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Ratgeber Frau und Familie Spezial Köstliche Adventszeit (Vorschau)

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D<br />

er eisige Wind fegte die letzten<br />

Blätter von den Bäumen,<br />

die nach kurzem Höhenflug auf die<br />

Erde hinabschwebten. Weihnachten<br />

stand vor der Tür. Anna Colber, die<br />

vom Küchenfenster aus wehmütig den<br />

Abendhimmel betrachtete, war nicht<br />

nach Weihnachten zumute. Ihr fehlte<br />

dieses freudige, tiefe Gefühl, das sie<br />

früher mit ihrem Paulchen empfand.<br />

Kein einziger Stern war zu sehen. Doch<br />

da! Auf einmal schien es ihr, als würde<br />

sie ein kleines Aufleuchten am Firmament<br />

entdecken. „Ja, tatsächlich! Dieser<br />

winzige Stern dort oben hat sich<br />

erbarmt, mich zu trösten“, flüsterte sie<br />

traurig. „Danke. Du hast mir diesen<br />

kleinen Stern als Zeichen geschickt. Ich<br />

weiß jetzt, dass es dir gut geht da<br />

oben, mein kleiner Schatz.“ Schmerzerfüllt<br />

dachte sie an die letzten<br />

schrecklichen Monate ohne Paulchen.<br />

Als du in mein Leben getreten warst,<br />

hast du alles durcheinandergewirbelt.<br />

Es war auf einmal alles so bunt, so<br />

lebendig! Wir blühten<br />

beide auf <strong>und</strong> genossen<br />

das Leben. An diesem<br />

Freitagnachmittag<br />

kamen wir von<br />

unserem w<strong>und</strong>erschönen<br />

Spaziergang auf<br />

der großen Blumenwiese<br />

zurück. Du bist immer wieder<br />

übermütig an mir empor gehüpft.<br />

Doch dann, konnte ich dich nicht mehr<br />

halten. Du hast dich einfach losgerissen<br />

..., bist über die Straße gerannt ...<br />

Bremsen quietschten.<br />

Sie ging in den Garten hinaus zu Paulchens<br />

letzter Ruhestätte unter dem<br />

japanischen Ahorn. Oh, Paulchen! Das<br />

war immer dein Lieblingsplatz. Hier<br />

habe ich dir ein schönes Blumenbeet<br />

mit duftenden roten Rosen angelegt.<br />

So bist du immer in meiner Nähe, mein<br />

kleiner Liebling.<br />

Obwohl sie<br />

lächelte,<br />

be merkte er<br />

die Trauer in<br />

ihrem Blick<br />

„Hallo, Anna!“, riss sie plötzlich ihr<br />

Nachbar Roland Dohmfeld aus ihren<br />

Gedanken. Sie fuhr erschrocken herum.<br />

„Roland! Du hast schon Feierabend?“<br />

„Ja. Wurde auch Zeit. Ich habe<br />

die letzten Tage viele Überst<strong>und</strong>en gemacht,<br />

dabei sind meine Kinder zu<br />

kurz gekommen. Danke, dass du<br />

ihre Hausaufgaben beaufsichtigt hast.“<br />

„Habe ich doch gern gemacht!“ „Hoffentlich<br />

haben sie dich nicht allzu sehr<br />

genervt. Bei ihrem Temperament sind<br />

sie oft schwerer zu hüten als ein Sack<br />

voll Flöhe!“ Er lachte.<br />

„Aber nein. Sie müssen jetzt schon seit<br />

zwei Jahren ohne ihre Mutter aufwachsen.<br />

Das ist nicht so einfach für<br />

sie.“ Sie waren erst sieben <strong>und</strong> acht<br />

Jahre <strong>und</strong> Anna hatte beide ins Herz<br />

geschlossen. „Ich weiß. Gebe mir auch<br />

große Mühe, aber ihre Mutter vermissen<br />

