzählen.<br />

Anders wäre es nicht gegangen. Man kann ja nicht nur teilweise<br />

bei der Wahrheit bleiben.<br />

CROSLEY: Genauso wie man auch nicht nur teilweise<br />

schwanger sein kann.<br />

HEMINGWAY: Ganz genau.<br />

CROSLEY: Der zweite Moment, bei dem ich schlucken<br />

musste, war, als du meintest, deine Schwester Margaux sei<br />

dumm gewesen. Man sieht dir an, wie schwer es dir fällt,<br />

das auszusprechen.<br />

HEMINGWAY: Ja, das war sehr hart.<br />

CROSLEY: Am Anfang des Films vergleichst du deine<br />

Familie mit den Kennedys, der anderen großen tragischen<br />

.<br />

Familie Amerikas. Du sprichst von sieben Selbstmorden in<br />

den Reihen der Hemingways. Ich weiß, wie makaber es<br />

klingt, dich zu bitten, diese hier aufzuzählen, aber würdest<br />

du es trotzdem tun?<br />

HEMINGWAY: Also, da wären der Vater meines Großvaters<br />

Ernest Hemingway, der Vater meiner Großmutter Hadley,<br />

mein Großvater Ernest, mein Großonkel, mein Onkel,<br />

mein Cousin und meine Schwester Margaux. Wahrscheinlich<br />

gibt es sogar noch mehr …<br />

CROSLEY: Es gibt ja in den meisten Familien jemanden,<br />

der als ein wenig verrückt gilt. Bei uns ist das auch<br />

so. Dennoch habe ich nie darüber nachgedacht, dass diese<br />

Verrücktheit an mich weitervererbt werden könnte.<br />

Bei dir liegen die Dinge ganz anders. Kannst du dich an<br />

den Moment erinnern, in dem sich deine Wahrnehmung<br />

von „Die bringen sich alle um“ zu „Vielleicht liegt<br />

Selbstmord ja in unseren Genen“ gewandelt hat?<br />

HEMINGWAY: Das war immer Teil meines Lebens.<br />

Deswegen habe ich den Titel Running From Crazy<br />

gewählt. Ich bin nie nicht gerannt. Als meine Schwester<br />

starb, fürchtete ich, die Fackel sei nun an mich weitergegeben<br />

worden, nun wäre ich an der Reihe, verrückt zu<br />

werden.<br />

CROSLEY: Wirklich? Als suche die Krankheit immer einen<br />

neuen Wirt?<br />

HEMINGWAY: Ja, so ungefähr. Es dauerte sehr lange, bis<br />

ich mich von dem Gedanken lösen konnte. Deshalb habe<br />

ich begonnen, mein ganzes Leben auf Balance und einen<br />

gesunden Lebensstil auszurichten und all die Gesundheits -<br />

bücher zu schreiben. Ich wollte um jeden Preis die Kontrolle<br />

behalten. Über meinen Körper, meine Gesundheit,<br />

mein Essen. Anfangs ging es nur darum, zu überleben.<br />

CROSLEY: Ich weiß, dass das ein gewagter Gedankensprung<br />

ist, aber letztendlich hat Angelina Jolie die Brustoperation<br />

aus genau diesem Grund vornehmen lassen:<br />

weil sie wusste, dass das der einzige Ausweg sein wird, in ein<br />

paar Jahren nicht an Brustkrebs zu erkranken.<br />

HEMINGWAY: Ich glaube, und das sage ich zu Beginn des<br />

Films auch, dass es für jeden einen Ausweg gibt. Das ist<br />

meine Wahrheit. Regel Nummer eins: Sprich darüber.<br />

Regel Nummer zwei: Sprich ehrlich und aufrichtig über<br />

deine Probleme und Ängste, darüber, was in deinem<br />

Leben passiert, wie du dich fühlst und warum du denkst,<br />

was du denkst. Ich glaube tatsächlich, dass es eine<br />

genetische Veranlagung für mentale Krankheiten gibt,<br />

für Depression, für Selbstmord. Aber ich denke auch,<br />

dass die Art, wie man sein Leben lebt, einen großen Einfluss<br />

darauf hat und dass man Dinge ändern kann.<br />

Wenn du süchtig bist, trinkst und deinem Körper Sedativa<br />

zuführst, wird das ernsthafte Folgen haben.<br />

CROSLEY: Als würde man Benzin auf ein Feuer kippen.<br />

HEMINGWAY: Ja. Und genau das ist bei meiner Schwester<br />

Margaux passiert. Ich hätte nie gedacht, dass sie es<br />

sein würde, die sich das Leben nimmt. Seit wir das alte<br />

Filmmaterial entdeckt haben, sieht die Sache anders<br />

aus. Barbara rief eines Tages an und erzählte, sie habe 43<br />

Stunden ungeschnittenes und uns allen absolut unbekanntes<br />

Filmmaterial von Margaux gefunden, Material,<br />

das sie ab 1983 gesammelt hatte, weil auch sie angeblich<br />

eine Dokumentation über unseren Großvater drehen<br />

wollte … Natürlich wusste ich, dass sie Schmerzen und<br />

Ängste hatte, sich alleingelassen fühlte. Jeder in der<br />

Familie denkt, er würde nicht genug respektiert für das,


was er ist. Aber ich hatte keine Ahnung, wie schlecht<br />

es Margaux tatsächlich ging, wie ohnmächtig sie alle die<br />

Gefühle machten.<br />

CROSLEY: Manchmal erzählt der Film absolut schockierende<br />

Dinge <strong>gerade</strong>zu beiläufig. Etwa, dass Margaux dir einmal<br />

alle Wimpern mit einer Schere abschnitt …<br />

HEMINGWAY: Ach, weißt du …<br />

CROSLEY: Es fällt dir sehr schwer, über sie zu sprechen.<br />

HEMINGWAY: Es ist hart.<br />

CROSLEY: Du kämpfst sehr gegen die Stigmatisierung, die<br />

mit einem Freitod einhergeht. Aber die Stigmatisierung<br />

ist nur eine Dimension – eine andere ist die romantische<br />

Verklärung. Die Menschen sind fasziniert von der Dunkelheit,<br />

sie finden die Disposition der Hemingways <strong>gerade</strong>zu<br />

glamourös.<br />

HEMINGWAY: Es gab immer diese merkwürdige Faszination.<br />

Deswegen hatte ich auch das Gefühl, in einem Aquarium<br />

aufzuwachsen, in das alle von außen reinschauen. Vielleicht<br />

war ich deshalb so still, schüchtern und reserviert in<br />

früheren <strong>Interview</strong>s – weil ich möglicherweise hoffte, wenn<br />

ich mich ganz still und ruhig verhalte …<br />

CROSLEY: … würde die Schlange dich nicht beißen?<br />

HEMINGWAY: Ja! Zumal ich große Angst hatte, vorschnell<br />

abgeurteilt zu werden. Es ging, wieder einmal, nur<br />

darum, die Kontrolle über mein Leben zu behalten. Um<br />

die Frage, wie ich da jetzt wieder durchkomme – und<br />

trotzdem okay zu sein. Irgendwann kriegt man die Kurve.<br />

Und versteht, dass weder das Leben noch die Umstände<br />

noch die Genetik ein Gefängnis sein müssen. Jeder kann<br />

seine Geschichte selber wählen. Und der erste Schritt ist<br />

es, diese überhaupt zu erzählen.<br />

CROSLEY: Im Film sprichst du von dem selbst verordneten<br />

Gesundheitsdiktat und deiner Rolle als Märtyrer<br />

innerhalb der Familie. Sehen die anderen Mitglieder der<br />

Familie das auch so? Erkennen sie an, dass du die<br />

Kontrolle behältst?<br />

HEMINGWAY: Oh, definitiv. Schon als Kind war ich immer<br />

die, der es okay ging, die keine Hilfe oder Zuwendung<br />

braucht, da es ihr ja okay geht. Als ich dann mit 16 nach<br />

New York ging, hätte ich mir jedoch nichts mehr gewünscht,<br />

als dass jemand sagt: „Zieh nicht nach New York.<br />

Wir helfen dir! Wir lieben dich! Wir wollen, dass du<br />

bleibst.“<br />

CROSLEY: Du wolltest Eltern.<br />

HEMINGWAY: Ja. Jemanden, der eine Ansage macht. Aber<br />

die kam nicht. Und so zog ich los. Schließlich hatte ich<br />

das ja auch angekündigt.<br />

CROSLEY: Du hast zwei junge, wunderschöne und sehr unabhängige<br />

Töchter. Als ich euch drei zusammen im Film<br />

sah, fragte ich mich, ob du manchmal spürst, dass du zu beschützend<br />

sein willst? Wahrscheinlich bist du ständig in<br />

Depressionsrufbereitschaft …<br />

HEMINGWAY: Nicht mehr. Früher war Langley immer<br />

das stille Mädchen, das Stunde um Stunde einfach nur in<br />

seinem Zimmer saß. Da habe ich mir schon meine<br />

Gedanken gemacht.<br />

CROSLEY: Die Bilder, die sie malt, sind umwerfend.<br />

HEMINGWAY: Und sie hat sich seit den Filmaufnahmen<br />

noch sehr gesteigert! Trotzdem: Bei ihr war ich besonders<br />

alarmiert. Dree war die Verrückte, die immer mit einem<br />

doppelten „Fuck you!“ durchs Leben ging. Sie war es, die<br />

sagte: „Ich bin eh irre, fickt euch alle! Ich werde nur<br />

das machen, auf was ich Bock habe, und das essen, was ich<br />

will. Meine Mutter ist verrückt! Sie behauptet, Reiswaffeln<br />

wären Kekse, ich hasse sie.“<br />

CROSLEY: Hast du Dree wirklich erzählt, Reiswaffeln<br />

wären Kekse?<br />

HEMINGWAY: Ja (lacht).<br />

CROSLEY: Na ja, sie hätte auch selbst rausfinden können,<br />

dass da was nicht stimmt.<br />

HEMINGWAY: Exakt! Aber das Gute ist: Auch bei ihr<br />

schließt sich jetzt der Kreis. Sie ist 25, und unsere<br />

Beziehung wird immer enger. Der Weg dahin war kein<br />

leichter – zumal Dree immer Margaux in Schutz<br />

genommen und verteidigt hat. Das war hart für mich,<br />

zumal sie Margaux gar nicht kannte.<br />

CROSLEY: Dree nennt Margaux ihr Vorbild. Vielleicht<br />

spürt auch sie den Geist des Urgroßvaters, wenn sie sagt,<br />

sie wolle lieber Schriftstellerin anstatt Model sein.<br />

HEMINGWAY: Dree kannte, ebenso wie die Öffentlichkeit,<br />

nur das Model Margaux. Jedoch nicht ihr Leid, ihre<br />

Art zu denken, ihren Schmerz und die Art und Weise, wie<br />

ich zu Margaux stand und für sie fühlte. Gleichzeitig<br />

verstehe ich sie auch. Dree ist ein Model – Margaux war<br />

ein berühmtes Model in den Siebzigern. Diese Verbindung<br />

verstehe ich. Dennoch schmerzte es sehr zu hören,<br />

dass sie sich Margaux als Vorbild ausgesucht hatte. Sie<br />

hätte doch auch mich nehmen können.<br />

CROSLEY: Warst du eigentlich jemals auf Kuba, in der Stadt,<br />

deren Namen du trägst?<br />

HEMINGWAY: Ja, vier- oder fünfmal. Es ist wirklich<br />

wunderschön dort. Eine verarmte Gegend, in der viel<br />

falsch läuft. Aber eben auch vieles sehr richtig.<br />

CROSLEY: Wissen die Leute dort eigentlich, wer du bist?<br />

HEMINGWAY: Ja, das tun sie. Vielleicht sollte ich nach<br />

Kuba ziehen und als Celebrity leben (lacht).<br />

CROSLEY: Ach, der Name funktioniert doch auch in Amerika.<br />

HEMINGWAY: Na ja, in Amerika kommt es sehr darauf an,<br />

wo man ist. An der Westküste heißt es doch gerne: „Sie<br />

sieht so bekannt aus … Ist sie vielleicht diese Malerin?“<br />

CROSLEY: Oder: „Hemingway, Hemingway … das sind<br />

doch die aus dem Film auf HBO.“<br />

"Die Leute glauben<br />

tatsächlich,<br />

Ernests Kunst wäre<br />

entstanden, während<br />

er besoffen war"<br />

HEMINGWAY: Und: „Ich kenne ihre Tochter, die ist doch<br />

dieses tolle Model.“<br />

CROSLEY: Als du ein Kind warst, wusste ganz Amerika,<br />

wer dein Großvater ist. Wurdest du als junge Schauspielerin<br />

nicht ständig als Ernest Hemingways Enkelin<br />

definiert?<br />

HEMINGWAY: Ja, klar. Damals lag das noch enger<br />

zusammen.<br />

CROSLEY: Enger in welchem Sinne? Näher am Zeitpunkt<br />

seines Todes?<br />

HEMINGWAY: Genau. Sein Wirken war damals den<br />

Menschen auch noch viel präsenter. Das hat es für mich<br />

zeitweise sehr schwer gemacht, einfach, weil der<br />

Name eine solche Bürde, eine solche Last darstellte.<br />

.<br />

103


.<br />

01<br />

02<br />

05<br />

03<br />

Mariel Hemingway<br />

104<br />

06<br />

DOIN’ IT THE HEMING WAY: 1 Mariel und Patrice<br />

Donnelly im Film „Personal Best“, 1982 2 Mariel<br />

bei der Yves-Saint-Laurent-Fashion-Retrospektive<br />

im Metropolitan Museum of Art in New York, 1983<br />

3 Großvater Ernest in seinen Fünfzigern 4 Auf dem<br />

Cover von INTERVIEW, Mai 1978 5 Mariel, 1978<br />

6 Mariel mit Tochter Langley, 1989 7 Zwei Amerikaner<br />

in Paris: Mariel und Vater John, Mai 1979<br />

07<br />

11<br />

10<br />

12<br />

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09<br />

04<br />

FOTOS: 1. WARNER BROS/Kobal Collection/images.de 2. Ron Galella/Getty Images 3. ddp images/Sipa 4. Stan<br />

Shaffer für INTERVIEW US Mai 1978 5. Ron Galella/Getty Images 6. Robin Platzer/Getty Images 7. Pierre Vau-


they/Corbis 8. SZ Photo 9. Georges De Keerle/Getty Images 10. dpa Picture-Alliance/Copyright © CSU Archives/<br />

Everett 11. Stan Shaffer für INTERVIEW US Mai 1978 12. Ron Galella/Getty Images<br />

Er ist toll, keine Frage, aber man trägt auch eine große<br />

Verantwortung, schließlich will man den Namen nicht in<br />

den Schmutz ziehen, missbrauchen, billig machen.<br />

Deswegen hatten Margaux und ich es oft auch schwer<br />

miteinander. Ich wusste einfach nicht, wie abgefuckt<br />

und auf wie vielen Drogen sie wirklich war. Ich hatte keine<br />

Ahnung, wie schwer das Leben für sie war.<br />

CROSLEY: Wusstest du, dass sie außerdem Legasthenikerin<br />

war?<br />

HEMINGWAY: Das wusste ich. Auch die Sache mit dem<br />

Alkohol. Aber ich hatte keine Ahnung, dass alles ständig<br />

passierte. Wenn wir uns als Familie an Weihnachten<br />

trafen, riss sie sich zusammen und spielte ihre Rolle. Dann<br />

war sie gut drauf. Ich werde nie diese traurigen Augen vergessen,<br />

wenn sie mit unserem Vater an Weihnachten sprach.<br />

CROSLEY: Der Film ist vor allem dann stark, wenn ihr<br />

aufrichtig über Depressionen sprecht. In einer Szene besuchst<br />

du das Grab deines Großvaters, auf dem etliche<br />

kleine Flaschen Jack Daniels liegen, die irgendwelche Fans<br />

dort deponiert haben. Das sagt sehr viel darüber aus,<br />

was für ein Bild die Menschen eigentlich von ihm haben.<br />

HEMINGWAY: Eines, das überhaupt nichts mit dem zu<br />

tun hat, wie er eigentlich war! Die Leute glauben<br />

tatsächlich, seine Kunst wäre entstanden, während er besoffen<br />

war. Aber das war nie der Fall. Er hat nie besoffen<br />

geschrieben, sondern nur am frühen Morgen. Gleichzeitig<br />

verherrlichen sie sein couragiertes Leben als eines, in dem<br />

es nur darum ging, möglichst abgefuckt zu sein. Aber das<br />

war er nicht. In Wirklichkeit war er sehr diszipliniert.<br />

Natürlich trank er zu viel und lebte ein hartes Leben, aber<br />

er war ein ernsthafter Denker und darin sehr diszipliniert.<br />

Abhängig zu sein und ein Leben am Abgrund zu führen<br />

ist nicht cool – auch wenn viele Schreiber diese falsche<br />

Vorstellung von ihm ebenso glorifizieren wie seine Werke.<br />

Und auch noch denken, sie müssten genauso leben.<br />

CROSLEY: Im Film führst du den Zuschauer in das<br />

Zimmer, in dem sich Ernest das Leben nahm. Eine Kameraeinstellung<br />

zeigt eine Lampe. Bei dieser Einstellung<br />

drängte sich mir das Gefühl auf, sie ziele darauf ab, den<br />

vermeintlich letzten Blick von Ernest Hemingway einzufangen.<br />

HEMINGWAY: Das habe ich aber nicht gemacht, um in seine<br />

letzten Eindrücke und Gedanken einzutauchen. Sondern<br />

einfach, um zu zeigen, warum ich mich in diesem Haus seit<br />

meiner Kindheit stets unwohl gefühlt habe. Ich wollte<br />

zeigen, dass nichts Besonderes verborgen liegt in diesem<br />

Raum, dass es nichts Schönes hat, sich umzubringen.<br />

Nicht einmal die Aussicht war schön. Sie war besonders<br />

schlecht. Und er war am Ende seines Lebens. Er konnte<br />

nicht mehr schreiben – und das hat ihn zerstört. Deswegen<br />

wollte er nicht mehr weiter. Er war eben Schriftsteller.<br />

CROSLEY: Ich möchte zum Abschluss noch ein eher<br />

skurriles Detail des Films mit dir besprechen: Du erwähnst<br />

eine Kaffeeschaumdiät, was hat es damit auf sich?<br />

HEMINGWAY: Habe ich das wirklich erwähnt? Oh nein!<br />

CROSLEY: Ich habe es mir extra notiert.<br />

8 Das Model Margaux Hemingway 9 Christopher<br />

Reeve und Mariel während der Dreharbeiten zu<br />

„Superman 4“, 1986 10 Mariel, 14, und Margaux<br />

in New York, 1976 11 Mariel in INTERVIEW,<br />

Mai 1978 12 Mariel Hemingway bei der Richard-<br />

Avedon-Eröffnung im New Yorker Met, 1978<br />

"Eigentlich war es die Idee<br />

einer Freundin. Sie meinte:<br />

,Du musst die Geschichte<br />

eurer Familie erzählen!'<br />

Daraufhin sagte ich: ,Hast du<br />

den Verstand verloren? Die<br />

sind alle verrückt!'"<br />

HEMINGWAY: Ich war eine Zeit lang besessen von allem,<br />

was mit Essen und mit meinem Gewicht zu tun hatte. Ich<br />

wollte um jeden Preis vermeiden, fett zu werden. Der<br />

übliche Kreislauf.<br />

CROSLEY: Weil deine Schwester so stark zugenommen<br />

hatte? Oder weil du Schauspielerin warst? Oder weil alle in<br />

deinem Haus plötzlich Models wurden?<br />

HEMINGWAY: Sicher auch, weil ich Schauspielerin war –<br />

und nicht mit ansehen konnte, wie Margaux fetter und fetter<br />

wurde. Da mich die Leute ohnehin ständig mit ihr<br />

verwechselten, fürchtete ich, die Leute könnten denken, ich<br />

sei fett geworden. Ich war ziemlich durch den Wind.<br />

CROSLEY: Und die Kaffeeschaumdiät …<br />

HEMINGWAY: … geht so: ein Löffel löslicher Kaffee,<br />

eine Tasse heißes Wasser und eine Menge Eiswürfel. All<br />

das kippte ich in einen Mixer – und schon hatte ich<br />

eine fast 40 Zentimeter hohe Kaffeeschaumsäule, die ich<br />

munter weglöffelte, was mehr oder weniger Luft essen<br />

gleichkommt. Das habe ich mehrfach pro Tag gemacht –<br />

ich war also voll auf Koffein, während ich gleichzeitig<br />

hungerte.<br />

CROSLEY: Kannst du dich eigentlich an die letzte Zeile aus<br />

Woody Allens Film Manhattan erinnern?<br />

HEMINGWAY: „You have to have a little faith in people.“<br />

CROSLEY: Du warst deiner Filmfigur ziemlich ähnlich:<br />

eine reservierte, entschlossen <strong>erwachsen</strong> wirkende<br />

17-Jährige …<br />

HEMINGWAY: Ich war noch so ein Kind. Ich wusste nicht<br />

einmal, wer all diese Schauspielerinnen waren. Meryl<br />

Streep kannte damals noch niemand, aber Diane Keaton?<br />

Dabei war Diane so wahnsinnig nett zu mir. Es war<br />

wirklich alles total bizarr. Ich, das kleine Mädchen in New<br />

York. Ich wusste nicht einmal, wer dieser Woody Allen<br />

war. Ich dachte immer nur: „Dieser Woody ist schon sehr<br />

merkwürdig. Aber er ist nett zu mir.“ (lacht) Später<br />

wurde ich zu den Academy Awards eingeladen – und auch<br />

da hatte ich nicht die geringste Ahnung, was für eine<br />

Veranstaltung das überhaupt sein soll.<br />

CROSLEY: Du wusstest nicht, was die Oscars waren?<br />

HEMINGWAY: Ich wohnte in Idaho. Wir hatten drei<br />

Fernsehsender!<br />

.<br />

105


.<br />

Kleid MISSONI<br />

Haarband<br />

JENNIFER BEHR<br />

Kette (durchgehend<br />

getragen)<br />

TIFFANY & CO.<br />

Dree Hemingway<br />

106


.<br />

Ohrringe EDDIE<br />

BORGO Paillettenjacke<br />

BLUMARINE<br />

Shorts NIKE<br />

Die junge Frau und<br />

das Mehr<br />

DREE HEMINGWAY IST FOTOGEN WIE IHRE<br />

TANTE UND BODENSTÄNDIG WIE IHRE MUTTER.<br />

DAS HILFT, WENN MAN SICH FÜR EIN LEBEN<br />

IM SCHEINWERFERLICHT ENTSCHIEDEN HAT<br />

Von Raha Emami Khansari<br />

Fotos Sebastian Faena<br />

Styling Julia von Boehm<br />

107


.<br />

Dree Hemingway<br />

108


Hemd SAINT LAURENT<br />

BY HEDI SLIMANE<br />

Ohrringe EDDIE BORGO<br />

Sneaker NIKE<br />

.


.<br />

Dree Hemingway<br />

110<br />

Hose EMANUEL UNGARO<br />

Gürtel & Schnalle<br />

ROBERT LEE MORRIS


.<br />

111<br />

Besticktes Spitzenkleid<br />

DOLCE & GABBANA


.<br />

Dree Hemingway<br />

112<br />

Hemd EQUIPMENT<br />

Gürtel & Schnalle<br />

KIESELSTEIN-CORD


"Wenn es in den<br />

Häusern anders<br />

roch als bei uns,<br />

dann konnte ich<br />

da einfach nicht<br />

schlafen"<br />

.<br />

Badetuch<br />

MISSONI HOME<br />

DREE HEMINGWAY: Tut mir leid, dass ich gestern nicht zu<br />

unserem Skype-Date aufgetaucht bin, da gab es wohl ein<br />

paar Missverständnisse … Ich musste wirklich laut lachen,<br />

als ich den Songtext gelesen habe, den Sie wartend für<br />

mich gedichtet haben.<br />

INTERVIEW: Ja, ich habe mich ein wenig gelangweilt … Ihr<br />

Name ist ja auch wirklich so merkwürdig, dass er quasi<br />

dazu einlädt, irgendetwas daraus zu machen.<br />

HEMINGWAY: Mein Vater hatte als Kind an seinem Arm<br />

oder an seinem Bein einen Gipsverband, mit dem er<br />

immer an sein Kinderbett haute und schrie: „Dree! Dree!“<br />

Ziemlich bizarr. Und aus irgendeinem Grund hielt er es<br />

für eine super Idee, dass sein Kind so heißen sollte, ist ja<br />

Kindersprache. Und meine Mutter fand’s wohl auch gut.<br />

INTERVIEW: Sie haben vor zwei Tagen getwittert, dass Sie<br />

Ihre Mutter vermissen – was war da los?<br />

HEMINGWAY: Ich habe sie in Kalifornien besucht, und als<br />

ich dann wieder fahren musste, hatte ich plötzlich einen<br />

großen Kloß im Hals – ich habe mich wieder gefühlt wie<br />

ein kleines Kind. So wie beim ersten Mal ins Schulland<br />

heim zu fahren. Ich habe als Kind immer vorher geheult,<br />

dass ich zu Hause bleiben will und nicht mit auf<br />

Klassenfahrt. Das war das erste Mal, dass mir das als Er-<br />

wachsene passiert ist. Ich besuche sie doch ständig! Keine<br />

Ahnung, was diesmal anders war.<br />

INTERVIEW: Mussten Sie auch schon mal vorzeitig aus dem<br />

Landheim abgeholt werden?<br />

HEMINGWAY: Ja, manchmal … Und selbst wenn ich bei<br />

Freundinnen schlafen wollte, kam es schon mal vor, dass<br />

ich zu deren Eltern gegangen bin und gesagt habe, dass<br />

sie mich nach Hause fahren müssen. Ich hatte so einen Fimmel,<br />

was Gerüche angeht: Wenn es in den Häusern<br />

anders roch als bei uns oder ich den Geruch einfach nicht<br />

mochte, dann konnte ich da einfach nicht schlafen!<br />

INTERVIEW: Waren Sie ein anstrengendes Kind?<br />

HEMINGWAY: Ich war niemals wirklich rebellisch. Ich<br />

wollte immer mein Ding machen, aber meine Eltern<br />

vertrauten mir sehr und waren ziemlich offen. Sie meinten:<br />

„Wenn du Alkohol trinkst, wirst du betrunken. Aber<br />

du kannst uns das ruhig erzählen.“ Wenn es nicht verboten<br />

ist, ergibt es irgendwie keinen Sinn, es zu tun.<br />

Schließlich liegt darin der Spaß.<br />

INTERVIEW: Ihre Mutter versuchte, Ihnen Reiswaffeln als<br />

Kekse zu verkaufen. Verabscheuen Sie sie immer noch?<br />

HEMINGWAY: Ich habe sie mit der Zeit lieben gelernt!<br />

Sie hat auch immer versucht, uns morgens Eier unterzujubeln,<br />

weil meine Schwester und ich keine Eier mochten.<br />

Sie wollte aber unbedingt, dass wir morgens unsere<br />

Proteinzufuhr bekamen. Sie machte dann jeden Morgen<br />

Quesadilla und tat Eier rein. Als ich das rausfand, war<br />

ich so wütend auf sie, habe die Quesadilla auseinandergenommen<br />

und geschrien: „Ich hasse Eier!“<br />

INTERVIEW: Meine Mutter hat früher versucht, mir<br />

Karottensaft anzudrehen, indem sie ihn in andere Säfte<br />

mischte – ich hab’s aber immer gemerkt, weil Karottensaft<br />

so penetrant ist!<br />

HEMINGWAY: Es ist so witzig, was Eltern tun, um ihren<br />

Kindern Essen anzudrehen. Meine Mutter wollte mir auch<br />

immer Fisch als Hühnchen verkaufen, indem sie ihn<br />

panierte! Irgendwann fing ich an, alles im Kühlschrank zu<br />

inspizieren, und musste dann von Anfang an dabei sein,<br />

wenn sie kochte – damit ich sah, was sie alles in das Essen<br />

tat. Ich mag Fisch inzwischen, aber Lachs hasse ich<br />

immer noch. Er schmeckt, wie er riecht: eklig.<br />

INTERVIEW: Als Mädchen aus Idaho wissen Sie aber, wie<br />

man Fische fängt, oder?<br />

HEMINGWAY: Nein, nicht wirklich … Letzten Sommer<br />

hat der Vater meines Freundes versucht, es mir<br />

beizubringen, aber ich habe überhaupt nichts gefangen.<br />

Ich glaube, ich habe den Fischen schlechte Vibes gegeben.<br />

Ich glaube, die Fische waren nur so: „Ähm, nö,<br />

deinen Wurm mögen wir nicht.“<br />

113


BH ERES<br />

Ohrringe EDDIE BORGO<br />

Jeans BLK DNM<br />

Sandaletten SCHUTZ<br />

.


