Arrangierte Liebe : Leitfaden zur Sonderausstellung in der ... - Oapen
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Die Geisha – E<strong>in</strong> lebendes Kunstwerk<br />
Wiebke Grimmig<br />
Sie bemalt ihr Gesicht, um ihr Gesicht zu verstecken.<br />
Ihre Augen s<strong>in</strong>d tiefes Wasser.<br />
E<strong>in</strong>er Geisha steht es nicht an, zu wünschen.<br />
E<strong>in</strong>er Geisha steht es nicht an, zu empf<strong>in</strong>den.<br />
E<strong>in</strong>e Geisha ist e<strong>in</strong>e Künstler<strong>in</strong> <strong>der</strong> fließenden Welt – sie<br />
tanzt, sie s<strong>in</strong>gt, sie unterhält dich. Was auch immer du<br />
willst.<br />
Der Rest liegt im Schatten. Der Rest ist geheim.<br />
Was ist e<strong>in</strong>e Geisha?<br />
Die Geisha, 2005<br />
Wenn wir den Begriff „Geisha“ hören, verb<strong>in</strong>den<br />
wir damit automatisch e<strong>in</strong>e fremdartig aussehende,<br />
asiatische Frau <strong>in</strong> farbenprächtiger Kleidung, die<br />
ihren Körper für viel Geld an Männer verkauft. Mit<br />
ihrem weiß geschm<strong>in</strong>kten Gesicht und den roten<br />
Lippen wirkt sie wie aus dem japanischen Mittelalter<br />
entstiegen.<br />
Tatsächlich setzt sich die Bezeichnung Geisha<br />
aus den Worten gei, was so viel wie Kunst heißt,<br />
und sha, Person, zusammen und bedeutet damit<br />
so viel wie „die <strong>in</strong> den Künsten bewan<strong>der</strong>te“ o<strong>der</strong><br />
schlicht „Künstler<strong>in</strong>“ (Downer 2002:24). Wie diese<br />
Bezeichnung schon vermuten lässt, handelt es sich<br />
um e<strong>in</strong> Handwerk, dass es zu erlernen gilt: Nach<br />
e<strong>in</strong>em Jahr <strong>der</strong> E<strong>in</strong>gewöhnung und e<strong>in</strong>es ersten<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs dauert die Ausbildung weitere fünf Jahre<br />
(Dalby 2008:4). Bereits <strong>in</strong> dieser Zeit unterhält<br />
sie ihre Gäste bei Festbanketten <strong>in</strong> Teehäusern mit<br />
Gesang, Tanz, angeregten Unterhaltungen und<br />
schmeichelt dem Ego e<strong>in</strong>es jeden Mannes, <strong>der</strong> es<br />
sich leisten kann.<br />
Klienten, die e<strong>in</strong>e Geisha aufsuchen, wünschen<br />
ke<strong>in</strong>e sexuellen Dienste und diese s<strong>in</strong>d somit auch<br />
nicht fester Bestandteil des Abends. Vielmehr geht<br />
es um die geme<strong>in</strong>same Freude an den traditionellen<br />
Künsten, die die Geisha wie ke<strong>in</strong>e zweite <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
japanischen Gesellschaft beherrscht. Die gepflegte<br />
Unterhaltung über kulturelle als auch aktuelle politische<br />
Entwicklungen, komb<strong>in</strong>iert mit gutem Essen<br />
und den Vorführungen <strong>der</strong> Geisha, machen e<strong>in</strong>en<br />
solchen Abend zu e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en Erlebnis für<br />
ihre (mitunter auch weiblichen) Kunden.<br />
Die Verwechslung mit Prostituierten entsteht<br />
dennoch ke<strong>in</strong>eswegs zufällig: Abgesehen von den<br />
äußerlichen Ähnlichkeiten wie dem Tragen <strong>der</strong> traditionellen<br />
japanischen Kleidung kimono, den weiß<br />
geschm<strong>in</strong>kten Gesichtern und verschiedenen Accessoires<br />
wie Fächer und Haarschmuck, entspr<strong>in</strong>gt<br />
die Geisha historisch betrachtet eben jenen Rotlichtvierteln<br />
mit denen sie noch heute <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />
gebracht wird.<br />
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