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Interview Fack ju Hollywut! (Vorschau)

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Bettgeflüster<br />

Joan Collins befragt<br />

Tracey Emin<br />

Februar 2014<br />

4 Euro<br />

<strong>Fack</strong> <strong>ju</strong><br />

HollywuT!<br />

Die neuen Gesichter des<br />

deutschen Kinos –<br />

auf welche Filme wir uns 2014<br />

freuen können!<br />

Jella „Chantal“ Haase<br />

James FRanco<br />

malt Jared Leto<br />

Jeans<br />

forever<br />

The Look<br />

oF love<br />

Lindsey Wixson<br />

im stil von Rainer Werner<br />

FassbindeR<br />

+<br />

Hanna scHyguLLa<br />

im interview<br />

02<br />

4 192449 104008


James FRanco<br />

malt Jared Leto<br />

Februar 2014<br />

4 Euro<br />

Bettgeflüster<br />

Joan Collins befragt<br />

Tracey Emin<br />

Jeans<br />

FoR eveR<br />

The Look<br />

oF love<br />

Lindsey Wixson<br />

im stil von Rainer Werner<br />

FassbindeR<br />

+<br />

Hanna scHyguLLa<br />

im interview<br />

13 u n t e r 26<br />

Deutschlands<br />

Filmstars<br />

von morgen<br />

02<br />

4 192449 104008


CGF Armani


Inhalt<br />

Small Talk<br />

Kleine Gespräche mit großen Leuten:<br />

Mimi Westernhagen liebt Selbstgemachtes,<br />

Florian Lukas saß mit Harvey Keitel im Knast, Idris<br />

Elba steht unter Druck, Sophie Ellis-Bextor<br />

tanzt wieder, Stellan Skarsgård würde gerne einen<br />

Film von Michael Haneke versauen<br />

S. 31<br />

Talents<br />

Auf dem Weg nach oben:<br />

Yara Pilartz Ry X<br />

S. 36 S. 38<br />

My Style<br />

Aussehen wie Boris Radczun<br />

S. 40<br />

Wow<br />

Schöne Dinge für den Februar<br />

S. 42<br />

David Schnell<br />

freut sich, wenn Kinder<br />

seine Kunst zertrampeln<br />

S. 48<br />

Now<br />

Kultur im Februar<br />

S. 50<br />

boy GeorGe<br />

Comeback mit besserem Karma<br />

als je zuvor in seinem Leben<br />

S. 54<br />

Blau macheN<br />

Der neue Jeans-Dresscode<br />

S. 58<br />

bruderliebe<br />

Kostas und Andreas Murkudis über<br />

die innigste Beziehung in ihrem Leben<br />

S. 64<br />

Jared leTo<br />

Der Schauspieler als Maler, als<br />

Musiker, als toller Typ<br />

S. 66<br />

Schuhe<br />

… haben exakt drei Jobs: Neid erwecken.<br />

Gier auslösen. Ihre Trägerinnen gut aussehen lassen.<br />

(Gehen wird übrigens überschätzt)<br />

S. 70<br />

Giorgio ArMAni<br />

entwirft jetzt auch für die<br />

Wölfe an der Wall Street<br />

S. 74<br />

erdeM<br />

Der Mann, der Michelle Obama anzieht, über seinen<br />

phänomenalen Aufstieg und seine Mode-Philosophie<br />

S. 76<br />

Editorial<br />

Impressum<br />

Mitarbeiter<br />

Abonnement<br />

S. 17<br />

S. 20<br />

S. 26<br />

david Schnell, S. 48<br />

James Franco, S. 50<br />

S. 41/177<br />

Boris radczun, S. 40<br />

Jeans in allen Größen, S. 58<br />

Boy George, S.54<br />

Statement-Schuhe, S. 70<br />

erdem, S. 76<br />

FoToS: Thomas lohr; uwe walter, Berlin, david Schnell, „Pontina“, 2013, Öl auf leinwand, 130 x 280 cm, courtesy Galerie eIGeN + arT leipzig/Berlin/VG Bild-kunst, Bonn 2013; © 2012 universum Film Gmbh; charlotte wales, Styling: clare Byrne; kirchknopf<br />

+ Grambow, Styling: réka maria Probst; dave hogan/hulton archive/Getty Images


FoToS: Gilbert m. Grosvenor, Indonesia, 1965; kirchknopf + Grambow; Sebastian Faena, Styling: Julia von Boehm; Stefan milev, make-up: andréas B.; luca crivelli; Stefan heinrichs, Styling: klaus Stockhausen; akg-images / hugues Vassal<br />

Fassbinder-Fashion, S. 124<br />

„National Geographic“, S. 102<br />

make-up wie<br />

im kino, S. 162<br />

Jannik Schümann<br />

und Jella haase, S. 84<br />

Beauty, S. 168<br />

St. moritz, S. 168<br />

Farah Pahlavi, S. 104<br />

Beauty<br />

Trends &<br />

News<br />

S. 164<br />

Achtung:<br />

StArS von MorGen<br />

Hier ist die Zukunft des deutschen Films (und<br />

sie ist herrlich und groß): Jella Haase und zwölf andere<br />

Schauspieler, von denen wir noch viel hören werden<br />

S. 82<br />

Farah PAhlAvi<br />

Sie war lange vor Prinzessin Diana<br />

die Königin der Herzen. Und mit dem letzten<br />

Schah von Persien verheiratet.<br />

Gespräch mit einer Frau von zweifelhaftem Ruf<br />

S. 104<br />

lIeBe IST wärmer<br />

alS der Tod<br />

Eine Mode-Hommage an Rainer Werner Fassbinder,<br />

den leidenschaftlichsten Regisseur der deutschen<br />

Filmgeschichte. Mit Auskünften von Hanna Schygulla<br />

S. 112<br />

Free SPIrIT!<br />

Freja Beha Erichsen trägt ihre Jeans mit Haltung<br />

S. 128<br />

trAcey eMin<br />

Sie wurde berühmt (und berüchtigt) mit<br />

Kunst über den Sex, den sie<br />

hatte. Jetzt ist ihr Liebe wichtiger.<br />

Joan Collins will,s nicht glauben<br />

S. 140<br />

nAtionAl<br />

GeoGrAPhic<br />

Die legendäre Zeitschrift ist eben 125 geworden.<br />

Und inspiriert immer noch coole Modemacher<br />

S. 148<br />

Filmstar in<br />

20 minuten<br />

Mit diesen Make-ups kann man<br />

aussehen wie im Kino<br />

S. 158<br />

St. Moritz<br />

Wie sich die Reichen und Mächtigen<br />

anstellen, wenn sie ins Rutschen kommen,<br />

wissen am besten Skilehrer<br />

S. 168<br />

JeaNNe dark<br />

Unser Nightlife-Scout lässt sich in Frankfurt<br />

mit harten Jungs ein<br />

S. 172<br />

ParTy<br />

S. 174<br />

Hersteller<br />

S. 178<br />

FlAShbAck<br />

S. 180<br />

Inhalt


www.cartier.de + 49 89 55984-221<br />

Cartier<br />

Neue Kollektion


Lindsey Wixson<br />

FOTO Sebastian Faena<br />

STyLIng Julia von Boehm<br />

Look gUCCI<br />

Ohrringe KARA ROSS<br />

Jella Haase<br />

FOTO Stefan Heinrichs<br />

STyLIng Klaus<br />

Stockhausen<br />

Kleid PRADA<br />

EDITORIAL<br />

von Lisa Feldmann<br />

FOTO: Timo Wirsching<br />

Damit hatte nun wirklich keiner gerechnet: dass ein deutscher Film<br />

erfolgreicher ist als der Hobbit und dann auch noch die<br />

Kultur-Redakteure überzeugt. In der Zeit, der FAZ, der Süddeutschen<br />

Zeitung erschienen zu <strong>Fack</strong> Ju Göhte nicht die sonst üblichen phänomenologischen<br />

Betrachtungen, verfasst aus der sicheren Distanz der Feuilleton-Schreibtische,<br />

sondern regelrechte Jubeltexte. Da wurde die Sprache gelobt, die<br />

präzise Milieu-Beschreibung, der Witz der Dialoge – als sei hier die Rede von<br />

einer Hollywood-Produktion. Und genauso fühlt es sich an, wenn man wie<br />

ich an einem trüben Winter-Sonntagnachmittag in einer mal wieder restlos ausverkauften<br />

Vorstellung sitzt: große Unterhaltung und dazu ein Kinoerlebnis,<br />

das nicht von 3-D-Technik lebt oder Dolby-Surround-Sounds. Sondern allein von<br />

der kollektiven Freude – als schaute man mit lauter Borussia-Dortmund-Fans<br />

ein Halbfinale in der Champions League. Und die eigene Mannschaft gewinnt!<br />

Wenn die Helden dort Mats Hummels, Marco Reus, Ilkay Gündogan<br />

heißen, dann sind es auch im deutschen Blockbuster vor allem die <strong>ju</strong>ngen, frischen<br />

Gesichter, die enthusiasmieren. Deren Glaubwürdigkeit, die Authentizität<br />

ihrer Looks, Sprache, Gesten entfalten eine unwiderstehliche Kraft,<br />

beinahe stärker noch als die der Hauptdarsteller. Denn wenn wir, das<br />

Publikum, auch den Erfolg des routinierten Dauergewinners FC<br />

Bayern München neidlos anerkennen – unser Herz schlägt nicht für<br />

souveräne, erfahrene Spielweise und hohe Leistungsprämien. Wir<br />

wollen angesteckt werden von Einsatz, Herz, Mut, bedingungslosem<br />

Kampfgeist. Wie man es vielleicht wirklich nur hinbekommt ganz<br />

am Anfang einer großen Karriere.<br />

Maria Dragus – eines<br />

der 13 Talente unter<br />

26 im „<strong>Interview</strong>“-Studio<br />

mit Lisa Feldmann<br />

und Modechef Klaus<br />

Stockhausen<br />

17


Versace


Versace


Impressum<br />

EDITOR IN CHIEF<br />

Lisa FELDMANN<br />

Executive Editor PETER PRASCHL<br />

Art Director DOMINIK SCHATZ<br />

Photography Director FRANK SEIDLITZ<br />

Fashion Director KLAUS STOCKHAUSEN<br />

Senior Editors HARALD PETERS, ANTJE WEWER<br />

Editor at Large NILS BINNBERG<br />

Editors ANDREAS MERKEL,<br />

RAHA EMAMI KHANSARI (Junior)<br />

Photography Editor DOROTHEA FIEDLER (Junior)<br />

Assistant Fashion RÉKA MARIA PROBST<br />

Interns VALERIE SOSCHYNSKI, CAROLINA SCHWARZ<br />

International Fashion Director JULIA VON BOEHM<br />

International Editor at Large NAOMI CAMPBELL<br />

International Editor ALIONA DOLETSKAYA<br />

International Art Consultants DIMITRI JEURISSEN<br />

and SANDER VERMEULEN for BASEDESIGN<br />

Art Department<br />

MANUEL BIRNBACHER, ANIKA GÖHRITZ<br />

Digital<br />

Executive Editor NINA SCHOLZ, Junior Editor KATHARINA BÖHM<br />

Interns DENISE AMEND, ALEXANDRA GOLOWINA<br />

Managing Editor & Chef vom Dienst SILKE MENZEL<br />

Schlussredaktion KERSTIN SGONINA<br />

MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />

Andréas B., Heike Blümner, Ludger Booms, Jan Brandt, Bettina Brenn,<br />

Cosima Bucarelli, Clare Byrne, Bob Colacello, Joan Collins, James Franco,<br />

Sönke Hallmann, Mark van Huisseling, Friederike Jung, Helmut Krähe,<br />

Claudia Kühne, Björn Lüdtke, Elin Svahn, Karl Templer, Jeanne Tremsal<br />

Casting by Samuel Ellis Scheinman for DMCasting<br />

terew<br />

im<br />

Vorteils-Abo<br />

AUF SEITE 41<br />

FINDEN SIE UNSER<br />

ATTRAKTIVES<br />

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INKLUSIVE<br />

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GESCHENKS<br />

FOTOGRAFEN DIESER AUSGABE<br />

Maxime Ballesteros, Bob Bonis, Nikolaus Brade, August Castell-Castell,<br />

Sebastian Faena, Amos Fricke, Fabian Frinzel, Pål Hansen, Gregory Harris,<br />

Sammy Hart, Julia von der Heide, Stefan Heinrichs, Sebastian Kim,<br />

Kirchknopf + Grambow, Jonas Lindström, Thomas Lohr, Craig McDean,<br />

Stefan Milev, Leif Henrik Osthoff, Maxime Poiblanc, SØlve SundsbØ,<br />

Kevin Tachman, Charlotte Wales, Uwe Walter, Olivier Zahm<br />

PRODUKTION<br />

Lithografie Max-Color, Wrangelstraße 64, 10997 Berlin<br />

Druck Mohn Media Mohndruck GmbH,<br />

Carl-Bertelsmann-Straße 161 M, 33311 Gütersloh<br />

Manufacturing Director Oleg Novikov<br />

Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt<br />

Lisa Feldmann<br />

Board of Directors <strong>Interview</strong> Publishing House Germany<br />

VLADISLAV DORONIN, BERND RUNGE<br />

BMP Media Holdings, LLC, Chairman PETER M. BRANT<br />

www.interview.de


Impressum<br />

Herausgeber & gescHäftsfüHrer<br />

Bernd Runge<br />

PublisHing Director<br />

Anja Schwing<br />

Assistentin der Geschäftsführung: Viktoria Mosin<br />

Tel.: 030/2000 89-126, viktoria.mosin@atelier-publications.de<br />

anzeigen<br />

Advertising Director iris gräbner<br />

Tel.: 030/2000 89-120, iris.graebner@atelier-publications.de<br />

Advertising Sales Manager (Nielsen IIIb, IV, Österreich) anke sauerteig<br />

Tel.: 089/95 47 78 59, anke.sauerteig@atelier-publications.de<br />

Italien fabio Montobbio<br />

Rock Media, Largo Cairoli, 2, 20121 Mailand<br />

Tel.: 00 39/02/78 26 08, info@rockmedia.it<br />

Frankreich, Großbritannien und USA cHarlotte wieDeMann<br />

Tel.: 030/2000 89-129, charlotte.wiedemann@atelier-publications.de<br />

Advertising Service Manager susann bucHrotH (Ltg.), eVa baureis<br />

Tel.: 030/2000 89-127, susann.buchroth@atelier-publications.de<br />

Communications Manager cHarlotte wieDeMann<br />

Marketing Manager wilkin scHrÖDer<br />

Assistenz katHleen Massierer, Tel.: 030/2000 89-165<br />

IT Manager Patrick Hartwig<br />

Office Manager Hilko rentel<br />

Verantwortlich für Anzeigen<br />

Atelier Publications Deutschland GmbH & Co. KG<br />

Mommsenstraße 57, 10629 Berlin<br />

Tel.: 030/2000 89-0, Fax: 030/2000 89-112<br />

Geschäftsführer anja scHwing<br />

Vertrieb<br />

PressUp GmbH, Postfach 701311, 22013 Hamburg<br />

vertrieb@pressup.de<br />

einzelHeftbestellungen<br />

Preise, Verfügbarkeit und Bestellungen unter www.interview.de/einzelheft,<br />

bei weiteren Fragen Tel.: 030/2000 89-164<br />

bezugsPreise<br />

Einzelpreis Deutschland (inkl. 7 % MwSt.):<br />

2 Euro, mit ePaper: 3 Euro, XXL-Format: 4 Euro<br />

Jahresabonnement: 18 Euro inkl. 7 % MwSt. (10 Ausgaben)<br />

Jahresabonnement XXL-Format: 30 Euro inkl. 7 % MwSt. (10 Ausgaben)<br />

ePaper-Abonnement: 10 Euro inkl. 19 % MwSt. (10 Ausgaben)<br />

<strong>Interview</strong>-Leserservice, PressUp GmbH, Postfach 701311, 22013 Hamburg<br />

abo@interview.de, Tel.: 040/41 448-480<br />

<strong>Interview</strong> erscheint zehnmal im Jahr in der <strong>Interview</strong> PH GmbH.<br />

Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste vom 1. Januar 2013.<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird<br />

keine Haftung übernommen.<br />

Andy Warhol’s <strong>Interview</strong> (TM). All rights reserved.<br />

<strong>Interview</strong> Germany is published under a sublicense from LLC Publishing House <strong>Interview</strong>;<br />

<strong>Interview</strong> is a registered trademark of <strong>Interview</strong> Inc.<br />

Reproduction in any manner in any language in whole or in part<br />

without prior written permission is prohibited.<br />

<strong>Interview</strong> PH GmbH, Mommsenstraße 57, 10629 Berlin, Tel.: 030/2000 89-0


Converse


Converse


Mitarbeiter<br />

bOb COLaCeLLO sprach mit Farah Pahlavi<br />

(ab Seite 104). Bereits mit 22 Jahren veröffentlicht Bob Colacello<br />

erste Filmkritiken, während er mit den gleichen Texten an der<br />

Columbia University noch fleißig Seminarscheine sammelt.<br />

Ein Jahr später entdeckt Andy Warhol den Jungspund und verpflichtet<br />

ihn 1970 für sein gerade gegründetes <strong>Interview</strong><br />

Magazine. Zwölf Jahre lang bleibt Colacello dem Factory-Dunstkreis<br />

treu, ehe er zu Vanity Fair wechselt, für die er heute noch<br />

regelmäßig Artikel schreibt. Seine Biografien über Prinz Charles,<br />

Naomi Campbell, Liza Minnelli und natürlich auch Andy Warhol machen den<br />

66-Jährigen endgültig zum besten Celeb-Connaisseur unserer Tage.<br />

26<br />

Jared LeTO wurde von James<br />

Franco nicht nur interviewt, sondern auch<br />

noch in Öl gemalt (ab Seite 66). Es kam also<br />

zu einem Zusammentreffen der vielfach<br />

Begabten, wobei Leto als Schauspieler und<br />

Frontmann von 30 Seconds to Mars mit<br />

der ungebremsten Produktionswut des Allround-Künstlers<br />

Franco natürlich nicht<br />

mithalten kann. Aber wer kann das schon?<br />

STeFaN<br />

HeINrICHS<br />

fotografierte die Strecke „13 unter<br />

26“ (ab Seite 82). Er ist für<br />

seine klaren, kontrastreichen<br />

Schwarz-Weiß-Fotografien<br />

bekannt, die er bereits in der<br />

deutschen Vogue, der GQ<br />

Style oder dem SZ-Magazin<br />

veröffentlicht hat. Für die<br />

Kooperation von Moncler mit<br />

Mykita hat der 34-Jährige<br />

nicht nur die Fotos, sondern<br />

auch das Kampagnenvideo<br />

gemacht. Malen und Zeichnen<br />

kann er auch, und auf einen<br />

Stil festlegen lässt er sich sowieso<br />

nicht: Für den Kultur Spiegel<br />

hat er schon mal überbelichtete<br />

Farbaufnahmen geschossen.<br />

JOaN COLLINS sprach mit Tracey Emin<br />

(ab Seite 140). Neun Jahre lang spielt sie im Denver Clan<br />

die eiskalte Diva Alexis und holt sich dabei ein Image,<br />

das ihr heute noch anhaftet. Immerhin gibt es den<br />

Golden Globe als beste Serien-Hauptdarstellerin. Bereits<br />

mit neun Jahren steht die gebürtige Londonerin zum<br />

ersten Mal auf der Bühne, 60 Kinofilme sowie unzählige<br />

Auftritte in TV-Serien und Filmen folgen. 1997 wird die<br />

heute 80-Jährige auch wegen ihrer Charity-Projekte von<br />

der Queen zum „Officer of the British Empire“ ernannt.<br />

LINdSeY WIXSON<br />

modelte für die Strecke „Liebe ist wärmer als der Tod“ von<br />

Sebastian Faena (ab Seite 112). Eigentlich will sie Anwältin<br />

oder Köchin werden. Das allerdings wäre eine Verschwendung<br />

ihrer vom Vater ererbten, längst ikonischen Zahnlücke,<br />

für die sie sich in der Schule noch Spott einhandelt.<br />

Mit zwölf Jahren wird sie als Model entdeckt, mittlerweile<br />

ist sie 19 und kann John Galliano, Alexander McQueen<br />

und Miu Miu zu ihren Auftraggebern zählen. Und die<br />

Zahnlücke – neben ihrem Schmollmund – als ultimativen<br />

Karriereboost verbuchen.<br />

COSIma<br />

buCareLLI<br />

sprach mit David Schnell<br />

(ab Seite 48). Cosima<br />

Bucarelli ist in der<br />

Schweiz geboren, in<br />

Rom aufgewachsen<br />

und hat in London<br />

und Berlin studiert.<br />

Außerdem hat<br />

die 24-Jährige, deren<br />

Vorfahren sich aus den deutschen Fürstenbergs und den<br />

italienischen Bucarellis zusammensetzen, ein Magazin<br />

gegründet und Goldschmiedin gelernt. Derzeit lebt und<br />

arbeitet sie in Bangkok in einer Fabrik, in der sie aus<br />

Edelsteinen Objekte formt. Ihre erste eigene Kollektion<br />

„Cosima Buc“ wird bald erscheinen.<br />

FOTOS: Gilbert Carrasquillo/Getty Images; action press; © James Franco / Pace Gallery; privat (2); Foc Kan/Getty Images


Ports


Frey Wille


Hallo!<br />

„Jeder kann<br />

wie Boy George<br />

aussehen. Sogar<br />

ich.“ Sagt Boy<br />

George. Dabei<br />

sah er schon 1986<br />

einzigartig aus<br />

29<br />

FOtO: Dave hogan/hulton archive/Getty images<br />

ein Bild und seine<br />

Geschichte<br />

„Ohne Mich und Prinzessin Diana wäre die Regenbogenpresse aufgeschmissen“,<br />

hat BOy GeOrGe 1985 gesagt. Die Königin der<br />

Herzen ist schon lange nicht mehr unter uns, und um Boy George war es<br />

auch viele Jahre eher ruhig. Zu viele Abstürze, zu viele Selbstzweifel,<br />

das übliche schwere Los, wenn man zu früh zu berühmt wird. Doch jetzt ist<br />

er wieder so was von da – mit einem fulminanten Comeback-Album und<br />

einem <strong>Interview</strong> voller Altersweisheit und Regenbogenpresse-Qualitäten.<br />

Extrem gutes KarMa, chaMäleOn!


K B<br />

Sylvette<br />

PICASSO<br />

Sylvette<br />

UND DAS<br />

Sylvette<br />

MODELL<br />

Pablo Picasso, Sylvette, 1954, Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen, © Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2013<br />

22.Februar bis 22. Juni 2014<br />

Ermöglicht durch<br />

Mit freundlicher Unterstützung von<br />

Medienpartner<br />

Kulturpartner<br />

Mobilitätspartner


Small Talk<br />

Kleine Gespräche mit<br />

Grossen leuten: mimi,<br />

florian luKas, idris elba,<br />

sophie ellis-bextor<br />

& stellan sKarsGÅrd<br />

FOTO: Warner Music<br />

Viel gebastelt?<br />

Mimi, 28, von Mimi & the Mad<br />

Noise Factory schenkt ihren<br />

Freunden gern Selbstgemachtes<br />

MIMI: Entschuldigen Sie, dass es hier so unaufgeräumt ist.<br />

INTERVIEW: Kein Problem. Das gibt dem ansonsten kalten<br />

Hotelzimmer doch eine ganz gemütliche Atmosphäre.<br />

MIMI: Oh ja, Gott sei Dank. Diese Räume sind wirklich<br />

unangenehm steril.<br />

INTERVIEW: Wie lange bleiben Sie in Berlin?<br />

MIMI: Zwei Wochen! Ich will gerne mein Musikvideo hier<br />

drehen. Aber das wird gar nicht so einfach, weil ich am<br />

liebsten alles selbst mache und ungern andere Leute<br />

herumkommandiere. Ich will einfach, dass es genauso<br />

aussieht, wie es in meinem Kopf aussieht.<br />

INTERVIEW: Wie kann man sich denn den Innenraum Ihres<br />

Kopfes vorstellen?<br />

MIMI: Höchst merkwürdig. Ich bin in einem Haushalt<br />

groß geworden, in dem es keinen Fernseher gab und in dem<br />

es sehr normal gewesen ist, aus Pfeifenreinigern kleine<br />

Männchen zu basteln oder überhaupt unentwegt zu basteln<br />

und sich ständig gegenseitig zu malen. Und ich dachte,<br />

das alles sei ganz normal und wäre eben das, was man<br />

so macht, um sich zu beschäftigen und Spaß zu haben.<br />

Meine Freunde hatten es nicht einfach mit mir.<br />

INTERVIEW: Wieso das denn?<br />

MIMI: Ich habe ihnen dauernd selbst gebastelten<br />

Kram geschenkt, der im Grunde nur unnötig<br />

Platz weggenommen hat. Dann fing ich auch<br />

noch an, für alle Klamotten zu nähen. Aus<br />

Stoffen, auf denen meine Zeichnungen<br />

gedruckt waren.<br />

INTERVIEW: Kleidung kann man immerhin<br />

tragen. Waren Sie eine Außenseiterin als<br />

Teenager?<br />

MIMI: Ich hatte schon das Gefühl, dass alle<br />

anderen verstehen, wie es läuft und deshalb<br />

cool sind. Und ich eben nicht. Das Einzige,<br />

worin ich cool war, war das Fach<br />

Musiktechnologie: Da lernten wir, wie man mit Mikrofonen<br />

und Audiosoftware umgeht. Das hat wahnsinnigen Spaß<br />

gemacht, vor allem, weil ich viel besser war als die ganzen<br />

Jungs in meiner Klasse.<br />

INTERVIEW: Was die sicherlich eher genervt als beeindruckt<br />

hat, vermute ich.<br />

MIMI: Ja, und das ist auch heute noch so. Das muss man sich<br />

mal vorstellen: Da stehe ich als Musikerin bei einem<br />

Konzert oder Soundcheck und werde böse angeguckt von<br />

den Tonmännern, wenn ich meine Meinung sage. In<br />

diesem Metier herrscht noch sehr viel Sexismus.<br />

INTERVIEW: Ziemlich viel Selbstbewusstsein haben Sie an<br />

den Tag gelegt, als Sie der Produzentenlegende Stephen<br />

Street, der Größen wie The Smiths und Blur produziert hat,<br />

einfach eine Nachricht geschickt haben.<br />

MIMI: Es war fünf Uhr morgens, als ich ihn anschrieb, und<br />

ich war es total leid, noch auf irgendetwas zu warten. Die<br />

Songs waren fertig, die Demos waren fertig, und ich wollte<br />

endlich damit anfangen, dem Album den finalen Schliff<br />

zu geben. Gleichzeitig wollte ich auf keinen Fall die falsche<br />

Person an das Material lassen. Ich wusste ziemlich schnell,<br />

dass Stephen genau die richtige Person für den Job wäre.<br />

INTERVIEW: Aber wie haben Sie überhaupt Kontakt zu<br />

ihm herstellen können?<br />

MIMI: Ich habe sein Profil auf LinkedIn gefunden! Ich<br />

musste fünf Euro für die Nachricht bezahlen, weil ich kein<br />

Mitglied bin. Fünf Tage später schrieb er mir. Noch nie<br />

habe ich fünf Euro so gut investiert!<br />

Von Raha Emami Khansari<br />

„Nothing But Everything“<br />

erscheint im Februar bei Warner<br />

31


32<br />

Und wie war er?<br />

Schauspieler Florian Lukas, 40,<br />

verbrachte mit Harvey Keitel<br />

eine Nacht im Knast<br />

INTERVIEW: Erzählen Sie uns, wie Sie zu Ihrer Rolle<br />

in Grand Budapest Hotel gekommen sind?<br />

FloRIaN lukas: Wishful thinking? Ich hatte tatsächlich<br />

schon lange den Wunsch, in einem Wes-Anderson-Film<br />

mitzuspielen.<br />

INTERVIEW: Tatsächlich?<br />

lukas: Jaaa! Ich liebe alle seine Filme, schätze seine Detailverliebtheit<br />

und das Verspielte. Aber dann habe ich mir<br />

gesagt: „Verabschiede dich von dem Traum und konzentriere<br />

dich auf die Dinge, die möglich sind!“<br />

INTERVIEW: Und dann?<br />

lukas: War es wie so oft im Leben: Die Dinge kommen,<br />

wenn man sie loslässt. Die Casterin Simone Bär rief mich<br />

an und lud mich zum Vorsprechen für die Rolle des<br />

Häftlings Pinky ein.<br />

INTERVIEW: Sie bekamen die Rolle, und Harvey Keitel<br />

wurde Ihr Knastbruder.<br />

lukas: Keitels Wunsch war es, dass wir als die<br />

Knacki-Gang, die wir auch im Film spielen, eine Nacht<br />

in dem Gefängnis in Zittau verbringen.<br />

INTERVIEW: Klassisches Method-Acting, oder?<br />

lukas: Wahrscheinlich.<br />

INTERVIEW: Also, wie war sie, die Nacht mit Harvey?<br />

lukas: Kalt und laut. Das Gefängnis, das seit bestimmt<br />

20 Jahren leer steht, wurde schon vorher wochenlang<br />

mit Baulüftern beheizt. Wir hatten Essen in Thermoskannen<br />

dabei, Keitel hat Anekdoten erzählt, und wir haben uns<br />

kennengelernt. Zack Michalowski und der österreichische<br />

Schauspieler Karl Markovics waren auch dabei.<br />

INTERVIEW: Und was hat es für die Szenen gebracht?<br />

lukas: Für mich war es eher eine skurrile Episode.<br />

Small Talk<br />

Beeindruckt hat mich aber, mit welchem Engagement sich<br />

Keitel in seinem Alter immer noch reinhängt.<br />

INTERVIEW: Wie alt ist er denn?<br />

lukas: 74?<br />

INTERVIEW: Ist es eigentlich wirklich wahr, dass Wes<br />

Anderson die Schauspieler mit einem Golfcart vom Hotel<br />

zum Set fahren ließ, weil er Kleinbusse so hässlich findet?<br />

lukas: Ich habe sie nicht gesehen, nur davon gehört.<br />

INTERVIEW: Wie war die Arbeit mit Wes Anderson?<br />

lukas: Intensiv! Er hat uns 20, 30 Mal den gleichen Take<br />

immer wieder mit Mini-Änderungen spielen lassen.<br />

Daraus entsteht dann diese Atmosphäre von Gleichmut,<br />

die seine Filme ausmacht. Er gibt einem durchaus<br />

das Gefühl, man könne Sachen ausprobieren. Am Ende<br />

spielt man dann aber doch alles so, wie er es sich<br />

vorgestellt hat. Er überträgt seinen Perfektionismus auf<br />

andere, ohne dass die es merken. Genial.<br />

INTERVIEW: Lustigen Bart tragen Sie übrigens als<br />

Pinky! Ist der angeklebt?<br />

lukas: Den Bart hatte Wes sich erst gewünscht, dann<br />

wollte er doch alle Häftlinge ohne Bart haben. Ich hatte<br />

aber schon einen anderen Film mit genau diesem Bart<br />

angedreht – also blieb er dran.<br />

INTERVIEW: Und, gut verdient?<br />

lukas: Man geht nicht zu Anderson, um gut zu<br />

verdienen, sondern um Teil seiner Welt zu werden. So<br />

wie ich das verstanden habe, gilt das auch für all die<br />

Stars, die bei ihm spielen.<br />

Von Antje Wewer<br />

„Grand Budapest Hotel“ ist der Eröffnungsfilm der<br />

Berlinale und startet am 6. März im Kino<br />

Angst gehabt?<br />

Idris Elba, 41, hat einen<br />

Superhelden gespielt<br />

INTERVIEW: Ich kann es überhaupt nicht beurteilen, aber<br />

Ihr Xhosa-Dialekt als Nelson Mandela klingt wirklich<br />

einwandfrei.<br />

IdRIs Elba: (lacht) Ja, wenn Sie das sagen! Tatsächlich<br />

war das eine der schwierigsten Aufgaben. Vor allem, weil<br />

wir ja in Südafrika gedreht haben, sodass ein Großteil<br />

FOTOS: (linke Seite) Tobias Seeliger/snapshot-photography/SZ Photo; Byron Purvis/Corbis; (rechte Seite) Sophie Muller


