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„Sie verbrennen Dein Heiligtum...“ (Ps 74,7) - Augustana ...

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FORSCHUNG<br />

Die Nacht des 9. auf den 10. November gab dem Leben von Werner<br />

Schwarz aus Nürnberg eine entscheidende Wendung. Im Januar 1939<br />

würde er seine Bar Mizwa feiern und dann als religiös mündiger Jude<br />

beim Beten die Gebetsriemen tragen. In den frühen Nachtstunden des<br />

10. November verwüsteten SA-Männer die Wohnung und stahlen u.a.<br />

die für Werner vorgesehenen neuen Gebetsriemen. Der sah wenig später<br />

die brennende orthodoxe Nürnberger Synagoge Essenweinstraße,<br />

in der seine Familie gebetet hatte. 1939 entkam Werner als einziges<br />

Familienmitglied der Schoa und nahm in seiner neuen Heimat Palästina/<br />

Israel den Namen Me’ir an. Als er Jahrzehnte später in seine Geburtsstadt<br />

zurückkehrte, konnte sich kaum noch jemand an die Synagoge<br />

seiner Kindheit erinnern. Um die jüdischen Bethäuser dem Vergessen zu<br />

entreißen, gründete Me’ir Schwarz das Synagogue Memorial und stieß<br />

die Erarbeitung von Synagogen-Gedenkbänden in Deutschland an.<br />

Der 1920 geborenen Meta Hamburger gelang es 1940, in die USA zu<br />

emigrieren und der Vernichtung zu entkommen. Doch was sie am 10.<br />

November 1938 erlebt hatte, hatte sich tief eingebrannt. Nach dem Krieg<br />

hoffte sie deshalb auf Vergeltung: Der Mob hatte in ihrem unterfränkischen<br />

Heimatort Alzenau die Synagoge verwüstet, das ganze Inventar<br />

in ihrem Elternhaus zerstört, Bargeld und Schmuck geraubt und die Familienmitglieder<br />

drangsaliert. Ihr Vater Julius wurde für zwei Wochen inhaftiert,<br />

sie und ihre Mutter Else fanden nur mit Mühe ein Obdach für die<br />

Synagoge Kitzingen. Rechte: Stadtarchuv Kitzingen<br />

nächste Zeit. Metas Eltern Julius und Else Hamburger wurden 1942 in<br />

den Osten deportiert, wo sich ihre Spur verliert.<br />

Manche Nichtjuden halfen im Verborgenen, einige öffneten ihren Mund für die Juden.<br />

Johannes Zwanzger war 1938 Pfarrer in der unterfränkischen Marktgemeinde Thüngen.<br />

Dreimal brachen dort in diesem Jahr antijüdische Ausschreitungen aus, dreimal<br />

kritisierte Zwanzger auf der Kanzel die Übergriffe gegen die wehrlosen jüdischen<br />

Nachbarn und die Mitwirkung von Gemeindegliedern. Am 16. November, dem Bußtag<br />

1938, erinnerte Zwanzger in seiner Predigt daran, dass kein Leugnen, Verkleinern<br />

oder Abschieben die Schuld abtragen könne und beklagte, wie tief „der Mensch in<br />

seiner teufl ischen Wut und in seinem satanischen Haß sinken<strong>“</strong> könne. Mit einem für<br />

diesen Bußtag angeordneten Gebet des Augustinus kritisierte Zwanzger den „Mißbrauch<br />

der Güte Gottes zu neuen, schweren Sünden<strong>“</strong> und drückte seine „innere Not<br />

und inneres Leid über die Schuld seiner Mitchristen<strong>“</strong> aus. Johannes Zwanzger hatte<br />

Prof. Me’ir Schwarz.<br />

Glück: Seine mutigen Predigten blieben für ihn und seine Familie ohne Folgen.<br />

Rechte: Hans-Christoph Dittscheid<br />

Dr. Axel Töllner<br />

FORSCHUNG<br />

60 Jahre Studentinnen an der <strong>Augustana</strong>-Hochschule<br />

Im kommenden Wintersemester 2014/15<br />

feiert die augustana ein kleines Jubiläum.<br />

Zum Wintersemester 1954/55 konnten<br />

sich erstmals Theologiestudentinnen an<br />

der <strong>Augustana</strong>-Hochschule Neuendettelsau<br />

immatrikulieren. Hatte man zunächst<br />

die Anfragen einzelner interessierter<br />

Frauen abgelehnt mit Hinweis auf den<br />

„eigentümlichen Charakter<strong>“</strong> der Hochschule,<br />

an der das gemeinsame Lernen<br />

auch das gemeinsame Leben umfasste,<br />

so kam man nach wenigen Jahren zum<br />

Entschluss, Studentinnen aufzunehmen.<br />

Ein Grund für diesen Gesinnungswandel<br />

der Hochschulleitung unter Rektor Merz<br />

war der jährliche, intensive Kontakt mit<br />

dem Theologinnenkonvent im Pastoralkolleg<br />

Neuendettelsau. Die Dozenten der<br />

<strong>Augustana</strong> gestalteten gemeinsam mit<br />

Vertrauensvikarin Liesel Bruckner diese<br />

von der Landeskirche eingerichtete<br />

Fortbildungsveranstaltung für die ersten<br />

bayerischen Vikarinnen. So lernten die<br />

Dozierenden das Engagement der jungen<br />

Theologinnen kennen und schätzen,<br />

erfuhren aber auch von den Problemen,<br />

die sie in ihrem noch jungen Beruf, dem<br />

„Amt der Vikarin<strong>“</strong>, hatten. Georg Merz leitete<br />

daraus im Mai 1954 die Erkenntnis<br />

ab, die Landeskirche müsse sich ent-<br />

2 8 - Oktober 2013

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