sie doch sehr.“ „Kann ich gut<br />

verstehen. Sie brauchen den Halt der<br />

<strong>Familie</strong>. Du müsstest mal ihre strahlenden<br />

Augen sehen, wenn sie mir von<br />

euren Unternehmungen erzählen. Das<br />

Wettschwimmen im Schwimmbad hat<br />

ihnen großen Spaß gemacht!“ „Ja, sie<br />

sind zwei richtige Wasserratten ..., wie<br />

ihre Mutter“, sagte er traurig.<br />

„Es tut mir alles so leid. Aber jetzt ist<br />

deine Emilia von ihrem Leid endlich erlöst.<br />

Du musst an die schöne Zeit mit<br />

ihr denken, das lindert ein wenig den<br />

Schmerz. Wenn ich traurig bin, denke<br />

ich auch an die schönen Tage mit meinem<br />

Paulchen.“ Sie schniefte, wischte<br />

sich mit dem Handrücken die Tränen<br />

fort. Rudolf sprang über den niedrigen<br />

Zaun <strong>und</strong> umarmte sie. „Ach, Anna. Wir<br />

haben ihn alle geliebt. Er war ein toller<br />

H<strong>und</strong>!“ Sie nickte tapfer. „Ja, mein Paulchen<br />

war ein ganz toller H<strong>und</strong>.“ „Du zitterst<br />

ja! Lass uns hineingehen. Komm,<br />

wir kochen zusammen etwas Leckeres.<br />

Wie wär’s?“ „Gute Idee. Soll ich etwas<br />

mitbringen?“ „Nicht nötig. Der Kühlschrank<br />

ist voll!“ Obwohl sie lächelte,<br />

bemerkte er die Trauer in ihrem Blick.<br />

Arme Anna. Es ist das erste Weihnachtsfest<br />

ohne Paulchen, dachte er<br />

mitfühlend.<br />

Mit lautem„hallo, ihr Mäuse!“ schloss<br />

er die Eingangstür seiner Doppelhaushälfte<br />

auf, als ihm auch schon seine<br />

Rasselbande mit erhitzen Wangen <strong>und</strong><br />

zerzausten Haaren entgegenstürmte.<br />

„Papi! Der Lars hat mir mein Malbuch<br />

geklaut!“ „Gar nicht wahr!“, protestierte<br />

dieser. Cornelia schmollte. „Kinder, seid<br />

friedlich! Wir kochen alle zusammen<br />

etwas ganz Tolles!“, verkündete Anna.<br />

„Au ja! Pommes mit Ketchup!“, rief<br />

Cornelia. „Nein, mit Majo! Ist doch viel<br />

cooler!“, meinte Lars. Roland starrte<br />

unschlüssig in den geöffneten Kühlschrank,<br />

bis ihn Anna lachend zur Seite<br />

schob. „Also ..., wie wär’s mit einem<br />

Gemüseauflauf? Oder Lasagne?“ „Lasagne!“,<br />

schrien alle drei gleichzeitig.<br />

„Lasagne! Yes!“ Lars stürmte mit<br />

lautem Indianergeheul in sein Zimmer<br />

hinauf. „Hier geblieben, Lars!“, rief ihm<br />

Roland nach. Zu spät. Seine Zimmertür<br />

flog auch schon mit lautem Knall zu.<br />

„Lass ihn, Roland.“ Er drehte sich um<br />

<strong>und</strong> sein Blick verweilte in Annas sanften,<br />

dunkelbraunen Augen. Sie wandte<br />

sich jedoch schnell ab. „Wir drei<br />

schaffen es doch auch. Nicht, Cornelia?“<br />

„Na klar, Anna! Ich helfe euch.“ Ihre<br />

blauen Augen funkelten unternehmungslustig.<br />

„Wie schön. Aber zuerst<br />

die Hände waschen. Du auch, Roland!“<br />

„Zu Befehl!“<br />

„Roland, du kannst dann die Zwiebel<br />

in kleine Würfel schneiden. Und du<br />

Cornelia, reibst den Käse“, sagte Anna<br />

<strong>und</strong> bereitete die Fleischsoße zu. Als<br />

die Teigplatten abwechselnd mit der<br />