des Teams aus Muttersprachlern bestand. Davor hatte ich<br />

schon ziemlich große Ehrfurcht.<br />

INTERVIEW: Wurden Sie während der Dreharbeiten oft<br />

korrigiert?<br />

Elba: Sehr oft, ja. Ich habe mich aber nie auf den Schlips<br />

getreten gefühlt, wenn wieder einmal plötzlich der<br />

Tonangler nach einer Szene zu mir sagte: „Nein, so geht<br />

das nicht, so spricht man das gar nicht aus!“<br />

Südafrikaner haben die Gabe, solche Dinge so freundlich<br />

auszudrücken, dass man sich überhaupt nicht angegriffen<br />

fühlt. Außerdem ist es im Sinne des Projekts und hat<br />

dem Film gutgetan. Und es war der ultimative Schlüssel,<br />

um in die Rolle hineinzukommen.<br />

INTERVIEW: Das kann ich mir vorstellen, optisch ist die<br />

Ähnlichkeit ja nicht so groß. Haben Sie sich nie gefragt,<br />

warum gerade Sie Nelson Mandela spielen sollten?<br />

Elba: Die ganze Zeit. Als ich dann aber erfuhr, dass die<br />

Enkelinnen von Mandela auf die Frage hin, wer ihren<br />

Großvater verkörpern sollte, als Allerersten mich nannten,<br />

war ich mächtig stolz. Dabei wussten sie noch gar nicht,<br />

dass ich bereits im Gespräch für die Rolle war.<br />

INTERVIEW: Hat sich Nelson Mandela den Film noch<br />

ansehen können?<br />

Elba: Ja, er hat ihn gesehen. Ich konnte ihn vor und<br />

während der Dreharbeiten leider nicht mehr treffen, weil<br />

es ihm bereits sehr schlecht ging.<br />

INTERVIEW: Wissen Sie, wie ihm der Film gefallen hat?<br />

Elba: Er mochte den Film. Und ehrlich gesagt, es war<br />

mein größter Wunsch während der Dreharbeiten, dass er<br />

noch die Gelegenheit bekäme, den Film zu sehen.<br />

Gott sei Dank war dem so! Er hatte natürlich ein paar<br />

Korrekturvorschläge und Randnotizen.<br />

INTERVIEW: Was für welche?<br />

Elba: Ehrlich gesagt, erinnere ich mich nicht mehr so<br />

genau. Und wenn, würde ich es nicht erzählen! (lacht)<br />

INTERVIEW: Wie schwierig ist es eigentlich, einen<br />

Helden wie Nelson Mandela zu spielen?<br />

Elba: Unfassbar schwierig. Vor allem, weil ich<br />

den <strong>ju</strong>ngen und alten Mandela spielen musste. Die<br />

Verantwortung war ziemlich groß. Aber unter uns:<br />

Eigentlich ist der Druck jetzt, danach, noch viel größer.<br />

Permanent mit Journalisten über so große Themen wie<br />

Mandela, Südafrika und Apartheid reden zu müssen ist<br />

keine leichte Aufgabe.<br />

INTERVIEW: Was waren denn die schrulligeren Seiten an<br />

Nelson Mandela?<br />

Elba: Er war ein sehr ordentlicher und sauberer Mann.<br />

Außerdem war er pedantisch, was Daten und Uhrzeiten<br />

anging. Seine Freunde haben mir zum Beispiel von<br />

Gesprächen erzählt, in denen er sie unterbrach, wenn sie<br />

behaupteten, etwas hätte an einem Monatsfünften<br />

stattgefunden, um klarzustellen, dass es der sechste war.<br />

Man könnte sagen, dass einem Mandela auch ganz gut<br />

mal schwer auf die Nerven gehen konnte. Das sollte man<br />

bei all dem Hype nicht vergessen: dass er doch auch<br />

ein Mensch gewesen ist. Wenn auch ein sehr, sehr<br />

besonderer.<br />

Von Raha Emami Khansari<br />

„Mandela: Der lange Weg zur Freiheit“<br />

startet am 30. Januar<br />

Small Talk<br />

Peinlich berührt?<br />

Sophie Ellis-Bextor, 34,<br />

liebt es, albern zu tanzen<br />

INTERVIEW: Hi. Ich würde gerne mit Sophie Ellis-Bextor<br />

sprechen.<br />

sophIE EllIs-bExToR: Ich bin Sophie Ellis-Bextor.<br />

INTERVIEW: Oh, entschuldigen Sie bitte. Ich hatte erwartet,<br />

zuerst mit Ihrer Agentin zu sprechen. Ich wusste nicht,<br />

dass Sie so freizügig Ihre Nummer herausgeben.<br />

EllIs-bExToR: Ich bin da nicht so kleinlich. Wenn<br />

man meine Nummer haben will, findet man sie doch<br />

sowieso raus.<br />

INTERVIEW: Und wenn man Sie tanzen sehen will,<br />

braucht man zurzeit nur den Fernseher einzuschalten,<br />

zumindest in Großbritannien. Die Show Strictly Come<br />

Dancing, das britische Pendant zur deutschen Sendung<br />

Let’s Dance, scheint ein voller Erfolg zu sein.<br />

EllIs-bExToR: Die Show ist wirklich beliebt hier, ganz<br />

Großbritannien ist im Tanzfieber.<br />

INTERVIEW: In dem Musikvideo zu Ihrem größten<br />

Hit Murder On The Dancefloor nehmen Sie auch an einem<br />

Tanzwettbewerb teil – und befördern Ihre Konkurrenz<br />

mit fiesen Tricks ins Aus. Wie viele Witze mussten Sie<br />

sich darüber anhören?<br />

EllIs-bExToR: Unzählige! Vor allem am Anfang.<br />

Das hat Gott sei Dank etwas nachgelassen, da die Show<br />

bereits seit drei Monaten läuft.<br />

INTERVIEW: Wie oft tanzen Sie, wenn Sie nicht gerade an<br />

einer Tanzshow teilnehmen?<br />

EllIs-bExToR: Mindestens einmal die Woche.<br />

Und natürlich noch viel öfter, wenn ich Gigs habe.<br />

INTERVIEW: Wie sieht Ihre bescheuertste<br />

Tanzbewegung aus?<br />

EllIs-bExToR: Ich glaube, die sehen alle bescheuert aus!<br />

INTERVIEW: Und keine davon ist Ihnen peinlich?<br />

EllIs-bExToR: Ich habe mittlerweile drei Kinder – mit<br />

33


34<br />

Peinlichkeiten setze ich mich nicht mehr auseinander.<br />

INTERVIEW: Schamgefühle hören mit dem ersten eigenen<br />

Kind auf?<br />

EllIs-bExToR: Nein. Ich denke bloß, dass man sie sich zu<br />

eigen macht. Ich meine, wer findet es denn toll, seine Eltern<br />

tanzen zu sehen? Ich darf jetzt offiziell peinlich sein.<br />

INTERVIEW: Fällt es Ihnen schwerer, als Mutter von drei<br />

Kindern weiterhin so viel zu arbeiten?<br />

EllIs-bExToR: Meine Arbeitsmoral hat sich tatsächlich<br />

geändert, aber absurderweise eher zum Positiven: Wenn ich<br />

jetzt arbeiten gehe, versuche ich, so produktiv und<br />

fokussiert wie möglich zu sein – damit ich, wenn ich bei<br />

meinen Kindern bin, mich voll und ganz ihnen<br />

widmen kann. Entschuldigen Sie mich für zwei Sekunden,<br />

ich muss mich kurz verabschieden.<br />

INTERVIEW: Kein Problem.<br />

EllIs-bExToR: So, da bin ich wieder. Ich verlasse gerade<br />

das Haus, deshalb musste ich allen noch Tschüs sagen.<br />

INTERVIEW: Im Song Runaway Dreamer auf Ihrem neuen<br />

Album singen Sie über die Fantasie, alles stehen und<br />

liegen zu lassen und abzuhauen. Wie oft träumen Sie<br />

tatsächlich davon?<br />

EllIs-bExToR: Im wirklichen Leben nicht sehr oft. Aber<br />

ich denke, dass es zum Erwachsenwerden gehört, mit<br />

der zunehmenden Verantwortung auch Druck zu spüren<br />

und manchmal eben Angst zu bekommen. Natürlich<br />

würde ich so etwas niemals wirklich tun. Deshalb singe ich<br />

ja auch: „Don’t worry baby / I’m here to stay.“<br />

Von Raha Emami Khansari<br />

„Wanderlust“ erscheint am 20. Januar bei EBGB’s<br />

Schon gesehen?<br />

Stellan Skarsgård, 62, kann<br />

von „Nymphomaniac“<br />

gar nicht genug bekommen<br />

INTERVIEW: Herr Skarsgård, in Der<br />

Medicus spielen Sie die ganze Zeit im<br />

Schlamm. Wie war das?<br />

sTEllaN skaRsgåRd: Das war natürlich<br />

Fake-Schlamm und kein echter. Genervt<br />

hat er trotzdem. Viel schlimmer war<br />

aber die Unterwäsche. Im<br />

Grunde war das ein Turban<br />

rund um die Genitalien. Es<br />

war unmöglich, rein- und<br />

dann wieder rauszukommen.<br />

Und dieses Gefühl in der<br />

Hose! Schrecklich.<br />

INTERVIEW: Ich erinnere mich<br />

noch genau daran, wann ich<br />

den Medicus zum ersten Mal<br />

gelesen habe. Sie sich auch?<br />

Small Talk<br />

skaRsgåRd: Ehrlich gesagt, habe ich das Buch überhaupt<br />

nicht gelesen.<br />

INTERVIEW: Nicht mal jetzt, als Vorbereitung zum Film?<br />

skaRsgåRd: Nein. Ich hatte ja das Drehbuch.<br />

INTERVIEW: Offensichtlich hat es Ihnen gefallen.<br />

skaRsgåRd: Ich fand die Figuren großartig, vor<br />

allem meine, den Barber, finde ich wirklich toll. Er ist<br />

ein großes egoistisches Kind, aber er hat auch ein<br />

gutes Herz. Das will er allerdings verheimlichen. Gefühle<br />

sind für ihn Schwäche.<br />

INTERVIEW: Alle meckern immer über die<br />

CGI-Technik, die auch im Medicus angewendet wird.<br />

Aber ich stelle mir das wie im Theater vor.<br />

skaRsgåRd: Ich stimme absolut zu! Ganz richtig. Für<br />

mich als Theaterschauspieler macht es keinen<br />

Unterschied, ob dort eine Kulisse steht oder nicht, ob ich<br />

einen blauen Hintergrund habe wie bei Thor oder eine<br />

Bühne mit Strichen, wie in Lars von Triers Dogville.<br />

INTERVIEW: Gar keinen?<br />

skaRsgåRd: Na ja, in Iron Man wurde Robert Downey Jr.<br />

kurzzeitig von einem Tennisball ersetzt. Das ist dann<br />

schon etwas einseitig. Da kommt ja nichts zurück. Kulissen<br />

kann man austauschen, Schauspieler nicht.<br />

INTERVIEW: Ist Lars von Trier ein Regisseur, den Sie<br />

mögen? Sie arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder<br />

mit ihm.<br />

skaRsgåRd: Lars ist der beste Regisseur, den ein Schauspieler<br />

sich wünschen kann. Wir sind befreundet, und mit<br />

niemandem arbeite ich auf einer so gleichberechtigten und<br />

so produktiven Ebene.<br />

INTERVIEW: Tatsächlich? Sein Ruf ist doch eher schlecht.<br />

skaRsgåRd: Woher haben Sie das?<br />

INTERVIEW: Aus der Presse.<br />

skaRsgåRd: Das stimmt aber alles nicht. Er ist großartig.<br />

INTERVIEW: Was ist so großartig an ihm?<br />

skaRsgåRd: Mit Lars fühlt es sich nicht wie arbeiten,<br />

sondern wirklich wie spielen an. Bei ihm fühle ich mich<br />

wie ein Kind in einer Sandkiste.<br />

INTERVIEW: Sie spielen auch in Nymphomaniac mit. Haben<br />

Sie den Film schon gesehen?<br />

skaRsgåRd: Ja, natürlich. In Dänemark kommt er ja schon<br />

Weihnachten ins Kino.<br />

INTERVIEW: Die kurze oder die lange Version?<br />

skaRsgåRd: Beide, aber ehrlich gesagt waren mir selbst<br />

die fünfeinhalb Stunden der langen Version noch zu kurz.<br />

So gut ist er geworden.<br />

INTERVIEW: Lars von Trier ist also kein Diktator? Nicht<br />

wenigstens ein klein wenig Tyrann?<br />

skaRsgåRd: Im Gegenteil! Sie glauben mir nicht, oder? Er ist<br />

das komplette Gegenteil. Lars sagt „Start“, und dann<br />

geht erst mal alles. Es ist einfach nur großartig. Es wollen<br />

doch auch fast alle Schauspieler mit ihm arbeiten.<br />

INTERVIEW: Gibt es denn einen Regisseur, mit dem Sie<br />

gerne einmal arbeiten würden?<br />

skaRsgåRd: Ja, mit Michael Haneke. Seinen letzten Film<br />

Liebe mochte ich sehr gerne, und ich habe gehört,<br />

er ist ein Kontrollfreak. Mir würde es großen Spaß bereiten,<br />

einen seiner Filme zu versauen.<br />

Von Nina Scholz<br />

„Nymphomaniac“ startet am 20. Februar<br />

FOTO: CATARINA/VANDEVILLE/Gamma-Rapho via Getty Images


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Yara<br />

Pilartz<br />

zeigt in der Serie<br />

„the returned“, Wie<br />

eS Sich alS tote lebt<br />

V Harald Peters<br />

Foto Jonas Lindström<br />

Talents<br />

36<br />

Welche Überraschung! Camille<br />

ist bereits seit Jahren tot, aber<br />

dann taucht sie wieder auf,<br />

quicklebendig, was nicht zuletzt für die<br />

Lebenden eine ziemlich große Sache ist. Wie<br />

verhält man sich, wenn die Toten wieder<br />

auftauchen? Freut man sich? Geht man zur<br />

Polizei? Ruft man den Arzt? Und wie spielt<br />

man eine Tote, die sich benimmt, als wäre<br />

sie eigentlich am Leben? „Ach, da schöpft<br />

man aus seinen eigenen Erfahrungen“, sagt<br />

Yara Pilartz. Welche Erfahrungen sie<br />

damit meint, sagt sie glücklicherweise nicht.<br />

Die 18-jährige Französin verkörpert in<br />

der großartigen Serie The Returned (zu sehen<br />

bei Watchever) die tote Schülerin Camille<br />

und beweist dabei erneut ein gutes Händchen<br />

bei der Wahl hervorragend abwegiger<br />

Rollen. Das erste Mal stand sie 2011 in dem<br />

Spielfilm 17 Mädchen vor der Kamera, der<br />

von 17 Teenagermädchen erzählt, die sich in<br />

einem beispielhaft öden Nest in der Bretagne<br />

langweilen und aus einer Laune heraus beschließen,<br />

schwanger zu werden. Wie spielt<br />

man so ein Mädchen? „Ach, ganz natürlich“,<br />

sagt Yara Pilartz, deren Ansatz es ist, sich<br />

ungewöhnlichen Figuren so zu nähern, als<br />

wären sie vollkommen normal. Entdeckt<br />

wurde Pilartz über eine Freundin, deren<br />

Mutter in einer Castingagentur arbeitete. Weil<br />

Yara damals noch keine 16 war, brauchte sie<br />

einen Agenten, und seit sie einen Agenten hat,<br />

bekommt sie Rollen. Es könnte nicht besser<br />

laufen. Was sie spielt, kommt bestens an. In<br />

Frankreich ist sie bereits ein Star. Doch<br />

leider hat sie das Problem, dass sie sich nicht<br />

fürs Filmgeschäft interessiert. Sie will<br />

Übersetzerin werden. Sie studiert Arabisch.<br />

Sie möchte für politische Organisationen<br />

arbeiten. Zunächst wird sie aber in der zweiten<br />

Staffel von The Returned zu sehen sein. Es<br />

geht ja auch gar nicht anders. Ihre Figur lässt<br />

sich nicht töten. Sie ist schon tot.<br />

Mantel G-Star Hemd<br />

by malene birGer<br />

StylinG<br />

Réka Maria Probst


www.liebeskind-berlin.com


Talents<br />

38<br />

Ry X<br />

trauriger surf-pop<br />

auf der achse australien,<br />

los angeles<br />

und<br />

berlin<br />

V Raha Emami<br />

Khansari<br />

Wann immer Ry Cuming in<br />

eine desolate Situation gerät,<br />

beginnt er das Mantra „Om<br />

mani padme hum“ vor sich hin zu murmeln.<br />

Obwohl das Kauderwelsch Kauderwelsch<br />

bleibt, da sich hinter den Worten kein weiterer<br />

Sinn verbirgt, hilft es dem gebürtigen Australier,<br />

das heilversprechende Surfbrett am<br />

Ende des Tunnels zu sehen. Aufgewachsen<br />

an der australischen Ostküste, in einem Ort,<br />

der 200 Menschen zählt, mit einer Mutter,<br />

die als Yogalehrerin arbeitet, und einem Vater,<br />

den er als Poeten beschreibt, wusste Ry<br />

Cuming früh, dass Geld und Erfolg Belange<br />

sind, die ihn niemals ernsthaft interessieren<br />

würden. Dass dieser Tage mindestens Letzterer<br />

unvermeidlich wird, liegt nicht nur<br />

an seiner herzzerreißenden Stimme und<br />

seinem ans Helfersyndrom appellierenden<br />

Blick (von dem man kaum sagen kann,<br />

ob er ihm oder uns mehr Schmerzen zufügt),<br />

sondern auch an dem einen oder anderen<br />

weltlichen Umstand, der seiner Musik zur<br />

wohlverdienten Aufmerksamkeit verholfen<br />

hat. Erst nahm sich Frank Wiedemann<br />

vom Deep-House-Duo Âme seiner an, was<br />

dazu führte, dass die beiden mit Howling<br />

einen Sommer lang den Song für den Spätnachmittag<br />

nach durchfeierten Nächten<br />

lieferten. Dann kam Ende vergangenen<br />

Jahres ein großer Technikkonzern auf ihn<br />

zu und holte sich die Erlaubnis, den<br />

Titeltrack seiner kürzlich erschienenen EP<br />

Berlin (Infectious) für seinen neuesten<br />

Werbespot zu verwenden. Seitdem ist das<br />

Musikvideo zu Berlin millionenfach geklickt<br />

worden, sicherlich auch, weil sich der<br />

Wahlkalifornier darin mit nacktem Oberkörper<br />

auf dem Dielenboden einer Berliner<br />

Altbauwohnung räkelt, bis eine Frau, die<br />

ebenfalls nur mit einer Hose bekleidet ist,<br />

sich über ihn schlängelt, um im Finale<br />

eines Regenschauers in seinen Armen zu<br />

verschwinden. Zum Dazulegen schön.<br />

FOTO: Infectious Music


Fashion Trade evenT<br />

14.- 16.01.2014<br />

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Mi 15. Januar 10 — 21 Uhr<br />

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Berliner Dandy<br />

Erst PoPPEr, dann B-Boy und jetzt wahrscheinlich<br />

dEr BEstangEzogEnE gastgEBEr (Grill<br />

Royal & Pauly Saal) der Hauptstadt: Boris radczun<br />

Protokoll Antje Wewer<br />

Life & Style<br />

40<br />

Es gab eine Zeit, in der ich so alt wie<br />

möglich aussehen wollte, nur um ins<br />

Checker’s hineinzukommen. Das<br />

war in Düsseldorf in den Achtzigern, damals<br />

war das Label das Kleidungsstück. Ich war<br />

Popper und trug Girbaud-Hosen zu hochgeschlossenem<br />

Hemd und Seidenschal.<br />

Vorbild: die Jungs von Spandau Ballet.<br />

Schon als Kind habe ich einen Stil immer<br />

recht konsequent verfolgt, mehrere Monate<br />

zum Beispiel nur Braun getragen oder von<br />

Januar bis Juni eine Nerzmütze, weil sie<br />

mir so gut gefiel. Mittlerweile ist mein persönliches<br />

Stilvorbild eher Cary Grant als Gary<br />

Kemp. Am liebsten trage ich Maßgeschneidertes<br />

und Klassiker: 501er-Jeans, Chucks,<br />

Poloshirts, Lederschuhe von Crockett & Jones,<br />

zweireihige Mäntel, Pullover mit V-Ausschnitt.<br />

„Ein gutes Hemd<br />

spricht. Nicht zu laut,<br />

nicht zu leise“<br />

Während des Studiums habe ich bei<br />

Showroom-Partys von Malo für die Gäste gekocht<br />

und wurde in Kaschmirpullovern<br />

bezahlt. Qualitativ hochwertiges Kaschmir<br />

findet man heute leider kaum noch.<br />

Deshalb sind alte, gebrauchte Kaschmirpullover<br />

aus den Sechzigern, die man auf<br />

Flohmärkten in Neapel oder Rom oder in der<br />

Vintage-Boutique Réciproque in Paris<br />

finden kann, eine echte Alternative.<br />

Zu Zeiten des Pogo-Clubs war ich im<br />

B-Boy-Style unterwegs: Big-E-Levi’s auf<br />

den Hüften, Neon-Sweatshirt, Turnschuhe.<br />

Mein Koch-Outfit im Cookies: farbiges<br />

Polohemd und schwarze Kochschürze.<br />

Ich habe einen<br />

ordentlichen Stapel Polos im<br />

Schrank, gerne in Eiscremefarbenwie<br />

Himbeerrot, Pistazie<br />

oder Zitronengelb. Seidensocken<br />

am liebsten von Gallo, nur<br />

leider leben die bei mir nicht lange,<br />

da ich in einem Berliner Altbau<br />

mit Dielen wohne. Filzpantoffeln<br />

sind keine Option! Das Sockenproblem<br />

ist noch nicht gelöst.<br />

Ich habe eine Vorliebe für<br />

Samtjackets, obwohl die so<br />

verdammt empfindlich sind. Das Berliner<br />

Nachtleben hat mich schon einige Exemplare<br />

(Brandlöcher!) gekostet. Je dunkler die Farbe,<br />

desto edler. Ich schätze individuelle<br />

maßgefertigte Kleidung,<br />

trage gerne Anzüge von Rubinacci<br />

oder Sartoria Partenopea. Mit meinem<br />

Partner Martin Purwin habe ich<br />

im Herbst 2011 die Maßschneiderei<br />

Purwin & Radczun gegründet.<br />

Momentaner Liebling:<br />

ein kariertes Leinenhemd mit<br />

50er-Jahre-Kragen. Ein Hemd<br />

unterstreicht den Charakter seines<br />

Trägers. Ein gutes Hemd spricht.<br />

Nicht zu laut, nicht zu leise. Für ein<br />

Smokinghemd immer das größte<br />

und dickste Waffelpiqué nehmen. Am<br />

besten: zwei Waffelpiqué-Stoffe mischen.<br />

Das Monogramm gehört zum maßgeschneiderten<br />

Hemd. Aber ich finde, man<br />

sollte es nicht sehen. Also bitte das Monogramm<br />

auf den Schoß aufsticken, der<br />

in der Hose steckt. Oder unter dem Kragen.<br />

Viele tragen zum Smoking diese Minifliegen,<br />

ich stehe auf große Fliegen. Wenn<br />

schon, denn schon. Das Binden übe<br />

ich aber noch, schwierige Sache. In ein<br />

Smokingknopfset sollte man einmal im<br />

Leben investieren.<br />

Generell gilt für mich: Die Sachen<br />

werden bis zum bitteren Ende aufgetragen.<br />

Zerschlissene Oberhemden ziehe ich an,<br />

wenn ich in meiner Datsche auf dem Land<br />

bin. Und mit alten Kaschmirpullovern putze<br />

ich Schuhe. Ein Portemonnaie?<br />

Nie gehabt! Brauche ich nicht, will ich nicht.<br />

FOTOS: Sammy Hart; Sonja Gutschera + Leif Henrik Osthoff; Freunde von Freunden (2); privat (6)


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Wow<br />

42<br />

Ist sam<br />

dIe nächste<br />

cara?<br />

Immerhin hat Sam Rollinson ähnlich bemerkenswerte Augenbrauen wie ihre Kollegin<br />

Cara Delevingne – und darüber hinaus die coolsten Wangenknochen der Branche. Den definitiven<br />

Durchbruch brachte ihr diesen Sommer ein exklusives Balenciaga-Booking, danach folgten<br />

nicht weniger als 64 internationale Runway-Shows (oben Mulberry) und diverse Magazin-Cover.<br />

Und tolle Kampagnen wie die von Isabel Marant für H&M. Willkommen im Mode-Olymp!<br />

FOTOS: Kevin Tachman/Trunk Archive


Wow<br />

Over the<br />

Rainbow<br />

Warum sIch mIt eIner eInzIgen Farbe<br />

begnügen, Wenn man sIeben bekommen<br />

kann (oder sechs oder neun)?<br />

Kette von<br />

Tom Binns,<br />

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Photograph by Bob Bonis © Not Fade Away Gallery<br />

Inbusschlüssel<br />

von Swiss<br />

Tools,<br />

ca. 42 €<br />

FOTOS: Tom Binns; Swiss Tools; Julia von der Heide; Shourouk; Dior; Fay; Tanya Taylor; Sarah’s Bag; www.aspinallink.co.uk<br />

Kleid von Prada,<br />

Preis auf Anfrage<br />

„Mr Smith the<br />

Second“ von<br />

Anthony Hartley<br />

Clutch von Sarah’s Bag über<br />

valerydemure.com, ca. 760 €<br />

Splash!<br />

Es waren einmal vier Jungs, die gemeinsam schöne,<br />

poetische Popmusik herstellten und damit weltberühmt wurden.<br />

Dass die Beatles darüber hinaus gerne vor der Kamera herumalberten,<br />

haben ihnen ihre Fans immer großzügig nachgesehen.<br />

Schuhe von<br />

Tanya Taylor,<br />

577 €<br />

Pullover von Fay, 370 €<br />

Haarreif von Shourouk, 560 €<br />

Sonnenbrille<br />

von Dior, 350 €<br />

43


Wow<br />

spieltrieb<br />

Sinnlich, sexy, skulptural: Die<br />

Accessoires der Saison sind hochglänzend,<br />

grafisch und verspielt wie nie<br />

Foto Maxime Poiblanc<br />

Styling Stephanie Strauss<br />

44<br />

Links oben:<br />

Clutch TOM FORD Brosche MUNOZ<br />

VRANDECIC Ketten LANVIN<br />

Cuffs BALMAIN Würfelbecher &<br />

Schnapsgläser ALEXANDER WANG<br />

Lippenstifte AERIN<br />

Rechts oben:<br />

Düfte & Lippenstifte DOLCE &<br />

GABBANA Ringe & Armbänder NINA<br />

RICCI Cuff & Ringe (rechts) LOUIS<br />

VUITTON Cuffs CALVIN KLEIN<br />

COLLECTION Ring (links) BULGARI<br />

Links unten:<br />

Brosche VAN CLEEF & ARPELS<br />

Armband, Ohrringe & Clutch<br />

BALEN CIAGA Duft BULGARI Ring<br />

GIORGIO ARMANI Lippenstifte<br />

CHANEL Ring REPOSSI Mascara<br />

GIVENCHY Füller MONTBLANC Ohrringe<br />

DIOR, VAN CLEEF & ARPELS<br />

Rechts unten:<br />

Cuffs SALVATORE FERRAGAMO<br />

Ringe CHLOÉ Ohrringe EDDIE<br />

BORGO Armreif CÉLINE Duft<br />

COMME DES GARÇONS Nagellack<br />

GIVENCHY Ringe SAINT LAURENT<br />

BY HEDI SLIMANE Lippenstifte<br />

YVES SAINT LAURENT BEAUTÉ


Wow<br />

SPEISEKARTE<br />

Bretter, die die Welt bedeuten:<br />

Das New Yorker Label<br />

AHeirloom fräst aus<br />

Bambus Küchenbrettchen in<br />

Landkartenform. Mit einer<br />

Serie der 50 US-Bundesstaaten<br />

fing alles an. Jetzt kommen<br />

ganze Länder auf den Tisch.<br />

Ein Herz für<br />

Berlin, ca. 35 €<br />

Label<br />

to<br />

watch<br />

neue masche<br />

Die Britin Xiao Li traut<br />

sich für ihre Debütkollektion<br />

aus der Komfortzone<br />

und formt Zopfstrick<br />

aus Silikon. Das<br />

Ergebnis: Aufgeblasene<br />

Silhouetten treffen auf<br />

Marshmallow-Farben.<br />

Linkes Armband<br />

ca. 215 €, rechtes<br />

ca. 290 €<br />

FOTOS: AHeirloom INC ; Xiao Li; The Medley Institute; Prada; Valentino; Puma x Solange Knowles<br />

Der gewisse Dreh<br />

Kann man drehen und wenden, wie man will: Die<br />

neue Schmuckkollektion vom Berliner Label The Medley<br />

Institute beweist mit ihren Goldarmbändern, dass<br />

minimalistisches Design durchaus verspielt sein kann.<br />

expeDition ins<br />

zierreich<br />

Miuccia Prada unternimmt einen<br />

Ausflug ins Hawaii der Fifties – und<br />

packt tropische Palmenwedel mit<br />

Hula-Pin-up-Girls auf Canvaskoffer.<br />

Soul hat jetzt einen<br />

guten Lauf: die ersten<br />

Sneakers von Popstar<br />

Solange Knowles<br />

für Puma.<br />

Sneaker von<br />

Puma x Solange<br />

Knowles, Preis<br />

auf Anfrage<br />

Koffer von<br />

Prada, ca. 1690 €<br />

Goldfisch-<br />

Kettchen<br />

Valentino zeigt<br />

Fischanhänger, die so<br />

romantisch sind wie<br />

der Spätbarock am<br />

Trevi-Brunnen.<br />

Kette von<br />

Valentino,<br />

ca. 550 €<br />

45


Wow<br />

Himmel<br />

und erde<br />

Wann immer man zur<br />

Leuchte des Berliner<br />

Designers Christian<br />

Lessing hochguckt, ist<br />

es, als sähe man aus<br />

dem Nachthimmel<br />

verzaubert auf unsere<br />

Erde<br />

hinab.<br />

Pendelleuchte<br />

„Nachtflug“<br />

von<br />

Christian<br />

Lessing, ca. 89 €<br />

Diese Sonnenbrille aus<br />

Plexiglas macht den<br />

Knick zum Prinzip. Am<br />

Bügel, nicht in<br />

der Optik.<br />

46<br />

Dauerlauf<br />

Stella McCartney kommt auch fast zehn Jahre nach ihrer ersten<br />

Kollektion für Adidas zuverlässig mit Sportswear ins Ziel, die<br />

als Highfashion durchgehen kann. Mit ihren oversized geschnittenen<br />

Jogginganzügen schafft sie jetzt auch noch street credibility.<br />

Sonnenbrille<br />

von Fendi, Preis<br />

auf Anfrage<br />

Zeichenmappe von<br />

CHANEL, ca. 2 500 €<br />

AuSGeZeiCHneT<br />

Die Baguette-Bag von Chanel ist die feinste<br />

Lady unter den Handtaschen. Mit der weltberühmten<br />

Steppnaht verziert das Pariser<br />

Modehaus jetzt eine Mappe für Kunstwerke<br />

zum Mitnehmen. Pardon, Pret-à-porter.<br />

born in THe uSA<br />

Im jüngst eröffneten Shinola Store in Downtown<br />

New York gibt es ausschließlich in den USA hergestellte<br />

Produkte: Baseballschläger, Backpacks, Fahrräder,<br />

Sparschweine aus Leder und selbst Muffins. Die Devise<br />

des Stores: So weit das Land, so groß das Angebot.<br />

FOTOS: Stella McCartney x Adidas; Claudia Rath; Fendi; Chanel; Courtesy of Shinola


Regal „Click“ von<br />

New Tendency,<br />

Preis auf Anfrage<br />

Wow<br />

Armband von Assad<br />

Mounser, ca. 360 €<br />

Achtung!<br />

Scharfes Stück: Die New<br />

Yorker Designerin<br />

Assad Mounser macht<br />

aus dem Hollywood-<br />

Glamour der Zwanziger<br />

und aus Punk-Kultur<br />

das gefährlichste<br />

Armband dieser Saison.<br />

Das Zehn-Minuten-Regal<br />

Man braucht keinen Inbusschlüssel! Und es glänzt! Das<br />

Regalsystem „Click“ von Sigurd Larsen kommt ohne Schrauben<br />

und Zusammenbau-Verzweiflung aus. Die Böden werden<br />

einfach in die Träger eingehängt. Das Design gibt es in Kupfer,<br />

Schwarz und Weiß und auf Wunsch in Sonderfarben.<br />

FOTOS: Haw-lin Services; Assad Mounser; Moncler (2); Darry Natale (2); Louis Vuitton; via Frends<br />

Für sie<br />

und ihn<br />

In Berlin-Weißensee ausgebildet, bei<br />

Bernhard Wilhelm in Paris und Tim Hamilton in<br />

New York gelernt: So weltläufig wie der<br />

Werdegang von Martin Niklas Wieser ist auch die<br />

Arbeit des <strong>ju</strong>ngen Modedesigners. Wieser<br />

steht auf Unisex und schneidert geradlinige, kantige<br />

Looks, die allen stehen. Mehr über dieses<br />

Talent auf iNTERviEW.DE<br />

STATuSeTui<br />

Angeben mit dem<br />

Handy geht nicht<br />

mehr. Außer es<br />

trägt Louis vuitton.<br />

iPhone-Case von Louis<br />

Vuitton, ca. 280 €<br />

Praktisch,<br />

quadratisch,<br />

warm: Die<br />

Skianzüge<br />

von Moncler<br />

fluGSiCHerHeiT<br />

Wer sich von ganz oben ins Tal stürzen will, will nicht, dass<br />

ihm der Schussfahrtwind in die Knochen fährt. Deswegen hat<br />

Moncler jetzt eine Signature Collection fürs hochalpine Skilaufen<br />

entwickelt. Die gibt es allerdings nur dort, wo die Pisten<br />

steil sind – etwa in Kitzbühel, St. Moritz oder Chamonix.<br />

„Taylor Oil Slick“,<br />

Kopfhörer von<br />

Frends, ca. 210 €<br />

oHrfunkeln<br />

Für das Design seiner<br />

Kopfhörer bedient sich<br />

das Label Frends nun<br />

bei einem der größten<br />

Runway Trends dieser<br />

Saison: Metallic. Ein<br />

Accessoire, das sicher<br />

den richtigen Ton trifft.<br />

47


David Schnell<br />

48<br />

Schönheit<br />

flüchtig<br />

Pop-up-Kunst: David<br />

Schnells Blumenteppich<br />

in Genzano<br />

Der leipziger Maler DaviD Schnell<br />

war ein Jahr lang StipenDiat<br />

Der villa MaSSiMo in roM. vor<br />

Seiner abreiSe erzählt er coSiMa<br />

bucarelli, KünStlerin auS roM,<br />

wie Die StaDt unD ihr licht ihn<br />

unD Seine bilDer veränDert haben.<br />

unD waruM er eS toll fanD, DaSS<br />

KinDer Seine KunSt zertraMpelten<br />

Von Cosima Bucarelli<br />

ist<br />

COSIMA BUCARELLI: Seit wann bist du in der Villa Massimo?<br />

DAVID SCHNELL: Seit Februar 2012 und mit wenigen<br />

Unterbrechungen auch die ganze Zeit hier.<br />

BUCARELLI: Davor hast du in Leipzig gewohnt?<br />

SCHNELL: Genau, 18 Jahre lang. Aber eigentlich<br />

komme ich aus Köln.<br />

BUCARELLI: Du hast nicht wirklich 18 Jahre lang<br />

Leipzig nicht verlassen?<br />

SCHNELL: Doch. Das war das allererste Mal, dass ich<br />

mich für ein Stipendium beworben habe. Und dann hat es<br />

auch gleich geklappt.<br />

BUCARELLI: Deine Bilder zeigen oft architektonische<br />

Elemente. Licht, Farben und Perspektiven spielen ebenfalls<br />

eine große Rolle. Hat sich in Rom etwas daran verändert?<br />

SCHNELL: Schwierig zu sagen, weil die Bilder, die ich hier angefangen<br />

habe, noch nicht fertig sind. Bezüglich der<br />

Farbigkeit habe ich aber gemerkt, dass sich ein neues Element<br />

einschleicht. Es gibt Bilder, die so pastellige oder<br />

kreidige Töne haben. Da habe ich mich an diesen verblassenden<br />

Fresken orientiert, die man in Rom überall<br />

sieht. Und das Licht wird sicher auch noch eine größere<br />

Rolle spielen, gerade mit den starken, harten Kontrasten<br />

des Sommers. Ich bin auch schon im Umland unterwegs<br />

gewesen. In den Pontinischen Sümpfen zum Beispiel, der<br />

Ecke, aus der der Büffelmozzarella kommt, oder ich war in<br />

der Gegend um Genzano, wo ich den Blumenteppich<br />

gemacht habe. Ich könnte mir vorstellen, dass sich<br />

zumindest unterbewusst daraus etwas entwickelt.<br />

BUCARELLI: Ich finde, man sieht, dass in deinen Bildern<br />

alles etwas offener ist und die Farben sich verändern. Ich<br />

denke, dass das etwas mit Rom zu tun hat. Wie kam es<br />

eigentlich, dass du in Genzano einen Blumenteppich entworfen<br />

hast?<br />

SCHNELL: Der Bürgermeister von Genzano hat in der Villa<br />

Massimo angerufen und gefragt, ob ein deutscher<br />

Künstler Interesse hätte, bei dem Fest mitzumachen. Ich<br />

habe mir das im Internet angesehen und sofort zugesagt,<br />

obwohl klar war, dass es eine Gratwanderung sein würde,<br />

weil es im Rahmen eines religiösen Volksfestes passiert.<br />

Aber ich fand diese Ästhetik so interessant. Und natürlich<br />

hat mich auch gereizt, dass das so flüchtig ist.<br />

BUCARELLI: Was genau war deine Aufgabe?<br />

SCHNELL: Ausgangspunkt war der 40. Geburtstag des<br />

Buches Momo, denn Michael Ende hat ja viele Jahre in<br />

Genzano gelebt. Deswegen hatte der Bürgermeister die<br />

Idee, ihm im Rahmen des Dorffestes einen Blumenteppich<br />

zu widmen.<br />

BUCARELLI: Wie toll! Blumen sind ja ein völlig neues<br />

Medium für einen Künstler.<br />

SCHNELL: Richtig. Bis zu dem Punkt, wo alles halb fertig<br />

war, war ich ziemlich aufgeregt, weil ich mir nicht<br />

vorstellen konnte, wie die Ästhetik wirklich ist. Aber dann<br />

merkte ich: Die wissen, was sie tun. Ich musste ja auch<br />

nicht selber Hand anlegen, sondern stand auf einem Balkon<br />

und habe der Blumenmeisterin Arianna Salustri<br />

zugeschaut und nur ab und zu gesagt: „Okay, hier den Ton<br />

bitte etwas aufhellen“, und dann pflanzte sie in ein Beet<br />

mit dunkelblauen Blumen noch ein paar weiße. Ich habe<br />

ihr vorher einen Katalog von mir gegeben, um ihr meine<br />

Bildwelt zu zeigen, und sie hat das total gut umgesetzt.<br />

BUCARELLI: Wie groß war der Blumenteppich?<br />

SCHNELL: Sieben mal elf Meter.<br />

BUCARELLI: Wo findet sich der Bezug zu Momo?


FOTOS: (linke Seite) Uwe Walter, Berlin, David Schnell, „Blumenteppich bei der Infiorata in Genzano“, 2013, Courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin/<br />

VG Bild-Kunst, Bonn 2013; (rechte Seite) Uwe Walter, Berlin, David Schnell, „Pontina“, 2013, Öl auf Leinwand, 130 x 280 cm, Courtesy Galerie EIGEN + ART<br />

Leipzig/Berlin/VG Bild-Kunst, Bonn 2013<br />

SCHNELL: Architektonisch gesehen befindet sich im<br />

Zentrum des Entwurfs ein Amphitheater, in dem Momo<br />

ja auch lebt. Von diesem Zentrum aus habe ich die<br />

Komposition gemacht, die von Stimmung und Farbe lebt,<br />

was ich auch nicht so einfach fand. Als ich das Buch<br />

gelesen habe, dachte ich eher an Sepiatöne, und mit Blumen<br />

will man ja eher bunt arbeiten. Aber es gibt Elemente<br />

wie die graue Wolke, die an den Rauch der Herren mit den<br />

grauen Zigarren erinnert. Vieles, wie zum Beispiel die<br />

Schildkröte aus Momo, hat sich in ein abstraktes Element<br />

verwandelt. Ich habe fast drei Wochen am Entwurf<br />

gearbeitet.<br />

BUCARELLI: Und am Ende durfte jeder drüberlaufen?<br />

SCHNELL: Der Ablauf ist so: Freitags werden die<br />

Zeichnungen auf die Straße gemacht, samstags werden die<br />

Blumen gelegt. Sonntagmittag sind die Blumenteppiche<br />

fertig und können den ganzen Tag angeschaut werden, und<br />

abends geht die Prozession los, aber nur der Geistliche<br />

und zwei Schleppenträger gehen über den Blumenteppich.<br />

Montagnachmittag geht dann eine eher profane<br />

Prozession über die Blumenteppiche, Trachtengruppen<br />

und Musikkapellen in historischen Gewändern. Und<br />

dann gibt es diesen schönen Moment, wo das Bild langsam<br />

erodiert. Ganz zum Schluss versammeln sich hinter den<br />

Teppichen am oberen Ende der Ausstellung wie hinter einer<br />

Startlinie die Kinder des Dorfes. Dann gibt der Bürgermeister<br />

den Startschuss, und alle Kinder rennen los und<br />

dürfen mit den Blumen machen, was sie wollen.<br />

Schließlich gibt es Discomusik, und alle tanzen darauf<br />

herum.<br />

BUCARELLI: Du hast dich erst mit 23 Jahren entschieden,<br />

Künstler zu werden. Was war davor?<br />

SCHNELL: Es ist nicht so, dass ich einen anderen Traum<br />

hatte, es hat sich bei mir nur langsam entwickelt. Ich bin<br />

vorher viel BMX-Rad gefahren und habe T-Shirts<br />

gestaltet und Events veranstaltet. Dann habe ich in Köln<br />

im Rose Club gearbeitet und für kleine Bands in Köln<br />

hin und wieder ein Plattencover oder T-Shirt gestaltet und<br />

irgendwann ein Praktikum beim<br />

Goldschmied gemacht, weil ich<br />

glaubte, Restaurateur werden zu<br />

wollen. Wie ich zur bildenden<br />

Kunst gekommen bin, weiß ich gar<br />

nicht mehr so genau. In Düsseldorf<br />

an der Uni wurde ich jedenfalls<br />

zweimal mit meiner Mappe abgelehnt.<br />

Aber ich bin tatsächlich<br />

erst mit 23 Jahren auf die Idee gekommen,<br />

Kunst zu studieren.<br />

Davor habe ich nach dem Abi drei<br />

Jahre einfach nur so rumgeschaut.<br />

BUCARELLI: Vermisst du als Kölner<br />

in Rom nicht das Bier?<br />

SCHNELL: Ich trinke eigentlich alles gern, aber hier bin ich<br />

zum Weißweintrinker geworden. Was mir auch gefällt,<br />

ist, dass man hier beim Ausgehen nicht zwingend in einem<br />

Club landet, sondern eher zusammen isst und danach<br />

draußen herumsteht und trinkt.<br />

BUCARELLI: Abendessen, Vernissagen und auf der Piazza<br />

rumstehen …<br />

SCHNELL: Genau. Das finde ich schön.<br />

BUCARELLI: Von Schönheit gibt es in Rom fast zu viel.<br />

Wie wird das wohl sein, wenn du zurück bist?<br />

SCHNELL: Tja, das weiß ich auch nicht. Hoffentlich kriege<br />

ich keine Depression.<br />

BUCARELLI: Wird man später von deiner römischen Phase<br />

sprechen?<br />

SCHNELL: Als ich ankam, dachte ich tatsächlich, dass ich<br />

jetzt alles anders machen muss, und dann ist natürlich erst<br />

mal gar nichts passiert. Jetzt lasse ich mir Zeit und schaue<br />

einfach, wie Rom sich nach und nach einschleicht. Ich habe<br />

aber auch gehört, dass sich bei manchen Künstlern der<br />

Rom-Effekt erst hinterher einstellt.<br />

Der Berliner Martin-Gropius-Bau zeigt am<br />

20. Februar Arbeiten der Villa-Massimo-Stipendiaten<br />

des Jahrgangs 2013<br />

Sommer, Licht,<br />

Farbe: „Pontina“ (2013,<br />

Öl auf Leinwand) und<br />

David Schnell im Atelier<br />

PORTRÄT:<br />

Nikolaus Brade


Kultur<br />

Neue AusstelluNgeN, Neue Filme,<br />

eiN Neues KiNo, Neue Bücher<br />

sowie der spoNtAN<br />

improvisierte<br />

F r A g e B o g e N<br />

Now<br />

50<br />

Philip<br />

Ģuston<br />

In den 50er-Jahren war Philip Guston<br />

neben Jackson Pollock, Willem de Kooning<br />

und Mark Rothko einer der wichtigsten<br />

Vertreter des abstrakten Expressionismus.<br />

Doch dann ging er in den 60er-Jahren<br />

in sich, und als er pünktlich zu Beginn<br />

des neuen Jahrzehnts wieder aus sich<br />

herauskam, brachte er lustige Bilder mit<br />

groben, unrasierten Kerlen mit, die<br />

aussahen, als wären sie aus irgendwelchen<br />

Comics herausgefallen. Sehr komisch!<br />

Nur die notorisch humorlose Kunstszene<br />

wollte den Witz nicht verstehen, weshalb es<br />

einen Skandal gab, vergleichbar mit jenem,<br />

als Bob Dylan die E-Gitarre einstöpselte.<br />

Mit 80 Gemälden<br />

und Zeichnungen<br />

ist Gustons Spätwerk<br />

vom 22.<br />

Februar bis 25. Mai<br />

in der Sammlung<br />

Falckenberg der<br />

Deichtorhallen in<br />

Hamburg-Harburg<br />

zu sehen.<br />

Gute<br />

Aussichten<br />

Ein Wohnwagen, der schon mal bessere Zeiten gesehen<br />

hat. Eine windschief in die Landschaft ragende<br />

Wäschespinne voller Plunder. Müll, der auf dem Boden<br />

herumliegt. Und zwei Kinder, die bestimmt viel lieber<br />

vor dem Fernseher säßen und mit der neuen X-Box spielten,<br />

zumal das Wetter auch besser sein könnte. Aber das ist<br />

der Zauber der Fotografie: Mit dem richtigen Gespür für<br />

den richtigen Moment lassen sich selbst die trostlosesten<br />

Szenen in wunderbare Bilder verwandeln, wie Birte<br />

Kaufmann mit The Travellers zeigt. Zu sehen ist ihr Bild<br />

neben vielen anderen Werken in der Ausstellung Gute<br />

Aussichten – Junge deutsche Fotografie 2013/2014, dem<br />

wichtigsten Wettbewerb für <strong>ju</strong>nge Fotografen in<br />

Deutschland. In diesem Jahr feiert die Schau ihr zehnjähriges<br />

Jubiläum, geöffnet ist sie vom 7. Februar bis zum<br />

23. März im Haus der Photographie in den<br />

Deichtorhallen in Hamburg.


