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„Sie verbrennen Dein Heiligtum...“ (Ps 74,7) - Augustana ...

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FORSCHUNG<br />

scheiden:<br />

„So weit eine richtige Beobachtung und<br />

ein darauf sich gründendes Urteil möglich<br />

ist, treten die Unterschiede der Begabung<br />

und der theologische wie der<br />

Allgemeinbildung ungleich stärker zutage<br />

wie vor 20 und 10 Jahren. Angenehm berührte<br />

die Hingabe einzelner Vikarinnen<br />

an die Gemeindearbeit. Im besonderen<br />

erschien Frl. Bruckner in angenehmer<br />

Weise als ‚eine Mutter‘ in der Gemeinde.<br />

Die Dozenten gewannen überhaupt den<br />

Eindruck, dass die Landeskirche vor die<br />

Entscheidung gestellt ist: entweder keine<br />

Theologinnen in die Bewerberliste aufzunehmen<br />

oder sie in einer ihrer Eigenart<br />

entsprechenden Form zu allen Möglichkeiten<br />

einer Ausbildung zu führen. Offenbar<br />

ist dieses Problem in den anderen<br />

Landeskirchen, besonders in Hannover<br />

in ähnlicher Weise in den Mittelpunkt der<br />

kirchlichen Ausbildungsfragen gerückt.<br />

Bei uns hat das Zusammensein mit dazu<br />

geführt, ein Studentinnenheim für das<br />

Wintersemester 1954/55 ins Auge zu fassen,<br />

zu dem freilich nur 6-8 Studentinnen<br />

zugelassen werden können.<strong>“</strong><br />

Anfangs machten die Studentinnen einen<br />

sehr geringen Prozentsatz der Studierendenschaft<br />

aus. Zunächst wohnten<br />

sie außerhalb des Campus im Dorf, ab<br />

Sommersemester 1961 in einem Anbau<br />

des Georg-Merz-Hauses. Heute sind es<br />

etwa 50 % Frauen, die mit dem Ziel, den<br />

Beruf der Pfarrerin zu ergreifen, an der<br />

augustana studieren.<br />

Im Jahr 1963 führte die Diskussion, die<br />

seit Beginn der 1960er Jahre bundesweit<br />

intensiv unter lutherischen Theologen<br />

und Theologinnen um das Amt der<br />

Theologin und die Frauenordination geführt<br />

wurde, auch an der augustana zu<br />

kontroversen Stellungnahmen zwischen<br />

Studierenden und Dozenten. Anlass für<br />

die Zuspitzung der Diskussion war das<br />

Ziel der Synode der Evangelisch-Lutherischen<br />

Landeskirche Hannovers, ein<br />

Pastorinnengesetz zu verabschieden.<br />

Der daraus entstehende Konfl ikt, der die<br />

VELKD längere Zeit beschäftigte, spiegelt<br />

sich auch in den Wortbeiträgen des<br />

<strong>Augustana</strong>-Tages im Dezember 1963 wider.<br />

Dazu trug sicherlich die Unterschrift<br />

von Prof. Martin Wittenberg unter eine<br />

bundesweit versandte Erklärung „Evangelisch-Lutherischer<br />

Pastoren<strong>“</strong> bei, die in<br />

sechs Thesen der Frauen das geistliche<br />

Hirtenamt strikt absprach. Als Beispiel für<br />

den Charakter dieser Erklärung möge die<br />

Formulierung der vierten These dienen:<br />

„4. An Frauen vollzogene Ordinationen<br />

ermangeln der Legitimation durch den<br />

HERRN der Kirche und können daher<br />

nicht als Seine Berufung, Segnung und<br />

Sendung in das Geistliche Amt angesehen<br />

werden. Synoden, Kirchenregierungen<br />

und Bischöfe, die solche Ordinationen<br />

veranlassen oder vollziehen,<br />

handeln im Ungehorsam gegen die Hl.<br />

Schrift und verletzen ihr kirchenregimentliches<br />

Amt ( C.A. XXVIII); sie gefährden<br />

damit außerdem durch Heraustreten aus<br />

einer fast 2000jährigen gesamtkirchlichen<br />

Tradition die Bemühungen um die<br />

sichtbare Einheit der Kirche Christi.<strong>“</strong><br />