Dree Hemingway<br />

116<br />

"Ich habe es kaum<br />

geschafft. Es passiert ja<br />

nichts – außer<br />

dass ein alter Mann<br />

am Meer ist"<br />

INTERVIEW: Warum wollten Sie eigentlich nicht, dass Ihre<br />

Mutter Sie für uns interviewt?<br />

HEMINGWAY: Ich finde es bescheuert, dass sie mich interviewen<br />

soll, weil sie eine berühmte Persönlichkeit ist.<br />

Sie ist schließlich immer noch meine Mutter. Ich würde sie<br />

auch nicht interviewen wollen. Wenn ich was von ihr<br />

wissen will, frage ich sie. Das brauche ich nicht für ein<br />

Magazin aufzuschreiben. Es wäre einfach nicht<br />

authentisch gewesen.<br />

INTERVIEW: Aber für ihren Film Running From Crazy<br />

haben Sie sich von ihr interviewen lassen.<br />

HEMINGWAY: Ja, aber das war anders. Es wurde gefilmt,<br />

und ich habe ihr gesagt, dass ich schonungslos sein<br />

werde. Ich habe mir den Film auch noch nicht angeschaut.<br />

INTERVIEW: Warum nicht?<br />

HEMINGWAY: Ich liebe meine Mutter, aber ich finde es<br />

ziemlich aufdringlich der Familie gegenüber, was sie da tut.<br />

Nur weil wir Hemingway als Nachnamen tragen, heißt<br />

es noch lange nicht, dass man seine dreckige Wäsche vor<br />

der ganzen Welt waschen muss.<br />

INTERVIEW: Hat sie Sie gefragt, bevor sie den Film angefangen<br />

hat?<br />

HEMINGWAY: Ich wusste, dass sie es vorhat, und ich habe<br />

ihr von Anfang an gesagt, dass ich nichts damit zu tun<br />

haben möchte – was damit endete, dass ich mich doch<br />

von ihr für den Film interviewen ließ. Es bedeutete ihr so<br />

viel, und sie hat mich dann überredet. Ich liebe sie und<br />

unterstütze sie gerne in allem, was sie tut, aber ich muss es<br />

mir nicht anschauen. Ich habe so schöne Erinnerungen<br />

an meine Tante und an meine Familie. Ich liebe jeden<br />

Einzelnen für das, was er ist – egal, wie kaputt er ist. Die<br />

Leute sind so wertend, und das ist es, was diese Menschen<br />

verletzt.<br />

INTERVIEW: Fühlen Sie sich bewertet?<br />

HEMINGWAY: Nein. Es kümmert mich jedenfalls nicht.<br />

Man kann nicht von allen geliebt werden. Das, was ich an<br />

meinem Freund liebe, können andere Leute richtig<br />

anstrengend finden. Die Rigatoni, die ich <strong>gerade</strong> für ihn<br />

koche, kommen jetzt in den Topf! Ich mache ein Foto<br />

davon und schicke es Ihnen.<br />

INTERVIEW: Normalerweise finde ich es total bescheuert,<br />

dass Leute Fotos von ihrem Essen machen und<br />

es hochladen.<br />

HEMINGWAY: Wenn Leute sagen: „Ist es nicht das Furchtbarste,<br />

wenn Leute Fotos von ihrem Essen machen?“,<br />

sage ich auch immer nur: „Ja klar, total!“ Und dann schicke<br />

ich heimlich meine Bilder rum.<br />

INTERVIEW: Was haben Sie für Erinnerungen an Ihre<br />

Tante Margaux?<br />

.<br />

HEMINGWAY: Nur dass ich sie über alles geliebt habe. Vergöttert.<br />

Sie hatte diese Fähigkeit, einen Raum zu<br />

betreten und ihn zu erhellen. Ich erinnere mich, wie sie<br />

jedes Mal, wenn sie zu uns kam, meine ganze Aufmerksamkeit<br />

auf sich zog und ich nur dachte: „Das ist die<br />

schönste Frau, die ich je gesehen habe. Und sie ist mit mir<br />

verwandt!“ Ich wusste nicht, dass sie als Model arbeitete.<br />

INTERVIEW: Erinnern Sie sich an ihren Tod?<br />

HEMINGWAY: Ja. Ich konnte nicht wirklich gut damit<br />

umgehen. Ich habe mir eine Zeit lang eingeredet, dass es<br />

nicht passiert ist, weil ich es einfach nicht glauben<br />

wollte. Ich war ja auch noch sehr jung.<br />

INTERVIEW: Hat Ihre Mutter es Ihnen erzählt?<br />

HEMINGWAY: Ja, sie sagte einfach: „Deine Tante ist<br />

gestorben.“ Es ist ja eigentlich nicht klar, was passiert ist.<br />

Sie hatte definitiv eine Überdosis, aber es ist ungeklärt,<br />

ob es Selbstmord war. Sie hat keinen Brief hinterlassen,<br />

und ich glaube irgendwie nicht, dass sie diese Welt mit<br />

Absicht verlassen würde, ohne sich zu verabschieden.<br />

INTERVIEW: Was denkt Ihre Mutter darüber?<br />

HEMINGWAY: Ich weiß es nicht. Es geht ja auch nicht um<br />

uns und was wir darüber denken. Sondern darum, wie<br />

viel diese Menschen ertragen können oder eben nicht mehr.<br />

INTERVIEW: War es nicht seltsam, auf eine Schule zu<br />

gehen, die Ihren Namen trug?<br />

HEMINGWAY: Es war definitiv cool, dass die Schule<br />

denselben Namen hatte wie ich. Aber eine Fünfjährige<br />

interessiert sich nicht so wirklich für einen alten<br />

Mann, der Bücher geschrieben hat. Ich war mehr damit<br />

beschäftigt rauszufinden, wie man Freunde findet und so.<br />

INTERVIEW: Und, hat es funktioniert?<br />

HEMINGWAY: Ich habe eher allein im Garten abgehangen,<br />

vor mich hingesungen und komische Collagen aus<br />

Steinen auf dem Boden gebaut – ziemlich erbärmlich. Ich<br />

hatte nicht das Gefühl, mit den Kindern in meinem<br />

Alter wirklich klarzukommen. Ich bin immer viel rumgereist<br />

als Kind und habe wegen meiner Eltern an<br />

Filmsets abgehangen, mit den Älteren eben. Die hängen<br />

mit dir ab, weil sie dich süß finden, und ich dachte eben,<br />

das seien dann wohl meine Freunde.<br />

INTERVIEW: Wie viele Bücher von Ihrem Urgroßvater<br />

haben Sie nicht zu Ende gelesen?<br />

HEMINGWAY: Der alte Mann und das Meer musste ich in der<br />

Schule lesen und habe es kaum geschafft, ich war so<br />

gelangweilt – es passiert ja nichts, außer dass ein alter Mann<br />

am Meer ist. Ich war ein ziemlich stures Kind und<br />

mochte es nicht, wenn man mir sagte, was ich zu tun hatte.<br />

Ich wurde gezwungen, das Buch zu lesen, und die<br />

Leute starrten mich an und erwarteten, dass ich es gut<br />

finden würde. Also fand ich es scheiße.<br />

INTERVIEW: Wer hat erwartet, dass Sie es gut finden?<br />

HEMINGWAY: Meine Lehrer: Ich meine, das waren Leute,<br />

die Amerikanische Literatur studiert hatten und<br />

Riesenfans von Ernest Hemingway waren. Die waren<br />

natürlich aus dem Häuschen, dass seine Urenkelin in<br />

ihrer Klasse saß – die sich einen Scheiß dafür interessierte.<br />

Ich habe ziemlich lange gewartet, bis ich wieder etwas<br />

von ihm gelesen habe.<br />

INTERVIEW: Ich kann es jedenfalls voll und ganz verstehen,<br />

dass Sie lieber Harry Potter lesen … Was würden Sie<br />

machen, wenn Sie einen Tarnumhang geschenkt bekämen?<br />

HEMINGWAY: Alles! Wahrscheinlich würde ich mich in<br />

den Backstagebereich eines Jay-Z-Konzerts schleichen.


.<br />

117<br />

Hut ELLEN CHRISTINE<br />

Ohrringe EDDIE BORGO<br />

Hemd CHLOÉ<br />

Shorts MARC JACOBS<br />

Gürtel & Schnalle<br />

KIESELSTEIN-CORD


Pelzmantel PRADA<br />

.


MODEL Dree Hemingway / DNA Models<br />

MAKE-UP Frankie Boyd / Tim Howard<br />

Management HAIR Kevin Ryan / Art + Commerce<br />

MANICURE Honey / Exposure NY SET DESIGN<br />

Bryn Bowen / Magnet Agency PRODUCTION<br />

Helena Martel Seward PHOTO ASSISTANTS<br />

Carlos Ruiz, Alex Austin DIGITAL TECHNICIAN<br />

Patrick Klinc FASHION ASSISTANT Clare Joan<br />

Byrne SET DESIGN ASSISTANT Kori Hellebust<br />

PRODUCTION ASSISTANTS Eric Reeves, Ben<br />

Shapiro FASHION INTERNS Anny Choi, Chris Lee<br />

.