FOTOS: (linke Seite) „Painter‘s Head“, 1975. Öl auf Leinwand, 185 x 205 cm Privatsammlung © The Estate of Philip Guston; Philip Guston auf der Treppe in Woodstock (1980) © Renee Conforte McKee; Birte Kaufmann, The Travellers. www.guteaussichten.<br />

org © Birte Kaufmann; (rechte Seite) © 2012 Universum Film GmbH; Dorothy Iannone, Let the Light from My Lighthouse Shine on You, 1981, Privatsammlung Schweiz © Jochen Littkemann, Courtesy Air de Paris, Paris; Man Ray. Laboratory of the Future.<br />

1935. Gelatin silver print, 23.1 x 17.8 cm. The Museum of Modern Art, New York. Gift of James Johnson Sweeney © 2013 Man Ray Trust/Artists Rights Society (ARS), New York/ADAGP, Paris; © Andri Pol<br />

Im Kino:<br />

„Homefront“<br />

James Franco auf allen Kanälen. In Homefront ist er ein hinterwäldlerischer<br />

Crystal-Meth-Pate und zettelt einen Kleinkrieg mit dem tollen Jason Statham an,<br />

der wie üblich einen Ex-Bullen spielt, der nur seine Ruhe haben will. Das Ergebnis:<br />

Sachschäden, Todesfälle, Chaos. Winona Ryder ist auch mit dabei, und Sylvester<br />

Stallone schrieb das Drehbuch. Mehr kann man nicht verlangen (ab 23. Januar).<br />

Eine Welt für sich:<br />

Fotografen im Studio<br />

Die Grundidee dieser Ausstellung besteht darin,<br />

Arbeitsweisen von Fotografen im Studio<br />

vorzustellen. Bauen sie theaterhafte Kulissen wie<br />

Cindy Sherman, oder bevorzugen sie einen<br />

weißen Hintergrund wie Richard Avedon? Wird<br />

im Darkroom experimentiert wie bei Christian<br />

Marclay oder Quatsch gemacht wie bei Fischli &<br />

Weiss? Schauen Sie selbst vom 8. Februar bis 5.<br />

Oktober im New Yorker MoMA.<br />

13<br />

Fragen an<br />

Anna<br />

Stothard<br />

Wann und Wo Geboren? 1983 in London.<br />

beruf? Schriftstellerin. aktueller roman?<br />

Die Kunst, Schluss zu machen (Diogenes,<br />

14,90 Euro). Wann jemanden verlassen<br />

(und Warum)? Bevor man selbst gebrochen<br />

zurückbleibt. die drei Hauptdisziplinen des<br />

scHlussmacHens? Erstens: Umarme den<br />

Schmerz. Zweitens: Fluchtplan und<br />

Fluchtroute! (Zum Beispiel niemals das<br />

Gespräch am Beginn eines Zwölf-Stunden-<br />

Flugs anfangen – eigene Erfahrung!)<br />

Drittens: Man kann nicht befreundet bleiben.<br />

Die Idee ist lächerlich. Don’t even ask.<br />

mÉnaGe-à-trois: frau-mann-frau oder<br />

mann-frau-mann? Mann-Frau-Mann.<br />

Jules et Jim. Y Tu Mamá También. in WelcHer<br />

spracHe lässt sicH am besten<br />

Now<br />

scHlussmacHen: enGliscH, deutscH,<br />

französiscH oder italieniscH? Englisch ist<br />

gut, wenn man zurückgenommene<br />

Feindseligkeit und die schwarze Komödie<br />

schätzt. Deutsch wegen der Möglichkeit,<br />

Auf Wiedersehen zu sagen. Aber Italienisch<br />

ist am besten. Ich habe mal mit einem<br />

Pärchen aus Neapel zusammengewohnt, als<br />

es sich trennte. Großes Gestreite, unterbrochen<br />

von Orgasmen und zerbrechendem Geschirr.<br />

Dorothy<br />

Iannone<br />

Das zentrale Thema im Werk von Dorothy Iannone ist die<br />

ekstatische Liebe. Ihren Bildern zufolge ist die ekstatische<br />

Liebe erfreulich bunt. Die Künstlerin, die 1933 in Boston<br />

geboren wurde und mittlerweile in Berlin lebt, gehört zu<br />

den letzten großen Exzentrikerinnen der Kunst. Inspiriert<br />

von japanischer Papierkunst, orientalischen Ornamenten,<br />

Tantrismus, Buddhismus und der christlichen Ekstatik im<br />

Barock schuf Iannone eine Bilderwelt, die ab dem<br />

20. Februar in der Berlinischen Galerie in Berlin in einer<br />

Retrospektive zu sehen ist.<br />

sHoppinG-strateGie fürs bezieHunGsende?<br />

Unterwäsche kaufen. WelcHe ist die<br />

bessere stadt zum scHlussmacHen: london<br />

oder berlin? London ist natürlich die<br />

Hauptstadt meiner Erinnerungen.<br />

Schlussmachen auf dem Primrose Hill. In der<br />

Waterloo Station, im McDonald’s in<br />

Camden Town, im 393er-Bus. Ich könnte<br />

einen Stadtplan malen: Beziehungsenden<br />

in London. Berlin hat dafür exzellente Brücken.<br />

Es heißt ja, wenn man sich auf einer Brücke<br />

verabschiedet, wird man sich nie wiedersehen.<br />

lieblinGszeile aus einem sonG übers<br />

scHlussmacHen? „Just slip out the back, Jack!“<br />

bester trennunGsdialoG aus einem film?<br />

In Mike Nichols’ Hautnah. Dan sagt, er habe<br />

sich in eine andere verliebt. Alice antwortet,<br />

oh, dann hätte er ja wohl keine andere Wahl<br />

gehabt. Und dass es immer einen Moment<br />

gäbe, an dem man die Wahl habe. Und dann<br />

sagt sie, dass sie ihn verlasse. tascHentucH<br />

oder boxHandscHuH? Beides, bitte. Ich werde<br />

das Taschentuch in meinem Boxhandschuh<br />

halten. sex mit dem ex oder entHaltsamkeit?<br />

Ohne Trennungs-Sex wären<br />

Beziehungsenden, als würde man die Torte<br />

anschneiden und dann nicht essen.<br />

51


52<br />

Schöner, lauter, bunter:<br />

der neu eröffnete Zoo Palast<br />

Mehr Beinfreiheit, bequemere Sitze, besserer Sound. Die Leinwand ist 176<br />

Quadratmeter groß, im Hauptsaal gibt es bis zu 850 Plätze. Und dann noch dieser<br />

Wasservorhang! Weil Wasservorhänge einerseits teuer sind und andererseits<br />

ziemlich unpraktisch, hat man Wasservorhänge im Kino nur selten. Allerdings sind<br />

Wasservorhänge irre hübsch, was den Anspruch des neu eröffneten Zoo Palasts<br />

unterstreicht, das mit Abstand schönste Kino der Hauptstadt zu sein. Hat sich gelohnt:<br />

In diesem Jahr wird der Zoo Palast wieder Berlinale-Spielstätte sein.<br />

Auf dem Dach stehen, rauchen:<br />

Burroughs (Ben Foster), Ginsberg<br />

(Daniel Radcliffe), Carr<br />

(Dane DeHaan) und Kerouac<br />

(Jack Huston) erfinden die Beat<br />

Generation<br />

Wir schreiben das Jahr 1944. Allen Ginsberg, ein schüchterner Junge mit einem<br />

komplizierten familiären Hintergrund, beginnt sein Studium an der Columbia<br />

University. Dort verliebt er sich in seinen Mitstudenten Lucien Carr, der wiederum<br />

ein kompliziertes Verhältnis zu seinem ehemaligen Lehrer David Kammerer pflegt.<br />

Kammerer schreibt für Carr die Hausarbeiten und will im Gegenzug Carr. Carr weiß<br />

nicht, was er will. William S. Burroughs erforscht unterdessen die Welt der<br />

Drogen. Jack Kerouac trinkt viel und behandelt seine Freundin schlecht. Alle<br />

zusammen wollen die Literatur revolutionieren, zerschneiden Klassiker mit der<br />

Schere und kleben sie neu zusammen. Dann wird Kammerer von Carr ermordet,<br />

und die anderen drei schreiben Literaturgeschichte. Toller Film über eine eher<br />

unbekannte Episode der Beat Generation (ab 30. Januar).<br />

Lars von Trier<br />

(Regisseur)<br />

Charlotte Gainsbourg<br />

(Muse)<br />

„Kill<br />

Your<br />

Darlings“<br />

Die Formel „Nymphomaniac“<br />

Katholizismus<br />

(Unterbau)<br />

Now<br />

Wahnsinn<br />

(Irre)<br />

Fremdgelesen<br />

Unlautere Formen der Kritik<br />

jojo moyes: eine Handvoll Worte<br />

Nachgefragt bei Ida M., 63, „Süddeutsche“-<br />

Leserin aus dem Norden ida m.: Moyes kenne<br />

ich von meiner Schwester aus Hannover.<br />

Die hat den Vorgänger Ein ganzes halbes Jahr<br />

förmlich verschlungen. intervieW: Seit<br />

einem ganzen halben Jahr an der Spitze der Taschenbuchcharts.<br />

m.: (professionell) Ist auch gut geschrieben. Das<br />

neue Buch erzählt eine unerfüllte Liebesgeschichte, die<br />

zwischen New York und London hin und her springt.<br />

Aber ich hätte nach 40 Seiten aufgehört. intervieW: Warum?<br />

m.: Das ist für mich der neuralgische Punkt. Ich<br />

habe dann aber weitergelesen, um mich auf dieses Gespräch<br />

vorzubereiten … intervieW: Vielen Dank, sehr nett!<br />

Rowohlt, 14,99 Euro<br />

douGlas coupland: spieler eins<br />

Wolfgang B., 41, Filmkritiker, Ex-„Generation<br />

X“-Leser intervieW: (beim Tischtennis)<br />

Könnten wir uns bitte mal vernünftig<br />

einspielen, ohne Schmetterbälle? WolfGanG<br />

b.: Meinetwegen. Von dem Coupland hab<br />

ich übrigens nur die ersten 15 Seiten gelesen. intervieW:<br />

Ach so? b.: Nerviger Stream of Consciousness, halte ich<br />

nicht mehr aus. intervieW: Aber der Titel ist schon super …<br />

b.: Player One? Ist das eine Zigarettenmarke? intervieW:<br />

Worum geht’s überhaupt? b.: Frau hat ein Blind Date,<br />

Apokalypse kommt dazwischen. Klett-Cotta, 19,95 Euro<br />

<strong>ju</strong>lia deck: viviane ÉlisabetH fauville<br />

Marion K., 40, Vielleserin ohne Fernseher<br />

marion k.: Nach 50 Seiten habe ich erst mal<br />

das Ende gelesen. Wegen der siezenden<br />

Erzählperspektive ist es doch ein bisschen<br />

verwirrend. „Sie“ oder „sie haben jemanden<br />

ermordet“? Dann hab ich es ab Seite 75<br />

probiert, aber das hat’s auch nicht gebracht. Schließlich hab<br />

ich’s komplett durchgelesen … intervieW: Wow, also ein<br />

richtig schöner Avantgarde-Krimi? k.: Die Atmosphäre hat<br />

mir schon ganz gut gefallen. Aber die Kapitel wirkten wie<br />

Fotos in einer Ausstellung, deren Räume nicht wirklich<br />

zusammenhängen. Klaus Wagenbach, 16,90 Euro<br />

Sex<br />

(Überbau)<br />

„Nymphomaniac“<br />

FOTOS: © 2013 | PREMIUM Entertainment GmbH(4); Rowohlt Polaris; Klett-Cotta; © Verlag Klaus Wagenbach; © Koch Media; ddp images; Dominique Charriau/WireImage/Getty Images; All mauritius images; Cinetext Bildarchiv; Getty Images; ©<br />

2013 Concorde Filmverleih GmbH


JOSEPH BEUYS<br />

ZEICHNUNGEN<br />

12. OKTOBER 2013 - 8. FEBRUAR 2014<br />

GALERIE BASTIAN<br />

AM KUPFERGRABEN 10 · 10117 BERLIN<br />

DO-FR 11-17.30 Uhr, SA 11-16 Uhr<br />

www.galeriebastian.com<br />

ANLÄßLICH DER AUSSTELLUNG ERSCHEINT EINE UMFANGREICHE PUBLIKATION.<br />

Joseph Beuys »Altes Meer mit Flugechse« 1956 © Joseph Beuys Estate / VG Bild-Kunst, Bonn 2013


