Arrangierte Liebe : Leitfaden zur Sonderausstellung in der ... - Oapen
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Die fließende Welt – Motive aus den<br />
Freudenvierteln<br />
50<br />
Wun<strong>der</strong>schöne junge Frauen <strong>in</strong> teuren Klei<strong>der</strong>n mit<br />
vollkommener weißer Haut, schwarzem Lidstrich<br />
und roten Lippen: Das waren die Kurtisanen und<br />
Geishas des alten Japan. Geschöpfe e<strong>in</strong>er Traumwelt,<br />
<strong>in</strong> welcher <strong>der</strong> Mann den Alltag h<strong>in</strong>ter sich<br />
lassen und sich <strong>der</strong> S<strong>in</strong>nlichkeit h<strong>in</strong>geben konnte<br />
(Downer 2002:83ff.). Geishas, Masseur<strong>in</strong>nen und<br />
Prostituierte, welche diese Wünsche erfüllten, waren<br />
<strong>in</strong> den Amüsiervierteln beheimatet. Beson<strong>der</strong>s<br />
bekannt waren das Yoshiwara-Viertel <strong>in</strong> Tokio und<br />
das Sh<strong>in</strong>machi-Viertel <strong>in</strong> Osaka. Die Regierung<br />
sorgte dafür, dass die Amüsierviertel fortbestanden,<br />
mit dem Ziel, die männlichen Bürger <strong>in</strong> ihrer<br />
Freizeit zu beschäftigen und so politische Unruhen<br />
zu vermeiden (Zöllner 2008:75). Geishas traten<br />
meist <strong>in</strong> Teehäusern, den wichtigsten gesellschaftlichen<br />
Treffpunkten, auf und unterhielten dort das<br />
Publikum. Sie erhielten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geishaschule, <strong>der</strong><br />
Ukio, e<strong>in</strong>e umfangreiche Ausbildung <strong>in</strong> Musik, Gesang<br />
und Tanz und waren gebildete und höfliche<br />
Gesprächspartner<strong>in</strong>nen (Feldman und Grodon<br />
2006:237f.). E<strong>in</strong>e Heirat war für diese Frauen ausgeschlossen<br />
und zudem mit ihrer Arbeit nicht vere<strong>in</strong>bar.<br />
Als Künstler<strong>in</strong> gehörte ihre Aufmerksamkeit<br />
zugleich allen Männern im Publikum und doch<br />
niemandem vollständig. Manche Geishas hatten<br />
jedoch e<strong>in</strong>en Danna, e<strong>in</strong>en Patron, <strong>der</strong> für exklusive<br />
Zuwendungen seitens <strong>der</strong> Geisha im Gegenzug<br />
ihre Kosten übernahm. Laut ihrem Vertrag gehörte<br />
die Geisha <strong>der</strong> Schule, welche sie ausgebildet hatte<br />
und war durch die entstandenen Schulden für Ausbildung<br />
und Ausstattung an diese gebunden. Trotz<br />
dieser persönlichen Misere wurden Geishas zu Japans<br />
ersten Karrierefrauen. Sie besaßen die Mittel<br />
durch ihre Kontakte gesellschaftlichen E<strong>in</strong>fluss<br />
auszuüben (Feldmann und Gordon 2006:235ff.).<br />
„E<strong>in</strong>er Geisha steht es nicht an, zu wünschen.<br />
E<strong>in</strong>er Geisha steht es nicht an, zu empf<strong>in</strong>den.<br />
E<strong>in</strong>e Geisha ist e<strong>in</strong>e Künstler<strong>in</strong> <strong>der</strong> fließenden Welt.<br />
Sie tanzt, sie s<strong>in</strong>gt, sie unterhält dich …“<br />
Dies sagt Sayuri <strong>in</strong> Steven Spielbergs Spielfilm „Die<br />
Geisha“ (2005) über ihren Beruf. Der Film griff<br />
das Thema Geisha auf und machte diese, nicht<br />
nur <strong>in</strong> Japan, son<strong>der</strong>n rund um den Globus, wie<strong>der</strong><br />
populär. Heute wollen viele junge Mädchen<br />
<strong>in</strong> Japan wie<strong>der</strong> Geishas werden, nachdem dies <strong>in</strong><br />
den Jahren zuvor äußerst unpopulär geworden war<br />
(Hetkämper 1990:1). Die fließende Welt, von <strong>der</strong> die<br />
Geisha Sayuri <strong>in</strong> dem Zitat spricht, war e<strong>in</strong> japanischer<br />
Lebensstil <strong>der</strong> Edo-Zeit. Das Schöne und<br />
das Vergängliche im Leben sollte demzufolge beson<strong>der</strong>s<br />
genossen werden. Im Zentrum standen<br />
die Vergnügungsviertel mit ihren Bä<strong>der</strong>n, Bordellen<br />
und Teehäusern, <strong>der</strong> Unterhaltungs<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong><br />
denen sich das schöne Leben abspielte. Sie waren<br />
nur für den Mann zugänglich, <strong>der</strong> das nötige Geld<br />
erübrigen konnte (Grosbois 1977:121f.). Geishas<br />
waren die Popstars dieser Zeit. Sie prägten Modetrends,<br />
hatten Fans und wurden von Künstlern auf<br />
Holzdrucken abgebildet (Grosbois 1977:123f.). E<strong>in</strong><br />
beson<strong>der</strong>s populäres Beispiel ist die schöne O-sen,<br />
die um das Jahr 1767 von den Japanern beson<strong>der</strong>s<br />
umschwärmt wurde. Der Meister Harunobu mach-