.<br />

<strong>Interview</strong> mit<br />

einem Vampir<br />

AUF EINE E-ZIGARETTE MIT „TWILIGHT“-STAR UND<br />

DIOR-HOMME-MODEL ROBERT THOMAS PATTINSON<br />

V Jörg Harlan Rohleder<br />

Fot Nan Goldin<br />

Rert Thas Pattins<br />

120<br />

Er hat den Elefanten Wasser<br />

gegeben, gegen Werwölfe<br />

gekämpft und ist als Vampir<br />

unsterblich geworden. Doch erst als<br />

die Boulevardmeute monatelang<br />

Robert Pattinsons Beziehung<br />

zu Kristen Stewart sezierte, wurde<br />

aus dem Teenieschwarm ein<br />

echter Mann. Es war gewiss keine<br />

einfache Zeit für Robert Pattinson.<br />

Umso angenehmer war dann<br />

unser Treffen mit dem eigentlich<br />

schüchternen<br />

Engländer


.<br />

Rert Thas Pattins<br />

122<br />

ROBERT PATTINSON: Ich hoffe, es stört Sie nicht,<br />

wenn ich rauche.<br />

INTERVIEW: Was rauchen Sie denn?<br />

PATTINSON: Meine E-Zigaretten. Ich versuche<br />

schon lange, komplett aufzuhören, aber dieses<br />

Modell ist ziemlich einmalig: Jede Zigarette<br />

hält ungefähr so lange wie zwei Schachteln<br />

echter Kippen. Und dann, wenn es vorne nicht<br />

mehr glüht, wirft man das Ding einfach<br />

weg. Wie bei einer echten Zigarette. Das gefällt<br />

mir. Wollen Sie eine?<br />

INTERVIEW: Klar!<br />

PATTINSON: Und?<br />

INTERVIEW: Ich mag alles, was raucht.<br />

PATTINSON: Die hier sind auch besonders stark.<br />

Ich fahr ständig zu 7-Eleven und hole mir<br />

Nachschub. Man kann die Dinger sogar im<br />

Flugzeug rauchen. Oh Gott, ich klinge wie<br />

ein Vertreter für E-Zigaretten.<br />

INTERVIEW: Dabei sollen Sie heute doch für<br />

Dior werben. Wie fühlt es sich an, das neue<br />

Gesicht von Dior Homme zu sein?<br />

PATTINSON: Eigentlich wollte ich nie Werbung<br />

machen …<br />

INTERVIEW: … und dann war eines Morgens<br />

Ihr Parfüm alle?<br />

PATTINSON: Ich benutze gar kein Parfüm!<br />

INTERVIEW: Dürfen Sie das sagen?<br />

PATTINSON: Mit 13 oder 14 habe ich ständig<br />

Parfüm benutzt, heute gar nicht mehr.<br />

Wahrscheinlich dachte man damals, es würde<br />

einem eine <strong>erwachsen</strong>ere Note verleihen. Es<br />

war also wichtig, bis die ersten Bartstoppeln<br />

zu sehen waren.<br />

INTERVIEW: Der Regisseur Romain Gavras<br />

verriet vorhin, Sie hätten den BMW beim


.<br />

Rert Thas Pattins<br />

124<br />

" Ich modelte für dieses<br />

Teenieheft ,Bliss'.<br />

Jede Ausgabe konnten die<br />

Girls die Bliss-Boys rausoder<br />

reinwählen. Ich<br />

hielt mich ein Jahr oder so<br />

– was vielleicht auch daran<br />

gelegen haben könnte,<br />

dass ich ständig für mich<br />

selbst angerufen habe"<br />

Catch me if you can:<br />

Robert Pattinson,<br />

New York,<br />

Sommer 2013


Videodreh zu Schrott gefahren.<br />

PATTINSON: Wie bitte?? Wir hatten<br />

abgemacht, dass er das nicht erzählt! Und<br />

ganz kaputt war der Wagen ohnehin nicht.<br />

INTERVIEW: Was ist denn passiert?<br />

PATTINSON: Ich sollte mit hundert Sachen<br />

einen sechs Meter schmalen Sandstreifen<br />

langfahren – während gleichzeitig die Wellen<br />

ankamen – und rutschte weg. Danach<br />

sind der Wagen, die Models und ich in Sand,<br />

Schlamm und Algenschmodder versunken.<br />

INTERVIEW: Haben Sie das Ihrem Vater schon<br />

gebeichtet?<br />

PATTINSON: Wegen der Models? Nein, wieso?<br />

INTERVIEW: Ich dachte, Ihr Vater handelt mit<br />

alten Autos.<br />

PATTINSON: Oh Shit, das stimmt. Ich hatte<br />

gehofft, der BMW falle nicht darunter. Nach<br />

dem ersten Twilight-Film fuhr ich übrigens<br />

genau dasselbe Modell in Schwarz. Der<br />

kostete <strong>gerade</strong> mal 1 000 Dollar – er hielt<br />

zwar nicht lange, aber heute ist es ein<br />

Klassiker. Glücklicherweise ist Dad mittlerweile<br />

im Ruhestand.<br />

INTERVIEW: Die Szene, in der es aussieht, als<br />

würden Sie und das Model kiffen, die haben<br />

Sie also nicht unmittelbar vorher gedreht?<br />

PATTINSON: Nein, haben wir nicht (lacht).<br />

INTERVIEW: Musste Romain Gavras oft<br />

umschneiden, bis die Bilder zum Image des<br />

Duftkonzerns passten?<br />

PATTINSON: Der Joint war jedenfalls nicht echt!<br />

INTERVIEW: Das Mädchen hingegen schon.<br />

PATTINSON: Vielleicht gibt es irgendwann ja<br />

mal den Director’s Cut, in dem auch die<br />

Zuschauer ihre Brüste sehen dürfen. Oh nein,<br />

das nehme ich zurück: Was für eine schreckliche<br />

Aussage.<br />

INTERVIEW: Zumal sich die meisten Zuschauer<br />

ohnehin lieber Sie als das Mädchen nackt<br />

wünschen würden.<br />

PATTINSON: Pfff.<br />

INTERVIEW: Seit Sie in Little Ashes den jungen<br />

Salvador Dalí spielten, ziehen Sie sich ja<br />

ständig vor der Kamera aus. Fällt Ihnen das<br />

eigentlich leicht?<br />

PATTINSON: Ich bin Engländer! Nein! Wobei,<br />

mittlerweile geht es, zumindest dann,<br />

wenn ich mich trainiert genug fühle. Aber<br />

selbst dann fällt es mir immer schwerer als<br />

allen anderen am Set. Stellen Sie sich das doch<br />

mal vor: Sie treffen Juliette Binoche zum ersten<br />

Mal in Ihrem Leben – und zehn Minuten<br />

später sollen Sie eine Sex szene mit ihr drehen.<br />

Das ist brutal. Bei der Dalí-Produktion in<br />

Spanien war es besonders schlimm, <strong>gerade</strong>zu<br />

beschämend: Wir hingen an einem<br />

Swimmingpool rum und sollten uns locker<br />

machen. Ich klammerte mich nervös am Rand<br />

fest – und ehe ich mich umdrehen konnte,<br />

war der Spanier schon nackt. Er schwamm gut<br />

gelaunt auf mich zu – und ich wusste überhaupt<br />

nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ich<br />

kam mir vor wie Mr Bean. Das war allerdings<br />

auch meine erste Sexszene überhaupt.<br />

Und dann gleich mit einem Mann.<br />

INTERVIEW: Macht das für Sie einen großen<br />

Unterschied?<br />

PATTINSON: Rückblickend kann ich sagen:<br />

eigentlich nicht. Man küsst ja nicht wirklich.<br />

Eigentlich achtet man ständig nur darauf,<br />

ob man dabei gut rüberkommt, ob der<br />

Winkel stimmt, ob man gut dabei aussieht.<br />

INTERVIEW: Ach ja?<br />

PATTINSON: Es fühlt sich jedenfalls anders an<br />

als ein normaler Kuss.<br />

INTERVIEW: Die wenigsten Menschen werden<br />

beim Küssen gefilmt.<br />

PATTINSON: Stimmt, ich vergaß (lacht).<br />

INTERVIEW: Zurück zu Ihrem Nebenjob:<br />

Fühlen Sie sich Homme genug – oder wäre<br />

Dior Boy eher Ihr Ding gewesen?<br />

PATTINSON: Während des Drehs rief Romain<br />

jedenfalls die ganze Zeit: „Mehr Homme!“<br />

Und: „Robert, sei ein Homme!“<br />

INTERVIEW: Ihr Vorgänger war Jude Law.<br />

Anscheinend sind Engländer in den Augen<br />

der Franzosen mehr Homme als die eigenen<br />

Landsleute.<br />

PATTINSON: Lustig, oder? Wir Briten sind<br />

eben besonders männlich, gebildet, eloquent<br />

und gut aussehend.<br />

INTERVIEW: Und Sie haben noch mehr Haare<br />

als Jude Law.<br />

PATTINSON: Wie gemein!<br />

INTERVIEW: Schon während Ihrer Zeit in Hogwarts<br />

hieß es immer: „Der Junge in der Klasse<br />

über Harry Potter wird der neue Jude Law.“<br />

PATTINSON: Ja, so stand es in den Zeitungen.<br />

Aber heute sagt man das auch über ein<br />

Dutzend junger Typen, die als die nächsten<br />

Robert Pattinsons gefeiert werden.<br />

INTERVIEW: In China sind schon vor Wochen<br />

Bilder aufgetaucht, in denen Ihr Kopf einfach<br />

auf die alten Kampagnenmotive von Jude<br />

Law montiert wurde.<br />

PATTINSON: Das ist verrückt (lacht).<br />

INTERVIEW: Haben Sie Jude mal persönlich<br />

getroffen?<br />

PATTINSON: Leider nein. Aber ich bin mir<br />

sicher, er lacht auch über solche Stunts. Wir<br />

sind Engländer. Wir haben Humor. Und<br />

der schützt uns vor all dem Wahnsinn, der so<br />

passiert.<br />

INTERVIEW: In diesem Punkt haben Sie ja in<br />

den vergangenen zwölf Monaten einen völlig<br />

neuen Level erreicht.<br />

PATTINSON: In den vergangenen zwölf<br />

Monaten? Was war denn da? (lacht) Es war<br />

hysterisch, ja, aber eigentlich gilt das für die<br />

ganze Twilight-Zeit. Plötzlich traf ich überall<br />

nur noch auf Menschen, die dachten, sie<br />

würden mich kennen. Die schauen ein Bild<br />

von mir an und denken wirklich, sie hätten<br />

eine besondere Beziehung, eine Freundschaft,<br />

eine Liebesaffäre mit mir – mit jemandem,<br />

.<br />

den sie im Leben nie getroffen haben. Das ist<br />

schon verrückt. Und in manchen Momenten<br />

beängstigend und richtig gruselig. Aber ich<br />

versuche, darüber auch zu lachen. Nur wenn<br />

man über etwas lachen kann, kann man<br />

es auch verarbeiten. Vielleicht ist das ganze<br />

Celebrity-Ding, diese kaum mehr zu<br />

steigernde Hysterie, ja tatsächlich bald vorbei.<br />

Zumindest hoffe ich sehr darauf.<br />

INTERVIEW: Wann und vor allem warum<br />

sollte das Ihrer Meinung nach so kommen?<br />

PATTINSON: Ach, vielleicht in zehn oder<br />

zwanzig Jahren, dann, wenn die Wirtschaftskrise<br />

vorüber ist und die Leute sich wieder<br />

mit sich selbst und ihrem Konsum<br />

beschäftigen können – und nicht mehr den<br />

ganzen Tag das Internet aus Langeweile<br />

vollmüllen und Schwachsinn über Dritte<br />

niederschreiben.<br />

INTERVIEW: Sprechen Sie jetzt über sich oder<br />

den allgemeinen Drang der Fans, berühmten<br />

Menschen auf den Leib zu rücken?<br />

PATTINSON: Ganz allgemein. Das Internet hat<br />

all das doch so sehr verändert. Wenn man<br />

lange genug googelt, weiß man irgendwann<br />

alles über mich: was ich esse, wie mein<br />

Stuhlgang beschaffen ist, mit wem ich schlafe,<br />

wie mein Schwanz aussieht, sogar wie ich<br />

schaue, wenn ich onaniere …<br />

INTERVIEW: Ach ja?<br />

PATTINSON: Na ja, das ist vielleicht ein wenig<br />

überzeichnet. Aber mein Wichsgesicht ist für<br />

die Ewigkeit festgehalten.<br />

INTERVIEW: Seit Sie den jungen Dalí spielten.<br />

PATTINSON: Richtig.<br />

INTERVIEW: Kann man denn nicht einfach nur<br />

so tun als ob?<br />

PATTINSON: Versuchen Sie das mal. Ich kann<br />

Ihnen jetzt schon sagen: keine Chance. Das 125<br />

geht einfach nicht. Also hab ich mir vor der<br />

Kamera einen runtergeholt.<br />

INTERVIEW: Weil Sie hofften, dass nie jemand<br />

den Film zu Gesicht bekommt?<br />

PATTINSON: So ähnlich, ja. Nach den Dreharbeiten<br />

dachte ich für ein paar Tage, das sei<br />

das Ende meiner – zu diesem Zeitpunkt doch<br />

sehr kurzen – Schauspielkarriere. Dann aber<br />

bekam ich den Anruf, in dem es hieß: „Du<br />

hast die Rolle.“ Und dann ging Twilight los.<br />

INTERVIEW: Und nach dem ersten Teil von<br />

Twilight schnellten die Verkaufszahlen des<br />

Dalí-Films in ungeahnte Höhen.<br />

PATTINSON: Haha.<br />

INTERVIEW: Herr Pattinson, Sie sind in<br />

Barnes, im Südwesten Londons,<br />

aufgewachsen. Wie muss man sich Ihre<br />

Kindheit vorstellen?<br />

PATTINSON: Ziemlich normal. Ich war immer<br />

eher ein Durchschnittstyp, der stets darauf<br />

achtete, nicht in den Mittelpunkt gezerrt zu<br />

werden. Ein wenig schüchtern, auch unsicher.<br />

Deswegen habe ich mich nicht einmal für die<br />

Theater-AG eingeschrieben, obwohl ich nach


Rert Thas Pattins<br />

126<br />

dem Unterricht schon an einem kleinen<br />

Theater spielte.<br />

INTERVIEW: Ihr Vater importierte hochpreisige<br />

Autos, Ihre Mutter arbeitete bei einer<br />

Modelagentur. Sie selbst haben zu Schulzeiten<br />

gemodelt.<br />

PATTINSON: Und ich kann stolz von mir<br />

sagen, die erbärmlichste Modelkarriere der<br />

Welt gehabt zu haben.<br />

INTERVIEW: Dafür machen Sie bei Dior aber<br />

eine annehmbare Figur.<br />

PATTINSON: Anfangs lief es auch ganz okay,<br />

ich war groß und sah aus wie ein Mädchen.<br />

Es funktionierte, weil der androgyne Look<br />

<strong>gerade</strong> gefragt war. Aber dann wurde ich älter<br />

und männlicher – und schon buchte mich<br />

niemand mehr.<br />

INTERVIEW: Bei den Klassenkameradinnen<br />

kam das Modeln doch sicher ganz gut an.<br />

PATTINSON: Nicht wirklich. Ich habe versucht,<br />

meinen Nebenjob geheim zu halten. Ich war<br />

auf eine Art wohl schon immer ziemlich privat.<br />

Eigentlich gab es nur einen Zwischenfall, der<br />

an der Schule die Runde machte: Ich modelte<br />

für dieses Teenieheft Bliss – und darin gab es<br />

die Bliss-Boys. Jede Ausgabe konnten die Girls<br />

die Bliss-Boys raus- oder reinwählen. Ich hielt<br />

mich ziemlich lange, ein Jahr oder so – was<br />

vielleicht auch daran gelegen haben könnte,<br />

dass ich ständig für mich selbst angerufen<br />

habe. Pro Ausgabe gab es 150 Pfund (lacht).<br />

Wenn ich mir das so genau überlege, war das<br />

mein erfolgreichster Modeljob. Eigentlich<br />

bin ich eh nur zu den Castings gegangen, um<br />

Models zu sehen. Ich hab mich jedoch nie<br />

getraut, eins anzusprechen.<br />

INTERVIEW: In der Schule waren Sie jedoch<br />

nicht zu schüchtern, am Valentinstag Rosen<br />

in Schließfächer zu legen.<br />

PATTINSON: Woher wissen Sie das?<br />

INTERVIEW: Von der jungen Dame mit dem<br />

Schließfach.<br />

PATTINSON: Wow! Hat sie Ihnen auch erzählt,<br />

dass das mit der Rose gar nicht geklappt hat?<br />

Es war Valentinstag, wir waren 13 oder so,<br />

jedenfalls legte ich die Rose in ihr Fach – und<br />

mein bester Freund behauptete, er sei es gewesen.<br />

Eine Woche später war der dann mit<br />

ihr zusammen. Wie gesagt, ich hatte damals<br />

nicht so viel Glück.<br />

INTERVIEW: Sagt der Vampir, auf dessen Rosen<br />

Millionen von Mädchen warten.<br />

PATTINSON: Das klingt einfacher, als es ist.<br />

INTERVIEW: Waren Sie eigentlich traurig am<br />

letzten Drehtag von Twilight? Immerhin hat<br />

Edward Sie über Jahre begleitet.<br />

PATTINSON: Es gab so viele letzte Drehtage.<br />

Einen davon in der Karibik, auf Saint<br />

Thomas, der war fantastisch. Sonst haben wir<br />

fast ausschließlich bei schlechtem Wetter<br />

gedreht. Doch da schien die Sonne, wir waren<br />

am Strand und machten die ganze Zeit nur<br />

im Meer rum.<br />

INTERVIEW: Klingt gut.<br />

PATTINSON: Am wirklich letzten Tag haben<br />

wir in Kanada gefilmt. Und das war das<br />

absolute Gegenteil davon: Wir hatten zwei<br />

Wochen nur Nachtszenen gedreht, genau<br />

wie auch in dieser Nacht, es war bitterkalt<br />

und entsetzlich. Die ganze Crew wollte nur<br />

noch weg. Genau wie ich. Ich habe den<br />

ganzen Leuten nicht einmal mehr Tschüs gesagt,<br />

sondern bin einfach nur abgehauen.<br />

INTERVIEW: In einem <strong>Interview</strong> sagten Sie:<br />

„Die meisten Menschen nehmen nur – und<br />

geben nicht.“ Die einfache Frage heißt: Was<br />

hat Robert Pattinson zuletzt gegeben? Die viel<br />

spannendere Frage lautet jedoch: Was haben<br />

Sie sich zuletzt einfach nur genommen?<br />

PATTINSON: Wenn Sie „genommen“ sagen,<br />

muss ich sofort an Klauen denken.<br />

„Wenn man googelt,<br />

weiß man alles über<br />

mich: was ich esse,<br />

mit wem ich schlafe,<br />

wie mein Schwanz<br />

aussieht”<br />

INTERVIEW: Interessant.<br />

PATTINSON: Ich stehle immer die Kulis aus<br />

den Hotelzimmern. Sehen Sie: Mein ganzer<br />

Rucksack ist voll damit.<br />

INTERVIEW: Sie wohnen zu oft in Hotels.<br />

PATTINSON: Das ist leider wahr.<br />

INTERVIEW: Was sagen Ihre alten Freunde aus<br />

London eigentlich zu R-Patz, dem Spitznamen,<br />

den Ihnen der Boulevard verpasst hat?<br />

PATTINSON: Glücklicherweise ignorieren die<br />

das. Ebenso wie Twilight. Aber noch zu<br />

R-Patz: Ich möchte den Kerl erwürgen, der<br />

sich das ausgedacht hat.<br />

INTERVIEW: Wissen Sie, wer der Vater des<br />

Kampfnamens R-Patz ist?<br />

PATTINSON: Nein. Also eigentlich schon.<br />

Irgend so ein dicker Celebrity-Blogger …<br />

ach, lassen wir das.<br />

INTERVIEW: Glauben Sie, die Berichterstattung<br />

über Ihre Beziehung zu Kristen Stewart<br />

wäre ohne die Vampirromanze ähnlich<br />

hysterisch verlaufen?<br />

PATTINSON: Es ist unmöglich, darauf eine<br />

kluge Antwort zu geben. Das eine lässt sich<br />

ja vom anderen nicht trennen.<br />

INTERVIEW: Sehr diplomatisch.<br />

PATTINSON: Na ja, was soll ich schon sagen?<br />

INTERVIEW: Sie haben dank sozialer<br />

Netzwerke und Twilight-Hysterie mehr Teenie-<br />

Fans als Justin Bieber, mehr als jedweder Popstar<br />

unserer Zeit.<br />

PATTINSON: Das wirklich Merkwürdige an<br />

dieser Twilight-Zielgruppe ist eigentlich, dass<br />

es sich dabei nicht wirklich um Teenager<br />

handelt. Sie sind überwiegend älter. Twilight<br />

.<br />

besitzt eine eigene Parallelwelt, eine eigene<br />

Fankultur, die sich seit Tag eins im Netz<br />

formiert. Und das auf eine intensive Art und<br />

Weise, die es zuvor nicht gab. Manchmal<br />

frage ich mich, was diese Heerscharen von<br />

Leuten sonst so den ganzen Tag machen. Die<br />

sitzen vor ihren Rechnern und kommentieren<br />

alles, was auch nur entfernt mit Twilight zu<br />

tun hat. Tag und Nacht. Also eigentlich total<br />

spannend – zumindest, bis ich Teil dieses<br />

Phänomens wurde.<br />

INTERVIEW: Wie gehen Sie damit um?<br />

PATTINSON: Man passt sich an. Und lernt, sein<br />

Leben anders zu leben. Krass ist halt, wenn<br />

75 Prozent der Internetmeute dich total<br />

scheiße finden (lacht).<br />

INTERVIEW: Haben Sie manchmal<br />

Fluchtgedanken?<br />

PATTINSON: Wer hat die nicht? Das wirkliche<br />

Ärgernis sind ja nicht irgendwelche Fans,<br />

sondern Paparazzi – die wiederum kann man<br />

doof finden, allerdings verstehe ich sie auch:<br />

Ein einziges Bild von mir, geschossen an einem<br />

beliebigen Morgen der Woche, zahlt einem<br />

Paparazzo die Monatsmiete. Für die lohnt sich<br />

die erbärmliche Warterei.<br />

INTERVIEW: Ahnten Sie, worauf Sie sich mit<br />

Twilight einließen?<br />

PATTINSON: Nicht im Entferntesten. Aber<br />

jetzt, wo alles vorbei ist, fühle ich mich ein<br />

Stück weit <strong>erwachsen</strong>er.<br />

INTERVIEW: Es heißt, Sie hätten damals<br />

vor dem Casting für die Rolle, die Ihr Leben<br />

verändert hat, eine Valium eingeworfen.<br />

Können Sie sich daran noch erinnern?<br />

PATTINSON: Yup, und die Tablette wirkte<br />

Wunder – wenn auch nur dieses eine Mal.<br />

Nachdem ich die Zusage zu Twilight hatte,<br />

dachte ich, Valium wäre voll mein Ding, die<br />

Wunderdroge, die mich durch diese<br />

schrecklichen Castings bringt.<br />

INTERVIEW: Und?<br />

PATTINSON: Beim nächsten Vorsprechen wäre<br />

ich beinahe eingeschlafen. Gott sei Dank<br />

musste ich seit Twilight nur noch zweimal<br />

vorsprechen.<br />

INTERVIEW: Unter anderem bei Werner Herzog,<br />

mit dem Sie einen Ihrer nächsten Filme<br />

drehen werden.<br />

PATTINSON: Bei Werner musste ich nicht vorsprechen,<br />

ich hatte Glück.<br />

INTERVIEW: Für Werner Herzog spielen Sie<br />

demnächst H. P. Lovecraft. Gedreht wird in<br />

Marokko.<br />

PATTINSON: Genau.<br />

INTERVIEW: Ist die Sonne über der Wüste<br />

nicht tödlich für einen Vampir?<br />

PATTINSON: Sehr witzig. Ich finde übrigens<br />

auch den Geruch von Blut ekelhaft.<br />

INTERVIEW: Unmittelbar nach dem letzten Teil<br />

von Twilight haben Sie mit David<br />

Cronenberg Cosmopolis gedreht. Darin<br />

spielten Sie einen Investmentbanker …


.<br />

Robert Pattinson möchte<br />

den Kerl erwürgen, der<br />

sich für ihn den Spitznamen<br />

R-Patz ausgedacht hat<br />

"Ein Bild von mir, geschossen an<br />

einem beliebigen Morgen<br />

der Woche, zahlt einem Paparazzo die<br />

Monatsmiete. Für die lohnt sich<br />

die erbärmliche Warterei"<br />

127<br />

Alle Fotos: Nan Goldin für Christian Dior Parfums<br />

PATTINSON: Das Timing war einfach nur<br />

Wahnsinn. David schickte mir das Drehbuch,<br />

ich war begeistert, sagte sofort zu – und dann,<br />

während wir drehten, ging weltweit die<br />

Occupy-Bewegung los. Und bitte, glauben Sie<br />

mir: Ich kann gut verstehen, warum die<br />

Leute auf die Straße gehen! Wussten Sie, dass<br />

es selbst in L. A. eine Occupy-Phase gab?<br />

INTERVIEW: Nein.<br />

PATTINSON: Doch, die gab es tatsächlich.<br />

INTERVIEW: Haben Sie demonstriert?<br />

PATTINSON: Das wäre lächerlich. Was hätte<br />

ich dort sagen können, das nicht total verlogen<br />

klingt? Aber ich kenne tatsächlich ein<br />

paar ziemlich bekannte Schauspieler, die<br />

hingegangen sind. Das fand ich einfach nur<br />

erbärmlich.<br />

INTERVIEW: Wieso?<br />

PATTINSON: Weil die lieben Kollegen sich einfach<br />

in ihre Audis und BMWs setzten, für die<br />

sie keinen Cent bezahlt hatten, nach Downtown<br />

fuhren, die Wagen einen Block entfernt<br />

abstellten und so taten, als seien sie mit<br />

dem Zug gekommen. Noch dazu verstehe ich<br />

nicht, was sie dort wollten. Ich meinte<br />

zu ihnen: „Ihr macht die Aktion der richtigen<br />

Demonstranten, die ein wichtiges Anliegen<br />

haben, schlichtweg kaputt. Egal, wie sehr ihr<br />

mit ihnen sympathisiert: Das ist nicht euer<br />

Kampf. Ihr habt dort nichts verloren.“<br />

INTERVIEW: Wohnen Sie gerne in L. A.?<br />

PATTINSON: Zumindest lebt es sich hier sehr<br />

angenehm. Die Sonne scheint fast jeden<br />

Morgen – und wenn ich meine Ruhe will, ziehe<br />

ich einfach einen Kapuzenpulli an, setze ’n<br />

Käppi und eine Sonnenbrille auf, steige in den<br />

Wagen und düse los. Das ist eine meiner<br />

Möglichkeiten, rauszukommen und loszulassen.<br />

INTERVIEW: Die Bars in dieser Stadt schließen<br />

schon um zwei Uhr in der Früh – nicht <strong>gerade</strong>


.<br />

Rert Thas Pattins<br />

128<br />

ideal für einen Mann, der seinen Liebeskummer<br />

diskret ersäufen will.<br />

PATTINSON: Sie haben keine Vorstellung davon,<br />

wie betrunken man bis um zwei werden kann!<br />

INTERVIEW: Was ist das Beste an L. A.?<br />

PATTINSON: Die angebratenen Zwiebeln auf<br />

einem Cheeseburger von In-N-Out. Das ist<br />

der wahre Geruch von L. A. Das ist, was ich<br />

am meisten vermisse, wenn ich fort bin.<br />

INTERVIEW: Fühlen Sie sich einsam, wenn die<br />

Kameras aus sind und Sie nachts alleine die<br />

Türe hinter sich schließen?<br />

PATTINSON: Nicht nur dann.<br />

INTERVIEW: Es heißt, Sie beschäftigen erst seit<br />

der Trennung von Kristen Stewart einen<br />

Presse agenten, da Sie zuvor keinen Sinn darin<br />

gesehen hätten, jemanden für Pressearbeit zu<br />

bezahlen.<br />

PATTINSON: Ich bin eben geizig. Und ich habe<br />

auch heute keinen Presseagenten. Wozu auch?<br />

INTERVIEW: Und mit wem besprechen Sie<br />

jetzt Ihre Angelegenheiten, vor allem den Umgang<br />

mit Schlagzeilen und Paparazzi?<br />

PATTINSON: Mit meiner Familie. Und meiner<br />

Agentin.<br />

INTERVIEW: Auf deren Couch Sie früher gerne<br />

nächtigten.<br />

PATTINSON: Gerne ist gut. Ich habe auf dieser<br />

Couch drei Jahre lang gelebt. Meine<br />

Agentin ging arbeiten – während ich in ihrer<br />

Wohnung rumhing und Playstation spielte.<br />

Eine wunderbare Zeit – bis eines Morgens der<br />

Anruf wegen Twilight kam … Wollen Sie<br />

noch eine E-Zigarette? Ach, nehmen Sie doch<br />

gleich ein paar mit!


.<br />

130<br />

Shocking!?<br />

DER WICHTIGSTE LOOK DIESES<br />

HERBSTES IST NICHTS FÜR<br />

ANGSTHASEN – ABER FÜR FRAUEN,<br />

DIE NIE FRIEREN UND AUCH DEN<br />

WIDRIGEN UMSTÄNDEN DES<br />

LEBENS MIT CHUZPE UND CHARME<br />

TROTZEN Fot Giampaolo Sgura<br />

Styling Klaus Stockhausen<br />

Kleid<br />

CHANEL<br />

Höschen<br />

(durchgehend<br />

getragen)<br />

TRIUMPH<br />

Strumpfhose<br />

FALKE


Mäntel MAX MARA<br />

Gürtel LIEBESKIND<br />

BH (durchgehend getragen)<br />

WHAT KATIE DID<br />

Strumpfhose WOLFORD<br />

.


Mantel FENDI<br />

.


Mantel<br />

MIU MIU<br />

Strumpfhose<br />

FALKE<br />

Stiefel<br />

CÉLINE<br />

.


Rock CALVIN KLEIN<br />

COLLECTION<br />

Strumpfhose FALKE<br />

Stiefel CÉLINE<br />

.


Jacke & Shorts<br />

DOLCE & GABBANA<br />

Strumpfhose FALKE<br />

.


Kleid<br />

BOTTEGA<br />

VENETA<br />

Strumpfhose<br />

WOLFORD<br />

.


Mantel<br />

TOM FORD<br />

Gürtel<br />

LIEBESKIND<br />

Strumpfhose<br />

FALKE<br />

.


Kleid<br />

JIL SANDER<br />

Strumpfhose<br />

WOLFORD<br />

Schuhe<br />

BOTTEGA<br />

VENETA<br />

.


Kleid<br />

CÉLINE<br />

Unterrock<br />

THEATER-<br />

KUNST<br />

Strumpfhose<br />

WOLFORD<br />

.


Kleid<br />

SALVATORE<br />

FERRAGAMO<br />

Strumpfhose<br />

WOLFORD<br />

.


.<br />

Mantel<br />

GIORGIO ARMANI<br />

MODEL Emily DiDonato / MEGA<br />

Model Agency HAIR Davide<br />

Diodovich / WM Management<br />

MAKE-UP Jessica Nedza / Close Up<br />

Milano using Maybelline MANICURE<br />

Annarel Innocente / Close Up Milano<br />

SET DESIGN Serena Groppo PHOTO<br />

ASSISTANT Filippo Tarentini DIGITAL<br />

TECHNICIAN Giuliano Carparelli<br />

STUDIO ASSISTANT Luis Vera


.<br />

Eine junge Frau hatte einen Roman<br />

geschrieben, „Feuchtgebiete“<br />

hieß dieser, und weil da rin<br />

Körperlichkeiten sowie Körperflüssigkeiten<br />

verhandelt wurden,<br />

errötete ein ganzes Land. Zum<br />

Glück ist es im Kino ja dunkel,<br />

wenn die wunderbare Carla Juri<br />

in der Verfilmung von Charlotte<br />

Roches Bestseller ihre und unsere<br />

Schamgrenzen neu vermisst<br />

V Charlotte Roche<br />

Fot Ronald Dick<br />

Styling Ingo Nahrwold<br />

142<br />

Carla J


.<br />

143<br />

uri<br />

Top CALVIN KLEIN<br />

COLLECTION Rock<br />

LOEWE Gürtel HERMÈS<br />

Spitzenpumps JIMMY CHOO


Carla Juri<br />

144<br />

Komplettlook<br />

GIVENCHY BY<br />

RICCARDO TISCI<br />

"Für mich gehört<br />

Seine-Tage-<br />

Haben dazu. Man<br />

muss sich mal<br />

vorstellen,<br />

Männer würden<br />

einmal im Monat<br />

bluten"<br />

CHARLOTTE ROCHE: Carla, ich habe gehört,<br />

das gesamte Filmteam von Feuchtgebiete sei<br />

gemeinsam in der Sauna gewesen. War das so<br />

eine Auflockerungsübung vor dem Dreh?<br />

CARLA JURI: Ja, wir waren im Liquidrom in<br />

Berlin. Damit ich alle mal ein bisschen<br />

nackter sehe als sonst.<br />

ROCHE: Wie muss man sich das Liquidrom<br />

vorstellen? Ist das so was wie ein arabisches<br />

Badehaus?<br />

JURI: Nein, ganz anders. Da gibt es Saunen<br />

und auch so einen Pool, in dem man<br />

Unterwassermusik hören kann.<br />

ROCHE: Und man ist dort nackt?<br />

JURI: Man hat schon Badesachen an. Nur in<br />

der Sauna ist man eher nackt, aber man sieht<br />

da nicht viel, weil überall Dampf ist.<br />

ROCHE: Und der David (Wnendt, Regisseur des<br />

Films) hat es hauptsächlich wegen dir<br />

vorgeschlagen?<br />

JURI: Ja.<br />

ROCHE: Sozusagen als Ausgleich dafür, dass<br />

du bei den Dreharbeiten oft nackt sein musst?<br />

.<br />

JURI: Genau.<br />

ROCHE: Das finde ich so rührend.<br />

JURI: Ja, das stärkt auch den Teamgeist.<br />

ROCHE: Hast du dann beim Drehen oft<br />

darüber nachgedacht, wie die nackt aussehen?<br />

Wie viele Haare jemand hat und ob der dick<br />

ist oder so?<br />

JURI: Nein, eigentlich nicht. Vor der Kamera<br />

habe ich mich auf andere Sachen<br />

konzentriert. Vor allem habe ich das Team<br />

nicht mehr als Fremde oder als etwas<br />

Störendes wahrgenommen.<br />

ROCHE: Hattet ihr bei expliziteren Szenen ein<br />

geschlossenes Set?<br />

JURI: Ja, hatten wir, aber das waren immer<br />

noch ziemlich viele Leute.<br />

ROCHE: Wie viele?<br />

JURI: Lass mich mal überlegen … Vielleicht<br />

vier oder fünf, manchmal auch weniger,<br />

manchmal auch mehr.<br />

ROCHE: Und wie viele davon waren Frauen?<br />

JURI: Eine. Die gehörte zum Kamerateam.<br />

ROCHE: Hast du Angst vor den Reaktionen<br />

auf den Film?<br />

JURI: Nein, eigentlich nicht. Ich habe dich<br />

und das Team an meiner Seite. Ich fühle<br />

mich nicht allein.<br />

ROCHE: Ich frage das, weil es natürlich wieder<br />

Diskussionen geben wird. Bei meinen Büchern<br />

war es ja immer so, dass sich Moralhüter zu<br />

Wort gemeldet haben: „Darf man so was<br />

schreiben? Handelt es sich um Pornografie?<br />

Muss man es verbieten?“ Und weil ich das ja<br />

alles schon mal durchgemacht habe, denke<br />

ich: „Ach, sollen die mal alle labern!“ Aber auf<br />

dich wird jetzt zukommen, dass irgendwelche<br />

Vollidioten sagen, dass du böse und ekelhaft<br />

bist, weil du diese Rolle spielst.<br />

JURI: Ja, kann sein.<br />

ROCHE: Und du meinst, dass es dir hilft, dass<br />

ich an deiner Seite bin?<br />

JURI: Ja, bei dem Film Teil eines Teams zu<br />

sein hilft schon.<br />

ROCHE: Nach Fotoshootings habe ich<br />

manchmal so ein unangenehmes Gefühl und<br />

denke: „Ach, Mann, warum habe ich mich<br />

bloß dazu überreden lassen, dieses doofe Foto<br />

machen zu lassen?“ Das sind diese Momente,<br />

wo man sich wie ein Indianer fühlt, dem die<br />

Seele geraubt wurde. Sind dir nach dem Dreh<br />

mitunter auch so Bilder im Kopf<br />

herumgespukt, bei denen du dachtest: „Das<br />

ging mir eigentlich zu weit“?<br />

JURI: Nein.<br />

ROCHE: Nicht?<br />

JURI: Nein, weil ich David vorher gesagt<br />

habe, dass ich die Rolle so spielen werde, dass<br />

Frauen mir glauben.<br />

ROCHE: Ich weiß, was du meinst. Wenn ich<br />

Bücher schreibe, dann schreibe ich auch in<br />

erster Linie für Frauen. Und du hättest die<br />

Rolle auch sexy spielen können, sodass<br />

Männer denken: „Boah, geile Alte!“ Du


Komplettlook<br />

GIVENCHY BY<br />

RICCARDO TISCI<br />

.