Boy George<br />

54<br />

Ein Bild<br />

von einem<br />

Mann: Mit<br />

52 ist Boy<br />

George<br />

weiser und<br />

angstfreier<br />

denn je


Boy<br />

endlich hat das chamäleon<br />

der achtZiGer ein Gutes<br />

karma: ein Gespräch über die<br />

neuerfindunG eines mannes,<br />

der lanGe GanZ unten war<br />

Von Harald Peters<br />

Porträt Pål Hansen<br />

FOTO: Pål Hansen für „The Sunday Times Magazine“<br />

George<br />

er hat alles überlebt: die Achtziger, den Welterfolg<br />

und die Drogen, die Fettsucht und den Knast.<br />

Zwar sorgten all die privaten Dramen dafür, dass<br />

seine Bekanntheit intakt blieb, nur geriet leider völlig in<br />

Vergessenheit, womit Boy George überhaupt diese<br />

Bekanntheit erlangt hatte. Nicht, dass der heute 52-Jährige<br />

über die Jahre untätig gewesen wäre. Er hat sich eine<br />

Karriere als DJ aufgebaut, nebenbei zwei Autobiografien<br />

(Take It Like A Man, Straight) veröffentlicht, ein Musical<br />

(Taboo) geschrieben, eine Modelinie (B-Rude) lanciert<br />

und auch fotografiert. Nur als Popmusiker trat er nicht<br />

mehr in Erscheinung. Das soll sich jetzt ändern. 19 Jahre<br />

nach Cheapness & Beauty veröffentlicht Boy George<br />

jetzt ein neues Album mit dem programmatischen Titel<br />

This Is What I Do.<br />

IntervIew: War es notwendig, die Öffentlichkeit daran<br />

zu erinnern, was Sie tun?<br />

Boy GeorGe: Absolut. Immerhin habe ich in der<br />

Vergangenheit nichts unversucht gelassen, um von dem<br />

abzulenken, was ich eigentlich mache. Als ich in einem<br />

<strong>Interview</strong> gefragt wurde, wie das Album heißen würde,<br />

sagte ich, ohne darüber nachzudenken: „This Is What I<br />

Do.“ Vorher hatte ich nur alberne Titelideen …<br />

Boy George<br />

55


Boy George<br />

56<br />

IntervIew: Welche denn?<br />

GeorGe: Ach, ich kann mich gar nicht mehr daran<br />

erinnern. Ich weiß nur, dass meine Freunde mich komisch<br />

anschauten, wenn ich sie ihnen verriet: „Ernsthaft?“<br />

Haha! Aber in den vergangenen fünf Jahren habe ich mich<br />

zum ersten Mal gefragt, wie ich mich selbst sehen will.<br />

Die Frage hatte ich mir vorher nie gestellt. Ich war immer<br />

nur damit beschäftigt, was andere Leute von mir halten,<br />

wie ich aussehe, wie ich wirke.<br />

„Es ist erstaunlich, wie sehr<br />

man zu dem wird, was über<br />

einen geschrieben wird“<br />

IntervIew: Hätte man jetzt nicht gedacht.<br />

GeorGe: Im Popgeschäft ist ja oft von Neuerfindung die<br />

Rede, aber ich halte Neuerfindung für einen Mythos.<br />

In der Regel heißt das nur, dass man eine neue Frisur hat,<br />

was Neues zum Anziehen, andere Schulterpolster und<br />

so. Aber so funktioniert das nicht. Es mag zwar so aussehen,<br />

dass man sich über Nacht verändert, aber in Wirklichkeit<br />

ist es ein jahrelanger Prozess.<br />

IntervIew: Funktioniert Neuerfindung überhaupt?<br />

GeorGe: Ja, unbedingt. Es hängt natürlich davon ab, was<br />

man neu erfinden will, aber in meinem Fall, wie soll ich<br />

sagen … Einerseits habe mich sehr verändert, andererseits<br />

bin ich vielleicht nur wieder zu der Person geworden,<br />

die ich war, bevor ich ins Unterhaltungsgeschäft geraten<br />

bin. Ich sehe natürlich nicht mehr so aus, aber ich fühle<br />

mich wieder wie mit 19. Natürlich ohne all die Ängste.<br />

Ich war ja so unsicher damals.<br />

IntervIew: Waren Sie das? Ich habe ein altes<br />

TV-<strong>Interview</strong> mit Barbara Walters gesehen …<br />

GeorGe: Aber da rede ich doch nur Quatsch, und zwar<br />

ununterbrochen. Antony von Antony & The Johnsons<br />

hat mir ein <strong>Interview</strong> gezeigt, dass ich kurz vor meinem<br />

Durchbruch dem Record Mirror gegeben habe. Die<br />

Überschrift war: „Ich liebe den Papst, er ist wie Gary<br />

Glitter!“ Darin erzähle ich, dass Iron Maiden bald<br />

die größte Band der Welt sein würde, lauter so irres Zeug.<br />

Aber man hat mich immer reden lassen.<br />

IntervIew: Und jetzt …<br />

GeorGe: … rede ich immer noch, haha. Aber die<br />

Ereignisse der vergangenen fünf Jahre haben mich<br />

gezwungen, ein wenig erwachsener zu werden. Allerdings<br />

glaube ich nicht, dass die Weisheit mit dem Alter kommt,<br />

man entscheidet sich dafür. Mein Problem ist nämlich,<br />

dass ich Veränderung hasse. Obwohl ich ständig nach ihr<br />

suche und sie umarme, kann ich Veränderung auf der<br />

persönlichen Ebene nicht ertragen. Aber irgendwann, als<br />

es nicht mehr anders ging, musste ich mich von meinem<br />

Manager und all den anderen Leuten, die für mich<br />

gearbeitet hatten, trennen, weil mir klar wurde, dass sie in<br />

mir nur den Boy George sehen konnten, der ich all die<br />

Jahre gewesen war. Also musste ich Leute finden, die mich<br />

herausforderten und darüber hinwegsahen, was ich war.<br />

Um ehrlich zu sein, bin ich das, was ich war, im Grunde<br />

nie gewesen. Es ist erstaunlich, wie sehr der Ruhm das<br />

Image formt und wie man dann selbst dieses Bild bedient.<br />

Stars werden zu dem, was man über sie schreibt.<br />

IntervIew: Man fängt also an, sich selbst zu spielen.<br />

GeorGe: Ja, man wird zur Parodie, zu einem Klischee.<br />

Aber da ich nie besonders ehrgeizig war, habe ich nicht<br />

gegengesteuert.<br />

IntervIew: Sie waren nicht ehrgeizig?<br />

GeorGe: Nein, schon als <strong>ju</strong>nger Mann nicht. Ich musste ja<br />

auch nicht ehrgeizig sein, es ist mir alles zugeflogen.<br />

IntervIew: Na ja, immerhin haben Sie damals eine Band<br />

gegründet. Etwas Mühe muss das doch gekostet haben.<br />

GeorGe: Ach, wir waren doch alle in irgendwelchen<br />

Bands. Heute bin ich jedenfalls viel ehrgeiziger. Nicht,<br />

weil ich will, dass Fans bei meinem Anblick vor<br />

Begeisterung schreien, und auch nicht, weil ich wieder zu<br />

dem werden will, der ich war, bloß das nicht. Das ist<br />

vielleicht der größte Kampf, den ich Tag für Tag austragen<br />

muss: dass ich all das nicht noch einmal will.<br />

IntervIew: Warum nicht?<br />

GeorGe: Weil ich das alles schon kenne und weiß, dass es<br />

einen nicht glücklich macht.<br />

IntervIew: Aber ist es nicht so, dass die Mechanismen des<br />

Showgeschäfts gewisse Dinge von einem verlangen?<br />

GeorGe: Doch, klar. Das Showgeschäft ist nicht<br />

besonders originell. Gewisse Dinge lassen sich nur auf<br />

eine gewisse Weise erreichen. Deswegen empfiehlt es sich<br />

auch, einen Plan zu haben und sich nicht aus der Ruhe<br />

bringen zu lassen. Als ich bei Virgin unter Vertrag war<br />

und Cheapness & Beauty veröffentlichte, meiner Meinung<br />

nach eine der besten Platten, die ich gemacht habe, hatten<br />

wir einen Plan, wie das Album unters Volk zu bringen sei<br />

– aber in der Sekunde, in der es nicht so lief wie erhofft,<br />

geriet die Plattenfirma in Panik und brachte Il Adore<br />

heraus, einen Song über den Tod. Ich dachte nur: „Echt<br />

jetzt?“ Haha. Aber ich habe sie gelassen. Zu wenig<br />

Ehrgeiz. Mein Fehler.<br />

IntervIew: Welche Lehre ziehen Sie daraus?<br />

GeorGe: Selbst wenn ein Plan scheitert, halte an ihm fest.<br />

IntervIew: Auf Gedeih und Verderb?<br />

GeorGe: Man muss sich treu bleiben. Aber dazu muss<br />

man natürlich wissen, wer die Person, der man treu<br />

bleiben soll, überhaupt ist. Wer bist du? Was willst du?<br />

Was soll das alles überhaupt?<br />

IntervIew: Und was ist die Antwort?<br />

GeorGe: Ich will die Chance nutzen, das Bild von mir<br />

neu zu malen. Wissen Sie, als ich anfing, das neue Album<br />

aufzunehmen, hatte niemand auch nur die geringste<br />

Erwartung. Nie habe ich für eine meiner Platten je eine<br />

positive Besprechung erhalten, ich meine, in Deutschland<br />

vielleicht, aber in England: nie!<br />

IntervIew: Ist das so?<br />

GeorGe: Machen Sie Witze!?<br />

IntervIew: Und warum?<br />

GeorGe: Keine Ahnung. Weil ich ein Superstar war. Weil<br />

ich jeden Erfolg hatte, den man sich vorstellen konnte.<br />

Dazu kam mein Aussehen. Ich war kein Musiker, ich war<br />

ein singender Kleiderständer. Und vielleicht lag sogar ein<br />

wenig Wahrheit darin.<br />

IntervIew: Aber das neue Album scheint man in England<br />

zu mögen.<br />

GeorGe: Sie lieben es. Ich war gerade auf einer kleinen<br />

Clubtour durch England, und es war großartig. Es<br />

gab Momente, wo ich auf der Bühne stand und plötzlich<br />

merkte, was für eine tolle Band ich eigentlich habe.<br />

Neulich hat mich jemand gefragt, was ich auf der Bühne<br />

trug. Ich sagte: „Das, was sauber war!“ Es ging um die<br />

Musik, nicht um die Kostüme.<br />

FOTO: Dave Hogan/Hulton Archive/Getty Images


IntervIew: Keine Kostüme?<br />

GeorGe: Nein, nicht jetzt. Aber nächstes Jahr wieder,<br />

wenn ich auf große Tour gehe. Haha! Vor ein paar Tagen<br />

hatte ich ein Shooting mit Jean Paul Gaultier, und er<br />

hat mir die tollsten Sachen angezogen. Ich dachte nur:<br />

„Fashion! Fashion! Fashion!“ Haha!<br />

IntervIew: Ich denke, dass das Publikum das auch von<br />

Ihnen erwartet.<br />

GeorGe: Ich erwarte es auch von mir. Aber der<br />

Unterschied zu früher ist, dass ich damals immer Boy<br />

George war. Es gab keine Pause, ich war von ihm<br />

wie besessen. Aber mittlerweile weiß ich, dass ich nicht<br />

ununterbrochen er sein muss. Ich meine, wie soll ich<br />

es sagen, ich bin natürlich Boy George, und er ist ich,<br />

aber wenn ich mein Make-up auflege und meinen<br />

Hut aufsetze, passiert etwas, es gibt eine Veränderung.<br />

IntervIew: Wie sieht die aus?<br />

GeorGe: Die Leute reagieren anders auf mich. Zum einen<br />

erkennen sie mich dadurch überhaupt. Wenn ich so<br />

wie jetzt auf der Straße entlanggehen würde, käme niemand<br />

auf die Idee, dass ich Boy George bin … Warten Sie<br />

kurz, ich zeige Ihnen mal meinen neuen Look … Sehen<br />

Sie? Als ich neulich so ins Taxi gestiegen bin, meinte<br />

der Fahrer: „Ach, Sie waren auf einer Kostümparty!“ Und<br />

ich so: „Nö, eigentlich nicht.“<br />

IntervIew: Und reagieren Sie als Boy George auch anders<br />

auf die Leute?<br />

GeorGe: Nicht bewusst. Aber es ist natürlich ein<br />

Wechselspiel.<br />

IntervIew: Das britische Fernsehen hat einen Spielfilm<br />

über die Anfänge von Culture Club produziert.<br />

GeorGe: Ja, Worried About The Boy. Der Film sieht großartig<br />

aus, ist aber voller Fehler. Meinem Vater zum Beispiel<br />

haben sie eine verdammte Koboldstimme verpasst. Als ich<br />

den Film mit meiner Mutter sah, meinte sie nur: „Wer ist<br />

dieser Mann?“ „Das ist Dad!“ „Oh!“ Und meine Mutter<br />

„Selbst ich würde wie<br />

Boy George aussehen,<br />

wenn ich noch<br />

diesen Look hätte“<br />

hat so gar nichts mit meiner Filmmutter gemeinsam: „Soll<br />

ich das sein?“ „Mutter, es tut mir leid!“<br />

IntervIew: Sie war in dem Film kaum sichtbar.<br />

GeorGe: Obwohl sie so prägend für mich war. Sie hat mir<br />

ja früher meine Sachen geschneidert. Meinen Eltern war<br />

schon ziemlich früh klar, dass mit mir etwas nicht stimmt.<br />

Irgendwann fing ich dann an, mich<br />

aufzutakeln, so mit Plastiksandalen,<br />

Hawaii-Hemden, Mode aus den<br />

Vierzigern und so. All das war okay,<br />

aber dann kam Punk, und meine<br />

Mutter sagte: „So gehst du mir nicht vor<br />

die Tür!“ Ich habe dann immer, bevor<br />

ich vor die Tür gegangen bin, meine<br />

Sachen in eine Tüte gestopft, diese aus<br />

dem Fenster geworfen und mich draußen<br />

ausgehfertig gemacht. Nach einiger<br />

Zeit hat sie eingesehen, dass sie machtlos<br />

ist. Anschließend hat sie mir dann<br />

Sachen genäht. Aber zurück zu Worried<br />

About The Boy. Als der Film gedreht<br />

wurde, kam ich gerade nach vier<br />

Monaten aus dem Knast und dachte:<br />

„Hey, ist doch eigentlich super, dass<br />

der Film überhaupt gedreht wird.“ Und<br />

Douglas Booth, der mich gespielt hat,<br />

war so großartig.<br />

IntervIew: Besser als Diane Krüger in<br />

dem Video zu Somebody To Love Me? Sie<br />

sieht Ihnen beängstigend ähnlich.<br />

GeorGe: Ja, irre, oder? Aber das hängt<br />

Boy George am<br />

10. Juni 1986<br />

kurz vor dem<br />

Ende von Culture<br />

Club in London<br />

mit dem Look zusammen. Selbst ich<br />

würde aussehen wie ich, wenn ich heute<br />

noch diesen Look hätte. Jeder sieht<br />

darin so aus wie ich, was wirklich seltsam<br />

ist. Die Leute sind damals wegen meines<br />

Looks ausgeflippt. Zumal sie irgendwann<br />

realisierten, dass ich ja nicht nur auf der<br />

Bühne so aussah. Die dachten nur: „Shit,<br />

das ist nicht Gary Glitter. Das hier ist<br />

viel, viel komplizierter!“<br />

Boy George „This Is What I Do“<br />

(Very Me Records/Rough Trade)<br />

erscheint am 24. Januar<br />

57


Denim Fashion<br />

58<br />

Keinen LooK verbinden wir mehr mit dem<br />

Begriff „StreetStyLe“ als die gute alte JeanS.<br />

WaS Liegt da näher, aLS Junge mädchen<br />

von den StraSSen neW yorKS zu caSten, um<br />

den angesagten Style dieSer SaiSon in Szene zu setzen<br />

Fotos Charlotte Wales<br />

Styling Clare Byrne<br />

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63<br />

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Unter<br />

Brüdern<br />

die mode von kostAs murkudis: sehr<br />

gegenwärtig und so etwAs wie<br />

ein mobiles ZuhAuse. der conceptstore<br />

seines bruders AndreAs: eine<br />

wunderkAmmer der schönheit. Als<br />

wären die beiden stil-kompliZen<br />

Protokoll Nils Binnberg<br />

Foto Amos Fricke<br />

Kostas<br />

Murkudis<br />

über Andreas<br />

Andreas und ich haben uns 22 Jahre lang ein<br />

Zimmer geteilt. Er ist nicht nur mein Bruder, er<br />

ist meine Familie. Wir kommen aus sehr<br />

einfachen Verhältnissen. Unsere Eltern sind in entlegenen<br />

Bergdörfern Griechenlands aufgewachsen und haben<br />

in der Landwirtschaft gearbeitet. In den späten 70er-Jahren<br />

sind wir von Dresden nach Westberlin übergesiedelt.<br />

Dort haben wir in einer kleinen Wohnung im Wedding<br />

gelebt. In unser Zimmer passten ein Schreibtisch und<br />

ein Schrankbett. Wenn man das ausgeklappt hat, war das<br />

Zimmer auch schon voll. Es war befreiend, aus dieser<br />

Situation herauszukommen, aber nicht weil es mir zu eng<br />

war mit Andreas. Unser Verhältnis war von frühester<br />

Kindheit an sehr innig. Als großer Bruder fühlte ich mich<br />

verantwortlich für ihn. Er war derjenige, der alle geärgert<br />

hat, ich musste es ausbaden. Natürlich haben wir<br />

uns wie alle Geschwister auch schon mal geprügelt.<br />

Aber es hat unserer Beziehung nie einen Abbruch getan –<br />

die Liebe füreinander war immer da.<br />

Selbst als ich in München mehrere Jahre für Helmut<br />

Lang gearbeitet habe, haben wir uns nicht aus den Augen<br />

verloren. Noch heute telefonieren wir täglich, sogar wenn<br />

wir im selben Haus sind. Wir sind beide Ratgeber für<br />

den jeweils anderen. Viele Jobs, die ich bisher gemacht habe,<br />

hat mir mein Bruder vermittelt. Selbst die Idee zu seinem<br />

Laden haben wir gemeinsam entwickelt – bei einem Urlaub<br />

auf Sifnos. Wir saßen auf der Dachterrasse unseres<br />

Hauses, schauten aufs Meer und überlegten uns, wie ein<br />

Laden aussehen könnte, der mehr anbietet als Mode.<br />

Das war Anfang der 80er-Jahre. 20 Jahre später hat Andreas<br />

mit seinem ersten Shop unseren Traum wahr gemacht.<br />

„Wir sind beide Ratgeber<br />

für den jeweils<br />

anderen“: Kostas und<br />

Andreas Murkudis


70er-Jahre-Partnerlook<br />

beim Sommerurlaub<br />

in Rimini<br />

Ich bin sehr stolz auf das, was mein Bruder erreicht hat.<br />

Er hat einfach die Fähigkeit, Dinge zu sehen, das Potenzial<br />

von etwas zu erkennen. Er ist der geborene Geschäftsmann.<br />

Schon als Kind hat er die Haushaltskasse meiner<br />

Eltern geführt und war für unsere Einkäufe zuständig.<br />

Er wusste alle Preise in der Stadt auswendig und hat immer<br />

nach dem günstigsten Angebot geschaut. Das Geld,<br />

das übrig blieb, durfte er behalten. Insofern war das ein sehr<br />

lukratives Geschäft für ihn. Es ist viel Kalkül hinter<br />

dem, was Andreas tut, aber auch Risikobereitschaft. Er ist<br />

schon ein Spieler. Das muss man als Geschäftsmann<br />

auch sein. Man muss Mut haben. Nicht in einer leichtsinnigen<br />

Art, sondern mit Kalkül. Das zeichnet ihn aus:<br />

Mut, Großzügigkeit und eine Vision zu haben. Wenn sich<br />

Andreas etwas in den Kopf gesetzt hat, dann verfolgt<br />

er es hartnäckig.<br />

FOTO: privat<br />

Andreas<br />

Murkudis<br />

über Kostas<br />

In Zeitungen wird immer wieder geschrieben, Kostas<br />

sei arrogant und schwierig. Aber so ist es nicht. Er<br />

will sich einfach nicht den Spielregeln der Mode unterordnen.<br />

Dieses „Küsschen links, Küsschen rechts“ ist<br />

ihm zuwider. Ihm ist es wichtiger, am Produkt zu arbeiten,<br />

als sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Natürlich ist er<br />

oft anstrengend. Weil er kompromisslos ist. Er weiß genau,<br />

was er will. So war er schon, als er Mode studiert hat.<br />

Als er gemerkt hat, dass er nichts lernt, ist er einfach nicht<br />

mehr hingegangen. Heute sagen seine damaligen<br />

Professoren: Kostas war eines unserer größten Talente.<br />

Kostas versteht von Mode natürlich viel mehr als ich.<br />

Dabei wollte er ursprünglich Kunst studieren. Seine<br />

Mappe war aber schon damals sehr modelastig. Ich habe<br />

ihn darin bestärkt, in diese Richtung zu gehen. Mich<br />

interessiert das alles nicht so brennend. Vieles in meinem<br />

Store hängt dort, weil Kostas mich darauf gebracht hat.<br />

Ich bin etwas altbacken und brauche meinen Bruder, der mir<br />

sagt, ich soll mir mal ein bestimmtes Label anschauen.<br />

Wir hatten schon immer einen ähnlichen Geschmack. Wir<br />

müssen auch gar nicht so viel reden, wir verstehen uns<br />

blind wie ein altes Ehepaar.<br />

Als Teenager war ich oft eifersüchtig auf Kostas. Ihm<br />

ging immer alles unfassbar leicht von der Hand. Er konnte<br />

malen und zeichnen. Ich hatte keine sichtbaren Talente.<br />

Und dann, mitten in der Pubertät, bekam ich auch noch<br />

so eine schreckliche Brille mit breitem Gestell und richtig<br />

dicken Gläsern. Da habe ich mich wirklich gehandicapt<br />

gefühlt. Ich musste ja auch immer Kostas’ abgelegte Klamotten<br />

auftragen. Und dann das breite Sächsisch, das<br />

wir beide damals noch gesprochen haben! Man hat eigentlich<br />

die ganze Zeit über uns gelacht. Das hat uns aber nur<br />

noch stärker zusammengeschweißt.<br />

Die fehlende Coolness haben wir dann mit aller<br />

Macht nachgeholt. Wir sind von unseren Ostklamotten<br />

gleich zu Armani gewechselt – das war unser Lieblingsdesigner.<br />

Bei einem Sommerurlaub Ende der 70er-Jahre in<br />

Rimini haben wir zufällig unsere erste L’Uomo Vogue in<br />

die Hände bekommen. Das war der Moment, in dem wir<br />

uns das erste Mal ernsthaft für Mode interessiert haben.<br />

Nach den entbehrungsreichen Zeiten wollte ich alles, was<br />

ich dort sah. Wir sind dann fortan zu jedem Schlussverkauf<br />

auf dem Ku’damm und haben uns eingedeckt. Wir<br />

trugen damals auch gerne Versace. Kostas schwarze<br />

Lederhosen, weiße Schuhe und ein weißes Sakko. Ich eine<br />

zitronengelbe Lederjacke. So sind wir ins Dschungel<br />

oder das Sound – die damals angesagtesten Clubs der Stadt.<br />

Selber nähen hat Kostas nie interessiert. Auch da war<br />

er kompromisslos. Lieber hat er gespart und Mode auf<br />

höchstem Niveau konsumiert. Ich bin jeden Tag nach<br />

der Schule putzen gegangen. Das hätte Kostas im Leben<br />

nie gemacht.<br />

Gebrüder Murkudis<br />

65


J a r e d<br />

Wieso bist du jetzt wieder schauspieler?<br />

hast du schon immer musik gemacht? Wie<br />

waren deine Bilder, als du noch Maler werden<br />

wolltest? lässt du dir<br />

jetzt wieder fünf Jahre lang Zeit<br />

Leto<br />

für einen neuen film?<br />

Von James Franco<br />

Foto Gregory Harris Styling Elin Svahn<br />

Jared Leto<br />

66<br />

mehrfachbegabte haben ein großes Privileg:<br />

Wenn sie mit einer Sache in ihrem<br />

Leben nicht weiterkommen, können sie einfach<br />

etwas anderes tun, das sie genauso gut können.<br />

Jared Leto ist so ein Fall. Vor fünf Jahren hat er seine<br />

vielversprechende, aber ein wenig zähe Schauspielerkarriere<br />

geknickt und wurde stattdessen mit seiner Band<br />

Thirty Seconds to Mars zu einem Indie-Rockstar.<br />

Gut für Indie-Fans. Nicht so gut für alle, die ihn gern im<br />

Kino gesehen haben. Jetzt hat sich Leto, mittlerweile<br />

42, besonnen und spielt in Dallas Buyers Club, einem Film<br />

über den Ausbruch von Aids in den Achtzigern, einen<br />

Transsexuellen, der zusammen mit einem heterosexuellen<br />

Schwulenhasser Medikamente ins Land schmuggelt, um<br />

den Tod ein wenig hinauszuzögern. Die Reaktionen auf<br />

seinen Auftritt sind zu Recht enthusiastisch. Über<br />

sein Comeback und die Zeit davor unterhält Leto sich mit<br />

James Franco – seinerseits ein Mehrfachbegabter.<br />

James Franco: Das letzte Mal, als wir telefoniert haben,<br />

warst du auf Tour. Bist du immer noch unterwegs?<br />

Jared Leto: Ja. Ich bin gerade in Portugal. Ich mag<br />

Portugal, weil es einer der ersten Orte ist, an denen<br />

wir mit Thirty Seconds to Mars Erfolg hatten.<br />

Franco: Warum in Portugal?<br />

Leto: Weiß ich nicht. Es ist einfach passiert. In Portugal<br />

und in England, und von da aus ist es in ganz Europa<br />

losgegangen. Ich liebe es hier, Mann. Wir übernachten in<br />

einer Festung, die in ein Hotel umgebaut wurde. Verrückt.<br />

Franco: Wir haben uns vor einem Jahr kennengelernt,<br />

bei einer Ausstellung von Terry Richardson in Los Angeles.<br />

Irgendwann an diesem Abend hast du zu mir gesagt:<br />

„Ich mache jetzt Musik. Ich bin kein Schauspieler mehr.“<br />

Als ich dich nach den Gründen fragte, sagtest du:<br />

„So sehr habe ich das Schauspielen auch nicht gemocht,<br />

außerdem glaube ich, dass ich kein wirklich guter<br />

Schauspieler bin.“ Und nun legst du dieses starke Comeback<br />

mit Dallas Buyers Club hin. Was hat sich seit dieser<br />

Party so sehr verändert, dass du wieder Lust bekommen hast?<br />

Leto: Als wir uns kennengelernt haben, hatte ich schon fünf<br />

Jahre lang keine Filme mehr gemacht. Ich war ja wahnsinnig<br />

beschäftigt mit Thirty Seconds to Mars. Wir hatten<br />

mit der Band mehr Erfolg, als ich mir jemals erträumt<br />

hatte. Ich stehe gerade in einem Stadion in Portugal und<br />

werde gleich vor 19 000 Leuten spielen. Das ist nichts,<br />

womit zwei Jungs rechnen konnten, die als Kids auf Lebensmittelmarken<br />

angewiesen waren. Also haben wir ein<br />

paar Jahre lang die Band angeschoben, und in dieser Zeit<br />

habe ich mich gefragt, was ich als Schauspieler zu geben<br />

habe. Ich glaube, dass ich mich damals nicht für einen sehr<br />

guten Schauspieler hielt. Aber diese fünf Jahre ohne<br />

Film haben mich nicht nur zu einem besseren Menschen,<br />

sondern auch zu einem besseren Schauspieler gemacht.<br />

Sie haben mir Selbstvertrauen gegeben. Außerdem bin ich<br />

davon überzeugt, dass Kunst von den Erfahrungen lebt,<br />

die man in seinem Leben macht, und in den letzten Jahren<br />

haben wir definitiv eine Menge erlebt.<br />

Franco: Du hast sicher auch andere Filmangebote gehabt.<br />

Wie kam es also zu Dallas Buyers Club?<br />

Leto: Ja, es gab auch andere Angebote – und das war gut,<br />

weil es immer nett ist, gemocht zu werden. Aber ich habe<br />

wirklich jahrelang kein einziges Drehbuch gelesen. Dann<br />

hat mir irgendjemand das Drehbuch für Dallas Buyers Club<br />

geschickt. Irgendwann habe ich hineingeguckt und mich in<br />

die Rolle verliebt. Ich habe zwar fünf Jahre lang keinen<br />

Film gemacht – aber ich habe nie aufgehört, das Filmen zu<br />

lieben. Ich sollte vielleicht erwähnen, dass ich in den letzten<br />

fünf oder sechs Jahren ziemlich häufig hinter der Kamera<br />

gestanden habe. Ich habe Dokumentarfilme, Kurzfilme,<br />

Musikvideos und Werbung gemacht und Regie geführt. Ich<br />

liebe alles, was mit dem Filmemachen zusammenhängt,<br />

so sehr, dass ich dachte, vielleicht sei ich es mir schuldig, es<br />

noch einmal zu probieren. Dallas Buyers Club war in<br />

mancher Hinsicht ein Test für mich. Aber die Gelegenheit,<br />

diese Figur zum Leben zu erwecken, war so verführerisch,<br />

dass ich nicht Nein sagen konnte. Übrigens würde ich mich<br />

gern bei dir dafür bedanken, dass du bei City Of Angels<br />

mitgemacht hast. Das ist richtig schön geworden.<br />

FOTO: Gregory Harris/Trunk Archive


Jared Leto<br />

68<br />

z i e m l i c h<br />

beste freunde<br />

Hair Tomo Jidai /<br />

Streeters London<br />

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make-up Marla Belt /<br />

Streeters London using<br />

Nars prop styLing<br />

Eli Metcalf / Marek and<br />

A s s o c i a t e s<br />

speciaL tHanks<br />

to Pier 59 Studios<br />

Franco: Habe ich schon gehört. Wir sollten den Lesern<br />

vielleicht erklären, dass ich mich von dir habe interviewen<br />

lassen für ein Video, das du zu City Of Angels<br />

gedreht hast, einen Song von Thirty Seconds to Mars.<br />

Leto: Richtig. Es war ein Kurzfilm für dieses Lied von<br />

uns, fast ein kleiner Dokumentarfilm, über Los Angeles,<br />

Träume, Kunst und Kreativität. Wir hatten ein paar interessante<br />

Leute dabei, dich und Kanye West und Lindsay<br />

Lohan und so weiter.<br />

Franco: Erzähl doch ein bisschen über dieses Lied und was<br />

die <strong>Interview</strong>s auf dem Video damit zu tun haben.<br />

Leto: Es ist ein Lied über Menschen, die nach Los Angeles<br />

kommen, um ihre Träume zu verwirklichen, und dabei<br />

helfen ihnen Menschen, die sie hier kennenlernen – Außenseiter,<br />

Rebellen, Freaks, Künstler.<br />

Franco: Wie hat es dich selbst nach Los Angeles<br />

verschlagen?<br />

Leto: Ich habe Malerei studiert, zuerst in Washington,<br />

danach auf zwei anderen<br />

Kunstschulen und schließlich in<br />

New York. Und dann habe ich<br />

im dritten Jahr hingeschmissen,<br />

weil ich mich in die Fotografie<br />

und ins Filme machen verliebt<br />

habe. Ich bin ausgestiegen,<br />

weil ich dachte, dass ich die Chance,<br />

Regie zu führen, eher<br />

bekommen würde, wenn ich<br />

davor einen Job als Schauspieler<br />

hätte. Also habe ich mich<br />

mit meinem Rucksack<br />

und ein paar Hundert Dollar<br />

aufgemacht. Ich bin nach<br />

Kalifornien und habe am Strand<br />

von Venice Beach geschlafen.<br />

So ging es los.<br />

Franco: Welche Bilder hat der<br />

<strong>ju</strong>nge Jared gemalt? Kannst<br />

du sie beschreiben?<br />

Leto: Ich wollte herausfinden, was<br />

ich zu sagen hatte, bis ich<br />

irgendwann draufgekommen bin,<br />

dass mich bewegte Zeit und Performance mehr interessieren.<br />

Dem kann ich als Schauspieler und Musiker besser<br />

nachgehen. Ich hatte auch schon damals den Ehrgeiz,<br />

den ich jetzt habe, und war gewiss nicht bescheiden in dem,<br />

was ich mit der Kunst erreichen wollte. Aber ich<br />

war noch nicht alt genug oder hatte nicht genug Selbstvertrauen,<br />

um einen wirklichen Stil zu entwickeln.<br />

Das Malen war für mich eine Art Selbstfindungsprozess,<br />

und die Bilder haben sich immer wieder drastisch<br />

verändert, während ich immer wieder scheiterte. Ich<br />

glaube, das ist eine wichtige Phase im Leben – immer<br />

und immer wieder scheitert man, bis man endlich Land<br />

unter die Füße bekommt. Vermutlich haben meine<br />

Bilder damals genau so ausgesehen – wie Scheitern.<br />

Franco: Du hast noch gar nicht über Musik gesprochen.<br />

Hast du damals auch schon Musik gemacht?<br />

Leto: Ja, immer. Ich glaube, das ist ganz normal für Kunstschüler<br />

oder kreative Leute im Allgemeinen. Viele der<br />

Leute, mit denen ich aufwuchs, haben ganz verschiedene<br />

Dinge gemacht, Kunst und Keramik zum Beispiel,<br />

oder da war ein Performance-Künstler, der auch Skulpturen<br />

Boy meets boy: Der eine<br />

(Jared Leto) ist eine Transe,<br />

der andere (Matthew<br />

McConaughey) ein schwulenhassender<br />

Elektriker. Beide<br />

haben sie Aids und nicht mehr<br />

lange zu leben. Also tun sie<br />

sich zusammen. Und merken:<br />

Man kann einander mögen,<br />

obwohl man einander nicht<br />

leiden kann<br />

machte. Die meisten hatten auch Brotjobs, um die<br />

Miete bezahlen zu können, als Grafiker oder Schildermaler<br />

oder so was. Musik ist immer Teil meines Lebens<br />

gewesen – und er wurde noch größer, als mein Bruder nach<br />

Kalifornien zog und ich wieder mit ihm spielen konnte.<br />

Franco: Ich glaube, dass es dir geholfen hat, auf eine<br />

Kunstschule gegangen zu sein, ehe du nach Hollywood gezogen<br />

bist. In der Kunstszene werden Menschen<br />

akzeptiert, die in verschiedenen Medien tätig sind. In Hollywood<br />

sind die Leute skeptisch, wenn jemand sagt,<br />

dass er auch etwas anderes macht – vielleicht liegt das<br />

daran, dass Film etwas so Kommerzielles ist.<br />

Leto: Vielleicht geht das sogar auf die Zeit des Studiosystems<br />

in Hollywood zurück, auf diese Unternehmensund<br />

Fabrikmentalität, die die Angestellten in Legebatterien<br />

stecken will, damit der Boss mehr Kontrolle hat.<br />

Aber ich glaube, dass sich die Zeiten zum Besseren verändert<br />

haben – nicht nur in der Entertainment-Welt,<br />

sondern ganz allgemein. Es ist normal geworden, dass<br />

Menschen mit 40 schon die verschiedensten Jobs und<br />

Karrieren hinter sich haben.<br />

Franco: Erzähl doch, wie es war, als du nach Los Angeles<br />

gekommen bist. Mochtest du es?<br />

Leto: Für mich war Kalifornien immer ein magischer Ort.<br />

Als ich gerade mal zwölf, dreizehn war, ist in meine<br />

Nachbarschaft ein Junge gezogen, der zum Star wurde, einfach<br />

weil er aus Kalifornien kam und ein BMX-Rad,<br />

ein Skateboard und blondierte Haare hatte. Er war für uns<br />

ein Gott, bloß weil er von dort kam. Als ich mit Film<br />

zu tun bekommen wollte, war Los Angeles das Ding. Zuerst<br />

dachte ich: Wie hässlich ist es hier! Doch dann habe<br />

ich mich allmählich in Los Angeles verliebt, bis es zu einem<br />

besonderen Ort für mich geworden war. Ich bin sehr<br />

dankbar für das, was die Stadt für mich getan hat. Ich habe<br />

Los Angeles viel zu verdanken.<br />

Franco: Ich würde gern über einen meiner Lieblingsfilme<br />

mit dir sprechen, Requiem For A Dream. Welchen Platz<br />

hat der in deiner Geschichte?<br />

Leto: Requiem For A Dream war ein ungeheuer wichtiger<br />

Film für mich. Ich habe damals ungefähr 6 000 Mal<br />

vorgesprochen. Es war unglaublich herausfordernd, ich habe<br />

eine Menge gelernt und mit einem Freund und Filmemacher<br />

gearbeitet, den ich wirklich bewundere. Das ist ein<br />

wichtiger Teil meines Lebens.<br />

Franco: Als ich dich in Requiem For A Dream gesehen<br />

habe, dachte ich: Verdammt, Jared ist ein richtig<br />

guter Schauspieler.<br />

Leto: Ich glaube, der Film hat mir die Chance<br />

gegeben, zu wachsen und mit vielen talentierten Leuten<br />

zu arbeiten. Wir hatten alle das Gefühl, etwas ganz<br />

Besonderes zu machen, und das ist das beste Gefühl in<br />

der Welt. Bei Dallas Buyers Club habe ich mich<br />

auch so gefühlt.<br />

Franco: Bedeutet das, dass du jetzt wieder mehr Filme<br />

machen willst? Oder müssen wir wieder fünf Jahre warten?<br />

Leto: (lacht) Keine Ahnung. Es ist toll, wenn man in der<br />

Lage ist, etwas zu tun – zu träumen, auf alle möglichen<br />

Weisen kreativ zu sein. Ich würde es toll finden,<br />

wenn ich wieder einen Film fände, für den ich dieselbe<br />

Leidenschaft entwickeln könnte wie für Dallas Buyers<br />

Club. Das wäre ein Traum.<br />

„Dallas Buyers Club“<br />

läuft ab 6. Februar<br />

FOTO: © 2013 Ascot Elite Filmverleih GmbH


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Giorgio Armani<br />

74<br />

Mit „American Gigolo“<br />

beginnt 1980 die Ära<br />

Armani in Hollywood:<br />

Nie wieder hat ein Star<br />

einen doppelreihigen<br />

Anzug so sexy aussehen<br />

lassen wie Richard Gere<br />

Leinwand statt<br />

Laufsteg<br />

Kein Designer ist Dem Kino<br />

so verbunDen wie giorgio<br />

ArmAni. viele seiner Film-looKs<br />

hAben jeDe moDe überDAuert<br />

unD sinD längst KlAssiKer<br />

geworDen. sein neuester Coup:<br />

leonArDo DiCAprios gArDerobe<br />

in „the wolF oF wAll street“<br />

Sommer, Licht, Farbe:<br />

„Pontina“ (2013, Öl auf<br />

Leinwand) und David<br />

Schnell im Atelier POR-<br />

TRÄT: Nikolaus Brade<br />

IntervIew: Hatten Sie bei den Kostümen für The Wolf<br />

Of Wall Street eher die Schauspieler im Kopf oder die Rollen,<br />

die sie spielten?<br />

GIorGIo armanI: Beides. Bei diesem Film ging es darum,<br />

Kleidungsstücke aus der Power-Dressing-Epoche der<br />

Neunziger zu entwerfen. Die Figur des Börsenmaklers<br />

Jordan Belfort brauchte einen Look, der Macht und<br />

eine ganz bestimmte Persönlichkeit ausstrahlt. Aber die<br />

Kommunikation mit dem Schauspieler ist unverzichtbar.<br />

Seine Garderobe muss ja perfekt zu seinem Körper<br />

und seinen Eigenarten passen.<br />

IntervIew: Besprechen Sie so etwas eigentlich mit dem<br />

Regisseur oder dem Kostümbildner?<br />

armanI: In diesem Fall wurde ich von Martin (Scorsese)<br />

Sandy Powell (der Kostümbildnerin von „The Wolf Of Wall<br />

Street“) vorgeschlagen. Sie dachten beide, dass ich der<br />

Richtige für die Garderobe sei, weil ich ja zum Look dieser<br />

Epoche nicht unwesentlich beigetragen habe.


Penélope Cruz trug im<br />

Film „The Counselor“<br />

ausschließlich Emporio<br />

Armani, der Look von<br />

„The Untouchables“ ist<br />

mittlerweile schon ein<br />

Klassiker<br />

„Leonardos Input war<br />

unverzichtbar“<br />

Traum-Team: Leonardo DiCaprio,<br />

Giorgio Armani und Martin<br />

Scorsese<br />

Vom Designer-Atelier<br />

auf die Leinwand:<br />

Skizzen von Giorgio<br />

Armani für „The Wolf<br />

Of Wall Street“<br />

FOTOS: (linke Seite) Cinetext Bildarchiv; (rechte Seite) © 2013 Twentieth Century<br />

Fox; Cinetext Bildarchiv; © 2013 Universal Studios; SGP srl; GIORGIO ARMANI (2)<br />

IntervIew: Hatte Leonardo DiCaprio dabei mitzureden?<br />

armanI: Selbstverständlich. Die Kommunikation mit dem<br />

Schauspieler ist, wie gesagt, ein fundamentaler Aspekt<br />

meiner Arbeit, und Leonardo war toll. Sein Input war in<br />

vielerlei Hinsicht unverzichtbar, zum Beispiel als es<br />

darum ging, wie die Hose über die Schuhe fallen sollte.<br />

IntervIew: Vor welche speziellen Herausforderungen<br />

hat dieser Film den Modedesigner gestellt?<br />

armanI: Der Look der Neunziger hat sich mittlerweile<br />

einigermaßen weit vom Geschmack der Gegenwart<br />

entfernt. Ein Revers von heute ist schmaler und sitzt anders<br />

als damals, und bei den Materialien und Farben trifft<br />

man heute andere Entscheidungen. Wir haben versucht,<br />

den Charakter der 90er-Jahre zu bewahren, ihn aber<br />

dem Kinopublikum von heute ein wenig zugänglicher zu<br />

machen. Ich habe beispielsweise lange über die<br />

Schultern nachgedacht: Sie sollten zwar breit sein, aber<br />

nicht zu exzessiv wirken.<br />

IntervIew: Gibt es von Leonardo abgesehen Schauspieler,<br />

die Sie besonders gerne ausstatten?<br />

armanI: Ich mag viele Schauspieler. Aber natürlich arbeite<br />

ich gerne für meinen Freund George Clooney.<br />

IntervIew: Und bei den Frauen?<br />

armanI: Wie bei den Männern fällt es mir schwer, mich<br />

auf einen einzigen Namen zu beschränken. Ich liebe es,<br />

für meine Freundin Cate Blanchett zu entwerfen, aber es<br />

gibt so viele Frauen, die sowohl schön als auch gute<br />

Schauspielerinnen sind. Penélope Cruz zum Beispiel oder<br />

Lauren Hutton mit ihrer zeitlosen Schönheit.<br />

IntervIew: Wie hat Ihre Beziehung zum Kino eigentlich<br />

begonnen?<br />

armanI: Mit American Gigolo. Obwohl der Regisseur Paul<br />

Schrader sich damals weniger für mich als für meine<br />

Arbeit entschieden hat. Die Garderobe wurde nicht extra<br />

für den Film entworfen, sondern stammte aus einer<br />

meiner Kollektionen. Aber dieser Style und diese Art, sich<br />

anzuziehen, wurden in diesem Film fast so etwas wie<br />

ein Nebendarsteller.<br />

IntervIew: Bei welchem Film bereuen Sie es, dass Sie die<br />

Garderobe nicht gemacht haben?<br />

armanI: Musste ich nie. Seit 1980, als American Gigolo ins<br />

Kino kam, habe ich glücklicherweise für Hunderte von<br />

Filmen entworfen, ein Aspekt meiner Arbeit, der mir bis<br />

heute große Zufriedenheit verschafft.<br />

IntervIew: Gucken Sie sich heute Filme eher im Kino<br />

oder auf Ihrem Laptop an?<br />

armanI: Kommt darauf an. Manchmal gehe ich ins<br />

Kino, vor allem, wenn ich die Chance bekomme, vorab<br />

Filme zu sehen, auf die ich mich gefreut habe. Aber<br />

meistens schaue ich mir Filme ganz entspannt zu Hause an.<br />

75


Erdem<br />

michelle obama, linda evangelista und keira<br />

knightley tragen seine kleider. das liegt daran,<br />

dass seine kleider so schön sind. Was Wohl<br />

da ran liegt, dass er von kindheit an keinen grösseren<br />

Wunsch hatte, als Frauen schön anzuziehen<br />

Von Heike Blümner<br />

Porträt Thomas Lohr<br />

Moralioglu<br />

76<br />

Klare Linien, Prints<br />

mit Kontrast: aus<br />

Erdems Resortund<br />

F/S-Kollektion<br />

IntervIew: Sie sind britisch-türkischer Abstammung<br />

und in Kanada aufgewachsen. Was bedeutet das für Sie?<br />

erdem moralIoglu: Meine Eltern stammen aus sehr<br />

unterschiedlichen Familienhintergründen, und ich glaube,<br />

dass es in meiner Arbeit viele widersprüchliche Elemente<br />

gibt. Ich bin zwar in Kanada geboren, aber ich fühlte mich<br />

immer etwas fremd. Dort hießen Leute Steve und waren<br />

irgendwie anders als ich. Ich hatte eine starke Sehnsucht, der<br />

Vorstadt, in der ich aufgewachsen bin, zu entfliehen, und<br />

diffuses Heimweh nach den Orten, aus denen meine Eltern<br />

stammten. Das regte meine Fantasie sehr an.<br />

IntervIew: Nach der Universität arbeiteten Sie bei Diane<br />

von Furstenberg in New York. Sie hätten dort bleiben<br />

können oder auch nach Paris gehen können, schließlich<br />

sprechen Sie Französisch. Stattdessen wurde es London.<br />

erdem: Ich war nur ein knappes Jahr in New York, weil ich<br />

merkte, dass ich so schnell wie möglich mein eigenes<br />

Label gründen wollte. Es sprach nicht viel gegen New York,<br />

aber viel für London, weil ich dort ein gutes Netzwerk<br />

hatte und meine Schwester und meine Freunde in England<br />

waren. Von Paris träume ich immer noch, aber noch<br />

ist es nicht so weit.<br />

IntervIew: Den Traum vom eigenen Label haben viele<br />

<strong>ju</strong>nge Designer. Für die meisten wird daraus aber nichts.<br />

Wie haben Sie es geschafft?<br />

FOTOS: (linke Seite) Erdem Resort 14; Erdem Frühjahr/Sommer 14


Erdem Moralioglu<br />

77<br />

Erdems<br />

Label<br />

existiert<br />

seit 2005


Erdem Moralioglu<br />

78<br />

Stücke aus Erdems<br />

aktuellen Kollektionen:<br />

sehr feminin –<br />

und machtbewusst


FOTOS: (linke Seite) Erdem Resort 14 (2); Erdem Frühjahr/Sommer 14 (11); (rechte Seite) Erdem Frühjahr/Sommer 14<br />

erdem: Ich begann allein mit einem Praktikanten und<br />

arbeitete sehr hart. Dann nahm ich an einem Wettbewerb<br />

teil und gewann einen Atelierplatz: einen Zuschneidetisch,<br />

ein Telefon, einen Computer und vor allem einen Ort,<br />

wo man jeden Tag hingehen konnte. Ich kratzte so viel<br />

Geld wie möglich zusammen und machte meine erste<br />

Kollektion. Das war wahnsinnig hart, weil ich viele<br />

Arbeitsabläufe gar nicht richtig kannte. Am Ende saß ich<br />

da und pinselte alte Schuhe mit Farbe an.<br />

IntervIew: Wie ging es weiter?<br />

erdem: Mit dieser ersten Kollektion bin ich nach<br />

New York geflogen, und die Chefeinkäuferin von Barneys<br />

hat sie mir komplett abgekauft und trug sogar eines<br />

meiner Kleider zum Metropolitan-Ball. Das war total verrückt:<br />

Mein erster Shop war Barneys, und sonst gab es<br />

Erdem nirgendwo auf der Welt zu kaufen. Ab da ging es los.<br />

Zum Glück nicht zu schnell, sondern eher langsam.<br />

IntervIew: Also doch nicht die Shootingstar-Nummer?<br />

erdem: Nein, so würde ich es nicht nennen.<br />

IntervIew: Was unterscheidet London als Modemetropole<br />

von London oder Paris?<br />

erdem: Saint Martin’s und das Royal College of Art<br />

haben einen prägenden Einfluss auf die Modeszene in der<br />

Stadt. Und der Zusammenhalt untereinander ist groß.<br />

Mit mir zusammen starteten auch Jonathan Saunders,<br />

Christopher Bailey und Roksanda Ilincic.<br />

IntervIew: Die Klasse von 2005 …<br />

erdem: Wenn ich 2005 alles gewusst hätte, was ich jetzt<br />

weiß, wäre ich vielleicht etwas vorsichtiger an die Sache<br />

herangegangen. Andererseits sind in London die Leute, wenn<br />

sie sich einmal für etwas entscheiden, fest entschlossen,<br />

ihr Ding durchzuziehen, das ist richtig ansteckend. Als ich<br />

anfing, hatte ich das Bild einer Frau vor Augen, die ich<br />

anziehen wollte, und sie war so lebendig, dass ich fast das<br />

Gefühl hatte, ich könnte sie anfassen und eine ganze<br />

Welt für sie kreieren.<br />

IntervIew: Diese Welt ist sehr feminin, aber auch sehr<br />

machtbewusst und ausdrucksstark.<br />

erdem: Danke, das ist ein tolles Kompliment. Ich bin mein<br />

ganzes Leben von außergewöhnlichen Frauen<br />

umgeben: meine Mutter, meine Zwillingsschwester, meine<br />

Freundinnen und die Frauen, mit denen ich arbeite.<br />

Schon als kleiner Junge hatte ich eine regel rechte Obsession<br />

mit Frauen und wie sie aussehen. In der ersten Klasse<br />

habe ich mich jeden Tag auf die Outfits meiner Klassenlehrerin<br />

gefreut. Sie trug Wollröcke und jeden Tag ein<br />

anderes Spitzenunterhöschen. Wir saßen auf dem Boden<br />

im Schneidersitz und bekamen etwas vorgelesen,<br />

und die Lehrerin saß auf ihrem Schreibtisch, und ihr Slip<br />

blitzte hervor. Ich fand das so beeindruckend und habe<br />

mich jeden Tag gefragt, welche Farbe sie wohl heute trägt.<br />

IntervIew: Heute tragen außergewöhnliche und<br />

teilweise sehr mächtige Frauen gerne Ihre Kleider.<br />

erdem: Stimmt, aus ganz unterschiedlichen Bereichen.<br />

Gerade muss ich an Linda Evangelista denken, die<br />

bei einer Gerichtsverhandlung ein Kleid von mir trug. Ich<br />

hoffe, es hat ihr geholfen.<br />

IntervIew: Michelle Obama ist eine andere mächtige Frau,<br />

die Ihre Kleider trägt.<br />

erdem: Ja, das war ein echter Coup.<br />

IntervIew: Es ist schwer, sich eine Frau mit geringem Selbstbewusstsein<br />

in Ihren Kleidern vorzustellen.<br />

erdem: Im Gegenteil! In meinen Kleidern würde sie sich<br />

wunderschön vorkommen. Jede Unsicherheit und jeder<br />

Zweifel wären sofort ausgelöscht.<br />

IntervIew: Sie arbeiten viel mit transparenten Stoffen.<br />

Trotzdem hat man das Gefühl, dass Sie mehr verhüllen<br />

als preisgeben.<br />

erdem: Ich mag das Prinzip der Schichtung, und ich mag<br />

es, wenn nackte Haut nur angedeutet wird. Das ist eine<br />

dieser Dualitäten, die ich so mag: Zu schweren Materialien<br />

gehört etwas Leichtes, das das Kleidungsstück in<br />

Balance hält. Transparenz ist sexy, und ich mag die Andeutung<br />

von Sex. So wie in alten Hitchcock-Filmen, wo<br />

man auf einmal einen Nacken in einer Nahaufnahme sieht<br />

– nur einen winzigen Teil des Körpers, und trotzdem<br />

ist da sofort ein Gefühl von Intimität.<br />

IntervIew: Sie sind bekannt für Ihre großen, floralen<br />

Prints. Doch seit Kurzem zeigen Sie vor allem fast<br />

monochrome Kollektionen. Wollen Sie sich von Ihrem<br />

Signature-Look lösen, oder ist es nur eine neue Phase?<br />

erdem: Es ist wie eine andere Sprache, man erforscht seine<br />

Möglichkeiten. Für meine aktuelle Frühjahr- und<br />

Sommerkollektion saß ich in meinem Studio, umgeben<br />

von weißen Stoffen, und merkte, dass ich mich voll<br />

und ganz auf Silhouetten konzentrieren wollte. Natürlich<br />

habe ich mir schon früher Gedanken über Silhouetten<br />

gemacht, aber wenn keine Farbe mehr im Spiel ist, bekommen<br />

Formen eine ganz andere Bedeutung. Es ist fast<br />

wie Nacktsein. Das fand ich sehr befreiend.<br />

IntervIew: Welche Ideen flossen noch in die aktuelle<br />

Kollektion ein?<br />

„In meinen Kleidern<br />

würde sich jede Frau<br />

wunderschön vorkommen.<br />

Jede Unsicherheit<br />

und jeder Zweifel wären<br />

sofort ausgelöscht“<br />

erdem: Ich habe mich mit englischen Traditionssportarten<br />

wie Rugby oder Rudern beschäftigt und mit vielen<br />

Anspielungen gearbeitet. Es gibt Hemden, Kleider aus<br />

Seersucker-Stoffen und Sweatshirts, aber alles auf<br />

Couture. Oder Rugbyuniformen aus Tüll. Und Looks, die<br />

von Schuluniformen inspiriert wurden. Dazu kommt<br />

der Kontrast von Schwarz und Weiß.<br />

IntervIew: Ich musste an Hochzeiten und Todesfälle<br />

denken.<br />

erdem: Sobald weiße und schwarze Spitze dazu kommen,<br />

passiert das automatisch, aber durch die anderen<br />

Elemente dominiert der Eindruck zum Glück nicht.<br />

IntervIew: Die Frage liegt in der Luft: Wann ziehen<br />

Sie nach Paris, um für ein Couture-Haus zu arbeiten?<br />

erdem: Wer weiß …<br />

IntervIew: Wurden Sie schon gefragt?<br />

erdem: Ja, aber die Zeit dafür war noch nicht reif.<br />

IntervIew: Wird es jemals eine günstigere Zweitlinie von<br />

Erdem geben?<br />

erdem: Mir geht es eher darum, die eigentliche Kollektion<br />

noch breiter aufzustellen.<br />

IntervIew: Das heißt also, die Antwort ist: nein.<br />

erdem: Ja. Die Antwort ist: nein.<br />

79


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PARIS RIYADH SEOUL SHANGHAI SINGAPORE TIANJIN ZÜRICH<br />

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Stories<br />

FOTO: Sebastian Faena; STYLING: Julia von Boehm<br />

Lindsey Wixson,<br />

fotografiert von<br />

Sebastian Faena<br />

in New York<br />

im Dezember 2013<br />

81<br />

Licht!<br />

Drama! Action!<br />

die Geheimnisse von ST. mOrITz S. 168 . Und sonst? Unbedingt aussehen WIe Im FILm! S. 158<br />

S. 82<br />

13 uNTer 26: Zum Berlinale-Start zeigen JeLLa HaaSe, JaNNIk ScHümaNN<br />

und andere deutsche Jungschauspieler Starqualitäten. FaraH PaHLavI S. 104 erzählt<br />

von ihrem Leben seit dem Sturz des Schahs. LINDSeY WIxSON S. 112 wäre die ideale Darstellerin<br />

für das Remake von Lili Marleen, HaNNa ScHYGuLLa S. 126 war Lili Marleen und<br />

spricht über ihre Jahre mit raINer WerNer FaSSBINDer. Liebe ist wichtiger als Sex,<br />

findet TraceY emIN S. 140 . Mit National Geographic und DamIr DOma S. 148 um die<br />

Welt. Für FreJa BeHa erIcHSeN S. 128 ist Jeans-Blau eine warme Farbe. Ein Veteran enthüllt


Jannik<br />

Schümann<br />

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Young Ģuns<br />

82


13<br />

u n t e r<br />

Hier ist die Zukunft des<br />

deutschen Films: Zum<br />

Start der Berlinale<br />

lassen wir die besten<br />

Jungschauspieler<br />

des Landes ihre<br />

Starqualitäten zeigen<br />

Fotos Stefan Heinrichs<br />

Styling Klaus<br />

Stockhausen<br />

26<br />

Jella<br />

Haase<br />

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Jella Haase<br />

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Weiß / blossommanagement.de mit<br />

Produkten von Chanel und Aveda<br />

digital oPerator Aviel Avdar<br />

Foto-assistenz timo Wirsching<br />

styling-assistenz réka Maria<br />

Probst, Karolina Schwarz Haare-<br />

&-make-uP-assistenz theo<br />

Schnürer, Anna Czilinsky, Mirjam<br />

Drabiniok Produktion Morag<br />

Jones / Santucci, Frank Seidlitz dank<br />

an Delight rental Studio Berlin


Hier ist die Zukunft des deutscHen<br />

films: Zum start der Berlinale lassen<br />

wir die Besten JungscHauspieler des<br />

landes iHre starqualitäten Zeigen<br />

Von Harald Peters und Antje Wewer<br />

Jella Haase<br />

(21)<br />

100<br />

Alle lieben Chantal! Als erfreulich unterbelichtete Schülerin und<br />

heimlicher Star der Bildungskrisenkomödie fack <strong>ju</strong> Göhte ist Jella<br />

Haase der neue Darling des deutschen Films. Nicht, dass sie davor<br />

untätig gewesen wäre: In nur fünf Jahren kommt sie auf sieben Kinofilme,<br />

drei Kurzfilme, zehn TV-Filme und eine sechsteilige Serie.<br />

In ihrem ersten Kurzfilm der letzte rest war sie eine 16-Jährige,<br />

die zu einer Gang-Bang-Party einlädt – um neue Freunde zu<br />

finden. In krieGerin erlebte man sie als Nazibraut und in tatort:<br />

PuPPensPieler als minderjährige Prostituierte.<br />

interview: Die Chantalisierung des Kinopublikums scheint<br />

unaufhörlich voranzuschreiten. Wenn Chantal sich im Unterricht<br />

meldet, hebt das Publikum inzwischen die Hand.<br />

jella haase: Verrückt, oder? Vielleicht sollte man sich freuen.<br />

Ich freue mich.<br />

interview: War der Erfolg überhaupt abzusehen?<br />

haase: Wir haben schon gemerkt, dass wir da einen superwitzigen<br />

Film machen. Aber dass er so durch die Decke geht …<br />

interview: Was finden die Leute eigentlich an Chantal so<br />

sympathisch?<br />

haase: Ich weiß nicht. Vielleicht, dass sie so ist, wie sie nun mal ist,<br />

ein bisschen naiv, aber dabei sehr von sich überzeugt und nicht<br />

von ihrer Sicht auf die Dinge abzubringen. Sie ist einfach witzig, ohne<br />

es darauf anzulegen. Und irgendwie liebenswert. Man möchte sie<br />

eher zur Freundin als zur Feindin haben, kann ich mir vorstellen.<br />

interview: Kann es sein, dass die Rolle so angelegt ist, dass sie<br />

aus verschiedenen Perspektiven funktioniert? Einerseits findet man<br />

sie lustig, weil sie so schön bildungsfern daherredet. Aber andererseits<br />

schließen auch tatsächliche Chantals die Göhte-Chantal in ihr<br />

Herz, obwohl die Figur sich über sie lustig macht. Kann das sein?<br />

haase: Ich glaube, dass sie sich eben nicht über andere Chantals lustig<br />

macht. Denn weil sie das, was sie so bildungsfern daherredet,<br />

völlig ernst meint, bekommt die Figur eine gewisse Glaubwürdigkeit<br />

und dadurch auch Witz und Sympathie. Ich war anfangs, als ich<br />

die Rolle annahm, gerade darüber total unsicher, ob es mir gelingt,<br />

eine glaubwürdige Chantal darzustellen, die von den Zuschauern<br />

aus allen möglichen Bereichen akzeptiert wird.<br />

interview: Mal unterstellt, dass Jella Haase nicht viel mit<br />

Chantal verbindet: Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?<br />

Gehen Sie da auf Recherche?<br />

haase: Nein, auf Recherche bin ich nicht gegangen. Ich bin in<br />

Kreuzberg geboren und aufgewachsen, von daher kannte ich das eine<br />

oder andere Mädchen, das Chantal ähnelt. Ich kannte ein bisschen<br />

die Art dieser Mädchen, wie sie sich geben und reden. Aus der U-Bahn,<br />

vom Schulhof und so. Optisch trennen mich jedoch Welten von<br />

der Chantal im Film. Wir haben einige Zeit gebraucht, um Chantal<br />

mit Kreolen und blauem Lidschatten fertig zu basteln.<br />

interview: Einen Teil seines Charmes bezieht der Film durch seine<br />

Sprache. Waren die Dialoge vorgeschrieben oder auch improvisiert?<br />

haase: Die Sprache war im Drehbuch schon ziemlich auf den Punkt<br />

gebracht. Wir durften jedoch viel improvisieren und unsere<br />

eigenen Interpretationen einbringen, was wirklich wahnsinnig spaßig<br />

war. Dadurch ist eine gewisse Situationskomik zustande<br />

gekommen, die man vorher gar nicht erahnt hat. Ich zumindest nicht,<br />

Bora vielleicht schon.<br />

„Wir haben einige Zeit<br />

gebraucht, um Chantal<br />

mit Kreolen und blauem<br />

Lidschatten zu basteln“<br />

interview: Haben Sie die Schauspielerei eigentlich gelernt?<br />

haase: Nein, ich würde sagen, ich spiele intuitiv. Wenn man Glück<br />

hat und merkt, dass der Regisseur einen leiten kann, schubsen<br />

beide die Rolle unbewusst in eine Richtung. Bei mir passiert das meist<br />

während des Spiels, in der Situation. Ich habe früher in einer<br />

Theatergruppe gespielt, aber wirklich gelernt habe ich es nicht. Man<br />

kann sich Sachen abgucken, aber ich denke, bei vielen Schauspielern,<br />

wie auch bei mir, kommt der größte Teil von innen.<br />

interview: <strong>Fack</strong> <strong>ju</strong> Göhte kommt mittlerweile auf sechs Millionen<br />