Martin Wittenberg bezog in seiner Predigt<br />

am <strong>Augustana</strong>-Tag 1963 eindeutig<br />

Stellung und warnte vor einem Irrweg<br />

der Kirche. Dies bezog er nicht nur auf<br />

die Frauenordination, sondern darüber<br />

hinaus insgesamt auf die Entwicklung<br />

der modernen Theologie. Auch die Diskussionen<br />

an der <strong>Augustana</strong> sah er sehr<br />

kritisch. Der Veröffentlichung seiner Predigt<br />

in den Lutherischen Blättern stellte<br />

er rückblickend im Jahr 1964 folgenden<br />

Passus voraus:<br />

„In der Festvorlesung jenes Tages sprach<br />

der Vertreter der Praktischen Theologie,<br />

Prof. Dr. Walter Rupprecht, über den<br />

Dienst der Theologin als eine ungelöste<br />

Frage im Leben der Kirche. Im Zusammenhang<br />

mit diesem Thema und den<br />

Kämpfen um die Ordination von Frauen<br />

im Hirtenamt der Kirche waren in der Studentenschaft<br />

mancherlei ‚Fortschritts‘-<br />

Parolen vertreten, manche Vorwürfe<br />

wegen ‚reaktionärer‘ Gesinnung erhoben<br />

worden, die, über den Anlaß weit hinausgehend,<br />

die gesamte Schriftfrage ins<br />

Rollen brachten – im Sinne der modernen<br />

theologischen Gnosis.<strong>“</strong><br />

Der praktische Theologe Prof. Walter<br />

Rupprecht brachte in seinem Vortrag,<br />

ebenfalls am <strong>Augustana</strong>-Tag 1963, eine<br />

differenzierte Darlegung der verschiedenen<br />

Argumente pro und contra, um<br />

das Gespräch unter den verschiedenen<br />

kirchlichen Interessengruppen aufrecht<br />

zu erhalten. Auf eine Position wollte er<br />

sich nicht festlegen, wobei er an sich zu<br />

den Befürwortern einer Öffnung des Amtes<br />

der Theologin gehörte. Doch endete<br />

er mit einem Appell an die Theologinnen,<br />

der ihnen Verzicht um der Einheit der<br />

Kirche und des Gemeindeaufbaus willen<br />

nahe legte: „Von daher ist schließlich<br />

auch die Bitte an unsere Theologinnen zu<br />

verstehen, u.U. bereit zu sein zum Verzicht<br />

auf das volle Amt, wenn es von ihnen<br />

gefordert wird, auch wenn sie selbst<br />

theologisch das beste Gewissen dazu<br />

hätten, bereit zum Verzicht um der anderen<br />

willen, der Schwachen, der Ängstlichen,<br />

der Konservativen, bereit zum Verzicht<br />

um der brüderlichen Einheit willen.<strong>“</strong><br />

In den 1960er Jahren ist eine intensiv<br />

geführte Diskussion um die Frauenordination<br />

und darüber hinaus um Amt und<br />

Ordination überhaupt innerhalb der bayerischen<br />

Landeskirche zu beobachten.<br />

Dabei wurde bei aller Unterschiedlichkeit<br />

der Positionen von den meisten Beteiligten<br />

das Ziel im Auge behalten, zu einer<br />

konstruktiven Lösung zu kommen.<br />

60 Jahre Studentinnen an der augustana<br />

sind der Anlass, zurückzublicken und<br />

einige vielleicht in Vergessenheit geratene<br />

Entwicklungen und Diskussionen zu<br />

diesem Thema in Erinnerung zu rufen<br />

bzw. zur Kenntnis zu bringen. Dies wird<br />

in einem eigenen Artikel im Rahmen der<br />

Projektstelle „Geschichte und Wirkgeschichte<br />

der Theologinnen in Bayern<strong>“</strong><br />

geschehen. Frühere Studierende und<br />

Dozierende der augustana werden gebeten,<br />

ihre Erinnerungen zu diesem Thema<br />

aufzuschreiben und mitzuteilen. Ansprechpartnerin<br />

ist Pfarrerin Dr. Auguste<br />

Zeiß-Horbach (auguste.zeiss-horbach@<br />

augustana.de).<br />

Dr. Auguste Zeiß-Horbach<br />

8 - Oktober 2013 3

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