.<br />

Carla Juri<br />

Top & Rock<br />

DIOR<br />

Mantel<br />

KILIAN<br />

KERNER<br />

Gürtel<br />

PRIVAT<br />

146<br />

Komplettlook<br />

PRADA


könntest die Rolle für Männer spielen, aber<br />

dann würdest du alle Frauen verlieren.<br />

JURI: Genau. Das, was Männer wollen,<br />

können wir Frauen sehr gut bedienen. Wir<br />

leben ja immer noch in einem Patriarchat und<br />

sind eingestellt auf das, was Männer wollen.<br />

ROCHE: Und deswegen hast zu dem Regisseur<br />

gesagt, dass du die Rolle für Frauen spielst?<br />

JURI: Ja. Gerade bei den Sexszenen war es mir<br />

wichtig, dass Frauen mir glauben. Also habe<br />

ich so eine Szene auch als Frau gespielt und<br />

nicht als die männliche Idee einer Frau. Sonst<br />

würde ich mich nämlich selber betrügen.<br />

Aber das Gefühl hatte ich nie.<br />

ROCHE: Und du hast nie gedacht: „Oh je, da<br />

war ich vielleicht doch zu mutig“?<br />

JURI: Na ja, es gab manchmal Momente, in<br />

denen ich – als Helen – die Kamera vergessen<br />

habe und dann hinterher dachte: „Oh<br />

Scheiße, das habt ihr auch gefilmt?“ Aber das<br />

ist ja gewollt: dass man die Technik<br />

ausblendet, damit die Szenen wahrhaftig<br />

werden und nicht voyeuristisch.<br />

ROCHE: Verstehe.<br />

JURI: Da war nie Show dabei. Und wenn es<br />

Show war, dann war es ihre Show, die Show<br />

von Helen Memel.<br />

ROCHE: Und die Nacktheit …<br />

JURI: Die ist nicht so besonders schwierig,<br />

aber nur wenn sie eine Bedeutung hat.<br />

ROCHE: Aber du weißt ja, dass bei<br />

Schauspielerinnen, die einen gewissen<br />

Bekanntheitsgrad haben, meist sofort das<br />

Management ankommt und sagt: „Keine<br />

Brüste!“ Da wird die Nacktheit komplett<br />

negiert. Und dann denkt man: „Was sind das<br />

denn für Schauspielerinnen?“ Man kann<br />

doch nicht eine Liebesbeziehung spielen und<br />

darauf bestehen, dass man die Titten nicht<br />

sieht. Und ich hasse es, wenn man eine heiße<br />

Sexszene sieht und die Frau …<br />

JURI: … hat noch den BH an.<br />

ROCHE: Ja. Die haben <strong>gerade</strong> gebumst, und<br />

dann steht die auf und hält sich so die Bettdecke<br />

vor. Das nervt mich dermaßen, weil ich<br />

in dem Moment daran erinnert werde, dass<br />

ich eine Zuschauerin bin.<br />

JURI: Genau. In dem Moment sieht man, dass<br />

es gestellt ist.<br />

ROCHE: Aber wenn man Schauspieler ist,<br />

dann muss man doch alles zeigen.<br />

JURI: Man muss nicht alles zeigen, aber man<br />

muss der Figur, die man spielt, gerecht<br />

werden. Und dann gehört die Nacktheit<br />

vielleicht dazu.<br />

ROCHE: Ist deine Nacktheit im Film<br />

eigentlich nur gespielt selbstbewusst, oder ist<br />

dein Selbstbewusstsein echt?<br />

JURI: Sag ich dir nicht.<br />

ROCHE: Vielleicht ist es ja auch einfacher,<br />

nackt zu sein, wenn man spielt. Man kann ja<br />

sagen: „Das bin nicht ich, das ist die Rolle.“<br />

JURI: Natürlich bin ich das nicht. Denn man<br />

leiht einer Figur ja ein Gesicht, eine Stimme,<br />

eine Psyche und einen Körper. Und der<br />

Schauspieler hat dabei immer den Schutz der<br />

Rolle. Aber eine Rolle schützt nicht nur, sie<br />

erweitert auch die eigene Wahrnehmung.<br />

ROCHE: Im Film und auch im Buch ist die<br />

schmerzhafteste Szene der Moment, wo Helen<br />

sich die Wunde wieder aufreißt. Ich weiß, dass<br />

viele Leute das Buch nach der Stelle nicht<br />

weitergelesen haben. War es für dich eigentlich<br />

schwierig, diese Szene zu spielen?<br />

JURI: Nein.<br />

ROCHE: Oh … Warum nicht?<br />

JURI: Weil ich einfach verstanden habe,<br />

warum sie das tut.<br />

ROCHE: Ich konnte mir das kaum angucken.<br />

Das ist noch einmal viel schlimmer als im Buch.<br />

JURI: Wenn ich das spiele, dann habe ich nur<br />

noch das Ziel vor Augen, das sie damit<br />

erreichen will. Und ihren Schmerz, den habe<br />

ich meistens nicht am Set gespürt, sondern<br />

erst hinterher.<br />

ROCHE: Du meinst, dass es dir dann schlecht<br />

ging?<br />

JURI: Nein. Ich meine, dass ich mit ihr<br />

gefühlt habe.<br />

ROCHE: Hat es für dich nach den<br />

Dreharbeiten eine Weile gedauert, bis du<br />

nicht mehr Helen Memel warst?<br />

JURI: Ja, ich war bestimmt noch einen Monat<br />

lang Helen.<br />

ROCHE: Oh Gott!<br />

JURI: Nee, das war super. Das mache ich oft<br />

so. Natürlich könnte ich auch in die Rolle<br />

rein- und rauswechseln, aber das ist für mich<br />

viel anstrengender. Und so habe ich die<br />

Chance, mit der Figur eins zu sein. Ich kann<br />

da keine halben Sachen machen. Zumal sie<br />

viel größer ist als mein kleines Leben, verstehst<br />

du? Ich mache das für jede Figur. Aber ich<br />

weiß auch, wann es Zeit ist, Abschied<br />

zu nehmen. Und bis dahin genieße ich es.<br />

ROCHE: Glaubst du, dass ein bisschen von den<br />

Figuren, die du spielst, für immer bei dir bleibt?<br />

JURI: Ja, weil die Figuren mir nahegehen.<br />

Man hat da eine ganz neue Person vor sich,<br />

zu der man einen Zugang finden muss. Und<br />

im Zuge dessen lernt man den Menschen<br />

natürlich gut kennen, und Helen habe ich gut<br />

kennengelernt, also meine Interpretation von<br />

ihr. Denn bevor ich sie spielen konnte, musste<br />

ich erst ihren Schmerz verstehen. Das hat<br />

mich ziemlich mitgenommen. David meinte<br />

dann immer: „Du weinst?“<br />

ROCHE: Du hast geweint?<br />

JURI: Ja, in den Vorbereitungen, weil mich<br />

das getroffen hat.<br />

ROCHE: Ehrlich? Oh Mann!<br />

JURI: Ja, denn erst, als ich ihren Schmerz<br />

verstanden und verarbeitet hatte, konnte ich<br />

ihr supercooles Auftreten spielen. Sie ist ja<br />

ganz frei von Selbstmitleid. Ich meine, wer<br />

kann das schon von sich sagen?<br />

.<br />

ROCHE: Cool! Stimmt es, dass du zur Vorbereitung<br />

noch mal zur Schule gegangen bist?<br />

JURI: Ja.<br />

ROCHE: Die haben dich also ernsthaft in die<br />

Schule geschickt?<br />

JURI: Niemand außer dem Rektor wusste<br />

Bescheid. Da musste ich mir natürlich eine<br />

Identität ausdenken. Zur Hälfte war ich du<br />

und zur anderen Hälfte Helen Memel.<br />

ROCHE: Aha.<br />

JURI: Wenn die mich gefragt haben, wer ich<br />

bin, hab ich gesagt, dass ich in London<br />

geboren bin und so … 18-Jährige sind direkt,<br />

und die scannen dich, da kannst du dir keine<br />

Fehler erlauben. Wenn die fragen, müssen die<br />

Antworten sitzen.<br />

ROCHE: Und da musstest du jeden Morgen<br />

um sieben aufstehen und um acht in der<br />

Schule sein?<br />

JURI: Ja.<br />

ROCHE: Oh Gott, was für ein Albtraum!<br />

JURI: Und nach der Schule wurde ich von<br />

einem Fahrer zur Probe abgeholt. Manchmal<br />

musste ich ihn dann anrufen: „Bleib bloß weg,<br />

ich komm mit meinen Mädchen raus!“ Ich<br />

durfte ja nicht entdeckt werden. Und dann<br />

immer diese Fragen: „Wie ist deine Nummer?<br />

Bist du bei Facebook?“ Und ich so: „Oh<br />

Mann!“ Das musste ich mir alles ausdenken.<br />

ROCHE: Hast du deine Tarnung aufgelöst, als<br />

du gegangen bist?<br />

JURI: Nee, hab ich nicht …<br />

ROCHE: Krass! Carla, die werden dich im<br />

August doch auf den Filmplakaten erkennen!<br />

JURI: Aber damals hatte ich noch ganz lange<br />

Haare.<br />

ROCHE: Du hast sie erst für den Film so kurz<br />

geschnitten?<br />

JURI: Genau.<br />

147<br />

ROCHE: Im Buch habe ich Helen äußerlich<br />

grob nach meinem Vorbild entworfen. Weil<br />

ich kleine Brüste habe, hat sie kleine Brüste.<br />

Und weil ich lange braune Haare habe, hat<br />

auch sie lange braune Haare. In dem Punkt<br />

bricht der Film klar mit dem Buch. Aber<br />

schon nach zwei Minuten war das für mich<br />

kein Thema mehr. Ich finde das sogar<br />

eigentlich ganz geil. Denn plötzlich ist die<br />

Figur weg von mir, verstehst du?<br />

JURI: Klar.<br />

ROCHE: Denn ich schreibe ja, wie ich spreche,<br />

und dann hören die Leser meine Stimme,<br />

sehen meinen Körper und stellen sich mein<br />

Gesicht dazu vor. Ich bin ganz froh, dass das<br />

jetzt vielleicht vorbei ist.<br />

JURI: Aber du hattest schon das Gefühl, dass<br />

noch viel von dir in dem Film steckt, oder?<br />

ROCHE: Total! Obwohl viel hinzuerfunden<br />

wurde, die Figur der Mutter zum Beispiel, die<br />

ist im Film ganz anders.<br />

JURI: Echt?<br />

ROCHE: Ja, die ist viel warmherziger und<br />

facettenreicher und realistischer. Als ich Meret


Carla Juri<br />

148<br />

Becker als Mutter zum ersten Mal gesehen<br />

habe, war ich geschockt. Ich hab die Mutter<br />

nämlich viel flacher geschrieben, die Mutter ist<br />

total platt bei mir. Ich habe geschrieben, dass<br />

sie eine Scheißchristin ist, Bakterien hasst und<br />

einen Sagrotan-Fimmel hat. Fertig. Das ist<br />

natürlich megaplatt. Bei Helen hab ich mir<br />

hingegen richtig Mühe gegeben.<br />

JURI: Haha.<br />

ROCHE: Und dann gucke ich den Film und<br />

muss zugeben: Krass, bei denen ist die Mutter<br />

ja viel besser! Muss man ja ehrlich zugeben.<br />

Und obwohl sehr viel hinzu erfunden wurde,<br />

ist der Film doch sehr nah an der Vorlage.<br />

Viele Dialoge sind eins zu eins übernommen,<br />

da hätte ich mitsprechen können. Also, ich<br />

fühle mich da überhaupt nicht verraten.<br />

Außerdem ist der Film viel sexier. Der ist<br />

sexuell angenehmer. Viel von diesem düsteren<br />

Eiterkram kommt ja nicht vor.<br />

JURI: Und du meinst trotzdem, dass der Film<br />

dem Buch gerecht wird?<br />

ROCHE: Ja. Und irgendwas muss man ja<br />

weglassen. Ein Drehbuch hat 100 Seiten, und<br />

mein Roman hatte so 230 Seiten. Ganz klar,<br />

dass da am Ende was fehlen muss.<br />

JURI: Hat Helen für dich eine politische Seite?<br />

ROCHE: Unbedingt. Ursprünglich sollte das<br />

Ganze ein feministisches Pamphlet gegen<br />

Rasurzwang und parfümierte Slipeinlagen<br />

werden. Wenn einem immer eingetrichtert<br />

wird, dass die Muschi nach Fisch stinkt, wie<br />

soll man dann beim Oralverkehr locker<br />

bleiben? Und genau dagegen wollte ich<br />

kämpfen, und zwar mit einem Sachbuch. Und<br />

dann hat jemand zu mir gesagt: „Lass das<br />

doch jemanden erleben! Erfinde doch eine<br />

Frau, die diese Sachen macht!“ Und da habe<br />

ich gedacht: „Ja, klingt gut.“<br />

JURI: Und dann kam Helen ins Spiel.<br />

ROCHE: Genau. Jemand, der Riot-Grrrl-mäßig<br />

sagt: „Halt! Stopp! Ich mache mir jetzt meine<br />

eigenen Regeln.“ Und das kommt einem<br />

zunächst vielleicht unangenehm, hässlich und<br />

eklig vor, wirkt letztendlich aber befreiend.<br />

Im Film bist du ja kaum oder gar nicht<br />

geschminkt, man sieht blaue Flecken und<br />

Pickel – das allein ist für unser versautes Auge<br />

ja schon ein Schock. Alles ist immer<br />

bearbeitet, gedoubelt und retuschiert. Aber<br />

dich so zu sehen führt dazu, dass ich das<br />

Kino verlasse und mich in meinem eigenen<br />

Körper wohler fühle und denke: „Na klar, der<br />

Körper ist nicht perfekt, aber scheiß doch<br />

drauf, fickt euch doch alle.“ Ich bin mal<br />

gespannt, wie junge Frauen den Film finden.<br />

JURI: Ich habe mich mal mit Corinna über<br />

die Periode unterhalten.<br />

ROCHE: Du meinst Corinna, Helens Freundin<br />

aus dem Film?<br />

JURI: Ja. Und zwar ging es darum, sich vorzustellen,<br />

dass Männer einmal im Monat bluten.<br />

ROCHE: Woraus bluten die denn?<br />

Cape & Rock<br />

VALENTINO<br />

Stricktop<br />

DRIES VAN<br />

NOTEN Armband<br />

PRIVAT<br />

Schuhe<br />

JIMMY CHOO<br />

JURI: Na, da unten raus eben. Frauen haben<br />

da eine gewisse Macht, von der sie gar nicht<br />

wissen, dass sie sie haben. Für mich gehört<br />

Seine-Tage-Haben dazu. Man muss sich mal<br />

vorstellen, Männer würden einmal im Monat<br />

bluten, ohne eine Wunde zu haben oder einen<br />

Schmerz zu spüren. Das ist doch was extrem<br />

Kraftvolles. Das kann auch Angst machen.<br />

Man kann sich fragen, ob deswegen gewisse<br />

Religionen die blutende Frau als unrein<br />

bezeichnen. Diese negative Etikettierung ist<br />

eine Form der Unterdrückung.<br />

ROCHE: Das glaubst du?<br />

JURI: Ja. Stell dir vor, Männer würden bluten.<br />

Wäre das nicht kraftvoll?<br />

ROCHE: Ich dachte immer, dass Männer es<br />

nicht gut finden, dass Frauen so oft kommen<br />

können. Die weibliche Sexualität ist ja viel facettenreicher.<br />

Wenn ein Mann kommt, dann ist<br />

erst einmal Schicht. Das ist dann der kleine Tod.<br />

JURI: Ja.<br />

ROCHE: Der liegt dann da und bewegt sich nicht.<br />

JURI: Okay.<br />

ROCHE: Du könntest den supereinfach<br />

umbringen, der würde das gar nicht merken.<br />

JURI: Stimmt (lacht).<br />

ROCHE: Und eine Frau kann mit ihrem Mann<br />

schlafen, kann kommen, kommen, kommen,<br />

dreimal hintereinander kommen, den Mann<br />

liegen lassen und mit dem besten Freund von<br />

dem Mann wieder kommen, kommen,<br />

kommen. Deswegen konnten Männer früher<br />

auch nie sicher sein, dass die Kinder wirklich<br />

von ihnen sind. Ich glaube, die Vorstellung,<br />

dass Frauen sich woanders Kinder holen oder<br />

durch Fremdgehen schwanger werden, ist für<br />

Männer schrecklich. Das ist ultraverunsichernd<br />

und macht die richtig fertig. Und das<br />

wäre meine Erklärung, warum man Frauen<br />

unterdrückt und nicht die Regel.<br />

JURI: Verstehe.<br />

ROCHE: Das ist übrigens eine der lustigsten<br />

.


.<br />

"Gerade bei den Sexszenen war<br />

es mir wichtig, dass Frauen<br />

mir glauben. Also habe ich so<br />

eine Szene auch als<br />

Frau gespielt und nicht als die<br />

männliche Idee einer Frau"<br />

149<br />

Mantel DRIES<br />

VAN NOTEN


.<br />

Carla Juri<br />

150<br />

Szenen im Film, die Szene mit der<br />

Blutsschwesternschaft, wo Helen und<br />

Corinna die Tampons tauschen.<br />

JURI: Dann malen wir uns mit dem Blut ganz<br />

kreativ die Gesichter an.<br />

ROCHE: Als ich das gesehen habe, dachte ich:<br />

„Hä? Das hab ich im Buch aber nicht so<br />

geschrieben. Wieso schmieren die sich jetzt<br />

ihre Tampons ins Gesicht? Das ist jetzt aber<br />

voll ekelhaft!“ Haha.<br />

JURI: Ich fand das wie Karneval.<br />

ROCHE: Vor allem seid ihr ziemlich lange mit<br />

dieser Bemalung unterwegs. Ihr seid damit<br />

nicht nur kurz im Bild, sondern da kommen<br />

noch viele Szenen danach, wo ihr<br />

Periodenblut im Gesicht habt. Vieles in dem<br />

Buch erinnert ja an die anale Phase bei<br />

kleinen Kindern. Spielen mit Kacka und so.<br />

Da macht man daraus ein schönes<br />

Kunstwerk, zeigt es stolz den Eltern und<br />

bekommt eine gewatscht, weil man alles<br />

vollgeschmiert hat.<br />

JURI: Und dann kommt das Schamgefühl.<br />

ROCHE: Und das Schamgefühl macht es<br />

wiederum so lustig, über Sexualität zu<br />

schreiben. Eigentlich sind wir ja alle<br />

verklemmt. Alle kichern, wenn es um Sex<br />

geht. Und da frage ich mich immer, ob<br />

es wünschenswert ist, wenn die Gesellschaft<br />

in dieser Hinsicht wirklich frei von<br />

Verklemmungen wäre. Denn dadurch würde<br />

man echt viel Humormasse verlieren.<br />

Deswegen war es mir wichtig, dass der Film<br />

auch lustig wird. Denn wenn man das alles<br />

nicht lustig fände, wäre man total frei.<br />

Und dann könnte man über das Periodenblut<br />

gar nicht mehr lachen. Wäre doch irgendwie<br />

schade, oder?<br />

Jetzt im Kino: „Feuchtgebiete“<br />

STYLING Ingo Nahrwold / Bi goudi<br />

HAARE Manuela Kopp mit<br />

Produkten von Bumble and Bum ble<br />

MAKE-UP Andréas B. / basicsberlin<br />

mit Pflegeprodukten von Sensilis<br />

MANIKÜRE Patricia Puisy / NUDE.<br />

agency mit Produkten von Alessandro<br />

FOTO-ASSISTENZ Pau Cegarra<br />

STYLING-ASSISTENZ Paul Maximilian<br />

Schlosser, Melina Popp PRODUKTION<br />

Frank Seidlitz, Dorothea Fiedler<br />

DANK AN Akademie der Künste Berlin


.<br />

Kleid TOMMY<br />

HILFIGER<br />

COL LECTION<br />

Overknees<br />

CHRISTIAN<br />

LOUBOUTIN<br />

151


Top & Rock MICHAEL KORS Body<br />

RODARTE Shorts & Handschuhe<br />

ALEXANDER WANG Ohrringe<br />

(durchgehend getragen) CATBIRD<br />

Ketten (durchgehend getragen)<br />

LANVIN Ringe (durchgehend<br />

getragen) EN’S Handschuhe<br />

(durchgehend getragen) LACRASIA<br />

Gürtel CALVIN KLEIN COLLECTION<br />

& EMILY GRUCA Manschetten<br />

VERSUS & OPENING CEREMONY<br />

Manschetten (am Knöchel,<br />

durchgehend getragen) DAVID<br />

SAMUEL MENKES Schuhe MIU MIU<br />

.


.<br />

Jacken SACAI<br />

Kleid MIU MIU<br />

Manschetten<br />

VERSUS<br />

153<br />

Human League<br />

Fotos Craig McDean<br />

Styling Karl Templer<br />

DEMNÄCHST IM KLEIDERSCHRANK WIEDER VORN: BOMBERJACKEN,<br />

SCHWERGLIEDRIGE KETTEN, LEDERMANSCHETTEN, IM GRUNDE ALSO<br />

ALLES, WAS MADONNA SCHON IN „SUSAN… VERZWEIFELT<br />

GESUCHT“ TRUG. VERBLÜFFEND, DASS DAS COMEBACK DER<br />

ACHTZIGER SCHON LÄNGER DAUERT, ALS SIE TATSÄCHLICH WAREN


Top FENDI Jacke<br />

(um die Taille getragen)<br />

JUUN J Shorts ALEXANDER<br />

WANG Armband OPENING<br />

CEREMONY Sneaker<br />

COMME DES GARÇONS<br />

.


Jacke, Top, Rock &<br />

Gürtel GIVENCHY BY<br />

RICCARDO TISCI Shorts<br />

ALEXANDER WANG Hut<br />

DAVID SAMUEL MENKES<br />

Manschetten FENDI & JUAN<br />

CARLOS OBANDO Sneaker<br />

COMME DES GARÇONS<br />

.


.<br />

156<br />

Diese Seite:<br />

Kleid UNDERCOVER<br />

Body RODARTE Höschen<br />

ARAKS Manschetten FENDI<br />

& JUAN CARLOS OBANDO<br />

Rechte Seite:<br />

Jacken STELLA McCART-<br />

NEY & ALEXANDER<br />

WANG Shorts ALEXANDER<br />

WANG Sicherheitsnadel<br />

VERSUS Höschen ARAKS<br />

Armbänder GI VENCHY BY<br />

RICCARDO TISCI &<br />

OPENING CERE MONY


.<br />

157


.<br />

Diese Seite:<br />

Jacke MIU MIU Body<br />

VERSACE Hut DAVID<br />

SAMUEL MENKES<br />

Manschetten FENDI<br />

Rechte Seite:<br />

Jacke, Shorts & Sneaker<br />

COMME DES GARÇONS<br />

Bandeau EMILY GRUCA<br />

Leggings STELLA<br />

McCARTNEY FÜR ADIDAS


.<br />

159


.<br />

Diese Seite:<br />

Jacke JUUN J T-Shirt<br />

JEREMY SCOTT<br />

Hose J. W. ANDERSON<br />

Sicherheitsnadel VERSUS<br />

Gürtel EMILY GRUCA<br />

Höschen ARAKS Manschetten<br />

VERSUS, OPENING<br />

CEREMONY & JUAN<br />

CARLOS OBANDO Sneaker<br />

COMME DES GARÇONS<br />

Linke Seite:<br />

Mantel MIU MIU Shorts<br />

ALEXANDER WANG<br />

Hut DAVID SAMUEL<br />

MENKES Gürtel CALVIN<br />

KLEIN COL LECTION<br />

Manschetten FENDI &<br />

JUAN CARLOS OBANDO<br />

161<br />

PHOTOGRAPHER Craig McDean /<br />

Art + Commerce HAIR Eugene Souleiman<br />

/ Streeters for Wella Professionals<br />

MAKE-UP Mark Carrasquillo<br />

using Tatcha Skincare & Anastasia<br />

MANICURE Bernadette Thompson<br />

for Bernadette Thompson Nail<br />

Col lection MODEL Sam Rollinson<br />

/ Women CASTING Michelle Lee<br />

PRODUCTION Kate Collings-Post<br />

for North 6 RETOUCHING Whit<br />

Lane for Craig McDean Studio<br />

DIGITAL TECHNICIAN Nicholas<br />

Ong PHOTO ASSISTANTS Simon<br />

Roberts, Huan Nguyen, Maru Teppei<br />

STYLING ASSISTANTS Melissa<br />

Levy, Jo shua Courtney, Luca<br />

Galasso HAIR ASSISTANTS Pamela<br />

Baumgartner, Hiro Watase MAKE-<br />

UP ASSISTANT Kat Reyes SPE-<br />

CIAL THANKS Skylight West Studios


Diese Seite:<br />

Top SAINT<br />

LAURENT BY<br />

HEDI SLIMANE<br />

Rechte Seite:<br />

Kleid PROENZA<br />

SCHOULER<br />

Ring DIOR<br />

.