Zuschauer. Was bedeutet Ihnen Erfolg?<br />

haase: Kommt darauf an, wie man Erfolg definiert. Wenn Erfolg<br />

bedeutet, dass ich weiterhin tolle und interessante Rollen spielen<br />

und mit spannenden Regisseuren zusammenarbeiten darf, bedeutet<br />

er mir viel. Bei aller Dreherei ist es mir aber total wichtig, auch<br />

mein anderes Leben zu behalten, in dem ich mit meinen Freunden<br />

sein kann. Wenn Erfolg und Privates sich gut verbinden lassen,<br />

wäre das ein Geschenk, für das ich sehr dankbar wäre – und bis jetzt<br />

hat das auch geklappt.<br />

<strong>Interview</strong>: Harald Peters


Jannik<br />

Schümann (21)<br />

Was für eine schöne erste Rolle: Mit neun steht<br />

Jannik Schümann in seiner Heimatstadt<br />

Hamburg neun Monate lang in dem Musical<br />

Mozart auf der Bühne und spielt einen von<br />

zwei Mozarts – den frühbegabten Jungen, der sich<br />

um die Revolutionierung der Musik kümmert,<br />

während sich der ältere Mozart mit der Damenwelt<br />

beschäftigt. Wirklich entdeckt wird<br />

Schümann allerdings erst hinterher: Als er sich<br />

in einer Tankstelle eine Tafel Schokolade kauft, hinterlässt er bei<br />

seiner zukünftigen Agentin bleibenden Eindruck: „Ich dachte immer,<br />

dass ich schüchtern bin, aber ich habe da, glaube ich, irgendwie<br />

ein falsches Selbstbild.“ Nach etlichen Fernsehproduktionen hat er sein<br />

Kinodebüt in Christian Petzolds barbara, doch zum prägenden<br />

Moment wird für ihn die Nebenrolle in hoMevideo. Schümann wird<br />

gegen den Strich als Fiesling besetzt und macht seine Sache derart<br />

überzeugend, dass er bald auch von Polizeiruf 110 (eine andere<br />

welt) und tatort (GeGen den koPf) als <strong>ju</strong>gendlicher Vorzeigeübeltäter<br />

engagiert wird und die Presse ihn mit Alain Delons<br />

eiskalteM enGel vergleicht. Der vorläufige Höhepunkt dieser<br />

Entwicklung ist die Hauptrolle im Kinofilm sPieltrieb, eine<br />

Julie-Zeh-Verfilmung. Darin spielt er einen Soziopathen mit einer<br />

ungesunden Neigung zur Philosophie. Doch Schümann kann<br />

auch anders: „In meinem nächsten Film lenalove spiele ich zum<br />

ersten Mal nicht den Bösen.“ Bilanz: 20-mal Fernsehen, viermal<br />

Kino, dreimal Musical sowie eine Nominierung (New Faces Award)<br />

und ein Preis (Hessischer Fernsehpreis).<br />

Paula<br />

Beer (18)<br />

Es lohnt sich also doch,<br />

zur Schule zu gehen:<br />

Ausgerechnet an dem Tag,<br />

an dem sie eigentlich<br />

zu Hause bleiben will,<br />

kommt es vor dem<br />

Schwarzen Brett zu einer<br />

folgenreichen Begegnung<br />

zwischen Paula Beer und zwei Talentscouts. Sie steht mit<br />

einer Freundin so rum, die Scouts suchen nach<br />

jemandem für die Hauptrolle in Chris Kraus’ Kinofilm<br />

Poll. Beer hält die Scouts für orientierungslose Eltern und<br />

spricht sie an, die Scouts laden sie zum Casting ein. Sie<br />

ist 14. Zwar verfügt sie als Mitglied des Jugendensembles des<br />

Friedrichstadt-Palasts über gewisse Bühnenerfahrung,<br />

aber von Film hat sie keinen Schimmer. Der Arbeit am Set<br />

nähert sie sich unbefangen, erst hinterher bemerkt sie,<br />

welche Verantwortung sie für den Film trägt. „Als ich mich<br />

zum ersten Mal auf der Leinwand gesehen habe, war ich<br />

irritiert, dass die Kamera nicht mehr im Bild war.“ Die Kritik<br />

zeichnet Beer 2010 mit dem Bayerischen Filmpreis als<br />

beste Nachwuchsdarstellerin aus. Die folgt unterdessen weiter<br />

dem mit Poll eingeschlagenen düster-romantischen<br />

Weg und spielt in Marie Noëlles und Peter Sehrs ludwiG ii.<br />

eine Prinzessin, zieht danach von Berlin nach Paris<br />

und ist demnächst im Alpenwestern das finstere tal<br />

(Start: 20. Februar) neben Sam Riley zu sehen.<br />

H e n r i e t t e<br />

Confurius (22)<br />

Ein aus der Zeit gefallenes<br />

Gesicht: entzückend<br />

unmodisch und ausgesprochen<br />

hübsch. Sehr nachvollziehbar,<br />

dass Regisseure Confurius (der<br />

Name? Niederländische<br />

Wurzeln!) besonders gerne für<br />

Kostümfilme (die wölfe,<br />

jenseits der Mauer, die Gräfin) besetzen. Nun hat<br />

auch Dominik Graf, eher bekannt für schlaue Krimis,<br />

ein historisches Liebesdrama mit ihr gedreht. die<br />

Geliebten schwestern feiert im Berlinale-Wettbewerb<br />

Premiere. Confurius spielt die Schwester von Hannah<br />

Herzsprung, und die beiden streiten sich um den <strong>ju</strong>ngen<br />

Dichter Schiller (Florian Stetter). Vor der Kamera<br />

stand Henriette schon als Zehnjährige, mit Matthias<br />

Schweighöfer hat sie bereits als Kind in einem Kurzfilm<br />

gespielt („Ich habe ihn seither nie wieder gesehen“),<br />

danach hat sie reichlich TV-Filme gedreht. Jetzt also<br />

großes Kino, und dann auch noch über den roten<br />

Teppich bei den Filmfestspielen. Anstatt durchzudrehen,<br />

bleibt Confurius gelassen. Die Schauspielerei liebt sie<br />

zwar sehr, aber sie ist auch offen für andere Abenteuer.<br />

In Irland ist sie zur Schule gegangen, in Wien hat sie<br />

zwei Jahre gelebt, obwohl sie dort eigentlich nur eine<br />

Wohnung einrichten wollte, und gerade macht sie ein<br />

Praktikum bei einer Hutmacherin. Wenn ihr Leben ein<br />

Filmtitel wäre, hieße er: „Die talentierte Mrs Confurius“.<br />

„Spielen macht mir<br />

großen Spaß, aber viele<br />

andere Sachen auch“<br />

Maria Dragus (19)<br />

Die Lust am Performen liegt in der Familie:<br />

Ihre Mutter ist Tänzerin, der Vater Cellist, ihre<br />

jüngere Schwester Paraschiva Schauspielerin.<br />

Dragus besucht erst die Palucca Hochschule für<br />

Tanz in Dresden und absolviert nebenbei<br />

kleine TV-Auftritte. Dann die Rolle, die alles<br />

ändert: die Pfarrerstochter in Michael Hanekes<br />

das weisse band. Beim Deutschen Filmpreis 2010 wird sie als beste<br />

Nebendarstellerin ausgezeichnet (und empfängt weinend die Lola),<br />

der Film bekommt in Cannes die Goldene Palme und wird für zwei<br />

Oscars nominiert. Dragus: „Haneke hat mir gezeigt, was ich für<br />

den Rest meines Lebens machen möchte – schauspielern.“ Damit legt<br />

sie zielstrebig los – als Ruth Ensslin in Andres Veiels wer wenn<br />

nicht wir, verstörte Bauerstochter in töte Mich von Emily Atef,<br />

prollige Teenagertussi in Bettina Blümners scherbenPark.<br />

Zuletzt spielt sie in Friederike Jehns draussen ist soMMer ein<br />

pubertierendes Mädchen, das nicht wahrhaben will, dass ihre<br />

Eltern einander nicht mehr lieben. Dieses Jahr zählt sie zu den zehn<br />

Nachwuchsschauspielern aus Europa, die bei der Berlinale als<br />

„Shooting Star“ ausgezeichnet werden. Das hat sie sich verdient.<br />

Young Ģuns<br />

101


L e o n a r d<br />

Scheicher<br />

( 2 1 )<br />

Ja, es sei sehr lustig gewesen, sagt Leonard<br />

Scheicher über das interview-Shooting, es<br />

war bislang sein erstes. Er ist noch neu im<br />

Geschäft, zwei Filme hat er bislang gedreht. Im<br />

vergangenen Jahr konnte man ihn zunächst in Oskar Roehlers<br />

quellen des lebens sehen, in dem er Robert Freytag spielt, eine<br />

Figur, die an den <strong>ju</strong>ngen Oskar Roehler angelehnt ist, hinterher<br />

war er in Frauke Finsterwalders finsterworld der Schüler Dominik.<br />

Weil Dominik aus enttäuschter Liebe zu Carla Juri die Klassenfahrt<br />

ins KZ schwänzt, versucht er sein Glück als Tramper, wird dabei von<br />

Bernhard Schütz für einen Spanner gehalten und verprügelt, bis<br />

Corinna Harfouch ihn rettet und zu sich und Schütz ins Auto holt.<br />

Alles gut? Von wegen: Kurz darauf wird er von einem namenlosen<br />

Einsiedler erschossen. Dumm für Dominik, aber gut für Scheicher, er<br />

ist die zentrale Figur des Films. Es gelingt ihm sogar, den bisweilen<br />

etwas gestelzten Filmdialogen das nötige Leben einzuhauchen. Es<br />

wundert daher nicht, dass Scheicher gleich im ersten Anlauf an<br />

der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch angenommen wurde<br />

und deswegen mittlerweile aus München nach Berlin gezogen ist.<br />

Wie er zum Theater kommt? „Ich war auf der Waldorfschule, da macht<br />

man ja viel Theater.“ Später spielt er im Jugendclub der Münchner<br />

Kammerspiele, was aber nicht bedeutet, dass der Entschluss schon feststeht,<br />

die Bühne zum Beruf zu machen: „Zwischendurch wollte ich<br />

auch mal Arzt werden, auf jeden Fall nicht Schauspieler, aber dann, in<br />

den letzten Jahren in der Jugendgruppe in den Kammerspielen,<br />

hat es angefangen, dass mir die Schauspielerei Spaß gemacht hat.“<br />

Na, zum Glück.<br />

Jonas<br />

Nay (23)<br />

Vermutlich läuft es so bombig für Jonas Nay,<br />

weil er die Schaupielerei nur so<br />

nebenbei betreibt, um sich seine wirkliche<br />

Leidenschaft zu finanzieren. Musik komponieren<br />

im Allgemeinen und seine Band<br />

Northern Lights im Speziellen (bei YouTube<br />

sollte man sich unbedingt Party Pusher<br />

anhören). Nay wohnt nicht im verrückten Berlin,<br />

sondern er studiert Jazz-und-Pop-Piano<br />

in der Stadt, in der er auch groß geworden ist: Lübeck.<br />

Den preisgekrönten Fernsehfilm hoMevideo, in<br />

dem Nay ein Cybermobbing-Opfer spielt, hat er zwischen<br />

Abitur und Zivildienst gedreht. Die Rolle katapultierte<br />

ihn vor drei Jahren auf die Beobachtungslisten der<br />

Casting-Leute und Regisseure. Seither hat er ein<br />

ganz spezielles Rollenfach: Heranwachsende in Seelennot.<br />

Vorzugsweise sensible Charaktere. Vielleicht kommt<br />

da seine Musikalität wieder ins Spiel. Er war der Filmsohn<br />

von Olli Dittrich in David Dietls Komödie<br />

köniG von deutschland und ist bald als Sohn von<br />

Tobias Moretti in dem Familiendrama hirnGesPinster<br />

zu sehen. In soMMersonnenwende gibt er<br />

zur Abwechslung keinen verletzlichen Pubertierenden,<br />

sondern einen <strong>ju</strong>ngen Soldat im Zweiten Weltkrieg.<br />

Wir sind gespannt.<br />

David Schütter (22)<br />

Kommt direkt von einem<br />

Fernsehdreh zum Shooting und<br />

bringt James-Dean-Charme<br />

mit ins Studio: etwas außer Atem,<br />

die Zigarette lässig zwischen den<br />

Lippen. Der Hamburger („Ich bin<br />

ein Schanzenkind“) ist gerade<br />

nach Berlin gezogen. Zweiter<br />

Versuch, nachdem ihm seine Bude<br />

in Friedrichshain nach einem Kurzschluss abbrannte.<br />

Die Hamburger Schule für Schauspiel hat Schütter<br />

eigentlich nur auf Anraten seiner Oma besucht, die von<br />

seiner überbrodelnden Energie beunruhigt war. Zu<br />

sehen war er bis jetzt in einem Dutzend Fernsehkrimis<br />

und auch schon im Hamburger tatort. Nebenrollen,<br />

die Spaß bringen, aber auch die Miete bezahlen. Nun<br />

kommen Kino und größere Parts: In Burhan<br />

Qurbanis Kinofilm wir sind <strong>ju</strong>nG. wir sind stark<br />

ist Schütter demnächst als Neonazi zu sehen und<br />

in Porn Punk Poetry gibt er einen schwulen Stricher.<br />

„Mein Kunde trug<br />

natürlich einen<br />

Eierschutz“<br />

E l i s a<br />

Schlott (20)<br />

Bei einer ihrer ersten Verpflichtungen<br />

– ihr fotobegeisterter Opa hat sie in<br />

frühen Jahren als Model vor seine<br />

Kamera geholt – wird ihr auf dem Kopf<br />

ein rohes Ei zerschlagen. Kein Ding,<br />

sagt Elisa, in Berlin-Pankow aufgewachsen,<br />

sie sei von Haus aus<br />

experimentierfreudig, außerdem war Opa auf der Suche nach immer<br />

neuen Gesichtsausdrücken seiner Enkelin. Die erste Rolle als<br />

Schauspielerin? „Mit zwölf Jahren habe ich in einem TV-Film die<br />

Tochter von Ulrich Mühe gespielt.“ Sie war auch schon mal die<br />

Tochter von Meret Becker (in Güzin Kars Kinofilm flieGende<br />

fische Müssen ins Meer) und die Tochter von Katja Riemann:<br />

im RAF-Drama das wochenende. Erfreulicherweise kann Elisa auch<br />

durchaus schmutzig: In Dominik Grafs Krimi das unsichtbare<br />

Mädchen hat sie einen kleinen, feinen Auftritt als Teenager-Prostituierte,<br />

und in dem Kinofilm aGnieszka wird sie dieses Jahr als<br />

Ballbusterin zu sehen sein. Als was, bitte? „Eine Ballbusterin ist eine<br />

Domina, die Männern professionell in die Eier tritt. Interessante<br />

Rolle. Und mein Kunde trug selbstverständlich einen Eierschutz“, versichert<br />

Elisa. Das Nervigste an der Schauspielerei? „Das ewige<br />

Warten am Set.“ Eine Rolle, für die sie gecastet wurde, am Ende aber<br />

doch nicht genommen wurde? Natascha Kampusch. Für die Verfilmung<br />

von Charlotte Roches Selbsterkundungsroman „Feuchtgebiete“<br />

hat sie auch vorgesprochen. „Beim Casting dabei zu sein, ist doch<br />

auch schon was, oder?“, sagt Schlott und zieht dabei kokett eine<br />

Augenbraue hoch. Übrigens: Elisas kleine Halbschwester Emilia<br />

ist in Robert Thalheims Film eltern zu sehen.


Emilia<br />

Schüle<br />

(21)<br />

Wenn man mit Teenie-<br />

Komödien wie freche<br />

Mädchen und GanGs an der<br />

Seite von Wilson Gonzales und<br />

Jimi Blue Ochsenknecht<br />

bekannt wurde, hat man nur<br />

eine Chance: Man muss<br />

zeigen, dass man nicht nur süß<br />

sein kann. Schüle bewältigt<br />

ihre Neuerfindung bravourös in<br />

einem Doppel-tatort, in<br />

dem sie eine russische Zwangsprostituierte spielt, die eines<br />

Morgens auf einer Müllhalde aufwacht. Dass die<br />

Bild-Zeitung nach der Ausstrahlung dennoch schreibt,<br />

Millionen von Zuschauern seien in ihr „Wegwerfmädchen“<br />

verliebt: schon okay. Geboren ist Schüle in<br />

Russland, die Eltern, beide Ärzte, sind mit ihr nach Berlin<br />

gezogen, als sie ein Jahr alt war. Ihre nächste große<br />

Rolle: In Oskar Roehlers neuem Film Punk spielt sie eine<br />

heroinabhängige Tänzerin, die im Berlin der<br />

Achtziger ihr Glück sucht. Die männliche Hauptrolle<br />

wird von Tom Schilling gespielt, gedreht wird<br />

Anfang des Jahres. Klar ist aber schon jetzt: Danach<br />

kann Emilia Schüle garantiert in keinem Teeniefilm<br />

mehr mitspielen. Been there, done that.<br />

Michel<br />

D i e r c k s<br />

(25)<br />

Michel Diercks Plan war es, Fotograf<br />

zu werden. Also macht der <strong>ju</strong>nge Mann<br />

aus Stade ein Praktikum bei einem<br />

Fotografen in New York, und weil er<br />

hauptsächlich nachts arbeiten muss, hat er tagsüber viel<br />

Zeit (Frage: Wann schläft er?). Er begleitet Freunde zum<br />

Schauspielunterricht, fängt selbst an zu spielen und wirft<br />

den Plan mit dem Fotografieren bald über Bord. Vorher hatte<br />

er mit der Schauspielerei wenig am Hut: „Die Theater-AG<br />

habe ich nach einem halben Jahr geschmissen, weil ich<br />

keine Hauptrollen spielen durfte. Aber ich hatte ja noch keine<br />

Ahnung.“ Inzwischen hat er Ahnung (er studiert Schauspiel<br />

in Potsdam) und eine erste Hauptrolle in einem Kinofilm<br />

(der saMurai). Darin spielt Diercks einen Dorfpolizisten,<br />

der seine Gemeinde gegen einen Mann in Frauenkleidern<br />

verteidigt, der mit einem Schwert eine Spur der<br />

Verwüstung zieht. Klingt so gut, dass der Film auf der<br />

Berlinale läuft.<br />

„Aus meinem ersten<br />

Film wurde ich wieder<br />

herausgeschnitten“<br />

Samuel<br />

Schneider<br />

(18)<br />

Samuel Schneider leuchteten die Vorzüge der Schauspielerei sofort ein:<br />

„Am Wochenende erst spät nach Hause gehen und mit den<br />

anderen Schauspielern noch in der Kantine sitzen, das war schon cool.<br />

Da kann man viel lernen, auch wenn man noch klein ist“, erzählt<br />

er über die Kantine des Berliner Ensembles. Er ist acht Jahre alt, als<br />

er dort unter der Regie von Robert Wilson in Shakespeares<br />

winterMärchen auf der Bühne steht. Kurz vorher hat er angefangen,<br />

hinter dem Rücken seiner Mutter Schauspielunterricht zu<br />

nehmen, eigentlich nur, weil ein Freund das auch tut. Aus dem wird<br />

kein Schauspieler, bei Samuel Schneider geht es stetig voran.<br />

Nach zwei Jahren am Theater folgen Produktionen fürs Fernsehen<br />

und 2010 die erste Hauptrolle im Kinofilm boxhaGener Platz.<br />

„Da wurde mir klar: Jetzt wird es ernst. Vorher war das ja nur ein<br />

Spiel.“ Eine noch größere Herausforderung wird die Hauptrolle<br />

in Caroline Links Vater-Sohn-Drama exit Marrakech, in dem<br />

Schneider an der Seite von Ulrich Tukur spielt, 55 Drehtage, der<br />

Fokus ganz auf den beiden Hauptdarstellern. Wer weiß, wann man<br />

noch mal die Gelegenheit zu so einem Film bekommt, sagt<br />

Samuel. Ach, das fängt doch alles erst an: Sein neuer Film couchMovie<br />

kommt dieses Jahr in die Kinos.<br />

Liv Lisa Fries (23)<br />

Young Ģuns<br />

Jetzt stapelt sie tief: Liv Lisa Fries sagt, sie habe zwar schon immer<br />

Schauspielerin werden wollen, aber nicht gewusst, ob sie es<br />

könne, und ganz genau wisse sie es eigentlich bis heute nicht. Na klar:<br />

Wenn man erst 23 Jahre alt ist und seit 2007 in rund 30 Filmen 103<br />

mitspielen durfte, darunter sechs fürs Kino; wenn man für diverse<br />

Preise nominiert war (New Faces, Max Ophüls Preis) und andere<br />

bekommen hat (Günter-Strack-Fernsehpreis) und sich auch noch traut,<br />

Veronica Ferres ohne mit der Wimper zu zucken ins Gesicht zu<br />

sagen, dass man ihre Filmtochter völlig zu Recht zu Tode gequält hat<br />

(sie hat es verdient), dann sind Zweifel dringend angebracht.<br />

Obwohl Liv Lisa Fries überhaupt nicht wirkt, als würde sie an ihren<br />

Fähigkeiten zweifeln. Sie nimmt bloß die Schauspielerei derart<br />

ernst, dass es ihr offenbar gelingt, an der eigenen Eitelkeit vorbei auf<br />

die Arbeit zu schauen und dabei festzustellen, dass einem manche<br />

Sachen eben leichter fallen als andere. Nicht so schwerfällt es ihr,<br />

Niederlagen wegzustecken: „Meinen ersten Drehtag hatte ich in<br />

Oskar Roehlers eleMentarteilchen. Aus dem Film wurde ich allerdings<br />

wieder herausgeschnitten, was ich aber gar nicht schlimm<br />

fand. Ich hatte ja keine Ahnung, wie das läuft.“ Die erste Hauptrolle<br />

kam gleich danach, ein schiManski mit Götz George, da war<br />

sie 15. Deutlich schwerer fielen Fries ihre beiden neuesten Filme. In<br />

und MorGen MittaG bin ich tot (ab 13. Februar) spielt sie<br />

eine <strong>ju</strong>nge Frau, die an Mukoviszidose leidet und ihrem Leben ein<br />

Ende setzen will, und in staudaMM (ab 30. Januar) ist sie die<br />

Überlebende eines Amoklaufs an einer Schule. Was ihr an der Figur<br />

so schwerfiel? Die sei so anders als sie, die habe ein ganz anderes<br />

Tempo. „Aber wenn ich den Film jetzt sehe, denke ich: Was? Das ist<br />

dir so schwergefallen? Eigentlich verrückt!“


Farah Pahlavi mit 75.<br />

Und wie Andy Warhol<br />

sie 1973 porträtierte


FOTOS: (linke Seite) Sebastian Kim/Management + Artists; (rechte Seite) Andy Warhol, "Farah Diba Pahlavi", Image and Artwork © 2013 The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Licensed by ARS<br />

Farah Pahlavi<br />

Wir schreiben das Jahr 1976. andy Warhol<br />

und der damalige „intervieW“-chefredakteur<br />

bob colacello reisen in den iran,<br />

Von Bob Colacello<br />

Porträt Sebastian Kim<br />

Kaiserin Farah Pahlavi hat zum Porträt-Termin<br />

gebeten. Nichts Ungewöhnliches zu dieser Zeit, gerade<br />

erst waren sie bei Willy Brandt in Bonn. Das Teheran,<br />

das sie erleben, ist weltoffen, beinahe hysterisch<br />

gen Westen orientiert, das Straßenbild geprägt von<br />

Miniröcken und Plateauschuhen. Dennoch ist das<br />

Regime umstritten, Warhols Annäherung, die Politiker<br />

und Prinzessinnen, Schurken und Heroen durch seine<br />

Kunst gleich behandelt, wird ihm übel genommen. Drei<br />

Jahre später muss der Schah mit seiner Familie das<br />

Land verlassen und findet zunächst nirgends Asyl. Der<br />

Iran wird unter der Herrschaft des Ajatollah wieder ein<br />

Kirchenstaat, der Tschador wird nicht Trend, sondern<br />

Gesetz. Die Frau, die als „Farah Diba“ das Lieblings-<br />

Covergirl der Boulevardpresse war, lebt heute<br />

zurückgezogen in Maryland. Hier spricht sie seit vielen<br />

Jahren zum ersten Mal wieder mit einem Journalisten.<br />

Farah Pahlavi<br />

105


106<br />

ihre Kaiserliche Hoheit Farah Pahlavi von Iran – wie<br />

sie bis zum Sturz ihres Mannes Schah Mohammad<br />

Reza Pahlavi 1979 genannt wurde – war neulich in<br />

New York, um an der Eröffnung von „Iran Modern“<br />

teilzunehmen, einer großen Ausstellung persischer Kunst<br />

aus den 50er-, 60er- und 70er-Jahren, die von der Asia<br />

Society veranstaltet wurde. Mit ihren 75 Jahren ist sie<br />

immer noch eine so eindrucksvolle Erscheinung, dass<br />

man versteht, warum die internationale Presse sie oft die<br />

„Jacqueline Kennedy des Nahen Ostens“ genannt hat.<br />

Am 14. Oktober 1938 in Teheran als Farah Diba<br />

geboren, besuchte sie italienische und französische Privatschulen,<br />

ehe sie in Paris Architektur zu studieren begann.<br />

Im Frühjahr 1959 wurde sie in Paris bei einem Empfang<br />

in der iranischen Botschaft dem Schah vorgestellt, schon<br />

im Dezember fand in Teheran die Hochzeit statt, nach<br />

schiitischem Ritus und in einem Kleid von Yves Saint<br />

Laurent. Sie war 21 damals, der Schah 40. Er war davor<br />

schon zweimal verheiratet gewesen – doch beide Ehen<br />

waren geschieden worden, weil ihnen kein männlicher<br />

Thronfolger entsprungen war. Zehn Monate nach ihrer<br />

Hochzeit gebar Farah den Kronprinzen Cyrus Reza, ihm<br />

folgten 1963 Prinzessin Farahnaz, 1966 Prinz Ali Reza<br />

und 1970 Prinzessin Leila.<br />

Der Schah war ein umstrittener und widersprüchlicher<br />

Herrscher. Einerseits glaubte er an das göttliche Recht<br />

von Königen, andererseits versuchte er, den Iran zum<br />

modernsten Staat in der Region zu entwickeln, indem<br />

er etwa den Feudalismus abschaffte und 1963 den Frauen<br />

Gleichberechtigung gab. Farah selbst wurde zum<br />

Symbol dafür, wie weit es Frauen unter der Herrschaft des<br />

Schahs bringen konnten. Sie stand zwei Dutzend<br />

Bildungs-, Gesundheits- und Kulturorganisationen vor<br />

und unternahm ausgedehnte Inspektionsreisen<br />

in die zurückgebliebensten Provinzen des Landes.<br />

Auf ihr Betreiben wurde das Teheraner Museum für<br />

zeitgenössische Kunst gegründet, für das sie eine<br />

Sammlung von fast 150 Werken zusammenzutragen<br />

begann, darunter Arbeiten von Monet, Gauguin,<br />

Toulouse-Lautrec, Picasso, Magritte, Sol LeWitt, Pollock<br />

oder Roy Lichtenstein. Der Wert dieser Sammlung, für<br />

die ihren Angaben zufolge weniger als 100 Millionen<br />

Dollar ausgegeben wurden, wird mittlerweile auf etwa<br />

fünf Milliarden Dollar geschätzt. Das Museum wurde<br />

1977 eröffnet, doch zwei Jahre danach übernahm<br />

Ajatollah Khomeini die Macht, und die Kunstschätze<br />

wanderten in die Kellerräume des Museums, weil sie<br />

als unpassend für islamische Augen angesehen wurden.<br />

1976 gab Farah bei Andy Warhol ein Porträt in<br />

Auftrag. Die beiden hatten sich bei einem Bankett im<br />

Weißen Haus kennengelernt, das von Präsident Ford<br />

für den Schah gegeben worden war. Ein paar Monate<br />

später, am 5. Juli 1976, flogen Andy, sein Manager<br />

Fred Hughes und ich nach Teheran, begleitet von Nima<br />

Farmanfarmaian, einer Modekolumnistin bei der<br />

New York Post und Tochter zweier bekannter iranischer<br />

Künstler. Am Abend nach unserer Ankunft nahmen<br />

wir an einem Staatsbankett zu Ehren des pakistanischen<br />

Premierministers Ali Bhutto teil, das vom iranischen<br />

Premierminister Amir Abbas Hoveyda gegeben wurde.<br />

Weniger als drei Jahre später wurden sowohl der Gast als<br />

auch sein Gastgeber hingerichtet, Hoveyda während der<br />

Islamischen Revolution, Bhutto nach einem Militärputsch.<br />

Das Teheran, das wir in diesem Sommer zu sehen<br />

bekamen, war eine prosperierende Metropole. Die Villen<br />

der Reichen auf den Hügeln am nördlichen Ende der<br />

Stadt hätten auch in Bel Air stehen können – abgesehen<br />

von den Perserteppichen, die bei ihnen am Pool lagen.<br />

Näher am Zentrum schossen ganze Wohnviertel für die<br />

Mittelschicht aus dem Boden. Frauen in Tschadors sahen<br />

wir nur auf dem Basar im ärmeren Süden Teherans, dem<br />

einzigen Ort, an dem wir argwöhnisch gemustert wurden,<br />

wenn die Menschen bemerkten, dass wir Amerikaner waren.<br />

In der Woche, die wir in Teheran darauf warteten,<br />

dass Ihre Hoheit Zeit fand, um für Andy zu posieren,<br />

hörte ich kein einziges Mal das Wort „Schiit“. Doch als<br />

Farah im Juli des darauffolgenden Jahres nach New York<br />

kam, um eine Auszeichnung entgegenzunehmen, brüllten<br />

Hunderte maskierte Demonstranten vor dem Pierre Hotel:<br />

„Tötet den Schah!“ Im November nahmen Andy und Fred<br />

Hughes an einem Staatsbankett teil, das Präsident Jimmy<br />

Carter für den Schah gab. Das Weiße Haus war von 8 000<br />

Demonstranten umzingelt. Damals hatten im Iran schon<br />

die Proteste begonnen, die schließlich zum Sturz des Schahs<br />

führten, und auch von der amerikanischen Presse wurde<br />

sein Regime immer massiver kritisiert. Das bekam auch<br />

Andy zu spüren. Ein paar Tage vor dem Dinner im<br />

Weißen Haus druckte die Village Voice auf ihrer Titelseite<br />

ein Foto von Andy und Farah über der Schlagzeile<br />

Farah Pahlavi und Andy<br />

Warhol 1977 im New<br />

Yorker Hotel Waldorf<br />

Astoria. Warhol wurde<br />

für seine Nähe zur<br />

Frau des Schahs von<br />

der amerikanischen<br />

Presse heftig kritisiert


FOTO: Andy Warhol, "Photo of Andy Warhol and Farah Diba in front of works", Alain Nogues/Sygma/Corbis/Image and Artwork © 2013 The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Licensed by ARS<br />

„Schöne Schlächter“ ab. Kurz darauf wurde Andy von<br />

seinem alten Freund Henry Geldzahler, Kurator des<br />

Metropolitan Museum und gerade zum New York City<br />

Commissioner of Cultural Affairs ernannt, attackiert,<br />

weil er Geschäfte mit dem „mörderischen Schah“ machte.<br />

Das hielt Andy nicht davon ab, der Bitte nachzukommen,<br />

auch den Schah zu porträtieren, die ihm Anfang 1978<br />

vom iranischen UN-Botschafter überbracht worden war.<br />

Im September 1978 wollten wir das Porträt beim<br />

Schiras-Kunstfestival feierlich übergeben, doch kurz vor<br />

unserer Abreise erreichte uns ein Telegramm des<br />

Kulturministeriums: „Aufgrund von Demonstrationen<br />

extrem fremdenfeindlicher Gruppen müssen wir zu<br />

unserem Bedauern das diesjährige Festival absagen.“<br />

Der Schah und seine Frau verließen den Iran am<br />

16. Januar 1979. Zwei Wochen später kehrte Khomeini<br />

aus seinem Exil zurück und wurde zum obersten Führer<br />

der „Regierung Gottes“.<br />

Nach zehn Monaten, in denen die Pahlavis in Ägypten,<br />

Marokko, auf den Bahamas und in Mexiko vergebens<br />

nach einem Ort für ihr Exil suchten, gestattete im Oktober<br />

Präsident Carter dem Schah die Einreise in die USA – aus<br />

medizinischen Gründen. Daraufhin stürmten in Teheran<br />

Militante die amerikanische Botschaft und nahmen deren<br />

Personal als Geiseln. Die Pahlavis reisten zuerst nach<br />

„Ich bin froh, dass<br />

das Teheraner Museum<br />

für Gegenwartskunst<br />

immer noch existiert. Die<br />

Kunst dort gehört ja<br />

dem iranischen Volk“<br />

Panama und schließlich wieder nach Ägypten, wo der<br />

Schah im Juli 1980 an seinem Krebsleiden starb.<br />

Präsident Reagan bot seiner Witwe und seinen<br />

Kindern Asyl in den USA an, aber das Leben im Exil war<br />

nicht leicht für die Familie. Prinzessin Leila starb 2001<br />

in London an einer Überdosis Schlaftabletten, Ali Reza<br />

beging 2011 in Boston Selbstmord. Heute lebt die<br />

ehemalige Herrscherin in Paris und Potomac, Maryland,<br />

wo ihr Sohn Prinz Reza wohnt. Wir unterhielten uns<br />

beim Tee in der Wohnung ihrer Cousine Layla Diba,<br />

Co-Kuratorin von „Iran Modern“ und früher Leiterin der<br />

Sammlung für islamische Kunst am Brooklyn Museum.<br />

bob CoLACELLo: Die Zeit, die in „Iran Modern“ behandelt<br />

wird, war die Zeit, in der Sie Königin waren, nicht wahr?<br />

fArAh PAhLAVI: Ja. Ich habe 1959 geheiratet. Das war eine<br />

Zeit, in der sich der Iran auf vielen Gebieten entwickelt<br />

hat – wirtschaftlich, kulturell, auf dem Gebiet der<br />

Bildung. Vor unserer Hochzeit hat mein Mann mir zwar<br />

gesagt, dass ich sehr viel Verantwortung werde<br />

übernehmen müssen, aber ich brauchte einige Jahre, bis<br />

ich wirklich über die Probleme Bescheid wusste und<br />

herausgefunden hatte, wie ich am besten helfen konnte.<br />

Ich habe mich sehr für Bildung und die Verbesserung der<br />

medizinischen Versorgung eingesetzt, aber auch für die<br />

Kultur. Ich habe mich auf jede mögliche Weise für sie<br />

engagiert, nicht nur für die traditionelle Kultur, sondern<br />

auch für die zeitgenössische Kunst. Zum Beispiel habe ich<br />

Arbeiten iranischer Maler gekauft und versucht, jene, die<br />

es sich leisten konnten, zu ermuntern, es mir gleichzutun.<br />

CoLACELLo: Sie haben in Paris Architektur studiert?<br />

PAhLAVI: Ja, an der École Spéciale d’Architecture, und ich<br />

denke noch immer, dass ich mich damals für das Richtige<br />

entschieden haben. Natürlich bin ich keine Architektin<br />

geworden, aber das Studium hat mir bei meinen Gesprächen<br />

mit Architekten und Stadtplanern sehr geholfen.<br />

Iran war ein Entwicklungsland, und eines der Probleme<br />

von Entwicklungsländern ist, dass sie oft den Westen<br />

kopieren wollen und dabei in Kauf nehmen, die eigene<br />

Vergangenheit zu zerstören.<br />

CoLACELLo: Sie waren sehr wichtig für die Gründung des<br />

Teheraner Museums für zeitgenössische Kunst.<br />

PAhLAVI: Als in den frühen Siebzigern die Preise für Erdöl<br />

in die Höhe schossen, sagte ich zu meinem Mann und<br />

zum Premierminister: Jetzt oder nie haben wir die Chance,<br />

ein paar großartige Werke zu kaufen. Wir hatten zwar<br />

hervorragende Museen für alte iranische Kunst und Kunsthandwerke,<br />

aber uns fehlte ein Museum für Gegenwartskunst.<br />

Beim Aufbau der Sammlung wurden wir von<br />

zwei amerikanischen Kuratoren unterstützt, Donna Stein<br />

und David Galloway. Und sobald sich in Europa und<br />

Amerika herumzusprechen begann, dass wir interessiert<br />

waren, fingen viele Galeristen an, mit uns Kontakt<br />

aufzunehmen. Ich muss sagen, es ist eine tolle Sammlung.<br />

Wenn ich an den Preis denke, zu dem wir das in den<br />

Siebzigern erworben haben … Das Museum wurde 1977<br />

eröffnet. Ich bin glücklich darüber, dass es immer noch<br />

existiert. Nach allem, was die Revolution von zeitgenössischer<br />

Kunst hält, konnte man ja nicht unbedingt<br />

damit rechnen. Glücklicherweise haben der Direktor und<br />

das Personal alles in den Keller gebracht.<br />

CoLACELLo: Ins Depot …<br />

PAhLAVI: Ja. Natürlich konnte die Sammlung nach der<br />

Revolution nicht gezeigt werden, weil ja nur revolutionäre<br />

Bilder ausstellungswürdig waren. Immerhin hat das<br />

Museum in den letzten drei Jahren einige der<br />

zeitgenössischen Bilder gezeigt – natürlich nur solche, die<br />

nicht unislamisch sind, wie sie es nennen. Eine Frau aus<br />

Teheran hat mir in einer E-Mail erzählt, sie habe Tränen<br />

in den Augen gehabt, als sie vor einem Rothko stand.<br />

Sobald das Museum irgendwo in der Presse erwähnt wird,<br />

beginne ich sofort, mir Sorgen zu machen. Ich weiß ja,<br />

dass einige Sammler großes Interesse daran hätten, Werke<br />

aus der Sammlung zu kaufen.<br />

CoLACELLo: Es muss doch frustrierend sein, wenn man<br />

weiß, dass diese wunderbare Sammlung existiert, aber<br />

niemand sie sehen kann.<br />

PAhLAVI: Ich bin glücklich, dass sie da ist. Das alles gehört<br />

der iranischen Nation, und hoffentlich gibt es genügend<br />

Menschen, die dafür sorgen, dass es so bleiben wird.<br />

CoLACELLo: Sie waren 1967 auch an der Gründung des<br />

Kunstfestivals von Schiras beteiligt.<br />

PAhLAVI: Ja. Wir wollten unbedingt ein Festival haben,<br />

das sowohl für ganz traditionelle Kunst als auch für die<br />

Avantgarde offen war. Die Künstler, die wir nach Schiras<br />

einluden, kamen aus der ganzen Welt – Japan, Afrika,<br />

Europa, Amerika.<br />

CoLACELLo: Ich kann mich noch erinnern, dass in der<br />

Kunstszene 1973 Robert Wilsons Aufführung von KA<br />

MOUNTain für Aufsehen sorgte. Die Leute konnten es<br />

Farah Pahlavi<br />

107


2<br />

1<br />

1975<br />

„Wenn die<br />

Menschen gegen<br />

einen<br />

sind, glauben<br />

sie alles“<br />

3<br />

5<br />

1962<br />

1967<br />

1967<br />

6<br />

4<br />

7<br />

„In einem<br />

Film habe ich<br />

einmal mein<br />

Porträt gesehen<br />

– jemand<br />

hatte es<br />

zerschnitten“<br />

1967<br />

8 9 10<br />

FOTOS: (linke Seite) Keystone-France/Gamma-Keystone via Getty Images; (rechte Seite) privat


FOTOS: 1., 10. akg-images/Hugues Vassal; 2. Keystone-France/Gamma-Keystone via Getty Images; 3. Jack Garofalo/Paris Match via Getty Images; 4. Mehner/Keystone; 5., 6.,9. Bettmann/CORBIS; 7. Kaveh Kazemi/Gettyimages; 8. Lipnitzki/Roger Viollet/Getty Images<br />

1 Die Pahlavis 1975 in<br />

Teheran 2 Mit Salvador<br />

Dalí 1969 in Paris<br />

3 Vor ihrer Heirat<br />

mit dem Schah Ende<br />

Dezember 1959 4 Der<br />

Besuch der Pahlavis<br />

in Berlin löste 1967<br />

Demonstrationen aus,<br />

in deren Verlauf der<br />

Student Benno Ohnesorg<br />

von einem Polizisten<br />

erschossen wurde 5 Mit<br />

John F. Kennedy 1962<br />

6 1967 wurde Farah<br />

Pahlavi zu einem „Vizekönig“<br />

gekrönt<br />

7 Zwei Iranerinnen 1993<br />

im Teheraner Museum<br />

für zeitgenössische<br />

Kunst beim Betrachten<br />

von Andy Warhols<br />

Mick-Jagger-Porträts<br />

8 Mit Yves Saint Laurent<br />

1959 in Paris 9 1967<br />

beim 48. Geburtstag des<br />

Schahs 10 Im Jahr 1971<br />

einfach nicht fassen, dass das Stück 168 Stunden dauerte<br />

– ohne eine einzige Pause.<br />

PAhLAVI: Ja, das war unglaublich. Sogar in Amerika<br />

wussten sie damals nicht besonders viel über Robert<br />

Wilson. Unglücklicherweise mussten wir das Festival<br />

nach 1977 einstellen.<br />

CoLACELLo: Ich weiß. Andy Warhol wurde zusammen mit<br />

ein paar Leuten, zu denen auch ich gehörte, zum Festival<br />

von 1978 eingeladen. Andy hatte nach Ihrem Porträt ja<br />

auch eines des Schahs gemalt, und das sollte beim Festival<br />

in Schiras übergeben werden. Aber dann erhielten wir<br />

Telegramme, in denen stand: „Aufgrund von Demonstrationen<br />

extrem fremdenfeindlicher Gruppen müssen wir<br />

zu unserem Bedauern das diesjährige Festival absagen.<br />

Aber wir werden Sie im nächsten Jahr wieder einladen.“<br />

Dazu ist es dann nie gekommen. Den Text dieses Telegramms<br />

werde ich nie vergessen.<br />

PAhLAVI: Übrigens hat das französische Fernsehen einen<br />

Film über den Keller im Museum für zeitgenössische<br />

Kunst gezeigt, und darin war auch das Warhol-Porträt<br />

von mir zu sehen. Jemand hatte es mit einem Messer<br />

zerschnitten.<br />

CoLACELLo: Gab es nicht mehrere davon?<br />

PAhLAVI: Ich glaube, es gab zwei von meinem Mann und<br />

zwei von mir im Museum. Und ich hatte eines im Palast<br />

– ich glaube, das ist immer noch da.<br />

CoLACELLo: War der Schah an Kunst interessiert? Wie<br />

reagierte er auf so etwas wie Bob Wilsons Stück?<br />

PAhLAVI: Er mochte eher traditionelle Musik und<br />

Komödien. Ich war diejenige, die zum Festival ging.<br />

Er kam nur 1973 einmal, als Maurice Béjart da war.<br />

Er hatte ja auch andere Dinge zu tun.<br />

CoLACELLo: Manche Historiker sind der Auffassung,<br />

dass die extravagante Party, die Ihr Mann und Sie 1971<br />

in Persepolis veranstaltet haben, um das 2 500. Jubiläum<br />

der Gründung des Persischen Reiches durch Kyros<br />

den Großen zu feiern, ein Fehler war. Der Pomp und<br />

die Kosten damals hätten zu dem Missbehagen über<br />

die Monarchie beigetragen, das acht Jahre später in<br />

der Revolution kulminierte. Ist da etwas dran?<br />

PAhLAVI: Von heute aus gesehen stellt sich vieles anders<br />

dar. Natürlich gibt es ein paar Dinge, die wir anders<br />

hätten tun können – und Dinge, mit denen ich selbst nicht<br />

glücklich war. Aber wenn sich heute Menschen in aller<br />

Welt für die Kultur und Geschichte des alten Irans interessieren,<br />

dann liegt das auch an dieser Feier damals, daran,<br />

dass wir der Welt diese Geschichte erst bekannt gemacht<br />

haben. Die Kosten dieser Jubiläumsfeiern sind maßlos<br />

übertrieben worden, doch wenn die Menschen erst einmal<br />

gegen dich sind, glauben sie alles.<br />

CoLACELLo: Gibt es in Teheran eine Kunstszene?<br />

PAhLAVI: Einige Künstler stellen außerhalb des Landes aus,<br />

manche nur bei sich zu Hause, weil ihre Arbeit politisch ist,<br />

und das wird nicht erlaubt. Sie müssen wissen, als diese<br />

Leute an die Macht kamen, haben sie eine Zeit lang sogar<br />

versucht, traditionelle Musik zu verbieten. Aber mittlerweile<br />

gibt es im Iran fantastische traditionelle Ensembles, die<br />

öffentlich auftreten. Es gibt viele kulturelle Dinge in<br />

unserem Land, die zu stark sind, als dass sie zerstört werden<br />

könnten. Als diese Leute an die Macht kamen, wollte das<br />

Regime sogar die Statue Firdausis zerstören, des Dichters,<br />

von dem unser Nationalepos Schahname (Das Buch<br />

der Könige) stammt. Aber das ließen die Iraner nicht zu.<br />

CoLACELLo: Wie ist Ihr Leben jetzt? Wo leben Sie?<br />

PAhLAVI: Ich pendle zwischen Paris und Maryland. Und<br />

ich habe immer viel zu tun, mit all den E-Mails, die<br />

ich erhalte, und manchmal mit <strong>Interview</strong>s, um die man<br />

mich bittet. Ich versuche, dem zu folgen, was im Iran<br />

geschieht, und im Kontakt mit Iranern zu bleiben. Also<br />

bin ich gut beschäftigt. Manchmal wird es mir ein<br />

wenig zu viel, weil ich ja keinen Stab habe, der mir hilft,<br />

um das alles zu bewältigen.<br />

CoLACELLo: Verfolgen Sie die zeitgenössische Kunstszene?<br />

PAhLAVI: Ja, allerdings nicht mehr so engagiert wie früher,<br />

weil ich ehrlich gesagt nicht die Zeit dazu habe. Wenn es<br />

eine Ausstellung von Iranern gibt oder wenn ein Künstler<br />

auf der Suche nach einem Galeristen ist, versuche ich zu<br />

„Man kann Kultur nicht<br />

stoppen. Manchmal<br />

werden Künstler unter<br />

Druck kreativer.<br />

Denken Sie nur an all<br />

die Filme aus dem Iran“<br />

helfen. Ich besuche zum Beispiel Vernissagen, damit die<br />

Chance steigt, dass etwas in der Presse erscheint. Oder ich<br />

lasse meine Kontakte spielen und mache Menschen<br />

miteinander bekannt. Wenn ich irgendwo helfen kann,<br />

versuche ich es.<br />

CoLACELLo: Es hat mich erstaunt, als man mir erzählte,<br />

dass Monir Shahroudy Farmanfarmaian, von der eine<br />

Arbeit auf dem Umschlag des „Iran Modern“-Katalogs<br />

ist, mittlerweile eine so etablierte Künstlerin im Iran ist.<br />

Andy und wir anderen in der Factory waren in den<br />

Siebzigern gut mit ihrer Tochter Nima befreundet. Ich<br />

kann mich daran erinnern, dass sie damals nicht sehr<br />

erfolgreich gewesen ist.<br />

PAhLAVI: Ja. Auch ihre Autobiografie A Mirror Garden hat<br />

sich gut verkauft. Mittlerweile gibt es nicht nur außer- 109<br />

halb des Irans Sammler, die iranische Künstler sammeln,<br />

sondern auch viele Sammlungen im Iran selbst.<br />

CoLACELLo: Es ist vielleicht wirklich so, wie Sie sagen: Sie<br />

können es nicht wirklich kontrollieren.<br />

PAhLAVI: Nein, man kann Kultur nicht stoppen. Manchmal<br />

werden Künstler unter Druck kreativer, ob es nun<br />

Schriftsteller sind oder Filmemacher. Denken Sie bloß an<br />

all die Filme, die aus dem Iran kommen.<br />

CoLACELLo: Haben Sie denn Hoffnung, dass es im Iran<br />

einen wirklichen Wandel geben wird?<br />

PAhLAVI: Ja, und ich gebe diese Hoffnung nicht auf, weil<br />

ich weiß, dass es im Iran zu viel Unterdrückung gibt, als<br />

dass die Menschen das auf Dauer hinnehmen könnten. Die<br />

Mehrheit der Iraner ist sehr <strong>ju</strong>ng, unter 30, und dank des<br />

Internets und des Fernsehens, dank Twitter und Facebook<br />

bekommen sie mit, was in der Welt geschieht. Sie sind<br />

gebildet und intelligent, und sie haben eine Ahnung davon,<br />

wie der Iran gewesen ist und wo er heute, 30 Jahre später,<br />

stehen könnte, mit all den Erlösen aus dem Öl und mit der<br />

Intelligenz seiner Menschen. Es bricht mir das Herz, wenn<br />

ich höre, dass es so viele Drogensüchtige gibt, weil <strong>ju</strong>nge<br />