Soße in der Glasterrine eingeschichtet,<br />

mit Crème Fraîche <strong>und</strong> geriebenem<br />

Käse verfeinert waren, schob sie Anna<br />

in den Backofen. Lars steckte seinen<br />

dunklen Haarschopf in die Küche.<br />

„Hmm. Riecht schon lecker! Ist das Essen<br />

fertig?“ „Dauert noch ein wenig“,<br />

vertröstete sie ihn.<br />

Als die heiße, goldbraune Lasagne<br />

endlich den Tisch zierte, zündete sie<br />

die rote Kerze an. „Guten Appetit! Lasst<br />

es euch schmecken!“ „Guten Appetit!“<br />

„Ein Glas Wein, Anna?“, fragte Roland.<br />

„Gerne.“ „Auf dein Wohl, Anna! Das Essen<br />

ist einfach fantastisch.“ „Ja, wir drei<br />

sind ein unschlagbares Team!“, lachte<br />

Anna. Als sie in die zufriedene R<strong>und</strong>e<br />

blickte, dachte sie: Es ist fast …, als<br />

wären wir eine <strong>Familie</strong>. Roland betrachte<br />

sie nachdenklich <strong>und</strong> musste<br />

sich eingestehen, dass er ihre Gesellschaft<br />

immer mehr schätzte. Sie bringt<br />

so viel Wärme in unser Haus, beinahe<br />

so, wie es früher war. Ich fühle, dass ich<br />

mehr für Anna empfinde. Immer öfter<br />

muss ich an sie denken <strong>und</strong> wenn ich<br />

sie sehe, beginnt mein Herz zu rasen.<br />

„Du bist so still, Roland“, holte ihn Anna<br />

leise aus seinen Gedanken. „Ich genieße<br />

diesen schönen Abend.“ „Ich auch“,<br />

erwiderte sie.<br />

„Ich bin satt“, seufzte Cornelia. „Ich<br />

auch“, stöhnte Lars. „Fang mich! Du<br />

kriegst mich nicht!“, ärgerte Cornelia<br />

ihn <strong>und</strong> rannte die Stufen hinauf. „Na<br />

warte!“ Lars polterte hinter ihr her.<br />

Anna war dabei, den Tisch abzuräumen.<br />

„Anna, komm mal her.“ Roland<br />

ergriff ihre Hand <strong>und</strong> führte sie ins<br />

Wohnzimmer. „Ja?“ „Setz dich.“ Sie sah<br />

ihn mit mulmigem Gefühl an. „Ist etwas<br />

passiert?“ Er schüttelte den Kopf,<br />

holte tief Luft <strong>und</strong> begann leise: „Es<br />

war so ein harmonischer Abend … dafür<br />

danke ich dir.“ „Ja, das fand ich<br />

auch“, sagte sie erleichtert. „Bald ist<br />

Weihnachten. Bisher habe ich es mit<br />

meinen Kindern immer allein verbracht,<br />

wie du weißt. Aber in diesem<br />

Jahr …, möchte ich mit dir zusammen<br />

feiern, Anna.“ Annas Augen füllten sich<br />

mit Tränen. „Oh Roland, das wäre<br />

schön.“ „ Du würdest wirklich mit uns<br />

zusammen feiern?“ „Ja, sehr gerne.“<br />

Mit leuchtenden Augen führte er ihre<br />

Hand an seine Lippen. „Anna, das bedeutet<br />

mir sehr viel.“ Seine Berührung<br />

tat ihr sehr gut <strong>und</strong> endlich ließ sie Gefühle<br />

zu, die sie schon lange für Roland<br />

hegte. Vor diesem Weihnachtsfest<br />

hatte ich mich schon gefürchtet. Doch<br />

jetzt …, dachte sie aufgewühlt. „Du<br />

bist eine bezaubernde <strong>Frau</strong>, Anna“,<br />

sagte er zärtlich. Sie lehnte ihren Kopf<br />

an seine Schulter <strong>und</strong> schloss wohlig<br />

die Augen.<br />

Von<br />

Deborah I. Morisson<br />

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