.<br />

Charlotte<br />

f Ever<br />

Sie ist die Tochter des<br />

heimlichen Königspaares<br />

von Frankreich, hat nette<br />

Platten aufgenommen<br />

und große Filme gedreht.<br />

Aber es gibt Menschen, für<br />

die Charlotte Gainsbourg<br />

immer ein Rätsel bleibt. Das<br />

gilt sympathischerweise<br />

auch für sie selbst<br />

V Doug Aitken<br />

Fot Driu Crilly & Tiago Martel<br />

Styling Karen Kaiser<br />

Charlotte Gainsbrg<br />

163


.<br />

Charlotte Gainsbrg<br />

164<br />

BH CARINE GILSON<br />

Rock HERMÈS<br />

DOUG AITKEN: Ich bin überhaupt nicht vorbereitet auf<br />

dieses Gespräch. Aber das ist vielleicht gar nicht so<br />

schlecht, oder?<br />

CHARLOTTE GAINSBOURG: Genau, es ist sogar besser, unvorbereitet<br />

zu sein.<br />

AITKEN: Also – fangen wir einfach an. Wie treibt Lars<br />

(von Trier) dich als Schauspielerin an?<br />

GAINSBOURG: Er ist wahrscheinlich der einzige Regisseur,<br />

der morgens ans Set kommt und sagt: „Ich weiß nicht, wie<br />

wir das machen sollen, also zeig mir doch einfach mal was.“<br />

AITKEN: Das ist bestimmt nicht so leicht, wie es sich anhört.<br />

GAINSBOURG: Es ist ziemlich nervenaufreibend, in eine<br />

Szene zu gehen, ohne einen Plan zu haben. Man muss einfach<br />

akzeptieren, dass man sich gleich lächerlich macht.<br />

Aber Lars ist sehr ehrlich in allem, was er tut, das macht<br />

seine Arbeit auch so besonders.<br />

AITKEN: Improvisation spielt wahrscheinlich eine große<br />

Rolle, wenn man mit ihm arbeitet?<br />

GAINSBOURG: Allerdings! Er kann sehr brutal sein, wenn<br />

ihm nicht gefällt, wie man etwas gespielt hat. Aber ich<br />

schätze seine Ehrlichkeit. Manchmal habe ich das Gefühl,<br />

dass er Schauspielerei nicht ausstehen kann. Und ich<br />

glaube, ich kann ganz gut verstehen, warum ihm das<br />

so geht.<br />

AITKEN: Was bedeutet die Schauspielerei für dich persönlich,<br />

welche Rolle spielt sie in deinem Leben?<br />

GAINSBOURG: Ich schauspielere die ganze Zeit!<br />

AITKEN: (lacht)<br />

GAINSBOURG: Das stimmt. Ich höre mich jetzt mit dir<br />

reden und merke, wie ich dabei schauspielere. Ich hasse<br />

es, das an mir zu beobachten.<br />

AITKEN: In der Kunst ist es sehr schwer zu sagen, ob es<br />

einen Unterschied zwischen Fiktion und Realität gibt.<br />

Ich meine, wo liegt denn die Grenze?<br />

GAINSBOURG: Keine Ahnung. Hast du denn das Gefühl,<br />

dir selbst gegenüber authentisch zu sein?<br />

AITKEN: Ich weiß es nicht.<br />

GAINSBOURG: Ich glaube nämlich nicht, dass ich das kann.<br />

Ich kämpfe zum Beispiel ständig gegen den Druck an,<br />

höflich sein zu müssen, weil ich das Gefühl habe, dass es<br />

einen davon abhält, der zu sein, der man wirklich ist.<br />

AITKEN: Unter deinem Schafspelz verbirgt sich also in<br />

Wahrheit eine furchtbar wilde Wölfin?<br />

GAINSBOURG: (lacht) So ist es!<br />

AITKEN: Lass die Bestie raus! Wann hast du mit der<br />

Schauspielerei angefangen?<br />

GAINSBOURG: Als ich zwölf war. Meine Mutter hat<br />

mich immer mit ans Set mitgenommen, wenn sie gedreht<br />

hat, so auch bei ihrem Film La pirate. Da spielte ein<br />

Mädchen mit, das kaum älter war als ich damals. Ich<br />

war furchtbar eifersüchtig und habe es die ganze Zeit<br />

mit bösem Blick verfolgt.<br />

AITKEN: Ah, da haben wir also die Wölfin.<br />

GAINSBOURG: (lacht) Heute sagt meine Mutter immer,<br />

das sei der Moment gewesen, in dem sie wusste, dass<br />

ich das auch machen wollte. Sie schrieb mir dann einen<br />

Zettel: „Hier, schau mal, die suchen ein Mädchen in<br />

deinem Alter …“ Sie wollte mich nicht drängen, darum<br />

schrieb sie nur diese Notiz. Ich fand sie, als ich aus<br />

der Schule nach Hause kam, und bin einfach hingegangen,<br />

ohne lange nachzudenken.<br />

AITKEN: Wie war es, das erste Mal vor der Kamera<br />

zu stehen?<br />

GAINSBOURG: Ich war sehr schüchtern. Ich war daran gewöhnt,<br />

immer zur Seite geschubst zu werden, wenn<br />

meine Mutter gedreht hat. Ständig rief jemand: „Aus<br />

dem Weg!“ Ich habe mich immer hinter dem Sofa<br />

versteckt und ihr von dort beim Spielen zugesehen. Als<br />

ich dann selbst vor der Kamera stand, hat mich das<br />

gleichzeitig beschämt und wahnsinnig glücklich gemacht.<br />

Ich erinnere mich noch an eine Szene, in der ich es zum<br />

ersten Mal geschafft habe, vor der Kamera zu weinen. Ich<br />

war so stolz darauf.<br />

AITKEN: Die Musik deines Vaters, die Filme deiner<br />

Mutter: Du bist in einem kreativen Umfeld aufgewachsen.<br />

Wie war das?<br />

GAINSBOURG: Ich wünschte, ich hätte das besser in<br />

Erinnerung. Ich habe meinen Vater gar nicht so oft<br />

schreiben sehen, denn meistens hat er das nachts<br />

getan. Wir haben einfach zusammengelebt. Meine Eltern<br />

hatten gerne Spaß. Sie sind oft ausgegangen (lacht).<br />

Natürlich haben wir Musik gehört, aber meistens beschränkte<br />

sich das auf Chopin, Bach und Elvis Presley.<br />

Und natürlich habe ich die ganzen Künstler, mit denen<br />

meine Eltern befreundet waren, oft gesehen.<br />

AITKEN: Du beschreibst das wie eine Collage: Eindrücke<br />

von Leuten, die ständig bei euch ein- und ausgingen,<br />

Stücke, die geschrieben wurden, Bilder, Flughäfen, Hotels,<br />

Abflüge, Ankünfte …<br />

GAINSBOURG: Aber es gab nicht diese Extravaganz, die<br />

man heute aus all den Celebrity-Lifestyle-Blättern


.<br />

"Es ist ziemlich<br />

nervenaufreibend,<br />

ne Plan in eine<br />

Szene zu gehen.<br />

Man muss akzeptieren,<br />

dass man<br />

sich gleich lächerlich<br />

macht"<br />

Miederhöschen<br />

DOLCE & GABBANA<br />

High Heels PRADA


.<br />

Charlotte Gainsbrg<br />

166


Links:<br />

Hemd GIVENCHY<br />

BY RICCARDO<br />

TISCI Höschen ERES<br />

Pumps SAINT<br />

LAURENT BY<br />

HEDI SLIMANE<br />

Unten:<br />

Kleid LOUIS<br />

VUITTON<br />

BH & Höschen ERES<br />

gewohnt ist. Meine Eltern waren nicht <strong>gerade</strong> die<br />

Bodenständigsten, aber es gab keinen Protz bei uns. Sie<br />

haben nicht von großen Häusern und Schwelgen im<br />

Luxus geträumt. Mein Vater hatte Flugangst. Wir sind<br />

immer mit dem Zug gefahren und nie weiter als bis<br />

London oder Venedig. Einmal bin ich aber mit meinem<br />

Vater nach Barbados geflogen. Er hat sich tierisch<br />

betrunken auf dem Flug. Damals habe ich ziemlich doll<br />

gegen seine Alkoholsucht angekämpft. Jetzt wünsche<br />

ich mir manchmal, ich wäre etwas toleranter mit ihm umgegangen<br />

und hätte das einfach akzeptiert.<br />

AITKEN: Venedig, Barbados … das ist also deine<br />

Vorstellung von einer einfachen Kindheit, ja?<br />

GAINSBOURG: Du hast ja recht (lacht). Irgendwie gleicht<br />

mein Leben schon dieser Collage. Andererseits ist<br />

meine Familie so anormal wie jede andere auch. Meine<br />

Eltern haben sich getrennt, als ich neun war, und ich<br />

bekam eine Stiefmutter, die nur zwölf Jahre älter war als<br />

ich, also mehr wie eine ältere Schwester. Das war ein<br />

ganz neues Leben. Dann kam meine Mutter mit einem<br />

anderen zusammen. Und mit 19 traf ich Yvan, meinen<br />

zukünftigen Ehemann. Wir sind jetzt seit 22 Jahren zusammen.<br />

Was bedeutet es, den Mann, mit dem man<br />

sein Leben verbringt, so jung kennenzulernen? Wir müssen<br />

wirklich eine Komplizenschaft haben! Mittlerweile habe<br />

ich mehr Zeit mit ihm verbracht als ohne ihn.<br />

AITKEN: Und wann kam die Musik ins Spiel?<br />

.<br />

GAINSBOURG: Als ich jünger war, hatte ich einen ziemlich<br />

miesen Musikgeschmack. Glücklicherweise kam ich auch<br />

mit Ian Dury in Kontakt, was natürlich keine schlechte<br />

Musik ist. Pink Floyd habe ich auch gehört und natürlich<br />

die Musik meiner Eltern. Aber auch französischen Pop,<br />

meine Eltern brachten mir aus der Plattenfirma immer<br />

diese kleinen 45er mit … Kennst du die noch, diese<br />

kleinen ohne Hülle?<br />

AITKEN: Ja!<br />

GAINSBOURG: Meistens furchtbares Zeug (lacht). Viel Mist.<br />

AITKEN: Ich finde deine Musik sehr atmosphärisch. Ein<br />

bisschen verträumt, ein bisschen psychedelisch, wunderschöne<br />

Geräusche. Auf mich wirkt es immer so, als wäre<br />

deine Stimme dein Instrument. Ein neues Instrument auf<br />

der Soundskala.<br />

GAINSBOURG: Das macht Sinn. Deswegen wollte ich auch<br />

immer mit Air arbeiten, um meine Stimme mit ihrer atmosphärischen<br />

Musik zusammenzutun. Mein Gesang ist nicht<br />

besonders technisch, aber heute stört mich das nicht mehr.<br />

AITKEN: Das sollte es auch nicht.<br />

GAINSBOURG: Früher habe ich das ehrlich gesagt nicht so<br />

locker gesehen. Während meiner ersten gemeinsamen<br />

Tour mit Beck habe ich die ganze Zeit versucht, dieses<br />

Schamgefühl abzuschütteln.<br />

AITKEN: Wo kommen deine Songs her?<br />

GAINSBOURG: Mit Beck lief es zum Beispiel so, dass wir<br />

gemeinsam über Themen diskutiert haben. Es ging<br />

um Dinge, die mich damals beschäftigt haben. Sehr<br />

persönliche Dinge, wie meinen Unfall. Heute schreibe<br />

ich eher alleine. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal auf<br />

Französisch schreiben würde, wegen meines Vaters.<br />

Aber das ist nun mal meine Muttersprache, deswegen<br />

passiert das ganz natürlich.<br />

AITKEN: Wie hat dein Vater seine Songs geschrieben?<br />

GAINSBOURG: Er hat Themen komponiert. Wenn er<br />

einen Titel fertig hatte, hat er ihn mir, meiner Mutter,<br />

meiner Schwester Kate, Bambou (Stiefmutter von Charlotte<br />

Gainsbourg) und seinem Art director vorgespielt und<br />

wollte wissen, was wir dabei empfinden. Und er hat immer 167<br />

bis zum allerletzten Tag gewartet, bevor er mit dem<br />

Schreiben anfing. Es war wahnsinnig stressig, aber er<br />

"Ich habe nie<br />

Drogen genmen<br />

– wahrscheinlich,<br />

weil ich den Exzess<br />

durch meine Eltern<br />

mitgelebt habe"<br />

konnte nicht anders. Ich habe noch Aufnahmen von<br />

ihm. Es sollte ein Album werden.<br />

AITKEN: Wow. Kann ich das mal hören?<br />

GAINSBOURG: Leider kann ich es <strong>gerade</strong> selbst nicht mal<br />

hören, weil es eine spezielle Form der Kassette ist und ich<br />

das Abspielgerät dafür nicht mehr finde. Seit 22 Jahren<br />

suche ich nun schon danach. Wahrscheinlich finde ich es<br />

absichtlich nicht, weil es zu emotional wäre, das nun zu<br />

hören.<br />

AITKEN: Okay, zurück ins Jahr 2013. Du bringst einen<br />

neuen Film raus.


Overall ELIE SAAB<br />

.


.<br />

STYLING Karen Kaiser /<br />

Streeters MAKE-UP William<br />

Bartel / Artlist HAIR<br />

Alexandry Costa / Artlist<br />

DIGITAL TECHNICIAN<br />

Quentin Curtat PHOTO<br />

ASSISTANT Alex Salle de<br />

Chou STYLING ASSISTANT<br />

Yasmina Benabdelkrim<br />

PRODUCTION H&K Paris<br />

Mantel & Kette<br />

CÉLINE<br />

Body YASMINE<br />

ESLAMI<br />

Höschen ERES<br />

Overknees CHANEL


GAINSBOURG: Zwei sogar! Nymphomaniac, den neuen Film<br />

von Lars, und dann noch eine französische Komödie:<br />

Jacky im Königreich der Frauen von Riad Sattouf. Gesehen<br />

habe ich aber beide noch nicht (lacht).<br />

AITKEN: Nymphomaniac wird ein ziemlicher Schocker.<br />

Was war denn die Initialzündung für dieses Projekt?<br />

GAINSBOURG: Du erinnerst dich doch noch an das Festival<br />

in Cannes, als Lars diese desaströse Melancholia-Pressekonferenz<br />

gegeben hat, auf der er diesen Hitler-Kram gequatscht<br />

hat?<br />

AITKEN: Hm, hm.<br />

GAINSBOURG: Am Morgen davor gaben wir jedenfalls ein<br />

kleines <strong>Interview</strong>, in dem Lars plötzlich sagte: „Ach ja,<br />

und mein nächster Film wird übrigens ein Porno mit den<br />

beiden da.“ Dabei zeigte er auf Kirsten (Dunst) und<br />

mich. Wir dachten erst, das sei ein Scherz, und haben<br />

einfach versucht, es wegzulachen.<br />

AITKEN: (lacht) Ist es denn wirklich ein Porno?<br />

GAINSBOURG: Es ist die Lebensgeschichte einer Frau,<br />

von ihrem 2. bis zum 50. Lebensjahr. Sie wird erzählt<br />

anhand der Bandbreite ihrer sexuellen Erfahrungen.<br />

AITKEN: Also du und Lars, ihr seid aber auch wirklich<br />

ein Dream-Team …<br />

GAINSBOURG: Ich hoffe es! Gerade bin ich etwas traurig,<br />

weil ich das Gefühl habe, es könnte unser letzter<br />

gemeinsamer Film gewesen sein. Was, wenn er mich<br />

nie wieder fragt, ob ich mit ihm drehen will?<br />

AITKEN: Jetzt mach dir mal nicht ins Hemd.<br />

GAINSBOURG: Was steht bei dir eigentlich <strong>gerade</strong> an?<br />

AITKEN: Mein nächstes Projekt heißt Station to Station.<br />

Es wird ein bewegtes Projekt: eine Zugreise durch die<br />

USA, von New York bis San Francisco mit Happenings<br />

an verschiedenen Stationen. In Brooklyn tritt zum<br />

Beispiel eine Voodoo-Kapelle auf, bunte Rauchbomben<br />

werden explodieren und so, alles mit Blick übers<br />

Wasser nach Manhattan.<br />

GAINSBOURG: Außer dieser Band treten doch auch noch<br />

andere Musiker auf. Was machen die?<br />

AITKEN: Die können machen, worauf sie Lust haben. Es<br />

gibt keine strikten Regeln. Genau darum geht es: um<br />

die Kunst des Loslassens. Vielleicht hast du ja Lust, No<br />

Age oder The Stooges zu begleiten.<br />

GAINSBOURG: Loslassen zu können ist wirklich das höchste<br />

Ziel, sowohl in der Musik als auch beim Schauspiel.<br />

AITKEN: Wenn etwas zu bequem läuft, werden die Dinge<br />

vorhersehbar. Auf Vorhersehbarkeit folgt die Bedeutungslosigkeit,<br />

und so wird etwas letzten Endes ästhetisch.<br />

GAINSBOURG: Deshalb zwinge ich mich immer, meinen<br />

Wohlfühlbereich zu verlassen.<br />

AITKEN: Das heißt, du machst immer wieder Sachen,<br />

die sich für dich fremd anfühlen?<br />

GAINSBOURG: Unbedingt. Glaubst du, dass jedes<br />

Kunstwerk provozieren muss?<br />

AITKEN: Ganz und gar nicht! Ich glaube sogar, dass das<br />

Wort Provokation in diesem Kontext keine Bedeutung<br />

hat. Die Leute denken immer, Kunst müsse schocken,<br />

je mehr Sex und Gewalt, desto besser. Aber Kunst, die<br />

provoziert, kann ganz still sein, wie eine 70er-Jahre-Skulptur<br />

von Donald Judd. Man sitzt einfach davor und fragt<br />

sich, warum das so außergewöhnlich ist. Es ist fast so, als<br />

hätte jemand die Leere in einen Rahmen gesteckt.<br />

GAINSBOURG: Und deshalb provoziert es?<br />

AITKEN: Ja, und falls es dich nicht stört, würde ich an<br />

"Meine Eltern haben sich<br />

getrennt, als ich neun war,<br />

und ich bekam eine Stiefmutter,<br />

die nur zwölf Jahre<br />

älter war als ich"<br />

dieser Stelle noch mal auf deine Kindheit zurückkommen.<br />

Ich stelle mir all die Hotels vor und die Autos, deinen<br />

Vater, der spät in der Nacht Musik macht, und dabei höre<br />

ich förmlich diesen Gainsbourg-Soundtrack im Hinter -<br />

grund. Ich glaube, jeder empfindet deine Kindheit und<br />

dein ganzes Leben als Provokation.<br />

GAINSBOURG: Die Leute denken jedenfalls immer, dass<br />

man als Tochter eines Musikers und einer Schauspielerin<br />

automatisch ein viel reicheres und blumigeres Leben<br />

geführt haben muss als der Rest der Welt. Dabei habe ich<br />

nie Drogen genommen oder zu viel getrunken – wahrscheinlich,<br />

weil ich den Exzess durch meine Eltern mitgelebt<br />

habe. Ich war ihr stiller Beobachter.<br />

AITKEN: Und was hast du daraus mitgenommen?<br />

GAINSBOURG: Ich bin nicht ganz sicher, ob es etwas damit<br />

zu tun hat, aber ich hatte schon immer schreckliche<br />

Angst davor, unnatürlich zu sein. Ich erinnere mich noch<br />

ganz genau daran, wie meine Mutter einmal sagte: „Ich<br />

wünschte, ich hätte in den Sechzigern nicht immer so viel<br />

Make-up getragen. Ich sah so hässlich aus! Du siehst am<br />

besten aus, wenn du diesen ganzen Kram einfach weglässt.“<br />

Seitdem laufe ich immer nur in Jeans und T-Shirt herum.<br />

AITKEN: Trägst du etwa keinen Lippenstift?!<br />

GAINSBOURG: Lippenstift! Den habe ich noch nie tragen<br />

können! Allerdings stehen meine Töchter total auf<br />

Pink und all den typischen Mädchenkram. Ich war nie so.<br />

AITKEN: Deshalb hast du also jedes Mal Cowboystiefel<br />

an, wenn ich dich sehe.<br />

GAINSBOURG: Ich bin eben keine Fashionista. Das liegt<br />

einfach nicht in unserer Familie. Mein Vater ist immer in<br />

einer regelrechten Uniform herumgelaufen, jeden Tag.<br />

Vielleicht besaß er dazu noch zwei, drei Paar derselben<br />

weißen Repetto-Schuhe, aber das war es auch schon.<br />

Wenn meine Mutter Fotos gemacht hat, hat sie sich schon<br />

darum gekümmert, was sie anhat. Aber zu Hause überhaupt<br />

nicht. Meine Schwestern – wir kommen alle von<br />

unterschiedlichen Vätern – sind allerdings alle völlig<br />

anders als ich. Die sind immer viel ausgegangen, haben<br />

Spaß gehabt und sich ausprobiert. Ich habe das eher<br />

durch meine Filme getan.<br />

AITKEN: Ich finde das toll! Viel besser als einen vollständigen<br />

Kleiderschrank.<br />

„Nymphomaniac 1“ startet<br />

voraussichtlich am 27. 2. 2014<br />

.<br />

171


.<br />

Zu<br />

Hause<br />

Louis Vuitton<br />

172<br />

bei Louis<br />

DIE NEUE<br />

KOLLEKTION!<br />

IM NEUEN<br />

MAISON<br />

LOUIS VUITTON!<br />

Fot Markus Pritzi<br />

Styling Klaus Stockhausen


.<br />

Alle Looks &<br />

Accessoires<br />

LOUIS VUITTON<br />

HERBST/WINTER<br />

2013/2014


.<br />

Love and light<br />

178


.<br />

Naomi<br />

trifft<br />

Marc<br />

SIE WAR SEINE BRAUTJUNGFER,<br />

UND ER TÄTOWIERTE SICH<br />

EINE COUCH AUF DEN BAUCH.<br />

OHNE CREATIVE DIRECTOR<br />

MARC JACOBS LÄGEN BEI LOUIS<br />

VUITTON DIE KLEIDER NOCH<br />

IM KOFFER. EIN GESPRÄCH<br />

ÜBER KUNSTVOLLE KÖRPER<br />

UND KÖRPERLICHE KUNST<br />

V Naomi Campbell<br />

Foto Jean-Paul Goude<br />

179


Love and light<br />

180<br />

NAOMI CAMPBELL: Guten Morgen!<br />

MARC JACOBS: Hallo, meine Liebe! Wie geht es dir?<br />

CAMPBELL: Gut, und dir?<br />

JACOBS: Bei mir ist alles okay.<br />

CAMPBELL: Wir haben uns lange nicht gesprochen. Bei mir<br />

ist einfach sehr viel los <strong>gerade</strong>. Ich bin etwas überarbeitet.<br />

JACOBS: Wem sagst du das. Wo steckst du?<br />

CAMPBELL: In London. Davor war ich in Paris, aber nur für<br />

zwei Tage. Als ich am zweiten Tag gehört habe, dass<br />

du auch da bist, dachte ich nur: „Scheiße, und ich muss<br />

Morgen abreisen.“ Geht es dir denn auch gut?<br />

JACOBS: Ja, ja. Ich habe nur einfach wahnsinnig viel zu tun.<br />

Genau wie du.<br />

CAMPBELL: Ich muss auch noch mal ganz in Ruhe mit dir<br />

reden. So nur wir beide, verstehst du? (lacht)<br />

JACOBS: Aha … und worüber?<br />

CAMPBELL: Oh Gott. Da gibt es vieles … ich werde dir das<br />

schon noch erzählen. – Ich lege einfach los. Erzähl doch<br />

erst mal was über deine aktuelle Kollektion. Damit<br />

wolltest du ja zeigen, dass es im Leben mehr Facetten gibt<br />

als Schwarz und Weiß. Deshalb hast du dich den<br />

Grautönen zugewandt.<br />

JACOBS: Das sind natürlich immer Metaphern. Gegensätze<br />

wie zum Beispiel Schwarz und Weiß sind eben extrem<br />

und dadurch aufregender. Aber dazwischen liegen alle<br />

möglichen Grautöne. Es war ein sehr persönliches Anliegen<br />

für mich, keine farbenfrohe Schau aufzusetzen. Die<br />

Entwürfe entstanden, als ich quasi obdachlos war, kurz<br />

nachdem der Hurrikan Sandy New York heimgesucht hatte.<br />

Mir erging es noch ganz gut, ich konnte im Mercer<br />

Hotel unterkommen. Aber dort habe ich mir Gedanken<br />

darüber gemacht, wie viele Dinge im Leben man<br />

einfach nicht unter Kontrolle hat. In der Mode scheint es<br />

ja auch oft, als gäbe es nur die eine oder die andere<br />

Seite, obwohl dazwischen tatsächlich so viele Grautöne<br />

liegen. Wir haben also ein stark gedimmtes Licht für<br />

die Show gewählt, sodass die Farben möglichst schwach<br />

wirken. Danach haben wir alles noch mal im Licht<br />

gezeigt, damit man die eigentlichen Farben richtig sehen<br />

konnte. Es war ein bisschen wie beim Zauberer von Oz.<br />

CAMPBELL: Schön! Manchmal frage ich mich, wie du<br />

das alles machst. Du hast Marc Jacobs und Marc by Marc<br />

Jacobs und Little Marc Jacobs und dann auch noch<br />

Bookmarc, was mir übrigens sehr gefällt …<br />

JACOBS: Ich mache das ja nicht allein. Für jede meiner<br />

Linien habe ich ein großartiges Team. Das sind alles so<br />

tolle Leute. Angefangen bei Robert Duffy, meinem<br />

Partner, über die Designer bis in die Strickereien und zu<br />

den Leuten, die sich um die Damenmode, Schuhe und<br />

Handtaschen bei Louis Vuitton kümmern. Ich fühle mich<br />

da mehr als Teil eines großen Unternehmens, das sich Marc<br />

Jacobs nennt, und als Teil eines noch größeren Unternehmens<br />

namens Louis Vuitton.<br />

CAMPBELL: Und du sitzt am Kopfende des Tisches (lacht).<br />

JACOBS: Aber es ist auch gut, Leuten vertrauen zu<br />

können, die dasselbe ästhetische Verständnis haben und<br />

dieselben Ziele verfolgen.<br />

CAMPBELL: Und sie müssen dich sehr gut kennen. Aber du<br />

hast recht: Vertrauen spielt eine wichtige Rolle. Ich weiß<br />

nicht, ob wir uns über die nächste Frage schon mal<br />

unterhalten haben, aber ich stelle sie trotzdem: Was sollte<br />

man beziehungsweise frau niemals tragen?<br />

JACOBS: Ich glaube nicht an ein „Niemals“. Ich habe auch<br />

.<br />

schon alle möglichen Sachen getragen. Sogar Boxer shorts.<br />

Was magst du denn gar nicht?<br />

CAMPBELL: Ich finde Birkenstocks schrecklich.<br />

JACOBS: Birkenstocks habe ich schon getragen! Man sollte<br />

niemals nie sagen. Ich versuche, solch einen Absolutismus<br />

in der Mode zu vermeiden. Die Leute sollten tragen, was<br />

sie glücklich macht. Was auch immer das sein mag.<br />

CAMPBELL: Jetzt, wo du das sagst, erinnere ich mich sogar<br />

an dich in Birkenstocks. Ich habe die Dinger trotzdem<br />

nie getragen, ich mag die nicht.<br />

JACOBS: Das kann ich mir schon vorstellen.<br />

CAMPBELL: (lacht) Du trägst also alles, was du willst. Gibt<br />

es keinen bestimmten Stil, den du bevorzugst oder gar<br />

nicht magst?<br />

JACOBS: Nicht wirklich. Ich pflege allerdings einen<br />

chroni schen Zynismus gegenüber dem Wort „modern“. Ich<br />

glaube einfach, dass Leute die Dinge, die sie aus ihrem<br />

täglichen Leben gewohnt sind, aus genau diesem Grund<br />

als modern verstehen. Aber das, was für den einen normal<br />

ist, ist es eben nicht automatisch für den anderen. Ich<br />

finde es wesentlich romantischer und poetischer, von einer<br />

modischen Ernsthaftigkeit zu sprechen, als davon, dass<br />

etwas modern sei. Trotzdem weckt dieses Wort in mir<br />

einen gewissen Zynismus oder Sarkasmus. Ich denke mir<br />

einfach: „Kleider sind Kleider, und die Leute kaufen die,<br />

„Jeder sollte heiraten<br />

dürfen, wen er<br />

möchte. Man kann<br />

niemandem vorschreiben,<br />

wen er<br />

zu lieben hat. Da<br />

gibt es für mich<br />

keine Diskussion”<br />

die ihnen gefallen, und tragen sie, um damit anderen<br />

Leuten zu gefallen oder weil sie sich gut da rin fühlen.“<br />

CAMPBELL: Darum geht es mir auf jeden Fall, ich möchte<br />

mich gut fühlen.<br />

JACOBS: Genau. Was auch immer gut fühlen bedeutet. Es<br />

kann glamourös bedeuten oder hübsch …<br />

CAMPBELL: Was jeder auf seine Weise interpretiert.<br />

JACOBS: So ist es.<br />

CAMPBELL: Kusama, Richard Prince, Murakami, Stephen<br />

Sprouse – du warst definitiv derjenige, der Mode wieder<br />

in Verbindung mit Tanz und Kunst gebracht hat. Wie kam<br />

es dazu?<br />

JACOBS: Als ich bei Vuitton anfing, habe ich viel über<br />

europäische Kultur nachgedacht. Über Zeiten, in denen<br />

ein richtiger kreativer Austausch zwischen Menschen in<br />

unterschiedlichsten Berufen stattgefunden hat. Es war Jean<br />

Cocteau, dessen Zeichnungen als Stickereien um gesetzt<br />

wurden. Picasso tobte sich auch abseits der Staffelei aus.<br />

Kunst, Musik, Mode, Theater, Opern, Ballett – das waren<br />

alles Orte kreativen Ausdrucks, die niemanden ausschlossen<br />

teilzuhaben. Als ich bei Vuitton anfing, dachte<br />

ich mir: „Hier steht der Name Vuitton an der Tür, und<br />

ich mache bei denen mit. Was habe ich anzubieten?“ Und<br />

eine Antwort darauf waren neuartige Kollaborationen.