Leute keine Hoffnung haben oder all die Verbote in ihrem<br />

Leben nicht ertragen können. Es gibt Kinderprostitution,<br />

Kinder, die auf den Straßen betteln … Natürlich sind wir<br />

Farah Pahlavi


Farah Pahlavi<br />

110<br />

damals noch ein Entwicklungsland gewesen, und auf vielen<br />

Gebieten hätte noch einiges getan werden müssen, aber<br />

damals hatten wir die Möglichkeiten dazu. Glücklicherweise<br />

bekommen die Jungen von ihren Eltern erzählt, wie<br />

wir wirklich waren, und sie begreifen, wie viel Unsinn<br />

während der Revolution und in den Jahren seither über uns<br />

gesagt worden ist. Also wissen sie, wie es einmal war. Die<br />

Sympathie für meinen verstorbenen Mann wächst und<br />

wächst. Wenn sie jetzt im Iran über ihn sprechen, sagen sie<br />

oft: „Gott segne ihn.“ Oder vergleichen die Preise während<br />

seiner Regierungszeit mit denen von jetzt. Natürlich haben<br />

auch die Sanktionen zum Leid der Menschen beigetragen.<br />

Aber selbst vor den Sanktionen konnten sich die Leute oft<br />

nicht einmal ein Mal pro Woche Fleisch leisten. Das ist<br />

doch unglaublich! Manchmal höre ich, dass Menschen Brot<br />

stehlen – wie kann so etwas in einer Stadt wie Teheran<br />

möglich sein? Gewiss: Die iranische Bevölkerung hat sich<br />

verdoppelt, aber das kann keine Ausrede sein. Dieses<br />

Regime hat im Namen der Religion so viel Schaden angerichtet<br />

und so viele Lügen erzählt, und es gibt so viel<br />

Korruption. Es kann nicht so bleiben. Der Iran ist in seiner<br />

Geschichte von den verschiedensten Zivilisationen erobert<br />

worden, aber er hat sich immer wieder wie Phönix aus der<br />

Asche erhoben. Das wird auch diesmal geschehen. Weil es<br />

für den Iran wichtig ist, aber auch für den Nahen Osten<br />

und für den Rest der Welt.<br />

„Glücklicherweise<br />

bekommen die Jungen<br />

von ihren Eltern erzählt,<br />

wie wir waren, und sie<br />

begreifen, wie viel Unsinn<br />

über uns erzählt wurde“<br />

CoLACELLo: Was halten Sie vom Arabischen Frühling und<br />

den Ereignissen in der arabischen Welt?<br />

PAhLAVI: Das alles ist merkwürdig und sehr beängstigend.<br />

Es gab in den muslimischen Ländern immer schon<br />

fanatische Gruppen. Aber ich glaube, erst mit Khomeini<br />

hat der Krieg zwischen den Sunniten und den Schiiten<br />

wirklich begonnen.<br />

CoLACELLo: In Syrien und im Irak?<br />

PAhLAVI: In Syrien, überall! Das hat es ja auch bei den<br />

Christen gegeben, zwischen den Katholiken und den<br />

Protestanten, allerdings vor Hunderten von Jahren. Es ist<br />

einfach lächerlich. Aber ich will meine Hoffnung nicht<br />

verlieren, ich weiß ja, wie die <strong>ju</strong>ngen Menschen im Iran<br />

empfinden. Sie wollen ein besseres Leben haben. Nicht<br />

nur die Jungen, auch die Arbeiter, Journalisten und<br />

Intellektuellen. Mir kommt die Situation im Iran ein wenig<br />

so vor wie die Periode der Inquisition in Europa. Danach<br />

kommt eine Periode des Lichts, der Aufklärung. Sie wird<br />

kommen, weil es für ein Land wie Iran, mit so viel Kultur,<br />

einfach nicht möglich ist, für alle Zeiten in der Dunkelheit<br />

zu bleiben. Aber natürlich ist das alles beängstigend – all<br />

diese Fanatiker, die im Namen der Religion so ungeheuer<br />

viel Schaden anrichten. Es gibt viele Iraner, die religiös<br />

waren, aber heute wegen dieser Leute nicht mehr über<br />

Religion sprechen wollen.<br />

CoLACELLo: Waren Sie und Ihr Mann eigentlich religiös?<br />

PAhLAVI: Wir waren Muslime, und ich bin es noch<br />

immer. Aber wissen Sie, als ich einmal gefragt worden<br />

bin, ob ich auch praktiziere, habe ich gesagt: Ich<br />

praktiziere die Menschenrechte, auf die es ja in jeder<br />

Religion ankommt – gut und hilfsbereit zu sein,<br />

nicht zu töten, nicht zu lügen, großzügig zu sein. Das<br />

sind die Werte, um die es geht.<br />

CoLACELLo: Wie gehen Sie damit um, dass so viele<br />

Menschen sagen, dass Ihr Mann Tausende von Menschen<br />

hat einsperren lassen und seine Geheimpolizei, der Savak,<br />

jede politische Opposition erstickt hat?<br />

PAhLAVI: Natürlich sagen sie das, und sie übertreiben. Ich<br />

gebe zu, dass es Dinge gab, von denen mein Mann<br />

nicht wusste, und dass es natürlich auch nicht richtig<br />

war, wenn auch nur eine einzige Person fälschlicherweise<br />

eingesperrt wurde. Aber Sie müssen auch an all die<br />

Kommunisten denken, die es vor 30 Jahren im Iran<br />

gab, an die Bedrohung, die von der Sowjetunion ausging.<br />

Manchmal werde ich gefragt: Warum seid ihr nicht<br />

geblieben und habt die Revolution niedergeschlagen?<br />

Doch das hätte bedeutet, Menschen zu töten, und mein<br />

Mann sagte immer, er wolle keinen Thron, für den Blut<br />

vergossen wurde.<br />

CoLACELLo: Das heißt: Vor der Revolution haben die<br />

Kommunisten Ihrem Mann größere Sorgen gemacht als<br />

die Mullahs?<br />

PAhLAVI: Ja. Das waren ja Kommunisten, die in enger<br />

Verbindung mit der Sowjetunion standen. Deswegen<br />

hatten wir im Iran größere Angst vor einer kommunistischen<br />

Machtübernahme. Unsere Verbündeten dachten<br />

ja ganz ähnlich. Die Mullahs und die Gläubigen hatten<br />

die Freiheit, in ihren Moscheen zu sagen, was immer sie<br />

sagen wollten. Ich glaube, dass viele Leute – insbesondere<br />

die Kommunisten – davon überzeugt waren, dass nach<br />

dem Sturz des Schahs Khomeini nur eine Episode sein<br />

würde, bis sie selbst an die Macht kämen. Niemand<br />

von ihnen glaubte an die Religion, aber sie gingen für<br />

Khomeini auf die Straße. Einige derer, die sich an der<br />

Revolution beteiligt haben, sind mittlerweile mutig genug<br />

einzugestehen, dass sie einen Fehler begangen haben.<br />

CoLACELLo: Waren Sie in letzter Zeit eigentlich im Nahen<br />

Osten?<br />

PAhLAVI: In Jordanien vor ein paar Jahren bei der Hochzeit<br />

von Königin Noors ältestem Sohn. Und manchmal<br />

bin ich in Marokko.<br />

CoLACELLo: Glauben Sie, dass die Monarchie in der Welt<br />

von heute noch eine Berechtigung hat?<br />

PAhLAVI: Ja, weil Monarchien über allen politischen<br />

Parteien stehen. Manchmal machen politische Parteien<br />

Dinge, die ihren Nationen schaden, weil es ihnen bloß<br />

darum geht, die anderen Parteien zu bekämpfen. Im Iran,<br />

einem Land mit den verschiedensten Religionen und<br />

ethnischen Gruppierungen, war die Monarchie ein<br />

einigender Faktor. Sie sehen doch, was aus dem Irak<br />

wurde, nachdem der König weg war, was in Afghanistan,<br />

in Ägypten, in Libyen und im Jemen geschehen ist …<br />

Amerikaner haben keine Probleme mit der britischen<br />

Monarchie, aber über den Rest wissen sie nicht besonders<br />

viel. Einige der Monarchien in Europa sind demokratischer<br />

als manche Republiken, denken Sie doch an<br />

Schweden, Norwegen, Belgien oder die Niederlande. Die<br />

Menschen müssen selbst darüber entscheiden können,<br />

was sie wollen. Das ist auch die Position meines Sohnes.<br />

Seit 30 Jahren sagt er immer und immer wieder dasselbe:


Lassen Sie uns doch alle zusammenarbeiten und dieses<br />

System stürzen. Hoffentlich werden die Menschen eines<br />

Tages die Möglichkeit erhalten, darüber zu entscheiden,<br />

was ihnen lieber ist – eine konstitutionelle Monarchie oder<br />

eine republikanische Verfassung.<br />

CoLACELLo: Verstehen Sie sich selbst als Feministin?<br />

PAhLAVI: Wenn Feministin zu sein bedeutet, sich dagegen<br />

zu sträuben, dass einem ein Mann die Autotür öffnet, bin<br />

ich keine. Aber ich glaube daran, dass Frauen dieselben<br />

Rechte haben sollten wie Männer – das Recht, zu arbeiten<br />

und hohe Positionen einzunehmen, oder das Recht, sich<br />

nach einer Scheidung um die Kinder zu kümmern. All<br />

diese Rechte hatten wir im Iran. Unglücklicherweise sind<br />

die meisten von ihnen nach der Revolution wieder<br />

abgeschafft worden.<br />

CoLACELLo: Das waren alles Gesetze, die unter der<br />

Herrschaft Ihres Mannes eingeführt wurden?<br />

PAhLAVI: Ja. Das Einzige, was sie nicht abschaffen konnten,<br />

war das Wahlrecht für Frauen, sowohl aktiv als auch<br />

passiv. Das gibt es seit 1963. Davor durften im Iran Frauen<br />

nicht wählen und gewählt werden. Aber das konnte nicht<br />

„Wenn Feministin zu sein<br />

bedeutet, sich dagegen zu<br />

sträuben, dass einem ein<br />

Mann die Autotür öffnet,<br />

dann bin ich keine“<br />

zurückgenommen werden, weil die iranischen Frauen<br />

trotz aller Unterdrückung sehr mutig und aktiv sind. Zu<br />

unserer Zeit wurde die Vielehe verboten, und Frauen<br />

konnten die höchsten Positionen einnehmen. Schirin<br />

Ebadi zum Beispiel, die Friedensnobelpreisträgerin<br />

von 2003, war zu unserer Zeit Richterin. Doch die Leute,<br />

die jetzt an der Macht sind, haben ihr verboten, dieses<br />

Amt weiter auszuüben, weil der Islam angeblich Frauen<br />

für nicht geeignet oder würdig genug hält, Recht zu<br />

sprechen. Es gab zu unserer Zeit viele Gesetze, die den<br />

Frauen zugutekamen. Viele davon sind wieder abgeschafft<br />

worden, und die Folgen sind schrecklich. Mittlerweile<br />

darf jeder auf der Straße ungestraft Frauen beleidigen und<br />

demütigen. Sie sind besessen von Frauen. Aber iranische<br />

Frauen geben niemals auf.<br />

CoLACELLo: Wir leben in einer interessanten, aber<br />

verrückten Zeit.<br />

PAhLAVI: Richtig. Aber ich hoffe, dass es am Ende eine<br />

Lösung gibt. Es geht ja nicht an, dass die Welt auf so<br />

vielen Gebieten Fortschritte gemacht hat, es aber immer<br />

noch so große Probleme gibt. Übrigens arbeiten bei der<br />

NASA viele Iraner. Einer der Ingenieure, die an diesem<br />

Raumschiff zum Mars beteiligt waren, ist ein Iraner.<br />

Amerika hat den Iranern, die hier im Exil leben, in allen<br />

möglichen Berufen die Chance gegeben, erfolgreich zu<br />

sein, ob es nun Unternehmer sind, Wissenschaftler oder<br />

Künstler. Manchmal bedaure ich es, dass all diese<br />

Menschen nicht in ihrem eigenen Land Erfolg haben und<br />

ihre Talente nicht in ihrer Heimat unter Beweis stellen<br />

können. Es gibt einige, die es dennoch versuchen, und das<br />

berührt mich immer sehr – iranischstämmige Ärzte zum<br />

Beispiel, die aus Europa oder Amerika in den Iran gehen,<br />

um dort kostenlos zu behandeln oder den Medizinstuden-<br />

ten etwas beizubringen. Und erst neulich habe ich<br />

jemanden kennengelernt, der sich für den Naturschutz<br />

im Iran engagiert. Es ist gut, dass so viele Emigranten ihr<br />

Land nicht vergessen.<br />

CoLACELLo: Eine letzte Frage: Glauben Sie, dass die<br />

amerikanische Regierung in den Monaten vor der<br />

Revolution 1979, als sich die Unruhen in Ihrem Land<br />

immer weiter ausbreiteten, anders hätte reagieren sollen?<br />

PAhLAVI: Das ist eine komplizierte Geschichte. Im<br />

Augenblick taucht einiges aus den Archiven auf, was wir<br />

damals nicht wussten. Es gibt Dokumente, aus denen<br />

hervorgeht, dass die Amerikaner damals große Angst vor<br />

einer kommunistischen Machtübernahme hatten und<br />

ihnen deswegen die Existenz eines grünen, islamischen<br />

Gürtels als nützlich erschien. Wir wissen auch aus<br />

Dokumenten, die mittlerweile aufgetaucht sind, dass sich<br />

der letzte amerikanische Botschafter mit der Opposition<br />

traf. Es war eine Mischung von allem Möglichen. Wir<br />

hatten damals Probleme mit Amerika, mit England,<br />

mit Frankreich. Aber wir hatten auch Probleme mit<br />

unserem eigenen Volk. Wir können nicht dem Ausland<br />

die Schuld dafür geben, wie es gekommen ist.<br />

CoLACELLo: Ich fand es erstaunlich, dass Präsident Carter<br />

1977 an Ihrem Neujahrsdinner in Teheran teilnahm und<br />

bei seinem Toast proklamierte, dass der Iran „Amerikas<br />

bester Freund“ in der Welt sei.<br />

PAhLAVI: Er hat ihn auch eine „Insel der Stabilität“ genannt.<br />

Aber dann hat er mit seinem Menschenrechtsprogramm<br />

begonnen. Woran ja nichts auszusetzen ist, aber warum<br />

wurde nicht mehr über die Menschenrechte gesprochen,<br />

nachdem der Schah das Land verlassen hatte? Okay, es war<br />

eine Revolution, und sie wollten erst warten, wie sich das<br />

im zweiten Jahr entwickeln würde … Aber was war im<br />

zweiten Jahr nach der Revolution im Iran? Warum sprach<br />

niemand mehr über die Menschenrechte? Es ist<br />

wahrscheinlich ganz normal, dass Staaten auf ihre eigenen<br />

Vorteile bedacht sind, und man kann vom Ausland auch<br />

nicht erwarten, dass es sich päpstlicher als der Papst<br />

verhält. Es liegt an uns selbst zu wissen, was wir wollen<br />

und welche Richtung wir einschlagen wollen. Es geht<br />

nicht an, dass wir herumsitzen und denken: „Amerika<br />

sollte dies tun und England das tun …“ Ich hoffe, dass uns<br />

das für unsere Zukunft eine Lehre sein wird. Jedenfalls<br />

wurden die Menschen, die damals in Teheran gegen uns<br />

protestiert haben, nicht von den Amerikanern auf die<br />

Straßen geschickt …<br />

CoLACELLo: Ich hoffe für Sie und vielleicht auch für das<br />

Wohl Ihres Heimatlandes, dass Sie eines Tages in den Iran<br />

zurückkehren können, als …<br />

PAhLAVI: … ganz normale Bürgerin.<br />

CoLACELLo: Ja, Hauptsache, dass Sie in Ihre Heimat<br />

zurückkehren können.<br />

PAhLAVI: Wissen Sie, was mich antreibt? Natürlich die<br />

Hoffnung, dass sich eines Tages im Iran die Dinge<br />

wieder ändern werden. Es ist eine Schande, dass ein Land<br />

wie das unsere nicht dort steht, wo es stehen sollte und wo<br />

es historisch stand. Das wäre wichtig für den Iran und den<br />

Nahen Osten, aber auch für den Rest der Welt.<br />

CoLACELLo: Jedenfalls wäre es ein Anlass zu großer Sorge,<br />

wenn die Ajatollahs Atomwaffen bekämen.<br />

PAhLAVI: Im Iran sagen ziemlich viele Menschen:<br />

„Warum um alles in der Welt sollen wir die Atombombe<br />

haben? Wir haben doch nicht einmal genug zu essen.“<br />

111


Kleid Vionnet demi<br />

couture Schuhe,<br />

durchgehend getragen<br />

adidas Socken, durchgehend<br />

getragen american<br />

apparel


Outfit Gucci<br />

Ohrringe, durchgehend<br />

getragen<br />

kara ross<br />

Liebe ist wärmer<br />

als der Tod<br />

rainer werner Fassbinder hat männer geliebt<br />

und den Frauen erlaubt, in seinen Filmen über sich<br />

hinauszuwachsen. Und das so schön, dass man sich noch<br />

heute wünscht, man könnte aussehen wie sie. so stark,<br />

so leuchtend, so melodramatisch. Eine Hommage an<br />

einen look und eine lebenshaltung. Mit Auskünften von<br />

hanna schygulla, seiner wichtigsten schauspielerin<br />

Fotos Sebastian Faena<br />

Styling Julia von Boehm<br />

Hommage an Fassbinder<br />

113


BH lonely by<br />

lonely hearts<br />

Höschen, Strapse &<br />

Strümpfe what katie<br />

did Ring, durchgehend<br />

getragen lillot


Jacke, Miederhose &<br />

Strumpfbänder<br />

olympia le tan<br />

Strümpfe what<br />

katie did Schuhe<br />

sportmax


Jacke philipp plein<br />

Hut thom browne<br />

Höschen, durchgehend<br />

getragen what katie did<br />

Strumpfhose, durchgehend<br />

getragen wolford


Top louis Vuitton<br />

Kleid, darunter getragen<br />

saint laurent by hedi<br />

slimane Strapse &<br />

Strümpfe what katie did


Cardigan jean<br />

paul Gaultier<br />

Schuhe purple<br />

passion nyc


BH jean paul<br />

Gaultier Rock<br />

wes Gordon


Kleid Versace


Mantel louis<br />

Vuitton<br />

Kleid lanVin


Kleid miu miu<br />

model Lindsey Wixson / The Society,<br />

Jon Kortajarena / IMG hair Akki /<br />

Art Partner makeup Frankie Boyd /<br />

Tim Howard Management manicure<br />

Honey / L’Exposure NY set desiGn<br />

Jesse Kaufmann / Frank Reps castinG<br />

Samuel Ellis Scheinman for DMCasting<br />

production Helena Martel Seward<br />

liGht desiGner Butch Hogan<br />

photoGraphy assistant Siggy<br />

Bodolai diGital technician<br />

Denis Vlasov stylinG assistant<br />

Clare Byrne stylinG interns<br />

Lucas Dawson, Maria Encalada,<br />

Isabella Reyes hair assistant<br />

Naomi Endo set assistant Colin<br />

Lytton production assistants<br />

Grayson Vaughan, Cal Christie


Sie:<br />

Kleid dsquared2<br />

Bademantel<br />

aGent proVocateur<br />

Kette parulina<br />

Er: Schuhe<br />

purple passion


Der<br />

Geschmack<br />

der Freiheit<br />

Fassbinder und Hanna<br />

Schygulla im Januar<br />

1981 bei der Premiere<br />

von „Lili Marleen“<br />

126<br />

sie war seine heldin, sein Alter Ego,<br />

seine Sehnsuchtsfrau: hanna schygulla<br />

war das real existierende Frauenbild des<br />

regisseurs rainer werner Fassbinder<br />

Von Harald Peters<br />

interView: Frau Schygulla, fast 32 Jahre nach dem Tod<br />

von Rainer Werner Fassbinder haben wir hier eine<br />

Modestrecke eines argentinischen Fotografen, der sich von<br />

seinen Filmen hat inspirieren lassen. Offenbar machen<br />

Fassbinders Filme immer noch Eindruck.<br />

hanna schyGulla: Ja, auch auf Kuba, wo ich gerade bin,<br />

werde ich auf Die Ehe der Maria Braun angesprochen.<br />

interView: Können Sie sich das erklären?<br />

schyGulla: Ich denke, es liegt daran, dass Maria Braun<br />

eine Figur des Aufbruchs ist. Obwohl sie ein tragisches<br />

Ende nimmt, sehen viele in ihr eine Frau, die ihr Leben<br />

in die Hand nimmt. Als Trümmerfrau war sie gezwungen,<br />

ihren Mann zu stehen, wie man früher gesagt<br />

hat – weil die Männer im Krieg gefallen oder noch in<br />

Gefangenschaft waren. Ich glaube, dass ihre Emanzipiertheit,<br />

die historisch notwendig war, erklärt, warum sie so<br />

faszinierend ist. Bei Lili Marleen, einem Film, der schon<br />

wegen des Liedes mehr Breitenwirkung hatte, spielt<br />

eine Frau so lange mit den Braunhemden an der Macht,<br />

bis sie zu deren Spielzeug wird. Die Frauenfiguren bei<br />

Fassbinder vereinigen in sich stets mehrere widersprüchliche<br />

Naturen.<br />

interView: Wie meinen Sie das?<br />

schyGulla: Maria Braun war einerseits eine Idealistin und<br />

andererseits auch eine Opportunistin. Lili Marleen war<br />

sowohl Mitläuferin als auch im inneren Widerstand. Und<br />

die Effi Briest Fassbinders ist im Grunde die Vorstufe zu<br />

Maria Braun und Lili Marleen – ein dressiertes Wesen, das<br />

den Traum ihrer Mutter übernimmt, indem sie den Mann<br />

heiratet, den die Mutter sich wünscht, und sich dadurch in<br />

einer guten sozialen Position befindet. Doch dann kommt<br />

ihr ihre unterdrückte Natur dazwischen und rebelliert. Die<br />

Frauen sind bei Fassbinder zwar gehorsame Handlanger<br />

der Gesellschaft, aber dann wagen sie den Schritt ins Außerhalb<br />

dieser Gesetzmäßigkeiten.<br />

interView: Es fällt auf, dass bei ihm die Frauen so etwas<br />

Distanziertes, Theatralisches haben.<br />

schyGulla: Fassbinder hat oft die Dinge auf den Kopf gestellt.<br />

Er hat in seinen Filmen gerne theatralische und<br />

auf der Bühne gern filmische Elemente benutzt. Er wusste,<br />

dass die Leute das seltsam finden und dadurch aufmerksamer<br />

werden. Da steckt auch ein wenig Brecht drin, der<br />

berühmte Verfremdungseffekt. Man muss die Wirklichkeit<br />

verfremden, wenn man etwas sichtbar machen will. Nur<br />

zu spiegeln reicht nicht.<br />

interView: Wirken seine Figuren deshalb oft so entrückt?<br />

schyGulla: Ja, wie Schlafwandler. Bei allem Realismus<br />

begleitet sie etwas Traumhaftes. Das ist der Künstler<br />

Fassbinder. In der Kunst ist es wichtig, dass man<br />

von einer Fremdheit angeweht wird. Damit man aus dem<br />

Halbschlaf der Gewohnheiten erwacht und man<br />

sich plötzlich selber fremd wird – oder der Mensch neben<br />

einem oder die ganze Gesellschaft. Dadurch wird das<br />

Bewusstsein sensibilisiert.<br />

FOTOS: (linke Seite) Chris Hoffmann/dpa Picture-Alliance; Cinetext Bildarchiv; (rechte Seite) dpa Picture-Alliance


Starke Frauen,<br />

gebrochene Frauen:<br />

Hanna Schygulla in<br />

„Die Ehe der Maria<br />

Braun“ von 1979 und<br />

in „Lili Marleen“ von<br />

1981. Insgesamt hat<br />

Schygulla 17 Filme mit<br />

Fassbinder gedreht,<br />

den sie 1963 in München<br />

an der Schauspielschule<br />

kennenlernte<br />

interView: Kann es sein, dass die Filme gerade dadurch<br />

eine gewisse Zeitlosigkeit bekommen?<br />

schyGulla: Ja. Wenn Sie zum Beispiel den Bildband<br />

anschauen, den der Schirmer/Mosel Verlag zu Berlin<br />

Alexanderplatz gemacht hat, können Sie sehen, dass die<br />

Bilder eine ganz besondere Qualität haben. Ich glaube<br />

nicht, dass das mit Filmen von heute so machbar wäre.<br />

Heute liegt das Augenmerk auf anderen Dingen.<br />

interView: Inwiefern?<br />

schyGulla: Fassbinders Filme sind in einer Zeit entstanden,<br />

als man von der Sehnsucht getrieben wurde, dass<br />

die Wirklichkeit eine andere wird. Heute dagegen,<br />

glaube ich, ist die Dringlichkeit viel stärker, seinen Platz<br />

in dieser Welt zu finden, die ja schon so voll geworden<br />

ist. Das lässt einen stärker an der Wirklichkeit kleben.<br />

interView: Weil der Wunsch bestand, die Welt zu<br />

verändern, sind die Bilder komponierter?<br />

schyGulla: Ja. Die Bilder aus Berlin Alexanderplatz<br />

erinnern an Malerei, an Rembrandt oder auch an Goya.<br />

Und bei Effi Briest an Stiche, an Dürer etwa, aber auch<br />

an die Schwarz-Weiß-Fotografie von August Sander, dem<br />

großen Fotografen der Jahrhundertwende. Fassbinder<br />

hat einmal gesagt, dass er keine richtige Kindheit hatte, weil<br />

er in einer Erwachsenenwelt ohne Spielzeug groß geworden<br />

ist. Seine Bilderbücher waren Kunstbücher. Sein Vater war<br />

Bildungsbürger und seine Mutter oft im Sanatorium. Er<br />

war schon als Kind von diesen Sachen umgeben. Das hat sich<br />

ihm eingeprägt. Ich glaube, dass unter anderem auch<br />

sein kunstgeschulter Blick diese Bilder hervorgebracht hat.<br />

interView: Gerade in seinen späteren Filmen wie<br />

Querelle und Lola werden die Bilder noch ganz bunt und<br />

sind voller Lichter in allen möglichen Farben.<br />

schyGulla: Bei den Filmen hatte er sich bereits der<br />

amerikanischen Ästhetik angenähert, auch der Pop-Art.<br />

Er war immer ganz nah am Zeitgeist. Er hat seinen<br />

visuellen Stil immer dem jeweiligen Thema angepasst. Das<br />

Thema hat den Stil ergeben. Da kam dann noch, dass er<br />

in allem auch ständig am Umgraben und Umstürzen war.<br />

interView: Ein Thema, das sich auch visuell durch alle<br />

Filme durchzieht, ist diese kühle, fast verzweifelte Erotik.<br />

schyGulla: Ich denke, dass es sich dabei um seine eigene<br />

gehandelt hat. Jeder Regisseur bildet in seiner Weltsicht<br />

auch seinen eigenen Kosmos ab. Ich glaube, dass Fassbinder<br />

die Hingabe an den Sex-Appeal wollte, andererseits<br />

die Distanz dazu doch nicht ganz verlieren wollte. Wir<br />

Schauspieler waren für ihn dabei die Figuren auf dem<br />

Spielbrett. Er hat bei jedem gespürt, welches Aroma er<br />

aus ihm holen konnte.<br />

interView: Welche Reaktionen haben seine Filme eigentlich<br />

damals beim Publikum ausgelöst?<br />

schyGulla: Zunächst kamen sie gar nicht gut an. Die<br />

Kritiker horchten auf, aber das Publikum musste sich erst<br />

daran gewöhnen. Dann kam Effi Briest, das war sein<br />

erster Erfolg in den Kunstkinos, auch weil Fontanes Effi<br />

Briest zum Bildungskanon gehört, obwohl Fassbinder<br />

das ganz anders erzählt hat. Aber weil er den Wunsch hatte,<br />

mit seinen Filmen so wirkungsvoll zu sein wie das<br />

Hollywood-Kino, nur eben mit verstörenderen Inhalten,<br />

hat er es mit der Zeit verstanden, so zu inszenieren,<br />

dass er ein größeres Publikum mitreißen konnte. Maria<br />

Braun war ein Publikumserfolg, auch Lili Marleen.<br />

Das Publikum ist mehr und mehr mit ihm mitgegangen,<br />

und er hat mehr und mehr Rücksicht genommen. Das<br />

war ein Aufeinanderzugehen.<br />

„Fassbinders Filme sind<br />

von der Sehnsucht getrieben,<br />

dass die Wirklichkeit eine<br />

andere wird“<br />

interView: Bei seinen frühen Filmen noch nicht?<br />

schyGulla: Am Anfang hatte er noch die Arroganz vieler<br />

<strong>ju</strong>nger Künstler: Ich mache hier meine eigene Sache, und es<br />

ist mir egal, wie andere reagieren! Aber er war zu intelligent,<br />

um dauerhaft in der Ecke zu bleiben. Dennoch war<br />

es wichtig, dass seine ersten Filme so kompromisslos waren.<br />

interView: Welche Filme gefallen Ihnen denn besser? Die<br />

frühen oder die späteren?<br />

schyGulla: Die späteren. Aber ich finde, dass seine ersten<br />

Filme auch eine ganz besondere Poesie haben. Man muss<br />

nur eben für ihre Langsamkeit empfänglich sein. Wenn<br />

Filme sehr langsam sind, ist der Zuschauer oft sich selbst<br />

überlassen. Und Menschen gehen häufig ins Kino, gerade<br />

um sich selbst und ihr Leben zu vergessen.<br />

interView: Was sehen Sie eigentlich, wenn Sie die Filme<br />

heute ansehen?<br />

schyGulla: Den Film, aber natürlich auch mich selbst<br />

als die von damals. Aber eigentlich bin ich niemand,<br />

der sich in seiner Freizeit seine alten Filme anschaut.<br />

interView: Das wäre ja auch komisch, oder?<br />

schyGulla: Ja, das wäre tragisch-komisch … wie in Sunset<br />

Boulevard, wo Gloria Swanson sich über die Projektion<br />

ihrer alten Filme selbst in die Vergangenheit zurückspulen<br />

möchte und ans Gewesene klammert.<br />

Hanna Schygulla zeigt vom 1. Februar bis zum<br />

30. März Kurzfilme unter dem Titel „Traumproto kolle“<br />

in der Berliner Akademie der Künste. Entstanden<br />

sind die Videoarbeiten in der Zeit zwischen<br />

„Maria Braun“ und „Lili Marleen“. Selbst Fassbinder<br />

wusste nichts von ihrer Existenz.<br />

Hanna Schygullas Autobiografie „Wach auf und<br />

träume“ ist kürzlich bei Schirmer/Mosel erschienen<br />

(208 Seiten, 19,80 Euro)<br />

Hanna Schygulla<br />

127


Im<br />

Zweifel<br />

Kleid Vionnet<br />

demi couture<br />

Schuhe, durchgehend<br />

getragen adidas<br />

Socken, durchgehend<br />

getragen american<br />

apparel


Kleid, Jeans & Schuhe<br />

louis Vuitton<br />

Head piece melissa<br />

leVy Ring Fendi<br />

Kette lynn Ban<br />

Denim<br />

freja beha erichsen hat dieselben<br />

probleme wie alle anderen frauen<br />

auch: einen vollen kleiderschrank, aber<br />

nichts anzuziehen. Also trägt sie jeans<br />

Fotos Craig McDean<br />

Styling Karl Templer<br />

Denim Fashion<br />

129


Jacke & Schuhe<br />

louis Vuitton<br />

Kleid dries Van<br />

noten Rock<br />

Hudson jeans<br />

Headpiece<br />

melissa leVy<br />

Gürtel, durchgehend<br />

getragen<br />

saint laurent<br />

By Hedi slimane


Weste, Ärmel & Jeans<br />

j Brand Rock n o 21<br />

Kragen & Ring lynn<br />

Ban Headpiece<br />

louis Vuitton<br />

Kleid Valentino<br />

Haute couture


Jacke<br />

j Brand<br />

Halsschmuck<br />

lynn Ban<br />

Look dior<br />

Haute couture


Kleid armani priVé<br />

Rucksack supreme<br />

Jacke & Röcke<br />

diesel


Kleid armani priVé<br />

Weste & Jeans<br />

leVi’s<br />

Kleid Haider<br />

ackermann<br />

Ring lynn Ban<br />

Schlüsselkette &<br />

Schuhe louis<br />

Vuitton


Jacke & Rock<br />

true religion<br />

Top & Rock<br />

ann demeulemeester<br />

Headpiece<br />

melissa leVy


Weste ann<br />

demeulemeester<br />

Jeans ag jeans<br />

Fransen<br />

m&j trimming


Jacke marc jacoBs<br />

Weste & Jeans rag &<br />

Bone Schlüsselkette &<br />

Schuhe louis Vuitton<br />

Head piece melissa<br />

leVy Ring lynn Ban


Top marc<br />

jacoBs Rock<br />

7 For all<br />

mankind


pHotograpHy Craig McDean/<br />

Art + Commerce Hair Tomo<br />

Jidai / Streeters using Oribe Hair<br />

Care makeup Peter Philips /<br />

Art + Commerce manicure<br />

Gina Edwards / Kate Ryan Inc.<br />

model Freja Beha Erichsen /<br />

IMG Models casting Michelle<br />

Lee set design Piers Hanmer<br />

denim customization Loren<br />

Cronk production Kate Collings-<br />

Post for North 6 retoucHing<br />

Gloss Studio New York digital<br />

tecHnician Nicholas Ong<br />

pHotograpHy assistants<br />

Simon Roberts, Huan Nguyen, Maru<br />

Teppei styling assistants<br />

Melissa Levy, Aleksandra Koj<br />

Hair assistant Shu Yamaga<br />

makeup assistant Emiko<br />

Ayabe set design assistants<br />

Thor Foss, Joey Garvey special<br />

tHanks B2Pro and Highline Stages


FOTO: Sølve Sundsbø/<br />

Art + Commerce


Tracey<br />

Emin<br />

Die eine: künstlerin mit krawallqualitäten.<br />

Die anDere: eine<br />

schauspielerin, Die vorbilDlich<br />

Das klassische Glamourrepertoire<br />

beherrscht. wenn<br />

sich Joan collins mit tracey<br />

emin unterhält, rechnet<br />

man mit kollisionen, Divenkämpfen,<br />

unverträGlichkeit<br />

Der charaktere. Dabei sinD Die<br />

beiDen allerbeste freunDinnen<br />

Von Joan Collins<br />

Fotos Sølve Sundsbø<br />

141<br />

Tracey Emin ist jetzt<br />

50 und längst viel<br />

poetischer, als dem<br />

Boulevard auffällt


Tracey Emin<br />

142<br />

kunst ist immer persönlich, die von Tracey Emin<br />

noch persönlicher. Ihr erster großer Hit hieß<br />

My Bed, es war tatsächlich ihres, samt Unterwäsche<br />

und gebrauchten Kondomen, eine Installation,<br />

die einen ins Chaos einer verletzten Seele mitnahm. Es<br />

folgten Arbeiten, die Everyone I Have Ever Slept With<br />

1963–1995 oder Fuck You Eddy hießen, jede nicht nur<br />

interessante, sondern auch schmerzhaft wahrhaftige<br />

Kunst. Erst in den letzten Jahren ist Emin poetischer geworden<br />

– und immer noch jemand, den die Bluthunde<br />

vom Boulevard gerne jagen. Das exakte Gegenteil davon:<br />

Joan Collins, eine Frau, die sowohl im Leben als auch in<br />

ihren Rollen (die bekannteste: Alexis in Der Denver-Clan)<br />

einen Glamour verkörpert, der ein wenig aus der Mode<br />

gekommen ist. Doch wie das manchmal so ist: Die beiden<br />

lernten einander vor einigen Jahren in Südfrankreich<br />

kennen und verstehen sich prächtig. Für <strong>Interview</strong> unterhalten<br />

sich die beiden am Telefon über Kunst, Hochzeiten<br />

und Monogamie, das Verschwinden von Glamour<br />

und alles mögliche andere auch.<br />

Joan Collins: Tracey, wo steckst du?<br />

TraCey emin: In Frankreich. Ich sitze gerade in meiner<br />

Küche.<br />

Collins: Ich bin in Los Angeles. Ich bin schon seit vier<br />

Stunden wach und packe, weil ich nach London fliegen<br />

will. Du hast so ein Glück, in Südfrankreich zu sein, es<br />

soll gerade fantastisch sein.<br />

„Selbst wenn ich<br />

versuche, meinen Kopfi<br />

einzuziehen, schaffe<br />

ich es in die Schlagzeilen“<br />

emin: Na ja. Bei mir ist es Herbst. Der Wind weht, der<br />

Himmel ist grau und das Meer stürmisch. Du würdest<br />

es nicht mögen.<br />

Collins: Was machen wir jetzt? Wir telefonieren, und<br />

jemand nimmt uns auf?<br />

emin: Genau.<br />

Collins: Also sollten wir uns anstrengen, interessant zu<br />

klingen. Wer fängt an? (lacht) Ich bin doch noch Jungfrau.<br />

emin: Ich habe es auch noch nie am Telefon getan.<br />

Ich habe es zwar sehr oft getan, aber noch nie am Telefon.<br />

Ich bin nicht besonders gut beim Telefonieren.<br />

Collins: Na gut, dann eben ich. Tracey, du hast in den<br />

späten Achtzigern und frühen Neunzigern zu den YBAs<br />

gehört, den Young British Artists. Empfindest du dich als<br />

Mitglied einer Generation?<br />

emin: Die meisten hatten einen anderen Hintergrund als<br />

ich. Sie haben sich für Minimalismus interessiert und<br />

dafür, was in Amerika geschah. Ich war eher an figurativer<br />

Malerei interessiert. Meine Einflüsse kommen aus dem<br />

Europa zwischen 1919 und 1945, meine Lieblingskünstler<br />

waren Egon Schiele oder Edvard Munch. Zeitgenössische<br />

Kunst war mir überhaupt nicht wichtig. Also habe ich nicht<br />

wirklich dazugehört. Abgesehen von meinem wilden<br />

Charakter.<br />

Collins: Du bist doch nicht wild …<br />

emin: Die Leute in den späten Achtzigern und frühen<br />

Neunzigern waren versessen darauf, ihr Ding<br />

durchzuziehen. Sie haben keine Neins akzeptiert. Es gab<br />

eine Menge Entschlossenheit. Das alles trifft definitiv<br />

auch auf mich zu.<br />

Collins: Du warst noch sehr <strong>ju</strong>ng, als du entdeckt wurdest,<br />

in deinen Zwanzigern.<br />

emin: Irrtum. In Wahrheit bin ich eine Spätentwicklerin.<br />

Meine erste Ausstellung hatte ich erst mit 30, ziemlich<br />

spät, die meisten meiner Zeitgenossen haben das schon mit<br />

22 oder 23 geschafft. Viele Leute begreifen nicht, dass<br />

ich schon 50 bin. Sie halten mich für deutlich jünger.<br />

Collins: Ich würde nicht mit ihnen streiten, Darling.<br />

Du bist 35.<br />

emin: (lacht) Kannst du dich noch erinnern, wie ich<br />

letzten Sommer bei dir war? Da lag so ein Magazin herum,<br />

mit einer Geschichte, wie man über 50 sein und dennoch<br />

gute Partys haben kann.<br />

Collins: Stimmt.<br />

emin: Da stand auch etwas über meine Party. Du hast so<br />

getan, als wärst du ein bisschen sauer. Weil du doch so<br />

stolz darauf warst, dass ich deine neue <strong>ju</strong>nge Freundin war.<br />

