Azubis von morgen entdecken - und Handelskammer Nord Westfalen
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Titel | Ausbildungsmarketing<br />
Der Schreibtisch quillt über mit Bewerbungen für<br />
den Ausbildungsplatz <strong>und</strong> der Chef muss sich<br />
nur noch entscheiden für eine der vielen geeigneten<br />
Jugendlichen – diese Zeiten sind vorbei. Das liegt<br />
nicht nur, aber hauptsächlich, an der demografischen<br />
Entwicklung: Die Zahl der Schulabgänger in<br />
<strong>Nord</strong>-<strong>Westfalen</strong> sinkt <strong>von</strong> 31 190 im Jahr 2010 auf<br />
25 327 im Jahr 2020.<br />
Gravierend für die Berufsbildung ist, dass besonders<br />
die Zahl derjenigen mit Hauptschul- oder Realschulabschluss<br />
um r<strong>und</strong> 22 Prozent abnimmt. Die<br />
Zahl der Abiturienten hingegen, <strong>von</strong> denen ohnehin<br />
weniger als ein Fünftel eine berufliche Ausbildung<br />
machen, sinkt mit r<strong>und</strong> acht Prozent nur unterdurchschnittlich.<br />
Damit fehlen der Berufsausbildung<br />
in weniger als sieben Jahren alleine in <strong>Nord</strong>-<br />
<strong>Westfalen</strong> bis zu 5500 Bewerber <strong>und</strong> Bewerberinnen<br />
für die duale Ausbildung. Ausbildungsplätze drohen<br />
unbesetzt zu bleiben.<br />
Dass die Politik alle Weichen in Richtung Abitur<br />
<strong>und</strong> Studium stellt <strong>und</strong> duale Ausbildung derzeit<br />
wieder einmal eine schwache Lobby <strong>und</strong> wenig politische<br />
Unterstützung hat, zeigt nicht erst 2020 Auswirkungen.<br />
Die Konkurrenz um geeignete Auszubildende<br />
bestimmt schon jetzt immer mehr das Verhältnis<br />
der Ausbildungsbetriebe untereinander.<br />
Persönliche Kontake entscheiden<br />
Um ein knappes Gut muss kreativ geworben werden.<br />
Alternde Belegschaften <strong>und</strong> fehlender Nachwuchs<br />
sind ein Anlass über den eigenen Marktwert nachzudenken<br />
<strong>und</strong> darüber, was man als Unternehmen<br />
zu bieten hat, was andere nicht haben. Nur so kann<br />
man sich am Markt behaupten <strong>und</strong> den Wettlauf um<br />
junge Menschen gegen die Konkurrenz antreten.<br />
Wie eine aktuelle Studie zeigt, wünschen sich Jugendliche<br />
vor allem Wertschätzung <strong>und</strong> eine gute<br />
Qualität der Ausbildung. Für den Erfolg im Wettbewerb<br />
um junge Fachkräfte sind persönliche Kontakte<br />
<strong>und</strong> kreative Angebote häufig entscheidender als<br />
große Imagekampagnen <strong>und</strong> teure Anzeigen.<br />
Es ist jetzt Zeit, die eigenen Fachkräfte zu sichern,<br />
so viele Nachwuchskräfte wie möglich auszubilden<br />
<strong>und</strong> an den eigenen Betrieb zu binden.<br />
Denn im Jahr 2030 werden in <strong>Nord</strong>rhein-<strong>Westfalen</strong><br />
385 000 Erwerbstätige fehlen. Das prognostiziert<br />
der IHK-Fachkräftemonitor (siehe Seite 58/59). Entscheidender<br />
noch für die Unternehmen: Die größte<br />
www.ihk-nordwestfalen.de<br />
Lücke klafft bei den Erwerbstätigen mit einer beruflichen<br />
Ausbildung. Allein 363 000 Personen werden<br />
2030 in NRW fehlen. Auch zwischen betrieblicher<br />
Ausbildung <strong>und</strong> Hochschulausbildung hat daher die<br />
Konkurrenz um den Fachkräftenachwuchs zugenommen.<br />
Was junge Menschen vom Betrieb wollen<br />
Ernst aber nicht hoffnungslos: Damit ist die Lage am<br />
Ausbildungsmarkt kurz zusammengefasst. Denn<br />
Unternehmen, die sich auf die Zielgruppe der Schulabgänger<br />
ähnlich erfolgreich<br />
einstellen wie auf ihre K<strong>und</strong>schaft,<br />
werden auch im Wettbewerb<br />
um Auszubildende<br />
zukünftig die Nase vorn haben.<br />
Aber wie macht man das?<br />
Was erwarten Jugendliche<br />
<strong>von</strong> ihren zukünftigen Aus-<br />
Foto: IHK/Schubert-Fotografie<br />
IHK-Ausbildungscheck<br />
In 15 Minuten können Unternehmen<br />
online prüfen, wie attraktiv sie auf<br />
Jugendliche wirken:<br />
www.ausbildung-check-ihk.de<br />
bildungsbetrieben? Aufschluss<br />
gibt eine Studie der<br />
niedersächsischen IHKs, für<br />
die 1654 Schülerinnen <strong>und</strong><br />
Schüler befragt wurden, welche<br />
Faktoren darüber entscheiden,<br />
ob sie einen Ausbildungsbetrieb<br />
attraktiv finden.<br />
An erster Stelle bei den Jugendlichen<br />
steht das Bedürfnis,<br />
ernst genommen <strong>und</strong> respektiert<br />
zu werden. Dieser<br />
Wunsch nach persönlicher Wertschätzung verbindet<br />
sich mit dem nach einem guten Betriebsklima<br />
mit familiärem Umgang. Das Umfrageergebnis<br />
deckt sich mit den Erkenntnissen einer SINUS-Studie<br />
„Wie ticken Jugendliche 2012“, nach der Jugendliche<br />
ihre Umwelt als <strong>von</strong> Leistungsdruck <strong>und</strong><br />
genereller Unberechenbarkeit geprägt erleben; Folge,<br />
so die Studie, sei ein steigendes Bedürfnis nach<br />
Halt <strong>und</strong> Zugehörigkeit.<br />
Also Kuscheln statt Kohle? – Nicht ganz, denn die<br />
Jugendlichen sehen ihre Ausbildungszeit durchaus<br />
als Investition in ihre berufliche Zukunft. Und diese<br />
Investition soll sich rentieren, also zu einer guten<br />
<strong>und</strong> umfassenden Qualifikation für ein erfolgreiches<br />
Berufsleben führen. Die erworbenen Fähigkeiten<br />
<strong>und</strong> Kenntnisse müssen nicht direkt zum berufliwirtschaftsspiegel<br />
3·2013 13