Zum Beispiel mit externen Künstlern, die man dazu<br />

einlädt, das Logo auf ihre Weise zu interpretieren. So fing<br />

das an.<br />

CAMPBELL: Für mich sind das richtige Kunstwerke. Ich<br />

habe eine ganze Sammlung von Stephen-Sprouse-Taschen.<br />

Ebenso die ganzen Murakamis. Das sind heute<br />

Sammlerstücke.<br />

JACOBS: Jedes Mal, wenn wir eine dieser Kollaborationen<br />

gemacht haben, waren wir mit viel Enthusiasmus dabei.<br />

Das Logo und auch die Marke Louis Vuitton an sich sind<br />

ikonisch. Deshalb war es den Leuten eine besondere<br />

Freude und eine tolle Möglichkeit, sie mit ihrem ganz<br />

eigenen Blick zu betrachten und neu zu gestalten.<br />

CAMPBELL: Wie möchtest du in die Geschichte eingehen?<br />

Als healthy-wealthy oder berühmt für deine Mode?<br />

JACOBS: Ich habe mich nie als healthy-wealthy-Designer<br />

gesehen, sondern immer als einen ehrlichen Menschen, der<br />

so ist wie jeder andere auch.<br />

CAMPBELL: Du benennst die Dinge, wie sie sind.<br />

JACOBS: Zumindest gebe ich mir Mühe. Ich habe auch<br />

immer ehrlich über meine Probleme gesprochen, genauso<br />

wie über die Dinge, die mir Spaß gemacht haben.<br />

CAMPBELL: Marc, seitdem ich dich kenne, warst du immer<br />

aufrichtig und ehrlich.<br />

JACOBS: Auch in dem Punkt mache ich keinen Unterschied<br />

zwischen meinem Beruf und meinem Privatleben. Natürlich<br />

habe ich ein Privatleben, aber mein Beruf in der<br />

Modewelt nimmt so viel Raum ein, dass ich nicht wirklich<br />

Grenzen ziehe. Klar, es gibt ein privates und ein öffentliches<br />

Wesen, aber wenn es mir nicht gut geht oder wenn mich<br />

etwas fröhlich macht, dann merkt man mir das auch an,<br />

wenn ich bei der Arbeit bin. Ich möchte glaubwürdig sein<br />

und den Dingen so begegnen, wie sie nun mal sind.<br />

CAMPBELL: Ich war 16, als wir uns kennengelernt haben.<br />

Christy (Turlington), Cindy (Crawford) und ich sind in<br />

deiner Show gelaufen. Christy war die Braut, und Cindy<br />

und ich waren die Brautjungfern, mit Schleier und allem<br />

Drum und Dran.<br />

JACOBS: Ja, darüber habe ich erst neulich wieder gesprochen.<br />

"Die Entwürfe entstanden,<br />

als ich quasi dachl<br />

war, kurz nachdem Sandy<br />

New Yk heim gesucht<br />

hatte. Mir erging<br />

es noch ganz gut"<br />

CAMPBELL: Und dann warst du bei Perry Ellis, und ich<br />

habe zu dir gesagt: „Marc, du hast es geschafft. Du bist bei<br />

einer großen Marke.“ Und du sagtest nur: „Nein, ich habe<br />

es nicht geschafft. Hier bin ich nicht glücklich. Ich will das<br />

nicht mehr machen. Ich will tun, worauf ich Lust habe.“<br />

JACOBS: Ja.<br />

CAMPBELL: Erinnerst du dich noch an die erste Show, die<br />

wir gemacht haben, als Donatella und Gianni gekommen<br />

sind? Das war so toll. In einem Teil von SoHo haben sie<br />

uns die Haare gemacht und im anderen …<br />

JACOBS: Gab es nicht einen Schulbus, der euch um den<br />

Block gefahren hat?<br />

CAMPBELL: Oh ja! Ich habe noch die gesamte Kollektion,<br />

ich habe damals alles gekauft. Die Show war der Wahn sinn.<br />

Als du dich dazu entschlossen hattest, nicht länger bei Perry<br />

Ellis zu bleiben, war das für viele erst mal …<br />

JACOBS: Na ja, als ich bei Perry Ellis angefangen habe, war<br />

nicht alles schlecht. Aber es entwickelte sich in eine Richtung,<br />

die nicht gut war. Mein Geschäftspartner Robert<br />

Duffy und ich hatten das Gefühl, es allen recht machen zu<br />

müssen. Also sind wir wieder dazu übergegangen, das zu<br />

tun, was sich richtig anfühlte. Die Grunge-Kollektion, die<br />

dann folgte, wurde sehr berühmt. Ich denke, das war der<br />

Punkt, an dem mir klar wurde, dass ich das ausdrücken<br />

muss, was in mir steckt, was ich fühle. Und weil denen das<br />

nicht gefallen hat, war es an der Zeit, sich zu trennen.<br />

CAMPBELL: Die meisten Menschen hätten trotzdem große<br />

Angst, an so einem Punkt noch mal neu anzufangen.<br />

JACOBS: Weder Robert noch ich sind Leute, die einfach das<br />

Handtuch werfen. Wir lieben, was wir tun. Selbst wenn<br />

etwas kompliziert wird oder sich Hindernisse auftun,<br />

haben wir ein Ziel vor Augen, an das wir glauben und das<br />

wir verfolgen.<br />

CAMPBELL: Nein, du gibst wirklich nicht auf. Du bist ein<br />

Arbeitstier.<br />

JACOBS: (lacht) So viel ist sicher!<br />

CAMPBELL: Ich muss übrigens sagen, dass dein Körper in<br />

Topform ist.<br />

JACOBS: (lacht)<br />

CAMPBELL: Glaubst du, die physische Stärke hat dich auch<br />

psychisch verändert?<br />

JACOBS: Ich bin schon etwas selbstsicherer geworden. Ich<br />

fühle mich einfach besser. Aber nicht nur mein Äußeres<br />

hat sich verändert. Ich esse auch gesünder.<br />

CAMPBELL: Der Geist fühlt sich auch besser, oder?<br />

JACOBS: Ja. Das ist quasi ein Dominoeffekt.<br />

CAMPBELL: Marc, wie viele Tattoos hast du dir eigentlich<br />

stechen lassen, seit wir uns kennen? (kichert)<br />

JACOBS: Ich glaube, es sind 33.<br />

CAMPBELL: (lacht laut) Und was ist mit dem auf deiner<br />

Brust?<br />

JACOBS: Ähm, ich glaube, du sprichst von der Couch, oder?<br />

Die ist etwas weiter unten.<br />

CAMPBELL: Ja.<br />

JACOBS: Ach, die habe ich mir einfach so machen lassen.<br />

Ich bin an meine Tattoos immer sehr spontan heran -<br />

gegangen. Auch wenn sie von Dauer sind. Ich bin einfach<br />

zu Saved Tattoo in Brooklyn gegangen, dem Laden von<br />

Scott Campbell, in dem ich fast alle meine Tattoos habe<br />

stechen lassen, und meinte zu ihm: „Ich hätte gerne eine<br />

Couch.“ Und er sagte: „Okay.“ Die Couch ist übrigens<br />

mein Lieblingstattoo.<br />

CAMPBELL: Sind Tattoos so eine Art heimliches Laster für<br />

dich?<br />

JACOBS: Es macht mir auf jeden Fall großen Spaß, sonst<br />

würde ich es nicht machen. Das ist nebenbei bemerkt eine<br />

Jean-Michel-Couch (lacht).<br />

CAMPBELL: Yves Saint Laurent hat eine Abschiedsrede<br />

gehalten, in der er gesagt hat: „Ich verstehe jetzt, dass die<br />

wichtigste Begegnung, die man in seinem Leben macht,<br />

die mit sich selbst ist.“ Hast du diesen Moment schon<br />

erreicht?<br />

JACOBS: Ich schätze, daran arbeitet man sein ganzes Leben,<br />

oder nicht? Ich denke schon, dass ich mich in einiger<br />

Hinsicht sehr gut kenne. Aber letztlich ist das ein Puzzle,<br />

.<br />

181


Love and light<br />

182<br />

das nie ganz fertig wird. Da wird es immer was zu entdecken<br />

geben. Man wird neue Dinge an sich entdecken,<br />

neue Interessen finden. Man sollte nicht zu stur sein, das<br />

Verhalten und die Einstellung zum Leben nicht auch mal<br />

zu verändern.<br />

CAMPBELL: Wie definierst du Schönheit? Bedeutet das<br />

Perfektion für dich?<br />

JACOBS: Nein. Nein, gar nicht. Eine einzige Definition<br />

davon, was Schönheit ist, gibt es nicht. Ich kann Schönheit<br />

in Dingen finden, die sehr gewöhnlich und alltäglich<br />

sind. Ich finde sie aber auch im Unperfekten, in Dingen,<br />

die merkwürdig oder schräg sind. Ich versuche, den<br />

Dingen mit der Naivität eines Kindes zu begegnen, das<br />

sich alles ganz unvoreingenommen ansieht. Kinder<br />

können nicht erklären, warum, aber manchmal fühlen sie<br />

sich angezogen und hypnotisiert von etwas. Darin liegt<br />

Schönheit verborgen: in einer unerklärbaren Anziehungs -<br />

kraft, die von einer Sache ausgeht und die dich anzieht.<br />

CAMPBELL: Welcher war dein größter Mode-Fauxpas?<br />

JACOBS: Keine Ahnung!<br />

CAMPBELL: Sag mal, stimmt es, dass du <strong>gerade</strong> einen Film<br />

gedreht hast, Disconnect?<br />

JACOBS: Das habe ich, ja!<br />

CAMPBELL: Davon wusste ich gar nichts!<br />

JACOBS: Ich habe aber nur eine sehr kleine Rolle …<br />

CAMPBELL: Und hat es dir gefallen, war das eine gute<br />

Erfahrung?<br />

JACOBS: Nein, es war total schwierig.<br />

CAMPBELL: (lacht)<br />

JACOBS: Natürlich habe ich mich gefreut, eine neue Erfahrung<br />

machen zu können. Aber alles hat sehr lange<br />

gedauert, und es war auch sehr ermüdend. Man musste<br />

lange aufbleiben, und es war schrecklich kalt. In der Mode<br />

gibt es auch viele Dinge, die ermüdend sind, die Anproben<br />

zum Beispiel. Aber an diese Art der Ermüdung bin ich<br />

gewöhnt, und ich liebe sie. Aber in die Welt der Schauspielerei<br />

einzutauchen und ständig gesagt zu bekommen,<br />

was man aufsagen soll und dass man es noch mal anders<br />

aufsagen soll, immer und immer wieder, für Stunden …<br />

CAMPBELL: Und immer wieder mit derselben Energie.<br />

JACOBS: Genau, dann heißt es: „Mach das noch mal, aber<br />

sei spontan dabei“ – und ich nur so: „Wie bitte?“ Man<br />

muss sich gehen lassen können.<br />

CAMPBELL: Ich erinnere mich an so viele Situationen, in<br />

denen ich dir gesagt habe: „Marc, wann fährst du denn<br />

endlich mal in Urlaub, du brauchst das!“ Wie handhabst<br />

du das heute? Kannst du abschalten? Nimmst du dir jetzt<br />

manchmal Urlaub?<br />

JACOBS: Ich mache Nickerchen. Das ist meine größte Erholungsquelle.<br />

CAMPBELL: Wie bitte?<br />

JACOBS: In der Regel halte ich nach dem Mittagessen<br />

kleine Nickerchen. Dann lege ich mich auf den Rücken, in<br />

einem stillen Raum, und schalte ab.<br />

CAMPBELL: Du hast eine Andy-Warhol-Strecke für eine<br />

Jubiläumsausgabe der amerikanischen <strong>Interview</strong> gemacht<br />

und warst selbst als Andy auf dem Cover zu sehen. Hast<br />

du ihn mal getroffen?<br />

JACOBS: Ja, ein paar Mal, als ich noch jünger war.<br />

CAMPBELL: Wie war es, ihn zu verkörpern?<br />

JACOBS: Erst einmal war ich sehr geehrt, als man mich<br />

fragte, ob ich das machen würde. Glenn O’Brien kam als<br />

Erstes mit der Idee auf mich zu. Ich selbst hätte mich<br />

.<br />

niemals hingestellt und gesagt: „Ich will Andy Warhol<br />

sein.“ Dazu verehre ich ihn und seine Arbeit viel zu sehr.<br />

Ich habe aber verstanden, warum sie mich dafür haben<br />

wollten. Der Vorschlag kam zu der Zeit, als meine<br />

Zusammenarbeit mit Murakami und Richard Prince<br />

für Louis Vuitton sehr erfolgreich wurde. Andy hat sich<br />

auch immer viele Gedanken über die Verbindungen<br />

zwischen Kunst und Mode gemacht. Sie waren überzeugt,<br />

dass ich die richtige Person sei, um Andy Warhol auf<br />

dem Jubiläumscover darzustellen. Ich bin sehr froh, dass<br />

ich das gemacht habe.<br />

CAMPBELL: Du bist dieses Jahr 50 geworden.<br />

JACOBS: Oh jaha!<br />

CAMPBELL: Wie hat sich das angefühlt?<br />

JACOBS: Ach, eigentlich war es ein Tag wie jeder andere.<br />

Keine große Offenbarung. Ich war am Strand von Rio<br />

de Janeiro und hatte einfach einen guten Tag. Ich denke<br />

nicht besonderes viel über das Alter nach.<br />

"Man slte niemals nie<br />

sagen. Ich versuche, sch<br />

einen Absutismus in der<br />

Mode zu vermeiden.<br />

Die Leute slten tragen,<br />

was sie glücklich macht"<br />

CAMPBELL: Dein Vater war Agent bei der Talentagentur<br />

William Morris. Glaubst du, dass er dich in Sachen Kunst,<br />

Film und Musik beeinflusst hat?<br />

JACOBS: Ich glaube nicht, dass meine Eltern oder mein<br />

Vater im Speziellen einen konkreten Einfluss auf mich hatten.<br />

Aber ich denke, ich kann mich sehr glücklich<br />

schätzen, dass ich so offene Eltern hatte. Dank ihnen<br />

durfte ich in New York aufwachsen. Sie waren sehr liberale<br />

Leute. Bei uns gab es kein Richtig oder Falsch,<br />

es gab keinen Rassismus. Sie hatten keine Vorurteile und<br />

gehörten auch nicht zu den Leuten, die ständig irgendetwas<br />

ablehnen mussten. Glücklicherweise war ich kein<br />

Junge irgendwo aus dem Mittleren Westen, dessen<br />

Interesse, Modedesigner zu werden, niemand verstand.<br />

CAMPBELL: Würdest du dich als New Yorker bezeichnen?<br />

JACOBS: Ich bin auf jeden Fall ein New Yorker.<br />

CAMPBELL: Lass uns über die Legalisierung der Homo-Ehe<br />

sprechen.<br />

JACOBS: Ich bin natürlich dafür! Jeder sollte heiraten<br />

dürfen, wen auch immer er möchte. Man kann<br />

niemandem vorschreiben, wen er zu lieben hat. Da gibt es<br />

für mich keinerlei Diskussion. Ich bin froh, dass das<br />

Gesetz nun endlich durch ist. Menschen haben dieselben<br />

Gefühle, unabhängig von ihrer nationalen Zugehörigkeit<br />

oder von sexuellen Vorlieben. Und Liebe ist nun mal<br />

Liebe. Da spielt es keine Rolle, wer du bist oder woher du<br />

kommst.<br />

CAMPBELL: Präsident Obama scheint ja dafür zu sein.<br />

JACOBS: Ja, ich denke schon. Ich habe Obama jedenfalls<br />

gewählt, und ich finde, dass er ein großartiger Präsident<br />

ist. Er macht einen guten Job. Einen, den ich niemals<br />

übernehmen möchte!