Und dann erfährst du aus der Zeitung, dass ich schon<br />

über 50 bin. Ein Oldie.<br />

Collins: Ich habe eine Frage. Ich bin seit immer und<br />

ewig fasziniert von deinem ungemachten Bett (My Bed,<br />

1998). Das erste Mal habe ich es gesehen, als ich bei<br />

Nigella (Lawson) und Charles (Saatchi) zum Dinner war.<br />

Ich musste aufs Klo, und Charles hat mir den Weg<br />

gezeigt, und dann kamen wir an einer Kammer vorbei,<br />

und Charles sagte: „Guck doch mal, Nigellas Zimmer …<br />

Ist sie nicht eine Schlampe?“ Ich sagte zum Spaß: „Oh ja,<br />

wie krass!“ Und dann: „Nein, Charles, darauf falle ich<br />

nicht herein, das ist Tracey Emins ungemachtes Bett.“<br />

Ich war total fasziniert davon, dass dieses Bett wie<br />

eines aussah, das auch ich als Teenager hätte haben können.<br />

Wie hast du das gemacht? Hast du das inszeniert,<br />

zum Beispiel noch extra Höschen verstreut?<br />

emin: Nein, überhaupt nicht. Das Bett war so. Wenn<br />

überhaupt, habe ich Zeug weggenommen.<br />

Collins: Wirklich? Was denn zum Beispiel?<br />

emin: Das Bett stammt aus einer Phase meines Lebens, in<br />

der ich mich nicht sonderlich wohlgefühlt habe. Ich<br />

glaube, dass es vielen so geht als Teenager, wie du gerade<br />

gesagt hast. Eine Menge davon war Teenager-Angst,<br />

nur dass ich schon 34 war. Ich war einfach an einem Punkt<br />

in meinem Leben, an dem es nicht mehr so weitergehen<br />

konnte. Das Bett habe ich gemacht, nachdem ich eine Erleuchtung<br />

hatte. Ich bin mitten in der Nacht aufgewacht<br />

und habe festgestellt, dass sich mein Leben verändern<br />

musste.<br />

Collins: Es war fantastisch. Es lebt in der Erinnerung<br />

vieler als eines der großen Kunstwerke der 90er-Jahre<br />

weiter. Wie Andy Warhols Tomatensuppen-Dose in<br />

den 60er-Jahren.<br />

emin: So ungefähr.<br />

Collins: Und es hat dich bekannt gemacht. Dich und<br />

dein Privatleben, von dem die Zeitungen ja auch völlig<br />

fasziniert sind.<br />

emin: Von deinem Leben aber auch.<br />

Collins: Das streite ich nicht ab. Vermutlich ist das<br />

der Grund dafür, warum sie so fasziniert davon sind, dass<br />

wir beide beste Freundinnen sind.<br />

emin: Ich glaube, es gibt Leute, die die Aufmerksamkeit auf<br />

sich ziehen. Es kommt nicht darauf an, was sie tun, man


interessiert sich einfach für sie. Und ich glaube, dass ich<br />

einer von diesen Menschen bin. Selbst wenn ich versuche,<br />

aus den Zeitungen herauszubleiben und stillzuhalten, zum<br />

Beispiel wenn ich für drei Monate in Frankreich bin und<br />

meinen Kopf einziehe, schaffe ich es in die Schlagzeilen.<br />

Collins: Darf ich erzählen, was du für mich gemalt hast?<br />

emin: Ja, ja, mach ruhig.<br />

Collins: Du warst bei uns zum Dinner, und irgendwann<br />

sagte ich, dass ich mich nicht entscheiden kann, was das<br />

richtige Cover für mein Buch Passion for Life ist. Ich hatte<br />

diese drei Wörter selbst gemalt, und du sagtest: Komm<br />

schon, zeig her. Also habe ich dir meine Entwürfe gezeigt,<br />

und du sagtest: Das kann ich aber besser. Ich sagte:<br />

Dachte ich mir schon, natürlich kannst du es besser, und<br />

dann haben wir eine Staffelei für dich geholt.<br />

Collins: Da bin ich ganz bei dir. Ich unterstütze Kinder<br />

mit unheilbaren Krankheiten. Ich arbeite mit den<br />

Shooting-Star-Chase-Hospizen, weil zwar jede erdenkliche<br />

Mühe darauf verwandt wird, Frühgeborene überleben<br />

zu lassen, aber wenn sie es dann geschafft haben, werden<br />

sie mit ihren Eltern nach Hause geschickt, und die<br />

Kinder haben alle möglichen Probleme, aber sie bekommen<br />

überhaupt keine Hilfe vom Staat. Also bleibt es an den<br />

Familien hängen, damit klarzukommen, und die meisten<br />

haben nicht genügend Mittel. Deswegen versuchen wir zu<br />

tun, was wir können, um diese Familien und diese Kinder<br />

zu unterstützen, von denen viele unheilbar krank sind.<br />

emin: Hast du manchmal das Gefühl, dass Menschen von<br />

dir mehr erwarten, als du geben kannst?<br />

Collins: Wahrscheinlich lasse ich mir zu viel aufpacken. Ich<br />

FOTO: Tracey Emin, Kiss me Kiss me Cover my Body in Love, © Tracey Emin. All rights reserved/VG Bild-Kunst, Bonn 2013<br />

emin: Ich habe nicht gesagt, dass ich es besser kann als du!<br />

Collins: In Wahrheit hast du gesagt: Kann ich mal? Oder:<br />

Soll ich mal versuchen? Du hast ungefähr sechs Entwürfe<br />

gemacht. Wir hatten sieben oder acht Gäste bei diesem<br />

Dinner, und nachdem wir beide uns für einen Entwurf<br />

entschieden hatten, schnappten sie wie verrückt nach<br />

den anderen und bestanden darauf, dass du sie signierst.<br />

Ganz offensichtlich hat alles, was du tust oder malst oder<br />

schreibst, künstlerischen Wert. Das muss sehr schmeichelhaft<br />

für dich sein.<br />

emin: Nun ja, es war vielleicht einfach eine Erinnerung an<br />

diesen wunderschönen Abend, den wir bei dir hatten.<br />

Collins: Ich weiß, wie unglaublich großzügig du bei<br />

deinen Wohltätigkeitsaktivitäten bist. Du gibst viel<br />

von deiner Zeit. Gibt es eine bestimmte Organisation, zu<br />

der du dich besonders hingezogen fühlst?<br />

emin: Ja, und du kennst sie: der Terrence Higgins Trust,<br />

eine Stiftung, die sich seit den 80er-Jahren um schwule<br />

Männer mit HIV kümmert. Ich arbeite mit diesen Leuten<br />

nun schon seit 15 Jahren und finde sie toll. Als wir uns<br />

noch nicht so gut kannten, habe ich dich manchmal bei<br />

ihren Galas gesehen. Ich glaube einfach nicht, dass es genug<br />

Forschung und genug Hilfe für Menschen mit HIV gibt.<br />

bin ja auch so ein Familientier mit drei Kindern und drei<br />

Enkeln. Und ständig bin ich am Telefon und spreche über<br />

die verschiedensten Projekte. Aber, Tracey, ganz ehrlich, ich<br />

mag das. Wenn jemand mich fragen würde, warum ich<br />

mich nicht einfach zur Ruhe setze, würde ich denken: Ruhe?<br />

Was ist das denn? Ich glaube, ich würde eingehen.<br />

emin: Als ich im Sommer eine Nacht bei dir bleiben sollte,<br />

endete es damit, dass ich drei Nächte blieb.<br />

Collins: Ich weiß! Wir hatten so viel Spaß miteinander!<br />

emin: Am dritten Abend hast du gesagt: Wir gehen jetzt<br />

zu dieser fabelhaften Party, da wird getanzt und alles. Und<br />

ich protestierte, wir sind doch schon zwei Abende<br />

hintereinander ausgegangen, muss das wirklich sein? Wie<br />

schaffst du das? Ich hätte einfach die Energie nicht.<br />

Collins: Meine Mutter hat mich immer „Fräulein<br />

Perpetuum mobile“ genannt, weil ich nicht stillhalten<br />

konnte. Es kommt auch vor, dass Percy und ich für<br />

eine Woche oder zehn Tage nicht aus dem Haus gehen<br />

und unsere Zeit mit den Kindern und Enkeln verbringen.<br />

Aber es stimmt schon: Ich mag das Leben. Du<br />

musst das Leben essen, oder es isst dich.<br />

emin: Wenn ich mit dir einen Raum betrete, bin<br />

ich immer fasziniert davon, wie viel Aufmerksamkeit dir<br />

Tracey<br />

Emins<br />

Statement-<br />

Strandtuch<br />

143


Die Bett-<br />

Geschichte, die<br />

Tracey Emin<br />

berühmt machte:<br />

Die Installation<br />

„My Bed“<br />

entstand 1998 und<br />

galt schon kurz<br />

danach als ikonisches<br />

Kunstwerk


146<br />

zufliegt. Ganz einfach, weil du diesen Glamour hast, den<br />

nicht mehr viele Menschen haben. Aber ich weiß<br />

natürlich, dass du auch gerne zu Hause bist. Du ziehst<br />

deine Gummihandschuhe an und gärtnerst. Das Verblüffende<br />

dabei ist, dass du auch in diesen Augenblicken<br />

Glamour ausstrahlst.<br />

Collins: Du hast mich doch schon nach dem Aufstehen<br />

gesehen, ohne Make-up. Ich glaube nicht, dass ich<br />

dann glamourös aussehe.<br />

emin: Doch, tust du! Es ist deine Persönlichkeit. Was<br />

glaubst du, was das ist?<br />

„Ich war in den letzten<br />

20 Jahren mehr alleine als<br />

in Beziehungen“<br />

Collins: Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Vielleicht liegt<br />

es daran, dass ich ziemlich viel Selbstbewusstsein habe. Das<br />

hatte ich allerdings nicht immer. Mein Vater hat ganz<br />

bestimmt nicht dazu beigetragen. Als ich 17 oder 18 war,<br />

wurde ich vom Verband der Pressefotografen zum<br />

schönsten Mädchen Englands gewählt, und irgendjemand<br />

rief Daddy an und bat ihn um einen Kommentar. Er<br />

sagte: „Ich bin erstaunt. Sie sieht ja ganz nett aus, aber etwas<br />

Spezielles hat sie nun wirklich nicht.“ Von meinen<br />

Eltern bekam ich nie Zuspruch, so wie meine ganze Generation.<br />

Uns hat man als Kinder nie gesagt, dass wir<br />

wunderbar oder hübsch oder schlau oder lustig oder so<br />

etwas in der Art sind.<br />

emin: Ich mag es, wenn du in Unterhaltungen jemanden<br />

aus der Vergangenheit erwähnst. Ich denke dann<br />

immer: Wow, sie hat den und den gekannt. All diese<br />

Hollywood-Legenden …<br />

Collins: Allmählich beginnt mich das selbst zu<br />

faszinieren. Ich war es gewohnt, rüber in Gene Kellys<br />

Haus zum Volleyballspielen zu gehen, und da<br />

hingen immer auch Paul Newman und Marlon Brando ab.<br />

Das war normal für mich. Ich war 21 oder 22 damals<br />

und sie nur ein wenig älter, Gene auf jeden Fall. Das war<br />

einfach mein Alltag, Leute, die denselben Beruf wie<br />

ich hatten, und man dachte darüber nicht nach. Als ich zu<br />

diesen glamourösen Hollywood-Partys ging, für die<br />

sich die Frauen aufwendig angezogen hatten, und da waren<br />

Ava Gardner und Lana Turner und Rita Hayworth und<br />

Zsa Zsa Gabor, all diese unglaublich glamourösen Frauen,<br />

war das für mich <strong>ju</strong>nges Ding schon sehr umwerfend,<br />

aber irgendwann hatte ich mich einfach daran gewöhnt.<br />

Dann waren das einfach nur Menschen.<br />

emin: Glaubst du, dass sich diese Dinge sehr verändert<br />

haben?<br />

Collins: Ja. Und ich bin mir sicher, dass du das auch so<br />

siehst. Ich glaube nicht, dass sich irgendeine der<br />

Schauspielerinnen von heute, von wenigen Ausnahmen<br />

abgesehen, noch danach sehnt, glamourös zu sein.<br />

Sie denken, dass sie dann nicht mehr ernst genommen<br />

werden. Und ich habe das Gefühl, dass die meisten<br />

Regisseure und Produzenten Glamour für etwas ziemlich<br />

Künstliches halten, und sie wollen keine Künstlichkeit,<br />

sondern Realismus. Also kommt es mir so vor, dass die Stars<br />

von heute, die noch Glamour haben – Frauen wie Lady<br />

Gaga, Madonna, Beyoncé oder sogar Miley Cyrus, die sich<br />

bei ihrem Aussehen wahnsinnig viel Mühe geben –, sehr<br />

selten geworden sind. Ich glaube, dass deine äußere<br />

Erscheinung zu erkennen gibt, wie du dich fühlst. So als ob<br />

man wie Junkfood aussieht, wenn man die ganze Zeit<br />

Junkfood isst. Ergibt das irgendeinen Sinn?<br />

emin: Und wie! Doch du setzt einfach einen großen Hut<br />

und eine Sonnenbrille auf und machst dir ein wenig roten<br />

Lippenstift auf den Mund, und du siehst fabelhaft aus.<br />

Collins: Ich habe gehört, dass du gerade eine limitierte<br />

Edition mit Strandtüchern und Sandalen gemacht hast.<br />

Hängt das mit deiner Retrospektive in Miami zusammen?<br />

emin: Ja. Das Fontainebleau hat sich von mir 1 000<br />

Handtücher machen lassen, auf denen in rotem Neondruck<br />

ein Slogan von mir steht: „Kiss me Kiss me Cover<br />

my Body in Love“. Du kennst das Fontainebleau: Von<br />

den oberen Etagen hat man diesen unglaublichen,<br />

fast klischeehaften Blick auf den Pool und die Sonnenliegen,<br />

man sieht das immer wieder in Filmen. Jetzt liegen<br />

meine Handtücher auf den Sonnenliegen.<br />

Collins: Kann ich denn eines bekommen?<br />

emin: Ja (lacht). Ich mochte diese Kooperation sehr<br />

gerne, weil meine Retrospektive hier stattfindet und weil ich<br />

ja auch eine Wohnung in Miami habe.<br />

Collins: Das wusste ich gar nicht. Wo denn? In South<br />

Beach?<br />

emin: Ich habe sie ja auch noch nicht so lange. Nein, in<br />

Miami Beach, ein bisschen weiter raus.<br />

Collins: Ich liebe Miami! Wir haben vor zwei Jahren<br />

dort mit allen Kindern Weihnachten verbracht, in Golden<br />

Beach, und ich fand es toll. Ich mochte die Leute.<br />

emin: Ich auch. Sie sind anders als überall sonst, wo ich<br />

in Amerika gewesen bin. Bodenständig, freundlich,<br />

zurückhaltend und sehr humorvoll. Ich will damit nicht<br />

sagen, dass die Menschen anderswo in Amerika keinen<br />

Humor haben, aber in Miami ist er wirklich gut. Ich fühle<br />

mich wohl dort, und deswegen habe ich eine Wohnung.<br />

Collins: Können wir auch über dein Liebesleben sprechen?<br />

emin: Klar. Du kannst fragen, was immer du magst.<br />

Collins: Du bist im Unterschied zu mir nie verheiratet<br />

gewesen.<br />

emin: Richtig.<br />

Collins: Denkst du nicht, dass du irgendwann gerne<br />

heiraten würdest? Falls du den richtigen Mann findest?<br />

emin: Nein. Ganz realistisch, nein.<br />

Collins: Bei mir ist es ja auch schon der fünfte Versuch.<br />

Männer sind schwierig. Und Frauen sind auch<br />

schwierig. Man muss die richtige Persönlichkeit finden.<br />

emin: Darf ich dich etwas fragen? Bist du monogam?<br />

Collins: Total. Obwohl ich zugeben muss, dass ich<br />

während meiner Ehe mit Tony Newley (dem verstorbenen<br />

britischen Musical-Star und Komponisten), der ein richtiger<br />

Womanizer war und es nicht verheimlicht hat, am Ende<br />

auch nicht mehr monogam war – allerdings nur in den<br />

letzten paar Jahren. Du weißt schon: Alles, was dem Erpel<br />

gefällt, gefällt auch der Gans. Er tat es. Also tat ich es<br />

auch. Es war eine Art Rache. Ich glaube sehr fest an Treue.<br />

Ich bin seriell monogam. Und während der meisten<br />

meiner Ehen war ich total monogam, bis sie falsch liefen.<br />

emin: Das ist der Grund, warum du fünfmal verheiratet<br />

warst. Und ich wette, wenn du nicht verheiratet gewesen<br />

wärst, wärst du in wirklich langen Beziehungen gewesen.<br />

Collins: Stimmt. Ich war mit Sydney Chaplin ein Jahr zusammen.<br />

Mit Arthur Loew Jr. neun oder zehn Monate.


FOTO: (vorherige Doppelseite) Tracey Emin, My Bed, Courtesy The Saatchi Gallery, London / Prudence Cuming<br />

Associates Ltd. © Tracey Emin. All rights reserved. DACS 2013/VG Bild-Kunst, Bonn 2013<br />

Ich war mit Warren Beatty anderthalb Jahre zusammen.<br />

Dann habe ich Tony geheiratet. Ich wollte wirklich, dass<br />

diese Ehe funktioniert. Ich hatte zwei Kinder, mit weniger<br />

als zwei Jahren Abstand zwischen den beiden. Ich war<br />

29, als ich heiratete, und 35, als die Ehe schlecht zu werden<br />

begann, und ich war verzweifelt deswegen. Ich konnte<br />

nicht glauben, dass das scheitern sollte, weil es ja schon das<br />

zweite Mal war. Ich hatte schon einmal geheiratet, mit<br />

18. Aber eigentlich nur deswegen, weil ich noch Jungfrau<br />

war, als ich mich mit ihm verabredete, und er mich beim<br />

Date vergewaltigte. Also wollte ich, dass es beim zweiten Mal<br />

funktionierte. Du weißt, es ist mir nie leichtgefallen,<br />

mich scheiden zu lassen. Es war sehr, sehr, sehr, sehr hart.<br />

Jede Scheidung. Jede einzelne von ihnen.<br />

emin: Aber der Grund, dass du fünfmal geheiratet hast,<br />

ist, dass du wirklich ans Heiraten glaubst. Ich habe<br />

nie geheiratet, weil mich erstens, glaube ich, nie jemand<br />

ernsthaft gefragt hat, den ich hätte heiraten wollen.<br />

Und zweitens bin ich jetzt schon fast vier Jahre alleine und<br />

habe in den letzten 20 Jahren mehr Zeit alleine verbracht<br />

als in Beziehungen. Und ich bin auch monogam.<br />

Collins: Bist du?<br />

emin: Ja, ich bin total monogam, wenn ich in einer Beziehung<br />

bin. Und wenn ich nicht in einer Beziehung bin,<br />

schlafe ich nicht herum. Wenn ich also nicht mit jemandem<br />

zusammen bin, bin ich wirklich alleine.<br />

Collins: Du hast doch den Ruf, ein ganz wildes Mädchen<br />

zu sein.<br />

emin: Das liegt daran, dass ich zwischen meinem 13.<br />

und 15. Lebensjahr mit mehr Leuten geschlafen habe als in<br />

all den Jahren danach.<br />

Collins: Jesus, mit 13!<br />

emin: Ja. Ich war wild. Ich habe meine Erfahrungen mit<br />

Sex gemacht, und zwar sehr früh. Sobald ich wusste, dass es<br />

Sex gibt, bin ich losgezogen und habe es ausprobiert.<br />

Und ich fand es fantastisch. Ich fand, dass Sex Spaß macht<br />

und eine gute Methode ist, ein wenig herumzukommen.<br />

Ich habe alles daran als positiv empfunden. Jetzt tue ich das<br />

nicht mehr. Jetzt ist für mich alles positiv, was mit<br />

Liebe zu tun hat. Um deine Frage zu beantworten: Wenn<br />

ich wirklich jemanden lieben würde, der mich wirklich<br />

lieben würde, dann würde ich ihn heiraten. Aber das wäre<br />

der einzige Grund.<br />

Collins: Ich glaube, ich habe genauso gefühlt, ehe ich Percy<br />

kennengelernt habe. Ich hatte nicht die Absicht, jemals<br />

wieder zu heiraten. Niemanden. Aber falls du doch noch<br />

heiraten solltest, darf ich ein Blumenmädchen sein?<br />

Deine Ehren<strong>ju</strong>ngfer? Ich meine, falls du jemanden findest,<br />

der absolut richtig für dich ist? Stimmt schon, meine<br />

erste Ehe war ein Witz. Wie konnte ich bloß so früh heiraten?<br />

Ich wusste doch nichts über die Welt und die<br />

Männer. Ich hatte noch nie einen nackten Mann gesehen!<br />

emin: Du warst eben ein braves Mädchen und wolltest<br />

das Richtige tun. Heute wäre es nicht mehr möglich, dass<br />

man jemanden heiratet, bloß weil man seine Jungfräulichkeit<br />

an ihn verloren hat.<br />

Collins: Ist das nicht lächerlich?<br />

emin: Total lächerlich. Du weißt, dass du froh sein kannst,<br />

dass dich das nicht beschädigt hat. Und dass du nicht<br />

immer noch in dieser Ehe gefangen bist.<br />

Collins: Doch, ich glaube, dass es mich beschädigt hat.<br />

Ich glaube, es hat mich sehr beschädigt. Ich hatte danach<br />

immer ein unbestimmtes Misstrauen Männern gegenüber.<br />

emin: Viele der Männer, von denen du dich angezogen<br />

gefühlt hast, waren nicht gerade die häuslichen Typen. Um<br />

es höflich auszudrücken. Anthony Newley zum Beispiel.<br />

Collins: Oh, er war ein Einsiedler. Er hat das Ausgehen gehasst.<br />

Ich kann mich daran erinnern, dass ich einmal<br />

zu ihm sagte: Wir haben eine tolle Dinnerparty heute<br />

Abend, Peter Sellers wird da sein und Mia Farrow.<br />

Und er sagte: Nein, ich schaffe das nicht, ich muss arbeiten.<br />

Ich sagte: Wieso denn? Du hast doch den ganzen<br />

Tag gearbeitet!<br />

emin: Wann hatte er denn dann Zeit für Affären?<br />

Collins: Ach, er hat damit immer in seinen Shows<br />

begonnen. Du weißt schon, in den Pausen.<br />

emin: Nett …<br />

Collins: Ich glaube nicht, dass das das komplette Programm<br />

war, Dinner und Blumen und so weiter.<br />

Ich glaube, es waren eher so Rein-raus-Danke-schön-<br />

Geschichten. Als ich zum zweiten Mal schwanger<br />

war, tauchte ich eines Nachmittags zwischen zwei Vorstellungen<br />

in seiner Garderobe auf, und da saß diese<br />

hübsche, <strong>ju</strong>nge Blondine auf seinem Schoß. Aber weißt<br />

du was? Ich habe keinen Groll. Die Menschen<br />

müssen tun, was sie tun müssen.<br />

emin: Ich habe mit dir einmal darüber gesprochen, wie<br />

gut du immer aussiehst, außer wenn du unglücklich bist,<br />

und du sagtest: Ich bin nie unglücklich! (beide lachen)<br />

Collins: Ich bin meistens glücklich. Ich bin mit dem<br />

Glücksgen geboren. Hör mal, Süße, ich muss mich<br />

jetzt wirklich sputen. Ich könnte mich den ganzen Tag mit<br />

dir unterhalten. Treffen wir uns zum Lunch?<br />

„Früher habe ich alles am<br />

Sex als positiv empfunden.<br />

Jetzt ist alles positiv, was<br />

mit Liebe zu tun hat“<br />

emin: Sag mir noch, was du heute schon getan hast, es ist<br />

ja immer noch früh bei dir.<br />

Collins: Es ist jetzt halb zehn, und ich bin schon seit sieben<br />

auf. Ich hatte eine lange Unterhaltung mit einem<br />

Geschäftspartner, und dann habe ich mit dir gesprochen,<br />

und jetzt gebe ich gleich ein <strong>Interview</strong>, weil doch<br />

mein Buch übernächste Woche herauskommt. Genau gesagt,<br />

habe ich in zehn Minuten ein <strong>Interview</strong>. Und<br />

bin noch nicht einmal angezogen.<br />

emin: Lass uns doch essen gehen, wenn du wieder in<br />

London bist. Aber nicht mit anderen zusammen.<br />

Collins: Definitiv nur wir beide.<br />

Die Ausstellung „Tracey Emin: Angel without You“<br />

im Museum of Contemporary Art North Miami<br />

läuft noch bis zum 9. März 2014<br />

Tracey Emin<br />

147


Seit 125 Jahren zeigt der National Geographic<br />

die welt, wie man Sie SelbSt nur<br />

Selten zu Sehen bekommt. nun feiern<br />

drei Prachtbände die legendäre<br />

zeitSchrift, und der deSigner damir<br />

doma erklärt unS den zuSammenhang<br />

von fernweh und inSPiration<br />

Von Raha Emami


Wunder<br />

Welt<br />

National Geographic<br />

149<br />

FOTO: William Belknap, Jr., New Mexico, 1956<br />

1956: Im White-Sands-<br />

Nationalpark in New<br />

Mexico brechen Läuferinnen<br />

ein Rennen<br />

ab, weil der gipshaltige<br />

Wind zu heftig weht.<br />

Das Foto stammt von<br />

William Belknap, Jr.


1967: Eine Frau in einer<br />

seidenen Burka hat in<br />

Kabul eingekauft – zwei<br />

Goldkehlchen, die bei<br />

ihr zu Hause singen<br />

sollen. Foto von Thomas<br />

Abercrombie<br />

150<br />

FOTOS: (linke Seite) Thomas Abercrombie, Afghanistan, 1967; (rechte Seite) Gustav Heurlin, Latvia, 1930s


30er-Jahre: Vier <strong>ju</strong>nge<br />

Lettinnen genießen<br />

einen Tag am Meer. Das<br />

Land ist erst seit 1918<br />

unabhängig und wird im<br />

Zweiten Weltkrieg wieder<br />

besetzt. Das Foto<br />

stammt von Gustav<br />

Heurlin<br />

151


20er-Jahre: In<br />

Lagartera, einem Dorf<br />

in der Nähe Toledos,<br />

führt ein Mädchen stolz<br />

seine Tracht vor.<br />

Foto: Jules Gervais-<br />

Courtellemont<br />

1975: Die 25 Zentimeter<br />

große Puppe stellt einen<br />

Löwentänzer dar, eine<br />

traditionelle Figur im<br />

Kabuki-Theater.<br />

Foto: George F. Mobley<br />

FOTOS: (linke Seite) George F. Mobley, Japan, 1975; Jules Gervais-Courtellemont, Spain, 1920s;<br />

(rechte Seite) Otis Imboden, Greece, 1963


1963: Eine Mitarbeiterin<br />

der YWCA ermahnt vor<br />

dem Parthenon <strong>ju</strong>nge<br />

Griechinnen, die nach<br />

Australien auswandern<br />

wollen, ihre Wurzeln<br />

nicht zu vergessen.<br />

Foto: Otis Imboden


154<br />

1965: In Indonesien<br />

haben sich zwei Schulmädchen<br />

aus einem<br />

Bananenblatt einen<br />

Regenschirm gebastelt.<br />

Das Foto stammt von<br />

Gilbert M. Grosvenor<br />

FOTOS: (linke Seite) Gilbert M. Grosvenor, Indonesia, 1965; (rechte Seite) B. Anthony Stewart, California, 1941; Kiyoshi Sakamoto, Japan, 1920s


1941: Eine <strong>ju</strong>nge<br />

Frau schläft in einer<br />

Wiese mit blühendem<br />

Goldmohn, der<br />

Staatsblume<br />

Kaliforniens. Foto:<br />

B. Anthony Stewart<br />

20er-Jahre: Japanische<br />

Schülerinnen warten,<br />

bis sie beim Schwimmunterricht<br />

dran sind.<br />

Das Foto stammt von<br />

Kiyoshi Sakamoto


156<br />

20er-Jahre: Susan<br />

MacNelis aus der<br />

Kleinstadt Ardara im<br />

irischen Donegal führt<br />

einen ihrer selbst gemachten<br />

Sweater vor.<br />

Foto: Clifton R. Adams


FOTOS: (linke Seite) Clifton R. Adams, Ireland, 1920s; Portät: Jurij Treskow<br />

ganz sicher ist die Welt immer noch voller<br />

Wunder und Schönheiten. Aber ebenso sicher<br />

ist, dass viele von ihnen schon wieder ausgestorben<br />

sind, weil sie dem Fortschritt und der Globalisierung<br />

nicht standhalten konnten. Auch deswegen sind erstaunlich<br />

viele Mode-Menschen National Geographic-Fans: Für<br />

sie ist die Zeitschrift eine Inspirationsquelle, die sie nicht<br />

zu elektrisieren aufhört. Stoffe! Muster! Ornamente! Einen<br />

dieser Armstuhl-Reisenden haben wir nach seiner<br />

National Geographic-Faszina tion befragt – den in Bayern<br />

aufgewachsenen und in Paris hocherfolgreichen<br />

Designer Damir Doma.<br />

IntervIew: Wo sind Sie jetzt gerade?<br />

damIr doma: Bei meiner Mutter in den Bergen in<br />

Traunstein. Also da, wo ich herkomme. Ich mache hier zwei<br />

Wochen Urlaub, bevor das Hamsterrad in Paris wieder<br />

losgeht.<br />

IntervIew: Das klingt doch fantastisch. Gut, dass wir uns<br />

Bilder von Orten anschauen, die auch wenig mit Hamsterrad<br />

zu tun haben.<br />

„Manche Farben funktionieren<br />

nur an bestimmten Orten. Weiß<br />

und Creme zum Beispiel haben<br />

in einer Stadt keinen Sinn“<br />

Längst ist der „National Geographic“ zu einer Institution<br />

geworden, einem Speicher für die Schönheiten der<br />

Welt, von denen viele schon wieder verschwunden sind.<br />

Nun wird die Geschichte dieses einzigartigen Magazins<br />

angemessen in drei Prachtbänden dokumentiert: „National<br />

Geographic. In 125 Jahren um die Welt“, Taschen-<br />

Verlag, 1 468 Seiten, 399 Euro, erscheint im März 2014<br />

doma: Die Bilder sind großartig, da bekomme ich sofort<br />

Fernweh. Ich sehe das alles ja sofort mit dem Auge des<br />

Modedesigners. Als ich noch zwei Kollektionen im Jahr gemacht<br />

habe und nicht zehn, hatte ich zwischendurch<br />

noch viel Zeit zu reisen und Input zu suchen. Bei zehn Kollektionen<br />

im Jahr wird plötzlich alles relevant, was<br />

einen umgibt und einem begegnet. Schließlich muss viel<br />

Input rein, damit auch genug wieder herauskommt (lacht).<br />

Die beiden Mädchen im Regen mag ich besonders gerne.<br />

IntervIew: Warum gerade dieses Bild?<br />

doma: An dem Foto finde ich alles super, nicht nur die<br />

Prints. Ich mag, wie die Mädchen gehen, ich mag, dass<br />

es regnet, ich mag, wie sie sich bedecken. Ich finde die<br />

Taschen super und die Haltung der beiden.<br />

IntervIew: Wie vermeiden Sie, dass der Input, den Sie<br />

sich von Reisen, Fotos oder anderen Orten holen, nicht<br />

willkürlich wird?<br />

doma: Ich versuche, nicht total banal zu werden. Wenn<br />

man sich meine Kollektionen anschaut, sieht man ja auch<br />

keine direkten Referenzen. Ich könnte zum Beispiel den<br />

Strickpullover nehmen, den diese Irin auf dem letzten Foto<br />

in den Händen hat, und ihn solange durch mein Sieb<br />

laufen lassen, bis er zu mir passt. Es würde dabei nur nicht<br />

viel von dem Strickpullover und seinem Muster übrig<br />

bleiben (lacht).<br />

IntervIew: Gibt es auch Dinge, von denen Sie sich<br />

vorstellen könnten, sie direkt zu übernehmen?<br />

doma: Klar. Aber auch dabei gibt es bestimmte Sachen, die<br />

gehen, und Sachen, die gar nicht<br />

gehen. Auf dem allerersten Foto<br />

zum Beispiel, diese Frauen in der<br />

Wüste, gibt es zwei Prints, bei<br />

dem der eine für mich infrage<br />

kommt, während der andere<br />

Damir Doma: in<br />

Traunstein<br />

aufgewachsen,<br />

unter anderem in<br />

Antwerpen bei Raf<br />

Simons gelernt, in<br />

Paris erfolgreich<br />

definitiv gar nicht geht. Die roten Punkte sind sehr interessant,<br />

weil sie handgemacht sind und deshalb nicht<br />

präzise, sondern eher human aussehen. Die Streifen aber<br />

würden für mich auf keinen Fall funktionieren. Wegen<br />

des Gelbs und des Bordeauxrots.<br />

IntervIew: Was stimmt daran nicht?<br />

doma: Es sind einfach zu viele Farben! Für mich<br />

funktioniert eher das Schlichte.<br />

IntervIew: Besitzen Sie ein Kleidungsstück, das Sie nur<br />

an einem bestimmten Ort tragen würden und an anderen<br />

überhaupt nicht?<br />

doma: Mir fällt in Paris immer wieder auf, dass ich mich<br />

dort viel strukturierter und formaler kleide als zum Beispiel<br />

jetzt in Traunstein. Bestimmte Farben funktionieren<br />

für mich in einer Stadt nicht. Weiß und Creme sind zwar<br />

wunderschöne Farben, haben aber in der Stadt überhaupt<br />

keinen Sinn: Man springt in ihnen förmlich aus dem<br />

Bild. Außerhalb der Stadt funktionieren Weiß und 157<br />

Creme sofort.<br />

IntervIew: Gibt es einen Ort, an den Sie immer wieder<br />

reisen?<br />

doma: Es gibt Orte, wo ich immer wieder bin, weil ich geschäftlich<br />

hinreisen muss. Aber wenn es darum geht,<br />

etwas zu sehen, versuche ich immer, etwas Neues zu sehen.<br />

Ich finde es oft enttäuschend, an Orte zurückzukommen,<br />

an denen man schon einmal gewesen ist. Beim zweiten Mal<br />

ist es einfach selten so schön wie beim ersten Mal. Nach<br />

Kroatien allerdings habe ich eigentlich immer Fernweh.<br />

Meine Eltern stammen beide von dort, und weil ich als<br />

Kind ausschließlich im Sommer da war, scheint für mich<br />

in Kroatien immer die Sonne (lacht).<br />

IntervIew: Gab es schon einmal die Situation, dass Sie nur<br />

wegen eines Bildes an einen bestimmten Ort reisen wollten?<br />

doma: Ja, absolut! Das gibt es mit verschiedenen Orten.<br />

Aber irgendwie tue ich es dann doch nicht. Ich habe die<br />

Angst, enttäuscht zu werden. Ich will zum Beispiel schon<br />

lange nach Schottland und Island, und obwohl man ja nur<br />

einen Flug braucht, mache ich es doch nicht. Vielleicht<br />

würde die Realität mich enttäuschen. Manchmal ist ein Foto<br />

eben doch schöner als das Original.<br />

IntervIew: Das modischste Land in Ihren Augen?<br />

doma: Japan.<br />

National Geographic


B E A U T Y<br />

Was, Bitte schön, hat man von all den tollen<br />

instagram- und PhotoshoP-Filtern, wenn<br />

man mit ihnen im WirKlichen leBen immer<br />

noch aussieht, als könnte man einen Filter gut<br />

vertragen? maKe-uP ist eindeutig die Bessere<br />

methode, um eFFeKte Wie im Film zu erzielen<br />

Drama!<br />

Fotos Stefan Milev<br />

Make-up Andréas B.<br />

Beauty Make-up<br />

159<br />

Make-up YVES SAINT<br />

LAURENT BEAUTÉ<br />

Kleid COS


Make-up BOBBI<br />

BROwN Fascinator<br />

fIONA BENNETT<br />

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TEBOUL Mantel<br />

dRIES VAN NOTEN


Make-up gIORgIO ARmANI<br />

Kleid mARC jACOBS üBER<br />

mATChES fAShION.COm


Make-up MAc<br />

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sportMAx


styling Klaus Stockhausen haare Gregor<br />

Makris / Bigoudi mit Produkten von Bumble and<br />

bumble. make-up Andréas B. / basics-berlin.de<br />

maniküre Theo Schnürer/blossommanagement.<br />

de mit Produkten von Chanel model Julia<br />

Banas / IZAIO management Fotoassistenz<br />

Oliver Blohm stylingassistenz Réka<br />

Maria Probst dank an Die Fläche Berlin<br />

Make-up yves saint<br />

laurent beautÉ<br />

Kleid sportmax


Schönheit für alle<br />

gesichtswasser für surfer-boys,<br />

düfte für blumenmädchen und ein<br />

indiskreter blick in den badezimmerschrank<br />

einer modedesignerin:<br />

beauty-geheimnisse vom feinsten<br />

Wasser-<br />

Männer<br />

Von australischen Surfern<br />

entwickelt: die unkomplizierte<br />

Männerpflege<br />

Gentleman’s<br />

Brand Co.<br />

rstklassig: ein<br />

ravel- kit mit<br />

em Besten für<br />

aut und Haar<br />

FOTO:<br />

Kirchknopf + Grambow<br />

Vor jedem Flug wieder die gleiche Frage: Welche Pflege muss unbedingt mit?<br />

Reinigungsgel, Gesichtscreme und Deo sowieso. Und sonst? Unser Rat: mindestens<br />

eines dieser neun Produkte. Von unten im Uhrzeigersinn: Haarbürste<br />

aus Buchenholz von Marlies Möller, ca. 36 €; Tasche von Klear Klutch, ca. 47,90 €;<br />

