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Arrangierte Liebe : Leitfaden zur Sonderausstellung in der ... - Oapen

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Beson<strong>der</strong>s beliebt ist hierbei das Thema Sex, welches<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit e<strong>in</strong> Tabu ist. Neue o<strong>der</strong><br />

beson<strong>der</strong>s witzige SMS werden häufig untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

ausgetauscht o<strong>der</strong> im geselligen Beisammense<strong>in</strong><br />

vorgetragen. Wenn hierbei <strong>der</strong> Inhalt zu anstößig<br />

ist, werden unverheiratete Mädchen weggeschickt<br />

(Reichenbach 2005:364f.).<br />

Da es dem Ruf <strong>der</strong> Familie schadet, wenn e<strong>in</strong>e<br />

Frau öffentlich Kontakt zu fremden Männern<br />

pflegt, kommen Partnerschaften nur selten durch<br />

Verabredungen zustande, weshalb e<strong>in</strong>e Dat<strong>in</strong>g-Kultur<br />

dort nicht existiert. Traditionell werden potentielle<br />

Ehepartner von Angehörigen ausgewählt und<br />

erst nach <strong>der</strong> offiziellen Verlobung darf das Paar<br />

öffentlich mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ausgehen (Reichenbach<br />

2005:368). Durch die Weitergabe <strong>der</strong> eigenen Handynummer<br />

an mögliche Partner, kommt es <strong>in</strong>zwischen<br />

immer häufiger zu Ehen, bei denen die Wahl<br />

des Lebensgefährten/-<strong>in</strong> eigenständig getroffen<br />

wurde. Oftmals s<strong>in</strong>d es Männer, die ihre Nummern<br />

an Frauen weitergeben, die ihnen gefallen. Dies geschieht<br />

meist schnell und unauffällig, <strong>in</strong> E<strong>in</strong>kaufszentren,<br />

Cafés, bei Stau und an Ampelkreuzungen,<br />

<strong>in</strong>dem sie ihnen e<strong>in</strong>en Zettel im Vorbeigehen zustecken,<br />

auf den Tisch legen o<strong>der</strong> sogar durch das<br />

Autofenster werfen. Erfolgreicher ist die Weitergabe<br />

<strong>der</strong> Nummer jedoch, wenn man sich bereits<br />

vorher gesehen o<strong>der</strong> im Alltag kennengelernt hat,<br />

etwa <strong>in</strong> <strong>der</strong> Universität, bei <strong>der</strong> Arbeit o<strong>der</strong> im Internet.<br />

Wenn das Mädchen Interesse hat, dann werden<br />

zunächst SMS geschrieben, später unauffällig<br />

Telefonate geführt o<strong>der</strong> sogar heimliche Treffen<br />

vere<strong>in</strong>bart (Reichenbach 2005:369). Hierbei werden<br />

oft auch kle<strong>in</strong>e Tricks genutzt, um den Austausch<br />

vom eigenen Umfeld zu verbergen. E<strong>in</strong>er dieser<br />

Tricks wäre, dass schnell <strong>in</strong>s Englische gewechselt<br />

wird, wenn jemand das Gespräch mithören kann.<br />

Der Vorteil liegt dar<strong>in</strong>, dass die englische Form von<br />

„Du“, im Gegensatz zu <strong>der</strong> arabischen, neutral und<br />

nicht geschlechterspezifisch ist. So kann jemand,<br />

<strong>der</strong> das Telefonat mit anhört nicht wissen, ob <strong>der</strong><br />

Gesprächspartner am an<strong>der</strong>en Ende männlich o<strong>der</strong><br />

weiblich ist. Wenn die Absichten auf beiden Seiten<br />

ernst s<strong>in</strong>d, dann wird <strong>der</strong> Partner schließlich <strong>der</strong><br />

Familie vorgestellt, wobei aber die Art des Kennenlernens<br />

meistens verschwiegen und stattdessen e<strong>in</strong>e<br />

Vermittlung über Bekannte vorgetäuscht wird (Reichenbach<br />

2005:369).<br />

Dieses Phänomen, gesellschaftliche Strukturen<br />

zu umgehen, ohne mit ihnen zu brechen, kann<br />

man auch <strong>in</strong> Japan f<strong>in</strong>den. Traditionell verankerte<br />

Muster kollektiver Orientierung im sozialen Leben<br />

setzen bei den Japanern e<strong>in</strong> Verhalten voraus,<br />

welches die Stabilität und Harmonie <strong>der</strong> Gruppe<br />

nicht gefährdet. Demzufolge gibt es bestimmte<br />

Benimmregeln für verschiedenste Situationen, die<br />

verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n sollen, dass man aus dem Rahmen fällt<br />

(Peil 2011:237). Aus diesem Grund ist das Konzept<br />

von Anonymität und des <strong>in</strong>timen Fremden sehr beliebt.<br />

Es geht hierbei hauptsächlich darum, Kontakt<br />

zu fremden Menschen herzustellen, mit denen man<br />

über Tabu-Themen sprechen kann, ohne die gesellschaftlichen<br />

Konsequenzen fürchten zu müssen.<br />

Es ist e<strong>in</strong>e mo<strong>der</strong>ne Form <strong>der</strong> Brief-Freundschaft,<br />

bei <strong>der</strong> man sich nicht anpassen o<strong>der</strong> nach Regeln<br />

richten muss. Dies kann dazu führen, dass sich die<br />

Beziehung zu e<strong>in</strong>er langfristigen Freundschaft o<strong>der</strong><br />

sogar Partnerschaft und <strong>Liebe</strong> entwickelt. Es hilft<br />

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