.<br />

HAARE<br />

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/ Uschi Rabe<br />

MODELS Katlin<br />

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york, Andre Feulner<br />

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TENZ / DIGITAL<br />

OPERATOR Ben<br />

Ullmann FOTO-<br />

ASSISTENZ Andreas<br />

Fessler, Alex<br />

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TION Shotview


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LaLaLand<br />

SEIN STUDIO WAR DER SUNSET BOULEVARD,<br />

SEIN MATERIAL DIE IKONEN DES POP: VOR<br />

MEHR ALS 30 JAHREN ERFAND BRAD ELTERMAN<br />

JENEN LOOK, DER GENERATIONEN VON FOTOGRAFEN<br />

PRÄGEN SOLLTE. BEVOR IM SEPTEMBER SEIN NEUER<br />

BILDBAND ERSCHEINT, ZEIGEN WIR DIE BESTEN<br />

FOTOS – UND BESUCHTEN DEN ERSTEN PAPARAZZO<br />

DES ROCK ’N’ ROLL AM POOL DER VILLA LE REVE<br />

Von Jörg Harlan Rohleder<br />

Fotos Brad Elterman<br />

Portfolio Brad Elterman<br />

184<br />

Who’s that girl?<br />

Madonna bei den<br />

American Music<br />

Awards, Los<br />

Angeles, 1982


Madonna, 1982<br />

BRAD ELTERMAN: Dieser Blick sagt alles: Ein letzter<br />

Funken Unsicherheit ist noch in den Augen abzulesen,<br />

ansonsten sieht man bereits hier diese einzigartige Frau,<br />

die angetreten war, die Welt zu erobern. Ich war gebucht<br />

worden, um über die American Music Awards zu berichten,<br />

und wollte unbedingt diese heiße neue Sängerin aus<br />

New York fotografieren, die, wenn mich nicht alles<br />

täuscht, nicht einmal nominiert war. In diesem Raum war<br />

es unmöglich, ein gutes Foto zu bekommen, zumal mir<br />

klar war, dass alle Fotografen dasselbe Bild heimbringen<br />

würden. Also blieb ich am Rand stehen, wartete auf einen<br />

günstigen Moment und rief ihren Namen: MADONNA!<br />

INTERVIEW: Von einem echten Paparazzo hätten wir nichts<br />

anderes erwartet!<br />

ELTERMAN: Ich fühlte mich aber nicht wie einer, zumindest<br />

nicht nach heutigen Maßstäben. Heute belagern<br />

Paparazzi ihre Beute, bis sie ein Motiv, irgendein Motiv<br />

haben, das Bild ist egal. Sie verkaufen es an TMZ und all<br />

diese fürchterlichen Boulevard-Schauplätze, was in<br />

meinen Augen einfach nur vulgär ist. Ich wollte Ikonen<br />

schaffen und für die Ewigkeit festhalten! Deswegen lehne<br />

ich es auch ab, als Paparazzo bezeichnet zu werden.<br />

INTERVIEW: David Bowie, Debbie Harry, die Ramones:<br />

Sie fotografierten damals alles, was jung, wild und beinahe<br />

berühmt, mindestens aber berüchtigt war. Der Sunset<br />

Strip war Ihr Revier. Wer ist Ihnen nicht vor die Linse<br />

gekommen?<br />

ELTERMAN: Iggy Pop weigerte sich vehement. Und Dylan<br />

und Bowie waren ja eh schwer zu fassen, die waren auch<br />

damals schon Phantome.<br />

INTERVIEW: David Bowie lauerten Sie eine ganze Nacht<br />

lang auf, ansonsten hingen Sie bevorzugt backstage rum,<br />

im Whisky a Go Go oder im Roxy, auf irgendwelchen<br />

Parkplätzen, der Straße vor dem Hotel, am Pool oder im<br />

Park. Gab es nie Ärger?<br />

ELTERMAN: Robert Plant hetzte mir einmal seine Bodyguards<br />

auf den Hals.<br />

INTERVIEW: Was haben Sie dem Sänger von Led Zeppelin<br />

denn angetan?<br />

ELTERMAN: Nichts! Ich saß zu Hause bei meinen Eltern,<br />

da klingelte das Telefon. Der Fotograf Richard Creamer,<br />

der damals so etwas wie mein Mentor war, hatte gehört,<br />

dass Plant in einem Park in Encino mit ein paar Freunden<br />

Fußball spielt. Der Park lag keine fünf Blocks entfernt<br />

von meiner Haustür. Also schnappte ich die Kamera und<br />

rannte los. Und tatsächlich: Ich sah Plant und die Jungs, die<br />

tatsächlich in der Mittagshitze einen Ball kickten.<br />

INTERVIEW: Was nicht wirklich spektakulär ist.<br />

ELTERMAN: Umso spektakulärer war dafür die Hose, die<br />

Plant trug: eine knallenge Speedo! Als ich näher ranging,<br />

um ein besseres Bild zu bekommen, entdeckte mich Plant.<br />

Er zeigte mir den Mittelfinger, schickte seine Crew los,<br />

mich zu fangen, und drohte mir dann: „Du wirst in dieser<br />

Stadt nie wieder arbeiten.“ Damals war ich noch keine<br />

18. Ich hatte natürlich total Schiss und verkroch mich zu<br />

Hause in meinem Zimmer. Dort wartete ich und wartete,<br />

als nach ein paar Tagen noch immer kein Killerkommando<br />

vor der Tür stand, traute ich mich wieder raus. Mein<br />

erster Gang war der zur Post: Ich hatte ja genug Zeit gehabt,<br />

Abzüge von Plant in Speedos zu machen – und die<br />

verschickte ich sofort an Redaktionen auf der ganzen<br />

Welt. Das war ein ziemlicher Scoop!<br />

"Ich würde alles dafür<br />

geben, einen Mittag mit<br />

Lindsay Lan in Venice<br />

abhängen zu dürfen"<br />

The Runaways, 1977<br />

ELTERMAN: Das sind Joan Jett und Sandy West am Santa<br />

Monica Pier. Ich hatte die Girls überredet, mit mir an den<br />

Strand zu fahren. Dort haben wir ein paar Bilder gemacht,<br />

aber dieses hier hat den besten Moment. Ist es nicht irre, wie<br />

ähnlich Joan hier Kristen Stewart sieht? Oder sieht Kristen<br />

Stewart einfach nur Joan ähnlich?<br />

INTERVIEW: Sie haben von niemandem mehr Fotos gemacht<br />

als von Joan Jett. Waren Sie besessen von ihr – oder<br />

tatsächlich mit ihr befreundet?<br />

ELTERMAN: Sowohl als auch. Ich war in erster Linie Fan<br />

all dieser Bands und merkte schnell, dass die Kamera<br />

meine Eintrittskarte in die Welt meiner Helden war. Die<br />

Bands fanden es wiederum super, dass ich so jung war,<br />

quasi ein Teenager. Ich war weder bedrohlich noch<br />

aufdringlich, sondern einfach nur schüchtern. Gleichzeitig<br />

mochten sie meine Bilder – in einer Zeit, in der niemand<br />

eine Kamera hatte. Deswegen fanden sie es cool, dass<br />

ich da war. Es war eine Win-win-Situation. Joan wohnte<br />

damals noch im Tropicana Motel, einem fürchterlichen<br />

Schuppen, in dem alle jungen Bands abstiegen. Das<br />

Tropicana war ein Loch, aber ich habe es geliebt.<br />

Zwei Ausreißer<br />

am Santa Monica<br />

Pier: Joan Jett (l.)<br />

und Sandy West<br />

.<br />

185


.<br />

Portfolio Brad Elterman<br />

186


Matt Dillon, 1980<br />

ELTERMAN: Ich bekam einen Anruf von Super Teen, einer<br />

dieser Jugendzeitungen also, die Chefin wollte, dass ich<br />

diesen unbekannten, <strong>gerade</strong> mal 16-jährigen Schauspieler<br />

fotografiere. Also rief ich dessen Manager an, und am<br />

nächsten Tag kamen er und ein überaus schüchterner Matt<br />

Dillon bei mir im Studio vorbei. Damals gab es noch<br />

keine Agenten, die jeden Schritt, jede Handbewegung,<br />

jede Jeansmarke ihrer Schutzbefohlenen kontrollierten. Vic<br />

Ramos setzte sich einfach auf das Sofa in der Ecke und<br />

blätterte durch irgendein Magazin. Ihm war es scheißegal,<br />

was ich mit seinem Matt anstellte. Es gab kein Styling,<br />

kein Make-up, keinen Idioten, der an den Haaren<br />

rumfummelte.<br />

„All diese Agenten,<br />

Pressevögel, Berater und<br />

Marketing-Möchtegerns,<br />

die wie Blutegel an den<br />

Stars hängen, haben das<br />

Spiel kaputt gemacht“<br />

INTERVIEW: Was heute undenkbar wäre.<br />

ELTERMAN: Heute hängen all diese Idioten besserwisserisch<br />

am Set rum und verderben jede Chance auf eine gute<br />

Atmosphäre. Dabei haben sie dort nichts verloren. Sie<br />

machen nur Wind, um ihren Nichtjob zu rechtfertigen.<br />

INTERVIEW: Vielleicht.<br />

ELTERMAN: Es sind nicht die Stars, die komplizierter<br />

geworden sind, sondern der ganze nervtötende Apparat,<br />

der sie umkreist und heiße Luft als Arbeit begreift. Die<br />

Armada von Wichtigtuern und Nichtskönnern, all diese<br />

Agenten, Pressevögel, Berater und Marketing-Möchtegerns,<br />

die wie Blutegel an den Stars hängen, haben das<br />

Spiel kaputt gemacht. Diese Typen haben mich in den<br />

späten Achtzigern so genervt, dass ich irgendwann<br />

entschieden habe, eine Lizenz als Immobilienheini zu<br />

machen.<br />

INTERVIEW: Warum das denn?<br />

ELTERMAN: Weil der Strip tot war. Und ich keine Lust<br />

hatte, für jedes Bild eine Erlaubnis zu erbetteln. Wer in<br />

den Siebzigern ein Bild im Kasten hatte, durfte dies<br />

auch verkaufen. Es war seins. Darauf baute mein ganzes<br />

Geschäftsmodell: Ich fotografierte Bowie und machte<br />

Abzüge. Diese verschickte ich an die Redaktionen in<br />

England, Deutschland, Japan und sonst wohin und bekam<br />

bei Abdruck mein Honorar. Gewiss: Der Aufwand<br />

war gigantisch. Man investierte neun Dollar, um zehn zu<br />

machen. All die Abzüge, Portokosten, Ungewissheiten.<br />

Aber das Bild gehörte mir. Heute muss man bei jeder Veröffentlichung<br />

eine Erlaubnis einholen. Die Agenten<br />

haben die Spielregeln zu ihren Gunsten verändert – und<br />

darauf hatte ich keinen Bock.<br />

Superteen Matt<br />

Dillon: kein Styling,<br />

kein Make-up, kein<br />

Einspruch<br />

David Bowie, 1975<br />

ELTERMAN: Okay, ich gestehe: Das ist mein erstes richtiges<br />

Paparazzobild. Ich hatte gehört, Bowie sei in der Stadt, ein<br />

Freund meinte, er sei im Cherokee Studio auf der Fairfax<br />

Avenue und arbeite an seinem nächsten Album.<br />

Nachdem ich wochenlang den Pressemenschen von Bowie<br />

genervt hatte und keine andere Möglichkeit sah, Bowie<br />

vor die Linse zu bekommen, campierte ich nachts vor dem<br />

Studio. Ich war 18 oder so, wohnte noch bei den Eltern<br />

und schwänzte die Schule für dieses Bild. Um sechs in der<br />

Früh kam Bowie schließlich raus …<br />

INTERVIEW: Und dann?<br />

ELTERMAN: Ich kroch schnell aus dem Wagen und drückte<br />

ab! Bowie blieb nicht einmal stehen. Er sah mich nur an,<br />

sagte: „Good morning.“ Achten Sie auf den Schatten! Er<br />

passt überhaupt nicht zu seiner Haltung. Bowie war schon<br />

damals nicht von dieser Welt.<br />

INTERVIEW: Was sagten denn Ihre Eltern dazu, dass Sie<br />

sich nachts auf dem Sunset Strip umtrieben?<br />

ELTERMAN: Ich bin in einem ziemlich liberalen Elternhaus<br />

aufgewachsen, in Sherman Oaks. Mein Vater war<br />

Zahnarzt, meine Mutter malte. Ich hatte im Ferienlager<br />

gelernt, wie man Bilder entwickelt, also beschlagnahmte<br />

ich ihr Atelier. Dad verfügte leider über keinerlei<br />

gute Kontakte, aber er kaufte uns Tickets für Bob Dylan,<br />

Karten in der ersten Reihe. Ich nahm unsere Familienkamera<br />

und fotografierte wild drauflos. Das waren meine<br />

ersten Bilder. Und da ich es nicht besser wusste, schickte<br />

ich diese an Magazine in London.<br />

INTERVIEW: Wurden Sie dafür auch bezahlt?<br />

ELTERMAN: Damals gab es 20 Pfund pro Bild, was ein<br />

Vermögen für mich war.<br />

David Bowie<br />

verlässt morgens<br />

um sechs das<br />

Cherokee Studio<br />

.<br />

187


Portfolio Brad Elterman<br />

188<br />

So gut kann<br />

Punk aussehen<br />

(Teil 1): Steve<br />

Jones in Speedos<br />

"Er zeigte mir den Mittelfinger<br />

und drohte mir: ' Du wirst in<br />

dieser Stadt nie wieder arbeiten'"<br />

.<br />

Steve Jones, 1978<br />

ELTERMAN: Steve Jones! Ein echter Sex Pistol! Der Gitarrist<br />

der wichtigsten englischen Band seit den Beatles in<br />

meinem Pool! Damals wohnte ich in einem Irrenhaus auf<br />

Doheny, direkt am Sunset Strip. Im ganzen Haus lebten<br />

irgendwelche Musiker, Freaks, Models, Dealer, Verrückte,<br />

Schauspieler, eine einzige, ziemlich hemmungslose Party,<br />

es war wirklich wild. Angeblich hat sich sogar Sly Stallone<br />

dort eingemietet. Eines Mittags kam Steve vorbei, und<br />

wir dachten, es sei lustig, am Pool rumzualbern. Dabei entstand<br />

diese Aufnahme. Steve sieht aus wie ein verdammtes<br />

Calvin-Klein-Model. Es gibt noch ein anderes Bild: Darauf<br />

sieht man Steve, wie er im Pool liegt und onaniert (lacht).<br />

INTERVIEW: Wissen Sie, was Steve heute macht?<br />

ELTERMAN: Wir sind befreundet. Steve ist mein Nachbar,<br />

er wohnt die Straße hoch. Vor ein paar Monaten hatten<br />

wir die Idee, dieses Bild nachzustellen. Er kam zu mir in<br />

die Villa, sprang in den Pool und holte seinen Schwanz<br />

raus. Wir wussten beide nicht mehr, in welcher Hand er<br />

ihn hatte, also schickte er mich ins Haus, damit ich<br />

auf dem Original die Handhaltung überprüfte. Alles sollte<br />

genauso aussehen wie vor 35 Jahren.<br />

INTERVIEW: Allerdings haben Sie den Pool gewechselt.<br />

Heute empfangen Sie Ihre Gäste in der sagenumwobenen<br />

Villa le Reve.<br />

ELTERMAN: Das klingt größer, als es ist (lacht). Schauen<br />

Sie sich mal den Pool an, der ist nicht wirklich fürs<br />

Schwimmen geeignet. Aber immerhin kann man nackte<br />

Mädchen – oder Rockstars – gut darin in Szene setzen.<br />

INTERVIEW: Und was braucht man für eine anständige<br />

Poolparty?<br />

ELTERMAN: Girls! Mädchen, die wenig anhaben. Einen<br />

Pool! Und einen DJ, der etwas von Disco versteht!<br />

So gut kann Punk<br />

aussehen (Teil 2): The<br />

Ramones ohne Leder,<br />

dafür bauchfrei<br />

The Ramones, 1978<br />

ELTERMAN: Ich kriege eine Gänsehaut, wenn ich das Bild<br />

sehe. Von dieser Band könnten sich all die anderen Bands<br />

eine Menge abschauen. Die Ramones wohnten damals<br />

im Sunset Marquis, was nicht einmal einen Block von der<br />

Kreuzung Sunset und Alta Loma entfernt lag. Dafür,<br />

dass diese Jungs Amerikas wichtigste Punkband waren, flirten<br />

sie ziemlich heftig mit der Kamera. Das waren Vollprofis.<br />

Wohin die Jungs nach dieser Aufnahme wollten?<br />

Keine Ahnung. Wahrscheinlich ins Whisky. Wie immer.<br />

INTERVIEW: Wo sind denn die Lederjacken? Die Ramones<br />

sehen ja aus wie eine Boyband!<br />

ELTERMAN: Waren sie das nicht? (lacht) Nein, natürlich<br />

nicht. Sie waren Giganten! Wenn es irgendwann gar nicht<br />

mehr läuft, könnte ich Ramones-Touren durch L. A.<br />

anbieten …


.<br />

So gut kann Punk<br />

aussehen (Teil 3):<br />

Debbie Harry vor<br />

ihrem ersten Auftritt<br />

im Whisky<br />

Behind the Beverly Hills Hotel, 1977<br />

ELTERMAN: David Lane hatte dieses gigantische Anwesen,<br />

direkt hinter dem Beverly Hills Hotel. Irgendwer nahm<br />

mich mit, die meisten Gäste waren viel älter als ich.<br />

Jedenfalls stehe ich an dieser Bar, versuche, eine 7 Up zu<br />

bestellen, als auf einmal dieses Mädchen anfängt, sich<br />

auszuziehen. Direkt vor mir. Die ganzen Typen drehten<br />

natürlich durch. Es war nicht Nachmittag, nicht einmal<br />

früher Abend. Dummerweise hatte ich ein 28-Millimeter-<br />

Weitwinkelobjektiv auf der Kamera. Also stolperte ich<br />

zurück, warf dabei beinahe die Bar um und drückte so oft<br />

auf den Auslöser, wie ich nur konnte.<br />

INTERVIEW: Die Party sieht aus, als wäre man gerne dabei<br />

gewesen. Gibt es solche Feste in Beverly Hills noch?<br />

ELTERMAN: Nicht mehr seit 1984 (lacht). In den späten Siebzigern<br />

war das nichts Besonderes: Ich war auf drei bis vier<br />

Partys pro Woche, die so aussahen. Achten Sie auf den<br />

Typen links. Ich glaube, der hieß Burt. Burt war auf jeder<br />

Party. Und Burt ist <strong>gerade</strong> auf dem Weg zu der Nackten,<br />

um sich ihre Nummer abzuholen.<br />

INTERVIEW: Viele glauben ja, dass L. A. <strong>gerade</strong> eine Art<br />

Comeback erlebt …<br />

ELTERMAN: Das denke ich auch. Nach all den Jahren des<br />

Stillstands passiert endlich wieder was. Hedi Slimane,<br />

Jeffrey Deitch und eine Menge anderer wohnen hier.<br />

Selbst die coolen Leute in New York kapieren, dass L. A.<br />

<strong>gerade</strong> spannender ist. Deswegen fotografiere ich auch<br />

wieder. Vergangene Woche war ich auf der Eröffnung<br />

einer Galerie, die angeblich die Kunstwelt neu erfinden<br />

will. Der Raum war so groß wie mein Schlafzimmer. Aber<br />

das ist egal: L. A. is happening again, baby!<br />

Die Formel Elterman:<br />

Brüste + Pool +<br />

Palmen = L. A.<br />

Debbie Harry, 1977<br />

ELTERMAN: Debbie Harry hinter der Bühne des Whisky a<br />

Go Go auf dem Sunset Strip. Ich habe es geliebt, Debbie<br />

zu fotografieren – und sie liebte es, fotografiert zu werden.<br />

Das Bild entstand backstage vor ihrem ersten Konzert in<br />

L. A. Jeder wollte sie sehen, jeder wollte sie fotografieren.<br />

Sie war immer sehr nett zu den Fotografen.<br />

INTERVIEW: Die anderen Fotografen warteten jedoch<br />

vor der Tür, nehme ich an.<br />

ELTERMAN: Mein Glück war, dass ich die ganzen<br />

Jungs damals kannte. Ihr Manager, Toby Mamis, lud<br />

mich ein, backstage zu fotografieren. Er wollte gute<br />

Bilder. Wobei ich zugeben muss, dass man damals<br />

auch viel einfacher backstage kam als heute.<br />

INTERVIEW: Nach Ihren Jahren als Fotograf gründeten<br />

Sie Fotoagenturen wie Online USA und Buzz<br />

Foto. Diese konnten Sie im digitalen Zeitalter ziemlich<br />

gewinnbringend verkaufen.<br />

ELTERMAN: Na ja, ich ahnte eben, wohin sich die<br />

Welt entwickeln würde. Aber damals steckte die<br />

digitale Fotografie noch in den Kinderschuhen, und<br />

mir war klar, dass das eigentliche Geschäft in den<br />

Agenturen liegen würde. In der Verbreitung. In ungeschminkten<br />

Bildern echter Stars, wie ich sie Jahre<br />

zuvor geliefert hatte. Also gründete ich ein paar<br />

Agenturen, die so arbeiteten, wie ich wollte. Es war<br />

ein Glücksfall, dass ich Online USA irgendwann<br />

gewinnbringend veräußern konnte – und so bin ich<br />

froh, dass ich es mir jetzt, 35 Jahre später, wieder leisten<br />

kann, einfach nur zu fotografieren.<br />

189


Portfolio Brad Elterman<br />

Michael Jackson, 1978<br />

ELTERMAN: Ach, der große Michael Jackson. Wir hatten<br />

uns bei diversen Konzerten und Partys langsam angenähert,<br />

und so kam es, dass Michael mich ins Chasen’s<br />

einlud. Dort sollte nach der Grammy-Verleihung eine<br />

Party stattfinden. Im Chasen’s gab es das beste Chili und<br />

das beste Hühnchen der Stadt. Als ich ankam, war der<br />

Laden, der an der Ecke Doheny Road und Beverly Boulevard<br />

lag, gerammelt voll. Michael hatte mir versprochen,<br />

dass ich alle und jeden auf der Feier fotografieren könne –<br />

doch das Bild des Abends entstand vor der Tür: Michael<br />

ging raus, um sich von den ganzen Schulterklopfern und<br />

Händeschüttlern ein wenig zu erholen, also folgte ich ihm.<br />

INTERVIEW: Er sieht sehr entspannt aus, entspannt und<br />

glücklich.<br />

ELTERMAN: Das war Michael damals auch noch. Er war<br />

der netteste Mensch im ganzen Laden.<br />

INTERVIEW: Waren die anderen Paparazzi sauer, dass Sie<br />

einen besseren Zugang hatten?<br />

ELTERMAN: Welche anderen Paparazzi? Es waren keine vier<br />

Fotografen vor Ort. Und auch kaum Fans – und die,<br />

die da waren, begrüßte Michael persönlich. Soll ich Ihnen<br />

sagen, was ich am liebsten an diesem Bild mag?<br />

INTERVIEW: Unbedingt!<br />

ELTERMAN: Den Fleck auf dem Trottoir. Der macht das<br />

Bild so herrlich unperfekt. Heute würden die Presseschergen<br />

verlangen, dass man ihn wegretuschiert – und<br />

das würde den ganzen Charme des Bildes zerstören.<br />

Gut gelaunt:<br />

Michael Jackson<br />

nach der Grammy-<br />

Verleihung 1978<br />

.<br />

190<br />

Filmreif: John Travolta<br />

und Olivia Newton-John<br />

knutschen auf der<br />

„Grease”-Premiere<br />

John Travolta, 1978<br />

ELTERMAN: John Travolta küsst Olivia Newton-John auf<br />

der Premiere von Grease, das muss also 1978 gewesen sein.<br />

Ich schlich den ganzen Abend um die beiden rum, sie<br />

hatten für mich gelächelt und posiert, aber das hier ist das<br />

Bild, das Geschichte schrieb.<br />

INTERVIEW: Weil John Travolta eine Frau küsst?<br />

ELTERMAN: Das ist frech, dazu werde ich nichts sagen.<br />

Nein, dieser Kuss wurde weltweit in Zeitungen und<br />

Magazinen veröffentlicht – und als ich das Bild auf meinem<br />

Tumblr veröffentlichte, hatte ich mehr als 120 000<br />

Likes binnen kürzester Zeit. Die Kids spüren, dass meine<br />

Bilder echt sind.<br />

INTERVIEW: Erklären Sie sich damit Ihr Comeback?<br />

ELTERMAN: Zum Teil. Aber ich weiß natürlich sehr zu<br />

schätzen, dass Olivier Zahm und die ganze Purple-Gang<br />

mich adoptiert haben.<br />

INTERVIEW: Wie kam es dazu?<br />

ELTERMAN: Irgendwann rief Olivier an und fragte, ob ich<br />

für Purple fotografieren wolle. Ein paar Monate später<br />

startete ich meinen eigenen Tumblr – obwohl ich keine<br />

Ahnung hatte, was ich da mache. Aber die Kids stehen auf<br />

das alte Zeugs. Ich fürchte, ich muss bald nachlegen.


.<br />

„Ich wollte Ikonen erschaffen<br />

und für die Ewigkeit festhalten!<br />

Deswegen lehne ich es ab, als<br />

Paparazzo bezeichnet zu werden“<br />

Nina Hagen, 1978<br />

ELTERMAN: Oh mein Gott, die durchgeballerte Deutsche.<br />

Nina hieß sie, Nina Hagen. Das war vielleicht eine<br />

verrückte Braut. Ich glaube, die Zeitschrift Popcorn rief<br />

mich an und fragte, ob ich Nina Hagen begleiten könne.<br />

Also fuhren wir zum Hollywood Boulevard und schauten<br />

uns die Sterne an. Der Typ rechts war meines Wissens<br />

nach ihr damaliger Ehemann.<br />

INTERVIEW: Und wer ist die alte Dame vor Nina? Ihre<br />

Mutter oder die Schwiegermutter?<br />

ELTERMAN: Irgendeine Oma. Wieso fragen Sie?<br />

INTERVIEW: Weil Nina so nah bei ihr steht. Die beiden<br />

wirken sehr vertraut.<br />

ELTERMAN: Nina kannte die alte Frau nicht! Definitiv nicht!<br />

Nina hat die Alte beklaut!<br />

INTERVIEW: Wie bitte?<br />

ELTERMAN: Ja! Auf dem Bild sieht man doch, wie Nina<br />

sich anschleicht – um im nächsten Moment der Alten das<br />

Portemonnaie aus der Tasche zu stibitzen.<br />

INTERVIEW: Sind Sie sich sicher?<br />

ELTERMAN: Absolut. Nina hatte das vorher auch genau so<br />

angekündigt. Es waren schon wilde Zeiten damals.<br />

INTERVIEW: Warum haben Sie eigentlich in den<br />

Achtzigern auf einmal aufgehört zu fotografieren?<br />

ELTERMAN: Weil ich die Musik so furchtbar fand. All diese<br />

grauenhaften Bands, die plötzlich den Strip übernahmen,<br />

Guns N’ Roses, Van Halen und wie sie alle hießen. Dazu<br />

kamen diese fiesen Teeniestars, die ich ohne Shirt<br />

fotografieren sollte. Am Anfang war das okay, doch dann<br />

erklärten sich Agenten und Pressesprecher zu Halbgöttern.<br />

Sie zwangen uns, die Rechte am eigenen Bild abzugeben.<br />

Wer ein Motiv nachdrucken wollte, musste betteln.<br />

Da wusste ich: Das ist nicht die Welt von Brad Elterman.<br />

INTERVIEW: Wenn die Achtziger und Neunziger so<br />

schlimm waren – wen wollen Sie heute fotografieren?<br />

ELTERMAN: Lindsay Lohan! Sie ist der einzige wirkliche<br />

Star, den wir haben. Ich würde alles dafür geben, einen<br />

Mittag mit Lindsay in Venice abhängen zu dürfen.<br />

Der Bildband „Dog Dance“<br />

erscheint am 30. September<br />

Hat Gaga erfunden:<br />

Nina Hagen auf dem<br />

Hollywood Boulevard


Elie .


.<br />

Saab<br />

EIN COUTUREKLEID VON DIESEM<br />

MANN KANN LOCKER ZWEI MILLIONEN<br />

DOLLAR KOSTEN. WER DIE NOCH NICHT<br />

ZUSAMMENHAT, KANN SICH JETZT<br />

SCHON MAL DEN DUFT DES BEIRUTER<br />

LUXUSLABELS GÖNNEN. GARANTIERT<br />

KEIN BISSCHEN WENIGER GLAMOURÖS<br />

Von Heike Blümner<br />

Porträt Jan Welters<br />

FOTOS: (linke Seite) Jan Welters/Trunk Archive; (rechte Seite) Bill Davila/action press<br />