Rodin „Olio Lusso“ Gesichtsöl, 30 ml ca. 109,70 €; Aesop „Parsley Seed<br />

Anti-Oxidant Eye Serum“, 15 ml ca. 67 €; „Fabric Fresh“ von The Laundress,<br />

60 ml ca. 5,80 €; Hair Mist von Chanel, 40 ml ca. 45 €; „Face Touch Up Stick“<br />

von Bobbi Brown, ca. 26,50 €; Reiseglätteisen von Remington, ca. 24,99 €;<br />

Aesop „Resurrection Rinse-Free Hand Wash“, 50 ml ca. 9 €.<br />

neue<br />

welle<br />

Der Wet-Look ist wieder<br />

aufgetaucht. Auf den<br />

internationalen Runways<br />

und in Modestrecken<br />

war der Grunge-<br />

Trend aus den<br />

90er-Jahren auffallend<br />

oft zu sehen. Immer<br />

noch die coolste Art, die<br />

Haare zu tragen – und<br />

die richtige Dosis Wachs<br />

ist immer noch eine<br />

echte Herausforderung.<br />

FOTOS: Michael Thompson für <strong>Interview</strong> Magazine, Dezember 2001/Januar 2002; PR


flower-power<br />

Bester Beweis, dass<br />

Blumendüfte nicht zwanghaft<br />

lieblich sein müssen: fünf<br />

blütenreine Parfüms mit<br />

kräftiger Note<br />

exTATIc: Iris, Jasmin,<br />

Rose und Osmanthusblüten<br />

bekommen einen<br />

maskulinen Touch durch<br />

Sandelholz und Schokolade.<br />

Von Balmain, 90 ml<br />

EdP ca. 90 €<br />

nIRvAnA bLAck: Die<br />

Olsen-Zwillinge setzen<br />

warme Akzente. Veilchen<br />

und Pfingstrose treffen<br />

auf Sandelholz und Vanille.<br />

Von Elizabeth and James,<br />

50 ml EdP ca. 55 €<br />

eveRGReen: 100 Prozent<br />

Zartbitter. Rose,<br />

Jasmin, Maiglöckchen<br />

und Birne mit Grapefruit,<br />

Sandelholz und weißem<br />

Pfeffer. Von Jil Sander,<br />

50 ml EdT ca. 60 €<br />

FOTOS: Valentino (2); PR (5); Davide Gallizio/Imaxtree.com<br />

Beauty Talk<br />

mit Louis Garrel<br />

Erster eigener Film, wichtige Rolle in<br />

„Saint Laurent“, ein Werbespot für den<br />

neuen Herrenduft von Valentino: genug<br />

Anlässe, um den Schauspieler zu treffen<br />

Valentino<br />

Uomo, 50 ml<br />

EdP ca. 59 €<br />

Vorbildlich<br />

melancholisch:<br />

Louis Garrel<br />

InTeRvIeW: Wie viel Louis Garrel steckt im<br />

Werbespot für Valentino?<br />

LouIs GARReL: Wie soll ich sagen? Nichts … und<br />

alles (lacht). Es war wie bei jedem Film, es hängt<br />

alles von der Beziehung zum Regisseur ab.<br />

InTeRvIeW: Haben Sie Johan Renck, der Musikvideos<br />

für Madonna oder New Order gemacht<br />

hat, schon vorher gekannt?<br />

GARReL: Nein. Wir trafen uns in Paris und<br />

besprachen das Projekt und lachten viel. Ich habe<br />

gleich gemerkt, dass er gut mit Schauspielern<br />

umgehen kann. Bei Drehs vertraue ich dem<br />

Regisseur komplett, und Johan wusste, was er tat.<br />

InTeRvIeW: Warum wollte Valentino gerade<br />

mit Ihnen Werbung machen?<br />

GARReL: Maria Grazia Chiuri und Pier Paolo<br />

Piccioli, die beiden Valentino-Designer, lassen<br />

sich für ihre Kollektionen häufig von Filmen<br />

inspirieren. Also tauchte ich auf dem Moodboard<br />

für die letzte Männerkollektion auf.<br />

InTeRvIeW: Was wissen Sie über die Mode von<br />

Valentino?<br />

GARReL: Dass alle Frauen diese Kleider lieben!<br />

InTeRvIeW: Welchen modischen Fehler sollte eine<br />

Frau nicht begehen?<br />

GARReL: Zu hohe Schuhe – und dann nicht<br />

richtig laufen können. Das endet meistens<br />

barfuß …<br />

InTeRvIeW: Was bedeuten Düfte für Sie?<br />

Was war der erste Duft, an den Sie sich erinnern?<br />

GARReL: Milch! Ich glaube, Düfte sind<br />

Erinnerung. Als ich 14 war, bin ich von einem<br />

Mädchen verlassen worden. Und ich bin in<br />

eine Parfümerie und habe mir ihren Duft gekauft,<br />

nur um sie weiter bei mir haben zu können.<br />

InTeRvIeW: Was hält Sie auf dem Boden der<br />

Realität?<br />

GARReL: Meine Rechnungen! (lacht)<br />

InTeRvIeW: Neulich habe ich auf Ebay ein<br />

Autogramm von Ihnen gefunden.<br />

GARReL: Dafür würden Menschen Geld<br />

ausgeben? Was hat es denn gekostet? 4,99 Euro?<br />

InTeRvIeW: Nein. 90 Dollar.<br />

GARReL: Das wird nichts! Aber warten Sie …<br />

vielleicht sollte ich einfach ins Autogramm-<br />

Business einsteigen …<br />

Runwaylook von Prabal<br />

Gurung, Lippenstift „So<br />

Chaud“ von M.A.C, ca. 19 €<br />

bRIGHT cRysTAL Abso-<br />

Lu: Echte Fruchtbombe.<br />

Granatapfel, Himbeere,<br />

Pfingstrose. Von Versace,<br />

50 ml EdP ca. 75,50 €<br />

RosAboTAnIcA: So androgyn<br />

kann Rose sein. Mit<br />

Pfeffer, Feigenblättern,<br />

Hyazinthe und Kardamon.<br />

Von Balenciaga, 50 ml<br />

EdP ca. 78 €<br />

L i p p e n -<br />

bekenntnis<br />

schmallippig geht gar nicht<br />

mehr: Passend zur Pop-Art-<br />

Mode mit knallbunten Pinselstrichkleidern<br />

und Graffiti-Tops<br />

leuchten in diesem sommer<br />

sorbet-Farben auf den Lippen.<br />

165


Kontrollblick:<br />

Ayzit Bostan<br />

achtet streng<br />

auf hochwertige<br />

Inhaltsstoffe<br />

FOTOS: Fabian Frinzel<br />

Pflegehinweise<br />

Die Entwürfe der<br />

Münchner Modedesignerin<br />

Ayzit Bostan<br />

lassen sich mit einem<br />

einzigen Wort beschreiben:<br />

reduziert.<br />

Die Lederaccessoires<br />

für das Taschenlabel<br />

PB 0110 etwa sind so<br />

sachlich­elegant wie<br />

Möbel von Mies van<br />

der Rohe. Ähnlich<br />

zurückhaltend hält<br />

Bostan es mit ihrem<br />

Make­up: „Ich benutze<br />

‚Vitalumière Aqua‘<br />

von Chanel. Das deckt<br />

Unregelmäßigkeiten<br />

ab, aber lässt einen<br />

nicht geschminkt aussehen.“<br />

Dazu etwas<br />

Wimperntusche und<br />

leicht getönter Lipgloss,<br />

das war’s. Mehr<br />

als 15 Minuten verbringt<br />

sie nicht im<br />

Bad. Ein Blick in ihren<br />

Schrank verrät: Auch<br />

bei Düften mag sie es<br />

dezent. Ihr Favorit:<br />

„Amyris femme“ von<br />

Maison Francis<br />

Kurkdjian – mit einer<br />

frischen Orangennote.<br />

Beauty News<br />

166<br />

„Haute Exigence Jour“ von<br />

Clarins, 50 ml ca. 92 €<br />

Mal richtig dick<br />

auftragen<br />

Zurückhaltung ist nicht das Ding von<br />

Balmain-Designer Olivier Rousteing.<br />

Er beschert uns Power-Silhouetten und<br />

XXL-Ketten. Passend dazu: die<br />

neue Nagellack-Kollektion des Labels.<br />

kraftpakete<br />

Die neuesten Cremes und Seren<br />

füllen die Kräfte der Natur<br />

ab: Algen aus den Schweizer<br />

Alpen, Stoffe aus dem<br />

Meer und von afrikanischen<br />

Wunderbäumen. Denn<br />

gegen jedes menschliche Leiden<br />

wächst da draußen ein Mittel.<br />

Der Effekt? Anti-Aging<br />

mit vereinten Naturkräften.<br />

„Cellular Swiss Ice Crystal Cream“<br />

von La Prairie, 50 ml ca. 264 €<br />

„The Lifting Contour Serum“ von<br />

La Mer, 30 ml ca. 265 €<br />

„Nail Couture“<br />

von Balmain,<br />

ab ca. 16,95 €<br />

FOTOS: PR (6); Daniele Oberrauch/Imaxtree.com


Wir danken allen Designern und Sponsoren der<br />

Mercedes-Benz Fashion Week Berlin für die erfolgreiche Saison!<br />

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168<br />

Ski laufen vor der<br />

Zeit der Ganzkörperpolsterung:<br />

Gunter<br />

SachS und eine<br />

Pistenkameradin im<br />

März 1965 in St. Moritz


Ein Mann<br />

für jeden<br />

F a l l<br />

St. Moritz iSt daS SchickSte Winter-reSort der Welt. und<br />

in der Suvretta-SkiSchule lernten könige, Milliardäre<br />

SoWie rockStarS daS Skifahren und Wieder-aufStehen.<br />

daruM hat Skilehrer JacqueS, der dienStälteSte der<br />

Suvretta-lehrer, viel zu erzählen. SchlieSSlich trägt<br />

er Seinen blauen Skianzug Schon in der 45. SaiSon<br />

Von Mark van Huisseling<br />

FOTOS: (linke Seite) Keystone­France/Gamma­Keystone via Getty Images; (rechte Seite) privat<br />

Pistenteufel<br />

JacqueS Savay-<br />

Guerraz ist 71<br />

und steht auch in<br />

diesem Winter wieder<br />

auf den Brettern, die<br />

seine Welt bedeuten<br />

interview: Skilehrer Jacques, fahren berühmte und reiche<br />

Leute eigentlich gut Ski?<br />

JacqueS Savay-Guerraz: Comme ci, comme ça, aber<br />

die meisten sind keine Bombenfahrer. Oft haben sie erst<br />

recht spät im Leben angefangen, wie jetzt zum Beispiel<br />

viele Russen. Dazu kommt, dass sie abseits der Pisten fahren<br />

wollen, weil es dort weniger andere Skifahrer gibt, aber<br />

Tiefschnee fahren ist natürlich schwieriger.<br />

interview: Lassen sich Könige und Milliardäre sagen,<br />

was sie zu tun haben?<br />

JacqueS: Doch, doch, ja, ja. Man muss wissen, dass<br />

man als Skilehrer früher für zwei, drei oder mehr Wochen<br />

gebucht wurde. Und während dieser Zeit war man fast<br />

ständig mit den Gästen zusammen. Wir gingen mit ihnen<br />

einkaufen, sie machten uns Geschenke, und abends<br />

waren wir zum Dinner eingeladen in ihren Villen, manchmal<br />

gab es Privatkonzerte, von Los Paraguayos etwa,<br />

dieser Kapelle, die damals berühmt war, und man tanzte<br />

mit den Gästen. Wir hatten Respekt vor ihnen, aber<br />

man lernte sich kennen und wurde auch geschätzt und ernst<br />

genommen. Man muss sagen, damals war man jemand<br />

als Skilehrer. Heute ist man eher so etwas wie ein<br />

Dienstleister.<br />

interview: Wer ist der Chef auf dem Berg?<br />

JacqueS: Ich sage es so: Wir haben Einfluss und auch<br />

etwas zu sagen. Es gibt zwar Gäste, die wollen bestimmen,<br />

was gemacht werden soll, aber wenn der Skilehrer sagt,<br />

schlechte Idee – Lawinengefahr, dann glaubt einem das<br />

eigentlich jeder.<br />

Jacques Savay-Guerraz aus Albertville in den französischen<br />

Alpen ist seit 1970 einer der „Blues“, jener<br />

Skilehrer von Suvretta Snowsports, wie die Skischule<br />

in St. Moritz heute heißt. Zu den Gästen,<br />

denen der „freundlichste St. Moritzer“ (HTR Hotel Revue)<br />

in den vergangenen 43 Jahren das Skifahren beibrachte<br />

(oder mit denen er auf den Pisten war), zählen der letzte<br />

Schah von Persien und Farah Diba, Konstantin II. von<br />

Griechenland und Anne-Marie, Königin Noor von<br />

Jordanien, Christina Onassis, Stavros Niarchos, Marella<br />

Agnelli, Robert De Niro und dessen Gastgeber Silvio<br />

Berlusconi, Gordon „Sting“ Sumner oder Johnny Depp<br />

und Vanessa Paradis. Die Namen sind Ergebnis eigener<br />

Recherche; Suvretta-Snowsports-Mitarbeiter sind<br />

verschwiegen. Jacques, 71, ist einer der ältesten Skilehrer<br />

von St. Moritz und einer der letzten, die die „Belle<br />

Époque“, die 70er- und 80-Jahre des vergangenen Jahrhunderts,<br />

mitgemacht haben, als mit privaten Hubschraubern<br />

auf Berge geflogen und viel Schnaps getrunken<br />

wurde – die Zeit vor Detox, Diätgläubigkeit und<br />

Flugbewegungsbeschränkungen. Nach 44 Wintern schaut<br />

er zurück. Doch damit das klar ist: Er hört nicht auf.<br />

Auch in diesen Tagen hat er wieder seinen blauen Anzug<br />

an und fährt durch seine 45. Saison.<br />

interview: Was passierte, wenn der Schah von Persien<br />

oder Marc Rich umfielen? War dann der Skilehrer schuld?<br />

JacqueS: Ja, also ... Nein, die meisten sind intelligent<br />

genug, um zu sehen, dass der Skilehrer nicht über die<br />

St. Moritz<br />

169


St. Moritz<br />

170<br />

Grenzen des Gastes hinausgeht. Aber beim Heliskiing<br />

kann es natürlich passieren, dass einer überfordert ist<br />

im Tiefschnee. Schwieriger war es für die Leibwächter,<br />

meistens ziemlich schwere Männer, und oft hatten<br />

sie keine Ahnung vom Skifahren, die hatten Probleme.<br />

interview: Und Frauen wollen alle eine Affäre mit<br />

dem Skilehrer, nicht wahr?<br />

JacqueS: Jetzt muss ich, glaube ich, gehen und das<br />

<strong>Interview</strong> abbrechen. Das ist doch ein Klischee.<br />

interview: Eben, und Klischees stimmen im Grunde<br />

immer, sonst wären es keine Klischees.<br />

JacqueS: Was ich sagen kann: Als Skilehrer erfährt man<br />

oft zum Teil recht intime Details aus dem Leben der Gäste.<br />

Frauen erzählen einem manchmal Dinge, die sie wohl<br />

nicht vielen anderen Männern erzählen, man ist fast der<br />

Beichtvater.<br />

interview: Scheint ein guter Beruf zu sein, alles in allem.<br />

JacqueS: Doch, es ist abwechslungsreich, man lernt<br />

Leute kennen und macht Sport während der Arbeit.<br />

interview: Und arbeitet bloß von Dezember bis April.<br />

JacqueS: Das wäre schön. Früher war ich im<br />

Sommer Wasserskilehrer, jetzt bin ich Segellehrer auf<br />

dem Silvaplaner- und Silsersee.<br />

interview: Was für ein Leben!<br />

JacqueS: Ja, ist wirklich gut.<br />

interview: Trotzdem war’s früher besser, oder?<br />

JacqueS: Ja, leider. Aber ich bin glücklich, dass ich die<br />

„Belle Époque“ mitmachen durfte.<br />

Wenn man es genau nimmt, ist in St. Moritz<br />

eigentlich immer gerade „Belle Époque“,<br />

es kommt bloß auf das Alter des Betrachters<br />

an. Es stimmt sicher, wenn Skilehrer Jacques sagt, die<br />

70er- und 80er-Jahre seien gute Jahre gewesen. Falls man zu<br />

dem gehörte, was damals als Jetset bekannt war. Aber<br />

auch die 50er- und 60er-Jahre machten manchen Leuten<br />

viel Spaß; zum Beispiel Gunter Sachs, der gegen Ende<br />

der 60er-Jahre den Turm von Badrutt’s Palace mietete und<br />

das verhältnismäßig kleine, aber unübertrefflich gelegene<br />

Apartment über dem schönsten Hotel des Ortes mit<br />

Werken von damals <strong>ju</strong>ngen und sehr angesagten Pop-<br />

Art-Künstlern einrichtete. Taki Theodoracopulos,<br />

ein griechischer Reederei-Erbe, Autor und Freund von Sachs,<br />

beschreibt die 60er-Jahre (im Allgemeinen, in<br />

St. Moritz im Besonderen) als „best days of my life“.<br />

Ein Kenner vieler St.-Moritz-Player von heute ist<br />

Fawaz Gruosi, Gründer und Creative Director von<br />

de Grisogono, einem Uhren-und-Schmuck-Hersteller am<br />

obersten Ende des Markts, der unter anderem in der<br />

sogenannten Palace Arcade ein Geschäft betreibt. Er sagt:<br />

„Als ich ein <strong>ju</strong>nger Verkäufer bei Bulgari und Harry<br />

Winston war, hatte man mit hundert Reichen zu tun,<br />

Rockefeller, Rothschild, Aga Khan, Marcos, König Fahd<br />

oder Gianni Agnelli. Heute gibt es … ich weiß nicht wie<br />

viele Superreiche, und sie heißen Mr Smith, Mr White,<br />

Mr man kann es nicht aussprechen und kennt ihn nicht.“<br />

Diese Entwicklung kann man winters nirgendwo<br />

besser mitverfolgen als in St. Moritz. Am Suvretta-Hang,<br />

einem Hügelrücken, von dem man den besten Blick über<br />

den St. Moritzersee und in das Tal hat, stehen die<br />

teuersten Häuser der Gemeinde – und somit der Welt. Für<br />

den Quadratmeter (Land plus Bauwerk) wurden in<br />

einzelnen Fällen gegen 80000 Euro bezahlt, das heißt bis<br />

Königinnen:<br />

Muna von<br />

Jordanien und<br />

anne-Marie<br />

von Griechenland<br />

Oh, Jackie! Drei<br />

Jahre nach der<br />

Ermordung ihres<br />

Mannes hatte<br />

Jackie kennedy<br />

ihre Lebenslust<br />

wiedergefunden<br />

Après Skilehrer:<br />

Luca Crivelli führt vor,<br />

was die „Blues“ nach<br />

Unterrichtsschluss so<br />

draufhaben<br />

Hat schon<br />

viele stürzen<br />

sehen:<br />

Skilehrer<br />

Jacques als<br />

<strong>ju</strong>nger Mann<br />

Hüttenzauber: Das<br />

Suvretta houSe am<br />

Hang mit der schönsten<br />

Aussicht auf den St.<br />

Moritzersee


FOTOS: (linke Seite) Luca Crivelli; privat (3); suvrettahouse.ch; Bettmann/<br />

CORBIS; (rechte Seite) dpa Picture­Alliance; Pierre Vauthey/Sygma/Corbis<br />

Goldene Zeiten: Der<br />

Jetset­Prinz von St.<br />

Moritz war ganz sicher<br />

Gunter SachS, hier<br />

mit MirJa, der Frau,<br />

die ihn zähmte, in den<br />

Siebzigern<br />

Help, I need somebody:<br />

1965 versuchte John<br />

Lennon, das Skilaufen<br />

zu erlernen<br />

„Als Skilehrer erfährt<br />

man oft recht intime Details<br />

aus dem Leben der<br />

Gäste. Manchmal ist man<br />

fast der Beichtvater“<br />

Wir drei: Ein guter<br />

Skilehrer weiß, was er<br />

seinen Schülern<br />

zumuten kann.<br />

Beim Schauspieler<br />

MichaeL york und<br />

seiner Frau waren es<br />

1975 nicht die steilsten<br />

Hänge<br />

zu 80 Millionen Euro für ein Ferienhaus – damit verglichen<br />

ist real estate in Manhattan, Paris oder Hongkong<br />

preiswert. Am Suvretta-Hang befinden oder befanden<br />

sich Häuser der Familie Agnelli, des letzten Schahs von<br />

Persien oder der Familie Agusta (Hubschrauberhersteller),<br />

große Namen aus den Sixties, sowie das Haus des im<br />

Juni verstorbenen Ölhändlers Marc Rich oder von Familie<br />

Hirschmann, Erben einer der wichtigen Geschäftsjet-<br />

Mietfirmen. Doch wer kennt die Namen von Milliardären<br />

der Nullerjahre? Otto Happel? Ein deutscher Investor<br />

mit Wohnsitz im Kanton Luzern – ihm gehört das lange,<br />

rosafarbene Haus, über das einen die Sesselbahn Suvretta<br />

-Randolins fährt. Oder Jan Kulczyk, einer der reichsten<br />

Polen? Verdiente sein Geld – über zwei Milliarden Euro –<br />

mit Beteiligungen, steht in der Schweizer Wirtschaftszeitschrift<br />

Bilanz; sein Haus ist von außen unauffällig, wegen<br />

strenger Bauvorschriften ließ er tief in den Berg bohren<br />

und Schwimmbad, screening room usw. dort unterbringen.<br />

Falls man jetzt den Eindruck bekommen hat, St.<br />

Moritz sei eine gated community, ist das unbeabsichtigt.<br />

Nach St. Moritz darf im Grunde jeder fahren, und fast jeder<br />

kann sich dort einen (kürzeren) Aufenthalt leisten –<br />

ein Mittagessen auf der Terrasse von Chasellas, einem Restaurant<br />

oberhalb des Hotels Suvretta House, zu<br />

dem es gehört, kostet unwesentlich mehr als ein Happy Meal<br />

bei McDonald’s (von dem es in St. Moritz keine Filiale<br />

gibt). Schmeckt aber feiner, die Aussicht ist besser, und die<br />

Sonne scheint für und auf alle, die dort sitzen (also<br />

rechtzeitig einen Tisch reservieren), gleich alpin-stark.<br />

Es ist bloß so, dass es ein öffentliches und ein privates<br />

St. Moritz gibt. Und die Besucher des einen wenig<br />

mitbekommen von den Besuchern des anderen. Deshalb<br />

ist St. Moritz Gästen, die hinfahren, um Stars und<br />

Berühmtheiten zu sehen, nicht besonders zu empfehlen.<br />

Weil diese in Restaurants essen, in denen man Mitglied sein<br />

muss, um reinzudürfen. Oder ihre Engadinerhäuser<br />

kaum verlassen, weil die Besitzer private Sonnenterrassen<br />

und Caterer haben. Die Zeiten, als Menschen im Hotel<br />

oft berühmte Menschen waren, sind vorbei, wie die Zeiten,<br />

als Skilehrer wochenlang mit Gästen zusammen waren,<br />

mit ihnen zu Abend aßen und mit den Frauen von Königen<br />

und Wirtschaftsführern zur Musik von Los Paraguayos<br />

tanzten. Gäste von heute in St. Moritz, St-Tropez und<br />

St-Barths wollen vor allem Privatsphäre. Deshalb ist für den,<br />

der nur Zugang zum öffentlichen<br />

St. Moritz hat, die „Belle<br />

Époque“ vorbei. Für den, der<br />

Zugang zum privaten St.<br />

Moritz hat, fängt jetzt, diesen<br />

Winter, eine weitere „Belle<br />

Époque“ an.<br />

interview: Jacques, welche<br />

ist die beste Piste der Welt?<br />

JacqueS: Ich mag lieber Hors-piste-Abfahrten (fahren<br />

abseits der Piste). Die schönste ist für mich das Vallée<br />

Blanche in Chamonix. Und hier in St. Moritz ist es das<br />

Val Suvretta.<br />

interview: Und Ihr liebstes Restaurant?<br />

JacqueS: Was das Essen angeht, Mathis Food Affairs<br />

(Corviglia, St. Moritz, Telefon +081 833 63 55).<br />

Und für die Aussicht das Salastrains (St. Moritz,<br />

Telefon +081 830 07 07).<br />

171


Jeanne<br />

Dark<br />

Jeanne Tremsal hat den größten Teil ihres <strong>ju</strong>ngen Lebens<br />

in Paris verbracht. Und einige Jahre in München. Jetzt lebt<br />

sie in Berlin und testet für uns das Nachtleben in Frankfurt<br />

Foto Maxime Ballesteros<br />

Night & Life<br />

172<br />

Eine Nacht in Frankfurt am Main. Wie<br />

bin ich bloß auf diese Idee gekommen?<br />

Ich hätte ja auch nach Paris<br />

oder London fliegen können, aber es musste<br />

Frankfurt sein. Dabei kenne ich die Stadt gar<br />

nicht, nur die üblichen Klischees.<br />

Und jetzt sitze ich im Zug. Es ist Samstag<br />

und der ICE trotzdem voll. Ich dachte,<br />

ausschließlich Geschäftsleute würden nach<br />

Frankfurt fahren. Die Leute wirken<br />

gepflegt, die Damen tragen kräftige, aber<br />

elegante Farben (mehrere himbeerfarbene<br />

Kaschmirpullis) und zupfen gelassen Weihnachtsbratenrezepte<br />

aus Zeitschriften.<br />

Der Frankfurter Hauptbahnhof sieht aus<br />

wie der von München. Groß, sauber, viel<br />

elektrisches Licht. Weit und breit nichts zu<br />

sehen von all dem Elend, das ich erwartet<br />

hatte.<br />

Ich habe immer Schwierigkeiten gehabt,<br />

mir vorzustellen, dass Menschen, die mir<br />

im weiteren Sinne ähnlich sind, in einer Stadt<br />

wie Frankfurt wohnen könnten. Und jetzt<br />

bin ich mit einer Freundin im Maxie Eisen<br />

verabredet. Das ist das neue, gerade<br />

eröffnete Restaurant (samt Bar) der Ardinast-<br />

Brüder und meines alten Kumpels Oskar<br />

Melzer. Und eigentlich wollte ich auch nicht<br />

über das Bahnhofsviertel schreiben,<br />

aber das Maxie Eisen liegt natürlich genau da,<br />

mittendrin im Bahnhofsviertel.<br />

Das Maxie Eisen sieht toll aus: riesige<br />

Fenster, offene Küche, in der Mitte ein großer<br />

grüner Tisch, an den Fenstern kleinere,<br />

dazu Stühle in mehreren Farben, alles Möbel<br />

von Jean Prouvé. Die Tapete an der Wand<br />

ist von Bless und zeigt eine Terrasse mit einem<br />

Liegestuhl und eine hügelige Landschaft<br />

in Griechenland oder Südfrankreich. So hatte<br />

ich mir das nicht vorgestellt. Das Einzige,<br />

was mich daran erinnert, in Frankfurt zu sein<br />

(einer Stadt, die ich wie gesagt nicht kenne),<br />

sind die Männer am Nebentisch. Fünf wahnsinnig<br />

muskulöse Typen in engen T-Shirts<br />

und mit jeder Menge Tattoos. Die würde man<br />

in Oskars Berlin-Mitte-Lokal Mogg & Melzer<br />

auf keinen Fall treffen. Sie sitzen friedlich<br />

vor ganzen Hähnchen und Pastrami-Bergen,<br />

mit nichts als Wasser zum Trinken. Ich bin<br />

sofort fasziniert. David Ardinast, einer der<br />

beiden Brüder, sagt: „Alle Meister, Deutscher<br />

Meister, Europameister, Weltmeister.“ In<br />

MMA, Mixed Martial Arts, einer Vollkontaktsportart,<br />

bei der zwei Kämpfer aus gleicher<br />

Gewichtsklasse in einem Käfig gegeneinander<br />

kämpfen. David kennt sie gut, sie essen<br />

jeden Tag hier. Für sie ist es die perfekte<br />

Ernährung, Proteine ohne Kohlenhydrate<br />

oder umgekehrt, weil im Maxie Eisen alles<br />

getrennt serviert wird, du bekommst einen<br />

ganzen Blumenkohl oder einen ganzen Kopfsalat<br />

oder eben ein ganzes Hähnchen.<br />

Oskar und die Ardinast-Brüder sind stolz<br />

darauf, diese unglaublichen Jungs zu<br />

kennen. Oskar erzählt, wie zwei von ihnen<br />

unlängst „zehn Typen auseinandergenommen<br />

haben“, die ein Mädchen belästigt<br />

hatten. Klar, dass ich auch mit ihnen<br />

befreundet sein will, jetzt gleich, zumindest<br />

für ein Foto. Die Mission für heute lautet:<br />

erst Foto, dann mit den MMA-Jungs durch<br />

Frankfurt ziehen. Ich traue mich nicht, also<br />

frage ich Oskar, der traut sich auch nicht, also<br />

geht David, schließlich ist einer der Jungs sein<br />

Trainer. Sie stimmen zu, höflich, ich müsste<br />

nur die Veröffentlichung des Fotos mit ihrem<br />

Manager klären, klar, mach ich. Gutes Foto,<br />

gut gegessen, jetzt gehen wir an die Bar, die<br />

vom Restaurant nur durch eine Schiebetür<br />

getrennt ist. In der Bar ist es schwarz, man<br />

sieht fast nichts, wunderbar. Gute<br />

Cocktails, ich könnte den ganzen Abend hier<br />

verbringen, aber ich muss mehr Frankfurt<br />

sehen. Also ziehen wir einen Block weiter in<br />

die nächste Bar, leider ohne die neuen<br />

Freunde, denn die ja nicht. Trotz der Kälte ist<br />

der Bürgersteig voll: lauter gut aussehende<br />

Jungs in schwarzen Hemden, mit dunklen<br />

Pferdeschwänzen und Bärten. Leider darf<br />

ich sie nicht fotografieren, vielleicht sind sie<br />

hier Stars. Das Plank gehört Ata, einer<br />

Frankfurter Größe. Ata gehört auch das<br />

Robert Johnson, einer der bekanntesten<br />

deutschen Clubs. Sehr nett ist es im Plank,<br />

zwei Gin Tonics, dann gehen wir nach<br />

nebenan ins Yok Yok. Das ist Frankfurt, sagt<br />

man mir, alles vermischt sich. Mir persönlich<br />

ist es zu hell im Yok Yok und zu kalt.<br />

Ich will noch woandershin, jemand schlägt<br />

das Pik Dame vor, einen ehemaligen<br />

Stripclub, dessen Besitzer der Vater eines der<br />

MMA-Fighter ist. Perfekt, da will ich hin.<br />

Vor der Tür lungern hippe Leute und zwielichtige<br />

Gestalten im Neonlicht. Die Tür<br />

macht tatsächlich einer aus der Runde der<br />

starken, guten Jungs. Er erkennt mich<br />

sofort und winkt mich durch, und schon fühle<br />

ich mich in Frankfurt zu Hause. Ich kenne<br />

alle, die man kennen muss. Oskar muss allerdings<br />

zehn Euro zahlen. Leider tanzen an<br />

den Stangen besoffene Kerle statt hübscher<br />

Damen. Aber hinten an der Bar sieht es<br />

noch aus wie früher, eine Art Separee in Rot,<br />

Samt und Plüsch. Hinter der Bar steht eine<br />

Frau, die einen mit Pailletten bestickten<br />

Zylinder trägt. In der Ecke schläft ein grauhaariger<br />

Herr in einem roten Sessel. Der<br />

perfekte Abschluss für eine Frankfurter Nacht.<br />

Ich komme wieder.<br />

FOTOS: privat (8)


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der grosse jahresrückblick<br />

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Unterm Strich:<br />

ein gutes Jahr<br />

Der große Jahresrückblick. Mit den<br />

wichtigsten Themen und Ereignissen aus<br />

dem Jahr 2013 – ausgewählt, analysiert<br />

und kommentiert von den Redakteuren<br />

der Süddeutschen Zeitung.<br />

(SZ) Es wäre es besser, man hätte<br />

manches nie gewusst. Blickt man<br />

auf das Jahr zurück, wäre man ohne<br />

„Wetten dass ...“ mit Markus Lanz<br />

vermutlich ein glücklicherer Mensch<br />

geblieben. Hätte man nichts über<br />

die beißlustige Schnappschildkröte<br />

Lotti erfahren, wäre man in diesem<br />

schönen Sommer entspannter in<br />

den Badesee gegangen. Es hätte auch<br />

wenig geschadet, Matthias Sammers<br />

Klagelieder über vereinzelte Gegentore<br />

im Jahr des Bayern-Triples nie<br />

gehört zu haben oder nicht zu ahnen,<br />

was die NSA mit unseren Handys<br />

und mails anstellt. Den Spionen in<br />

Amerika geht es aber nicht besser.<br />

Was die womöglich alles mitanhören<br />

müssen: hochkomplexe Programmdebatten<br />

der Grünen und nicht mit<br />

minder komplexe Schuldzuweisungen<br />

nach der Wahl darüber, wer je<br />

auf die Idee kam, solche Debatten<br />

zu führen. Die Lagebesprechungen<br />

der deutschen Geheimdienste, die<br />

so wenig wissen, dass es gar nichts<br />

nutzt, sie abzuhören. Die Beratungen<br />

des Bundeskabinetts zur Syrienpolitik,<br />

die in der entschiedenen Haltung<br />

gipfelten: Die internationale Gemeinschaft<br />

muss endlich handeln,<br />

aber bitte ohne uns. Nur um eines<br />

sind die US-Spione zu beneiden. Da<br />

sie auch das Handy von Angela Merkel<br />

angezapft hatten, wissen sie jetzt<br />

etwas, was wir nicht wissen, aber in<br />

diesem Fall doch gern gewusst hätten:<br />

Ob die Kanzlerin wenigstens am<br />

Mobiltelefon etwas sagt, auf das man<br />

sie nachher festlegen könnte.<br />

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nico fried<br />

Wahl: Der triumph<br />

der Kanzlerin<br />

heribert prantl<br />

Flucht: Die Hölle<br />

von Lampedusa<br />

hans leyendecker<br />

Hoeneß: Bayernboss<br />

vor Gericht<br />

2013<br />

Erhältlich für 6 € am Kiosk oder als Digital-Ausgabe<br />

in der App „SZ Digital“: sz.de/app.


MARK BORTHWICK mit seiner Frau MARIA CORNEJO, New York<br />

TERRY RICHARDSON, RUSSELL<br />

SIMINS & OLIVIER ZAHM<br />

feiern Thanksgiving, New York<br />

SEAN LENNON und MARK RONSON, New York<br />

RYAN McGINLEY, JACK PIERSON & eine Freundin bei<br />

McGinleys Vernissage, Galerie Perrotin, Paris<br />

CATHERINE BABA im Hotel<br />

Prince de Galles, Paris<br />

ALEXANDRA WORONIECKA, New York<br />

DRAKE BURNETTE aus<br />

LARRY CLARKS Film „Marfa Girl“, New York<br />

VINCENT DARRÉ im Hotel<br />

Prince de Galles, Paris<br />

Der Wintergarten im Hotel Prince de Galles, Paris


LANGLEY FOX<br />

HEMINGWAY, Paris<br />

KARLEY SCIORTINO von „Slutever“, New York<br />

ANNABELLE DEXTER-JONES &<br />

SANTE D’ORAZIO beim Dinner für<br />

CHRISTOPHER WOOL, New York<br />

ANDRÉ SARAIVA & DREE HEMINGWAY bei<br />

CHLOË SEVIGNYS Geburtstagsparty, New York<br />

Immer<br />

im Dienst<br />

New York, Paris, Der<br />

GeburtstaG voN<br />

ChloË<br />

seviGNY,<br />

thaNksGiviNG-luNCh,<br />

verNissaGeN: uNser<br />

PartY-korresPoNDeNt<br />

kommt GaNz sChöN<br />

rum. aber sChlaf wirD<br />

sowieso übersChätzt<br />

Fotos Olivier Zahm<br />

175<br />

JOSH HARTNETT, ANDRÉ SARAIVA &<br />

eine Freundin, Galerie Perrotin, Paris<br />

CHLOË SEVIGNY bei ihrer Geburtstagsparty, New York<br />

THIERRY GILLIER & CECILIA BONSTROM beim<br />

Dinner für CHRISTOPHER WOOL, New York


Ein Kunstfest für 900 geladene Gäste<br />

Udo Wachtveitl mit Lila Schulz<br />

Okwui Enwezor<br />

Insgesamt 31 Kunstwerke kamen zur Versteigerung<br />

176<br />

Anton Hennings<br />

„Portrait No. 332“ ging<br />

für 31 000 Euro weg<br />

Auktionator Andreas Rumbler (Christie’s),<br />

Katharina Freifrau von Perfall, Sigrid Löscher-Lorenz<br />

Kommt,<br />

Kunst!<br />

Bei der Pin.-Party<br />

in der Münchner<br />

Pinakothek der<br />

Moderne wurde<br />

kunst ersteigert<br />

und viel getanzt.<br />

„interview“ war<br />

M edienPartner<br />

Fotos August<br />

Castell-Castell<br />

Benjamin Bergmanns „Wischmopp“ mit Partygast<br />

Andreas Mühe und Begleitung<br />

FOTOS: © Michael Tinnefeld (2)


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F a c e b o o k<br />

t w i t t e r<br />

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Cate<br />

Blanchett<br />

gab 2000 eine seltsame Antwort<br />

auf die Frage, wie sie Rollen<br />

anlegt. Die Methode wirkt noch:<br />

golden globe, oscaR<br />

– alles scheint möglich<br />

Flashback<br />

180<br />

„<strong>Interview</strong>”, Januar 2000<br />

graham fuller: Sind Sie noch aus denselben<br />

Gründen Schauspielerin, aus denen Sie eine<br />

geworden sind?<br />

cate Blanchett: Ich weiß nicht einmal<br />

mehr, warum ich eine werden wollte.<br />

Noch in der Schauspielschule habe ich die<br />

Schauspielerei für ein wenig frivol gehalten<br />

und darüber nachgedacht, wieder an<br />

die Uni zurückzugehen, um Architektur<br />

zu studieren. Aber dann hatte ich eine<br />

wunderbare Lehrerin namens Lindy Davies.<br />

Ihretwegen habe ich beschlossen, dem<br />

Schauspielen eine Chance zu geben. Und<br />

danach nie wieder aufgehört.<br />

fuller: Analysieren Sie Ihre Rollen oder<br />

stürzen Sie sich einfach hinein?<br />

Blanchett: Das hängt von den Geschichten<br />

ab. Zuerst plansche ich so an den Rändern<br />

herum … (Pause) Als Kind habe ich mich mit<br />

den Schulhofdiktatoren angelegt, weil ich<br />

es nicht ertragen konnte, wenn ein Kind<br />

gemobbt wurde. Aber irgendwie ist jedes<br />

Kind auf seine ganz eigene<br />

Weise grausam. Mit neun<br />

habe ich seltsame Dinge mit<br />

Schnecken gemacht, nachdem<br />

ich eine Wissenschaftssendung<br />

gesehen hatte. Ich besorgte mir<br />

Schnecken, ungefähr 70, und<br />

legte sie auf einen Haufen und<br />

schüttete Salz über sie, weil ich<br />

gehört hatte, dass Salz jede<br />

Flüssigkeit aus ihnen zieht. Natürlich haben<br />

sie begonnen, Blasen zu werfen. Ich<br />

habe versucht, das Salz abzuwischen, und<br />

schließlich bin ich davongelaufen und<br />

habe mir das Ende des Experiments gar<br />

nicht mehr angesehen. Am nächsten Tag<br />

waren sie alle tot, und ich habe sie in<br />

einem Massengrab bestattet. Das habe ich<br />

mir niemals verziehen. Aber um Ihre<br />

Frage zu beantworten: Ich glaube, dass ich<br />

so meine Rollen anlege. Ich schütte<br />

Salz über sie und gucke zu, was passiert.<br />

die nächste<br />

ausgabe von<br />

<strong>Interview</strong><br />

eRscheint am<br />

19. febRuaR 2014<br />

FOTOS: Karl Lagerfeld für <strong>Interview</strong> Magazine, Januar 2000


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