INTERVIEW: Herr Saab, ich freue mich so, Sie zu treffen,<br />

denn wenn es auf der Welt einen einzigen Mann gibt,<br />

der mir die folgende Frage beantworten kann, dann sind<br />

Sie das. Also: Wer ist die schönste Frau der Welt?<br />

ELIE SAAB: Die schönste Frau der Welt ist die Frau, die an<br />

sich selbst glaubt. Sie ist selbstbewusst und gut zu sich<br />

selbst.<br />

INTERVIEW: Schön gesagt, aber ich meinte es etwas<br />

konkreter. Schließlich ist so ziemlich jeder Superstar und<br />

jede Prinzessin Kundin bei Ihnen.<br />

SAAB: Diese Frage kann ich nicht beantworten. Sie passt<br />

nicht zu mir. Wenn überhaupt, ist zum Beispiel Angelina<br />

Jolie auf eine gewisse Art schön und irgendeine Prinzessin<br />

auf eine andere Art. Das hängt ja von ihrem<br />

Charakter ab.<br />

INTERVIEW: Welche Frauen haben Ihren Sinn<br />

für Ästhetik geprägt, dass Sie solche Roben<br />

entwerfen?<br />

SAAB: Mich beeindruckt am meisten der Charakter<br />

einer Frau. Glauben Sie mir, um eine<br />

Kollektion zu entwerfen, kann ich nicht an all<br />

die Frauen denken, die mir je begegnet sind.<br />

Manchmal sehe ich einfach nur eine Frau auf der<br />

Straße oder in einem Restaurant, die meine<br />

Fantasie anregt und mich in meiner Kreativität<br />

beflügelt. Und glauben Sie mir noch etwas:<br />

Keine Frau ist charakterlich wie die andere.<br />

Star in Saab: Beyoncé<br />

bei der Premiere<br />

ihrer HBO-Doku „Life<br />

Is But A Dream“<br />

INTERVIEW: Als Sie Anfang der 80er-Jahre Ihr Label in<br />

Beirut gründeten, herrschte Bürgerkrieg. Wie muss man<br />

sich da die Gründung eines Couturehauses vorstellen?<br />

SAAB: Es gab genau diesen Moment, in dem es mir besonders<br />

wichtig erschien, in diesem Kriegsgemenge<br />

etwas Schönes und Elegantes auf die Beine zu stellen.<br />

INTERVIEW: Und ganz praktisch? War es schwierig,<br />

die notwendigen Materialien zu bekommen? War es<br />

sogar gefährlich?<br />

SAAB: Gefahr stand für mich nicht im Vordergrund,<br />

sondern Verantwortung. Besonders, seitdem ich geschäftliche<br />

Beziehungen mit den meisten arabischen Ländern<br />

aufgenommen habe. Mir war es immer wichtig, dass<br />

meine Kundinnen nichts von irgendeinem Krieg<br />

spüren oder davon, dass der Frieden<br />

auf sich warten lässt. Wenn die Welt schon nicht<br />

perfekt ist, muss meine Arbeit es wenigstens<br />

sein. Das ist eine große Herausforderung für alle<br />

europäischen Dienstleister und die Kunden in<br />

der arabischen Welt.<br />

INTERVIEW: Kommen die Beiruter auch heute<br />

noch aus allen Stadtteilen zu Ihnen?<br />

SAAB: Die Stadt ist heute ganz anders<br />

strukturiert als noch zu Kriegszeiten: Es gibt<br />

eine christliche und eine muslimische Seite – ich<br />

bin übrigens Christ –, aber ja. Zu mir kommen<br />

die Kunden aus allen Stadtteilen.<br />

Бauty Elie Saab<br />

193


194<br />

Die Saabinerinnen<br />

von 2013:<br />

Alessandra<br />

Ambrosio bei der<br />

De-Grisogono-<br />

Party in Cannes,<br />

Taylor Swift bei<br />

den Brit Awards<br />

in London, Amanda<br />

Seyfried bei der Berlinale<br />

und Rosamund<br />

Pike bei der Premiere<br />

von „World’s End“ in<br />

London (im Uhrzeigersinn)<br />

sowie Elie Saabs<br />

Duft „Le Parfum“<br />

INTERVIEW: Stimmt es, dass Sie<br />

sich anfangs auf Brautmode<br />

spezialisiert hatten?<br />

SAAB: Ja, im Libanon stehen bei<br />

der Couture die Braut, ihre<br />

Mutter und ihre Schwestern als<br />

Thema absolut im Vordergrund.<br />

Eine Hochzeit ist eines der<br />

wichtigsten Ereignisse im Leben<br />

einer Familie.<br />

INTERVIEW: Sie haben<br />

dann 1981 auch für kurze<br />

Zeit in Paris studiert.<br />

Wie kam es dazu?<br />

SAAB: Ich war damals<br />

schon im Geschäft, aber<br />

dann hatte ich diesen<br />

kurzen Moment von<br />

Selbstzweifeln und dachte:<br />

Du musst jetzt auch noch<br />

mal studieren. Aber als ich<br />

dann in Paris war, hatte<br />

ich das Gefühl, dass ich<br />

meine Zeit verschwende,<br />

und ging schnell wieder<br />

zurück.<br />

INTERVIEW: Künstlerisch<br />

war es aber doch eine<br />

spannende Zeit. Auch in<br />

der Mode herrschte<br />

Aufbruchstimmung in<br />

Europa. Es gab Vivienne Westwood in London, junge<br />

Wilde in Antwerpen – haben Sie sich dafür interessiert?<br />

SAAB: Nein, gar nicht. Von dem Moment an, in dem<br />

ich meine Augen öffnete, fand ich Frauen einfach<br />

nur schön, chic und elegant. Nichts anderes hat mich<br />

je berührt. Ich orientiere mich nur an normaler<br />

weiblicher Schönheit.<br />

INTERVIEW: Gibt es normale weibliche Schönheit<br />

überhaupt? Es gibt heute sehr viele Interpretationen von<br />

Weiblichkeit.<br />

SAAB: Da haben Sie recht. Sagen wir es so: Meine Interpretation<br />

ist immer ein wenig bourgeois, klassisch und<br />

mit großem Respekt für die individuelle Frau. Meine Kundinnen<br />

sind Prinzessinnen, Töchter angesehener<br />

Familien, Präsidentengattinnen oder erfolgreiche Unternehmerinnen.<br />

Sehr klassisch.<br />

INTERVIEW: Brauchen diese Kundinnen eine besondere Art<br />

von Aufmerksamkeit?<br />

SAAB: Jedes Couturehaus muss seinen Kundinnen<br />

besondere Aufmerksamkeit schenken, denn es geht um<br />

einen einzigartigen Service. Aber ich mag es nicht, wenn<br />

genau das übertrieben wird. Es geht vor allem um<br />

Respekt, sonst wirkt dieser Service schnell sehr bemüht.<br />

INTERVIEW: Wollen alle diese Kundinnen denn von Ihnen<br />

persönlich beraten werden?<br />

SAAB: Ich versuche es zumindest, denn so habe ich meine<br />

Karriere begonnen, aber ehrlich gesagt schaffe ich es<br />

nicht immer. Aber ich lege großen Wert darauf, meine<br />

alten, treuen Kunden zu treffen. Zu denen würde ich<br />

niemals Nein sagen, denn diese Leute haben von Anfang<br />

an an mich geglaubt.<br />

INTERVIEW: Ihre Kleider sind teilweise sehr kostbar und<br />

kosten über zwei Millionen Dollar …<br />

SAAB: … und mehr.<br />

INTERVIEW: Nennen Sie mir bitte ein paar gute Gründe,<br />

warum man so viel Geld für ein Kleid ausgeben sollte.<br />

SAAB: Weil es einen besonderen Anlass gibt, weil man viel<br />

Geld hat und weil einem das Kleid gefällt.<br />

INTERVIEW: Das Kleid sieht aus wie ein Kunstwerk, aber<br />

nach der Party hängt man es sich trotzdem nicht an die<br />

Wand, um sich daran zu freuen.<br />

SAAB: Es reicht doch auch völlig aus, es an einem besonderen<br />

Tag einmal im Leben zu tragen.<br />

INTERVIEW: Und danach zieht man es nie, nie wieder an?<br />

SAAB: Diese Kundinnen legen keinen Wert darauf, ein<br />

Kleid mehr als einmal zu tragen. Auch ich würde sagen,<br />

dass ein Couturekleid immer einen speziellen Anlass<br />

braucht. Das Leben dieser Frauen, die Couture tragen, ist<br />

anders als das Leben normaler Frauen. Sie können<br />

unglaublich viel Geld ausgeben, aber sie sind deswegen<br />

nicht dumm, und sie wissen genau, warum sie es machen.<br />

INTERVIEW: Warum genau?<br />

SAAB: Weil sie schön und einzigartig sein wollen an diesem<br />

einen Tag.<br />

INTERVIEW: Sie haben auch eine Prêt-à-porter-Linie.<br />

Welche anderen kreativen Aspekte verfolgen Sie damit?<br />

SAAB: Gar keine. Meine Kundinnen haben danach gefragt,<br />

denn sie wollten unbedingt auch tagsüber von mir<br />

angezogen werden. Außerdem wollte ich ein Modehaus<br />

aufbauen, und da gehört eine Prêt-à-porter-Linie einfach<br />

dazu, genauso wie Accessoires und Parfüm.<br />

INTERVIEW: Aber die Prêt-à-porter-Linie wird auch von<br />

anderen Frauen getragen, nicht nur von Ihren Couturekundinnen,<br />

oder?<br />

SAAB: Natürlich, auch in ihr findet man ja meinen Spirit.<br />

INTERVIEW: Manche Leute behaupten, dass Couture eine<br />

aussterbende Kunstform sei.<br />

SAAB: Solange es Frauen gibt, wird es Couture geben.<br />

INTERVIEW: Es geht auch weniger um die Nachfrage, sondern<br />

um den Nachwuchs. Wie sieht es damit aus?<br />

SAAB: Das Couturehandwerk ist sehr schwer, und es ist ein<br />

harter Job, ein Haute-Couture-Haus zu leiten. Es ist ein<br />

völlig anderes Leben. Deshalb gibt es tatsächlich immer<br />

weniger Couturedesigner. Prêt-à-porter-Designer zu werden<br />

ist viel, viel einfacher.<br />

INTERVIEW: Wo finden Sie Ihren Nachwuchs?<br />

SAAB: Mein Erfolg in der arabischen Welt hat viele junge<br />

Leute motiviert. Deshalb ist es mir wichtig, mit den<br />

Studenten in Kontakt zu treten und sie zu unterstützen.<br />

Ich bin froh, dass ich so erfolgreich bin, und die jungen<br />

Leute heute in Beirut wollen alle so sein wie ich. Damit<br />

geht eine große Verantwortung einher.<br />

INTERVIEW: Stimmt eigentlich das Gerücht, dass die<br />

arabischen Frauen, sofern sie verschleiert sind, unter ihren<br />

Schleiern viel ausgefallener gekleidet sind als zum Beispiel<br />

die Europäerinnen?<br />

SAAB: Es ist doch so: Egal, woher eine Frau kommt oder<br />

welche Religion sie hat, sie möchte einfach nur schön<br />

sein. Das ist das Ziel aller Frauen auf der Welt. Schön sein<br />

und anders als die anderen.<br />

INTERVIEW: Eine letzte, eventuell ungebührliche Frage:<br />

Kann man in einem Couturekleid auf Toilette gehen?<br />

SAAB: Wenn das Bad groß genug ist, ja.<br />

.<br />

FOTOS: action press (3); Can Nguyen/action press; PR


.<br />

Бauty Elie Saab<br />

195<br />

FOTO Markus Jans<br />

STYLING Klaus<br />

Stockhausen


.<br />

Jetset-Beauty<br />

V Bettina Brenn<br />

Illustratien Florian Bayer<br />

UM DEN GLOBUS JETTEN, KLEINE KINDER UND<br />

EINEN ANSPRUCHSVOLLEN JOB MANAGEN, FEIERN<br />

GEHEN – UND BEI ALL DEM AUSSEHEN, ALS WÜRDE<br />

ES STRESS UND SCHLAFMANGEL AUF DER WELT<br />

NICHT GEBEN: DIE HIGH PERFORMER DER NEUEN<br />

LUXUS-PFLEGESERIEN VERSPRECHEN GENAU DAS<br />

Pflege Kumne<br />

196<br />

Rihanna<br />

PARTYOVERLOAD Wer auf seine Yacht vor der<br />

französischen Riviera nicht nur Model-Freundin<br />

Cara Delevingne, sondern auch eine Krankenschwester<br />

mitnimmt, um per Vitaminspritze täglich den Kater<br />

weggepikst zu bekommen, braucht in Sachen Hautregeneration<br />

definitiv mehr als nur eine Creme. Der ideale<br />

Cocktail für den Morgen danach besteht aus Detoxpillen<br />

mit Shiitake, Zink, Selen und Vitaminen sowie hoch<br />

dosierten Fruchtsäure-Peeling-Pads, die den Teint glätten<br />

und jeden Grauschleier verschwinden lassen.<br />

EINMAL PRO WOCHE<br />

DEN TEINT AUFPOLIE-<br />

REN: „Le Weekend“ von<br />

Chanel, Fluid mit Rosenwasser<br />

und Glykolsäure,<br />

ca. 90 €; limitiertes Dreierset<br />

mit „Le Jour de<br />

Chanel“ und „La Nuit de<br />

Chanel“ ca. 240 €<br />

Diane<br />

Kruger<br />

DURCHGETAKTET Die 37-jährige<br />

Schauspielerin bringt derzeit mehrere<br />

Kinofilme, eine TV-Serie ( Th eB r i d g e ) ,<br />

diverse Modeljobs und auch noch ihren<br />

Lover Joshua Jackson unter einen Hut.<br />

Das klappt nur dank perfektem Timing.<br />

Ähnlich gut getaktet funktioniert die<br />

neue Chrono-Pflege von Chanel. Ihre<br />

drei Anti-Aging-Heros sind auf den<br />

Rhythmus der Haut abgestimmt – tagsüber<br />

stärken, nachts beruhigen und<br />

am Wochenende erneuern.<br />

DETOX FÜR DEN TEINT:<br />

Nahrungsergänzung „v8.0<br />

integral antioxidant“ von Sepai,<br />

ca. 110 € (über ausliebezumduft.<br />

de); „Glamoxy 15% fruit acid<br />

exfoliating pads“ von Rodial,<br />

50 Pads ca. 52 €<br />

SOUVERÄN SCHLAFLOS Als jüngster Neuzugang<br />

der Tagesschau lässt sich die 37-jährige<br />

Deutsch-Griechin Punkt 20 Uhr auf keinen<br />

Fall anmerken, dass ihr 18 Monate alter<br />

Sohn ihr garantiert die eine oder andere<br />

unruhige Nacht beschert. Ihre Helfer sind<br />

dabei eine sofort straffende Creme mit zwölf<br />

griechischen Pfl anzenölen, kühlendes<br />

Augen-Fluid und Rote-Flecken-Eliminierer.<br />

Angelina<br />

Jolie<br />

Phoebe<br />

Philo<br />

MULTITASKING MUSE Gibt<br />

es eine Kollektion der<br />

Céline-Designerin, die nicht<br />

erfolgreich war? Wir können<br />

uns nicht daran erinnern.<br />

Alles, was Phoebe anfasst,<br />

wird verehrt und begehrt.<br />

Bei so viel visionärem Talent<br />

und nebenbei noch drei<br />

Kindern (acht, sechs und<br />

eins) bleibt wenig Zeit.<br />

Passend dazu ein „Always<br />

on the Run“-Produkt im<br />

Lederetui: Dehydrierte und<br />

fragmentierte Hyaluronsäure<br />

füllt Augenfältchen<br />

auf, und das Lipbalm zaubert<br />

sofort mehr Volumen.<br />

DIE SCHAFFEN<br />

WAS WEG<br />

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Repair Synchronized<br />

Recovery<br />

Complex“ von<br />

Estée Lauder, ca.<br />

73 €; „Supremÿa<br />

Yeux La Nuit“ von<br />

Sisley, ca. 208 €;<br />

„Sensai Deep Lift<br />

Filler“ von Kanebo,<br />

ca. 117 €<br />

DOPPELTER AUFPOLS-<br />

TERER TO GO: „Anti-Aging<br />

Eye and Lip Perfection à Porter“<br />

von La Prairie, ca. 125 €<br />

Linda Zervakis<br />

WIE ACHT STUNDEN<br />

SCHLAF: „Redness<br />

Neutralizer“ von<br />

SkinCeuticals, ca. 75 €,<br />

in Apotheken; „Athena<br />

7 Minute Lift“ von<br />

Adonia Organics,<br />

ca. 129 €, exklusiv bei<br />

Douglas; „Ibuki Eye<br />

Correcting Cream“<br />

von Shiseido, ca. 46 €<br />

IN DAUERACTION Sechs Kinder, endlose<br />

Hochzeitsvorbereitungen und alle paar<br />

Wochen in ein anderes Krisengebiet – der<br />

Terminkalender à la Jolie kennt wenig<br />

Gnade. Dauergeforderte lieben Power-<br />

Seren, die ihren Job im Schlaf erledigen,<br />

also Konturen straffen, abschwellen,<br />

regenerieren. Hartnäckige Linien<br />

verschwinden tagsüber mit einem Filler.<br />

Jetzt gilt on top nur noch Sonne meiden!<br />

UV-Stress kann der Teint nämlich<br />

nicht auch noch wegstecken.<br />

FOTOS: PR (10)


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AUGUST -<br />

SEPTEMBER 2013<br />

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getrost ein Sabbatical einlegen,<br />

denn störrische und<br />

krause Haare dürfen ab sofort<br />

feiern, wie sie fallen. Designer<br />

Rick Owens’ Interpretation<br />

von Dry Hair jedenfalls<br />

zeugt eher von heftigen<br />

Steckdosen kontakten als von<br />

stundenlangen Ondulierversuchen.<br />

Perfekter Supporter<br />

der neuen Frisurfreiheit: Shu<br />

Uemuras mattierender<br />

Volumen-Haarpuderpinsel.<br />

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So duften<br />

Helden<br />

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RAUBEINE, VOR TES-<br />

TOS TERON BERSTENDE<br />

SPORT LER – DIE NEUES-<br />

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HABEN DIE COOLEN<br />

LEBEMÄNNER WEIT<br />

HINTER SICH GELASSEN<br />

„IRISH LEATHER“: Erinnert<br />

an den Geruch von regennassem<br />

Zaumzeug während<br />

eines Ritts über moosgrüne<br />

Wiesen durch die Gischt der<br />

irischen Steilküste. Die Power-<br />

Ingredienzien: Wacholder,<br />

Gras, Leder, Pfeffer, Ambra.<br />

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Бauty News<br />

198<br />

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Volume Maker“<br />

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Pinsel enthaltenen<br />

2 Gramm Haarpuder<br />

reichen für<br />

ca. 2 000 Klicks<br />

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Aus Schweden kommen glorreiche<br />

Dinge wie Knäckebrot, Astrid<br />

Lindgren und rote Holzhäuser mit<br />

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Duft – Rodriguez’ aktuelle<br />

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Zu seinen Fans zählen<br />

Michelle Obama und<br />

Charlize Theron<br />

Auf dem Weg zum<br />

Parfüm klassiker<br />

Wissenschaftlich nicht erwiesen, uns jedoch immer<br />

wieder aufgefallen: Auf kein anderes Parfüm werden<br />

Frauen so häufig angesprochen wie auf „for<br />

her“ von Narciso Rodriguez. Seit 2003 auf dem<br />

Markt, hat sich der geradlinige, ungewöhn liche<br />

Duft mit ägyptischem Moschusöl seine Nische<br />

erhalten. Er ist edel, unglaublich weiblich, sehr besonders<br />

und richtig lecker. Falls Sie also<br />

auch ein „Wow, was ist das denn für ein<br />

toller Duft?“ hören möchten, empfehlen<br />

wir ein Probeschnuppern.<br />

Parfümöl „musc for her“<br />

von Narciso Rodriguez, limitierte<br />

Edition, 50 ml ca. 100 €<br />

DIE NEUEN MÄNNERPARFÜMS<br />

wollen die muskulösen Retrohelden<br />

der Neunziger zurückbringen.<br />

Stallone lässt grüßen.<br />

Olfaktorisch zumindest.<br />

„INVICTUS“: der Flakon eine<br />

Trophäe, der Duft die Suggestion<br />

eines sportlichen Siegers,<br />

holzig, erdig, herb mit<br />

einer überraschend weichen<br />

Herznote aus Jasmin. Weitere<br />

Power-Ingredienzien: Lorbeer,<br />

Patschuli, Grapefruit, Salzwasser.<br />

Von Paco Rabanne,<br />

EdT 50 ml ca. 60 €.<br />

„TESTOSTÉRONE“: Das<br />

junge Zürcher Parfümhaus<br />

Sen tifique nennt seine Komposition<br />

auch „die Essenz<br />

des Mannes“, der Duft ist<br />

kraftvoll, erotisch, roh,<br />

avantgardistisch. Die Power-<br />

Ingredienzien: Teer, Adlerholz<br />

(Oud), Gewürze. 50 ml EdP<br />

ca. 145 €, über ludwigbeck.de.<br />

„POTION BLUE CADET“:<br />

Auch wenn die blaue Tönung<br />

ein sommerlich frisches Elixier<br />

suggeriert, arbeitet dieser<br />

Duft vorwiegend mit Noten<br />

wie Zeder, Pinie, Hemlocktanne<br />

und mixt dazu Schwarze<br />

Johannisbeeren. Weitere<br />

Ingredienzien: Bergamotte,<br />

Harz und Tonkabohne. Von<br />

DSQUARED2, 50 ml EdT 60 €.<br />

FOTOS: Matteo Volta/Imaxtree.com; PR (7); Narciso Rodriguez (3); Albert Watson für US-<strong>Interview</strong>, Juli 1995


.<br />

BERLINER FESTSPIELE<br />

OPPENHEIM<br />

MERET<br />

RETROSPEKTIVE<br />

Porträt mit Tätowierung, 1980 . Foto: Heinz Günter Mebusch, Düsseldorf . Privatsammlung . © VG Bild-Kunst, Bonn, 2013<br />

16.8.–<br />

1.12.2013<br />

MARTIN<br />

GROPIUS<br />

BAU<br />

Eintritt frei<br />

bis 16 Jahre<br />

Martin-Gropius-Bau . Niederkirchnerstraße 7 . 10963 Berlin . Öffnungszeiten: Mi – Mo, 10 – 19 Uhr<br />

Di geschlossen . + - Bahn Potsdamer Platz . - Bahn Anhalter Bahnhof . M29 und M41<br />

Online-Tickets unter:<br />

www.gropiusbau.de


.<br />

Beauty<br />

News<br />

DIESEN MONAT EMPFEHLEN WIR EINE<br />

GESICHTSPFLEGE AUS STOCKHOLM,<br />

TESTOSTERONGESCHWÄNGERTE MÄNNER-<br />

DÜFTE UND MUT ZU LUFTIGEM HAAR<br />

V Bettina Brenn<br />

Der Chypreduft<br />

„Sì“ als<br />

EdP, 50 ml<br />

ca. 70 Euro<br />

Si, Signore!<br />

Eine Hommage an die moderne<br />

Frau ist das neue Parfüm<br />

von Giorgio Armani. Grazie,<br />

Stärke und Unabhängigkeit<br />

werden im Duft mit schwarzer<br />

Johannisbeere, Mairose und<br />

Ambroxan besetzt. Und als auch<br />

noch Cate Blanchett dazu<br />

„Si!“ sagte, hatte Mr Armani<br />

sein perfect match.<br />

Beauty-Talk mit<br />

Leyla Piedayesh<br />

200<br />

IS THIS ART?<br />

Wenn Künstler sich dazu<br />

hinreißen lassen, für ein<br />

Beautyprodukt ein Artwork zu<br />

kreieren, wie hier Sarah<br />

Illenberger für USL, dann muss<br />

es sich um ein Kultobjekt<br />

handeln! Täglich erweitert sich<br />

die Farbpalette – unsere aktuellen<br />

Favoriten: „YEY” von USL by<br />

Uslu Airlines, ca. 12 €; „Madras<br />

Lime“ von & other stories, ca. 7 €;<br />

„Nail Lacquer No. 15 Dulce<br />

De Leche“ von Opi, ca. 16 €<br />

Ihr Modelabel Lala Berlin ist<br />

Kult – auch international. Wir<br />

sprachen mit ihr über Make-up,<br />

Models und die Modesünden<br />

ihrer fünfjährigen Tochter Lou<br />

INTERVIEW: Zuallererst: Benutzt du<br />

eigentlich selbst Make-up?<br />

LEYLA PIEDAYESH: Kaum … nur Mascara.<br />

Für kurze Zeit hatte ich zwar ein Faible<br />

für rote Lippen, doch mein Freund hasst<br />

Lippenstift. Rote Lippen sind für die<br />

meisten Männer einfach eine Kussbremse.<br />

INTERVIEW: Hat sich dein Begriff von<br />

Schönheit mit den Jahren gewandelt?<br />

PIEDAYESH: Hm, ich glaub schon. In<br />

der Mode zu arbeiten verdirbt einen ja auch<br />

irgendwie. Man umgibt sich den ganzen<br />

Tag mit schönen Dingen und Menschen.<br />

INTERVIEW: Deine Models sind jedenfalls<br />

immer sehr besonders. Bevorzugst du einen<br />

bestimmten Typ?<br />

PIEDAYESH: Sie müssen etwas haben, an<br />

dem man hängen bleibt. Moderne Gesichter,<br />

gerne androgyn – sehr speziell eben,<br />

aber dabei unbedingt hübsch! So wie mein<br />

aktueller Favorit Emma Oak.<br />

INTERVIEW: Bei deinen Models legst du<br />

großen Wert auf Make-up – woher nimmst<br />

du die Ideen, zum Beispiel für die<br />

Frühjahr-/Sommerkollektion 2014?<br />

PIEDAYESH: Ach, da lasse ich mich<br />

inspirieren, in diesem Fall von den Farben<br />

von Catrice beziehungsweise von<br />

Make-up-Artist Loni Baur. Loni kannte<br />

meine Entwürfe und die attitude, die<br />

ich wollte. So haben wir zusammen diesen<br />

Look entwickelt. Glowy Teint, leuchtende<br />

Augen, ein Hauch von Blush. Aber am<br />

coolsten fand ich die Lippen. Die waren<br />

matt in leuchtender Koralle.<br />

INTERVIEW: Denkst du, du hast dein<br />

Gespür für Stil an deine Tochter vererbt?<br />

PIEDAYESH: Oh weh! Das kann ich jetzt<br />

noch nicht sagen! Sie hat einen sehr eigenen<br />

Kopf, wenn es um ihre Kleider geht …<br />

INTERVIEW: Welche Geschmacksverirrung<br />

würdest du ihr echt übel nehmen?<br />

PIEDAYESH: Lacht! Man wächst mit seinen<br />

Aufgaben – aktuell verzeihe ich ihr <strong>gerade</strong><br />

pinkfarbene Crocs.<br />

Lippenstift: „Ultimate Colour<br />

No. 050 Princess Peach“ von<br />

Catrice, ca. 4 €. Model Emma Oak<br />

eröffnete die Schau<br />

Die Designerin<br />

mit den deutschpersischen<br />

Wurzeln mag ihr<br />

Gesicht lieber pur<br />

FOTOS: Artwork by Sarah Illenberger/inspired by USL by uslu airlines; Peter Rigaud; PR (6)


.<br />

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Abnement<br />

Nur 15 €<br />

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JEN GILPIN (M.) & MAXIME BALLESTEROS (R.)<br />

ROMY HAAG<br />

SHERMINE SHAHRIVAR<br />

CHRISTINA ROTH<br />

BRITT KANJA & Begleitung<br />

Where Are<br />

We Now?<br />

WAS WÄRE DIE BERLINER<br />

FASHION WEEK OHNE IHRE<br />

PARTYS – EINE WOCHE<br />

OHNE KOPFSCHMERZEN?<br />

DAS WOLLTEN WIR AUF<br />

KEINEN FALL UND LUDEN<br />

DESHALB INS Q! HOTEL<br />

Fotos Jan Kapitän<br />

Nur wo Belvedere draufsteht,<br />

ist auch Wodka drin: Für unsere<br />

Gäste gab’s den aber in Gläsern<br />

ANNA-PHILIPPA WOLF (L.) & HAKAN CAN<br />

JEAN-CHRISTOPH „SCHOWI“ RITTER & TRYSTAN WYN PUETTER<br />

FRANK SEIDLITZ & CHRISTIAN FRITZENWANKER


.<br />

WOLFGANG JOOP<br />

JIMI BLUE OCHSENKNECHT (L.) & seine Boys<br />

NILUFAR NAJMABADI, FRANCA GELFORT & AMECHI MANDI<br />

FOTOS: Marko Greitschus/API ©; Dirk Weber; AEDT/WENN.com<br />

PALINA ROJINSKI (R.) & ihre Girls<br />

MARIA GIESECKE & ALEXANDRA HECHEL<br />

MARKUS PEICHL, LISA FELDMANN & ANDREAS OSAREK<br />

NORA ROCHLITZER & Begleitung<br />

CHANEL BANOZA, OMAR DE SOTO &<br />

BENDIX BAUER


.<br />

NATE LOWMAN vor der<br />

EN Ja panese Brasserie, New York<br />

MAX SNOW & SEIN HUND Gidget im New Yorker Purple Office<br />

LOU DOILLON im Bowery Hotel, New York<br />

It ‚ s a PURPLE<br />

W ORLD<br />

WENN UNSER PARTY-KORRESPONDENT<br />

NEBEN IHNEN AN DER BAR AUFTAUCHT,<br />

WISSEN SIE, DASS SIE HIER ENTWEDER<br />

TOTAL RICHTIG ODER ABSOLUT FALSCH<br />

SIND Von und mit Olivier Zahm<br />

MIUCCIA PRADA beim Francesco Vezzoli Dinner im Museum MAXXI, Rom<br />

HANNAH BHUIYA & DORIAN GRINSPAN<br />

beim Purple Dinner im Palazzo Flangini, Venedig<br />

CARSTEN HÖLLER bei<br />

seinem Ausstellungsdinner<br />

im La Bougainville, Paris<br />

PAMELA LOVE beim Lou-Doillon-Konzert im Le Baron, New York<br />

OLIVIER ZAHM, STEFANO TONCHI & FEDERICO MARCHETTI<br />

beim Francesco Vezzoli Dinner im Museum MAXXi, Rom


.<br />

21 MAL KUNST.<br />

6 TAGE.<br />

1 TICKET.<br />

ABC ART BERLIN CONTEMPORARY<br />

PREVIEW BERLIN ART FAIR<br />

AKADEMIE DER KÜNSTE<br />

BERLINISCHE GALERIE<br />

C/O BERLIN<br />

HAUS DER KULTUREN DER WELT<br />

DEUTSCHE BANK KUNSTHALLE<br />

KW INSTITUTE FOR CONTEMPORARY ART<br />

NATIONALGALERIE – STAATLICHE MUSEEN ZU BERLIN<br />

NEUER BERLINER KUNSTVEREIN<br />

NEUE GESELLSCHAFT FÜR BILDENDE KUNST<br />

AFTER THE BUTCHER<br />

AUTOCENTER<br />

DOKU.ARTS<br />

GALERIE M<br />

GOLDRAUSCH KÜNSTLERINNENPROJEKT<br />

KLEINE HUMBOLDT GALERIE<br />

KUNSTHALLE AM HAMBURGER PLATZ<br />

KUNSTVEREIN TIERGARTEN | GALERIE NORD<br />

SCHINKEL PAVILLON<br />

ZK/U — ZENTRUM FÜR KUNST UND URBANISTIK<br />

OPENING 17 SEP AUGUSTSTRASSE MITTE<br />

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LOLA SCHNABEL & JEFFERSON HACK beim<br />

Purple Dinner im Palazzo Flangini, Venedig<br />

.<br />

LILY McMENAMY hängt ab in New York<br />

ANNA DELLO RUSSO beim Francesco<br />

Vezzoli Dinner im Museum MAXXI, Rom<br />

LOU DOILLON in einer Wanne<br />

des Bowery Hotels, New York<br />

TERRY RICHARDSON<br />

im Omen, New York<br />

AARON YOUNG & LAURE HERIARD-DUBREUIL<br />

im Sant Ambroeus, New York<br />

ZAHA HADID beim Francesco Vezzoli<br />

Dinner im Museum MAXXI, Rom<br />

ROBERT RABEN-<br />

STEINER beim Francesco<br />

Vezzoli Dinner im<br />

Museum MAXXI, Rom


.<br />

.de<br />

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F A C E B O O K<br />

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Flashback<br />

210<br />

Bianca<br />

Jagger<br />

EINE TRANSPARENTE BLUSE MACHTE YVES<br />

SAINT LAURENT WELTBERÜHMT. WEIL<br />

BIANCA JAGGER COOL GENUG WAR, SIE AUF<br />

IHRER HOCHZEIT MIT MICK ZU TRAGEN<br />

BIANCA JAGGER: Was hältst du von Amerika?<br />

YVES SAINT LAURENT: Ich liebe Amerika!<br />

Ein außergewöhnliches Land! Ein neues Land!<br />

JAGGER: Fühlst du dich nicht fremd hier!?<br />

SAINT LAURENT: Nein, gar nicht, du?<br />

JAGGER: Na ja, ein bisschen schon …<br />

SAINT LAURENT: Ich bin natürlich immer noch<br />

mit meinen Leuten zu Hause verbunden,<br />

hier lebe ich eigentlich ziemlich zurückgezogen.<br />

Beinahe einsam.<br />

JAGGER: Ich mag Amerika auch, aber ich bin<br />

überrascht, dass offenbar alle Leute hier<br />

nur davon träumen, nach oben zu kommen.<br />

Egal, wie!<br />

SAINT LAURENT: Aber das ist doch überall so.<br />

Und einige Leute hier haben es wenigstens<br />

verdient!<br />

JAGGER: Hier gibt es einfach mehr<br />

Wettbewerb.<br />

SAINT LAURENT: Und irgendwie ist es auch<br />

näher, fast intimer hier, in der Szene.<br />

JAGGER: In der du als der talentierteste<br />

Designer unserer Zeit einen Platz ganz<br />

oben hast. Dabei bist du noch so jung – was<br />

willst du später werden?<br />

SAINT LAURENT: Am liebsten würde ich ein<br />

Buch schreiben. Über die Dinge, die ich liebe,<br />

weil sie so schön sind. Männer, Frauen …<br />

JAGGER: Hast du tatsächlich mal eine Frau<br />

geliebt?<br />

SAINT LAURENT: Ja, eine oder zwei.<br />

JAGGER: Wofür standen die?<br />

SAINT LAURENT: Für gar nichts. Ich habe sie<br />

einfach geliebt. Nicht aus ästhetischen<br />

Gründen, als Muse oder so. Es hatte nichts<br />

mit Mode zu tun. Würde ich eine Frau<br />

nur als Inspiration benutzen, wäre das doch<br />

keine wahre Liebe.<br />

DIE NÄCHSTE<br />

AUSGABE VON<br />

<strong>Interview</strong><br />

ERSCHEINT AM<br />

18. SEPTEMBER<br />

2 0 1 3<br />

FOTOS: Francesco Scavullo für <strong>Interview</strong> US Januar 1973


Erhältlich ausschliesslich in Louis Vuitton Geschäften und unter louisvuitton.com. Tel. (0211) 864 70 0<br />

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